REQUIEM - 6. Akt: Am Scheideweg von CyberneticNemesi ================================================================================ Kapitel 1: Der Unbrechbare Schwur --------------------------------- Als Severus Snape in sein Haus bei Spinners End kam graute bereits der Morgen. Er hatte Nazissa nach Hause gebracht. Sie war seit Lucius' Verhaftung nicht mehr sie selbst und Dracos Initiierung hatte sie komplett aus dem Gleichgewicht gebracht. Er wusste nicht, ob Draco aus eigenen Antrieb zu den Todessern ging oder nicht, doch für seine Mutter brach gerade eine Welt zusammen. Sie hatte nie gewollt, dass Draco sich ihnen anschloss. Daraus hatte sie gegenüber Severus auch nie einen Hehl gemacht. Dass er jetzt an diesem scheußlichen Ritual teilnahm brachte sie komplett aus der Fassung. Severus erinnerte sich noch gut an seine eigene Initiierung. Damals waren die Todesser jedoch noch ganz anders. Es war mehr eine politische Organisation denn ein okkulter Geheimbund. In den Jahren ohne Körper musste das was von Tom Riddles Geist noch übrig war komplett in den Schwarzen Lehren und Legenden versunken sein. Dieses Ritual war eine einzige Ansammlung magierokkultischtischer Mythenverehrung. Die große Schlange, die der Legende nach Salazar Sytherin gebar. Die rituelle Weihung im Blut der Ungläubigen – in diesem Fall zwei arme Teufel, wahrscheinlich Muggel oder dünnblütige Magier - und zum Schluss das Symbol. Severus kannte es aus seiner Kindheit. Die Heiligtümer des Todes. Es stammte aus einem Märchen. Beedle, dem Barden. Es gab Magier, die gerade diese Geschichte für Wahrheit hielten. Es war eine moderne Legende und die Artefakte aus dem Märchen sollten dem Träger fast unbegrenzte Macht verleihen. Kein Wunder also, dass Voldemort es nutzte. Der alte Tom Riddle, den Severus während des Krieges kennen gelernt hatte, war ein abergläubischer Okkultist. Gut möglich, dass er selbst daran glaubte. Dieses neue Initiierungsritual war jedoch ein Massenspektakel. Das war früher nicht so. Damals wurden sie quasi alle im stillen Kämmerlein mit dem Dunklen Mal verbunden. Voldemort war jedoch schon immer gut darin die Massen zu manipulieren. Ihnen Trugbilder vorzuspielen und genau das zu erzählen, was sie hören wollten. Das er sich quasi selbst zu einer Art religiösen Führer erhob passte da nur gut ins Bild. Er tat alles, um Menschen an sich zu binden, denn für ihn war jeder, egal wie hoch er in der Hierarchie kam, am Ende nur Vieh mit dem er tun und lassen konnte, was er wollte. Diejenigen, wie Bellatrix, die in ihren Fanatismus ernsthaft glauben er sei ihnen auch nur ein Müdes Lächeln wert, lagen falsch. Er würde sie einfach opfern, wenn es nötig wäre. In Voldemorts Welt gab es nur ihn. Alle anderen waren Tiere auf der Schlachtbank. Severus rieb sich die Stirn. Er brauchte unbedingt ein wenig Schlaf. Gerade als er daran dachte wie sterbensmüde er war flatterte ein Phönix an sein Fenster. Fawkes. Nicht einen Augenblick der Ruhe hat man hier. , dachte Severus und öffnete das Fenster. Er nahm dem dem Phönix den Brief ab, den er trug und das Tier verwandelte sich in einen leuchtenden Feuerball, während es davonflog. Severus öffnete den Brief und las. Treffen Sie mich so bald wie Möglich in Hogwarts. Es gibt Neuigkeiten, die Sie interessieren dürften. Albus Severus zerknüllte den Brief und warf ihn in das Feuer des Kamins. Er hob Dumbledores Briefe nie auf. Sicher war sicher. Was immer für Nachrichten er hatte, die konnten bestimmt noch ein paar Stunden warten. Wenn er sich nicht bald ins Bett legte würde er an Ort und Stelle umkippen. ----------------------------------- Am Abend traf Severus in Hogwarts ein und machte sich gleich auf den Weg zum Büro des Schulleiters. „Ah, Severus, endlich kommen Sie.“, sagte Dumbledore, der gerade über ein Stück Pergament gebeugt war. „Was gibt es denn für wichtige Neuigkeiten?“, fragte Severus. „Sagt Ihnen der Begriff Horcrux etwas?“, fragte Dumbledore. „Ja, natürlich.“ „Sicher, das hätte ich mir denken können.“, sagte Albus und erhob sich hinter seinem Schreibtisch. „Wissen Sie noch als Sie mir letztes Jahr über die Gedächtnisprobleme von Voldemort erzählten?“ „Ja. Ich habe immer vermutet, schon während des Krieges, dass er etwas Ungesundes mit seinem Kopf angestellt hat. Sie glauben also er hat einen Horcrux erschaffen?“, fragte Severus. „Nicht einen, sondern sieben.“, korrigierte Dumbledore ihn. Severus zog die Augenbrauen nach oben. „Das erklärt so einiges.“, sagte er. „Sie meinen?“, fragte Albus. „Seit ich ihn kenne hat er Symptome starken, psychischen Verfalls. Gedächtnislücken, Stimmungsschwankungen, mitunter wechselnde Persönlichkeiten. Hätte er wirklich sieben mal seine Seele so malträtiert … sein Wahnsinn wäre dann nicht gespielt, er wäre real. Das kann kein Mensch überleben, ohne dass seine Persönlichkeit völlig zerfällt.“ „Genau, Severus, sein Wahnsinn ist real und er bedroht uns alle. Es gibt keine Aufzeichnungen über Magier, die sich etwas derartiges jemals selbst angetan hätten. Wenn ich das aber weiter denke, dann werden seine Symptome immer schlimmer werden und seine Grausamkeit und sein Irrsinn werden expotenziell steigen.“, sagte Dumbledore. „Dummer Weise sind die Horcruxe auch der Quell seiner Unsterblichkeit.“ „Sie wollen sie finden und zerstören?“, fragte Severus. „Uns bleibt nichts anderes übrig, wenn wir ihn besiegen wollen.“ „Töten.“, korrigierte Severus den alten Hexer. „Wir wollen ihn töten. Egal wie sehr Sie den Gebrauch dieses Wortes ablehnen, Albus, Sie sollten sich daran gewöhnen. Es wird keinen friedlichen Weg geben das zu beenden.“ „Ich fürchte da haben Sie recht.“, gab Dumbledore zu und es war wirklich selten, dass er sich zu so einer Tat überwinden konnte. „Wissen Sie, wo die Horcruxe versteckt sind?“, fragte Severus. „Bei einigen, aber leider nicht bei allen. Deshalb müssen Sie mir einen Gefallen tun.“ Severus verschränkte die Arme vor der Brust. Albus' Gefallen hatten in der Regel mehr als nur einen Haken. „Sie müssen Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste werden.“, sagte Dumbledore. Severus starrte fassungslos an. Er hatte sich ja wohl verhört! „Was?“, fragte Severus ungläubig und war kurz davor laut loszulachen. „Der einzige Mensch, der wissen könnte, wo sich die restlichen Horcruxe befinden ist Horace Slughorn. Er war Tom Riddles Hauslehrer – und Ihrer wohlgemerkt. Ich werde ihn überreden seine Stelle als Zaubertranklehrer wieder aufzunehmen.“ „Horace? Wie lange ist der jetzt schon im Ruhestand? Fünfzehn Jahre? Hat er überhaupt noch so viel Elan den ganzen Explosionen aus dem Weg zu springen?“, fragte Severus lachend. „Werden Sie nicht frech!“, ermahnte ihn Albus wie einen Schüler. „Es ist unsere beste Chance und Sie wollten doch schon immer mal das Fach wechseln.“ „Ach, jetzt fällt Ihnen das wieder ein?“, sagte Severus gespielt aufmüpfig. „Besser spät als nie.“, gab Dumbledore zurück. „Also gut. Ich tu es. Halten Sie nur die wütenden Eltern von mir fern.“ „Warum sollten die wütend sein? Sie sind doch bekannt für ihre liebevolle Art.“, entgegnete Albus. „Ha ha!“, machte Severus trotzig. „Wenn also weiter nichts ist, ich habe noch zu tun.“ „Sicher, Severus.“, sagte Dumbledore und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. --------------------------------- Severus saß am nächsten Morgen in seinem Sessel vor dem Kamin in seinem Haus in Spinners End. Er trank eine Tasse Tee und überflog gerade die aktuellen Meldungen im Tagespropheten. Auf der Titelseite pragte das Bild des neuen Zaubereiministers Rufus Scrimgeour. Ein Löwe von einem Mann mit schulterlangem, roten Haar und einem Bart, der sein Gesicht erschienen ließ als stamme er selbst vom Wappentier Gryffindors ab. Severus hatte ihn letztes Jahr getroffen. Damals war er noch Chef der Strafverfolgung gewesen. Severus konnte nicht sagen, ob ein ehemaliger Auror eine gute Idee für den Posten des Ministers war. Schließlich kannte er Mad-Eye Moody. Der Regen trommelte gegen die Fenster und und Severus sah flüchtig hinaus. Das Wetter in Bristol war schon immer eher unbeständig. Typisch Küste. Plötzlich läutete es an der Tür. Severus legte die Zeitung weg und zog seinen Zauberstab. Er erwartete niemanden. Schon gar nicht jemanden, der wusste wie man eine Klingel benutzte. Severus ging durch den schmalen Flur zur Tür und sah durch das Milchglasfenster nach draußen. Er atmete tief, steckte den Zauberstab weg und öffnete die Tür. Draußen standen zwei Frauen in ihren schwarzen Reiseroben, die er hier nicht erwartet hatte: Narzissa Malfoy und - leider Gottes! - ihre Schwester Bellatrix Lestrange. „Dürfen wir eintreten?“, fragte Narzissa. „Natürlich.“, sagte Severus ließ sie wie ein guter Gastgeber eintreten. Narzissa und Bellatrix folgten ihm in das Wohnzimmer, wo er ihnen ein Platz vor dem Kamin anbot. „Entschuldige, wenn ich es bevorzuge zu stehen.“, sagte Bellatrix. Sie lehnte sich lässig gegen den Kaminsims und ihre Augen huschten zwischen ihrer Schwester und Severus hin und her. „Tee?“, fragte Severus Narzissa. „Nein, danke.“, lehnte sie höflich ab und setzte sich in den Sessel ihm gegenüber. „Also, womit kann ich euch beiden helfen?“, fragte Severus. „Mir kann man bekanntlich nicht mehr helfen.“, gackerte Bellatrix belustigt los. „Ssssch! Bella, sei still!“, fuhr Narzissa sie an. „Die Sache ist ich soll eigentlich nicht darüber sprechen. Der Dunkle Lord hat es verboten.“ „Und man soll bekanntlich nichts tun, was Er verboten hat!“, mischte Bellatrix sich ein. Narzissa brachte ihre Schwester mit einem bösen Blick zum Schweigen. „Es geht um Draco. Der Herr ließ mich wissen, dass er meinen Sohn damit beauftragt hat eine schier unmögliche Aufgabe zu lösen. Er soll Dumbledore ausschalten. Dumbledore, Severus! Wie soll ein Sechzehnjähriger das denn bewerkstelligen?“ Severus vermied es ihr in die Augen zu sehen. Ja, er hatte davon gehört. Voldemort legte es darauf an den Jungen scheitern zu sehen. Es war kein fairer Kampf. „Wenn er scheitert, dann wird unser Meister ihn umbringen. Du weißt das, Severus.“, sagte Narzissa. „Und ich weiß genau warum er das tut! Es ist, weil er uns wegen des Versagens meines Mannes bestrafen will! Und er will mir meinen einzigen Sohn nehmen und mich dabei zusehen lassen wie er ihn zugrunde richtet!“ Narzissa begann, wie so oft dieser Tage, zu weinen. Bellatrix stöhnte nur genervt und verdrehte die Augen. Für sie war das alles sicher nur vertane Liebesmüh. „Was soll ich nur tun? Was soll ich nur …?“, schluchze Narzissa verzweifelt. „Und, Snape, hast du eine Idee?“, fragte Bellatrix provokant. „Bellatrix, verschwinde!“, entgegnete Severus ihr scharf. „Raus! Und zwar sofort!“ Bellatrix hob die Augenbrauen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nein.“, sagte sie nur stur. Severus hätte es ehrlich gewundert, wenn sie auf ihn gehört hätte. Severus erhob sich und ging zu Narzissa herüber. Er nahm sie in den Arm, wie schon vor wenigen Tagen bei Dracos Initiierung. Severus wusste, dass sie niemanden sonst hatte an den sie sich wenden konnte. „Arrww, herzallerliebst!“, meinte Bellatrix. Severus bedachte sie mit einem finsteren Blick. Zu seiner Überraschung hielt sie sogar die Klappe. „Versprich mir, dass Draco nichts passiert! Schwöre es!“, sagte Narzissa. „Ich verspreche es.“, sagte Severus. „Nein, du musst es mir schwören! Schwöre es beim Unbrechbaren!“, sagte Narzissa. Severus sah von ihr zu Bellatrix. Die hob nur abwehrend die Hände. „Da ist Sie von ganz alleine drauf gekommen.“, sagte Bellatrix. „Ganz schön durchtrieben, meine Zissy, wenn sie denn mal aufhört zu flennen!“ Severus wusste, dass er ihr das nicht abschlagen konnte. Einen Unbrechbaren Schwur zu leisten war keine Nebensächlichkeit und jemanden darum zu bitten auch nicht. „Also gut“, sagte Severus und erhob sich. Narzissa tat es ihm gleich. Severus krempelte sich das Hemd an seinem rechten Arm hoch und umgriff Narzissas Handgelenk. Auf den Arm mit dem Dunklen Mal konnte er zur Not verzichten falls er es nicht schaffte worum sie ihn bat. Ein Unbrechbarer Schwur tötete einen, wenn man ihn nicht erfüllte. Es gab ein, zwei sehr radikale Gegenmaßnahmen, die ihm einfielen, aber die würden alle mit dem Verlust eines Körperteiles enden. „Meine Schwester, Bellatrix Lestrange, sei mein Zeuge.“, sagte Narzissa und umgriff mit ihrer Hand Severus' Handgelenk. „Wirst du, Severus Snape, alles in deiner Macht stehende tun, um meinen Sohn zu beschützen?“ „Ich schwöre.“, sagte Severus. Eine Flammenzunge wandte sich aus Narzissas Arm um sein Handgelenk. Er verzog das Gesicht als sie in ihn eindrang und den Pakt besiegelte. Nach einem Augenblick wand sich die Flamme aus ihm heraus und drang in Narzissias Arm ein. Die Hand des jeweils einen verkrampfte sich um das Handgelenk des jeweils anderen. Schließlich verschwand die Flammenzunge und sie ließen einander los. „Damit ist es besiegelt.“, sagte Narzissa. Severus rieb sich das Handgelenk und betrachtete die Brandnarbe, die der Fluch an ihm hinterlassen hatte. In der Theorie klang das alles weit weniger unangenehm. „Komm, Bella.“, sagte Narzissa und ging mit ihr aus dem Haus. Severus sah ihnen nach. Da hatte er sich was eingebrockt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)