Memories von Pragoma ================================================================================ Kapitel 20: Zusammenbruch ------------------------- Kevin hätte am liebsten auf Adam Worte hin gelacht, tat es jedoch nicht. Stattdessen sah er ihn einfach nur an. "Du weißt es also?" "Ja, aber noch nicht so lange", erwiderte Adam sachlich. "Ich hab Jack und dich deswegen auch blockiert." "So ist das also", wisperte Kevin, ehe er sich von seinem Platz erhob und um seinen Schreibtisch zur Tür lief. Galant öffnete er diese und gab seinem alten Kollegen zu verstehen, dass er gehen sollte. "Du schmeißt mich raus? Dein Ernst, Kevin?" Stumm nickte Kevin, deutete weiterhin an, dass Adam bei ihm nicht weiter erwünscht war. "Jim wird dir sicher mit Kieran helfen." Mehr hatte er ihm nicht mehr zu sagen, schloss hinter Adam die Tür, nachdem dieser fassungslos aus dem Büro trat und glitt erleichtert an dieser herunter. Vorbei war das Versteckspiel. Adam wusste alles, hatte sich mehr als deutlich ausgedrückt, dass Kontakt nicht mehr erwünscht war. Damit kam Kevin klar, nicht aber damit, dass er Andre aufgeben sollte. Hieß das, die beiden waren wieder ein Paar, mehr als beste Freunde? Mit einem Mal wurde ihm schlecht. Der Gedanke an beide zusammen löste Übelkeit aus und ihm war, als würde ihn eine bitterböse Stimme auslachen. Ein Alptraum, aus dem er nicht aufwachen konnte. Tränen stiegen ihm in die Augen, sammelten sich und liefen schließlich seine Wangen herunter. Trauer mischte sich mit Wut, aber auch das Gefühl versagt zu haben, überkam ihn. Enttäuschung, dass Adam ihm so in den Rücken gefallen war und das, obwohl er es wusste. Vielleicht noch nicht so lange wie Jack, aber er wusste von seinen Gefühlen zu Andre. "Kevin?" "Geh weg, Jim! Geh einfach weg", brüllte Kevin durch die geschlossene Tür, während ihm weiterhin die Tränen liefen, sein Magen sich zusammenschnürte und ihm das Gefühl gab, er würde keine Luft bekommen. Vor der Tür wurde es schließlich still. Kevin hörte nicht mehr, wie Jim sich entfernte und nach kurzer Zeit wiederkam. Allein war er jedoch nicht, hatte einen äußerst besorgten Lukas dabei und durch sein Erscheinen, wurde auch Marty aufmerksam und näherte sich der Tür. "Ist da nicht Kevin drin?", wollte er wissen, klopfte direkt an und legte lauschend sein rechtes Ohr an die Tür. Kein Mucks war zu hören und das beunruhigte den sonst so strengen Mann. "Kevin?", rief er nochmals, doch auch dieses Mal bekam er keine Antwort. Seufzend drehte er sich zu Lukas und Jim um. "Versuchen wir es über den Balkon." Jim eilte bereits keine Sekunde später vor, riss die Tür zu Jeromes Zimmer auf und hastete auf den Balkon. Dicht hinter ihm folgten die beiden Kameramänner und verwirrt sah der blonde Lockenkopf, der auf seinem Bett saß hinterher. Kopfschüttelnd nahm er wieder sein Handy zur Hand und scrollte durch Instagram. Dabei stach ihm ein Post von Adam ins Auge, der ihn nachdenklich machte. Zu sehen war ein Bild von ihm und Kevin, doch es wirkte bearbeitet, ähnelte daran, dass es zerrissen wurde. Darunter standen Worte, die Jerome buchstäblich aus dem Bett trieben und raus auf den Flur. Suchend sah er sich um, eilte erst zu Kieran, der auf dem Sofa lag und schließlich zu Jamie an den Pool. "Hast du Adam gesehen?", wollte er wissen. "Äh ne, wieso?", wollte dieser wissen, streckte sich auf seiner Sonnenliege und blinzelte dem Größeren müde entgegen. "Was ist überhaupt los hier? Da oben auf dem Balkon ist der Teufel los und du rennst herum wie ein aufgescheuchtes Huhn." "Irgendwas ist mit Kevin und Adam", murmelte Jerome, während er hoch zum Balkon sah und mit Schrecken feststellte, dass Marty bereits dabei war, die Fensterscheibe einzuschlagen. "Ich gehe hoch", merkte er an, wurde aber von Jamie zurückgehalten. "Misch dich da nicht ein. Marty wird schon das Richtige tun und Lukas ist schließlich auch dabei." "Ich kann aber doch nicht hier unten stehen und nichts tun", beschwerte sich Jerome wie ein mauliger Esel. "Doch, genau das wirst du tun", grinste Jamie ihn frech an und wartete darauf, dass Jerome sich zu ihm gesellte. Mürrisch kam dieser der Bitte schließlich nach, zuckte jedoch zusammen, als eine Glasscheibe laut klirrend zu Bruch ging. Marty hatte also Ernst gemacht und diese eingeschlagen. Dann passierte eine ganze Weile nichts mehr und skeptisch behielt sowohl Jamie den Balkon im Auge, als auch Jerome. "Denkst du, Kevin geht es gut?", fragte Jerome nachdenklich, worauf Jamie seufzte und ihm auf den Hinterkopf schlug. "Den haut nichts um. Der wird nur bockig im Büro hocken und das ist alles." "Bockig? Man merkt, dass du Kevin nicht wirklich kennst. Herum bocken ist eher Adam sein Fachgebiet, aber den darf ich ja nicht fragen, geschweige denn suchen", murrte der Lockenkopf erneut. "Meine Güte, dann such und frag ihn halt, wenn es dich ..." Jamie hielt inne, hörte Sirenen, die immer lauter wurden und schließlich bog ein Krankenwagen auf das Grundstück ein. "Es scheint wohl doch ernster zu sein", murmelte Jamie betroffen, sah zu, wie die Sanitäter aus dem Fahrzeug sprangen und eilig in den ersten Stock rannten. Etwas später kam Marty endlich runter und wirkte blass. Fassungslos setzte er sich etwas abseits von Jerome und Jamie auf einer der Sitzgruppen, zückte sein Handy und telefonierte. "Denkst du, er ruft Georg an?", nuschelte Jamie leise, während Jerome versuchte irgendetwas mitzuhören. "Weiß nicht, aber könnte sein", erwiderte er leise und horchte erneut. Viel hören konnte er jedoch nicht, Marty war ein Meister im leise Reden und selbst seine Mimik verriet nicht ansatzweise, mit wem er telefonieren könnte. Jerome seufzte auf, Jamie hingegen ließ endlich seinen Arm los und stand auf. "Ich frage jetzt einfach, was da los war." Guter Plan, dachte sich der Lockenkopf, grinste dabei und hielt vorerst Abstand. Den Einlauf würde Jamie sich alleine einholen, er blieb auf Abstand und wartete ab. Weiterhin grinsend beobachtete er jeden Schritt, dann aber sah er verwirrt hinter sich und auf seinen Partner Helmut, der sich langsam neben ihn auf die Liege setzte. "Kevin hat es ziemlich erwischt", erklärte dieser, lehnte sich an ihn und behutsam streichelte Jerome ihm über den Rücken. "Der Streit?" Helmut nickte. "Nicht nur der. Es hat ihn nervlich zusammengefaltet und das über Jahre." "Bitte, was?" Jerome war fassungslos. Wie konnten sie das all die Jahre nicht mitbekommen haben? Was war überhaupt der Grund dafür? Kevin hatte nie etwas gesagt, oder angedeutet, dass es ihm schlecht ging. "Denkst du, es hat mit Adam zutun?" Helmut schüttelte den Kopf. "Nein, Jim hat etwas angedeutet. Es ist wohl wegen Andre." "Was hat der jetzt damit zutun?" Ein übergroßes Fragezeichen schien über dem Kopf des Blonden zu schwirren. "Der ist doch vor einigen Jahren, ohne was zu sagen, einfach abgehauen." "Ich weiß, ich war damals dabei, falls du es vergessen hast", nuschelte Helmut und erinnerte sich an genau diesen Tag zurück. Damals waren sie genau wie heute in dieser Villa, saßen am Pool und alles war wie immer. Es wurde gelacht, einige Bierchen gezischt und Pläne geschmiedet, für freie Tage. Jamie war den Tag ziemlich gut drauf, blödelte immer wieder herum und es war kein Wunder, dass er kurz darauf im Pool landete. Was danach passierte, konnte Helmut nicht mehr richtig zuordnen, doch irgendwann kam Andre nach draußen und war ziemlich betrunken. Seine Augen wirkten, als hätte er es wieder mit Gras rauchen übertrieben und als Adam ihn genau deswegen ansprach, regelrecht zusammenfaltete, drehte er komplett durch. Er stieß Adam von sich, rauschte rein und das Letzte, was Helmut mitbekommen hatte, war, dass Marty ihn nicht aufhalten konnte. Andre war abgereist, hatte sich danach nie wieder gemeldet und keiner wusste, wo er war. Abgesehen von Adam, der den Tag ziemlich mitgenommen und aufgebracht war. Helmut schüttelte sich, verdrängte die Vergangenheit und sah Jerome ernst an. "Andre hat ganz sicher etwas damit zutun. Warum sonst, ist Kevin nach dem Zusammentreffen mit Adam so fertig und zusammengebrochen?" "Das erklärt es dennoch nicht ganz", merkte der Blondschopf an. "Adam und Kevin haben sich immer gut verstanden. Sie haben ganze neun Jahre sehr eng zusammengearbeitet. Sowas verbindet." Richtig, sowas konnte verbinden und doch war irgendwas vorgefallen, was die Freundschaft zerbrochen hatte. Je mehr Helmut darüber nachdachte, umso deutlicher wurde, dass Andre die treibende Kraft dieses Streites war. "Ich hab einen Verdacht", platzte es schließlich auch ihm heraus. "Und der wäre?", hinterfragte Jerome neugierig und sah dennoch besorgt zum Krankenwagen, in den Kevin bereits auf einer Liege reingeschoben wurde. "Ganz einfach, die haben sich um Andre gestritten", schlussfolgerte Helmut offen und plusterte empört die Wangen auf, als sein Freund ihn auszulachen begann. Das Lachen verstummte jedoch ganz schnell und Jerome fiel es wie Schuppen von den Augen. All die Jahre, in denen es Kevin schlecht erging, hingen mit Andre zusammen. Der Besuch bei Jack machte es deutlich, ebenso das plötzliche Interesse an Jim. "Scheiße, ich glaube, du hast recht", gab er leise zu. "Aber erstmal lachen", grummelte nun Helmut gespielt, wich seinem Freund sogar aus, der versöhnlich seine Nähe suchte. Nach Kuscheln war ihm nicht, die Sorge um Kevin war größer. Umso erleichterter war er, als Marty auf sie zukam, sein Handy zurück in die Hosentasche steckte und beide lächelnd ansah. "So weit geht es Kevin gut. Alles andere habe ich bereits erledigt und fahr jetzt ins Krankenhaus." "Bestell Kevin, liebe Grüße von uns", wisperte Helmut und lehnte sich jetzt doch an seinen Freund an. Beide waren erleichtert, auch darüber, dass Marty sich auf den Weg ins Krankenhaus machte, sich um alles gekümmert hatte und in der Villa kein weiteres Chaos entstand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)