Der eine zählt des anderen Tassen von Encheduanna ================================================================================ Kapitel 19: Von einem Moment zum anderen ---------------------------------------- Schade eigentlich? Wieso denn? Das fragte sich Lene wenig später, als sie im Gras lag – und Jakob neben sich wusste. Leicht erschöpft waren sie beide. Jedenfalls verriet sie ihr leises Schnaufen. Vor allem Jakob holte immer wieder tief Luft und Lene sah, wie sich seine leicht behaarte Brust dabei hob und senkte. Da war es nur allzu natürlich, sich ruhend der Sonne zu ergeben, um neue Kraft zu schöpfen. Auch mussten ja BH, Slip und Schlüpfer, der, wie Lene fand, doch recht seltsam ausgeleiert wirkte, getrocknet werden. Mussten. Ja. Und da keiner von beiden an ein Handtuch oder Ähnliches gedacht hatte und die Scham zu groß war, sich dem anderen nackt zu zeigen, klebten die Intimkleider eben feucht an den Körpern und warteten darauf, dass Sonne und Wind das ihrige täten. Lene musste schmunzeln, als sie den Kopf hob. Und das nicht nur über den Anblick des etwas unförmig wirkenden Schlüpfers … wenngleich … Ach, er passte einfach zu Jakob. Dieser ausgesessene, farblich etwas ins Gräulich tendierende Blickestopper. An Sexyness war er nicht zu überbieten. Vorne hing er herab und hinten auch – und wenn es den Gummi am Bund nicht gegeben hätte, dann wäre er glatt von Jakobs Hüften gerutscht und hätte entblößt, was er doch so großzügig verbarg. Kurzum: er hing dem guten Jakob – wohl auch, weil er nass war – wie ein Sack zwischen den Beinen herab. Ein gefundenes Fressen für Lenes Lachmuskeln. Und so ließ sie sich ins Gras sinken, schloss die Augen, gluckste noch einige Male und fragte sich, wie es diese Vogelscheuche von Schlüpfersack in Jakobs Gepäck geschafft hatte – und ob Jakob daheim noch andere solcher Exemplare besaß. Ja, all das fragte sie sich – und war gleichzeitig erstaunt darüber, wie schnell sich ihre Stimmung doch wandeln konnte. Von grüblerisch bis unglaublich frei, ja frohgemut. So ein Bisschen wie in der Pubertät. Aber ach, es war eben ein herrliches Gefühl, sich ausgetobt zu haben. Für sie als Lehrerin stand dieses Toben zwar jeden Tag auf dem Programm, aber es war schon ein Unterschied, ob man mit Gleichaltrigen verrückte Dinge anstellte oder eben verrückte Kinder auseinandertreiben musste. Der Wunsch, selbst einmal wieder Kind zu sein, ließ sich nur mit annähernd Gleichaltrigen verwirklichen. Und Jakob hatte sich geradezu angeboten. Er hatte ihren Spaß mitgemacht – und wenn sie an seinen Scherz des vorgegebenen Nacktseins dachte … Unwillkürlich musste sie kichern. Irgendwie war es doch schön gewesen mit ihm. Komisch hin, komisch her. Und das mit dem Verlieben. Das war doch Quatsch. Daran auch nur zu denken. Auf den Augenblick kam es an – und der war einfach toll gewesen. So ausgelassen hatte sie sich schon lang nicht mehr gefühlt. Ja, wann hatte sie das letzte Mal mit Wasser gespritzt oder war vor jemandem weggeschwommen, der sie wie ein alter Äppelkahn einzuholen versuchte … nein, wie Jakob geschwommen war … Wäre sie seine Lehrerin, sie würde ihm ja … Aber ach … So, als hätte Jakob ihre heiteren Gedanken erraten, fragte er plötzlich: „Darf ich?“ Sie öffnete die Augen, fand seinen Blick. Er hatte sich leicht über sie geneigt. „Was denn?“, fragte sie lächelnd. „Darf ich meinen Kopf auf deinen Bauch legen?“ Sie nickte, noch immer lächelnd und lächelte auch weiterhin, als sie, das Gewicht seines Kopfes auf ihrem Leib gewahr, ihn plötzlich wieder so nah wusste. Er sah kurz zu ihr hinauf, verzog die Lippen zu einem Lächeln, zeigte die Zähne jedoch nicht. Und sie, nicht ganz wissend, was sie sich da eingebrockt hatte, nickte nur wieder. Schon begann ihr Herz etwas schneller zu schlagen, doch die Gedanken, die sich aufzutürmen drohten, zwang sie nieder. Erstmal fühlen, schoss es ihr durch den Kopf und ehe sie es sich versah, berührte sie ihn an der Wange. Mit dem Daumen fuhr sie ihm ganz leicht über den Wangenknochen, hinauf bis zur Schläfe, spürte seine Narben und sah, dass er zu blinzeln begann, als sie seinem Auge näherkam. „Keine Angst“, hörte sie sich murmeln. „Keine Angst.“ „Hab keine“, erwiderte er ebenso leise, „find’s schön.“ „Ich auch“, flüsterte sie, gleichwohl sie in sich eine Unruhe spürte, die sie ganz zapplig werden ließ. Nur mit Mühe konnte sie sie im Zaume halten und Jakob weiterhin berühren. Er sah indes wieder zu ihr auf. Da war sein kluger, wacher Blick, gepaart mit etwas, das sie spontan Neugier oder Wissensdurst genannt hätte, etwas jedenfalls, was ihn wohl trieb, ihr näher zu kommen und sich schließlich über sie zu neigen. „Bin ich zu schnell?“, fragte er sogleich. Sie schwieg, fuhr ihm wieder mit der Hand über die Wange, überlegte jedoch, was sie tun sollte, würde er sie tatsächlich küssen wollen. Doch dazu kams nicht, denn schon ließ er von ihr ab und bettete seinen Kopf wieder auf ihren Leib. Und sie begann, ihn wieder zu streicheln – und, wer hätte es nicht gedacht? – ihn zu erforschen. Sein Kinn, seine Wange, seine Nase, die recht groß geraten, wie die eines Adlers wirkte. Dazu sein kluger, wacher Blick – so ernst, so wach, so …, ja, wenn sie es sich recht überlegte, lag auch viel Verletzlichkeit in ihm. Sie holte tief Luft, fuhr ihm dann über sie Stirn und er schloss die Augen, verzog gleichzeitig die Lippen. Er lächelte. Und sie fuhr ihm mit den Fingern ins allzu schüttere Haar, das bereits getrocknet war. Es fühlte sich weich an – und stand so ganz im Gegensatz zur Frisur, die es sonst einnehmen musste – diesem Ecke-auf-Kante-Scheitel, den sie nicht mochte. Nein, sie mochte den nicht. Er erinnerte sie an … an … Und so, als hätte sie ihrer Hand den Befehl dazu gegeben, fuhr diese über seine angehende Glatze, hinab in seinen Haarkranz. Dabei schloss sie die Augen und fühlte in sich hinein. Was wollte sie? Wollte sie, dass … dass … Ihr Herz begann zu rasen. Wollte sie diesen komischen Mann tatsächlich kennenlernen? Wollte sie ihn spüren … mit ihm … Und wieder die Frage: „Sag mir, bin ich zu schnell?“ Sie biss sich auf die Unterlippe, schüttelte den Kopf, ohne die Augen zu öffnen. Und wenn es hier geschähe, hier auf dem Sommerdeich – es wäre ja bloß … ja bloß … Sie spürte seine Lippen auf der Stirn. Ganz zart, sacht – und das auch nicht mehr als einen Lidschlag lang. Aber es war schön, so schön. Dazu sein Atem. Warm war er und erging sich auf ihrem Gesicht. So nah wer er ihr also. So nah. Und sie umfasste, ohne die Augen zu öffnen, sein Gesicht. Sie wusste, was folgen würde. Sie würden sich küssen. Ganz sicher würden sie das. Und unwillkürlich begannen sich ihre Füße zu bewegen und ein seltsam zwickendes Gefühl tat sich in ihrem Bauch auf. Wie wäre das, sich mit ihm zu küssen. Wie wäre das? Doch statt alsbald seine Lippen auf den ihren zu wissen, spürte sie ihn plötzlich in ihrer Halsbeuge. Sie spürte seine Wange, spürte seine Nase, ja sein ganzes Gesicht, wie es sich in ihre Halsbeuge drückte. Dazu sein Atem, der so warm an ihre Haut drang. Er kitzelte sie so sehr, dass sie unwillkürlich glucksen musste. Laut glucksen. „Ich mag dich sehr“, murmelte er, noch immer an sie gepresst, und sie, ihn einfach nur spüren wollend, legte ihre Arme um seinen Hals. So verharrten sie eine Weile: er über ihr, sie unter ihm – und die Nähe des anderen wohl genießend. Auch meinte Lene alsbald zu spüren, wie sich seine Brust bei jedem seiner Atemzüge gegen die ihre presste. „Ich mag dich auch“, entfuhr es ihr und begann ihn im Nacken zu streicheln. Das schien ihm wohl zu gefallen, denn er hob seinen Kopf und gab ein leises Brummen von sich. Ehe er sich wieder in ihrer Halsbeuge erging, ja, sich geradezu in ihr vergrub. Wie ein kleines, kleines Kind. Und ihr blieb nur wieder, ihn zu streicheln, während ihr Herz nicht müde wurde, sich im Rennen zu erproben. „Jakob“, flüsterte sie, öffnete die Augen und wusste ihn beinah vollkommen auf sich liegen – sein Gewicht zu spüren, das das Atmen erschwerte – wie lang hatte sie das schon nicht mehr gefühlt? Sie lächelte, stieß wieder ein „Jakob“ aus und wünschte sich beinah, dass es geschähe, ja, dass er die Initiative ergriffe und hier mit ihr, auf dem Sommerdeich … Und so, als erahnte er ihre Gedanken, hob er den Kopf und begann sie plötzlich ganz leicht am Hals zu küssen. Oh, wie ihr da wurde … Du kannst das doch, du weißt das doch, schoss es ihr durch den Kopf, während sie ihm ihre Schenkel öffnete. Er hielt indes inne, hob den Kopf, sah ihr in die Augen, murmelte dann: „Ich habe das noch nie erlebt. Ob du es glaubst oder nicht. Noch nie …“ „Dann jetzt“, flüsterte sie. Er schwieg einen Moment, küsste sie dann auf die Stirn. Sie schloss die Augen und wünschte sich, er möge sie richtig küssen, doch er ließ wieder von ihr ab. „Ich hätte nicht gedacht …“, setzte er wieder an und unterbrach sich sogleich. „Was?“ Wieder sahen sie sich in die Augen. „Na ja, dass … dass …“ „Die Nähe?“, flüsterte sie. Er nickte zögernd und sie konnte nicht anders, als ihm über die Wange zu streichen. „Es ist so schön, aber vielleicht sollten wir damit …“, setzte er wieder an und sie nickte, noch ehe er den Satz beendet hatte, denn sie verstand, wusste, was er sagen wollte. Und im Grunde hatte er ja recht, so recht. Andererseits …, ach, andererseits … er lag ja noch immer auf ihr und sie bekam kaum Luft und wollte doch nichts Anderes, als ihn auf sich zu spüren. Nur diesen Moment mit ihm sein. Und wieder schloss sie die Augen, während sie ihre Arme um ihn legte und ein Lächeln auf ihren Lippen wusste. „Weißt du“, hörte sie ihn irgendwann wieder sagen, „ich möchte dich wirklich kennenlernen. Und nicht nur mit dir … na ja …“ Er unterbrach sich. Sie öffnete die Augen und wurde seines ernsten Blickes gewahr. „Halt mich nicht für altmodisch, aber ich denke, dass …“ Er küsste sie wieder auf die Stirn, murmelte dann: „… ich kann das wohl nicht so einfach. So … dazu gehört mehr …“ „Ich verstehe …“, entgegnete sie. „Wirklich?“ Sie nickte, umfasste wieder sein Gesicht und sie sahen sich in die Augen. „Ja.“ „Ich meine, man muss sich doch erst vertrauter sein, oder?“ „Natürlich.“ „Sonst ist ja keine Substanz da.“ Sie nickte. „Wenn ich mich verliebe, dann …“ „Ach, Jakob“, unterbrach sie ihn, „ich verstehe dich. Und schön ist es doch. Oder?“ Er senkte den Blick, nickte jedoch, ließ dann allerdings – recht abrupt – von ihr ab und setzt sich neben sie ins Gras. Und sie, plötzlich bar seiner Wärme, fröstelte ein wenig und griff mehr unbewusst als bewusst nach seiner Hand, die er ihr auch überließ. Doch er schien von seiner Leidenschaft abgelassen zu haben und nun in einer Stimmung zu sein, in der er wohl all das, was da über ihn gekommen war, mühsam zu reflektieren suchte. Denn, wenn es stimmte, dass ihm so etwas tatsächlich noch nie geschehen war – wie mochte es da in ihm aussehen? So ganz glaubte sie es ihm allerdings nicht, dass er nicht doch schon mit der einen oder anderen Frau – allen voran mit Maria – zusammengelegen hatte, doch sicher konnte sie sich eben nicht sein. Und so blieb ihr nur – nachfragen wollte sie keinesfalls – seine Hand zu streicheln und die Wehen der eigenen Erregung sacht verebben zu lassen. Es war schön gewesen, ihm so nah zu sein. So schön … Und auch wenn er sich an einigen Stellen schüchtern, fast ungeschickt gab, so besaß er doch eine ganz eigene Erotik, die sie einnahm und der sie sich nur allzu gern hingeben würde. Und mit diesem Gedanken schloss sie wieder die Augen, rollte sich, ihm abgewandt, auf die Seite, um etwas zu ruhen. Doch alsbald spürte sie einen zarten Kuss auf dem Schulterblatt und dann noch einen in ihrem Nacken, dazu eine leichte Berührung in ihrer Beckengegend. Schon wollte sie ihn fragen, was das sollte, was er bezweckte, da sie sich doch gerade gegen ein zu schnelles Beisammensein ausgesprochen hatten, als sie ihn vollends in ihrem Rücken und seine Hand auf ihrem Bauch wusste. Nun, was sollte das? Ihr war ganz seltsam zumute, denn die Lust begann sie wieder zu durchströmen und es hätte nur eines Geringen bedurft, sich enger an ihn zu schmiegen und ihn wissen zu lassen, dass sie es wollte – von ihm. Jetzt. Doch dann ließ sie diesen Drang einfach fahren. Was konnte sie auch anderes tun, da sie seine Nähe so sehr mochte und diese doch intime Zweisamkeit keinesfalls zerstören wollte. Sie konnte sich ihr nur ergeben – und es zulassen, dass er sie berührte und ab und an auf die Schulter küsste. Vielleicht, so dachte sie, will er sich auch nur versuchen … ausprobieren … vielleicht … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)