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Ich, er und die Liebe

von

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Von falschen Verdächtigungen und fiesen Vorurteilen

Wisst ihr, es gibt doch diesen klugen Spruch, dass man nicht mit leerem Magen einkaufen gehen soll. Den würde ich ja soweit noch unterschreiben, weil man mit Hunger im Bauch vermutlich alles Mögliche in den Wagen schmiss, sodass man am Ende viel zu viel kaufte. Mein aktuelles Problem allerdings war völlig anderer Natur. Ich tigerte nämlich bereits seit geschlagenen 20 Minuten durch unseren Dorfladen und hatte genau NICHTS in meinem Einkaufswagen und eigentlich nicht mal den. Die paar Sachen, die ich besorgen wollte, konnte ich schließlich genauso gut in der Hand tragen. Also hätte ich tragen können, wenn ich denn gewusst hätte, was ich hätte kaufen sollen. Was ich nicht tat. Dreck.
 

Das mit dem Picknick hatte sich in der Theorie ja total gut angehört, daher hatte ich auf dem Weg vom Bus einfach einen kleinen Umweg zum örtlichen Lebensmittelhöker gemacht, um noch ein paar Sachen dafür zu besorgen. Diana und unsere Mutter waren bestimmt sowieso total versunken in ihren Hochzeitskram, sodass es nicht weiter auffallen würde, wenn ich ein bisschen später nach Hause kam. Das Ding war nur, dass ich mich so überhaupt nicht entscheiden konnte und auch noch nichts entdeckt hatte, das sich für die praktische Durchführung meines Plans überhaupt eignete. Denn natürlich hatte ich nicht vor, mit einem richtigen Picknickkorb da anzutanzen. Ich meine, wie alt bin ich denn? 50? Also nee, Teller und Besteck und so was ging gar nicht. Ergo kam nichts in Frage, was man nicht mit den Händen essen konnte. Noch dazu durfte es nicht sein, was man erst noch zubereiten musste, weil ich das meiner Mutter wohl ziemlich schlecht hätte erklären können.
 

„Hey, Mama, ich mach grad Essen für zwei Personen fertig und fahr dann ganz alleine ein bisschen damit rum.“
 

Klang voll überzeugend, oder? Nein? Dann habt ihr das Problem ja verstanden.
 

Ebenso fiel alles aus, was in den Kühlschrank musste, denn da würde meine Mutter es sehen und ebenfalls fragen, was ich damit vorhatte. Und natürlich wollte ich nichts kaufen, was einen Dosenöffner erforderte. Bei Hanni und Nanni mochte sich das mit den Pfirsichen ja toll angehört haben, aber mal im Ernst … ne Dose Pfirsiche zum Picknick? Wohl eher nicht. Und auch Würstchen im Glas gingen gar nicht. Wir waren ja schließlich nicht beim Kindergeburtstag.
 

Somit stand ich mit dem Werbe-Jingle von „Mini-Wini-Würstchenkette“ – vielen Dank liebes Gehirn für die Erinnerung – vor dem Keksregal und versuchte das hämische Grinsen der Pombären zu ignorieren, die mich mit ihren Kartoffelknopfaugen vom Nebenregal aus kritisch beäugten und bei allem, was ich aussuchte, vehement mit dem Kopf schüttelten. Obwohl sie ja recht hatten. Für Schokoladenkekse war es viel zu warm und selbst die Vorstellung, die braune Soße irgendwo von Manuel runterzulecken, machte mich nicht so richtig an. Argh. Ich hasse mein Leben.
 

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte mich plötzlich die Kassenangestellte. Ich sprang fast einen halben Meter in die Luft vor Schreck. Himmel, musste die sich so anschleichen? Konnte man nicht mal in Ruhe einkaufen hier? Kusch, geh woanders hin, du komische Tante!
 

„Nein danke, ich komme klar“, erwiderte ich höflich und starrte weiter die vielen bunten Packungen an. Die Schrapnelle ging aber nicht, sondern fing an, in allernächster Nähe die Ware neu zu sortieren. Ja nee, ist klar. Noch auffälliger ging wohl nicht? Hatte die etwa Angst, dass ich was klaute oder was? Pff. Als ob sich das bei dem miesen Sortiment lohnen würde.
 

Weil mir die Blicke aber trotzdem auf die Nerven gingen, schlurfte ich zurück zum Anfang des Ladens. Also schön, mal überlegen. Obst war doch vielleicht eine gute Idee. Manuel würde schon nicht allergisch sein, oder? Wobei Erdbeeren sicherlich nicht die beste Wahl waren. Hörte sich zwar lecker an, aber die matschten bestimmt, wenn man sie in den Rucksack tat. Und Äpfel und Bananen …? Nee, das ging auch nicht. Zu profan. Und alles, was man kleinschneiden musste, fiel auch aus. Aber Weintrauben. Das hörte sich doch gut an.
 

Ich schnappte mir eine Packung und tappte damit weiter durch die Gänge, immer verfolgt vom wachsamen Adlerauge der Kassiererin. Man, nerv wen anders, Weib! Wobei ja niemand hier war außer mir. Ich hatte die gesamten … keine Ahnung … 120 Quadratmeter? … für mich allein. Man. Jetzt gerade wäre ich sogar lieber noch mal Kondome kaufen gegangen, das wäre weniger nervenaufreibend gewesen.
 

Ob ich die wohl auch einstecken sollte? So für alle Fälle? Sex im Freien klang nach einer interessanten Idee. Und der Ort, an den ich mit Manuel wollte, war recht versteckt. Da kam nie einer hin. Außerdem musste ich ihm ja nicht gleich verraten, dass ich die mithatte. Dann konnte ich sie im Fall der Fälle als Überraschung aus der Tasche ziehen.
 

Ich grinste dümmlich vor mich hin, während ich mir Manuels Gesicht vorstellte, als schon wieder die Kassentrulla neben mir auftauchte.
 

„Kann ich dir wirklich nicht helfen?“
 

Himmelherrgott, nein! Ich will einfach nur in Ruhe einkaufen. Hätte ich gerne gesagt. Traute ich mich aber nicht. Außerdem musste ich mich wirklich langsam beeilen, sonst würde Diana noch misstrauisch werden. Bei ihr war das zumindest eher zu befürchten als bei unserer Mutter.
 

Also gut, dann eben einfach eine Packung Kekse. Ohne Schokolade. Vermutlich stand Manuel eh nicht so auf romantischen Schnickschnack. Und es war doch schließlich der Gedanke, der zählte, oder?
 

Ich schnappte mir also eine Packung Butterkekse und für alle Fälle noch Zitronenwaffeln und eine Tüte Salzgebäck, nahm auf dem Weg zur Kasse noch ne Flasche Cola mit und legte alles aufs Band.
 

Während ich bezahlte – ha, nimm das, du Kuh – stellte ich fest, dass mein Picknick reichlich mickrig aussah. Na ja. Es war eben noch kein Meister vom Himmel gefallen. Würde schon werden.
 

„Darf ich mal bitte in deine Tasche schauen?“
 

Wie aus dem Boden gewachsen stand auf einmal der Marktleiter vor mir. Der schon leicht schütterbehaarte Mann im weißen Kittel musterte mich streng und zeigte auf meinen Rucksack, in dem ich gerade meine Einkäufe verstauen wollte.
 

Ja wie jetzt? Dachten die echt, ich hätte was geklaut?
 

„Dürfen Sie das denn?“, fragte ich zurück.

„Rein rechtlich gesehen nicht, aber wir können natürlich gerne die Polizei anrufen, die das dann übernimmt.“
 

Ich merkte, wie meine Wangen anfingen zu brennen. Das war doch scheiße. Ich hatte gar nichts gemacht, außer dass ich verdammt nochmal für meinen Freund und mich ein Picknick kaufen wollte und keine Ahnung hatte, wie man das machte. Und zur Strafe wurde ich jetzt behandelt wie ein Schwerverbrecher. Außerdem hatte ich keine Wahl, als mich dem Arschloch zu fügen, weil einen Anruf bei der Polizei auch im Fall meiner Unschuld ganz bestimmt meine Mutter mitbekommen würde. Sie würde anfangen Fragen zu stellen, es würde alles rauskommen und ich war am Arsch.
 

„Na gut, wenn’s denn sein muss.“
 

Widerwillig zerrte ich die Kordel auseinander, die meinen Rucksack oben zusammenfasste und hielt dem beknackten Kerl meine Tasche hin. Er sah hinein, griff hinein, um ein paar Hefte zur Seite zu schieben, und nickte dann.
 

„Schön, es scheint alles in Ordnung zu sein. Du kannst deine Sachen einpacken.“
 

Ich hätte ihm den Kram am liebsten vor die Füße gepfeffert, aber erstens hatte ich ja bereits bezahlt und zweitens hätte ich dann immer noch nichts für das Picknick gehabt. Trotzdem fühlte es sich echt mies an, so vorgeführt zu werden. Nicht mal entschuldigt hatte er sich. Stattdessen wechselte er noch ein paar Worte mit der Kassiererin und trollte sich dann zurück in sein Büro.
 

Die Tante an der Kasse glotzte mich blöde an. Was denn noch? Ham sie dir beim letzten Friseurbesuch auch gleich das Hirn mitblondiert, oder wie?
 

Sie räusperte sich. „Wir sind leider angewiesen, ein besonderes Auge auf die Jugendlichen zu haben. Es gibt hier doch jetzt dieses Heim. Da müssen wir aufpassen. Die klauen wie die Raben.“
 

„Ach ja?“, fauchte ich zurück. „Kennen Sie denn einen von denen persönlich? Und hat schon mal einer hier was geklaut?“

„Nein, aber das weiß man doch.“

„Ach ja? Weiß man das?“
 

Ich wartete ihre dumme Antwort gar nicht erst ab, sondern kehrte ihr nur den Rücken und marschierte wutschnaubend zur Tür hinaus. Das war doch wirklich … ich fand gar kein Wort dafür, denn scheiße traf es nicht mal annähernd. Vor allem kannte die mich in dem Laden. Ich kam hier schon her, seit ich ein kleiner Stöpsel war. Schön, mochte ja sein, dass ich die Kassenschnepfe nicht mit Handschlag begrüßte, aber die musste doch wissen, dass ich gar nicht aus dem Heim war. Und selbst wenn, war das noch lange kein Grund, mich unter Generalverdacht zu stellen.
 

Den restlichen Heimweg lang versuchte ich, mich möglichst abzuregen, weil ich nicht wollte, dass man mir zu Hause was davon anmerkte. Dass ich nicht erfolgreich war, zeigte sich sofort, als ich zur Tür reinkam und fast in Diana hineinlief, die gerade mit zwei Teetassen in Richtung meines Zimmers unterwegs war.
 

„Hey, Bruderhherz. Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“
 

Ich grummelte irgendwas Unverständliches, aber natürlich ließ Diana das nicht gelten. Sie stellte die Teetassen ab und mich zur Rede.
 

„Hey, nun sag schon. Du siehst aus, als würdest du am liebsten irgendwas zu Brei schlagen.“
 

Okay, es ging wohl kein Weg dran vorbei. Ich musste ihr irgendetwas präsentieren, sonst würde sie keine Ruhe geben.
 

„Ach … ich bin in einem Geschäft kontrolliert worden. Tasche aufmachen und so.“
 

Wieder einmal ein Hoch auf Halbwahrheiten. Ich musste ihr ja nicht auf die Nase binden, dass das hier im Dorf gewesen war.
 

„Das dürfen die doch gar nicht.“
 

Ich lachte auf. „Schon klar, aber sollte ich sie die Polizei holen lassen? Also hab ich es über mich ergehen lassen, aber … es hat sich halt kacke angefühlt.“
 

„Mhm, verstehe.“
 

Sie strich sich die Haare hinters Ohr und sah mich prüfend an.
 

„Und ist das wirklich alles? Weißt du, wenn du Probleme hast, kannst du mir das erzählen.“
 

Ich schüttelte den Kopf und tat, als wären meine Schuhe das Interessanteste auf der Welt. So ein Knoten dauert aber auch, bis man den offen hat.
 

„Bist du sicher?“

„Ja~ha.“
 

Ein Schnaufen antwortete mir. „Na gut, wie du meinst. Aber wenn du schon heimlich rauchst, solltest du wenigstens die Kippen wegräumen. Ich hab die Dinger gerade noch so vor Mama verstecken können.“
 

Die … oh Mist. Daran hatte ich nicht gedacht. Ich hatte gestern das Kondom gleich draußen in der Mülltonne entsorgt, das Bettzeug abgezogen und in die Waschmaschine gestopft, aber an die Kippen vor der Haustür hatte ich nicht gedacht. Fuck.
 

Diana schüttelte den Kopf. „Ach Benedikt. Du bist wirklich ein verdammt schlechter Lügner, weißt du das? Und Rauchen ist voll schädlich. Wenn du das in meiner Nähe machst, kille ich dich. Das ist schlecht fürs Baby.“
 

„Äh, nee, mach ich nicht. Ich will eh aufhören.“ Himmel, was redete ich denn da? So viel zum Thema schlechter Lügner. Wenn das so weiterging, wurde ich noch Weltmeister im Ausreden erfinden.
 

„Fein. Dann guck ich jetzt mal, wie weit Mama mit der Budgetplanung ist. Wenn du schlau bist, suchst du dir später mal einen reichen Schwiegervater, der die Hochzeit finanziert. Das kostet, sag ich dir. Vor allem das Kleid. Der Wahnsinn.“
 

Ich lächelte matt und atmete erleichtert auf, als sie endlich den Tee nahm und verschwand. Schwiegervater. Haha. Momentan war das wohl ein asozialer Alkoholiker. Da war vermutlich nicht viel zu holen. Außerdem musste ich vorher irgendwie noch allen beipulen, dass ich wohl ein Kleid bei so einer Veranstaltung nicht brauchen würde. Weder für mich noch für die „Braut“. Witz komm raus, du bist umzingelt.
 

Da mein Allerheiligstes immer noch belagert wurde, schmiss ich mich vor den Fernseher und guckte Sinnlos-TV. Die absolut grauenhafte Darstellung der vollkommen an den Haaren herbeigezogenen „wahren Geschichten“ lenkte mich ein bisschen von meinem eigenen Leben ab, bis es Zeit wurde fürs Abendessen, zu dem meine Mutter nur eben schnell Brot und Belag auf den Tisch stellte, weil sie nicht zum Kochen gekommen war. Diana war mittlerweile verschwunden und ich ersetzte die Probleme der Laienschauspieler durch die meiner Schwester, die ich ebenso wie die fiktiven Dokumentationen einfach an mir vorbeirauschen ließ.
 

Zwischendurch hatte ich überlegt, ob ich Manuel von dem Vorfall heute Nachmittag erzählen sollte, aber das hätte sich komisch angefühlt, ihn auch noch mit der Nase darauf zu stoßen, was die in dem Laden von „Leuten wie ihm“ hielten. Am Ende schickte ich Julius eine Nachricht, um mich noch ein bisschen bedauern zu lassen, was er auch prompt tat. Ich lächelte, als ich die vielen Smileys sah, die er mir geschickt hatte und die dem Marktleiter einen schlimmen Tod und mir viele Streicheleinheiten versprachen.
 

„Was ist denn so lustig“, fragte meine Mutter, während sie Leberwurst auf ihrem Brot verstrich.
 

„Ach, ich hab nur eine Nachricht bekommen.“

„Von wem denn? Jemand aus deiner Klasse?“
 

Ich überlegte kurz. Natürlich hätte ich jetzt lügen können, aber …
 

„Nein, die ist von Julius. Das ist Antons Cousin. Er ist übrigens schwul.“
 

Was? Das hatte ich jetzt nicht wirklich gesagt, oder? Ich schielte zu meiner Mutter hinüber, aber die nickte nur.
 

„Mhm, das kommt vor. Gibst du mir mal die Cornichons?“
 

Ich reichte ihr das Glas und war … ich weiß nicht. Erstaunt? Enttäuscht? Ich war mir nicht sicher, aber irgendwie …
 

„Ist alles in Ordnung? Möchtest du darüber reden?“

„Was?“
 

Ich schreckte hoch und sah mich auf einmal mit mehr mütterlicher Aufmerksamkeit konfrontiert, als mir lieb war. Denn auch wenn mein vorlauter Mund anscheinend gedacht hatte, dass es eine Superidee war, das Thema auf den Tisch zu bringen, hatte der Rest von mir keine Ahnung, was ich jetzt dazu sagen sollte.
 

„Na, es beschäftigt dich anscheinend und ich dachte …“

„Nein, alles bestens. Ich weiß gar nicht, warum ich dir das erzählt habe, Vielleicht, weil ich so überrascht war. Ich hätte das nicht gedacht.“
 

Meine Mutter lachte. „Was hast du denn erwartet? Dass die alle mit rosa T-Shirts und Regenbogenfahnen durch die Gegend laufen? Ich bitte dich, Benedikt. Das ist doch heutzutage ganz normal.“
 

„Na klar, ist es. War dumm von mir.“
 

Ich biss in mein Brot, dessen Belag plötzlich nach Pappe schmeckte. Einerseits war ich froh, dass sie so cool reagiert hatte. Diesem Möller beispielsweise traute ich zu, in einem Atemzug einen ganzen Suppenkessel voll homophober Scheiße zu erbrechen. Andererseits war da dieses kleine „die“ wie in „die anderen“ also „nicht wir“ und das war es, was schon wieder so unangenehme Knoten in meinen Magen machte. Wie meine Mutter wohl reagieren würde, wenn sie erfuhr, dass ihr Sohn eben doch einer von „denen“ war und nicht nur irgendein anonymer Fremder, über den man leicht hinwegsehen konnte, weil er einen nichts anging? Ob sie dann auch noch so gelassen blieb?
 

Als ich abends im Bett lag, dachte ich noch einmal über den Tag nach. Irgendwie fühlte es sich an, als hätte er mehr als 24 Stunden gehabt. Es war so viel passiert, dass ich eigentlich nichts lieber wollte, als mich zusammenzurollen und einzuschlafen, doch ich konnte nicht. Irgendetwas hielt mich wach, auch wenn ich nicht genau wusste, was es war. Vielleicht doch noch dieses Erlebnis vom Nachmittag. So ungerechtfertigt verdächtigt zu werden … das ging mir einfach gegen den Strich. Wobei ich mir nicht sicher war, ob es besser gewesen wäre, wenn mich die Leute komisch angeguckt hätten wegen etwas, das tatsächlich real war. Wie die Tatsache, dass ich schwul war, zum Beispiel.
 

Im Grunde genommen ging es ja niemanden was an und ich hatte auch nicht vor, es irgendwem auf die Nase zu binden oder ihn gar damit zu „belästigen“. Aber allein die Tatsache, dass man es überhaupt erwähnen beziehungsweise verstecken musste, hinterließ einen schalen Nachgeschmack. Wenn ein Junge und ein Mädchen Hand in Hand durch die Stadt liefen, interessierte das doch auch niemanden. Aber wenn ich mir vorstellte, dass ich und Manuel das taten, war das sogar in meinem Kopf irgendwie komisch und das nicht nur, weil Manuel garantiert nicht der Typ fürs Händchenhalten war. Selbst Julius, der ja schließlich sein Outing schon hinter sich hatte, hatte sofort verstanden, worum es ging, als ich sagte, dass wir uns nicht in der Öffentlichkeit treffen könnten. Daran hätte sich vermutlich nicht mal was geändert, wenn wir 300 Kilometer weit weg gefahren wären, wo uns nun wirklich niemand kannte. Egal, wie tolerant die meisten waren – zumindest theoretisch – irgendwo wäre wieder einer, der was dagegen hätte. Und vermutlich hätte man den nicht mal besonders lange suchen müssen. Vorurteile gab es einfach mehr als Sandkörner am Meer. Sogar ich hatte welche, wenn ich mal wirklich ehrlich war. Das war beunruhigend und deprimierend zugleich und ich stierte mit diesen dunklen Wolken im Kopf solange in die Dunkelheit, bis es mir selbst reichte.
 

Am Ende stand ich wieder auf, schaltete den PC ein und surfte noch fast zwei Stunden ziellos durch die Gegend – nachdem ich den Suchverlauf gelöscht hatte, denn wenn ich noch eine einzige Hochzeitseinladungskarte vorgeschlagen bekam, würde ich anfangen zu schreien – bevor ich endlich so müde war, dass mir die Augen von ganz allein zu fielen. Mit letzter Kraft kroch ich ins Bett, zog mir die Decke über den Kopf und driftete ab ins Land der Träume, um mich dort von Würstchenkettenlasso schwingenden Schokoladenkeksen in rosa Tutus durch die Gegend jagen zu lassen, die meine Tasche mit den geklauten Kondomen kontrollieren wollten. Man konnte eben nicht alles haben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KaffeeFee
2020-06-25T17:09:19+00:00 25.06.2020 19:09
"Mini Wini Würstchen Kette, lieben Klaus und die Annette..." *sing* oder war es Hans? Keine Ahnung, mir egal 😁

Vorurteile, egal welche Art (ob "kriminelle" Jugendliche oder Schwule etc) sind das letzte! Armer Benedikt... hihi wieder ein kleiner beitragvon Julius. Ich glaub, ich werd ein Julius-Fan...

Ich musste echt lachen brim einkaufen... das ist irgendwie so typisch Mann... es gibt doch so viele Möglichkeiten! Weintrauben, Käsewürfel, Cracker mit Dip, Tomaten, Süßkram aller Art... niedlich, wie er keinen Pkan hatte!

Aber das Date kommt dann das nächste Mal! Bin schon soooooooo gespannt drauf!

Bis dahin, koffeeinhaltige Grüße, die KaffeeFee ☕ <-- der ist für dich, liebe Mag
Antwort von:  Maginisha
25.06.2020 19:45
Hey Kaffee-Fee!

Der gute Junge hieß Karl, aber das macht ja auch nichts. :D

Vorurteile sind wirklich blöd, trotzdem kann man sich vermutlich nie ganz davon freisprechen. Man kann halt versuchen, jeden Menschen als Individuum zu betrachten und nicht als "Teil einer Gruppe". Wobei Gruppenzugehörigkeit an sich ja nichts Schlechtes ist.

Ja, Julius darf Kummerkasten spielen. Ob ihn das wohl freut? Ich hab mir übrigens erlesen, dass Männer meist keine Smileys benutzen. Maximal den zwinkernden. ;)

Käse hätte ja schon wieder in den Kühlschrank gemusst. Aber vielleicht hätte er den ja noch tarnen können. Ich glaube, er hat Glück, dass seine Schwester nicht mehr zu Hause wohnt. Die wäre ihm bestimmt schon auf die Schliche gekommen.

Date kommt zu 100% im nächsten Kapitel. Ich schwör!

Und den Kaffee nehm ich natürlich gerne und dazu noch eine von den längsten Pralinen der Welt. :D

Zauberhafte Grüße
Mag


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