Fragments von Ixana (Fragmente der Vergangenheit) ================================================================================ Rosalinde - Into the shadows ---------------------------- „Was hat diese Scheiße zu bedeuten, Tseng? Waffe runter! Ich weigere mich, dich zu erschießen, nur weil du mich abknallen willst.“ Auge in Auge standen sich die beiden gegenüber, der Chief des Departments und seine blonde Partnerin, funkelten sich gegenseitig an. Und hatten beide die Pistolen auf den jeweils anderen gerichtet. Der erste Schuss war ein Warnschuss aus Tsengs Waffe, der nur knapp an Rosalindes Kopf vorbeiging. Es hatte das Duo zu den Überresten des Mako-Reaktors von Corel, sowie in die Minen verschlagen, um dort verdächtige Aktivitäten zu untersuchen. Natürlich weit von den verseuchten Bereichen weg, da man sich für Schutzkleidung wohl zu schade gewesen war und SOLDIER sich hier nicht einmischen würde, nicht einmischen durfte. Das ging sie nichts an. Auch wenn diese ehrenhaften Krieger mit der Makoverstrahlung aufgrund entsprechender Behandlungen mit eben dieser Substanz noch am Besten klargekommen wären. So also war es gekommen, dass man Tseng und Rosalinde ausgesandt hatte. Am Ende waren es ein paar Raben, die sie eliminieren mussten, um eine eventuelle Regruppierung zu verhindern. Hatten diese Möchtegern-Weltverbesserer von AVALANCHE etwa noch nichts gelernt? Offenbar nicht, also mussten die Turks auf Turk-Art nachhelfen und konnten am Ende einige wichtige Datenträger sicherstellen, die in den falschen Händen nur für unnötige Scherereien gesorgt hätten: Waffendaten der Company, als geheim klassifiziert. Doch der Wutainese hatte für diesen einen Auftrag noch eine weitere Mission...Rosie eliminieren, laut Befehl des Präsidenten persönlich. Am Besten nach dem eigentlichen Auftrag, um unnötige Probleme zu verhindern. Und jetzt war es soweit, da sie gerade durch einen Tunnel aus der Mine zurück in Richtung Helikopter marschierten. Tseng hatte unvermittelt seine Waffe gezogen und seine jahrelange Partnerin nicht unbedingt freundlich aufgefordert sich umzudrehen. Fünf Jahre...fünf lange Jahre sollten einfach so mit einer Pistolenkugel ausradiert werden. Jedoch konnte die Blondine das nicht ohne Weiteres auf sich sitzenlassen, sie wollte einen Grund für dieses abartige Spielchen. Einen Grund...den Tseng ihr nur zu gern verriet, denn er hatte einen Ausweg gefunden, wie schon für die anderen. „Die Waffe bleibt, wo sie ist“, erwiderte der Schwarzhaarige kalt, festigte den Griff um seine Pistole, dass das Leder seiner schwarzen Handschuhe knirschte. „Seit der Sache mit AVALANCHE sind Zweifel an unserer Loyalität der Company gegenüber laut geworden...auch an dir. Daher wurde ich damit betraut...euch aus dem Verkehr zu ziehen, egal mit welchen Mitteln.“ „Bitte?! Nur weil wir dem Alten geholfen haben?“ Die kühle Blondine schien es, rein ihrer unbewegten Mimik nach zu urteilen, mit Fassung zu tragen was sie hier zu hören bekam. Dass dem nicht so war, erledigte ihr eisiger Tonfall für Rosalinde. „Ja, weil wir uns gegen die Company gestellt und Verdot geholfen haben, Felicia zu retten. Aber...Rosie. Dir wird nichts passieren. Vertrau mir, du wirst...leben.“ So ausführlich sprach der Wutainese normalerweise nicht mit ihr, weil sie ja Partner waren und nicht viele Worte brauchten, sich blind verstanden. Es musste also wirklich ernst sein. Mit seiner freien Hand warf er der Blondine einen Beutel zu, den er schon die ganze Zeit über mit sich herumgetragen hatte. Seit sie diesen Auftrag begonnen hatten, wartete dieses Ding in der Innentasche von Tsengs Jackett darauf den Besitzer zu wechseln. Mit einer Hand fing Rosalinde den Beutel auf, zog ihn unter Zuhilfenahme der Zähne auf. Eine Potion und ein Materia-Armband mit Cure-Materia-Slot. „Anlegen“, befahl der Schwarzhaarige wieder kalt, bewegte seine Pistole dabei nicht einen Millimeter. Die Waffenhand war ruhig und kaum hatte die Blondine getan wie geheißen und den Beutel sicher verstaut, sowie das Armband angelegt, fiel der erste Schuss. Nicht in den Kopf, wie zunächst gedacht, sondern direkt in das linke Knie. Sie strauchelte nach vorne, starrte den Wutainesen überrascht an – etwas das man so sonst weniger sah. Ihre Pistole fiel klappernd aus der Hand und es grenzte an ein Wunder, dass sich nicht versehentlich ein Schuss löste. „Was...?“ „Kopfschüsse...wären nicht zielführend für dieses Vorhaben.“ Gleich einer Raubkatze legte der Chief des Departments die restliche Distanz zurück, um seine Partnerin abzufangen, einen Arm um sie zu legen und an sich zu drücken. Der kalte Stahl des Pistolenlaufs drückte sich an die rechte Seite des Unterbauchs seiner Partnerin. „Du wirst überleben, das wird keine tödliche Wunde... Versuche ihn zu kontaktieren. Lebe wohl...Rosie. Verzeih mir.“ Der zweite Schuss hallte an den Höhlenwänden wider, ein glatter Durchschuss, der weder lebenswichtige Organe noch Arterien getroffen hatte. Dennoch besudelte der schwarzhaarige Turk hier gerade seinen eigentlich sauberen Anzug, ließ die Blondine nun fallen wie einen Sack Kartoffeln. Dann zog er mit der freien Hand das PHS hervor, um in seinem üblichen, nüchternen Tonfall etwas aufzunehmen: „Rosalinde erfolgreich liquidiert, hat keine Gegenwehr geleistet.“ Währenddessen wanderte die Pistole zurück in sein Holster, er blieb über seiner 'toten' Partnerin stehen, die sich nach wie vor nicht rührte. War sie vielleicht bewusstlos? Schwer zu sagen, momentan war die Aufnahme auch wichtiger. Er durfte sich nicht verhaspeln, nicht zögern. Das konnte er sich nicht erlauben. Es würde sonst unglaubwürdig werden. „Leiche fiel unglücklich in einen alten Minenschacht. Bergung nicht möglich, Makoverstrahlung zu hoch.“ Die Aufnahme wurde gestoppt und das kleine Gerät wanderte zusammengeklappt zurück in sein Jackett. Ob ihm das was er dort 'auf Band' gesprochen hatte, jemand abkaufen würde, bliebe abzuwarten. Doch er hatte eigentlich alles vorbereitet, wie es sein sollte. Man würde die Leiche definitiv nicht suchen...nicht an diesem Ort. Jetzt musste er nur noch die schlechte Nachricht überbringen...alleine. Ohne Rosie, die offiziell tot war, Lost in Action, wie schon Cissnei und Rod, und noch einige andere, die nicht durch 'Unfälle' umkamen. Der Flug zurück nach Midgar war für den Schwarzhaarigen eigentlich Routine, doch es fühlte sich seltsam an, auf eine gewisse Art und Weise. Beschissen, in einem konkreten Wort. Das Massaker war endlich vorbei und doch fühlte er sich nicht besser, kein stückweit. Im Gegenteil. Seine Loyalität war unter Beweis gestellt, bei Reno und Rude war dies ebenso der Fall, doch...war es das wirklich wert gewesen, dafür das Department so derart zu zerpflücken, bis nur noch drei Personen übrig waren? Dem Grunde nach nicht. Er hatte die Leben dieser Leute zerstört, um sie zu retten und einem irrsinnigen Plan Verdots zu folgen, dessen genauen Inhalt er nicht kannte. Tseng sprach kein einziges Wort, wechselte nur die Kleidung als er wieder in den Tower zurückkehrte, und machte sich im Anschluss akkurat hergerichtet direkt auf den Weg zu Rosies Familie. Vater und Schwester, wie er noch im Kopf hatte. Elena war der Name der 'Kleinen', der 'Prinzessin', wie Rosie sie immer so abschätzig genannt hatte. Dass sie es war, die ihm um zehn Minuten vor Mitternacht die Tür auf sein Klingeln hin öffnete, wunderte ihn doch irgendwo in der hinterletzten Ecke seines Kopfes. „Ich muss deinen Vater sprechen, sofort. Ist er zuhause? Wenn ja, hole ihn.“ Doch der Herr des Hauses Ivoire hatte bereits mitbekommen, dass jemand um diese Zeit vorbeischneite, und trat ebenfalls an die Tür. Ohne Umschweife begann der Schwarzhaarige zu berichten, ohne seinen Blick abzuwenden. „Es tut mir Leid Ihnen das mitzuteilen, aber Rosalinde kam bei ihrem letzten Auftrag ums Leben und die Leiche kann nicht geborgen werden. Ich konnte ihr nicht helfen“, berichtete er in nüchternem Ton. Kurz überlegte Tseng, ob er sein Bedauern ausdrücken, sich entschuldigen sollte, dass er zu unfähig gewesen war, doch...er tat es nicht. Besonders dann nicht, als der Hausherr seine Jüngste so anherrschte, sie solle sich zusammenreißen. Dass das nicht wirklich half, sondern sie nur noch mehr zum Weinen brachte, war abzusehen. Elena und Rosie waren sich zwar nie sonderlich grün gewesen, aber sie waren immer noch Familie. Der tränenverhangene Blick der Schülerin war ihm nicht entgangen und doch konnte Tseng nicht mehr sagen als er bereits gesprochen hatte, ihm waren die Hände gebunden. Also ging der Wutainese nach Überbringen der Nachricht wieder, drehte sich nicht ein einziges Mal um. Nicht einmal eine Sekunde lang warf er einen Blick zurück. Die Vergangenheit war vorbei. ~Es tut mir Leid...~ Er wollte sich nicht wieder entschuldigen und derart von Gefühlen übermannen lassen, das passte nicht ins Lehrbuch, passte nicht zu seinem Image. In dieser Nacht war es selbst für Midgar-Verhältnisse ziemlich dunkel, nur das pulsierende Grün der Mako-Reaktoren und die Scheinwerfer der ShinRa-Company erhellten die Mega-City oberhalb der Platte. Nein, es war nicht dunkel. Tseng hatte sich nach dem Besuch bei den Ivoires in sein Appartement in Sektor Vier zurückgezogen, alles abgedunkelt...und fing an sich auf dem Küchenboden sitzend zu betrinken, versuchte zu vergessen was die letzten Wochen geschehen war und heute sein grausiges Ende gefunden hatte. Doch der Wodka brachte keine Erleichterung, nur einen unruhigen Schlaf, verfolgt von den Geistern derer, die er in die Schatten verbannt hatte und die doch nicht tot waren. So wie Rosie, deren Familie sie für tot hielt, die wohl eine Beerdigung abhalten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)