end the world as we know it von Arcturus ================================================================================ VIII ---- Sie schafften es bis zur Kreuzung Fir Street/Liverpool Road. Im An- und Verkauf links von ihnen brannte noch Licht. Irgendwo jaulten Sirenen und dieses Mal war es nicht nur der Alarm eines beschädigten Automobils. Sie tauschten einen Blick. Kurzentschlossen öffnete Gillian die Tür des Ladens und zog Penny mit sich. Einen Augenblick später rauschte ein Wagen lärmend und leuchtend über die Kreuzung. Im blauen Licht des Fahrzeugs konnte er einen der Greifer sehen. Leider sah der Percy auch. Einen Augenblick lang überlegte er, Gillian und Penny hinterher zu springen, verwarf die Idee dann aber. Das leuchtende Auto war nicht mehr zu sehen, nur das blaue Licht pulsierte noch immer über die Häuser der Fir Street. Percy fragte sich nicht, wo es gehalten hatte. Er konnte keine Hilfe erwarten. Nicht gegen Magier. Er holte Luft und hexte. Dieses Mal wartete er nicht, bis sein Zauber wirkte. Er rannte, quer über die Straße. »Da sind sie!«, brüllte jemand. Irgendetwas hupte. Ein Automobil? Egal. Percy rannte weiter. Er hatte keine Ahnung, in welche Straße er einbog. Er hastete an Straßenlaternen vorbei, an weiteren Fahrzeugen vorbei, an einer Hecke, einem Schild mit der Aufschrift »Spielplatz«, an einem Zauber, der in einer Mülltonne neben ihm einschlug. Eine Tür zu seiner Linken öffnete sich. Den Mann, der aus ihr heraustrat, erwischte Percy mit der Schulter. Sie taumelten. »Hey, was soll-« Dann sah der Muggel die Wolke, die ihm die Straße hinab folgte. Vielleicht roch er sie auch. Keine Zeit. Percy löste die Finger aus seinem Mantel. »Was zur Hölle?« »Gehen Sie rein!«, brüllte er. Er gab ihm einen Stoß. »Bitte gehen Sie rein!« Irgendwo weiter rechts schlug ein grüner Lichtblitz ein. Motten stoben in alle Richtungen davon. Er wollte es gar nicht wissen. Stolperte einfach nur weiter. Ob der Muggel seiner Warnung folgte, hätte er nicht sagen können. Ein weiter Lichtblitz rauschte über seinen Kopf hinweg. Seine Lungen brannten. Seine Muskeln brannten. Percy wusste, dass er sich hätte duellieren sollen, dass er Grund verlor. Dass es nur eine Frage der Zeit war. Er konnte nur hoffen, dass sie Gillian und Penny nicht gefunden hatten. Dass sie sich im Laden hatten verstecken können. Dass Gillian irgendwie durch diesen verfluchten Apparationsschutz gebrochen war. Vor ihm tauchte ein Loch in der Häuserfront auf. Ein Straßenschild. Harriet Street. Percy schlug einen Haken. Stoppte. Es war eine Sackgasse. Es war eine verdammte Sackgasse! Er japste erst, fluchte dann und hob schließlich den Zauberstab. Mit der Häuserwand im Rücken wagte er einen Blick zurück. Ein Mann in schwarzem Umhang folgte ihm, Zauberstab in der Hand. Zumindest war er nicht blond. Percy roch den Nebel zwar, aber er war zu weit weg, um den Greifer einzuholen, bevor dieser ihn einholte. Nochmal, das wusste er, konnte er den Zauber nicht sprechen. Nicht, ohne sich dieses Mal nicht selbst zu vergiften. ›Spielen Sie nach Ihren Fähigkeiten‹, hatte Scrimgeour gesagt. Verdammt, seine Stärken waren Bücher und lange Essays! Ein oranger Blitz schlug in der Wand gegenüber ein. Funken sprühten. ›Und wenn Sie sie alle in rosa Quietscheentchen verwandeln.‹ Percy schloss die Augen, öffnete sie wieder. Dann nahm er Ziel. Er hexte. Einmal. Zweimal. Dreimal. Rosa Quietscheentchen tanzten durch seine Erinnerung. Der erste lilafarbene Lichtstrahl traf einen Briefkasten, der zweite prallte an einem Protego ab und erwischte einen weißen Transporter. Der Dritte war ein Volltreffer. Lilafarbene Wölkchen pufften in der Abendluft, dort, wo die Zauber getroffen hatten. Nak. Nak. Nak. Drei Quietschenten purzelten auf die Straße. Nicht rosa. Lila. Im Schutz der Hauswand sackte er in sich zusammen. Zitternd atmete er ein. Lila. ›Und wenn Sie sie alle in rosa Quietscheentchen verwandeln.‹ Na ja, immerhin fast. Er lachte. Es war ein erbärmliches Krächzen.   Percy hätte nicht sagen können, wie lang er dort hockte, auf den Knien, die brennenden Handflächen vor sich auf dem Boden. Atmend. Einfach nur atmend. Ein. Aus. Ein. Aus. Percy wusste, er musste Penny finden. Er musste- Schritte schreckten ihn auf. Hoffentlich war das nur der Muggel. Das musste der Muggel sein. Er griff nach seinem Zauberstab. Es war nicht der Muggel. Bevor Percy seinen Arm hätte heben können, riss der Greifer seinen Stab durch die Luft. Ein blauer Lichtblitz raste auf ihn zu, zu schnell, um sich zu ducken. Zu blocken. Irgendwas zu tun. Schmerz explodierte in seiner Brust. Vage war er sich bewusst, dass er flog. Der Aufschlag trieb ihm die Luft aus den Lungen. Sterne tanzten vor seinen Augen. Alles tat weh. Tränen brannten in seinen Augen, Übelkeit in seinem Rachen. »Weasley.« Er blinzelte. Ein Zauberstab richtete sich auf seine Brust. Schwarzer Umhang. Blondes Haar. Yaxley, dachte er. Und dann: Scheiße. »Wo ist sie?« Er öffnete den Mund. Statt einer Beleidigung, wie sie einem Gryffindor würdig gewesen wäre, kam nur ein heiseres Krächzen über seine Lippen. Der Zauberstab bewegte sich. Sein Umhang folgte der Bewegung. Nein, seine gesamte Kleidung folgte der Bewegung. Ohne sein Zutun erhob er sich, stieg höher, bis er wie ein nasser Sack in der Luft hing. Percy zappelte. Sein Zauberstab. Wo war sein verdammter Zauberstab?! Yaxley trat näher. Obwohl er einen halben Kopf über Yaxley schwebte, hatte er das Gefühl, dass der Todesser auf ihn herunter starrte. »Ich widerhole mich ungern«, knurrte er. »Wo. Ist. Das. Schlammblut.« Richtig. Penny. Er hatte Penny vor ihrer Wohnung abgefangen. Er hatte sie warnen wollen. Dann waren die Greifer aufgetaucht, sie waren geflohen. »Sie«, sagte er, »ist kein Schlammblut?« Ein Wink mit dem Zauberstab. Schmerz. Überall. Er konnte nicht atmen. Konnte nicht denken. Nicht schreien. Doch schreien. »Wo. Ist. Sie?« Er blinzelte, japsend. Penny. Wo war Penny? Der Nebel. Er hatte den Zauber seiner Brüder verwendet. Er roch es immer noch. Sie waren geflohen. Die Straße entlang. Das Automobil. Der verfluchte Koi. Percy blinzelte. Irgendwas war falsch. Erinnerte ihn. Erinnerte ihn an was? An wen? Wo ist sie? Seine Muskeln brannten. Seine Lungen brannten. Der Wagen war explodiert. Sie waren gerannt. Das blaue Licht. Lestrange. Einen Augenblick lang glaubte er, seinen Vorgesetzten zu sehen. Da war nur Yaxley. Wo ist sie? Lestrange. Das wars. Aber er konnte nicht … Er wusste nicht … Wo ist sie, du verdammter Blutsverräter? Sie waren gerannt. Dann die Kreuzung. Die Greifer. Was, wenn die Greifer sie hatten? Wenn sie sie längst hatten? Verhext? Festgenommen? Percy blinzelte. Er riss an dem Gedanken. Sie hatten sie. Vor seinem inneren Auge rannte Penny über die Fir Street, mit ihm. Über die Kreuzung. Das Straßenschild. Der Muggel. Die Auffahrt nach rechts. Penny rannte. Percy hastete nach links. Harriet Road. Hoffte, dass der Greifer ihm folgte. Penny schrie. Sie hatten sie. Sie hatten sie. Sie mussten sie haben. »Bole?« Von irgendwo kam eine Antwort, zu undeutlich, um sie zu verstehen. Percy wimmerte. Yaxleys Gesicht schwamm vor seinen Augen. Er spürte, wie sich seine Arme von selbst auf seinen Rücken bewegten. Nicht seine Arme. Seine Ärmel. Er zappelte, doch der Stoff gab nicht nach. Yaxleys Präsenz zog sich zurück. Der Zauber drehte ihn um, einfach so. Er trat mit den Beinen, erwischte nur Luft. Sein Kopf dröhnte, seine Lungen brannten. Sein Handgelenk fühlte sich an, als sei es gebrochen. Irgendwo jaulten Sirenen. Die Muggel. Nein. Sie konnten ihm nicht helfen. Plötzlich berührten seine Füße berührten festen Grund. »Dafür wanderst du nach Askaban, du Flohbeutel.« Percy schluckte. Askaban. ›Tsk. Ja. Und so lande nur ich in Askaban‹, hatte sie gesagt. Richtig. Scheiße. Er konnte nur hoffen- Nein. Nein, sie hatten Penny. Er durfte an nichts anderes denken. Immerhin, sie war verletzt- »Bole?« Yaxley klang nicht so herrisch, wie er hätte klingen sollen. Percy runzelte die Stirn, hätte sonst nicht mehr machen können. Was war -? Er spürte die Magie, bevor sie sich manifestierte. Ein roter Lichtblitz zischte Millimeter von seinem Ohr entfernt an ihm vorbei, vergrub sich in der Toreinfahrt am Ende der Straße. Metall flog in alle Richtungen davon. Yaxley riss an seiner Schulter. Er stolperte hinterher. Vage war er sich bewusst, dass weitere Flüche flogen. Yaxleys Arm fasste um seine Schultern, um seinen Hals. Er zappelte. Der Griff wurde nur fester. Er japste. Dann sah er den Mann. Schwarzer Umhang. Kapuze. Silberne Maske. Todesser. Ein weiterer Fluch segelte an ihm vorbei, dann hexte Yaxley zurück. Grüne Lichtblitze, doch Percy hörte keine Zauberformel. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Immer, wenn Percy sich sicher war, dass der nächste Fluch treffen musste, warf der Todesser mit der Maske sich in die andere Richtung und hexte zurück. Dabei humpelte er. Der Gehstock in seiner Hand war nutzlos. »Avada Kedavra!« Der Todesser mit der Maske verschwand, materialisierte sich wieder. Seit wann war der Apparationsschutz gebrochen? Konnte er-? Nein. Nicht ohne Zauberstab. Percy hing immer noch in Yaxleys Griff. Er zappelte nicht mehr. Er wagte nicht mehr, sich überhaupt zu bewegen. Beide Todesser hoben die Zauberstäbe. Percy japste. Diesen Gehstock hatte er doch schon einmal gesehen … Nein, keine Zeit. Selbst, wenn Yaxley nicht mehr auf ihn zielte, es war nur eine Frage der Zeit, bis ihn ein Zauber erwischte. Dass Yaxley ihn als Schutzschild missbrauchte, half nicht. Er musste etwas tun. Irgendetwas. Aber ohne Zauberstab … Hinter ihm schnaubte Yaxley. »Was soll das, Malfo-« Er stockte. »Du bist nicht-« Percy tat das, was er mit sieben gemacht hatte, wenn die Jungs aus dem Dorf ihn ärgerten. Er hob den Fuß und trat zu. Immer gegen die Schienbeine, so, wie Bill es ihm beigebracht hatte. Ein roter Fluch flog nur Millimeter an ihm vorbei. Der Griff um seinen Hals löste sich. Er ließ sich nach vorn fallen, an dem Todesser mit der Maske vorbei. Etwas rauschte über seinen Kopf hinweg. Es glänzte, schwarz und rot. Der Zauber, der seine Hände hielt, löste sich, gerade noch rechtzeitig. Er riss den Arm nach vorn, um seinen Sturz abzufangen. Seine Hand brannte, wenn möglich, noch etwas mehr als vorher. In seinem Augenwinkel sackte Yaxley wie ein Sack Drachendung in sich zusammen. Einen Augenblick lang hörte Percy nichts, außer seinen eigenen Atem und das Blut, das in seinen Ohren rauschte. Er atmete durch. Einmal und noch einmal und noch einmal. Irgendwo musste sein Zauberstab sein. Ächzend drückte er sich hoch, setzte sich hin. Noch immer drehte sich alles. Bubb, machte der Gehstock. »Nein. Bin ich nicht«, sagte der Todesser. Im Licht eines nahen Fensters glänzte seine Maske silbern. »Sie sind in Ordnung, Percy?« Percy ließ den Blick sinken. Seine Hände waren blutig, beide. Behutsam ließ er die, die weniger schmerzte, über seinen Hals gleiten. Wo war sein Zauberstab? Er stockte. Warum verwendete der Todesser seinen Vornamen? Diese Stimme kannte er. Diese Anrede kannte er. Sein Blick fiel auf den Gehstock. Den kannte er auch. Schwarze Krähe mit Granataugen. Die hatten so seltsam geglänzt. »Warum retten Sie mich?!«, krächzte er. Lestrange richtete den Zauberstab auf Yaxley. Für einen langen Moment sagte er nichts, bewegte nur seinen Zauberstab in aufwendigen Mustern, die Percy vermutlich nicht einmal dann hätte zuordnen können, hätte sich die Welt nicht immer noch um ihn gedreht. Er schmeckte Blut auf seiner Zunge. Ihm war klar, dass er fliehen sollte, doch ohne seinen Zauberstab hatte er keine Chance. Er wusste ja nicht einmal, ob er rennen konnte. Eigentlich fühlte er sich, als würde er Lestrange gleich auf die Schuhe kotzen. »Was machen Sie da?«, fragte er, doch Lestrange hob nur den Gehstock. Irgendwann ließ er den Zauberstab sinken. »Wo ist Bole?«, fragte Lestrange schließlich. Percy zog die Augenbrauen hoch. »Wo ist wer?« »Einer seiner Männer. Yaxley hat nach ihm gefragt.« »Ich weiß es ni- Oh.« Die Gummiente. »Oh?«, fragte Lestrange. Percy nickte. Langsam ließ das Rauschen in seinen Ohren nach. »Er hat mich angegriffen. Ich hab ihn … verwandelt. In eine Quietscheente.« »Oh.« Einen Moment lang blickten sie beide auf die Straße. Ein einsames, lilafarbenes Quietscheentchen wackelte sachte im Wind. Lestrange lachte. Er warf einen Blick auf Yaxley - zumindest glaubte Percy, dass er das tat. Durch die Maske war das kaum zu erkennen. Dann hockte sich der Todesser neben ihn. »Zeigen Sie mal her.« Percy wollte ihm nichts zeigen. Leider hatte er immer noch keinen Zauberstab. Zögerlich reichte er Lestrange seine Hand. Behutsam strichen Lestranges Finger über seinen Handrücken, bedeuteten ihm dann, die Hand umzudrehen. Schließlich hob er seinen Zauberstab. Einen Moment lang war Percy sich sicher, dass gleich der nächste Fluch folgen würde. Er kniff die Augen zusammen. Der Schmerz ließ nach. »Tsk«, sagte Lestrange. »Als ich sagte, dass Sie Miss Clearwater nicht mit ein paar gefälschten Akten retten können, meinte ich damit nicht, dass Sie eine halbe Straße in die Luft jagen sollen.« »Was?« Percy blinzelte. Es klebte immer noch Blut an seiner Hand, doch er konnte keine Schürfwunden mehr sehen. Vorsichtig schloss er die Finger zur Faust, öffnete sie wieder. Alles in Ordnung. Nur ein wenig steif. »Schon gut. Jetzt die andere Hand«, sagte Lestrange. Percy gehorchte. Skeptisch beäugte er Lestranges Zauberstab, dann fiel sein Blick auf sein Handgelenk. Es war blutig, dick und der Winkel stimmte so- Er kniff die Augen zusammen. »Wenn Sie brechen müssen, bitte auf Yaxleys Schuhe.« Es war ein Scherz, das wusste er, aber Percy war nicht nach lachen zumute. Hastig schüttelte er den Kopf. Dumme Idee. Wieder tanzten Sterne vor seinen Augen. Galle stieg seinen Rachen hoch, er schluckte, atmete, atmete, schluckte- »Einatmen, durch die Nase.« Percy gehorchte. Er spürte Lestranges Hand auf seiner Schulter. »Durch den Mund aus.« Percy atmete aus. »Nochmal. Langsam. Durch die Nase einatmen. Durch den Mund ausatmen. Einatmen. Ausatmen. So ist es gut. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen.« Langsam ließen die Sterne nach. Seine Zunge schmeckte immer noch pelzig, aber zumindest glaubte er, seinen Tee von vorhin nicht mehr hochwürgen zu wollen. »Ich werde das jetzt heilen. Der Zauber wird kurz wehtun. Am besten, Sie lassen die Augen zu. In Ordnung?« Nein, in Ordnung war das nicht. Percy nickte trotzdem. Lestrange hatte ihn bislang nicht verflucht. Vielleicht wollte er ihn nicht verfluchen. Wenn doch, konnte er ihn ohnehin nicht aufhalten. »Auf drei. Ein. Zwei.« Ein scharfer Schmerz fuhr ihm durch den Unterarm. Kurz glaubte Percy, doch noch zu brechen. Dann war es vorbei. Er wartete noch einen Augenblick, bevor er die Augen öffnete. Lestrange hockte immer noch neben ihm. Immer noch mit dieser Maske. »Besser?«, fragte er. In seinem Augenwinkel blickte Percy auf sein Handgelenk, bereit, sich sofort wieder abzuwenden. Bereit auch, doch noch zur anderen Seite zu brechen. Das Blut war immer noch da, zog sich über seine Finger, seine Hand und den Ärmel hinauf. Die Schwellung war weg. Der Winkel war, wie er sein sollte, vielleicht etwas verkrampft. Behutsam fuhr er mit den Fingern über sein Handgelenk. Er atmete durch. »Besser«, gestand er. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet.« »Oh, Entschuldigung.« Lestrange kratzte sich am Hinterkopf. Es wirkte seltsam unbeholfen. »Ich habe seinem Gedächtnis ein wenig … auf die Sprünge geholfen. Wenn er aufwacht, wird er sich daran erinnern, dass Miss Clearwater ihm ordentlich eins mit der Metallstange dort übergezogen hat.« Lestrange nickte in die Sackgasse. Tatsächlich lag dort eine Stange. Sie war grün lackiert und sah verdächtig nach einem Stück Gartentor aus. Sein verdammter Zauberstab lag unschuldig daneben. Percy presste die Zähne aufeinander. »Nicht diese Frage. Das heißt … doch. Schon. Die andere. Warum haben Sie mir geholfen?« Lestrange zuckte mit den Achseln. »Hat er doch gesagt. Ich habe ein Herz für große Augen und verlorene Kätzchen.« Verlorene Kätzchen? Er erinnerte sich nicht an verlorene Kätzchen. »Er sagte Flohbeutel.« »Für ihn sind das Synonyme«, sagte Lestrange mit einem weiteren Schulterzucken. Ächzend stand er auf. Umständlich folgte Percy seinem Beispiel. Der Schmerz in seinen Händen war verschwunden, doch seine Muskeln brannten immer noch. Eigentlich wollte er nichts weiter, als in sein Bett. Sein Blick glitt zu Yaxley. Ein dunkler Bluterguss breitete sich langsam auf seiner Wange aus. Er erinnerte Percy ein wenig an sein eigenes Spiegelbild von vor ein paar Tagen. Nach seinem unglückseligen Besuch im St.-Mungo-Hospital. Oh verdammt. Penny. Er blickte zu Lestrange. Dieser sah gerade zum Ausgang der Gasse. Mit der einen Hand auf seinen Gehstock gestützt, nestelte er mit der anderen umständlich an der Maske. Einen Augenblick später gab sie den Blick auf sein Gesicht frei. Er sah immer noch genauso ausgemergelt aus, wie immer, aber zumindest sehr wie Lestrange. Sehr wie Lestrange. Percy sollte wirklich nicht froh über seinen Anblick sein. Immer noch ein wenig wacklig auf den Beinen, schritt Percy zu seinem Zauberstab. Ungelenk hob er ihn auf. Als er sich umdrehte, war Lestranges Maske verschwunden. Der schwarze Umhang, wie er feststellte, auch. Stattdessen trug Lestrange einen Anzug, wie er von einem Muggelschneider hätte stammen können. Verdammt, vermutlich war er von einem Muggelschneider. Er passte ihm jedenfalls besser, als Percy seine eigenen Muggelkleidungsstücke gepasst hätten. Noch immer jaulten Sirenen. Percy konnte blaues Licht sehen, wie es in regelmäßigen Abständen über die Autos in der nahen Straße flackerte. »Können wir?«, fragte Lestrange. Percy schüttelte den Kopf. Mit seinem Zauberstab in der Hand fühlte er sich sicherer. »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, warum Sie mir helfen.« »Habe ich nicht?« »Große Augen und verlorene Kätzchen?« Lestrange seufzte. »Nicht?«, sagte er. »Ich dachte immer, jeder Gryffindor sei in seinem Herzen auch immer ein Kätzchen.« Percy zog die Augenbrauen zusammen. Lestrange lachte. »Schon gut, schon gut! Ich weiß, Kätzchen haben Krallen und Sie haben Ihre heute schon genutzt. Nein. Ich sagte Ihnen doch, dass der aktuelle Zustand des Ministeriums keine Anomalie ist.« Er presste die Lippen zusammen und nickte. »Sie sagten, es sei die logische Fortsetzung von der Politik der letzten Jahrzehnte. Von Evermondes Notfallgesetzgebung. Von den Squibmärschen.« Lestrange nickte. »Ich weiß, bezüglich der Squibmärsche stimmen Sie mir immer noch nicht zu, Percy.« Nein, das tat Percy nicht. Er wusste, dass die Märsche erfolglos gewesen waren. Noch bevor die Politik den Forderungen hätte nachkommen können, war es zu Auseinandersetzungen zwischen Squibs und Magiern gekommen. Das Ministerium war hart gegen beide Seiten vorgegangen, das war wahr. Aber die Prozesse waren in Ordnung gewesen. Unter Fudge hatte er die Prozessakten gepflegt. Er öffnete den Mund, doch Lestrange schüttelte den Kopf. »Belassen wir es für den Moment vielleicht einfach bei Evermondes Notfallgesetzgebung. Dabei und bei den Prozessen gegen uns Todesser Anfang der Achtziger.« Er nickte, aber glücklich war Percy damit nicht. »Es zieht sich durch. Bei Evermonde, bei Crouch, bei Fudge. Sogar die von Scrimgeour und glauben Sie mir, der war einer der besten Schulsprecher, die Gryffindor je hatte. Solang das Ministerium bleibt, wird es sich fortsetzen, wie es ist. Die geheimen Akten. Die illegalen Festnahmen. Die Scheinprozesse. Askaban.« Percy verschränkte die Arme vor der Brust. »Natürlich sagen Sie das. Sie sind ein -« »Todesser? Ja, und? Was erwarten Sie? Dass ich ihm«, er nickte zu Yaxley, »die Wange tätschel?« »Nein! Aber sollten Sie nicht, ich weiß nicht, loyal sein?« »Loyal?« Lestrange lachte. »Es gibt keine Loyalität in den Rängen der Todesser. Nur Angst, Misstrauen und Egoismus. Vielleicht ist Bella loyal, aber selbst ihre Beziehung zum Lord würde ich eigentlich anders definieren.« Er öffnete den Mund, doch er sprach seine Definition nicht aus. Er schüttelte den Kopf. »Nein, es gibt keine Loyalität. Man hat nur zufällig ähnliche Ziele, aber unter der Oberfläche verfolgt jeder seine eigene Agenda.« »Und Ihre Agenda …« War was? Muggel foltern? Muggelgeborene aus der Gesellschaft ausschließen? Das größere Wohl? »Als ich den Todessern beigetreten bin … ich bin in einer Zeit aufgewachsen, die durch den Krieg stark geprägt war. Nicht nur den gegen Grindelwald, auch den der Muggel untereinander. Die Gräben des ersten Weltkriegs. Der systematische Massenmord unter Hitler. Hiroshima und Nagasaki. Das Geheimhaltungsabkommen von 1692 war ein Fehler, aber einer, der sich nicht ändern ließ. Es ging mir darum, die Schäden zu begrenzen. Eine strengere Trennung zur Muggelwelt zu veranlassen. Keine Mischehen. Muggelgeborene, die sich entscheiden müssen, in welcher Welt sie leben wollen. Ein starkes Ministerium unter reinblütiger Führung. Pfft. Aber schauen Sie mich an. Alles, was ich anfasse, verrottet.« Wie zum Beweis hielt er ihm seine Hände entgegen. Auf den dunklen Stoffhandschuhen klebte Blut. Percys Blut. Percy sagte nichts, beobachtete nur das periodische, blaue Flackern auf den Autos hinter Lestrange. »Es landen immer wieder Unschuldige in Askaban. Ich gehöre nicht dazu. Ich bin mit dem vollen Bewusstsein nach Askaban gegangen, dass ich es verdient habe. Das wir alle es verdient haben.« Er schnaufte. »Ich habe mich geirrt. Askaban verdient niemand, Percy. Aber ein paar gefälschte Akten und ein paar Unterschriften retten niemanden. Nicht in diesem Ministerium. Nicht auf Dauer. Egal, wer es leitet.« Eine Gänsehaut breitete sich über seine Arme aus, doch das mochte der Dezemberluft und dem beständigen Nieselregeln geschuldet sein. Dennoch. Er wusste, Sirius Black war nach Askaban geschickt worden, ohne Prozess. Scrimgeour hatte ihn begnadigt. Post Mortem. Ohne Entschuldigung. Ohne große Stellungnahme. »Wenn die Geschichte uns eines lehrt«, fuhr Lestrange fort, »dann, dass sich Schwarzmagier nicht ewig an der Macht halten. Dem dunklen Lord wird es ebenso ergehen wie all den anderen vor ihm. Wie Grindelwald. Mir wird es ebenso ergehen. Aber wenn ich schon untergehe, dann kann ich das Ministerium genauso gut mitnehmen.« Percy presste die Lippen aufeinander. Das klang alles, nur nicht loyal. Nicht wie Bellatrix. Und er hatte ihm geholfen. Er hatte Yaxley eins mit dem Gehstock übergezogen. Er hatte sogar Percys gefälschte Akten unterschrieben. Ihn nicht gemeldet. »Was wollen Sie von mir?« »Sie … erinnern mich an Rod. Bevor wir ...« Lestrange zuckte mit den Achseln. »Außerdem habe ich demnächst Kätzchen zu vermitteln.« Kätzchen. Kätzchen. Percy öffnete den Mund. Lestrange lachte. »Erwischt. Ich glaube, wenn ich noch ein wenig warte, nimmt Terry sie alle, also keine Sorge. Und jetzt kommen Sie, oder wir verpassen Miss Clearwaters Flug.« »Miss Clearwaters Flug?« Sein Gegenüber nickte. »Plan B.« »Woher wissen Sie von Plan B?« »Nun, als Sie Hals über Kopf aus dem Ministerium verschwunden sind, ging ich davon aus, dass Sie sich zur Lagebesprechung in Ihr Lieblingsrestaurant zurückziehen würden. Ich habe kurzzeitig vergessen, dass Sie ein Gryffindor sind. Die machen immer erst und halten dann die Lagebesprechung. Wenn noch etwas übrig ist. Jedenfalls, ich habe dort nur Miss Nguyen und einen Stapel halb fertiger Flugtickets angetroffen. Aber sie war erstaunlich aufgeschlossen.« Miss Ngu- Percy umfasste seinen Zauberstab fester. »Was haben sie mit Hayley gemacht?« Lestrange hob abwehrend die Hände. Seinen Zauberstab hatte er weggesteckt. »Nichts, nichts!«, sagte er eilig. »Ich habe lediglich ihren Eistee probiert. Litschi-Melone-Schrumpelfeige. War besser, als ich dachte, aber wenn Sie glauben, dass Sie den Glitzer jemals wieder loswerden ....« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)