Meine Alphas, Meine Seelengefährten (Alphas x Omega Reader) von p-u-m-p-k-i-n ================================================================================ Kapitel 2: Zaubertränke ----------------------- Du umfasst den Holzlöffel, und du rührst ganz langsam und gleichmäßig im Uhrzeigersinn den Trank im Zaubertrankkessel um. Du bist der Meinung, dass der Trank etwas streng riecht, und du fühlst, wie sein Geruch dich in der Nase kitzelt. Du beugst dich zur Seite, weil du bemerkst, dass du kurz davor bist laut niesen zu müssen. Du presst die Lippen fest zusammen, um ein Niesen zu unterdrücken, denn du willst nicht, dass dein Körper dabei kräftig durchgeschüttelt wird. Um einen hochwertigen Düngerzaubertrank herzustellen, müssen die Rührbewegungen so gleichmäßig wie möglich sein. Jeder noch so kleine ruckartige Unterbrecher mindert die Wirkung des Trankes.   Deine Backen blasen sich auf, aber du hältst deinen Mund fest verschlossen. Du versuchst es, gibst dir große Mühe, und doch hörst du dich im nächsten Moment niesen. Kurz schüttelt es dich. Du findest es schade, dass die Wirkung des Zaubertrankes nun ein wenig gemindert sein wird, aber du gibst auch zu, dass sein Geruch wirklich sehr penetrant ist. Du fragst dich, welche der Zutaten dafür verantwortlich ist. Du überlegst dir, ob es das Mungowanzenhaar ist. Die feinen Härchen, die auf dem Panzer der Mungowanze wachsen, sind der Grund, warum die Mungowanzen stinken. Und genau deshalb bewahrst du das Mungowanzenhaar gut verschlossen in einem Glas auf, das hinter dir im Wandregal steht und einen Schraubdeckel besitzt.     Jetzt legst du den Holzlöffel neben den Zauberkessel nieder, und du schaltest die Temperaturanzeige von zwei auf eins. Der dunkelgrüne Zaubertrank blubbert sanft im Kessel. Du hast das Feuertanzpulver in ein größeres Glasfläschchen abgefüllt, nachdem du von der Apotheke zurückgekommen bist. Du nimmst ein Buttermesser und tauchst mit der Messerspitze in das Pulver ein: Drei Messerspitzen brauchst du, nicht mehr, nicht weniger, genau diese Menge. Du bist der Meinung, dass es die wichtigste Zutat im Düngerzaubertrank ist, denn erst durch das Feuertanzpulver wird das Gemüse in kürzester Zeit prachtvoll und groß heranwachsen. Du gibst die drei Messerspitzen Feuertanzpulver zum Zaubertrank, und dann nimmst du wieder den Holzlöffel in die Hand. Du rührst das Pulver unter, und du gehst dabei wie bisher vor: Langsam und beständig rührst du fünfmal den Zaubertrank im Uhrzeigersinn herum. Du rührst gerade zum fünften Mal um, da zerplatzt an der Oberfläche eine Luftblase und ein wenig des Zaubertrankes spritzt aus dem Kessel hinaus auf deine Hand.   Du fühlst die Wärme, und du bist in dem Moment froh, dass der Düngerzaubertrank bei der Herstellung nicht stark erhitzt werden muss, denn sonst hättest du dich verbrannt. Doch das ist nun das dritte Mal in zwei Wochen, dass es dir beim Zaubertrankbrauen passiert, und du fragst dich mittlerweile, ob etwas mit deinem Zaubertrankkessel nicht stimmt. Es ist fast so, meinst du, als würde eine zu große Hitze in der Mitte des Kessels entstehen. Du nimmst das kleine Handtuch, das neben dem Kessel liegt, und du reibst den Zaubertrank von deiner Hand und vom Holzlöffel ab. Dann schaltest du den Kessel aus, und du ziehst das Kabel aus der Steckdose. Diese neuen Kesselmodelle sind einfach toll, denkst du. Seit du dir das Modell X 2000 der Marke Zumbraun vor ein paar Jahren geleistet hast, verstaubt der Bunsenbrenner und der alte Zaubertrankkessel im Regal hinter dir.   Du läufst um die große Arbeitstischplatte herum, auf der noch ein zweiter Kessel der Marke Zumbraun steht und daneben ist eine Holzbox, in der Löffel aus Holz, Metall und Plastik liegen. Du besitzt auch ein paar Bambuslöffel, denn du weißt, dass es Zaubertränke gibt, bei denen ein Bambuslöffel die Wirkung des Zaubertrankes besser entfaltet, als wenn du einen Löffel aus einem anderen Material verwendest. So benutzt du Plastiklöffel eher selten, eigentlich nur zum Brauen an medizinischen Zaubertränken für den Eigenbedarf: Zaubertränke, die Krankheiten und Verletzungen heilen, mögen weder mit Holz noch Bambus in Berührung kommen. Für sie sind die Plastik- und Metalllöffel sehr gut geeignet, doch du besitzt von ihnen nicht viele Löffel, da du in deinem Laden Zaubertränke für Zimmer- und Gartenpflanzen verkaufst.   Du gehst zu einem kleinen Waschbecken, es ist neben dem Wandregal, in dem du Zaubertrankzutaten in Holzschubladen aufbewahrst. Eine der drei Zauberseifen, die du in der Apotheke gestern gekauft hast, befindet sich in der Seifenschale. Du nimmst die Zauberseife Süße Wohltaten in die Hände, und du wascht dir damit die Hände ausgiebig. Du weißt, dass es ist nicht gut ist, wenn der Zaubertrank auf deiner Haut bleibt. Der Zaubertrank ist nicht giftig, ist dir bewusst, aber es ist besser, wenn du dir dennoch gründlich die Hände wäschst. Schließlich trocknest du dir deine Hände an dem flauschigen Handtuch neben dem Waschbecken ab, dann gehst du zum Arbeitstisch zurück, und du wirfst einen Blick auf den fertigen Trank, der nur noch auskühlen muss. Durch das Feuertanzpulver hat der Zaubertrank mittlerweile seine dunkelgrüne Farbe verloren und leuchtet nun in einem Feuerrot.   Sobald der Zaubertrank nicht mehr warm ist, wirst du ihn in Flaschen abfüllen und eine davon mit in den Garten nehmen, überlegst du dir, um seine Wirkung an einem Setzling auszuprobieren. Deine Gemüsesetzlinge, die du vor einer Woche gepflanzt hast, wachsen in deinem Gewächshaus. Wenn du mit der Wirkung deines Düngerzaubertrankes zufrieden bist, so hast du entschieden, willst du sie hinauspflanzen in deinen Gemüsegarten. Du durchquerst dein Zaubertränkelabor, und du öffnest die Tür, die hinausführt in den Flur, der von Licht durchflutet ist, da es in diesem Teil des Fachwerkhauses große Fenster gibt, die von der Decke bis zum Boden reichen. Als du das alte Fachwerkhaus gekauft hast, war dir der Flur zu dunkel gewesen. Er hatte nur zwei kleine Fenster gehabt, die zum Garten hinausgehen. Jetzt wird die Glasfront lediglich von zwei dicken Balken unterbrochen – Stützpfeiler, die nicht entfernt werden durften. Doch es gefällt dir, dass sie noch da sind, da sie den Charme des Fachwerkhauses erhalten.   Mit dem Öffnen einer weiteren Tür, verlässt du den Flur und trittst ein in deinen Zaubertrankladen. Hier verkaufst du Zaubertränke für Zimmer- und Gartenpflanzen. Dein Laden liegt im vorderen Teil des Fachwerkhauses und die Ladentür ist auch gleichzeitig deine Hauseingangstür.   Als man dein Laden renovierte und herrichtete, hast du in deinem Laden hohe Holzregale aufstellen lassen. Verschiedene Düngerzaubertränke sind in den einzelnen Regalfächern. Magische Blumenerde lagert ganz unten neben großen Terakottablumentöpfen, die ebenfalls magische Eigenschaften besitzen wie ›Saftiges Grün‹ oder ›Langlebige Blütenfreude‹. Zaubertrankzutaten, die in das Gießwasser gegeben werden kann, um Topfpflanzen vor dem Befall von Ungeziefer zu schützen, oder Topfpflanzen kräftiger wachsen zu lassen, stehen zwei Regalfächer weiter oben. In den ersten Monaten, nachdem du deinen Laden eröffnet hast, lag ein wunderschöner großer Teppich mit langen Fransen in der Mitte deines Ladens, doch schnell hast du bemerkt, wie unpraktisch er ist, wenn Golem Einkäufe in deinem Laden erledigen und sie den Lehm, den sie verlieren, in deinen Teppich eintreten. Jetzt ist er zusammengerollt im Keller, und es tut dir fast schon leid, ihn dort verstauben zu sehen, da er dir gut gefallen hat.   Du wirfst einen Blick zur Standuhr, und du siehst, dass es kurz vor sechs Uhr abends ist. Du hast deinen Laden um fünf Uhr geschlossen, und du hast den Boden schon gefegt und nass rausgewischt.   Du gehst hinter die Theke, wo die Kasse steht, greifst unter sie, und du umfasst eine braune Tüte, die du auf der Theke abstellst. In genau diesem Moment hörst du, wie die große Standuhr, die in der Ecke neben einem Herzbaum steht, sechsmal laut läutet. Ein Türchen öffnet sich direkt unter den Zeigern, und ein Hauch von Magie fliegt in der Form eines glitzernden Papageis heraus. Der Papagei schlägt sechsmal kräftig mit den Flügeln.   »Sechs Uhr … ahrr … sechs Uhr!«, schreit er schrill und dann explodiert er in einem Feuerwerk aus bunten Farben.   Marilla wird bald hier sein, denkst du, um die Bestellung für ihre Mutter abzuholen, die du vor dir auf die Theke gestellt hast.   Marillas Mutter ist eine langjährige Kundin von dir, die dir am Telefon gesagt hat, dass ihre Zimmerpflanzen von Schildläusen befallen sind. In die Tüte hast du zwei Gläser mit Wombaschafspucke hineingepackt. Du hast einen Lieferanten gefunden, der dir Schafspucke von Wombaschafen aus den Bergen liefert. Die Kräuter, die auf den Bergwiesen wachsen und von den Wombaschafen gegessen werden, so weiß man, lassen ihre Spucke noch besser gegen den Befall von Läusen auf Pflanzen wirken. Wombaschafe, die im Tal auf Wiesen grasen, sollen eine Spucke besitzen, die Läuse etwas milder bekämpft; es heißt, mit dieser Spucke müssen die Blätter der Pflanzen häufiger abgerieben werden, bevor alle Läuse erfolgreich verschwunden sind.   Und dann hörst du das Bimmeln der Ladentürglocke und Marilla tritt in deinen Laden. Als sie dich sieht, lächelt sie und begrüßt dich fröhlich. Du erwiderst ihre Begrüßung. Marilla, die gerade erst zehn geworden ist, rennt auf dich zu mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Um ihren Hals trägt sie eine kleine Handtasche, die aus eingefärbtem Leder ist und einen putzigen Drachen darstellt.   »Mami braucht die Wombaschafspucke ganz dringend«, sagt sie sogleich. »Alle unsere Pflanzen haben Läuse. Mami hat schon versucht, sie mit Wasser und Seife von den Blättern abzuwischen, aber sie sind wiedergekommen.«   Marilla öffnet den Reißverschluss ihrer Drachenhandtasche und holt einen kleinen Geldbeutel heraus. Dann legt sie einen Geldschein auf die Theke. »Mami hat gesagt, dass soll reichen.«   Du lächelst Marilla an, nimmst den Geldschein an dich und bestätigst ihr, dass das Geld absolut ausreichend ist, um die zwei Gläser Wombaschafspucke zu bezahlen, die zusammen 19,54 Krones kosten. Du öffnest die Kasse, und du holst das Wechselgeld heraus und gibst es Marilla in ihre ausgestreckte Hand. Sie lässt die Münzen in ihren Geldbeutel fallen, und packt ihn zurück in ihre Drachenhandtasche.   Du bewunderst Marillas Frisur, und du findest die Blüte in ihrem Haar schön. »Dein Haar ist heute sehr schön, Marilla«, sprichst du deine Gedanken laut aus. »Hat deine Mama dein Haar so toll hergerichtet?«, fragst du das Mädchen. Sie nickt eifrig, während sie sich kurz in die Haare langt.   »Papi hat auch schon gesagt, dass ich heute wie eine Blütenpixie aussehe«, erzählt sie dir. Du weißt, dass Marillas Vater ein Drache aus dem hohen Norden ist, wo es meist nass und kalt ist und die Winter sehr lange und dunkel sind. Marilla hat von ihm ihre tiefblaue Hautfarbe geerbt, ansonsten findest du, dass Marilla ihrer Mutter ähnelt; wie ihre Mutter hat Marilla braune Augen und schwarzes Haar. Marillas Mutter gehört zur Nicht-Magischen Bevölkerung und kommt aus einem Land, das weit im Süden liegt, von einer Insel, wo es wunderschöne weiße mit Palmen gesäumte Sandstrände gibt.   Du erzählst Marilla, wie oft ihre Mutter die Wombaschafspucke verwenden soll, sagst zu ihr, dass ihre Mutter mit der Schafspucke auch die Fenstersimse und falls die Pflanzen auf dem Boden oder auf Kommoden und Tischen stehen, auch dort alles abwischen soll.   Marilla hört dir aufmerksam zu. »Ich werde es Mami ausrichten«, bekräftigt sie. Bevor Marilla deinen Zaubertrankladen verlässt, willst du ihr noch etwas mitgeben, und du läufst hinter der Theke hervor und deutest ihr an, dir zu einem kleinen Tisch zu folgen, auf dem du verschiedene Zauberprodukte für Zimmerpflanzen, aber auch für Blumensträuße stehen hast. Die magischen Produkte sind kleine Spielereien und sind unter den Kindern sehr beliebt. Aus einer Pappschachtel, in der es viele kleine Papiertütchen gibt, nimmst du eine heraus. Auf dem Tütchen steht ihn Regenbogenfarben groß geschrieben ›Magisches Farbenspiel‹. Wird der pulvrige Inhalt in Wasser aufgelöst, wechselt die Zimmerpflanze, die mit dem Wasser gegossen wird, für die nächsten sieben Tage jeden Tag einmal ihre Farbe.   Du hast es schon selbst ausprobiert. Ein Tütchen kostet nicht viel, und du schenkst Marilla ein ›Magisches Farbenspiel‹. Du erklärst ihr, was du ihr gegeben hast und wie sie es anwenden muss. Und sofort siehst du, wie Marillas Augen zu leuchten beginnen und sie dich voller Begeisterung anschaut.   »Danke!«, ruft Marilla freudenstrahlend. »Ich werde alle Pflanzen in meinem Zimmer damit gießen!«   Du erklärst ihr, dass ein Tütchen nur für eine Zimmerpflanze ausreicht, ansonsten wird die Wirkung nicht stark genug sein. Du sagst ihr, dass sie das Tütchen ihrer Mutter zeigen soll, da die Anwendungsbeschreibung auf der Rückseite steht und falls etwas unklar sein sollte, wird ihre Mutter Marilla noch einmal erklären können, wie sie das magische Pulver benutzen muss.   Marilla bedankt sich noch einmal bei dir, und du kannst sehen, dass sie nun dringend nach Hause möchte, vermutlich weil sie es nicht abwarten kann, das Magische Zauberspiel auszuprobieren. Sie verabschiedet sich von dir und flitzt zur Ladentür, ihre Haare fliegen hinter ihr her. Sie winkt dir noch einmal lächelnd zu, dann ist sie auch schon fort. Da du keinen weiteren Besucher für heute erwartest, gehst du zur Tür und schließt sie ab. Als nächstes schließt du die Fensterläden. Nachdem du auch damit fertig bist, läufst du durch den Flur an deinem Zaubertranklabor vorbei, biegst um die Ecke, aber anstatt in den Garten hinauszugehen, steigst du die Holztreppe hinauf in den nächsten Stock, wo sich deine Wohnung befindet.     Du weißt, dein Zaubertrank muss noch etwas auskühlen. In dieser Zeit willst du zu Abend essen. Du läufst in deine kleine Küche, und du füllst den Kaffeekocher mit Kaffee und Wasser, bevor du ihn auf die Herdplatte stellst, die du anmachst. In deinem Kühlschrank hast du vom Vortag noch einen Topf mit gekochtem Gemüse, das du aus deinem Gewächshaus geerntet hast. Während du das Gemüse auf dem Herd warm machst, kocht der Kaffee auf. Du nimmst eine Tasse aus dem Schrank, füllst den frischen Kaffee hinein, gibst noch ein wenig Milch und Zucker hinzu, ehe du mit der dampfenden Kaffeetasse zurück in das Wohnzimmer gehst. Dort, hinter dem Sofa auf einer Kommode, steht eine Kaffeepflanze. Sie hat viele lange hellrote Trichter, die zur Zimmerdecke zeigen. Du stellst die Tasse Kaffee unter einen ihrer roten Trichter und wartest ab. Als der Dampf des heißen Kaffees nach oben steigt, siehst du, wie der Trichter, der genau über der Tasse ist, sich beginnt zu senken. Ein langer Blütenstängel rollt sich aus dem Trichter und taucht schließlich in den heißen Kaffee ein.   Deine Kaffeepflanze ist mit ihren Eigenschaften die einzige ihrer Art. Du hast sie bei Wollys Garten gekauft, eines der größten Gartenzentren in Aelion. Wollys liegt außerhalb der Stadt und führt eine große Auswahl an Pflanzen für den Wohn- und Gartenbereich.   Nachdem du die Kaffeepflanze über einem Monat mit deinem selbst kreirten Zaubertrank gegossen hast, bildete die Kaffeepflanze lange rote Trichter. Die Kaffeepflanze ist seither nicht sehr viel gewachsen, und nie höher als die Länge deines Unterarmes geworden. Dass die Kaffeepflanze selbst Kaffee trinkt, ist dir nicht bewusst gewesen: Du hast es zufällig herausgefunden. Während du Besuch von einer Freundin hattest, ist sie mit ihrer Kaffeetasse in der Hand  genau vor der Kaffeepflanze gestanden, um sie zu bewundern. Beide habt ihr ungläubig geschaut, als die Kaffeepflanze ihre Trichter zur  Kaffeetasse wendete und ihre Blütenstängel ausrollte, als wolle sie die Tasse berühren. Doch erst ein paar Tage später hast du eine Tasse frisch gekochten Kaffee unter einen roten Trichter gestellt. Du hast nicht gewusst, was dich erwarten wird; die Wirkung deines selbst zusammengestellten Zaubertrankes war dir nicht vollends bewusst gewesen.   Fasziniert hast du beobachtet, wie die Kaffeepflanze beginnt, den Kaffee mit ihren Blütenstengeln zu trinken; das heiße Wasser scheint ihren Blütenstängeln dabei nichts anhaben zu können. Und als du bemerkt hast, dass ihre Trichter dadurch noch intensiver rot leuchteten, kochst du seither jeden Tag eine Tasse Kaffee für deine magische, einzigartige Zimmerpflanze.   Dir ist auch aufgefallen, dass ihre Blätter viel kräftiger geworden sind: Der Kaffee scheint Nährstoffe zu enthalten, die deine Kaffeepflanze benötigt, denkst du.   Jetzt hörst du das Gemüse im Kochtopf blubbern, und du gehst wieder zurück in deine Küche, schaltest die Herdplatte aus, nimmst einen Schöpflöffel und füllst deinen Teller. Du bist der Meinung, dass selbst angebautes Gemüse viel besser schmeckt, als wenn du es im Supermarkt kaufst. Mit dem Teller und Besteck in der Hand läufst du zum kleinen Küchentisch, der an der Wand steht unter einem großen Fenster, das auf die Straße hinausgeht. Jetzt, da es Sommer wird, ist es draußen um diese Uhrzeit noch hell, und du schaust auf die Straße hinunter, beobachtest die Passanten, während du isst. Dein Fenster hält den meisten Lärm fern, dennoch hörst du die Autos auf der Straße, und du siehst zwischen ihnen fliegende Teppiche und Besen. Du beobachtest, wie die alte Hexe der Schneiderei gegenüber von dir ihren Laden schließt. Sie watschelt mit einem Besen unterm Arm zur Straße, setzt sich auf ihn, fädelt sich in den Verkehr ein und braust davon.   Du schiebst den letzten Löffel Gemüse in deinen Mund und kaust darauf herum. Du denkst, wie vorzüglich dein Gekochtes doch schmeckt, und du fühlst, wie das Essen deinen Körper von innen heraus erwärmt. Köstlich, denkst du erneut, und dann räumst du Teller und Besteck ab, und du machst dich an den Abwasch. Deine Küche besitzt keine Spülmaschine, und du wäschst alles mit der Hand, hinzu kommt noch das Geschirr von heute Morgen. Du hörst es klirren in der Küche, während du an der Spüle hantierst. Nachdem du alles abgewaschen und in die Schränke zurückgeräumt hast, bist du der Meinung, dass es nun Zeit ist, deinen neuen Düngerzaubertrank auszuprobieren.   Du verlässt deine Wohnung, gehst die knarrende alte Holztreppe hinunter und betrittst dein Zaubertranklabor. Du wirfst einen Blick in den Kessel hinein, und du meinst, dass der Trank gut aussieht, und als du die Hand über den Kessel hältst, fühlst du nur ganz schwach eine Restwärme. Du gehst zu einem Regal, wo du leere Glasflaschen und Flakons aufbewahrst. Du nimmst vier mittelgroße Glasflaschen aus dem Regal, und du füllst den Zaubertrank mit einem Trichter vorsichtig in sie hinein. Die Deckel liegen neben den Glasflaschen, denn du willst noch etwas warten, bevor du sie verschließt, lange genug, dass die restliche Wärme ganz verfliegen kann.   Du säuberst deinen Kessel, scheuerst ihn mit einem Putzmittel, das speziell für Zaubertrankkessel ist, säuberst den Holzlöffel und alles andere, was du zum Zaubertrankbrauen verwendet hast, und danach räumst du alles an seinen Platz zurück. Schließlich reibst du noch mit einem feuchten Lappen, auf dem ebenfalls magisches Putzmittel ist, die Arbeitsfläche ab.   Du nimmst eine mit Düngerzaubertrank gefüllte Glasflasche in die Hand und verlässt das Labor. Du folgst dem Flur entgegengesetzt zu deinem Laden und öffnest die Balkontür, und du betrittst deine Gartenterrasse. Zu deiner Rechten spannt eine Hängematte zwischen zwei Pfeilern, davor ist ein kleiner Tisch, neben dem ein Stuhl und eine Bank steht. Wenn es abends noch warm ist, dann lässt du deinen Tag gerne auf deiner Terrasse ausklingen. Du hast sie sehr schön hergerichtet, sie ist sehr grün, überall sind Hängepflanzen. Über dir spannt eine Lichterkette, die du gerne abends anmachst, wenn du hier draußen bist.   Du gehst von der Terrasse die zwei Steinstufen in den Garten hinunter und folgst dem Pfad aus großen flachen in den Boden eingelassenen Steinen. Dein Garten ist nicht sehr breit, aber dafür lang. Eine Mauer grenzt ihn von den Nachbargärten ab. Wenn du am Ende deines Gartens über die Mauer blickst, plätschert dahinter ein Bach. Dieser mündet weiter vorne in den Fluss Nivin, der durch Aelion fließt. Du läufst zu deinem Gewächshaus und dabei wirfst du einen Blick zum Ende des Gartens, zur hintersten Stelle, wo du einige Holzpixies flattern siehst. Du schaust ihnen zu, wie sie um ihr Holzpixiehaus schwirren, rein- und rausgehen.   Du hast das Haus bei Wollys Garten gekauft. Es ist vielleicht ein bisschen kitschig, findest du, da es aussieht wie ein prachtvolles Märchenschloss. Doch damals hat es bei Wollys keine anderen Holzpixiehäuser gegeben, zwar verschiedene Farben, aber immer dasselbe Design. Auf dem Dach des Schlosses ist ein kleines Solarpanel angebracht, und nachts brennt Licht hinter den kleinen Fenstern des Märchenschlosses. Es scheint die Holzpixies nicht zu stören, sie haben das Märchenschloss sehr schnell akzeptiert. Damals hast du es gekauft, in der Hoffnung, dass es wie in der Beschreibung Holzpixies davon abhält, sich in dein Haus einzuquartieren, und es ist viel besser geworden, denkst du, denn du hast schon seit ein paar Monaten keine Holzpixie mehr in deinem Haus entdeckt.   Du betrittst dein Gewächshaus, und du bleibst vor dem Tisch stehen, auf dem die Setzlinge in Töpfen heranwachsen. Es ist Zeit, deinen Zaubertrank auszuprobieren, denkst du, und deine Augen leuchten vor Begeisterung, und du fühlst, wie du es kaum noch erwarten kannst.      Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)