Spiel ohne Limit von Lady_of_D ================================================================================ Kapitel 10: ------------ Wie ein widerhallendes Echo ertönten die Schritte über das zuvor gereinigte Parkett, als der Chef der Kaiba Corporation die Vorhalle durchschritt. Vor einer viertel Stunde hatten noch Putzfrauen über die Flure gewuselt, hatten das Glas poliert, die Mülleimer geleert und die Fußböden grundgereinigt, dass sich Seto Kaibas Antlitz in dem hellen Holz widerspiegelte. Dazu benetzte ein Zitrusduft den Raum, der schon bald von übertrieben gepuderten und parfümierten Weibsbildern und zu starkem eau de Toilette der Männer übertüncht würde. Fürs erste hatte der junge Firmenchef noch seine Ruhe. Bis auf die Security, einem Wachpersonal am Empfang und einigen Mitarbeitern der Personalabteilung, die sowieso den ganzen Tag nur vor dem Telefon hockten und zwischendrin ein paar Mails zu tätigen hatten, dass sie kaum sichtbar für ihn waren, hatte er die nötige Ruhe in seiner Firma, die ihn entspannt durch die Flure laufen ließ. Ungestört konnte Seto Kaiba durch den Eingang treten, ohne von überraschten Blicken genervt zu werden - als ob es eine Überraschung wäre, dass der Chef in der Firma war. An ihren verängstigten und nervösen Gesichtsausdrücken hatte sich der junge CEO längst gewöhnt, kannte er diese Blicke bereits seit seinem vierzehnten Lebensjahr, als er Gozaburo Kaiba die Firma spenstig gemacht hatte. Seitdem behandelte ihn niemand mehr wie einen Jungspund, der die Führungskraft von dritten nötig hatte. Sicher hatten es einige versucht, ihre eigenen Idee als die Seto Kaibas zu verkaufen. Allesamt waren sie Idioten gewesen, die längst von der Bildfläche verschwunden waren. Seine Augen wanderten durch die mit Licht gedämmte Halle, dass er einen Bediensteten der Sicherheitsfirma erblickte, der ihm mit ernster Miene zunickte und sich augenblicklich daran zu schaffen machte, die volle Raumbeleuchtung herzustellen. Ohne weiter auf ihn zu achten, lief Seto Kaiba weiter in Richtung Fahrstühle, als ein dunkler Schatten in die Mitarbeiterumkleide huschte. Der junge Firmenchef hielt inne. Um diese Zeit? Unmöglich Eine Augenbraue schnellte in die Höhe als die doppelseitige Tür aufgerissen wurde und Rin Yamamori in die Vorhalle schritt. Ihr Absätze klapperten mit derselben Intensität über den Boden, mit einem geschmeidigen jedoch beschleunigten Schritt lief sie ebenfalls zu den Fahrstühlen, ohne den Blick von ihrer DuelDisk zu nehmen. Ihm war bereits einige Male im Café aufgefallen, dass die junge Frau ihre DuelDisc nicht um den linken Arm hatte - wofür sie eigentlich konzipiert worden war. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die spiegelverkehrte Sicht nicht auf Dauer anstrengen würde. Noch nie hatte er einen Linkshänder getroffen, der Probleme mit der Rechtshänder-Variante hatte. Aber vielleicht war es auch nur eine Marotte oder ihre Art sich von den anderen abzuheben. Die Braunhaarige war so sehr in ihr Arbeitsmaterial vertieft, dass sie nicht bemerkte, wie sie sich ihrem Boss näherte. Zumindest glaubte er nicht, dass sie von seiner Anwesenheit bereits Notiz genommen hatte, denn der Blick blieb weiterhin konzentriert auf die Anzeigetafel, mit der sie wohl ein Update gestartet hatte. Nur so konnte er sich ihren Fokus auf die Gerätschaft erklären, die volle Aufmerksamkeit von ihr verlangte. Als sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, konnte er nicht anders: "Sie wissen schon, dass es halb sieben am Morgen ist und die Meetings erst um zehn stattfinden?" Ihr Kopf schnellte nach oben, ihr Blick war starr auf den Firmenchef gerichtet, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte und auf einen plausiblen Grund wartete, warum einer seiner Duellanten um diese Zeit hier herum spazierte. Suspekt war gar kein Ausdruck dessen, für was es Seto Kaiba hielt. Statt nach den richtigen Worten zu suchen, deutete Yamamori auf ihre DuelDisk, die soeben Rot aufleuchtete, als Zeichen, dass das Update beendet war. "Ich will vorher noch ein paar Trainingseinheiten durchgehen", entgegnete sie, ohne von dem jungen Firmenchef abzusehen. Ihre Augen wirkten durch den hohen Zopf, den sie neuerdings trug und ihre Haare straff nach hinten gebunden hatte, noch intensiver. Das Grün leuchtete wie ein Jadestein frisch aus dem Meer entsprungen. Er musste zugeben, dass ihre Augen das Interessanteste an ihr waren. Auch wenn ihre gesamte Erscheinung nicht unansehnlich war, hob sie sich lediglich durch die markanten Blicke von all den anderen durchschnittlichen Frauen ab. Für einen Moment verdrängte er, dass sie ihm bereits eine Antwort gegeben hatte. Das Öffnen der Fahrstuhltüren erinnerte ihn daran. Sein Blick wurde steif und undurchschaubar. Er deutete hinter sich, ins Innere des Lifts. "Und Sie wollen jetzt über das dritte Untergeschoss zu den Testgeländen gelangen?", fragte er und kannte die Antwort. "Das ist der einzige Weg, den ich kenne", ihre Stimme klang nicht so sicher, wie noch vor ein paar Minuten. "Kommen Sie", entgegnete ihr Boss und erreichte einen verwirrten Blick seiner jüngst eingestellten Duellantin, "ich zeige Ihnen einen besseren Weg." Daraufhin setzte sich Seto Kaiba in Bewegung, dass die junge Frau nicht sofort umgeschaltet hatte. Schließlich eilte sie mit ihren Schritten Kaiba hinterher. Er führte sie durch die erste rechte Tür des Erdgeschosses, hinter welcher ebenfalls zwei Fahrstühle bereit standen. Aus seiner Manteltasche holte er eine schwarze Karte hervor und ließ sie durch den vorgesehenen Schlitz gleiten, dass die Lampe über der Fahrstuhltür grün aufleuchtete und sich daraufhin öffnete. "Normalerweise besitzen alle Duellanten eine Zulassungskarte", er hielt ihr das Stück Pappe vor die Nase, dass sie nicht lang zögerte und sie entgegennahm. "Dann sollten Sie Ihr Personal nach Ihren Kompetenzen überprüfen lassen." Ihre Antwort kam so unerwartet, dass seine Mundwinkel ein leichtes Stück nach oben gingen, bevor er wieder seinen gewohnt stoischen Blick aufsetzte. Schweigend drückte er den Knopf, der sie in das vierte Untergeschoss führte. Den Weg, den Yamamori nutzen wollte, war nicht nur umständlich sondern auch enorm zeitaufwendig. Die normalen Fahrstühle führten nur bis in das dritte Untergeschoss, danach musste man durch einen dreihundert Meter langen Flur, der schließlich in einer Feuertreppe endete und in die letzte unterste Etage führte. Mit einem Ruck setzte sich der Lift in Bewegung, dass sich die junge Frau an die Seite neben Seto Kaiba stellte und die Hände in die Hüften legte. Ihr Schweigen war ihm vollkommen Recht. Er konnte es nicht leiden, wenn die Menschen um ihn herum das Gefühl hatten, ihn mit Smalltalk und unsinnigem Geplapper unterhalten zu wollen. Besonders die Frauen, denen scheinbar ein angeborenes Talent für sinnlose Plaudereien in die Wiege gelegt worden war. Sobald er auf eine seiner weiblichen Mitarbeiter traf, fühlten sie sich dazu in der Pflicht sich mit ihm unterhalten zu müssen oder auf andere Weise seine Aufmerksamkeit zu erzwingen. Rin Yamamori schien nicht der Typ Frau zu sein, zumindest hatte sie ihn bisher nie unerwünscht angesprochen. Dabei war sie ihm seit ihres Rangaufstiegs vorletzte Woche mehrmals über den Weg gelaufen. Kein einziges Mal versuchte sie das Augenmerk auf sich zu lenken und ihre Siege offenkundig auszudiskutieren. Er kannte es von seinen anderen Spielern, die gern in seiner Gegenwart ihre größten Erfolge ansprachen - natürlich nur ganz beiläufig, als bemerkten sie nicht, dass Seto Kaiba zugegen war. "Verraten Sie mir", während er sprach lag sein Blick auf die Anzeige über ihnen, "warum Sie ausgerechnet um diese Zeit auf die Idee kommen, Ihre Techniken trainieren zu wollen?" "Ganz einfach", ihr Blick ging ebenfalls ins Leere, "es ist die perfekte Zeit zum Trainieren. Ab neun gehen die Battle-City-Duelle los. Wenn ich tagsüber trainiere, würde ich viele Duelle verpassen, also auch jede Menge potentielle Punkte. Und danach ist meine Konzentrations- und Lernspanne auf dem niedrigsten Stand, dass ein Training reine Zeitverschwendung wäre. Also gehe ich morgens trainieren... Mir gefällt außerdem die Ungestörtheit am Morgen", ein leichtes Lächeln huschte über ihre Lippen, dass ihre Gesichtszüge, die eine gewisse Strenge angenommen hatten, weicher wurden und zu dem leicht Kindlichem zurückkehrten, die in ihr innewohnten. Es überraschte ihn, dass sie einen frischen und munteren Eindruck erweckte, obwohl sie täglich bis vierundzwanzig Uhr oder länger im System eingeloggt blieb und aus den Koordinaten abzulesen war, dass sie weite Strecken von ihrem Zuhause zurückgelegt hatte. Sie trug auch kein Makeup, dass die dunklen Augenringe hätte kaschieren können. Stattdessen lag nur ein leichter Lidstrich auf ihren Augen, sonst hatte sie an sich nichts verändert. Dabei hätte der junge Firmenchef schwören können, dass etwas anders war. Dass sie anders wirkte. Und das nicht wegen des hochgesteckten Pferdeschwanzes, der an ihrem Kopf wie eine lange geschwungene Peitsche gebunden war. Nein. Es war etwas anderes. Irgendetwas an ihrer Haltung, ihrer Stimme und den Ausdruck ihres Gesichtes ließ die junge Frau verändert wirken. Aus den Augenwinkeln versuchte er seine Aufmerksamkeit nicht weiter auf ihr Gesicht zu lenken, dass er stattdessen die Blicke schweifen ließ. Schon zu Beginn war ihm aufgefallen, dass ihre Kleidung für einen Duellanten mehr als ungewöhnlich war. Im Grunde gab es nur zwei Typen von Duellanten: Die einen hielten nichts von Mode und Stilbewusstsein. Stattdessen kleideten sie sich in ihrem Null acht fünfzehn Outfit, dass sie morgens über ihren Stuhl lehnend aufgeschnappt haben mussten und liefen wochenlang mit ein und demselben Look herum. T-Shirt und Jeans; die klassische Variante eines Spielers, der den Eindruck erwecken wollte als spielte es keine Rolle wie man aussah. Für ein bestimmtes Klientel sicher auch gut zu vermarkten - wenn man denn auf trottelige Außenseiter stand. Andere wiederum stellten sich mit ihren Sonderanfertigungen regelrecht zur Schau und kreierten so einen eigenen einmaligen Stil. Dieser Kleidungsstil wirkte jedoch nur, wenn man tatsächlich jemand war, der Aufmerksamkeit verdient hatte. Das sahen nicht alle so, dass sich viele Amateure mit ihren Kostümen zum Affen machten, oder drittklassige Profis nur mit ihrem exzentrischen Auftreten auffielen und das nicht gerade im positiven Sinne. Die junge Frau neben ihm sah keinem der beiden Gruppen ähnlich. Sie trug eine weiße locker sitzende Bluse, die sie sich in ihre Stoffhose mit hohem Bund reingesteckt hatte. Der schwarze Stoff wurde durch einen aus Lederimitat festgebundenen Gürtel straff gehalten, dass er genau um ihre Hüften geschlungen war und ihre schmale Taille betonte. Bis über die Knöcheln reichte die Hose, dann gingen ihre Beine in Stiefeletten über, deren Absätze mindestens zehn Zentimeter hoch waren. Ihr Outfit erinnerte ihn eher an eine modebewusste Verkäuferin für Textilartikel als eine aufsteigende Duellantin der dritten Profiliga. Wie Kaiba aus ihrem Lebenslauf wusste, hatte sie tatsächlich für kurze Zeit als solche gearbeitet, vielleicht rührte daher ihr Kleidungsstil. Ich hab schon schlimmeres gesehen Es konnte sicherlich nicht schaden, sich von der Masse abzuheben. Immer noch besser als in zerschlissenen Jeans oder viel zu knappen Tangtops durch die Gegend zu rennen. Davon gab es genug und solch ein Duellanten-Typus musste nicht gerade seine Firma repräsentieren. Mit den Fingern begann sie an der schwarzen Karte herumzuspielen, bevor ihr Blick flüchtig über die Anzeigetafel huschte, dass nur ein geübtes Auge wie Seto Kaibas dies bemerken konnte. Sie denkt bestimmt über ihren Punktestand nach Wenn er für die zweite Woche recht pasabel war, lag sie doch weit zurück, was die Spitze von DuelMonsters anbelangte. Im Grunde begann für sie erst mit der Profiliga das Turnier. Sie hatte die erste Woche in der Amateurliga herum gedümpelt, dass sie sich erst einmal an die neuen Duellanten gewöhnen musste. So einfach wie in der letzten Woche würde es für die junge Frau nicht laufen, so viel war sicher. Noch konnte er sie nicht gut einschätzen, ob sie genug Ehrgeiz besäße, sich trotz der Hürden nach oben zu arbeiten. Wenn sie es richtig anstellte, konnte sie zumindest unter den Top hundert landen. Für seine Vermarktung reichte ihm diese Platzierung. Ein leichtes Blitzen tauchte in ihrer rechten Iris auf, als sie den Punktestand regelrecht fixierte. Erst als sich die Tür öffnete, sah sie auf. Kaiba drückte mit dem einen Arm an den Türrahmen, während seine Augen die junge Frau anvisierten:"Wie weit würden Sie gehen", Eisblau traf auf Giftgrün, "um zu gewinnen. Denn", seine Stimme bekam einen beiläufigen Klang, um zu unterstreichen wie egal ihm ihre Antwort war, "sicher ist es ganz nett, ein paar Duelle zu gewinnen, aber wenn Sie wirklich nach oben wollen", sein Blick wurde finster, "können Sie ihre Gegner nicht einfach nur besiegen. Sie müssen sie vernichten." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)