DREAMS von Engelskrieger (Willkommen in meinem Kopf) ================================================================================ Kapitel 9: Der Handyman (geträumt am 15.04.2018) ------------------------------------------------ Ein Mann, Mitte 30, dunkles, kurzes Haar, 3-Tage-Bart, in einem leger getragenen, dunklen Anzug. Er sitzt auf einem Stuhl im Privatbereich des Clubs, wo sich die Jungs und Mädels für die Gäste oder ihre Auftritte fertig machen. Er ist ein Freund des Clubbesitzers und bei allen Mitarbeitern beliebt und bekannt - den Gerüchten zufolge vor allem ein ganz bestimmter Teil von ihm. Während einige halb geschminkt oder gar nur halb gekleidet durch den Raum laufen, panisch nach verlegten Dingen suchen oder nur herum albern, drückt er eine weitere Zigarette aus und schaut auf die Uhr. Sein Kontakt verspätet sich. Keine Seltenheit, aber auch keine Annehmlichkeit. So entscheidet er sich auf die Toilette zu gehen. Kaum sitzt er jedoch drauf, stürmen drei Männer, einer bulliger als der andere, hinein. Der breiteste von ihnen ist auch der wütendste und hämmert gegen die Tür. Er will wissen, ob die Gerüchte wahr sind. Der Dunkelhaarige will keinen unnötigen Ärger und so bleibt ihm nichts anderes übrig als die Beine breit zu machen. Fast schon enttäuscht ziehen die drei menschlichen Schränke ab, jedoch nicht ohne eine kleine Warnung zu hinterlassen, sodass er dann endlich für sich allein auf dem Klo sitzen und diesem Geschäft nachgehen darf. Sollen die Gerüchte doch über ihn sagen, was sie wollen. Er weiß, dass es nur scherzhaftes Gerede von den Jungs und Mädels ist, besonders, wenn sich einige über ihre eigenen Partner aufregen und dann Sätze fallen lassen, wie schön es wäre, wenn sie nur ein wenig wie er wären, einzig um diese etwas eifersüchtig zu machen. Er hat hier noch niemanden auch nur angefasst und wird es auch nie. Ihn führt nur das Geschäft hierher oder lockere Entspannung unter Freunden nach der Arbeit. Seufzend wäscht er sich die Hände und sein Blick fällt wieder auf seine Armbanduhr. Es ist nach Mitternacht. "Ah." Am liebsten wäre er jetzt zuhause oder würde seine Zeit anderswo mit angenehmeren Dingen gestalten, als hier zu sein. Doch ihm bleibt keine Wahl. Erneut seufzend zieht er sich wieder seine schwarzen, fingerlosen Lederhandschuhe an, die die auffälligen Tattoos auf seinen Händen bedecken: jeweils ein unterschiedliches Symbol auf seinen Fingerspitzen, einige auf den Fingern bis zum Handrücken, und je ein unterschiedlicher, magischer Zirkel aus Kreisen, Linien und mehr Symbolen auf den Handinnenflächen. In einem dunklen Raum, ohne sichtbaren Eingang, Boden, Wände, Decke oder Fenster, ohne Einrichtung oder gar Lichtquellen, sitzen, wie auf Luft, über dreißig Personen dicht beieinander im Kreis. Es sind ausschließlich dunkelhaarige Männer und Jungen. Die ältesten sind ähnlich gekleidet, hauptsächlich in dunklen Anzügen. Die jüngeren tragen etwas farbenfrohere Kleidung in unterschiedlichen Stilen. Doch je jünger sie werden, desto verschwommener wirken ihre Körper und stellen nicht mehr als einen geisterhaften Schemen dar. Sie unterhalten sich untereinander oder alle gemeinsam über den Mann, während ein neuer Dunkelhaarige im Raum erscheint und sich zum letzten setzt. Sofort richten alle ihre Aufmerksamkeit auf ihn und der jüngste im dunklen Anzug fragt, ob alles so klappen wird, wie gedacht. Ihre Meinungen sind sehr gespalten und alt wie jung sprechen mit Hoffnung oder Zweifel. Doch der Neue sitzt gerade und zuversichtlich. Nickend besänftigt er alle mit ruhiger Stimme. Der Dunkelhaarige verlässt den Club durch den Mitarbeitereingang. In der rechten Hand hält er einen großen, schwarzen Kunststoffumschlag. Kurz fröstelnd durchfährt ihn ein Schauer und sein Atem kondensiert in der frischen Morgenluft. Am Horizont wird der Himmel bereits heller. Unter einer Straßenlaterne öffnet er den Umschlag und zieht behutsam den Inhalt daraus hervor, bis er erkennt, worum es sich dabei handelt: ein riesiges, getrocknetes Ohr. Es sieht aus wie ein Schweineohr, ist jedoch gute 20-30cm groß, aus dunkler, fast schwarzer Haut mit kräftigen Borsten daran. Er atmet erleichtert auf und schiebt das Ohr in den Umschlag zurück, den er sich anschließend unter den Arm klemmt. Zielstrebig marschiert er daraufhin die Straße hinab, Richtung Stadtzentrum und bis zu einer kleinen Parkanlage mit Baumallee, an dessen Rand, so wie heute, ein Wochenmarkt aufgebaut ist. Dort fixiert er sofort einen der ersten Stände, hinter denen ein alter, knochiger Mann seine Waren anbietet. In brüchigem Italienisch fragt er ihn nach dem Ohr, von wem und woher man so etwas finden könnte. Der Mann verweist ihn auf den Hafen in der Nähe, also bedankt er sich bei ihm und macht sich sofort dahin auf, die Allee entlang bis er an ihrem Ende an einer roten Ampel stehen bleiben muss. Wartend, beobachtet er wie auf der anderen Seite ein Strandball in einem Baum landet. Eine Frau auf Stelzen im dazu gehörenden Kostüm versucht ihn wieder herunter zu holen, schafft es aber nicht. Sie gehört zu den Akrobaten des Zirkus, der hinter ihr in rot-gelb gestreiften Zelten aufgebaut ist. Da die Straße unbefahren ist, kann der Dunkelhaarige ihre Aufmerksamkeit gewinnen und deutet ihr an ihr den Ball holen zu können. Die Ampel wird grün und während er die Straße überquert, haben es andere Zirkusleute bereits selbst geschafft. Die kostümierte Stelzenläuferin lächelt ihm dennoch dankbar für das Angebot zu, ehe sie sich wieder zu ihnen gesellt, worauf er seinen Weg die Straße links am Zirkus entlang fortsetzt. Der Abend bricht an, als er endlich am Hafen ankommt, dessen Lagerhäuser mit einem hohen Zaun umschlossen sind. Der Dunkelhaarige öffnet das Tor jedoch mühelos und tritt ein, bemerkt jedoch sofort Knochen unter seinen Füßen und Bewegungen im Halbschatten. Rote Hunde, mehr Knochen mit Haut überzogen, und mit struppigen Haarbüscheln als Fell, bewachen diesen Ort. Höllenhunde. Er schaut ihnen nicht in die Augen und bewegt sich so ruhig wie möglich, während die Knochen unter seinen Schuhen knacken an denen er vorbei zu treten versucht. Davon angelockt, kommt einer der Hunde auf ihn zu und streift dabei sein linkes Bein. Das Tor muss sich hinter ihm nicht richtig geschlossen haben, da er seinen Weg hindurch nach draußen findet. Panisch greift der Dunkelhaarige den knochigen Schwanz und zieht ihn daran zurück während seine Augen auf den Spitzen seiner kahlen Ohren fixiert sind. Mit der anderen Hand ertastet er den Griff und schließt das Tor, dieses Mal endgültig. Würde auch nur einer von ihnen nach draußen gelangen, würde er ungehalten jeden anfallen und zerfleischen, der sich ihm gegenüber falsch verhält. Als wäre nichts gewesen, macht der Höllenhund wieder kehrt, streift dabei sein Bein erneut und drückt dabei sogar seinen Kopf dagegen. Also tätschelt der Mann die ledrige Haut und führt ihn, ohne auch nur in die Nähe ihrer Augen zu blicken, wieder zu den anderen auf den Hof zurück. Das Haus, was dort steht, kann er sich jedoch nicht so leicht nähern wie allem bisher. Es wird von einem "richtigen" Hund bewacht, groß und schwarz, der bei Fremden sofort Alarm schlägt. Also klettert er rechts neben sich auf eine Mauer und balanciert auf ihr entlang, bis er weiter auf das nächste, größere Mauerstück klettern kann. Das Haus neben ihm ist weiß und hell erleuchtet. Hinter dem Gebäudeflügel vor ihm prangt eine riesige Steinfratze. Die Mauer, auf der er sitzt, stellt sich in Wirklichkeit als eine Art Ramme heraus, mit der das Gebäude... verschoben werden soll. Ein Wächter bemerkt ihn plötzlich, richtet den Schein seiner Taschenlampe auf ihn und rät ihm schnell herunter zu kommen. Nicht, weil er unbefugt das Gelände betreten hat und auf einer Mauer hockt. Nein, das Schieben fängt bald an. Also klettert der Dunkelhaarige zu ihm herunter, gesellt sich sogar zu dem Mann. Er erzählt diesem von seinem Freund, der die ganze Aktion beaufsichtigt und sogar der Entdecker des Gebäudes und somit des Materials ist, aus dem des besteht. Sie bewundern es für einen Moment: Es zählt als Stein, ist aber weich wie eine harte Matratze wenn man Druck darauf ausübt. Wenn man jedoch mit der Hand darüber fährt, fühlt es sich wie kalter, glatter Marmor an. Wann und von wem es erbaut wurde, und wie das Gebäude mit diesem Material überhaupt entstehen konnte, ist allen ein Rätsel, und noch mehr wie es einfach "entdeckt" werden konnte, so als wäre es von heute auf morgen einfach erschienen, dabei wirkt es eher so, als hätte es hier schon immer gestanden. Der Dunkelhaarige schlendert die Rampe entlang, über die man überhaupt das Gebäude betreten kann, dessen Eingang sich ohne jegliche Treppe kurioser Weise erst im 1. Stock befindet. Der Wächter steht unten, der Schein seiner Taschenlampe verfolgt ihn, und rät ihm nun das Gelände zu verlassen, da aus Sicherheitsgründen niemand in der Nähe sein soll, sobald es losgeht. Der Mann jedoch wendet sich von ihm ab und sprintet auf den Eingang los. Panisch rennt ihm der Wächter sofort hinterher. Mit einer langen, hellen Nadel, wie aus einem Knochen gefertigt, rennt er an der Gebäudewand entlang und sticht mit dieser so weit wie nur möglich in den Stein. Dabei erklärt er dem anderen, der kaum mithalten kann, in aller Ruhe, dass nur etwas Spitzes von bestimmter Größe, Länge und Material diesem Stein Schaden zufügen kann. Während er sprintet, sticht und erzählt, und der Wächter ihm schnaufend immer näher kommt, bricht - oder besser gesagt sackt - das Gebäude langsam hinter ihnen in sich zusammen. Wie eine Hüpfburg, der man die Luft nimmt. Die beiden Männer, befinden sich nun auf dem Dach, welches gefährlich schnell unter ihren Füßen in sich zusammenfällt. Sie suchen Halt, doch alles unter ihren Fingern wird weich und formlos. Innerhalb von Momenten werden sie von der übrig bleibenden Hülle des einstigen Gebäudes begraben. Der Dunkelhaarige öffnet die Augen. Er kann nicht sagen wie viel Zeit vergangen ist. Etwas blendet ihn, vielleicht die aufgegangene Sonne, aber es könnte auch nur eine Laterne sein. Er liegt auf dem Rücken, neben ihm kniet jemand und schaut ihn mit besorgter und fast ängstlicher Miene an. Er erkennt seinen Freund in ihm, von dem er dem Wächter erzählt hatte. Er hilft ihm sich aufzusetzen und stellt dabei nur eine einzige Frage: "Wieso?" Entkräftet schaut der Dunkelhaarige zu ihm. "Die Kerzen." murmelt er und räuspert sich kurz, um seine Stimme wieder zu erlangen. "Kerzen? Meinst du die grünen im Gebäude? Die, die ewig brannten und nicht gelöscht oder entfernt werden konnten?" fragt sein Freund und er nickt, seine Augen wandern dabei zu Bauarbeitern, Helfern und Polizisten, die sich nun überall tummeln. "Sie waren instabil. Das Gebäude zu bewegen hätte eine Reaktion beim Gemisch, mit denen sie brannten, ausgelöst. Es wäre alles hochgegangen. Nicht nur das Gebäude. Die verdammte, halbe Stadt." Er nickt zu dem in sich zusammen gefallenen Gebäude. "Das war das einzige, was die Flammen endgültig ersticken konnte." Sein Freund verfolgt seinen Blick und schaut ihn dann sprachlos an, bis sein Blick ihm verrät, dass er zu verstehen beginnt. "Warum hast du das nicht gleich gesagt?" fragt er ihn, dennoch sichtbar dankbar für die ungeahnte Rettung. Doch der Dunkelhaarige schüttelt nur langsam den Kopf, während er langsam den Kopf senkt und dann überrascht und erleichtert auffällig laut aufatmet. Die Symbole auf seinen Fingern sind verschwunden. Rasch streift er sich die fingerlosen Lederhandschuhe ab, mit denen er stets die fragwürdig auffälligen Bannkreise auf den Handinnenflächen verborgen hält. "Sieh' nur..." murmelt er und seine Mundwinkel zucken hoch zu einem Lächeln, als er von seinen leeren Händen in das Gesicht seines Freundes hochschaut, der ihn ebenfalls erleichtert anstrahlt. Seine Aufgabe ist erfüllt. Die Schuld beglichen. Endlich ist er frei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)