Winterleuchten von Miyu-sama ================================================================================ Kapitel 1: Weihnachtsglanz -------------------------- Dunkelheit hatte sich über die Kolonie gelegt, doch die Lichter, die aus den Fenstern und von den Ständen strahlten, trotzten ihr mit all ihrer Kraft. Es war ein schöner Anblick. Die Straßen, die Häuser, der Weihnachtsmarkt.. alles glitzerte und funkelte. Für viele bedeutete dieses Licht Mut und Hoffnung, ein Zeichen, dass selbst in der tiefsten und kältesten Nacht ein kleines Licht die Kraft hatte, die Finsternis zu vertreiben. Sie alle hatten viel Finsternis erlebt. Sie alle brauchten dieses Licht der Hoffnung. Nach dem Krieg war dies das erste Weihnachten. Das erste Weihnachten, in dem tatsächlich Frieden herrschte. Quatre hatte versucht, dieses Weihnachten zu etwas Besonderem zu machen. Für all die Menschen hier auf dieser Kolonie. Dabei hatte er sich von der Erde inspirieren lassen, die in vielen Teilen Weihnachten ausgiebig feierte. Er selber hatte Weihnachten noch nie auf der Erde gefeiert, aber er hatte sich schon Monate davor in die weitverbreitetsten Bräuche eingelesen, denn auf seiner Kolonie war es nicht üblich, Weihnachten so groß zu feiern. Natürlich feierte man mit Familie und Freunden, aber das in den eigenen vier Wänden. Weihnachtsmärkte, geschmückte Straßen, so etwas fand man hier normalerweise nicht zur Weihnachtszeit. Die Vorbereitungen hatten ihm wirklich viel abverlangt. Unzählige Überstunden, Recherche, ziemlich hohe Kosten, doch das war es wert gewesen. Am ersten Advent waren die Straßen der Kolonie alle mit Lichterketten geschmückt. Ein Weihnachtsmarkt öffnete pünktlich seine Tore, dieser erstreckte sich um das Gebäude der Winner Corp. und auf dem kleinen Vorplatz stand ein großer Weihnachtsbaum, geschmückt in Weiß und Gold. Es gab Glühwein, Weihnachtsmusik und ein Stückchen weiter hatte er einen Parkplatz zu einer Eislaufbahn umändern lassen. Quatre hatte sich eigentlich vorgenommen, das Schlittschuhlaufen selbst mal zu probieren, doch bis heute hatte er es nicht versucht. Heute war Heiligabend. Heute wäre die letzte Chance gewesen. Er hatte sie verstreichen lassen. Das alles, der Weihnachtsmarkt, die Eislaufbahn.. die Menschen hier hatten es geliebt. Es hatte keinen Tag gegeben, an dem der Weihnachtsmarkt nicht gut besucht gewesen wäre, durch die geschmückten Straßen hatten die Leute selber Lust bekommen, zusätzlich ihre Häuser und Gärten zu schmücken. Es war, als hätte sich ein Fieber ausgebreitet, ein Weihnachtsfieber. Das jeden Bewohner dieser Kolonie angesteckt hatte. Alle waren in Weihnachtsstimmung, alle waren fröhlich, genossen die Tage bis zum Heiligen Abend, alle bis auf er selber. Er war der Einzige, den das Weihnachtsfieber nicht befallen hatte. Zwar hatte sich Quatre dazu aufraffen können, einen Weihnachtsbaum bei sich aufzustellen, doch bis jetzt hatte er ihn nicht geschmückt. Er hatte keine einzige der Lichterketten angebracht, bis jetzt keine der vier Kerzen am Adventskranz angezündet. Er war nicht einmal auf dem Weihnachtsmarkt gewesen, obwohl er an diesem jeden Tag vorbeikam. Kein Glühwein, keine Kekse. Nichts. Nichts davon hatte sein Herz erreichen können. Es war nicht so, als würde er Weihnachten nicht mögen, ganz im Gegenteil, und er war auch jedes Mal verzaubert von dem Lichtermeer, welches er aus seinem Büro am Abend bestaunen konnte. Nein, daran lag es nicht. Es lag an einem Versprechen, dass ihm jemand gegeben und bis jetzt nicht erfüllt hatte. Das Versprechen auf eine gemeinsame Weihnachtszeit. Doch bis jetzt war keine Nachricht eingetroffen, nicht ein Hinweis, wann das Versprechen eingelöst werden sollte. Langsam glaubte er nicht mehr daran. Die letzten Wochen hatte er sich unglaubliche Sorgen gemacht, selber hunderte von Nachrichten hinterlassen, seine Freunde gefragt, ob sie etwas wussten, Nachforschungen angestellt, weitere Kontakte eingeschaltet und um Hilfe gebeten. Alles erfolglos. Das Licht spendete für ihn langsam aber sicher keine Hoffnung mehr. In seinem Büro war es dunkel, es war schon spät, alle Angestellten schon lange zu Hause. Quatre hatte lange am Fenster gestanden und hinaus geschaut, auch der Weihnachtsmarkt hatte nun schon seit einer geraumen Zeit geschlossen, nur die Lichter leuchteten noch. Es machte keinen Sinn, weiter hier zu bleiben. Aber es machte auch genauso wenig Sinn, nach Hause zu gehen. Ob er hier war oder dort, es war egal. Für ihn würde es dieses Jahr kein Weihnachten geben. „Alles halb so schlimm, ist doch bloß wieder ein Versprechen, das nicht gehalten wird. Das ist doch auch nichts Neues mehr.“ murmelte Quatre und fuhr sich durch seine blonden Haare. Leider wusste er, dass er das Ganze nicht so einfach abtun konnte, wie er gerne wollte. Sein Handy vibrierte und er zuckte zusammen. War das vielleicht wirklich..? Er rannte zum Schreibtisch und griff hastig nach dem Handy. Die Realität holte ihn schlagartig wieder ein. In den wenigen Sekunden, die er vom Fenster zu seinem Handy gebraucht hatte, hatte in seinem Kopf ein Weihnachtswunder stattgefunden. Seit Wochen die erste Nachricht: Ich bin hier, es tut mir leid. Ich warte unten. Ich bin wirklich hier. Bitte komm runter, lass uns Weihnachten feiern. Doch es war nur Duo, der ihm eine Nachricht geschrieben hatte, anbei ein Foto von sich und Heero. Duo hatte den Arm um Heero gelegt und ihn an sich gezogen für das Foto, es sah ein wenig brutal aus und Heero wenig begeistert, aber da Heero keine Waffe in den Händen hatte, ging Quatre davon aus, dass er doch ganz froh war, mit Duo Weihnachten zu verbringen. Duo hatte sich eine Weihnachtsmütze aufgesetzt und grinste breit in die Kamera. Ja, die beiden sahen schon glücklich aus in diesem Moment. Unter dem Bild stand: Frohe Weihnachten Q! Und darunter noch die Nachricht: Leider noch immer nichts gehört oder herausgefunden, sorry man. Denk dran, du kannst jederzeit vorbeikommen. Du würdest nicht stören. Wenn du jetzt ein Shuttle nimmst, könntest du es vor Mitternacht noch schaffen. Quatre war dankbar für die Fürsorge seiner Freunde, vor allem Duo hatte ihm in den letzten Tagen Trost gespendet. Am zweiten Weihnachtstag würde er die anderen Piloten sehen und Quatre hatte vor, sich vor allem bei Duo für diese Unterstützung zu bedanken. Es hatte ihm wirklich viel bedeutet. Aber er hatte nicht vor, heute schon zu ihnen zu fahren. Langsam aber sicher hatte er sich damit abgefunden, dass es für ihn dieses Jahr kein Weihnachten gab und dass auch kein Wunder geschehen würde. So konnte die Realität nun mal sein. Euch auch Frohe Weihnachten. Habt eine schöne Zeit und keine Sorge, mir geht es gut. Wir sehen uns am zweiten Weihnachtstag. Ich freu mich auf euch. Ich habe sogar ein Geschenk für Wufei gefunden. Liebe Grüße, Quatre. Er verzichtete auf ein Foto, denn ihm war nicht danach, ein falsches Lächeln aufzusetzen. Das war wenigstens das Gute, wenn man alleine war. Man musste nicht Lächeln obwohl einem nicht danach war, damit sich die anderen keine Sorgen machten. Wenn man alleine war, musste man niemanden etwas vormachen. Quatre gab sich einen Ruck und beschloss, nun doch endlich nach Hause zu gehen. Die Geschenke für die Piloten musste er noch einpacken und seine Tasche musste er ebenfalls noch packen. Und danach.. vielleicht würde er dann einfach schon ins Bett gehen, die letzten Tage war er zu wenig Schlaf gekommen, er könnte die Zeit nutzen und einmal ordentlich ausschlafen. Und dann wäre auch schon der erste Weihnachtstag. Wie er diesen Überbrücken sollte, wusste er noch nicht, aber erst einmal einen Schritt nach dem anderen. Zuerst musste er irgendwie diese Nacht überstehen, dann konnte er sich weitere Gedanken machen. Quatre zog sich seinen Mantel über, steckte das Handy ein und verließ sein Büro. Seine Schritte hallten auf den leeren und dunklen Fluren wider. Früher hatte er es ein wenig gruselig gefunden, alleine hier zu sein, doch mittlerweile war das so oft vorgekommen, dass es ihn nicht mehr störte. Als er unten angekommen war, zögerte er noch einen Moment, bevor er die Tür öffnete. Wieder drängte sich der Gedanke in den Vordergrund, dass vielleicht doch ein Weihnachtswunder wahr werden könnte. Ich bin wirklich hier. Bitte komm runter, lass uns Weihnachten feiern. Es war fast so, als könnte er die Stimme wirklich hören. Als wäre sie da, an seinem Ohr. Aber vielleicht war sie ja wirklich keine Einbildung. Vielleicht… Quatre stieß die Tür auf und sah.. niemanden. Er war ganz alleine hier. Obwohl er eigentlich gewusst hatte, dass es so kommen würde, traf es ihn dennoch. Er presste die Lippen zusammen und schloss die Tür hinter sich ab, während Tränen in seine Augen stiegen. Sein Herz schmerzte. Er steckte die Hände in die Manteltaschen und machte sich langsam auf den Weg nach Hause. Für einen Moment wunderte er sich über die Kälte hier, dann fiel ihm aber wieder der Grund dafür ein. Er war so mit seiner Arbeit und dem Traurig sein beschäftigt, dass er es ganz vergessen hatte. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es 20 Uhr war. Quatre blieb stehen und schaute hoch. Es dauerte einen Moment, dann konnte er die ersten weißen Flocken erkennen, die vom Himmel rieselten. Es schneite. Das erste Mal in der Geschichte dieser Kolonie schneite es. Er streckte die Hand aus und sah zu, wie die weißen Flocken auf seine Hand fielen, dort kurz verweilten und dann langsam schmolzen. Sie waren so weich. Quatre kannte Schnee nur von Bildern und Erzählungen, er war nie auf der Erde gewesen und war dabei in den Genuss von Schnee gekommen. Trowa hatte das Glück gehabt und ihm davon erzählt, wie er sich anfühlte, wie er glitzerte, wenn Licht darauf fiel. Er hatte so überschwänglich davon geredet, dass Quatre für dieses Weihnachten alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, um die Wetterstation davon zu überzeugen, es für Heiligabend und den ersten Weihnachtstag schneien zu lassen. Er hatte Stunden mit ihnen verhandelt, Schnee war ein Wetter, welches für die Kolonien nicht vorgesehen war und es war mit ganz schön viel Arbeit verbunden, es hier schneien zu lassen. Doch er war hartnäckig geblieben, hatte keine Mühen gescheut und so hatte es am Ende doch geklappt. Die Wetterstation würde es schneien lassen. Ein Weihnachtswunder für diese Kolonie. Das Weihnachtsgeschenk für Trowa. Quatres Knie gaben nach und er sank zu Boden. Er vermisste ihn so sehr. Er hatte es doch versprochen! Trowa hatte versprochen, Weihnachten hier zu sein, dass sie die Zeit bis zum 24. gemeinsam verbringen würden, mit allem, was dazu gehören würde. Kekse backen, Glühwein trinken, Schlittschuh fahren, den Weihnachtsbaum schmücken, einige Weihnachtslieder gemeinsam spielen. Sie hätten das alles haben sollen. Aber Trowa war nicht hier. Er war nicht von seinem Auftrag, von diesem Routine Einsatz, zurückgekommen. Zum ersten Advent hätte er wieder hier sein sollen, bei ihm. Sie sollten nur drei Wochen voneinander getrennt sein und nicht fast zwei Monate. Sie sagten ihm nicht, was mit Trowa geschehen war, wo er sich befand. Er wusste nur, dass er am Leben war. Das Einzige, was sie ihm verraten hatten. All die Zeit hatte er sich zusammengerissen, doch nun konnte er es nicht mehr, Tränen liefen über seine Wangen, während er hier auf den Boden hockte und der Schnee immer weiter fiel. Weiter und weiter. Quatre weinte hemmungslos, ließ seiner Trauer freien Lauf nach all der Zeit, in der er sie zurückgehalten hatte. Ihm wurde schmerzlich bewusst, dass Trowa ihn wohl einfach verlassen hatte. Wahrscheinlich hatte er jemand anderen kennengelernt und beschlossen, nicht zurückzukehren. Wahrscheinlich saß er jetzt gerade mit dieser Person im Wohnzimmer und genoss die Weihnachtszeit. Er hätte wenigstens eine Nachricht schreiben können. Eine verdammte Nachricht! Mühselig rappelte er sich auf und setzte schluchzend seinen Weg nach Hause fort. Er hätte nicht so lange auf ihn warten sollen, hätte die Hoffnung auf seine Rückkehr viel eher aufgeben müssen. Selbst schuld, dass er es nicht gekonnt hatte. Ihm wurde oft gesagt, dass er zu naiv und gutgläubig war. Als er endlich zu Hause ankam, war er verheult und durchgefroren. Er schloss die Tür auf und blieb abrupt stehen, als er durch den Türschlitz der Wohnzimmertür Licht erblickte. Hatte er heute Morgen vergessen, das Licht auszuschalten? Er war in Eile gewesen und zudem noch ziemlich neben der Spur. Quatre schüttelte den Kopf über sich selber, zog seinen Mantel und die Schuhe aus und ließ beides achtlos am Boden liegen. Er wollte jetzt nur noch ins Bett, die Tasche würde er einfach morgen packen, das mit den Geschenken eilte auch nicht. Eigentlich war es ihm auch gerade egal. Er ging ins Wohnzimmer, um wenigstens das Licht auszuschalten, kurz spielte er auch mit dem Gedanken, den Weihnachtsbaum in den Garten zu stellen und ihn anzuzünden. Er könnte dabei auch ein paar Sachen von Trowa verbrennen. „Hallo mein Herz.“ Quatres Kopf schellte bei dem Klang der Stimme nach oben. Dort stand er. Dort bei dem Weihnachtsbaum, der auf einmal geschmückt war und der hell leuchtete. Der Schein der Lichterkette tauchte Trowas Gesicht in warme Farben. An seiner linken Wange konnte er eine Schürfwunde sehen, die Unterlippe war aufgeplatzt. Seine Augen wurden groß und er war sich nicht sicher, ob er nicht träumte. Unsicher kam Trowa auf ihn zu und als er ihn an der Hand berührte, ganz vorsichtig, zuckte er dennoch zusammen. Nein, es war kein Traum. Trowa war wirklich hier! Erneut traten Tränen in seine Augen, aber dieses Mal vor Freude und vor Erleichterung, dann umarmte er ihn. Quatre drückte ihn fest an sich, spürte seine Körperwärme und nahm seinen Geruch war, der immer einen Hauch von Kaffee beinhaltete. „Trowa.. wo.. wo warst du bloß? Was ist nur passiert? Geht es dir gut?“ „Es tut mir leid, dass ich erst jetzt zurück bin. Ich.. ich habe alles versucht, bitte glaube mir. Es ist so viel schief gelaufen und ich wollte nur zurück.“ Trowa klang erschöpft und ein wenig verzweifelt. Irgendetwas Schlimmes musste passiert sein und er könnte sich ohrfeigen, dass er vor nur wenigen Minuten so an Trowa gezweifelt hatte. Wie hatte er das nur tun können? „Ich habe versucht dich zu erreichen.. die anderen haben auch nach dir gesucht.. wir haben uns solche Sorgen gemacht.“ „Ich weiß.. ich weiß. Hätte ich es gekonnt, dann hätte ich dir eine Nachricht zukommen lassen.“ „Was ist denn bloß passiert?“ Trowa löste sich aus der Umarmung und schüttelte leicht den Kopf. „Bitte Quatre.. nicht heute. Ich werde es dir erzählen, alles. Aber nicht heute. Heute möchte ich nur mein Versprechen einlösen.“ Quatre presste die Lippen kurz aufeinander. Was war Trowa bloß zugestoßen? Und wie konnte er ihm helfen? Trowa strich behutsam über seine Wange. Seine Hand war rau. „Du hast geweint..“ „Ehrlich gesagt.. kam mir vorhin der Gedanke, du hättest mich verlassen. Du hattest gesagt, es wäre ein Routine Einsatz. Dass du bald wieder zu Hause wärst. Und ich dachte nicht.. dass.. dass irgendetwas dich aufhalten könnte.. dich doch nicht.. ich habe tatsächlich an dir gezweifelt. Es tut mir leid..“ „Nein.. das muss es nicht. Auch ich habe immer wieder gezweifelt.. dass du vielleicht nicht auf mich warten würdest.. nach zwei Monaten ohne jeglichen Kontakt.. Ich.. ich kann mich glücklich schätzen, dass du noch hier bist.“ „Trowa…“ Quatre zog ihn in einen sanften Kuss. Es war ein Wunder. Trowa war hier, wirklich hier. Es gab sie also doch. „Du musst dich ausruhen.. okay? Ich mach dir was zu essen und du-“ „Nein.“ Ein kleines Lächeln hatte sich auf Trowas Lippen geschlichen. „Wir haben noch eine kleine Weihnachtsliste abzuarbeiten.“ „Das ist ja schön und gut, dass du das alles wirklich noch machen willst. Aber es wird nicht funktionieren. Alle Stände sind geschlossen. Wir sind zu spät.“ Trowas linke Augenbraue hob sich. „Du glaubst wirklich, dass ich mich davon abhalten lasse?“ Quatre musste ein wenig lächeln. Er liebte es, wenn Trowa so elegant seine Augenbraue hob. Er hatte immer das Bedürfnis sie nach zu streichen. „Ich weiß, dass du schon viele Dinge, die unmöglich schienen, möglich gemacht hast, aber hierfür fehlt mir die Fantasie.“ „Lass dich überraschen.“ „Na schön. Aber ich habe auch eine Überraschung. Du solltest dich warm anziehen. Und das meine ich auch wirklich so.“ Sie packten sich beide warm ein. Quatre konnte noch immer nicht ganz fassen, dass Trowa wirklich zurück war und seine Gefühle überschlugen sich noch immer etwas. Er war glücklich, keine Frage. Aber er war auch noch immer irgendwie traurig über die Zeit, die sie verloren hatten und da war auch noch dieses Gefühl der Schuld, dass er so an ihm gezweifelt hatte. All das hatte sich vermischt, wallte und ebbte in ihm auf und irgendwie fühlte es sich auch noch nicht real an, dass er auf einmal hier war und sie nun – wie auch immer- versuchen würden, das nachzuholen, was sie eigentlich verloren hatten. Quatre versuchte, dieses Durcheinander zu verdrängen und sich nur darauf zu konzentrieren, dass Trowa da war. Dass er ihn berühren, mit ihm reden konnte. Irgendwie würde sich das ganze schon einpendeln, das musste es einfach. Trowa schulterte sich einen Rucksack, der vollgepackt zu sein schien, und sah zu ihm rüber. „Ich wäre soweit.“ „Ich auch. Mach die Augen zu.“ Wieder hob Trowa kurz seine linke Augenbraue, doch dann schloss er seine Augen. Quatre öffnete die Tür, führte ihn hinaus und schloss hinter ihnen ab. Dann stellte er sich auf Zehenspitzen, damit er Trowa die Augen zu halten konnte. Kein gerade einfaches Unterfangen, denn Trowa war größer als er und der Rucksack störte, doch etwas ungelenk konnte er ihn in den Vorgarten führen, der mittlerweile unter einer kleinen Schneedecke lag. Und es schneite noch immer. „Es ist wirklich ganz schön kalt..“ murmelte Trowa und Quatre konnte spüren, dass es ihm ein wenig unangenehm war, dass er nicht wusste, was vor sich ging. Nun, ein bisschen musste er da noch durch. „Was ist hier passiert, Quatre? Vorhin war es noch nicht so kalt.“ „Diese Kälte ist dein Weihnachtsgeschenk Trowa. Ich wollte dir etwas schenken, was du hoffentlich nicht so schnell vergisst. Frohe Weihnachten, Trowa.“ Quatre nahm die Hände von seinen Augen und stellte sich neben ihn. Die Überraschung war Trowa deutlich ins Gesicht geschrieben, er öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ehe er ihn wieder öffnete. Dann streckte Trowa, wie auch er vorhin, die Hand aus, bestaunte die Schneeflocken, die darauf landeten. „Schnee..? Quatre, wie hast du das nur..? Ich..“ Es war das erste Mal, dass er Trowa so sprachlos erlebt hatte. Die Überraschung schien gelungen zu sein. Trowa begann zu lächeln, dann nahm er seine Hand und drückte sie leicht. „Es ist wundervoll.“ Quatre erwiderte das Lächeln. „Schön, dass du dich darüber freust. Bis morgen wird der Schnee bleiben. Dann wird es wieder wärmer und er wird schmelzen.“ „Das ist lang genug. Komm.“ Trowa ging vor und zog ihn mit sich. Je näher sie wieder der Stadt kamen, desto öfter hörte er vergnügtes Lachen und ab und zu konnte er Familien sehen, die begonnen hatten, einen Schneemann zu bauen. Alle, die ihnen begegneten, wünschten ihnen Frohe Weihnachten und sie sahen alle so glücklich aus, dass Quatre ganz warm ums Herz wurde. Es fühlte sich wirklich wie Frieden an. Gemeinsam erreichten sie den Weihnachtsmarkt. Quatre fragte sich erneut, was sie hier wollten, alle Buden waren geschlossen, genauso wie die Eislaufbahn. Trowa blieb bei den ersten Ständen stehen und schaute sich um, dann sah er zu ihm. „Du hast wirklich Großes auf die Beine gestellt. Ein Wüstenprinz, der etwas von Weihnachten versteht, du überraschst mich immer wieder.“ „Was soll das denn heißen?“ Trowa grinste nur kurz, dann ging er weiter und er folgte ihm. „Eigentlich ist es doch gut, oder? Dass alles geschlossen ist. Der Weihnachtsmarkt war sicher jeden Tag unglaublich voll und Menschenmengen strengen dich an. So ist es viel entspannter.“ Das stimmte schon, dank seiner starken Empathie waren große Menschenmengen mit all den Gefühlen ziemlich anstrengend für ihn und es fiel ihm immer schwer, sich nur auf sich selber zu konzentrieren und zu entspannen. Aber nichts desto trotz war ein geschlossener Weihnachtsmarkt nicht das Gleiche wie ein geöffneter, ob es so nun ruhiger war oder nicht. Sie konnten nichts trinken, nichts essen, nicht die Waren bestaunen. Noch immer konnte er nicht verstehen, wieso Trowa unbedingt hier hin wollte. Erst als sie den großen Weihnachtsbaum erreichten, blieb Trowa stehen. „Hier ist es gut. Kannst du hier auf mich warten?“ „Ich soll.. warten? Wo willst du denn hin?“ Quatre spürte, wie sich sein Magen etwas zusammenzog. Hatte er nicht lange genug gewartet? „Es wird nicht lange dauern. Ich bin gleich wieder zurück, vertrau mir, okay?“ Trowa nahm sein Gesicht in seine Hände und schaute ihm in die Augen. Wie könnte er ihm nicht vertrauen, wenn er ihn so sanft ansah? „In Ordnung. Ich werde warten.“ Trowa gab ihm einen kurzen Kuss, dann verschwand er zwischen den Buden. Quatre schaute hoch zum Weihnachtsbaum. Mit dem Schnee darauf sah er noch schöner aus. Er versuchte, dieses unbehagliche Gefühl los zu werden, welches langsam in ihm hochkroch, indem er in die Hocke ging und sich mit dem Schnee beschäftigte. Er formte eine Kugel daraus und ließ sich ein wenig von dem Schnee mitreißen. Er war so kalt und so leicht, so ganz anders als der Sand, den er aus der Wüste gewohnt war. Und doch glitzerten sie beide, wenn Licht darauf fiel. Er ließ den Schneeball in seiner Hand wieder zerfallen, dann steckte er die Hände in die Manteltaschen, da sie kalt geworden waren. Es vergingen einige Minuten, dann tauchte Trowa endlich wieder auf. Mit voll bepackten Händen. Quatre atmete erleichtert aus. „Was hast du da alles?“ „Dinge, die du hoffentlich magst.“ „Warte.. bist du etwa in einer der Buden eingebrochen?“ „Eingebrochen ist nicht das richtige Wort. Ich habe die Tür geöffnet, genommen was ich brauchte, Geld dagelassen und die Tür wieder geschlossen. Ich musste nun mal etwas improvisieren.“ Quatre musste los lachen. „Du bist doch verrückt!“ „Es ist alles bezahlt, es sollte also kein Problem sein. Außerdem haben sie ganz bestimmt nichts dagegen, wenn ich ihnen sage, dass es für dich war. Du hast ihnen das schönste Weihnachten geschenkt, sie würden dich damit freiwillig überhäufen.“ „Ach was, du übertreibst.“ Trowa lächelte kurz, dann drückte er ihm die beiden Tüten in die Hand. Er schaute zu, wie Trowa den Rucksack abnahm und tatsächlich eine Decke herausholte, sowie eine Thermoskanne und zwei Tassen. Die Decke faltete er zweimal, damit sie dicker war, dann legte er sie vor dem Weihnachtsbaum auf den Boden und bedeutete ihn, sich zu setzen. „Wann hast du das alles vorbereitet?“ „Ich war gegen Sieben zu Hause und du warst nicht da. Ich habe mir schon gedacht, dass du wahrscheinlich noch in der Firma bist und habe die Zeit genutzt.“ Trowa setzte sich neben ihn und schüttete ihnen beiden ein. „Vielleicht schmeckt er nicht so gut wie hier auf den Markt, aber es ist Glühwein.“ „Danke.“ Quatre legte die beiden Tüten vor sich und nahm die Tasse entgegen, dann musste er lachen. „Das ist wie ein Picknick im Winter. Auf so etwas kannst wirklich nur du kommen. Aber.. ich freue mich.. wirklich.“ Quatre schaute zu Trowa hoch. So langsam machte sich auch in ihm das Weihnachtsfieber breit, es war zwar so viel anders, als er sich ihr Weihnachten vorgestellt hatte, doch gerade war er glücklich. So wie es gerade war, war es perfekt. Ein Picknick im Schnee vor einem Weihnachtsbaum mit selbstgemachten Glühwein und einen Haufen Süßkram. Wer konnte behaupten, so ein Weihnachten gehabt zu haben? Sie stießen an und er nippte vorsichtig an dem heißen Getränk. Er schmeckte, wie er sich Glühwein vorgestellt hatte. Das ließ ihn lächeln. Trowa begann, die Tüten auszupacken und Quatre staunte nicht schlecht, was er alles geholt hatte. Schokofrüchte, gebrannte Mandeln, eine Tüte voller Nüsse und eine weitere mit Keksen, Stollen und Früchtebrot. Wieder musste er lachen. „Wer soll das denn alles essen?“ Trowa lächelte und hängte ihm ein Lebkuchenherz um den Hals. „Ich habe dein Lachen so sehr vermisst…“ Quatre schaute auf das Herz hinab, auf dem Prinz in Zuckerguss stand. Das war schon immer Trowas Ding gewesen, ihn Prinz zu nennen. Meistens war er der Wüstenprinz. Manchmal auch Prinz der Sonne. So ganz verstand er noch immer nicht, wie Trowa darauf kam und wieso ihm das so eine Freude bereitete, bis jetzt hatte er ihn auch nicht davon abbringen können, dass er ihn so nannte. Dafür fand Trowa es etwas seltsam, wenn er ihn seinen Helden nannte. Nun ja, er hatte ihm bis jetzt auch noch nie erzählt, dass er sein Herz gerettet hatte. Für ihn war Trowa wirklich ein Held. Ohne ihn hätte er den Glauben an die Liebe verloren. Er drückte Trowa einen sanften Kuss auf die Wange. „Ich hab dich auch vermisst. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Wer soll das alles essen? Das ist doch viel zu viel.“ „Ich wollte nicht, dass man mir vorwerfen kann, ich hätte etwas nicht geholt, was deinen Gelüsten entspricht. So bin ich definitiv auf der sicheren Seite. Und den Rest nehmen wir einfach mit. Im Notfall wird es Duo essen.“ Quatre lachte etwas. „Meine Gelüste.. wie das klingt! Du übertreibst wieder. Aber das mit Duo stimmt. Der isst ja eigentlich alles und hat ständig Hunger.“ „Das festliche Mahl ist angerichtet, mein Winterprinz.“ Er knuffte Trowa in die Seite. „Hör auf mich zu necken.“ „Tu ich nicht.“ Die nächste halbe Stunde aßen sie sich an dem Süßkram satt. Vor allem die Schokofrüchte hatten es ihm angetan, aber auch zu den anderen Leckereien und dem Glühwein sagte er nicht nein. Die Stimmung zwischen ihnen war ausgelassen. Trowa war entspannt und glücklich, das konnte er deutlich spüren. Was auch immer er erlebt hatte, es musste hart gewesen sein und er hatte auch seine Schuldgefühle gespürt, sowie die Angst, dass sich etwas zwischen ihnen verändert haben könnte. Er war froh, dass er Trowa diese Angst hatte nehmen können, denn es hatte sich nichts verändert. Er liebte ihn immer noch, vielleicht sogar mehr als je zuvor. Und um ihm das auch noch einmal deutlich zu machen, küsste er ihn nach ihrem Picknick. Er küsste ihn nicht nur einmal, auch nicht nur zweimal. Er küsste ihn sehr lange und sehr oft, irgendwann war er dabei auf Trowas Schoß gerutscht und Trowa hielt ihn seitdem ganz fest. Sein eines Knie war nass geworden, weil es nicht mehr auf der Decke war und auch seine Hände waren kalt, die sich die meiste Zeit über in Trowas Haaren befanden. Aber es störte ihn nicht, er nahm es kaum wahr. Genauso wenig, dass sie beide mittlerweile voller Schnee waren und sie hörten auch erst auf sich zu küssen, als eine Ladung Schnee vom Baum auf ihre Köpfe fiel. Im ersten Moment schauten sie beide sich nur an, dann lachten sie los. „Ist das kalt!“ Quatre stand auf und versuchte, den Schnee aus seinem Mantel und seinen Haaren zu schütteln. Auch Trowa erhob sich und begann dann, ihre Sachen wieder einzupacken. „Ich glaube, so eine Abkühlung haben wir beide gebraucht.“ Quatre sah ihn unschuldig an, musste dann aber doch etwas grinsen. „Ich weiß nicht, was du meinst.“ Trowa schulterte sich den Rucksack, erwiderte kurz sein Grinsen und nahm dann seine Hand. Gemeinsam verließen sie den Weihnachtsmarkt und Quatre stellte überrascht fest, dass sie sich nicht auf den Weg nach Hause machten. Er brauchte einen Moment, dann wurde ihm bewusst, wohin Trowa ihn führte. „Auch die Eisbahn ist geschlossen.. aber ich habe das Gefühl, dass du das weißt und es dir egal ist.“ „Ganz genau.“ Geschickt öffnete Trowa das Schloss des kleinen Verleihhäuschens, als sie die Eisbahn erreichten. Sie tauschten Schuhe gegen Schlittschuhe und versuchten dann ihr Glück auf dem Eis. Quatre war froh, dass auch Trowa sich am Anfang nicht ganz so geschickt anstellte, aber ganz untalentiert waren sie auch nicht und nach ein paar Minuten hatten sie weitestgehend den Dreh raus. Sie fuhren Hand in Hand und drehten so ihre Runden. Nach einer Weile blieb Trowa stehen und zog ihn behutsam an sich, wo er seine Hände nahm und beide küsste. „Du bist schon ganz kalt.“ Quatre wollte es eigentlich nicht zugeben, aber er fror schon eine ganze Weile. Vom ganzen Schnee waren seine Sachen sowie seine Haare nass und die Kälte kroch an ihm empor. Aber es war so schön, hier alleine mit Trowa die Bahnen zu ziehen, dass er noch nicht gehen wollte. „Es ist so schön hier mit dir.“ „Und es wird auch schön, wenn wir im warmen sitzen.“ „Wir haben noch keinen Schneemann gebaut.“ „Dafür haben wir morgen Zeit.“ Auf Trowas Gesicht bildete sich ein Lächeln. „Und was ist mit-“ „Genauso wie für die Schneeballschlacht und fürs Kekse backen. Und fürs Musizieren. Keine Angst, ich habe nichts vergessen, mein Herz. Ich weiß, ich bin zu spät. Und jetzt ist die Zeit knapp und du hast dir dein Weihnachten sicher ganz anders vorgestellt…“ „Nein, shh. Es ist perfekt. So wie es heute ist, ist es perfekt. Dass du zurück bist, mein Held, ist für mich das schönste Weihnachtsgeschenk und wie ein Wunder. Und du hast Recht, für den Rest haben wir morgen noch Zeit und im Notfall verlängern wir die Weihnachtszeit einfach für uns. Hauptsache du bist da. Alles andere ist unwichtig.“ Quatre schaute in Trowas Augen. Sein Blick war warm und voller Liebe. „Frohe Weihnachten, Quatre.“ „Frohe Weihnachten.“ Kapitel 2: Herzensglanz ----------------------- Sie hängten die Schlittschuhe ordentlich zurück und machten sich dann auf den Heimweg. Trowa hatte den Arm um seine Schultern gelegt und behielt ihn so beim Laufen dicht an sich. Ihm war mittlerweile wirklich sehr kalt und jetzt war er auch ganz froh, dass sie morgen erst wieder in den Schnee gehen würden. So eine Kälte war er einfach nicht gewohnt. Mit Hitze konnte er gut umgehen, mit Kälte anscheinend nicht so gut. „Was hältst du von einem schönen heißen Bad, um uns aufzuwärmen?“ fragte Trowa, als sie wieder zu Hause angekommen waren. Quatre drehte sich zu ihm um und lächelte leicht. „Das klingt sehr verlockend, aber du siehst müde aus. Wir können auch einfach schnell duschen und dann ins Bett.“ „Mir geht es gut.“ „Ich mach mir Sorgen um dich, Trowa.“ Trowa zog ihn in eine leichte Umarmung. „Ist schon okay. Mir geht es wirklich gut. Ich möchte mit dir jetzt baden und dann den Weihnachtsbaum zu Ende schmücken, okay? Und dann könnten wir noch ein wenig Musik hören und du erzählst mir von dir.“ Quatre wollte erst widersprechen, doch dann spürte er, was dahinter steckte. Trowa wollte Nähe. Seine Nähe. Nähe, die er genießen konnte, die er ganz deutlich spürte. Quatre kannte diese Sehnsucht nur zu gut. „Na schön, wenn du das möchtest. Ich lass das Badewasser ein.“ Er gab Trowa einen kleinen Kuss, dann verschwand er nach oben ins Badezimmer. Dort drehte er den Wasserhahn auf und ließ noch etwas Badesalz hinein, damit es schön schäumte. Er machte sich wirklich Sorgen um Trowa. Er hatte ja schon eine beschissene Zeit gehabt, aber Trowa.. bei Trowa musste es viel schlimmer gewesen sein. Heute wollte Trowa nicht darüber reden und so musste er sich noch gedulden und einfach so versuchen, so gut wie möglich für ihn da zu sein. Plötzlich wurde er von hinten umarmt und er zuckte leicht zusammen. Er war so in Gedanken gewesen, er hatte Trowa nicht kommen hören. Trowa verstärkte seinen Griff um ihn, aber er tat ihm nicht weh. „Du machst dir ja schon wieder sorgen.“ „Und das weißt du, weil..?“ Er bekam kleine Küsse an seinem Hals und wie automatisch legte er den Kopf etwas zur Seite. „Du hast immer eine kleine Sorgenfalte zwischen deinen Augenbrauen.“ „Ich will einfach nur, dass es dir gut geht. Das ist alles.“ „Jetzt geht es mir gut.“ meinte Trowa und ließ ihn los, jedoch nur, um ihn umzudrehen. Trowa schaute ihn an und lächelte leicht, dann zog er ihm den Pullover aus. „Und gleich wird es mir noch besser gehen.“ Trowa beugte sich vor und küsste erneut seinen Hals, während seine Hand langsam die Knöpfe seines Hemdes öffneten. Er ließ es zu. Seine Hände waren schon wieder warm, als sie ihm das Hemd Stück für Stück von den Schultern strichen. Quatre lächelte etwas und schloss die Augen. Wenn Trowa ihn so langsam auszog und berührte, dann tat er das, um es in vollen Zügen zu genießen. Als könnte er sonst irgendetwas verpassen. Das waren die Momente, wo er sich von ihm am begehrtesten fühlte. Trowa hatte sich hoch zu seinem Ohr geküsst, um dann hinunter zu seiner Schulter zu gelangen. Seine Finger fuhren seine Wirbelsäule entlang, ehe sie zwischen seinen Schulterblättern zum Ruhen kamen. Nur sein Daumen drehte noch leichte Kreise auf seiner Haut. „Jetzt ist die Sorgenfalte weg.“ Quatre lachte leise und öffnete die Augen wieder. „Na so ein Glück.“ Zufriedenheit war auf Trowas Gesicht getreten und nun setzte er sich auf den Badewannenrand und zog ihn am Hosenbund zu sich. Seine Lippen setzten dort an, wo sie vorhin aufgehört hatten. An seiner Schulter. Von dort küssten sie seinen Arm entlang, ganz langsam, seine Hand verschränkte ihre Finger ineinander, den rechten Arm legte er um seine Hüften. Er schaute zu, wie Trowa seinen Arm mit Küssen benetzte und strich ihm mit seiner freien Hand durch die Haare. Erst als Trowa bei seinen Fingerknöcheln ankam, die er alle einmal küsste, sah er wieder zu ihm auf. „Ich hatte fast vergessen, wie weich deine Haut ist.“ „Was auch immer passiert ist.. wir kriegen das hin. Ich bin da.“ „Ich weiß.“ Quatre seufzte wohlig in seinen Armen. Er lehnte mit dem Rücken gegen Trowas Brust, während seine Arme fest um seine Taille ruhten. So als könnte Quatre sich auflösen, wenn er ihn nicht so festhielt. Und wenn er ehrlich war, hatte er wirklich ein wenig Angst davor. Vielleicht träumte er die ganze Zeit schon über. Vielleicht spielte sein Kopf ihm einen Streich. Vielleicht war er gar nicht hier, vielleicht würde er gleich aufwachen, alleine, in der Kälte. So oft hatte er von Quatre geträumt. Es half, wenn er ihn so fest an sich gedrückt hielt. So fühlte es sich echt an. Trowa flehte innerlich, dass das kein Traum war. Quatre begann, unter Wasser über seinen Arm zu streichen und er drehte den Kopf etwas, um ihn ansehen zu können. Er wusste, dass Quatre fühlen konnte, wie unruhig er zwischendurch war und er wusste auch, dass Quatre sich sehr große Sorgen machte. Das war natürlich auch nicht besser geworden, als er die weiteren blauen Flecken und Schürfwunden an seinem Körper gesehen hatte. Es hatte ihm ganz schön viel Mühe gekostet, ihn davon zu überzeugen, dass er keinen Arzt brauchte und es ihm gut ging, dass es wirklich nur ein paar blaue Flecken waren. Und nichtsdestotrotz hatte Quatre nicht weiter gefragt, das schätzte er an ihm besonders. Quatre gab ihm immer die Zeit, die er oft brauchte, bevor er über etwas reden konnte und er respektierte auch immer seine schweigsamen Phasen - von denen er eine Menge hatte - und versuchte nicht, sie mit unnötigen Smalltalk zu füllen. Sie konnten beide Stundenlang so beisammen sitzen, ohne ein Wort zu sagen. Es war eine angenehme Stille und Trowa schätzte diese stillen Zeiten sehr. Manchmal brauchte es einfach keine Worte. Und deswegen waren sie sich dennoch nicht gleich fremd. Nur weil sie nicht rund um die Uhr miteinander sprachen, hieß es nicht, dass sie sich nicht verstanden oder sie nichts zu sagen hatten. Er war noch nie ein Mann vieler Worte gewesen und er war auch nicht wie Duo, der seine Gefühle hinaus in die Welt schrie. Er war schon immer sehr verschlossen gewesen, beobachtete lieber, anstatt sich irgendwo einzumischen. Doch Quatre verstand es, seine Blicke und Bewegungen zu deuten und er konnte erfühlen, was in ihm vorging. Für viele mochte das vielleicht unangenehm sein, aber er war dankbar dafür. Oft fand er Worte nicht, um sich zu erklären und bei Quatre brauchte er sie nicht. Quatre stimmte sich auf seine Gefühle ein, war eine Stütze, wenn er sie brauchte, es aber nicht sagen konnte, ließ ihn in Ruhe, wenn er gerade niemanden um sich haben wollte, küsste ihn leidenschaftlich, wenn Verlangen in ihm war. Und auf der anderen Seite, belastete er Quatre mit seinen Gefühlen angeblich nicht. Dieser hatte es so erklärt: Er spürte sie neben sich, neben seinen eigenen Gefühlen und sie versuchten nicht, sich ihm aufzudrängen, wie es bei den meisten Menschen war. Seine Nähe entspannte ihn und belastete ihn nicht. „Ich liebe dich..“ flüsterte Quatre in die Stille hinein und riss ihn aus seinen Gedanken. Am liebsten hätte er jetzt geweint. Diese Worte aus seinem Mund zu hören und ihm dabei in die Augen schauen zu können.. es überwältigte ihn gerade. Das hier war real und er hatte Angst, so eine Angst gehabt, dass er nach all dieser Zeit dieses schöne große Herz gebrochen hatte. Dass es kein zu Hause mehr gab, zu dem er zurückkehren konnte. Denn das war Quatre. Heimat. Sein zu Hause, sein Anker. Seine Sonne. „Oh Trowa..“ Quatre drehte sich etwas, damit er ihn umarmen konnte. Sein eigener Griff um ihn wurde etwas fester. „Ist schon okay.. es ist okay. Was auch immer passiert ist, wir kriegen das hin. Ich liebe dich über alles, hörst du? Und das wird sich auch nicht ändern.“ Trowa schloss die Augen und hielt Quatre sogar noch etwas fester. Sicherlich tat er ihm schon weh, doch der andere sagte nichts deswegen. „Ja.. okay..“ Quatre nahm sein Gesicht in die Hände und er öffnete die Augen wieder, Quatre lächelte ihn warm an. Bei dem Lächeln wurde ihm immer etwas leichter ums Herz und er bereute nichts von dem, was er getan hatte. Er hüllte Quatre in ein Handtuch und zog ihn dann wieder an sich, wofür er einen Kuss von ihm bekam. Quatres Haut fühlte sich so gut auf seiner an und nach all der Zeit fiel es ihm wirklich, wirklich schwer, ihn nicht die ganze Zeit zu berühren. Gerade konnte er zum Beispiel nicht widerstehen. Aber zumindest ging es Quatre genauso, denn auch seine Finger suchten Haut und so dauerte es eine ganze Weile, bis sie beide trocken und auch angezogen waren. Eigentlich war der Kamin mehr zur Zierde da, doch heute beschlossen sie, ihn anzumachen. Es war das erste Mal, dass Trowa dort ein Feuer lodern sah, seitdem er hier lebte. Nun ja, wahrscheinlich würde es auch das einzige Mal sein, bei den Temperaturen, die normalerweise auf der Kolonie herrschten, war es nicht nötig, den Kamin anzumachen. Aber zu diesem besonderen Abend war es genau das richtige. „Also.. möchtest du den Baum zu Ende schmücken und den Adventskranz anmachen?“ fragte er vorsichtig, da er nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob Quatre dafür noch genug Weihnachtsstimmung aufbringen konnte. Dieses Haus signalisierte ganz eindeutig, dass Weihnachten hier nichts verloren hatte. Draußen hatte Quatre sich von ihm mitreißen lassen, aber ob er Weihnachten hier, in ihren vier Wänden noch retten konnte, war fraglich. „Ich..“ Quatre zupfte an seinem Ärmel rum, ein Zeichen, dass ihm etwas unangenehm war oder ihn extrem nervös machte. „Natürlich können wir das tun.. es war nur.. ich hab viel gearbeitet und war immer spät zu Hause.. und wir wollten das ja eigentlich zusammen machen und dann wollte ich nicht einfach schon anfangen.. und irgendwann..“ Etwas unbeholfen hob er die Schultern, doch Trowa wusste, dass Quatre einfach nicht weitersprach, weil er ihm keine Schuldgefühle machen wollte, dass er erst so spät hier aufgetaucht war. Doch Quatre musste es auch nicht sagen, er wusste, dass er ihm seine ganze Vorfreude auf Weihnachten genommen hatte. Er wusste, dass er Quatre damit verletzt hatte. Wenn er ihm jetzt in die Augen schaute, zeigten sie ihm deutlich, dass er ihm das längst verziehen hatte und nicht mehr übel nahm. Dass er ihm das nie vorwerfen würde. Aber das änderte nichts daran, dass er ihm damit wehgetan hatte. Als er hier angekommen war und gesehen hatte, wie alles für ihr Weihnachten vorbereitet gewesen war, und doch nichts davon Verwendung gefunden hatte, hatte es ihm einen Stich versetzt. Quatre hatte ein sehr großes und gütiges Herz, auf das man gut aufpassen musste und in all der Zeit war niemand hier gewesen, der das getan hatte. Und er hatte nicht einmal ein Geschenk für ihn. Das Einzige, was er jetzt noch irgendwie tun konnte, war zu versuchen, den Schaden, den er angerichtet hatte, irgend möglich zu minimieren. „Aber.. aber jetzt können wir das ja doch alles zusammen machen..“ riss Quatres unsichere Stimme ihn aus seinen Gedanken. Er nahm Quatres Hand, die noch immer am Ärmel zupfte, und küsste sie. „Nur, wenn du das möchtest. Wir müssen das nicht tun, wenn du dich damit unwohl fühlst.“ Er schüttelte den Kopf und lächelte dann doch etwas. „Nein.. es hatte sich nur nicht richtig angefühlt, das alleine zu machen. Mit dir zu schmücken fühlt sich mehr als nur richtig an. Naja.. und noch ist es ja nicht zu spät. Es ist kurz vor elf.“ Und damit begannen sie mit dem Schmücken. Sie hängten ein paar Lichterketten an die Fenster, zündeten die Kerzen des Adventskranzes an, vervollständigten die Dekoration des Weihnachtsbaumes und stellten hier und da noch ein paar Kerzen auf und legten Tannengrün aus. Als sie fertig waren und Trowa ihnen beiden warmen Kakao mit etwas Zimt fertig machte, war es fast zwölf. Sie hatten alles geschafft. Das Einzige, was von ihrer offiziellen Liste noch übrig war, war das Kekse backen und das musizieren. Und dann musste er natürlich noch mit ihm einen Schneemann bauen und eine Schneeballschlacht machen. Sonst würde er wohl gleich seine Koffer packen können. Das waren aber alles Sachen, die sie morgen in Ruhe machen konnten. Als er mit den beiden Tassen zurück ins Wohnzimmer kam, saß Quatre auf dem Teppich vor dem Kamin. Dabei hatte er sich an das Sofa gelehnt, welches sie näher an den Kamin geschoben hatten, um dort sitzen zu können. Aber es wunderte ihn nicht, Quatre im Schneidersitz auf dem Boden vorzufinden. Zu Hause saß er ständig auf den Boden, immer im Schneidersitz und die Sachen, mit denen er sich beschäftigte, um ihn herum. Er reichte Quatre seine Tasse, dann setzte er sich zu ihm auf den Boden. „Danke..“ Quatre lächelte und hielt die Tasse mit beiden Händen, dann probierte er vorsichtig. „Oh, du hast Zimt rein getan!“ „Natürlich, sonst hätte ich die Nacht auf der Couch verbringen können.“ Sein Prinz lachte auf und Trowa hoffte, dass ihm noch ein paar Dinge einfallen würden, die Quatre zum Lachen brachten. Quatres Lachen war etwas, wofür er bereit war zu töten und gerade heute konnte er es nicht genug hören. Weil sein Lachen die Dunkelheit vertrieb. Trowa konnte sich noch erinnern, wie er zum ersten Mal wahrgenommen hatte, wie schön und warm Quatres Lachen war. Das war gar nicht mal so lange her. Wie eigentlich alle war auch er am Anfang, als er ihn kennengelernt hatte, auf sein falsches Lächeln reingefallen. Quatre lächelte viel und erst viel später hatte er begriffen, dass er auch lächelte, wenn seine Welt am Boden war. Damit er keinem Sorgen bereitete, damit er anderen etwas Mut geben konnte, einfach, damit das Lächeln in der schweren Zeit des Krieges nicht ausstarb. Er hatte ihm einst gesagt, dass er nicht alleine weinen musste -und es auch so gemeint – und vielleicht hatte er sich das während des Krieges zu Herzen genommen, aber definitiv nicht danach. Sie waren in Kontakt geblieben, aber persönlich hatten sie sich wenig gesehen und er hatte immer geglaubt, dass es ihm gut gehen würde. Quatre hatte immer gesagt, dass es ihm gut gehen würde, er hatte gelächelt, auch die anderen Piloten waren davon ausgegangen. Er hatte sie alle getäuscht. Und erst, als er Quatre wirklich ehrlich hatte lächeln sehen, hatte er den Unterschied erkannt. Und danach hatte er sich wie ein Idiot gefühlt, dass er den Unterschied nie bemerkt hatte, denn mittlerweile empfand er ihn als riesig und er fragte sich immer noch ab und zu, wie er so blind hatte sein können. Das gleiche war, wenn Quatre aus vollem Herzen lachte. Er war überrascht, dass es Quatre selber nicht auffiel, wie er die anderen Menschen um sich herum mit seinem Lachen berührte. Sie begannen zu lächeln, sie blieben deswegen in seiner Nähe, so wie er. Sie alle waren wie Motten, die vom Licht angezogen wurden, wenn er lachte. Einfach unerklärlich für ihn, wie Quatre nicht sehen konnte, was er den Menschen alles gab. Das erste Mal, als Quatre so gelacht hatte, und das war nach einer sehr harten Zeit, hatte er gemerkt, dass er wirkliche Gefühle für ihn hatte, die über enge Freundschaft hinausgingen. Das erste Mal, dass er jedoch überhaupt etwas stark gefühlt hatte, waren bei Quatres Tränen gewesen. Trowa war es gewohnt, seine Gefühle zu verdrängen, alles und jedem mit Gleichgültigkeit zu begegnen. Er war Söldner gewesen und hatte in einem Krieg gekämpft. Da waren Gefühle nur im Weg und auch gefährlich. Das war auch so geblieben, nachdem der Krieg beendet war und er beim Zirkus angefangen hatte. Zwar war ihm da nicht mehr alles gleichgültig, der Zirkus mit seinen Menschen war so etwas wie zu seiner Familie geworden, aber wirklich viele Gefühle hatte er nicht gespürt. Er hatte sich eigentlich schon damit abgefunden, dass er einfach abgestumpft war, dass all das Blut vergießen einen Preis gefordert hatte; einen Großteil seiner Gefühle. Doch dann hatte er Quatres Tränen gesehen, an diesem einen Tag, es war das erste Mal, dass er ihn von Angesicht zu Angesicht hatte weinen sehen, und plötzlich hatte sein Herz so fest geschlagen und auf einmal wusste er, dass er tatsächlich noch am Leben war. Dass da noch irgendetwas in ihm war. „Hey.. wo bist du denn gerade mit deinen Gedanken? Du bist so weit weg..“ drang plötzlich Quatres Stimme an sein Ohr und etwas überrascht wandte er den Kopf zu ihm. Quatres Tasse war schon leer, während er seine kaum angerührt hatte. „Ich habe nur etwas zurückgedacht.. ein paar schöne Erinnerungen.“ fügte er noch hinzu, damit er sich keine Sorgen machte. Quatre lächelte leicht und legte die Hand auf seine Wange. „Aber ich brauch dich hier, hier bei mir.“ Bei Quatres tiefen Blick durchfuhr ihm ein Schauer und er zog ihn mehr an sich. Quatres Lächeln wurde größer, dann überbrückte er die wenigen Zentimeter, die sie noch trennten und küsste ihn. Es war ein langsamer, aber leidenschaftlicher Kuss, voller Gefühl. Seine Hände schoben sich unter Quatres Shirt und berührten seine Haut, fuhren seine Seiten entlang, seinen Rücken. Quatre schmiegte sich enger an ihn, fuhr über seine Arme, dann zupfte er unzufrieden an seinem T-Shirt. Er hätte beinahe gelacht deswegen. Sie lösten den Kuss und schon zog Quatre ihm das T-Shirt über den Kopf. Er tat es ihm gleich, das war nur fair. Es folgte ein zweiter Kuss und wieder schmiegte sich Quatres Körper an seinen, eng, fordernd, Haut auf Haut. Wie gut sich das anfühlte. Und er wusste nicht, wo er ihn zuerst berühren sollte. Denn er wollte alles von ihm. Quatre machte deutlich, dass er die Führung haben wollte und er ließ ihn. Er hatte sich in den Schneidersitz gesetzt und lehnte an dem Sofa, während Quatre sich langsam und genussvoll auf ihm bewegte. Quatres Wangen waren leicht gerötet und ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen, ehe er ihn küsste. Gott, wie sehr er diesen Mann liebte. Seine Finger fuhren über Quatres Beine, während dieser sich an ihn presste. Sein Kopf schwirrte leicht vor Lust und Verlangen. Quatre löste den Kuss wieder und bewegte sich etwas fordernder, aber immer noch langsam. Sie beide brauchten es, das hier solange wie möglich hinauszuzögern. Nicht nur er hatte dieses unstillbare Verlangen, den anderen zu berühren, er wusste, dass es Quatre genauso ging. So konnten sie sich beide an dem jeweils anderen vergehen, ihn küssen, berühren, spüren. Und Quatre war so schön, so unglaublich schön, er konnte den Blick nicht von ihm wenden. Überrascht stellte Quatre fest, dass er vor Trowa wach war. Was eigentlich so gut wie nie vorkam. Wenn sie frei hatten, schlief er immer gut ein bis zwei Stunden länger als sein Liebster. Quatre ließ die Augen noch etwas geschlossen und genoss einfach die Nähe. Sie waren gestern nicht mehr nach oben gegangen. Sie hatten es sich einfach vor dem Feuer gemütlich gemacht und Trowa hatte die Decke von der Couch über sie gelegt. Und dann waren sie, eng umschlungen, eingeschlafen. Quatre hatte seit Wochen nicht mehr so gut geschlafen und wie es schien, ging es Trowa genauso. Doch das war gut. Trowa musste sich ausruhen, er hatte es nötig und er würde ihn heute solange schlafen lassen, wie er es brauchte. So konnte er nur hoffen, dass er gleich aus der festen Umarmung kam, ohne Trowa zu wecken. Umarmung war vielleicht auch das falsche Wort, Trowa hatte ihn halb unter sich begraben, doch das ließ ihn nur lächeln. Andere mochten das vielleicht seltsam finden, doch er liebte es, Trowas Gewicht auf sich zu spüren. Die Schwere seines durchtrainierten Körpers war wie ein Schutzschild und er fühlte sich darunter sicher und geborgen. Nach einigen Minuten fischte Quatre nach seinem Handy. Trowa war gestern vor ihm eingeschlafen und er hatte die Chance genutzt, um auch ein Selfie von ihnen beiden zu machen. So wie Heero hatte auch Trowa nicht viel für Fotos übrig. Er hatte das Selfie an Duo geschickt mit der Nachricht: Er ist zurück! Und soweit okay, ich bin so glücklich! Als er jetzt auf sein Handy schaute, sah er, dass Duo ihm kurz darauf sogar noch geantwortet hatte. Wieder ein Selfie, in der fast gleichen Pose wie sie beide. Heero am schlafen und Duo wach, nah an ihn geschmiegt. #Weihnachtswunder! Treibt es nicht zu wild ;-) Quatre unterdrückte ein Lachen, zögerte kurz, doch dann schrieb er: zu spät : ) Er legte das Handy beiseite und befreite sich von Trowa so vorsichtig wie er konnte. Doch Trowa schlief noch tief und fest, was ihn lächeln ließ. Er deckte ihn wieder etwas mehr zu und strich behutsam einmal über seine Wange, dann stand er auf. Er sah sich um und fand seine Boxershorts, die er überzog, sowie einen Pullover. Quatre lächelte etwas mehr, als er feststellte, dass es ein Pullover von Trowa war. Er roch nach ihm und das machte den Morgen noch ein bisschen besser. Lächelnd tapste er in die Küche und setzte Kaffee auf, dann bereitete er schon mal alles für ihr Frühstück vor. Als der Kaffee durch war, war es fast halb 11. Leise ging er ins Wohnzimmer zurück und zog die Vorhänge einen Spalt auf, damit ein wenig mehr Licht hineinkam. Draußen war alles weiß vom Schnee und es sah wunderschön aus. Quatre spürte, wie er wieder aufgeregt wurde. Am liebsten würde er sofort nach draußen laufen und einen Schneemann bauen und er konnte es kaum erwarten, bis Trowa wach war. Er schaltete die Lichterketten an den Fenstern und vom Weihnachtsbaum aus und machte dann den Kamin wieder an. Es war ganz schön frisch geworden über Nacht. Dann machte er ein Frühstückstablett fertig und stellte dieses neben Trowa auf den Boden. Er setzte sich ebenfalls wieder auf den Boden, lehnte sich an das Sofa und begann schon mal, seinen Kaffee zu trinken. Seine freie Hand fuhr sanft durch Trowas Haar. Leider lag Trowa mit dem Rücken zur Couch, sodass er sein Gesicht nicht sehen konnte, deswegen nahm er Vorlieb mit seinen breiten Schultern. Und weil er Trowas Rücken unglaublich attraktiv fand, zupfte er die Decke ein wenig nach unten, um mehr von diesem zu sehen. Er war so glücklich, dass Trowa wieder hier war, er konnte das gar nicht in Worte fassen. Es war schon verrückt, sie waren nicht mal ein Jahr zusammen und dennoch fühlte es sich an, als würden sie sich schon ihr ganzes Leben kennen und er konnte sich auch sein weiteres Leben ohne ihn nicht vorstellen. Trowa war ein fester Bestandteil seines Lebens geworden, es fehlte einfach etwas, etwas so Wichtiges, wenn er nicht da war. Es war das größte Glück, mit ihm zusammen sein zu können und er wusste, dass Trowa genauso fühlte. Trowa war glücklich und er konnte noch immer kaum glauben, dass er dafür der Grund war. Doch seitdem sie zusammen waren, hatte Trowa sich verändert und war einfach glücklich geworden. Es war verrückt, vielleicht auch ein kleines Wunder. Quatre wusste nicht, wie er es genau beschreiben sollte, aber Trowa war.. lebendiger geworden. Als hätte er erst seit kurzem begonnen, wirklich zu leben. Noch nie zuvor hatte Quatre so viele Gefühle in ihm wahrgenommen, positive wie auch negative und da war auch dieser Wunsch. Der Wunsch, am Leben zu sein. Er kannte diesen Wunsch nur zu gut. Sie alle fünf.. als der Krieg begonnen hatte, waren sie alle bereit, ohne zu zögern zu sterben. Quatre hatte sein Leben nie als wichtig empfunden, Trowa ging es genauso. Ihnen war es egal gewesen, ob sie am Leben waren oder nicht. Doch jetzt.. jetzt wollte er nicht mehr sterben. Er wollte am Leben sein. Und Trowa ging es genauso. Sie beide hatten endlich einen Grund zu leben gefunden und Quatre war sich sicher, dass es bei den anderen auch so war. Er hoffte es. Seitdem er diesen Wunsch zu Leben in Trowa wahrgenommen hatte, hatte Trowa begonnen, sich langsam zu ändern. Er war etwas offener geworden, er hatte zu lächeln begonnen, seine Blicke waren wärmer und sanfter. Quatre wollte das nicht verlieren. Er wollte Trowas Herz beschützen, das so langsam und nach so langer Zeit endlich wieder angefangen hatte, zu fühlen. Er wollte es unter allen Umständen beschützen und ihm so viel Liebe entgegenbringen, wie er nur konnte. Leider wusste er nicht, ob ihm das wirklich gelang, ob es genug war, was er tat, ob es überhaupt das Richtige war. Die Welt konnte ein grauenhafter Ort sein. Und sie hatte Trowa wehgetan. Auch wenn dieser bis jetzt nicht darüber gesprochen hatte, wusste er, dass nicht nur sein Körper Schaden genommen hatte. Er war nicht da gewesen, um ihn davor zu beschützen. Seine einzige Hoffnung war, dass er vielleicht wenigstens jetzt etwas tun konnte, etwas, was beim Heilen helfen würde. Trowa hatte so viel für ihn getan und er hatte Angst, dass er nicht genug zurückgeben konnte. Immer, wenn er das früher laut ausgesprochen hatte, hatte Trowa ihn dafür gescholten. Dass es darum nicht ging. Er war nicht für ihn da gewesen, weil er eine Gegenleistung dafür haben wollte. Außerdem wäre sein ehrliches Lächeln genug. Aber bis heute wollte Quatre ihm etwas dafür zurückgeben. Trowa hatte ihn gerettet und er würde alles für ihn tun. Plötzlich spürte er, wie Trowa unruhig wurde. Noch lag er friedlich da, aber da war auf jeden Fall etwas. Wahrscheinlich der Beginn eines schlechten Traumes. Quatre stellte die Tasse weg und rutschte noch näher. Behutsam legte er Trowas Kopf in seinen Schoß und fuhr durch seine Haare. „Alles gut.. es ist alles gut..“ Quatre schloss die Augen und begann ein Lied zu summen, ihr Lied, während er sich mehr auf die Unruhe in Trowa konzentrierte. Er hatte es bis jetzt keinem gesagt, selbst Trowa nicht, aber manchmal gelang es ihm, wenn er sich auf eine Person konzentrierte, Bilder zu erhaschen, die diese Person gerade sehr bewegten. Es war ihm damals bei Heero gelungen und auch jetzt gelang es ihm, als er so etwas wie eine Verbindung zu Trowas Inneres aufbaute. Ein dunkler kalter Raum. Fesseln. Schmerz. Quatre riss erschrocken die Augen auf, während sein Herz raste und das Lied auf seinen Lippen verstummte. War es das, was Trowa widerfahren war? War er gefangen gewesen? Quatre presste die Lippen fest aufeinander, dann begann er jedoch, Trowa leicht zu schütteln, damit er wach wurde. Er konnte ihn nicht in diesem Albtraum lassen. „Aufwachen mein Held.“ Trowa schlug die Augen auf und in seinem Blick lag erst Angst, dann Verwirrung. „Du bist zu Hause. Alles ist gut.“ flüsterte er und nahm seine Hand. Langsam entspannten sich Trowas Gesichtszüge. „Zu Hause..“ „Ja, zu Hause. Und bei mir. Du bist in Sicherheit.“ Trowa drehte sich so zur Seite, dass er sein Gesicht in seinem Bauch vergrub. Er fuhr wieder durch seine Haare. „Tut mir leid, ich muss wohl irgendetwas Komisches geträumt haben.“ Trowas Stimme war gedämpft. „Nicht irgendetwas, oder? Du hast geträumt, was dir passiert ist.. nicht wahr? Rede mit mir… du musst dich nicht alleine quälen. Ich weiß, dass ich dir jetzt keine wirkliche Hilfe mehr sein kann, aber ich kann dich jetzt wenigstens halten.“ „Sag das nicht..“ „Trowa…was ist passiert?“ Normalerweise drängte er Trowa nicht zum Reden, doch so langsam machte er sich ernsthafte Sorgen und Trowa hatte ihm versichert, dass er ihm erzählen würde, was passiert war. „Es.. es gibt eine Gruppe, die eine Gefahr für den Frieden darstellt. Wir haben lange nach der Quelle gesucht.. wir wollten sie aufhalten, bevor sie einen richtigen Anschlag ausüben konnten. Wir hatten endlich ihr Versteck gefunden, aber etwas ging schief.. ein Teil von uns wurde gefangen genommen. Es dauerte Wochen, bis wir uns befreien und die Gruppe zerschlagen konnten.“ Quatre wusste, dass Trowa ihm noch sehr viel verheimlichte und das er nicht gewillt war, ihm jetzt davon zu erzählen. Vor allem hatte er das wichtigste ausgelassen; was ihm angetan wurde, wie er gelitten hatte. Er wollte nicht, dass Trowa das in sich hineinfraß, damit alleine litt. Wahrscheinlich brachte es nichts, Trowa weiter dazu zu drängen, dennoch wollte er es versuchen. Er meinte es ja nur gut. „Es war.. dunkel und kalt dort, nicht wahr? Du warst gefesselt… sie haben dich geschlagen..“ Trowas Körper verspannte sich. „Habe ich… im Schlaf geredet?“ „Nein.“ Es blieb eine ganze Weile still und Quatre glaubte schon, dass Trowa nun ganz dicht gemacht hatte, aber dann sprach er wieder. „Ja.. das ist wahr. Sie wollten Informationen.. sie dachten, sie würden sie mit Gewalt kriegen. Oder in dem sie uns frieren ließen in der Dunkelheit. Glück für uns, dass es Amateure waren und keine richtigen Söldner oder Ex-Militärs. Sie hatten keine wirkliche Ahnung von Folter und waren auch Gewalt nicht gewohnt. Zumindest nicht direkte Gewalt. Es ging bei ihnen immer nur um Anschläge aus der Entfernung.. niemand von ihnen hatte bis jetzt einen Menschen mit seinen Händen getötet. In dem Sinne waren sie kaum eine Gefahr.. das gefährliche an ihnen war ihre Intelligenz und Organisation. In der.. in der Dunkelheit verliert man irgendwann das Zeitgefühl.. ich wusste nicht, wie lange ich schon dort war, ich wusste nicht, ob das Verstärkungsteam uns finden würde. Und je mehr Zeit verging, desto mehr Angst bekam ich, dass ich dich nicht wiedersehen würde. Irgendwann wurden sie unachtsam, ich konnte einige von ihnen überwältigen und die anderen befreien. Wir.. wir töteten alle.. Diese Organisation ist Geschichte.“ In Quatres Augen hatten sich Tränen gebildet und er kämpfte die ganze Zeit gegen sie. Was passiert war, war einfach furchtbar. Er drückte Trowas Hand fest und legte den Kopf in den Nacken. Er war froh, dass Trowa sein Gesicht noch immer in seinem Bauch vergrub, er sollte nicht sehen, dass er dabei war, zu weinen. „Ich.. ich bin so froh, dass.. dass du noch lebst.. dass dir nicht noch mehr zugestoßen ist. Wenn ich.. wenn ich gewusst hätte, auf was für einer Mission du bist.. du hast nie gesagt, dass es solche Missionen sind.. dass es so gefährlich ist. Dein Arbeitgeber ist also kein normaler Sicherheitsdienst.. Ich hätte dir doch helfen können! Ich hätte mitgehen können!“ „Aber das ist nicht das, was ich wollte.“ Trowa setzte sich auf und sah ihn an. Er presste wieder die Lippen aufeinander, ein letzter Versuch, die Tränen aufzuhalten. „Und ich will nicht, dass man dich foltert und einsperrt!“ „Quatre.. es ist vorbei.“ „Du hättest es mir sagen sollen.. Ich hätte an deiner Seite gekämpft.“ „Ich weiß. Aber du hast genug getan für die Menschen und den Frieden.“ „Und du etwa nicht?“ „Jetzt schon.. das war eine Sache, die ich noch zu Ende bringen musste.“ Quatre konnte spüren, wie wichtig diese Angelegenheit Trowa gewesen war und dass er noch immer etwas verheimlichte. Und er war sich sicher, dass Trowa wusste, dass er es wusste. Zittrig fuhr er sich durch die Haare, dann zog er Trowa jedoch in eine Umarmung. Am liebsten würde er Trowa noch eine ganze Menge an den Kopf werfen und er wollte die Wahrheit wissen, die ganze. Aber er wollte nicht mit ihm streiten, nicht jetzt. Trowa hatte eine schwere und schlimme Zeit hinter sich und das wichtigste war, erst einmal für ihn da zu sein. Die Wahrheit konnte warten. „Du bist sicher, dass du nicht zu einem Arzt musst?“ „Ja.. ich wurde schon untersucht. Es ist alles okay.“ „Kann ich irgendetwas für dich tun? Irgendetwas?“ Trowa löste sich von ihm, um ihn besser ansehen zu können, dann strich er über seine Wange. „Zum ersten.. weine deswegen nicht. Ich will nicht, dass du traurig bist. Zum zweiten geht es mir gut, wenn du glücklich bist.. also mach dir bitte keine Sorgen. Lass uns einfach die freien Tage genießen, in Ordnung? Ich will daran nicht mehr denken, ich möchte einfach nur bei dir sein.“ Dass Trowa verlangte, dass er sich keine Sorgen mehr machte, war wirklich viel und schwierig, doch er nickte. Er würde es zumindest versuchen. Und er würde versuchen, ihm so viele schöne Tage zu schenken, wie er nur konnte, damit diese die dunklen Erinnerungen vertreiben würden. „Ich liebe dich.. und ich hoffe, du bist bereit, jetzt meine ganze Liebe abzubekommen. Das wird auf jeden Fall kitschig und überladen und bedeutet vollen Körpereinsatz.“ Trowa grinste kurz, dann hatte dieser ihn schon gepackt und im nächsten Moment fand er sich unter Trowa wieder. Trowas Unterleib presste sich an seinen und ein erregender Schauer durchfuhr ihn. Das reichte schon, dass sein Körper wieder nach Trowas verlangte. Und er bereute es, dass er sich vorhin was übergezogen hatte, denn es war eindeutig zu viel Stoff zwischen ihnen. „Damit komme ich klar, glaub mir.“ Trowa küsste ihn, verlangend, und er wurde hart. Die Energie zwischen ihnen war anders als gestern Nacht. Gestern liebten sie sich langsam und leidenschaftlich, sie hatten alle Zeit der Welt und sie wollten jede Sekunde, jeden Zentimeter Haut auskosten. Jetzt war es das Gegenteil. Die Luft schien vor Lust zu vibrieren und jetzt konnte es ihm gar nicht schnell genug gehen, Trowa zu spüren. Sie lösten den Kuss, um ihn von den lästigen Klamotten zu befreien, dann pressten sich Trowas Lippen wieder auf seine. Trowa war genauso hart wie er, sodass es keinem weiteren Vorspiel bedarf. Er ließ ihn bereitwillig zwischen seine Beine und stöhnte genussvoll auf, als er ihn in sich spürte. Das mit dem vollen Körpereinsatz war eine großartige Idee. Nachdem sie geduscht hatten, konnten sie endlich frühstücken. Wenn sie Sex am Morgen hatten, hatte Quatre danach immer einen Mordshunger und jedes Mal aufs Neue war Trowa überrascht, wie viel er dann essen konnte. Heute war es nicht anders. Während er vergnügt eine Portion nach der anderen aß und zum Nachtisch noch etwas von dem, was gestern vom Weihnachtsmarkt übrig geblieben war, sah Trowa ihm mit großen Augen zu. Ohne ein Wort zu sagen, schob Trowa ihm dann auch noch sein Obst zu, welches er auch noch runterbekam, dann war er endlich satt. Er ließ sich auf den Rücken fallen und streckte sich einmal am Boden. „Das war gut und lecker. Das habe ich jetzt echt gebraucht.“ „Du hast mir immer noch nicht erklärt, wie du das machst. Normalerweise isst du die Hälfte von dem.“ „Tja.. körperliche Aktivitäten machen hungrig?“ Er grinste kurz und setzte sich wieder auf. „Gehen wir jetzt den Schneemann bauen? Ja?“ „Nur, wenn du diesen danach nicht auch essen willst.“ Quatre lachte auf und knuffte Trowa in die Seite. „Ich werde ihm nichts tun, versprochen.“ Quatre summte fröhlich vor sich hin, während der Schneemann langsam aber sicher Gestalt annahm. Sie beide hatten keine Handschuhe und seine Finger wurden langsam ganz schön kalt, aber noch störte es ihn nicht so sehr, dass er rein gehen wollte. Während Trowa gerade den „Kopf“ des Schneemanns draufpackte, suchte er nach kleinen Steinen und Stöcken. Er hatte auf Bildern gesehen, dass sie daraus Arme und ein Gesicht machten. Es dauerte eine Weile, bis er alles Nötige zusammen hatte und damit zu Trowa zurückkehrte. Ihr Schneemann war prächtig und als er sah, dass er Trowa bis zur Schulter ging, musste er breit lächeln. „Er ist jetzt schon großartig!“ Er drückte Trowa die beiden Stöcke in die Hand und überließ ihm somit die Arme, während er aus Steinen und einem kleineren Stock ein Gesicht zauberte. Als sie damit fertig waren und sie ihn bestaunten, klatschte er einmal begeistert in die Hände. „Ich glaube nicht, dass ich es noch einmal hinbekommen werde, die Wetterstation zu überreden, es schneien zu lassen. Lass uns nächstes Jahr zu Weihnachten auf die Erde, ja? An einen Ort, wo Schnee liegt.“ Trowa umarmte ihn von hinten. „Das können wir gerne machen. Ich bin immer noch überrascht, dass du es überhaupt geschafft hast. Wie viele Gefälligkeiten musstest du dafür einlösen?“ „Ein paar.. und gegebenenfalls musste ich mich zu gewissen Dingen verpflichten, damit das Ganze funktioniert.“ Quatre spürte, wie Trowa sich etwas versteifte. „Was für Dinge, Quatre?“ „Ach, das ist doch nicht mehr wichtig.“ Plötzlich wurde er von Trowa rumgerissen und der entspannte Ausdruck auf seinem Gesicht war verschwunden. Quatre war überrascht, dass er ernsthafte Sorgen in Trowa spürte. Er blinzelte kurz etwas. „Keine Sorge, ich musste nicht meinen Körper dafür verkaufen.“ „Quatre, ich finde das nicht witzig. Leute neigen dazu, Gefallen auszunutzen und in deiner Position-“ Quatre legte ihm einen Finger auf die Lippen, damit er schwieg. „Es ist nichts Schlimmes, wirklich Trowa. Ich musste ihnen versprechen, nicht noch einmal auf so eine Idee zu kommen, ihnen allen einen extra Tag Urlaub verschaffen für das nächste Jahr, sowie eine kleine Sonderzahlung für die extra Arbeit und ich soll zu ihrem Wetterstations-Fest kommen, welches kurz nach Neujahr stattfindet.“ Trowas Schultern entspannten sich etwas, aber er sah noch immer unzufrieden wegen der Sache aus. Er lächelte etwas und strich Trowa einmal über die Wange. „Du und dein starker Beschützerinstinkt. Es ist alles in Ordnung. Sie haben nichts verlangt, was unangenehm für mich wäre oder mich in Schwierigkeiten gebracht hätte. Es sind gute Leute.“ „Und das war wirklich alles?“ „Ja Trowa, das war alles. Der Rest war einfach nur meine Überredungskunst. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Genieß einfach den Schnee, ja? Sonst war die ganze Arbeit dafür umsonst. Es ist immerhin dein Geschenk.“ „Okay, okay. Tut mir leid.“ „Nicht doch.. ich find’s ja eigentlich ganz süß, wie sehr du immer auf mich aufpassen willst.“ Er konnte ihm ansehen, wie er den Impuls unterdrückte, nicht etwas wegen dem Wort süß zu sagen und musste deswegen lachen. Trowa mochte es nicht, wenn er das Wort süß mit ihm in Verbindung brachte, aber Trowa tat nun mal unglaublich viele Sachen, die er sehr süß von ihm fand. Da konnte er doch nichts für. Sein Lachen erstarb, als er plötzlich Schnee im Gesicht hatte. Er schüttelte diesen schnell ab, bevor er ihm in seinen Kragen rutschte. Trowa grinste ihn an und hatte schon den zweiten Schneeball in seiner Hand. „Das mein Lieber.. bedeutet Rache.“ sagte er und schon stürzte er sich auf ihn. Trowa konnte nicht sagen, wie lange ihre Schneeballschlacht ging, aber kurz war sie auf jeden Fall nicht. Das Beste an der Sache war, wie viel Spaß Quatre dabei hatte. Dieser war mit ganzem Körpereinsatz dabei und nicht nur einmal landeten sie im Schnee, wo sie sich ein wenig rauften. Meistens ließ er Quatre diese kleinen Duelle gewinnen. Dann grinste er nämlich so glücklich und am Ende bekam er einen kleinen Kuss, ehe Quatre von ihm runterging und sich erneut daran machte, Schneebälle zu machen. Es war einfach wundervoll und mittlerweile war er froh, dass Quatres Charme und diese Zusatzleistungen den Schneefall ermöglicht hatten. Er wusste, dass er vorhin wahrscheinlich etwas überreagiert hatte. Aber bei Quatre konnte er einfach nicht anders. Er war einfach zu gutgläubig und nett und ließ sich viel zu schnell zu Sachen überreden, die er eigentlich nicht wollte aber doch tat, weil es anderen eine Freude bereitete. Außerdem war Quatre unglaublich schön und attraktiv. Trowa wollte gar nicht wissen, wie viele seinem Charme und seinem Lächeln schon verfallen waren und noch weniger wollte er wissen, wer bereit war, es schamlos auszunutzen, dass Quatre etwas wollte. Immerhin wäre das die Gelegenheit dafür gewesen und im Gegensatz zu Quatre traute er den Leuten eine ganze Menge zu. Er würde Quatre sicherlich nicht alleine auf diese Feier gehen lassen. Das erlaubte schon allein seine Pflicht als offizieller Sicherheitsbeauftragter von Herrn Quatre Raberba Winner nicht. Das würden die Leute von der Wetterstation sicher verstehen. Er gab auch zu, dass seine Meinung über Quatre vielleicht etwas voreingenommen bezüglich seiner Gefühle war. Sicherlich war nicht jeder so verzaubert von Quatre wie er, aber er hatte auch gesehen, wie Quatre die Stimmung der Menschen positiv verändert hatte, wenn er in den Raum kam und sie anlächelte. Selbst wenn nicht jeder auf sexuelle Art von Quatre angezogen wurde, so doch auf jeden Fall von seinem schönem Wesen. Bei jedem, bei dem es nicht so war, musste das Herz einfach schon aus Stein sein. Erneut landete er mit Quatre im Schnee, der dabei lachte und Schnee auf ihn runterrieseln ließ. Quatres sowie seine Sachen waren schon längst nass und langsam wurde es echt kalt. Wenn er schon fror, musste es bei Quatre eigentlich noch schlimmer sein, aber gerade war er wie ein Kind, das vor Freude nichts merkte. Trowa schüttelte den Schnee ab und ergriff dann Quatres Hände. Quatre lächelte auf ihn herab und beugte sich dann runter, um ihn zu küssen. Selbst Quatres Lippen waren kalt, sowie seine Nasenspitze. Er löste den Kuss und schaute ihn an. „Zeit reinzugehen, Winterprinz.“ „Was? Schon?“ „Quatre, deine Hände sind kälter als der Schnee, du zitterst und ich befürchte, dass deine Lippen gleich blau anlaufen vor Kälte. Also ja, schon.“ „Stimmt doch gar nicht, mir ist nur ein bisschen kalt.“ Er rollte etwas mit den Augen. „Na los, geh runter von mir.“ Quatre erhob sich von ihm und reichte ihm trotz seines Schmollens die Hand. Er stand mit seiner Hilfe auf, dann packte er Quatre und hob ihn einfach hoch. „Wuah Trowa!“ rief er erschrocken aus, dann lachte Quatre, als er sich einmal mit ihm drehte und schlang die Arme um seinen Hals. Er brachte Quatre rein und ließ ihn auch erst drinnen wieder runter. So langsam schien das Gefühl der Kälte bei Quatre richtig angekommen zu sein, denn nun bibberte er ganz schön. „Vielleicht doch ein wenig kälter als gedacht?“ „Vielleicht..“ Trowa konnte nur leicht den Kopf schütteln und Quatre grinste kurz, dann schälten sie sich aus den nassen Sachen. Quatre war wirklich vom Kopfansatz bis zu den Zehen eiskalt. Auch wenn er ihn Winterprinz nannte, blieb er wohl durch und durch ein Sommerkind. „Na hoffentlich wirst du nicht krank.“ sagte er, während er Quatre fest in seine Arme schloss, um ihn zu wärmen. Sie lagen wieder vor dem Kamin, zugedeckt und er hoffte, dass das Feuer sowie seine Körperwärme Quatre schnell wieder aufwärmen würden. „Das glaube ich nicht und selbst wenn, dann hat es sich gelohnt.“ „Du bist wirklich unverbesserlich.“ „Was denn? Solange der Schnee da ist, muss man das doch auskosten. Außerdem hat es so Spaß gemacht. Und das hier.. finde ich jetzt auch nicht so schlecht.“ „Du könntest auch hochgehen und heiß duschen, während ich Tee koche.“ „Hmm.. Tee ist zwar verlockend, aber nein. Ich bleibe lieber hier bei dir.“ „Wie du wünschst.“ Trowa küsste seine Lippen warm und streichelte seinen Körper, bis dieser nicht mehr kalt war. Das Ganze war so liebevoll und sanft und erinnerte ihn ein wenig daran, als sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten. Trowa hatte seinen ganzen Körper erkundet, mit den Händen und seinen Lippen und war genauso zärtlich gewesen wie jetzt. Doch jetzt lief es nicht auf Sex hinaus, sie genossen einfach nur die Nähe des anderen. Wenn er es sich so recht überlegte, könnte er auch den ganzen Tag hier mit ihm liegen. „Erinnere mich später noch einmal daran, dass wir die Geschenke für die anderen noch einpacken müssen..“ murmelte er und küsste einmal Trowas Schlüsselbein. „Es tut mir leid, dass ich kein Geschenk für dich hatte.“ Quatre setzte sich ein Stück auf, um Trowa besser ansehen zu können. „Was redest du denn da? Du hattest doch ein Geschenk für mich.“ Trowa hob seine linke Augenbraue. „Hatte ich?“ „Ja. Dich.“ Quatre lächelte und küsste Trowa einmal. „Ich habe mir nur gewünscht, dass du zurückkommst. Und diesen Wunsch hast du mir erfüllt. Außerdem brauche ich doch auch gar nichts anderes. Also mach dir darum keine Gedanken. Das hier ist das schönste Weihnachten, welches ich bis jetzt hatte. Wirklich.“ Trowa zog ihn wieder mehr in seine Arme und strich ihm einmal durchs Haar. „Na schön. Wie du meinst.“ „Meine ich. Aber du hattest vorhin etwas von Tee gesagt.. darauf würde ich gerne zurückkommen. Und-“ „Und die Kekse. Ich weiß. Jetzt, wo du kein Eisklotz mehr bist, können wir damit anfangen.“ Sie zogen sich an und begannen mit den Keksen, die meiste Arbeit durfte jedoch er machen, weil er um einiges geschickter war in der Küche als Quatre. Doch Quatre, der seit Jahren nicht mehr gebacken hatte, war wie immer wissbegierig und gab sich Mühe. Die Küche war schon immer sein Reich gewesen. Zum einen, weil Kochen ihm sogar ein wenig Spaß machte, zum anderen, weil Quatre wirklich nur das Mindeste beherrschte. Er würde nicht verhungern, aber er würde auch jeden zweiten Tag dasselbe essen. Mittlerweile konnte er mehr Rezepte kochen, er half ihm oft in der Küche, hörte und schaute zu, und manchmal überraschte er ihm mit einem Gericht. Aber die meiste Zeit hatte er die Entscheidungsmacht in der Küche. In allem anderen war er Quatre auch hoffnungslos unterlegen. Nicht, weil er nicht konnte, sondern einfach, weil er bei Quatre immer schwach wurde. Wenn er etwas wollte und ihn mit seinen großen Augen ansah, hatte er schon verloren. Dann konnte er in den meisten Fällen einfach nicht nein sagen. So passierte es schon mal, dass er mit Quatre auf Veranstaltungen ging, auf die er eigentlich keine Lust hatte oder andere Sachen tat, die ihm nicht so lagen. Wenn Quatre dann aber glücklich lächelte, war es das schon wieder wert gewesen. Quatre summte die ganze Zeit fröhlich vor sich hin. Er beobachtete ihn ein wenig, weil er einfach so glücklich war. Er strahlte so, wie die Sonne, sein Wüstenprinz. Trowa hoffte, dass Quatre so glücklich bleiben würde und nicht wieder in diese Traurigkeit und der gestellten Freude zurückfiel. Es war ein langer Weg bis hierhin gewesen, viele Gespräche, viele Tränen, viele Gefühlsausbrüche. Und das alles wäre wahrscheinlich nie passiert, wenn er nicht an diesem einen Tag zu Quatre gegangen wäre. Sie hatten sich damals schon eine ganze Weile nicht gesehen, aber in dieser Woche gastierten sie mit dem Zirkus in der Stadt, in der Quatre gerade eine große Baustelle führte. Nach dem Krieg hatte Quatre es sich zur Aufgabe gemacht, die Menschen so gut er konnte zu unterstützen. Er half an den Orten, an denen am meisten durch den Krieg zerstört wurde, die Häuser wieder aufzubauen. Mittlerweile war es die vierte Stadt, in der die Winner Corp. beim Aufbau half. Trowa hatte dieses Projekt ein wenig verfolgt, weil es Quatre so am Herzen lag und er war wirklich erstaunt, wie schnell die Aufbauarbeiten vorangingen. Schon da hatte er sich ein wenig Sorgen gemacht, das alles zu organisieren und nebenbei noch eine große Firma zu leiten, war verdammt viel Arbeit, aber Quatre meldete sich regelmäßig und er sagte immer wieder, dass es ihm gut ging. Dass er froh war, dass er helfen konnte und die Menschen würden so dringend auf die Wohnungen warten, eine bessere Motivation gab es nicht. Er hatte ihm geglaubt. Wieso auch nicht? Er hatte immer gedacht, dass Quatre ehrlich zu ihm war und er hatte sich gefreut, dass Quatre nach dem Krieg etwas gefunden hatte, was ihn zu erfüllen schien. An einem Abend besuchte Quatre ihre Vorstellung. Er hatte ihm vorher nicht Bescheid gegeben, dass er kommen würde, aber es hatte nur wenige Minuten gedauert, bis er ihn in der Menge ausgemacht hatte. Irgendwie hatte das schon immer bei ihnen geklappt. Sie fanden sich immer. Quatre hatte kurz gelächelt, als sich ihre Blicke trafen. Nach der Vorstellung war Quatre zu ihm gekommen. Er hatte müde ausgehen und ihm war sofort aufgefallen, dass seine Hände geschunden aussahen und er abgenommen hatte. Doch Quatre hatte wie immer gelächelt und gesagt, darauf beharrt, dass alles okay wäre. Er war skeptisch gewesen, hatte es aber erst einmal darauf beruhen lassen. Sie unterhielten sich lange und es war schön, Quatre nach all der Zeit endlich mal wiedersehen zu können. Später am Abend fuhr er Quatre zurück, weil dieser so müde aussah, dass er ihm nicht mehr zutraute, Auto zu fahren. Sie fuhren keine fünf Minuten, da war er auch schon eingeschlafen. Als sie da waren, weckte er ihn und Quatre hatte sich mehrere Male dafür entschuldigt, dass er einfach eingeschlafen war. Er hatte schon fast vergessen, dass Quatre dazu neigte, sich zu oft zu entschuldigen. Er fragte ihn, ob sie sich morgen sehen würden. Das war ein Sonntag gewesen und sie hatten nur eine Mittagsvorstellung und danach frei. Wieder entschuldigte sich Quatre, er würde gerne, aber er könne nicht, denn er arbeitete morgen. Zum Abschied umarmte Quatre ihn und entschuldigte sich wieder. Dass er so wenig Zeit für ihn hätte und dass er es wieder gut machen würde und er wäre so froh, dass sie sich wenigstens heute hatten sehen können. Bevor er etwas dazu sagen konnte, war Quatre auch schon nach drinnen verschwunden. Am nächsten Morgen fuhr er zufällig mit Cathy an der Baustelle vorbei. Er konnte Quatre sehen, wie er alleine einen LKW auslud. Er sah zurück, doch er konnte tatsächlich niemand anderen auf der Baustelle arbeiten sehen. Er wollte umdrehen, aber Cathy erinnerte ihn daran, dass gleich ihre Vorstellung beginnen würde. Als er nach ihrer Vorstellung zurückkehrte, war der LKW verschwunden, die Kisten mit Baumaterial standen für morgen bereit. Geschickt war er über den Zaun gesprungen, denn er hatte durch das Fenster des Containers noch Licht brennen sehen. Als er den Container erreichte, schaute er durch das Fenster. Er konnte Quatre an einem Schreibtisch sitzen sehen, umgeben von Ordnern und Papieren, das Gesicht in den Händen verborgen – die mehrere Pflaster aufwiesen- und die Schultern am Beben. Er weinte. Er wusste noch, wie er einen Moment gebraucht hatte, um dieses Bild zu verarbeiten. Gestern erst hatte er noch gelacht und jetzt war er am Boden zerstört wie es schien. Gestern hatte er kein Wort darüber verloren, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Dann war Trowa hineingegangen. Bei dem Geräusch der Tür hatte Quatre erschrocken aufgesehen. Als er nun in sein Gesicht sehen konnte, die Wangen nass, die Augen groß und voller Tränen, spürte er etwas ungewöhnliches in seiner Brust und es dauerte wieder einen Moment, bis er begriff, dass dieser Anblick seinem Herz, seinem so ruhigen und gleichgültigem Herzen, einen Stich versetzt hatte. Quatre hatte sich in dieser Zeit mittlerweile von dem Schock erholt und wischte sich nun schnell über die Augen, so, als könnte er jetzt noch irgendetwas vor ihm verbergen und murmelte mal wieder irgendwelche Entschuldigungen. Er hatte nur „Nicht“ gesagt. Quatre hielt in seiner Bewegung inne und er sagte es erneut, ehe er die Hand nach ihm ausgestreckt hatte. Er wollte nicht, dass Quatre seine Tränen verbarg. So einen ehrlichen Gesichtsausdruck hatte er lange nicht mehr bei ihm gesehen. Auch das war etwas, was ihm gerade erst so wirklich aufgefallen war. Und außerdem hatte sein Herz seit langer Zeit wieder reagiert, irgendetwas wie ein Gefühl hervorgebracht und er wollte genauer wissen, was es war und was es damit auf sich hatte. Quatre zögerte, doch er hielt ihm weiter seine Hand hin, sagte nichts. Seine Augen füllten sich wieder mit Tränen, als er aufstand, um den Schreibtisch herum kam und seine Hand nahm. Einen Augenblick lang sahen sie sich nur an, dann zog er ihn sanft zu sich. Quatre schluchzte auf und weinte jetzt noch mehr als zuvor und er hielt ihn ganz fest. Es dauerte lange, bis Quatre sich wieder beruhigt hatte und noch länger, bis er etwas Vernünftiges aus ihm herausbekommen hatte. Es wäre nichts, er war nur müde. Manchmal hätte er das, nichts, worüber man sich Gedanken machen müsste, er wäre okay. Trowa konnte sehen, wie Quatre die kaputten Teile seiner Mauer wieder zusammenfügte, um sich dort hinter wieder zu verstecken. Jemand, der wie er solange eine Maske getragen hatte, wusste wie das war. Ihm war es bei Quatre zuvor nie aufgefallen, denn Quatre war dennoch immer so voller Gefühl gewesen, es wirkte nie, als wollte er sich irgendwo verstecken. Aber nun hatte er ihn sehen können und jetzt würde Quatre ihm nichts mehr vormachen können. Und er würde es auch nicht so weit kommen lassen, dass Quatre sich wieder versteckte. Er wollte wissen, was los war. Er wollte die Wahrheit. Deswegen hatte er Quatre am Kragen gepackt und ihn gegen die Wand gedrückt. Quatre versuchte nicht einmal, sich dagegen zu wehren. „Es reicht. Genug mit den Lügen, Quatre. Es reicht.“ Quatre sackte erschöpft zu Boden, doch er begann zu reden. Er vermisste ihn und die anderen Piloten. Er hatte Albträume, die ihn regelmäßig heimsuchten; von all dem Leid, welches der Krieg verursacht hatte. Seitdem sie hier in dieser Stadt waren, ging alles nur schief. Ware kam nicht an oder viel zu spät, Sachen gingen kaputt, Leute verletzten sich. Er konnte keine weiteren Arbeiter mehr auftreiben und nicht verlangen, dass die anderen noch mehr arbeiteten. Mittlerweile half er beim Bau mit und erledigte den Papierkram spät abends bis in die Nacht hinein. Mit Glück, sowie heute, konnte er einige Lieferungen auf den Sonntag planen, die er dann auslud, damit sie Montag weitermachen konnten. Und er versuchte, am Sonntag noch irgendwie die Belange der Winner Corp. zu regeln, aber auch das war nicht so einfach, denn ein Teil akzeptierte ihn dort nicht. Er wäre zu jung und zu unerfahren, um in einer Führungsposition zu sein. Die ständigen Kämpfe, die er dort führen musste, um sich irgendwie Anerkennung zu verschaffen, er war es so leid, doch er brauchte diese Vertragspartner. Diese Stadt schien ihn zu hassen, einmal wurde bei ihm eingebrochen, einmal waren die Bremsen seines Autos kaputt gegangen. Er hatte Glück im Unglück gehabt, er war mit einer Schramme davon gekommen. Er fühlte sich wie ein Versager, weil ständig etwas Neues passierte und er es nicht in den Griff bekam. Er wusste nicht, was er noch tun sollte. Und eigentlich hätte er gestern nicht zu der Vorstellung gehen sollen, er war im Verzug, er wusste nicht, wie er das jetzt noch aufholen sollte. Eigentlich hatte er auch keine Zeit für dieses Rumgeheule. Er fragte sich, ob er schon immer so schwach gewesen war. Trowa hatte sich neben ihn gesetzt und schweigsam zugehört. Es war eine ganze Menge, die Quatre ihm erzählt hatte und dennoch hatte er das Gefühl, dass es noch immer nicht alles gewesen war. Aber Quatre schwieg nun. Er sah auf dessen geschundene Hände, bemerkte auch den Verband am Handgelenk, der unter dem Ärmel hervorlugte. Er fragte ihn, wieso er ihn oder die anderen nicht um Hilfe gefragt hatte. Quatre fragte ihn, wie er das hätte tun sollen. Sie lebten alle ihr eigenes Leben und schienen glücklich zu sein. Er wollte sie nicht mit seinem Mist belasten und ihnen ihre Zeit stehlen. Er sagte, dass die anderen sicher die Zeit gefunden hätten zu helfen und es sicher auch gerne getan hätten. Quatre sagte, er wisse es nicht, denn er hatte vor einigen Wochen aufgehört, ihnen Nachrichten zu schreiben und seitdem auch nichts mehr von ihnen gehört. Er wäre der Einzige, bei dem er sich noch melden würde. Er sagte, dass er helfen würde. Quatre sah ihn daraufhin das erste Mal wieder an. Seine Augen waren müde und irgendwie leer. Wieder spürte er etwas in seiner Brust. Quatre wollte nicht, dass er half, er aber beharrte darauf. Er würde helfen, bis sie fertig waren. Kopfschüttelnd stand Quatre auf, das würde nicht gehen. Er hatte seinen Zirkus, dort seine Familie gefunden, sie brauchten ihn dort. Er ergriff Quatre an den Schultern, war auf einmal erstaunt, wie schmal sie waren, war das schon immer so gewesen? Er erklärte, dass dies ihre letzte Vorstellung gewesen war für ein paar Wochen. Sie machten eine Pause, dann würden sie an einem neuen Programm arbeiten, bevor es wieder losging. Und er brauchte ihn gerade mehr als der Zirkus. Quatre schien noch immer nicht überzeugt, doch er beharrte darauf und weil Quatre zu müde war, nun auch mit ihm zu streiten, willigte er widerwillig ein. Am frühen Abend kam noch eine Lieferung. Er bedeutete Quatre, sich weiter mit dem Papierkram zu beschäftigen, er würde das mit dem Ausladen übernehmen. Zuerst wollte Quatre nicht, doch er ließ keine Widerworte zu. Quatre war schneller darin als er und er war schneller beim Ausladen als Quatre. Und sie waren fast fertig mit den ganzen Rechnungen und Verträgen. Während er auslud, konnte Quatre sie zu Ende machen und dann wären sie auch wieder im Zeitplan. Erneut widerwillig, stimmte Quatre zu und er machte sich an die Arbeit. So müde, wie Quatre momentan war, bezweifelte er, dass er überhaupt auf den Laster gekommen wäre, ganz zu schweigen wusste er nicht, wie sehr die Verletzung am Handgelenk Quatre behinderte. Wie sie zustande gekommen war, darüber hatten sie nicht geredet. Alleine dauerte es etwas, bis er mit dem Verladen fertig war und als er wieder zurückkam, war Quatre auf dem Schreibtisch eingeschlafen. Doch wie es schien, war Quatre mit allem fertig geworden. Als Quatre auf seinen Namen und die Berührung an seiner Schulter nicht reagierte, beschloss er, ihn schlafen zu lassen. Er hob ihn hoch und brachte ihn zum Wagen, schnallte ihn an und kontrollierte dann das Auto, bevor er losfuhr. Er selber konnte schwer glauben, dass Quatre einfach nur vom Pech verfolgt wurde, er hatte ein schlechtes Gefühl bei dieser Sache. Er würde die Tage, die er hier war, die Augen und Ohren offen halten, das war sicher. Der Wagen war jedoch okay und so fuhr er zu Quatres Apartment. Seine Mitarbeiter hatte Quatre in ein Hotel untergebracht, er selber hatte sich eines der Apartments, die in der nächsten Straße lagen, genommen. Wieso er nicht ebenfalls ein Zimmer hatte haben wollen, hatte Quatre ihm nicht gesagt. Er fischte den Schlüssel aus Quatres Hosentasche und schloss auf, dann ging er kurz rein und checkte die Räume, aber es schien niemand hier gewesen zu sein. Erst dann brachte er Quatre rein, der noch immer tief und fest schlief und nichts von alledem mitbekam. Er legte ihn aufs Bett und zog ihn bis auf die Boxershorts aus, die Sachen waren von der Baustelle zu dreckig, um darin zu schlafen. Trowa zählte dabei sieben Hämatome an seinem Körper, sowie drei Schürfwunden, die alle unter seiner Kleidung verborgen gewesen waren. Langsam war er wirklich beunruhigt und er würde mit Quatre unbedingt darüber reden müssen. Doch nun sollte er erst einmal schlafen. Er stellte den Wecker aus, der auf 4:30 Uhr gestellt war, dann verließ er noch einmal das Apartment, um ein paar seiner Sachen zu holen. Er würde sich bei Quatre einquartieren bis er wusste, was genau vor sich ging und ob Quatre, wie in seiner Vermutung, wirklich in Gefahr war. Am nächsten Morgen hatte er Quatre schlafen lassen und war stattdessen zur Baustelle gefahren. Er hatte Quatres Arbeiten soweit übernommen und sich nebenbei umgehört. Die Männer schätzten Quatres Einsatz, sie hatten ihm nicht zugetraut, dass er mit anpacken konnte und erzählten ihm deswegen bereitwillig, was hier alles bis jetzt passiert war. So viel Pech wie hier hatten sie in den anderen Städten nicht gehabt, es wäre wie verhext. Sie erzählten ihm alles und sein Verdacht verhärtete sich, dass es nicht nur irgendwelche Unfälle und Zufälle waren. Es war schon elf und er hatte noch keinen Anruf von Quatre bekommen, noch war dieser bis jetzt aufgetaucht. Er begann sich zu sorgen und kehrte zum Apartment zurück. Keine Einbruchsspuren. Als er reinkam, war Quatre noch immer am Schlafen. Trowa hatte sich gefragt, wann Quatre das letzte Mal genug geschlafen hatte. Kurz hatte er ihm eine Hand auf die Stirn gelegt, doch er hatte kein Fieber. Da sie gut vorangekommen waren, hatte Trowa beschlossen, zu bleiben und mit Quatre zu frühstücken. Bald würde dieser sicher wach werden. Nun, das mit dem Frühstück stellte sich als schwieriger heraus als gedacht, denn Quatre besaß nur Kaffee. Alle Schränke, auch der Kühlschrank, waren leer. Wie es schien, kam Quatre nur zum Schlafen her. Er schüttelte den Kopf und ging einkaufen und gerade als er mit dem Frühstück fertig war, hörte er Quatre aus dem Schlafzimmer fluchen. Kurz darauf kam dieser, halb angezogen, aus dem Schlafzimmer gestürmt, um dann innezuhalten, als er ihn sah. Trowa konnte ihm ansehen, wie es in seinem Kopf arbeitete, wie er ihn hier unterzubringen hatte, wieso er überhaupt hier war. „Trowa.. was? Wieso bist du hier? Ach vergiss es, dafür hab ich jetzt keine Zeit.“ Quatre wollte weiter ins Badezimmer, doch Trowa versperrte ihm den Weg. „Du hast Zeit.“ Wieder ratterte es in Quatres Kopf und dann hatte sich bei ihm das ganze Bild zusammengesetzt. Der Wutausbruch, der darauf folgte, war größer als er gedacht hatte und er staunte tatsächlich nicht schlecht, was für Schimpfwörter Quatre kannte und wie laut dieser werden konnte. So hatte er ihn bis jetzt nicht erlebt, das war eine völlig neue Seite an ihm. Wie er es wagen könnte, einfach seinen Wecker auszustellen, er hatte Verpflichtungen, die anderen zählten auf ihn, die Menschen warteten schon so lange auf diese Wohnungen und er wisse, dass er es nicht böse gemeint hatte, aber er wäre damit zu weit gegangen, er würde das nicht verstehen. Er ließ Quatre wüten und schreien. Irgendwie fand er es faszinierend, ihn so unkontrolliert zu sehen, das war genauso ehrlich wie die Tränen gestern. Als Quatre damit fertig war und ihn zur Seite schieben wollte, ergriff er ihn am Handgelenk. Nicht zu fest, aber bestimmend. Dann erklärte er ihm ruhig, dass er seine Schicht übernommen hatte, dass sie sehr gut in der Zeit lagen und das Soll für heute auf jeden Fall erreichen würden. Das schien Quatre aus irgendeinem Grund nicht zu beruhigen, er wurde wieder laut, riss sich los. Das hätte er so nicht gewollt, er müsse das nicht tun. Er fragte, wieso er noch so wütend war. Quatre sagte, er wisse es nicht. Er fragte, wieso er nicht einfach seine Hilfe annehmen konnte, dafür war er immerhin geblieben. Quatre wusste dies ebenfalls nicht. Doch die beiden Fragen hatten die Luft aus seinen Segeln genommen und nun wirkte Quatre so wie gestern, schutzwürdig. Er führte ihn zu dem kleinen Tisch in die Küche und drückte ihn auf den Stuhl runter. Es gab keine Gegenwehr von Quatre und auch keine Widerworte, er entschuldigte sich nur. Er erklärte ihm, dass sie reden müssten, da er wissen wollte, wie es zu den ganzen Verletzungen gekommen war. Kurz blickte Quatre überrascht an sich runter, dann erzählte er. Unfälle auf der Baustelle und der Autounfall. Aber es würde schon wieder gehen. Er wollte sein Handgelenk sehen, er reichte es ihm. Ob er bei einem Arzt gewesen wäre. Nein. Vorsichtig hatte er das Handgelenk bewegt, es tat nur bei größerem Druck weh. Ihm fiel dabei auf, dass Quatres Hände kaum merklich zitterten. Er fragte was los sei. Es täte ihm leid, dass alles hier. Vor allem sein Wutausbruch. Es würde nie wieder vorkommen. Seine linke Augenbraue hatte sich überrascht gehoben. Warum er sich damit quälte, ihn hatte es nicht gestört. Er brauchte sich dafür nicht zu entschuldigen. Quatre schwieg daraufhin. Er bedeutete ihm zu essen. Danach hatte Trowa seine Nachforschungen ausgeweitet. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Nach einer Woche war erneut einer dieser „Unfälle“ passiert, bei dem Quatre wahrscheinlich auch ums Leben gekommen wäre, wäre er nicht dagewesen. Das war der Zeitpunkt gewesen, wo er Heero kontaktiert hatte, hier hatte er nicht die Möglichkeit, tiefer nach Informationen zu graben. Heero hatte etwas herausgefunden und vermittelte ihn an einen Sicherheitsdienst, der im Hintergrund Gruppierungen beobachtete und sich im Notfall um sie kümmerte, falls sie gefährlich werden sollten. Er trat dem Sicherheitsdienst bei und wurde so zum geheimen Leibwächter von Quatre Raberba Winner ernannt. Seitdem war er nicht mehr von seiner Seite gewichen. Das war jetzt Monate her. In der Zeit hatte er Quatre ganz neu kennengelernt, hatte sich verliebt und hatte ihn beschützt. Jetzt war endlich alles vorbei. Als der Teig ruhen musste, schickte er Quatre hoch, um die Geschenke einzupacken, er würde in der Zwischenzeit eine Kleinigkeit zu essen vorbereiten. Kurz fiel sein Blick aus dem Fenster, es schneite nicht mehr, aber der Schnee war noch immer da. Es war wirklich ein schönes Geschenk von Quatre gewesen und er hätte auch gerne etwas gehabt, um ihm so eine Freude zu bereiten. Natürlich verstand er Quatres Punkt, eigentlich sah er es genauso, dass die Zeit, die sie zusammen verbringen konnten, das größte Geschenk war. Aber Quatre hatte so viel in diesen Schneefall gesteckt und das alles nur für ihn. Nun, für heute würde er so oder so nichts mehr rausreißen können, aber vielleicht konnte er ihm nachträglich ein Geschenk machen, vielleicht würde Duo etwas Besonderes einfallen, für verrückte Ideen war er der richtige Ansprechpartner. Trowa musste beim Essen kochen mal wieder richtig kreativ werden. Zum Frühstücken fand sich einiges im Kühlschrank, für ein spätes Mittagessen sah das jedoch anders aus. Das war so typisch Quatre, er hatte das Kochen in seiner Abwesenheit mal wieder schleifen lassen und er wollte nicht wissen, wie oft er bestellt oder außerhalb gegessen hatte. Im Tiefkühlfach wurde er fündig, immerhin hatte er daran gedacht, dieses zu füllen. Da alle Läden geschlossen waren, hätte es sonst schlecht für sie ausgehen. Er zauberte eine leichte Reispfanne mit Gemüse und war damit fertig, als Quatre wieder runterkam. „Ohh das riecht gut.“ Lächelnd tapste er in die Küche und gab ihm einen Kuss, ehe er sich an den Tisch setzte. „Gut, dass wir ab morgen bei Duo sind, ich hatte vergessen einzukaufen.“ „Ja, das habe ich gemerkt. Wenigstens hast du an Frühstück gedacht, sonst hättest du heute Morgen wahrscheinlich mich gegessen.“ „Das Frühstück vergesse ich nie. Es gibt nichts Besseres als Frühstück.“ „Ist das so?“ „Auf jeden Fall. Es gibt Kaffee und Tee zum Frühstück und hundert Sachen, die man essen kann. Man hat noch etwas Zeit, bevor der Tag richtig losgeht. Und das Wichtigste.. Frühstück ist die einzige Mahlzeit, die wir eigentlich immer schaffen, gemeinsam zu essen. Ich mag es, auch noch etwas von dir zu haben, bevor jeder von uns zur Arbeit muss.“ So hatte Trowa es noch nicht gesehen, aber es wunderte ihn nicht, dass Quatre so über das Frühstück dachte. Er war so ein naiver, romantischer Träumer. Er kannte niemanden, der sich solche Gedanken darüber machen würde. Für Heero und Wufei war es nur eine Nahrungsaufnahme, mehr oder weniger notwendig, Duo liebte Frühstück sicherlich auch, aber nur, weil er jegliches Essen liebte. Er musste wirklich über Quatres Worte schmunzeln. „Hast du nicht genug von mir? Wir wohnen zusammen, wir sehen uns grundsätzlich jeden Tag.“ Trowa nahm einen Schluck von dem Wein, den er zu ihrem Essen auf den Tisch gestellt hatte. „Gott.. ich würde dich so vermissen, wenn es nicht so wäre. Aber die Antwort ist Nein. Und außerdem machst du die besten Eier und den besten Kaffee. Ach übrigens musste ich eine Pfanne wegwerfen.“ Quatre rutschte näher an ihn ran und strich seine Augenbraue nach, die er verwundert gehoben hatte. Dabei lächelte er. „Also eventuell war ich nicht ganz bei der Sache und eventuell ist das Essen auf dieser Pfanne angebrannt… eventuell hat die ganze Pfanne am Ende gebrannt.“ „Eventuell, ja?“ Quatre sah ihn entschuldigend an und nickte leicht. Er seufzte etwas und fuhr Quatre dann einmal durch die Haare. „Dir ist nichts passiert?“ „Nein, alles gut ausgegangen. Außer für die Pfanne.“ Nachdem Essen war der Teig soweit fertig, dass sie ihn ausrollen und Formen ausstechen konnten. Quatre hatte die seltsamsten Formen gekauft und einige hatten recht wenig mit Weihnachten zu tun. Bei dem Drachen hatte er an Wufei denken müssen, bei dem Hund an Heero, der Sportwagen war für Duo. „Ich dachte, wir könnten ihnen ein paar davon schenken. Das werden so viele Kekse, die können wir eh nicht alleine essen.“ „Wenn du das möchtest, klar.“ „Den hier habe ich übrigens für dich ausgesucht.“ „Ist das.. Superman?“ Quatre lachte etwas bei seinem Blick, nickte aber. „Ja, weil du mein Held bist.“ „Soso.. und was hast du für dich ausgesucht?“ „Für mich? Nichts. Daran habe ich nicht gedacht.“ „Habe ich dir nicht schon des Öfteren gesagt, dass du auch an dich selbst denken sollst?“ „Ach jetzt schau doch nicht so ernst. Es sind doch nur Kekse.“ „Mir geht es ums Prinzip, Quatre. Weil du es immer so machst. Immer die anderen und dich vergisst du dabei. Natürlich ist das hier nur eine Kleinigkeit, aber es sind eine Menge Kleinigkeiten, die irgendwann zu etwas Großem werden. Wir waren dort schon mal. Daran erinnerst du dich sicherlich noch.“ Quatre mochte den scharfen Ton von Trowa nicht, weil es klang, als würden sie gleich anfangen zu streiten. Streit war das letzte, was er wollte, Trowa sicherlich auch. Quatre wusste, dass er so nicht mit ihm sprach, um ihn zu verletzen, sondern weil er es gut meinte. Denn sie waren wirklich schon dort gewesen. Wie könnte er das vergessen? Er hatte schon immer ein Problem mit Selbstvertrauen gehabt und er hatte nie das Gefühl gehabt, jemals für irgendwen gut genug gewesen zu sein. Nicht bei seiner Familie, nicht bei seinen Freunden, nicht als Pilot, nicht bei der Arbeit. Das Einzige, was er immer hatte tun können, war alles zugeben. Egal wie schwierig es war, egal wie weh es tat. Wenn er alles von sich gab, notfalls sein Leben, würde es vielleicht irgendwie ansatzweise gut genug sein. Und dann war da noch die Sache mit der Empathie. Er konnte das schon immer, erfühlen, was in anderen vor sich ging. Quatre hatte schnell gelernt, und auch nicht auf die angenehmste Art, dass die meisten Menschen es nicht mochten, wenn er wusste, was sie gerade fühlten. Selbst in seiner Familie. Er hatte spüren können, dass es den meisten seiner Schwestern unangenehm war, in seiner Nähe zu sein. Auch sein Vater hatte gemischte Gefühle deswegen und so hatte er irgendwann einfach so getan, als würde er das nicht mehr können. Und er begann, alle möglichen Gefühle runterzuschlucken. Ob es nun seine eigene Wut war oder die jemandes anderen, die er in sich fühlen konnte. Er schluckte alles runter, weil die Gefühlsausbrüche, die daraus folgten, die Sache nur noch schlimmer machten. Auch, wenn er gar nichts dafür konnte und nur wiedergab, was sein Gegenüber gerade in Wirklichkeit fühlte. Es war falsch, diese Gefühle zu zeigen. Somit lächelte er. Er lächelte und lächelte und lächelte. Egal, was in ihm vor sich ging. Mit der Zeit lernte er, so etwas wie eine Mauer zu errichten, die ihn ein wenig von den Gefühlen der anderen abschirmen konnte und vor allem seine eigenen Gefühle in Schach hielt. Bloß nicht wütend werden, bloß nicht laut werden. Schluck es runter. Vergrabe es. Lass es nicht raus. Lächle. Nur in Momenten, wo er ganz alleine war, erlaubte er sich, seinen Gefühlen auch mal freien Lauf zu lassen. Dann weinte er, tobte, zerstörte manchmal Dinge in seiner aufgestauten Wut. Wichtig war nur, dass es niemand mitbekam. Denn wenn das passierte, würden sich wieder alle von ihm entfernen. Und das wollte er nicht. Als er doch einmal die Kontrolle über seine Gefühle verloren hatte, hätte er beinahe Trowa getötet. Das war, nachdem sein Vater gestorben war. Danach hatte er nie wieder die Kontrolle verlieren wollen. Egal wie sehr jemand ihn vielleicht auch verletzte, egal, wie sehr die Leute ihn belogen, sich bei ihm einschleimten, weil er reich war und ihn nach Strich und Faden zu hintergehen versuchten, er durfte nicht die Kontrolle verlieren. Trowa hatte seinen Plan zunichte gemacht. An diesem einen Tag, wo er sich sicher und alleine wähnte, hatte er geweint, weil alles so furchtbar lief und er am Ende seiner Kräfte war. Und genau da hatte Trowa auftauchen müssen. Seitdem hatte er ihm nichts mehr vormachen können. Trowa wusste es jedes Mal, wenn er es doch versuchte. Er hatte erst so wirklich nachgegeben, nachdem sie zusammengekommen waren. Irgendwann hatte er ihm alles erzählt und es hatte sich angefühlt, als würde er innerlich ausbluten. Er hatte so eine Angst gehabt, dass Trowa gehen würde, wenn er das alles erfuhr, und am liebsten hätte er ihm gar nichts davon erzählt. Doch Trowa hatte deutlich gemacht, dass er keine Beziehung mit ihm führen konnte, wenn er nicht ehrlich zu ihm war und so blieb ihm keine Wahl, als mit der Wahrheit rauszurücken. Seltsamerweise hatte es Trowa nicht verschreckt. Es war das Gegenteil gewesen. Manchmal war er sich nicht sicher, ob er das Ganze nicht doch träumte. Trowa zwang ihn dazu, zumindest in seiner Gegenwart, alles zu fühlen. Auch wenn das bedeutete, dass er schrie, dass er weinte und wie verrückt tobte. Es hatte bis jetzt keinen Tag gegeben, an dem Trowa das gestört hätte. Er wartete immer geduldig, bis das schlimmste vorbei war, um dann mit ihm darüber zu reden, ihn zu trösten oder sich mitaufzuregen. Einmal hätte er fast eine Schlägerei wegen ihm angefangen, weil einer seiner Klienten sich furchtbar verhalten hatte und ihm gegenüber sehr abschätzig gewesen war. Er hatte sich tierisch über diesen arroganten Mann aufgeregt und als Trowa hörte, was er alles gesagt hatte, wollte er ihm einen Besuch abstatten und ihm seine Meinung mit Fäusten kundtun. So hatte er Trowa das erste Mal erlebt. Er hatte gemerkt, dass das einer von Trowas Triggerpunkten war, wenn jemand ihn schlecht behandelte, auch, wenn er selber derjenige war. Trowa versuchte ihm seit Monaten einzutrichtern, dass er mehr als nur genug war, dass es keinen Grund gab, an sich zu zweifeln. Und niemand hätte das Recht, ihn schlecht zu behandeln. Du bist perfekt wie du bist, mit all deinen Ecken und Kanten. Das hatte er ihm gesagt. Und er solle endlich aufhören, immer nur an andere zu denken. Es war eine schöne Eigenschaft, aber angeblich nahm das bei ihm immer Überhand. Nun.. er arbeitete daran. Das tat er wirklich. Er hatte langsam aber sicher begonnen, sich selber zu mögen. Mittlerweile war er zufrieden, wenn er in den Spiegel sah und er ließ sich nicht mehr alles gefallen. Er war stärker und selbstsicherer geworden. Und die Tage, an denen er so sehr an sich zweifelte, waren viel seltener. Dennoch achtete Trowa akribisch darauf, dass er sich nicht zu viel an andere verschenkte. Quatre hatte gebraucht, bis er so langsam begriffen hatte, was es bedeutete, sich selbst zu lieben. Und vor allem, wie wichtig es war. Trowa hatte viele seiner Wunden geheilt, aber er hatte ihm auch klar gemacht, dass er sich selber lieben und akzeptieren musste. Er versuchte es seitdem. Jeden Tag. Er war gut genug, was auch immer andere sagen mochten. „Es.. es tut mir leid.“ murmelte er und zupfte an seinem Ärmel, dabei schaute er auf den Boden. Er hörte Trowa wieder seufzen, dann zog dieser ihn in seine Arme und drückte ihn fest an sich. „Ich wollte dich nicht traurig machen.“ „Ich weiß, es ist schon okay.“ Trowa küsste einmal seine Stirn, dann ließ er ihn los und besah sich die Ausstechformen. „Dann werde ich eben aus diesen hier einen für dich raussuchen. Da du jetzt auch ein Winterprinz bist, würden alle mit Weihnachtsmotiv zu dir passen, aber ich finde den hier besser. Weil du so ein großes Herz hast.. ich denke, die anderen werden mir da zustimmen.“ Trowa nahm die Herzform in die Hand und beinahe hätte er gesagt, dass er übertrieb. Er konnte es sich gerade noch verkneifen. Er nahm ihm die Ausstechform aus der Hand und legte sie zu den anderen vieren. Trowa fuhr sich durch die Haare. „Fangen wir an, okay?“ „Okay.“ Trowa rollte den Teig aus und er stach daraus die verschiedensten Formen aus. Aus irgendeinem Grund sollte er die ganzen Verzierungen übernehmen und Trowa gönnte sich in der Zwischenzeit einen Kaffee, während er dann doch ziemlich in seiner Aufgabe aufging. Immerhin wollten sie einen Teil davon verschenken, die mussten besonders gut aussehen. Er spürte Trowas Blick auf sich, doch das war er mittlerweile gewohnt. Trowa war schon immer ein Beobachter gewesen und das würde er wahrscheinlich auch immer bleiben. „So, ich bin fertig. Was sagst du?“ „Sie werden sie lieben.“ Quatre lächelte und setzte sich auf Trowas Schoß, wo er ihn einmal küsste. Trowa legte seine Arme um ihn und lächelte leicht in den Kuss. Quatre war sich sicher, dass Trowa sich genauso gut wie er an ihren ersten Kuss erinnern konnte. Trowa hatte ihn damals überrascht, als er ihm sagte, dass er den Zirkus verlassen wollte und einen Job in einer Sicherheitsfirma gefunden hatte. Das war kurz nach den Bauprojekten gewesen. Später stellte sich heraus, dass Trowa auf seine Kolonie versetzt wurde, in das Hauptgebäude der Winner Corp. Er hatte ihn gefragt wieso und Trowa hatte nur gemeint, dass es ein gutes Angebot war und er was Neues machen wollte. Der Zirkus wäre nur eine Übergangslösung gewesen, bis sich was anderes ergeben würde. Dies war nun das andere. Dass er bei der Winner Corp. landen würde, hatte ihn selber überrascht. Weil alles so plötzlich kam, hatte er Trowa ein Zimmer bei sich angeboten. Nach seiner Hilfe war es auch das Mindeste, dass er ihm irgendetwas zurückgab. Und das das Zusammenwohnen soweit klappte, hatte die Zeit auf der letzten Baustelle bewiesen, als Trowa bei ihm im Apartment untergekommen war. Sie fuhren morgens zusammen zur Arbeit, manchmal verbrachten sie die Mittagspause zusammen, manchmal sahen sie sich erst in den späten Abendstunden wieder. Quatre hatte sich gut gefühlt in Trowas Nähe. Es war schön, einen so guten Freund in seiner Nähe zu wissen. Ihre Freundschaft vertiefte sich und er hatte begonnen, immer ehrlicher zu Trowa zu sein. Aber das galt auch für Trowa. Sie hatten über die Zeit ein Vertrauen und eine Offenheit zueinander aufgebaut, Quatre hätte nie gedacht, dass ihm so etwas einmal passieren würde. Irgendwann änderte sich die Atmosphäre zwischen ihnen, es fühlte sich anders an. Ihre Blicke wurden tiefer und länger, sie verbrachten noch mehr Zeit miteinander und irgendwann fühlte es sich nicht mehr richtig an, wenn Trowa nicht an seiner Seite war. Und er vermisste ihn sogleich. Sein Herz begann zu flattern, wenn sie sich wiedersahen und Trowa begann sogar zu lächeln. Kurz darauf begann Trowa, ziemlich unbeholfen zu sein, wenn sie zusammen waren. Es fühlte sich wieder anders an zwischen ihnen, auch er war seltsamerweise aufgeregt, wenn sie sich sahen und immer wenn sie sich berührten, war es, als würde ein Blitz durch seinen Körper fahren. Langsam begann er zu ahnen, wieso das so war. Er hatte sich einfach verliebt. Und er konnte spüren, dass es Trowa genauso ging. Als er sich sicher war, dass er wirklich Trowas Gefühle spürte und sie nicht mit seinen verwechselte, hatte er Trowa geküsst. Ganz vorsichtig. Denn irgendwie waren da doch ein wenig Zweifel, dass Trowa es vielleicht doch nicht wollte. Aber dann hatte Trowa seine Hand in seinen Nacken gelegt und ihn geküsst, als würde es kein Morgen mehr geben. Das war einer der besten Tage in seinem Leben gewesen. „Wir sollten die Kekse in den Backofen schieben und dann könnten wir tanzen.“ „Tanzen?“ fragte er und lachte dann etwas, während er wieder von Trowa aufstand und die beiden Bleche in den vorgeheizten Backofen schob. „Dafür müsste ich mich erstmal umziehen.“ Er trug eine zerschlissene Jeans und einen Pullover, der ihm etwas zu groß, aber dafür umso bequemer war. Das war wahrlich nicht das richtige Outfit, um mit Trowa zu tanzen. Trowa umarmte ihn von hinten. „Was redest du da? Du siehst perfekt aus..“ flüsterte er in sein Ohr. „Absolut perfekt.“ Er konnte nicht anders als zu lächeln. „Nun, wenn du das sagst, dann lass uns tanzen.“ Trowa legte eine CD ein, dann reichte er ihm die Hand. Er nahm sie und schon drehte Trowa ihn einmal, was ihn lachen ließ, ehe er sich eng an Trowa wiederfand. Trowa war ein guter Tänzer und Führer, so war es ihm leicht gefallen, sich an die neuen Schritte zu gewöhnen, denn er hatte natürlich damals auch die Schritte des männlichen Parts gelernt. Sie bewegten sich rhythmisch zu der eher langsamen Musik und er konnte nicht aufhören zu lächeln. Er liebte es, mit Trowa zu tanzen. Erst als der Backofen wegen der Kekse piepte, hörten sie auf. Er lächelte noch etwas mehr, dann küsste er Trowa kurz. „Ich liebe dich.“ „Ich dich auch, mein Herz.“ Viel hatten sie an dem Abend nicht mehr getan. Sie waren noch einmal im Schnee spazieren gewesen und hatten danach noch etwas musiziert. Und nachdem sie sich noch einmal geliebt hatten, waren sie früh zu Bett gegangen, weil ihr Shuttle morgen sehr früh gehen würde. Gegen Mittag landeten sie und Quatre fiel Duo um den Hals, es war so schön, ihn endlich wiederzusehen. Duo packte ihn fest und drehte sich einmal mit ihm. „Q! Man, das wurde aber auch Zeit! Hast du mir Geschenke mitgebracht?“ Quatre lachte und Duo ließ ihn wieder runter. „Eine ganze Tüte.“ „Yes!“ „Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du meinen Freund nicht zu sehr anfassen würdest.“ „Tro, also echt mal! Einfach so für ein paar Wochen zu verschwinden, mach das nie wieder. Und jetzt komm her, Frohe Weihnachten!“ Duo umarmte Trowa, der kurz mit den Augen rollte, es aber über sich ergehen ließ. „Los jetzt, die anderen warten schon. Und ich bin am Verhungern! Es steht schon alles bereit!“ Duo brachte sie zu seinem Wagen, dann fuhren sie zu seiner Wohnung. Quatre war schon ganz aufgeregt und konnte kaum still sitzen, was Trowa zum Schmunzeln brachte. In der Zwischenzeit erzählte Duo ihnen, wie er und Heero Weihnachten verbracht hatten und dass Wufei schon zum Kochen vorbeigekommen war und seine mysteriöse Partnerin oder Partner nicht mitgebracht hatte und auch partout nicht rausrücken wollte, wer es war. Es war schön, dass Duo wegen ihrem Treffen genauso aufgeregt war wie er, damit war er dann wenigstens nicht der Einzige. Als sie gute zwanzig Minuten später da waren, bekam Quatre bei den ganzen Lichterketten und dem riesen Weihnachtsbaum große Augen. Alles glitzerte und leuchtete in bunten Farben und er brauchte einen Moment, bis er sich daran gewöhnt hatte, dann lachte er leise. „Duo, warum hast du so einen großen Baum geholt?“ „Ganz einfach, damit alle Geschenke drunter passen. Na los, gebt her! Ich pack sie alle drunter.“ Quatre gab Duo die große Tüte, der aufgeregt wie ein kleines Kind, reinschaute und die Sachen dann nach und nach unter den Weihnachtsbaum packte. Trowa hatte die anderen beiden schon begrüßt, ein knappes Nicken von allen drein, er selber tat es lieber wie Duo und umarmte sie einmal, wenn auch nicht so überschwänglich wie bei Duo vorhin. Das wäre wahrscheinlich einfach zu viel des Guten gewesen. Er wünschte ihnen frohe Weihnachten und dann setzten sie sich alle an den schon gedeckten Tisch. Wufei war von Duo offiziell zum Küchenmeister auserkoren worden und mit Stolz präsentierte der Pilot das Gericht für heute. Verschieden gefüllte Teigtaschen, eine Suppe, Reis und zwei Sorten von Fleisch. Ein geheimes Familienrezept. Quatre nutzte die Zeit, um die anderen ein wenig zu beobachten. Sie sahen alle glücklich und entspannt aus. Er fand es süß, dass Duo, recht unbewusst wie es schien, ständig in Körperkontakt mit Heero war. Manchmal berührten sich ihre Schultern, mal hatte Duo den Arm um Heeros Schultern gelegt oder seine Hand ruhte auf ihnen. Dann berührten sich ihre Hände oder er stupste Heero an, wenn er was lustiges erzählte. Duo zu beobachten war leicht, denn er unterhielt mit seinen Geschichten den ganzen Tisch und er war es gewohnt, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren. Heero und Wufei zu beobachten war weitaus schwieriger, sie merkten es meistens sofort, wenn sein Blick bei Ihnen etwas länger hängen blieb. Dennoch entging ihm nicht, dass sich bei Heero ab und zu so etwas wie ein Lächeln auf seine Lippen schlich, meistens in Verbindung mit einer Berührung von Duo. Quatre konnte einfach nicht aufhören, die beiden zusammen so unglaublich süß zu finden. Er hatte wahrscheinlich schon vor Duo gewusst, welche Gefühle dieser für Heero hegte, und er wusste, dass es ein ganzes Stück Arbeit gewesen war. Heero hatte nicht sofort auf die Annoncen von Duo reagiert, aber Duo hatte nicht aufgegeben, er war sich immer sicher gewesen, dass es zwischen ihnen diese Verbindung gab, obwohl sie so grundverschieden waren. Und natürlich war da auch noch Relena gewesen, die in Heeros Leben ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt hatte. Doch am Ende hatte sich Duo durchgesetzt und Heero schien diese Entscheidung bis jetzt nicht zu bereuen. Zu gerne hätte Quatre auch etwas über Wufeis Liebesleben erfahren, doch dieser weigerte sich immer noch, auch nur ein Wort über diese Person zu verlieren. Das wäre alles noch viel zu frisch, um irgendetwas zu erzählen. Duo nannte ihn deswegen Spielverderber und heimlich stimmte er ihm da zu. Nachdem Essen wollte Duo unbedingt die Geschenke auspacken und Gott war es eine Freude, ihm dabei zuzusehen. Er kuschelte sich zu Trowa auf die Couch, während Duo ein Geschenk nach dem nächsten auspackte. Quatre hatte extra viele Kleinigkeiten geholt, weil Duo gerne auspackte und so hatte er eine ganze Menge zu tun. In dieser Angelegenheit war Duo wirklich wie ein kleiner Junge. „Yeah, Autokekse! Welche habt ihr? Cool, Drachen!“ Dann lachte Duo los, als er Heeros Kekse sah. „Hunde? Q, Hunde?“ „Was denn? Heero mag Hunde.“ „Duo, es sind nur Kekse. Beruhige dich wieder.“ meinte Heero. „Trowa hat Superman-Kekse bekommen.“ kam es dann grinsend von Wufei, was Duo sofort wieder anstachelte. Wahrscheinlich die Rache dafür, dass er solange versucht hatte, ihn auszuquetschen. „Was? Wieso kriegt er Superman-Kekse? Ich bin ein viel besserer Held als er!“ „Duo.. Iss deine Kekse und sei still.“ Heeros Stimme war genervt. „Ja ja, ist ja gut. Autos sind auch okay.“ Trowa schaute etwas missmutig zu Duo rüber und er konnte ihm ansehen, dass er sich gerade ein paar Worte verkniff. Er lächelte etwas und küsste einmal seine Wange, was Trowa zu ihm sehen ließ. „Bescheidenheit ist nicht seine Stärke.“ meinte Trowa leise und drückte ihn etwas mehr an sich, ehe er einen Kuss auf die Stirn bekam. „Na ja.. Hauptsache er freut sich.“ „Aber hatten wir nicht eigentlich ausgemacht, dass wir uns nichts schenken? Nach Nichts sieht das nicht aus. Quatre, du bist der Einzige, der sich nicht daran gehalten hat.“ Trowa, der wegen seiner Abwesenheit nichts davon mitbekommen hatte, hob bei Wufeis Worten eine Augenbraue und er zuckte nur einmal etwas unbeholfen mit den Schultern. „Na ja, ihr habt mich alle so unterstützt, dafür wollte ich mich bedanken. Und ich hab die Sachen gesehen und musste sie einfach kaufen, weil ich dachte, dass ihr euch darüber freuen könntet.. Ich musste dabei sofort an euch denken.“ „Jetzt stehen wir aber ganz schön dumm da.“ Wufei verschränkte die Arme vor der Brust. „N-Nicht doch! Das war nicht meine Absicht gewesen. Ich.. tut mir leid. Ihr müsst sie auch nicht annehmen, wenn ihr nicht wollt.“ Er senkte den Blick und zupfte an seinem Ärmel. Er hatte doch nicht gewollt, dass sie sich unwohl deswegen fühlten. „Man entspann dich Wufei. Ich hab versucht Quatre davon abzuhalten, aber er wollte nicht. Ist doch seine Sache, ob er uns was schenken will oder nicht. Ich freu mich auf jeden Fall drüber. Macht doch jetzt nicht so eine große Sache daraus.“ „Wozu eine Abmachung treffen, wenn man sich nicht daran hält?“ fragte der Chinese. Duo verdrehte die Augen. Trowa wurde wütend, das konnte er spüren und Heero war einfach nur genervt. Hatte er gerade wirklich ihr gemeinsames Weihnachtsfest versaut? „Ich.. es tut mir Leid, okay? Wirklich.. ich wollte euch nur eine Freude machen. Ich meine.. Duo und Heero lassen uns hier unterkommen und du wolltest für uns alle kochen.. ich wollte auch irgendetwas beisteuern. Das nächste Mal werde ich mich an die Abmachung halten. Entschuldige..“ „Quatre, hör auf dich zu entschuldigen.“ Trowas Stimme war kühl und er legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter. „Ist schon okay.“ „Ist es nicht. Was ist dein verdammtes Problem, Wufei?“ sagte er und stand dabei auf. „Trowa, bitte.“ „Es geht ums Prinzip, Barton. Ich kann es nicht leiden, wenn man sich nicht an Abmachungen hält.“ Quatre fuhr sich über das Gesicht, es wurde von Minute zu Minute schlimmer und Trowa war dabei, jeden Moment zu explodieren. Sein starker Beschützerinstinkt machte manche Dinge leider nicht unbedingt besser. „Und niemand kann schlechte Laune zu Weihnachten leiden, also kommt runter. Q hat sich entschuldigt, also ist doch alles gut. Heero, wolltest du mit Wufei nicht den Küchenkram erledigen? Spülen und so?“ Heero nickte und mit einem missbilligenden Blick folgte Wufei. „Duo, es ist nicht okay. Was soll dieser Schwachsinn von Wufei? Er hat kein Recht so mit Quatre zu reden. Und du hattest wirklich keinen Grund dich zu entschuldigen. Du hast nichts falsch gemacht!“ Trowas Gesicht zeigte kaum eine Regung, doch er konnte spüren, wie aufgebracht er war. Er konnte ehrlich gesagt auch nicht nachvollziehen, wieso Wufei sich darüber so aufregte, er hatte sein Geschenk noch nicht mal ausgepackt. Doch er hatte wie es schien Wufei den Tag, vielleicht sogar die ganzen drei Tage, die sie alle hier waren, damit versaut und das hatte er wirklich nicht gewollt. Er seufzte leise. „Vielleicht fliege ich einfach wieder zurück, okay? Ich habe Wufei diesen Tag kaputt gemacht, dabei hat er sich solche Mühe mit dem Essen gegeben. Er will mich sicherlich auch die nächsten beiden Tage nicht mehr sehen. Heero ist auch schon ganz genervt.“ sagte er und stand nun ebenfalls auf. „Was? Kommt nicht in Frage!“ Duo legte ihm einen Arm um die Schultern und drückte ihn etwas an sich. Dabei lächelte er. „Keine Party ohne dich! Er wird sich schon wieder einkriegen! Wufei regt sich doch über alles und jeden auf. Du solltest dir das echt nicht so zu Herzen nehmen!“ „Aber-“ „Nichts aber! Ich lass dich ganz bestimmt nicht gehen! Außerdem, wenn du das jetzt tust, dann bringt Trowa Wu wahrscheinlich um. Und ich habe keine Lust auf die Schweinerei.“ „D-Duo! Sag so etwas nicht!“ „Echt jetzt Quatre. Du würdest mir das Herz brechen, wenn du gehst. Heero ist chronisch genervt, darüber musst du dir echt keine Gedanken machen. Gib Wufei ein paar Minuten, dann hat er sich auch wieder gefangen. Okay?“ Er schaute Duo an, der ihn bittend ansah. Er seufzte wieder, nickte aber. „Ja okay. Tut mir leid für die ganzen Umstände.“ „Wenn ich dich jetzt mit Glühwein so richtig abfülle, hörst du dann auf dich zu entschuldigen? Klappt das Trowa? Hast du das schon ausprobiert?“ „Nein, habe ich nicht.“ „Dann versuchen wir das jetzt.“ Er passte auf, dass Duo Quatre nicht abfüllte. Quatre trank nie Alkohol um sich zu betrinken, er mochte das Gefühl nicht, und auch jetzt hielt er sich zurück, obwohl Duo es versuchte. Wufei hatte sich wirklich wieder beruhigt, zumindest ließ er Quatre in Ruhe, aber es war seinem Prinzen anzusehen, dass ihm das Ganze noch immer unangenehm war. Duo ließ sich seine gute Laune nicht nehmen, er hatte Musik aufgelegt und schenkte fröhlich Glühwein nach, vor allem in sein eigenes Glas. Doch Duos Ausgelassenheit rettete den Abend, da war Trowa sich sicher. Irgendwann ließ sich Quatre von Duos positiven Gefühlen mitreißen und er wurde selber wieder entspannter. Die beiden lachten viel, Duo war eindeutig ein wenig angetrunken. Dann sprang Duo auf und zog Quatre mit hoch. „Zeit zu tanzen!“ Und schon wirbelte er Quatre durchs halbe Wohnzimmer und kurz fürchtete er, dass sie beide im Weihnachtsbaum landen würden. Aber sie tanzten gerade noch dran vorbei. Beim nächsten Lied tanzten sie einfach weiter und er hatte gar nicht gewusst, dass Duo Quatre beim Strahlen in Kaum etwas nachstand. Sie beide strahlten vor Freude und Ausgelassenheit und wirbelten immer weiter zur Musik. Er warf einen Blick zu Heero, der den beiden ebenfalls zusah. Irgendetwas an seinem Blick war anders als sonst. Es war nicht Eifersucht, es sah eher aus, als würde er etwas bereuen. „Was ist los?“ „Duo hatte mich gefragt, ob wir heute Abend zusammen tanzen. Und ich habe nein gesagt.“ „Und jetzt tanzt er mit einem anderen.“ „Ja.“ Trowa hätte fast losgelacht, doch er schüttelte nur den Kopf und stand auf. „Jetzt schuldest du mir was.“ meinte er und löste Quatre bei Duo ab. Heero zögerte kurz, doch dann stand auch er auf und ging zu Duo rüber. Duo begann noch etwas mehr zu strahlen. Dann konzentrierte er sich aber wieder auf den schönen Mann in seinen eigenen Armen. Er drehte ihn und zog ihn wieder an sich, ehe er sich selber drehte, um dann mit Quatre wieder im Takt weiter zu tanzen. Das Tanzen gestern war anders gewesen, eng, langsam, der Nähe willen, intim. Hier ging es einfach nur um die Freude und Bewegung. Schnelle Takte, schwungvoll, ausgelassen. Er bevorzugte die ruhigere Variante, aber es hatte auch seinen Charme, mal so mit Quatre zu tanzen. Irgendwann hatte Duo beschlossen, die Partner wieder zu tauschen, sodass er mit ihm tanzte und Quatre mit Heero. Quatre so mit Heero zu sehen war etwas befremdlich, und auch Heero warf ihm einen Blick zu, der ein wenig unsicher war. Heero war so etwas nur von Duo gewöhnt. Er hob nur einmal kurz die Schultern. Wufei klebte die ganze Zeit an seinem Handy und schenkte ihnen kaum Beachtung. Irgendwann hatte er Quatre wieder in seinen Armen, der ihm am Ende des Liedes bedeutete, sich hinzusetzen. Dann ging er zu Wufei rüber und reichte ihm die Hand. Trowa war überrascht, dass Quatre zu ihm gegangen und ihm zum Tanz aufgefordert hatte. Er war davon ausgegangen, dass sie sich den Rest des Tages aus dem Weg gehen würden. Wufei hob den Blick und schaute Quatre an, der ihn warm anlächelte. Dann nahm Wufei tatsächlich seine Hand und Trowa war irgendwie erleichtert, dass er nicht der Einzige war, der immer bei Quatres Lächeln schwach wurde. Trowa schenkte sich nach und sah den anderen beim Tanzen zu. Er war froh, dass keiner ihn dazu drängte mit Heero oder Wufei zu tanzen. Das wäre einfach nur seltsam gewesen, ihre Beziehung zueinander war anderer Natur. Nach und nach setzten sich alle wieder und Trowa war schon irgendwie froh, Quatre wieder bei sich zu wissen und nicht bei jemand anderen. Wie es schien, war er nach seiner Gefangenschaft ein wenig anhänglich geworden. Nun, gerade konnte er es einfach nicht ändern, dass er so fühlte. Er legte den Arm um Quatre, der deswegen zu ihm sah und dann lächelte. Er stahl ihm einen kleinen Kuss. Kurz nach Mitternacht beschlossen sie, ins Bett zu gehen. Quatre und er hatten das Gästezimmer bekommen, während Wufei es sich auf der Schlafcouch gemütlich machen musste. „Dir geht es gut?“ fragte er leise, während er Quatre etwas näher an sich zog und die Augen schloss. „Ja.. eigentlich schon. Ich hoffe nur, dass Wufei wirklich nicht mehr sauer ist und mir verziehen hat. Ich wollte nicht, dass er sich schlecht fühlt.“ Trowa küsste einmal seinen Hinterkopf. „Er kann manchmal ein Idiot sein, denk nicht weiter daran. Du hast nichts falsch gemacht. Nimm dir Wufeis Ausraster nicht immer so zu Herzen, du trägst nicht an allem die Schuld. In Ordnung?“ „Ich versuch‘s.“ „Gut. Ist dir warm genug?“ Quatre lachte leise. „Natürlich, weißt du eigentlich, was für eine Heizung du bist? Alles ist gut Trowa. Schlaf endlich und hör auf, dir Sorgen um mich zu machen.“ „Okay, okay. Gute Nacht.“ „Gute Nacht.“ Nach dem Frühstück fand Quatre endlich die Gelegenheit, mit Heero alleine zu reden. Wufei war im Badezimmer und die anderen beiden in der Küche. Er passte Heero im Flur ab. „Wir müssen reden, Heero.“ Heero richtete seinen Blick auf ihn, sagte aber nichts. „Du wusstest etwas, die ganze Zeit, oder?“ Weiterhin schweigen. Quatre hatte sie gestern gesehen. Nur für eine Minute hatten sie die Köpfe zusammengesteckt, er und Trowa, und er hatte fühlen können, dass es um die Mission ging. Denn Trowa hatte sozusagen aufgehört zu fühlen. Das tat er immer, wenn es um Missionen ging. Seine professionelle Gleichgültigkeit. Zudem hatte er es an den Schultern erkannt, sie hatten sich die Tage immer so angespannt, wenn das Thema auf seinen letzten Einsatz fiel. Er wusste, dass Trowa ihm auch noch etwas verschwieg, dass er ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Vielleicht würde es Heero können. „Du wusstest, um was es sich bei der Mission wirklich handelt, oder?“ „Ja.“ „Verdammt, du wusstest, wo er hingegangen war und hast nichts gesagt!“ Wütend packte er Heero am Kragen. „Er hätte unsere Hilfe gebraucht! Wieso hast du mir nichts gesagt?! Er war in Gefahr! Du-“ „Ich wusste, um was es sich bei der Mission handelt und nicht, wo sie stattfand. Es gab keine Möglichkeit für mich, dir etwas zu sagen und ihn zu suchen, ohne die Mission zu gefährden. Und jetzt lass mich los.“ „Keine Möglichkeit? Ist das dein Ernst? Du hättest Trowa sterben lassen, für diese verdammte Mission?! Was könnte wichtiger sein, als das Leben eines Freundes?!“ Im nächsten Moment knallte er gegen die Wand, Heero drückte ihn grob dagegen und starrte ihn wütend an. „Du, Quatre.“ Quatre blinzelte irritiert. „Was?“ „Bei dieser Mission ging es um dich und ich hatte Trowa versprochen, nichts zu unternehmen, was diesen Einsatz gefährden könnte. Weil es das war, was Trowa wollte. Du warst die ganze Zeit Ziel ihrer Anschläge und er hat getan was getan werden musste, um dich zu schützen. Respektiere das.“ Etwas fiel scheppernd zu Boden und sie beide sahen zur Tür. Duo stand dort. „Du wusstest, worum es ging? Fuck und du sagst kein Wort? Dein Ernst?“ „Duo…“ „Was? Ihr zwei habt uns die ganze Zeit an der Nase herumgeführt! Verdammt, ich hab mir auch Sorgen gemacht! Und während ich wie ein Blöder nach irgendwelchen Hinweisen gesucht habe, hast du einfach daneben gestanden und KEIN Wort gesagt!“ Trowa trat neben Duo. Sein Gesichtsausdruck war hart. „Lass ihn los, Heero.“ Heero ließ von ihm ab und verließ den Flur, Duo folgte ihm wütend und redete wieder auf ihn ein. „Alles in Ordnung?“ „Was hat das alles zu bedeuten, Trowa?“ „Ich konnte es dir nicht sagen.“ Trowa trat näher an ihn ran. „Konnte oder wollte?“ „Beides.“ Quatre starrte ihn wütend an und er überlegte, wie er es ihm am besten erklären sollte, aber Quatre sprach schon wieder. „Nach deinem Albtraum.. vor zwei Tagen, du hast mit mir geschlafen, um mich abzulenken, oder? Damit ich keine weiteren Fragen stelle.“ Trowa spürte einen Stich in sich und er wünschte, dass er Quatre in dieser Hinsicht belügen konnte, doch es würde ihm nicht gelingen, das wusste er. „Auch. Aber du weißt-“ Er fing sich eine Ohrfeige ein. „Wie konntest du nur?!“ Trowa legte die Hand auf die schmerzende Wange, Quatre hatte sich nicht zurückgehalten. „Aber du weißt,“ begann er wieder. „dass ich nie mit dir schlafen würde, wenn ich es nicht selber wollen würde. Diese Nähe mit dir ist für mich immer etwas Besonderes. Es tut mir Leid, Quatre.“ Er konnte nicht sagen, ob Quatre ihm glaubte, da war so viel Wut und Enttäuschung in seinem Gesicht, aber zumindest müsste er fühlen, dass er nicht log. „Wage es nie wieder, mit so einer Intention mit mir zu schlafen!“ Nun, wenn er die Worte richtig deutete, gab es immerhin noch die Möglichkeit, dass sie Sex miteinander haben würden, aber ganz sicherlich nicht in nächster Zeit. Und wahrscheinlich würde er sich zu Hause auch mit der Couch begnügen müssen. „Das werde ich nicht..“ Quatre presste die Lippen aufeinander. Trowa wusste nicht genau, wie viel Heero ihm erzählt hatte, aber Quatre war nicht dumm und hatte die Puzzle-Teile sicher schon in seinem Kopf zusammengesetzt. Gott und er hatte so sehr versucht, es vor ihm zu verheimlichen. Aber irgendwo hatte er einen Fehler gemacht. „Woher wusstest du, dass Heero involviert war?“ „Ich konnte es fühlen.“ Trowa seufzte entnervt auf und fuhr sich durch die Haare. Daran hatte er nicht gedacht. „Natürlich, was auch sonst. Ich hätte besser wissen müssen, worauf ich mich einlasse.“ Während er das letzte Wort sprach, merkte er, wie falsch man seine Worte verstehen konnte und er glaubte, im nächsten Moment auch Quatres Herz brechen zu hören. Als er in seine Augen sah, war er sich nun sicher, dass Brechen gehört zu haben. Was hatte er bloß angerichtet? „Quatre, ich-“ Bevor er noch mehr sagen konnte, hatte Quatre sich umgedreht und war in das Gästezimmer gestürmt. Er folgte ihm, doch er war einen Moment zu spät, Quatre hatte die Tür abgeschlossen. „Quatre, hör mir zu. So habe ich es nicht gemeint! Wirklich! Du musst mir glauben!“ Er bekam keine Reaktion. „Quatre.. lass es mich erklären. Bitte.. mach die Tür auf.“ Wieder nichts. Trowa lehnte seine Stirn gegen die Tür und schloss für einen Moment die Augen. Er hatte ihm doch nie wehtun wollen. Er versuchte weiter, Quatre dazu zu bewegen, die Tür aufzumachen. Vergebens. Als er Duos Stimme hinter sich hörte, zuckte er kaum merklich zusammen, er war so auf die Tür und Quatre fixiert gewesen, dass er ihn nicht bemerkt hatte. „Was meinst du damit, dass es nichts mit seiner besonderen Begabung zu tun hat? Was zur Hölle verheimlicht ihr alle? Was habt ihr beiden scheiss Kerle alles angerichtet?“ Duo war anscheinend auch noch sauer. Großartig. „Duo, dafür habe ich keine Zeit.“ „Er macht dir seit zehn Minuten schon nicht die Tür auf. Vielleicht redet er ja mit mir. Aber ich will zuerst wissen, was hier genau abgeht. Sonst schmeiss ich dich hier hochkant raus und Heero gleich hinterher. Momentan wüsste ich nämlich nicht, wieso ich dir bei Quatre helfen sollte.“ Trowa zögerte. Er wollte mit Duo nicht darüber reden, aber Duo war Quatres bester Freund. Vielleicht konnte er Quatre überreden, ihm wenigstens zuzuhören. Er musste dieses Missverständnis so schnell es ging aufklären. Bevor Quatre noch mehr falsche Schlüsse zog. Bevor es zu spät war. Und so versuchte er so kurz wie möglich zusammenzufassen, was alles passiert war. Dass er Quatre auf der Baustelle getroffen hatte, dass er bemerkt hatte, dass etwas nicht mit rechten Dingen vor sich ging. Wie er mit Heero herausgefunden hatte, dass es eine Organisation auf Quatre abgesehen hatte, weil sie ihn für einen Verräter hielt, weil er für seine Kolonie Frieden mit der Erde geschlossen hatte und nun sogar dort half, Häuser aufzubauen. Er erzählte, wie er diesem Sicherheitsdienst beigetreten war, um Quatre zu beschützen und den Frieden zwischen den Kolonien und der Erde zu wahren, denn natürlich hätten die Anschläge aussehen sollen, als wären sie von der Erde gekommen. Er hatte sich verliebt, sie waren zusammengekommen. Er hatte mit seinem Team Anschläge auf Quatre verhindert und mit der letzten Mission hatte er die Organisation vernichtet. Heero war der Einzige, der davon wusste, weil er ebenfalls für diese Firma gearbeitet hatte, nur in einer anderen Abteilung. Er hatte Quatre nichts erzählt, weil er sich sonst nur Vorwürfe machen und sich selber in Gefahr bringen würde. Außerdem hatte Quatre genug im Krieg gelitten mit seiner emphatischen Begabung. Er fühlte viel mehr als sie und hatte eine schwere Zeit hinter sich. Ein Teil seiner Familie hatte sich von ihm deswegen abgewandt und vorhin hatte er etwas gesagt, was Quatre falsch verstanden hatte. Er versuchte Duo zu erklären, dass er es anders gemeint hatte und ihn nicht damit verletzen wollte. Er hatte sich nur über seine eigene Dummheit geärgert und nicht über Quatre oder seine starke Empathie. „Ich weiß nicht, ob ich dem Ganzen jetzt so richtig folgen konnte, aber ich glaube dir, dass du ihm nicht wehtun wolltest. Ich werde mit ihm reden.. mir ist er auch noch eine Erklärung schuldig, warum er mir davon nichts erzählt hat.“ Duo klopfte an die Tür und versuchte nun ebenfalls sein Glück. Aber auch bei ihm ging die Tür nicht auf und Quatre würdigte ihnen kein einziges Wort. „Jetzt reicht es mir aber! Ich lasse mich nicht in meiner eigenen Wohnung aussperren!“ Kurzerhand hatte Duo eine Haarklammer aus seinem Haar gezogen und das Schloss geknackt. „Quatre, du- Was? Er ist nicht hier!“ Trowa schob sich an Duo vorbei ins Zimmer. Es war leer. Aber das Fenster stand auf. „Ich hätte es wissen müssen. Quatre neigt dazu, wegzulaufen, wenn es ihm zu viel wird. Verdammt.“ Er ging zum Fenster und sah hinaus, aber natürlich war längst keine Spur mehr von ihm zu sehen. „Und jetzt?“ „Wir müssen ihn finden. Wenn er so aufgewühlt ist, ist er unvorsichtig.. und ich will nicht, dass er etwas Dummes tut wegen mir. In seiner Jacke ist sein Geld und sein Ausweis, das heißt, er kann nicht zum Flughafen zurück. Er muss noch hier in der Nähe sein.“ „Das klingt, als würdest du denken, dass er gleich von der nächsten Brücke springen oder dem nächst zwielichtigen Menschen folgen wird, der ihm über den Weg läuft. Quatre ist schon groß, weißt du. Er braucht sicher einfach nur ein paar Minuten für sich.“ „Nein, das denke ich nicht. Er könnte jedoch vor das nächste Auto laufen, weil er nicht auf die Straße achtet Du kennst ihn nicht wie ich ihn kenne. Und ich habe Angst, okay? Dass ich ihn so sehr verletzt habe, dass ich es nicht mehr gerade biegen kann. Also sag mir bitte, ob es hier irgendwelche Orte in der Nähe gibt, die sehr ruhig sind, wo er alleine sein könnte.“ „Okay, okay.. ist ja gut. Lass mich kurz nachdenken. Östlich von hier gibt es einen Park, vielleicht ist er dahin. Ansonsten.. wir sind mitten in einem Wohngebiet, von daher. Ich kann mich hier in der Nähe umschauen, ich kenne die Straßen. Geh du zum Park.“ Trowa nickte, zog sich seine Jacke über und rannte los. Wieso war er nur so ein völliges Desaster? Erst das mit Wufei und jetzt das. Es war immer dasselbe, immer machte er alles falsch. Er hatte wirklich gedacht.. er hatte Trowa wirklich geglaubt, dass es okay war. Dass es ihn nicht stören würde, dass er immer fühlen konnte, was in ihm vorging. Er hatte das wirklich geglaubt. Doch am Ende hatte das alles wieder kaputt gemacht. Sein Herz tat so weh. Er wollte Trowa nicht verlieren. Wieso konnte er nicht einfach normal sein, wie alle anderen auch? Gab es nicht irgendeine Möglichkeit, wie er das retten konnte? Verzweifelt vergrub er sein Gesicht in den Händen und schluchzte auf. Nein, da gab es nichts, was er tun konnte. Er hatte es schon so oft versucht, doch er konnte es nicht ganz lassen. Er konnte sich nur bedingt von anderen Gefühlen abschirmen und das auch nicht dauerhaft. Es würde nicht funktionieren. „Ich will das nicht mehr..“ Aber vielleicht hatte er das ganze auch von Anfang an missverstanden? Was war, wenn Trowa von Anfang an bei dieser Sicherheitsfirma gearbeitet hatte und den Zirkus wie damals als Tarnung nutzte? Vielleicht war er nur sein nächster Auftrag gewesen, vielleicht hatte Trowa ihm das alles nur vorgespielt, vielleicht war er doch gar nicht so gut darin, Gefühle zu deuten. Vielleicht hatte er seine Gefühle irgendwie auf ihn projeziert und in Wirklichkeit liebte Trowa ihn nicht. Und jetzt wäre sein Auftrag zu Ende, das Kapitel mit ihnen abgeschlossen. Quatre wusste nicht, was er tun würde, wenn das wirklich wahr wäre. Irgendwie konnte er es nicht glauben, alles was sie erlebt und geteilt hatten, nur vorgespielt? Was er alles bei Trowa gefühlt hatte.. und dennoch waren da ganz leise diese Zweifel in seinem Kopf. „Nein, nein, nein!“ Diese Gedanken waren so unerträglich. Aber wenn das nicht wahr wäre und Trowa ihn wirklich liebte, dann hatte er das alles auf sich genommen, den Zirkus aufgegeben, so gelitten, für ihn, um ihn zu beschützen. Und was hatte er ihm dafür zurückgegeben? Was hatte er für ihn getan? Nichts. Er hatte es nur geschafft, dass Trowa das ganze jetzt wahrscheinlich bereute. Bereute, so viel für ihn aufgegeben zu haben. Wie sollte er ihm unter die Augen treten, wie konnte er das wieder gut machen? Vielleicht würde Trowa ihm eine zweite Chance geben, wenn er wieder wie früher wurde? Mit weniger Gefühl, keine unkontrollierten Gefühlsausbrüche mehr, beherrscht. Er musste nur alles, wie früher, ganz ganz tief vergraben. Er hatte es endgültig satt, ständig Leute die er liebte zu verlieren, wegen dieser einen Sache. Wegen dieser furchtbaren einen Sache. Wenn es bedeutete, dass er alles was ihn ausmachte dafür töten musste, wenn er dafür zu jemand anderen werden musste, dann würde er es tun. Er hatte einfach keine Kraft mehr, schon wieder einen Verlust, einen so schweren Verlust, zu ertragen. Er würde werden, was Trowa brauchte, was auch immer das sein sollte, was auch immer das kosten würde. Ich hätte es besser wissen müssen. Ich auch, dachte Quatre, ich auch. Trowa erreichte den Park und sah sich um. Er war ziemlich groß und Quatre konnte überall sein. Er schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch, hoffte, dass ihre Gabe, sich immer wieder zu finden, auch heute wirken würde. Er öffnete die Augen und ging nach links, folgte kurz darauf einen Trampelpfad und entdeckte dann einige Stufen, die nach unten führten. Er blieb stehen, dann entschloss er sich, auch den Trampelpfad zu verlassen und die Treppen zu nehmen. Bevor er unten angekommen war, konnte er Quatre sehen. Er saß auf einer Bank an einem Baum und starrte leer in die Ferne. Es erinnerte ihn an damals, in dem Container. Nasse Wange, gerötete Augen, so zerbrechlich. Vielleicht jetzt auch wirklich kaputt. Was hatte er nur angerichtet. Er ging auf ihn zu und Quatre bemerkte ihn erst, als er schon beinahe bei ihm war. Er schaute ihn an, doch er sagte nichts. Trowa mochte diesen Blick nicht, da fehlte die Wärme, die Lebensfreude, das Strahlen. Da fehlte einfach Quatre. Sein Quatre, sein Herz. Er hatte sich wieder versteckt, hinter seinen Mauern. Würde es ihm noch einmal gelingen, ihn dahinter hervor zu holen? „Quatre..“ Er ging vor ihm auf die Knie, damit Quatre nicht zu ihm hochschauen musste. „Hör mir zu, in Ordnung? Ich habe es wirklich nicht so gemeint. Ich habe von mir gesprochen, dass ich es besser wissen müsste.. dass man dich nicht so leicht täuschen kann. Ich habe mich über mich selbst geärgert, weil ich es vor dir geheimhalten wollte, es mir aber nicht gelungen ist und ich dich deswegen verletzt habe..“ Vorsichtig ergriff er Quatres Hand und drückte sie leicht, als er nichts dazu sagte. „Ich liebe dich.. so wie du bist. Gerade deswegen liebe ich dich.“ Endlich bekam er eine Reaktion von Quatre. „Was.. redest du da?“ Trowa ergriff ihn an den Schultern. „Quatre.. glaub mir doch. So wie du wirklich bist.. nur das hat mein Herz erreicht. Ich liebe deine Gefühlsausbrüche.. sie sind so voller Leben und Energie, wie du beim Auto fahren fluchst.. oder wie du weinst, weil die Welt mal wieder nicht gerecht bist. Deine ungezügelte Liebe, deine Lachanfälle.. nichts daran ist falsch, es ist alles, was ich brauche. Jeden Tag. Ich wäre verloren, wenn ich nicht wüsste, dass du fühlen kannst, was ich fühle. Ich könnte dir nie zeigen, was ich alles fühle. Ich brauche es, dass du es auch so weißt..“ In Quatres Augen hatten sich wieder Tränen gebildet und endlich war auch etwas Gefühl darin zurückgekehrt. Zwar war es Trauer, Zweifel und Schmerz, aber alles war besser als diese Leere. „Wirklich..?“ „Ja Quatre, wirklich. Wenn du nicht bei mir bist, so wie du wirklich bist, dann ist es so, als hätte ich auch mein Herz verloren.“ „Warum.. warum hast du nie etwas gesagt.. all die Monate?“ „Weil ich dich nicht mit hineinziehen wollte. Du hattest genug Schlimmes erlebt, du hattest den Frieden verdient wie niemand anderes. Ich wollte nicht, dass du weißt, dass da draußen Menschen sind, die erneut einen Krieg anfangen wollen, die dich dazu benutzen wollten. Ich wollte nicht, dass du jeden Morgen aufwachst mit dem Gedanken, dass da draußen jemand ist, der durch deinen Tod Aufstände provozieren will. Du solltest aufwachen und glücklich sein. Das war das Einzige was ich wollte. Ich konnte es einfach nicht ertragen, dass dir jemand schaden will, obwohl du für sie in den Krieg gezogen bist und danach all deine Wünsche aufgegeben hast, um weiter für den Frieden einzustehen, um den Menschen zu helfen. Ich konnte das einfach nicht zulassen. Und ich bereue keine einzige meiner Entscheidungen. Ich bereue nur, dass du jetzt weinst und dass ich dir so weh getan habe.“ „Ich hätte mit dir gekämpft.“ „Ich weiß.“ „Ich hätte dich da rausgeholt, egal was es gekostet hätte.“ „Ich weiß.“ Er zog Quatre in eine Umarmung, als dessen Schultern zu Beben begannen und ein erneuter Schwall an Tränen über seine Wangen lief. Quatre krallte sich an ihn. „Ich will dich nicht verlieren..!“ „Und das wirst du auch nicht.“ „Du.. du hast.. so viel für mich auf dich genommen.. ich..“ „Das war die beste Entscheidung meines Lebens, Quatre. Ich habe dafür dich bekommen. Und ich konnte dich beschützen. Ich konnte dich wirklich beschützen. Du bist jetzt in Sicherheit… Verzeih mir Quatre. Ich hatte dir nie wehtun wollen.“ „Du bist glücklich mit mir.. wirklich Trowa?“ „Ja. Hör endlich auf zu zweifeln. Du bist für mich perfekt Quatre. Zwinge mich nicht ständig dazu, dir das sagen zu müssen. Das fällt mir nämlich nicht leicht.“ Quatre ließ ihn los und drückte sich von ihm, um ihn ansehen zu können. Er wischte ihm die Tränen weg. Dann zog er seine Jacke aus, um sie Quatre umzulegen. „Kannst du es noch mal sagen? Dass wirklich wirklich alles okay zwischen uns ist? Dass du nicht..“ „Quatre, es ist alles okay. Ich liebe dich und ich will dich nicht verlieren. Hörst du?“ Quatre nickte einmal. „Ich liebe dich auch.. über alles.“ „Komm her..“ Er zog Quatre in einen Kuss. Sie blieben noch eine Weile im Park, weil sie einfach die ungestörte Nähe zueinander brauchten. Trowa hielt ihn sehr fest, ein wenig tat es sogar weh, doch es störte ihn nicht, irgendwie brauchte er das sogar. Quatre konnte spüren, dass Trowa genauso erleichtert war wie er, dass das alles noch einmal gut ausgegangen war. „Tut mir leid, dass ich dich vorhin geschlagen habe.“ „Ist schon okay. Ich habe es verdient.“ „Das stimmt allerdings.. aber ich hätte es trotzdem nicht tun sollen.“ „Was soll ich sagen, ich mag dein Temperament und..“ „Vergiss es, kein Sex.“ „Ich habe gehört, Versöhnungssex soll sehr gut sein.“ „Was du nicht alles hörst.“ Quatre schaute Trowa an und musste ein wenig bei seinem Gesicht lächeln. Er konnte ihm ansehen, wie er nach guten Worten suchte. „Lass uns zurückgehen, in Ordnung Trowa?“ Er stand auf und zog sich die Jacke von Trowa richtig an, dann nahm er seine Hand. Er war ganz schön müde und ausgelaugt von diesem Gefühlschaos und er war froh, dass er sich in Trowas Jacke schmiegen konnte. Damit fühlte er sich einfach besser. „Ehrlich gesagt.. habe ich nicht auf den Weg geachtet, weißt du, wie wir zurückkommen?“ „Wieso habe ich geahnt, dass du das fragen würdest?“ „Überflüssige Frage Trowa.“ „Schon gut, schon gut. Ich kenne den Weg.“ Trowa drückte seine Hand einmal, dann machten sie sich auf den Rückweg. „Ich rechne mit drei Tagen.“ „Ich dachte eigentlich an fünf.“ „Fünf? Hab ich dir schon erzählt, dass ich dich auf Anhieb gefunden habe?“ „Na schön, drei. Du hast auch echt süße Sachen gesagt, das rechne ich dir auch an.“ „Dann sollten es zwei sein. Es war ein purer Akt der Verzweiflung Quatre. Ich bin selber noch überrascht, dass ich das alles so sagen konnte.“ „Ist doch schön, dass du langsam lernst, auch über deine Gefühle zu sprechen.“ „Also zwei?“ Quatre musste grinsen. Es war auch ganz schön süß, wie Trowa versuchte, seine Couch-Tage zu verhandeln. „Hmm.. ich weiß nicht.“ „Du hast noch nichts davon gesagt, dass du heute noch abreisen willst. Wenn ich also richtig davon ausgehe, dass wir wie geplant heute noch hier bleiben und da Duo nur ein Gästezimmer hat, werde ich zu Wufei auf die Couch müssen. Hast du keine Bedenken, dass er über griffig werden könnte?“ Bei dieser Frage musste er loslachen und auf Trowas Gesicht schlich sich ein zufriedenes Lächeln. Dafür stieß er ihm leicht den Ellbogen in die Seite. „Na schön, na schön. Ich kann natürlich nicht riskieren, dass das passiert. Du darfst im Gästezimmer bleiben. Wir verhandeln dann weiter, wenn wir wieder zu Hause sind.“ „Dann muss ich mir bis dahin etwas Gutes einfallen lassen.“ „Das musst du wohl.“ Sie verließen den Park und kurz darauf erreichten sie die Straße, in der Duo wohnte. Er konnte ihn schon vom weiten erkennen, er wartete draußen auf sie. Als sie bei ihm waren, umarmte Duo ihn fest. „Man Q, da bist du wieder. Ist alles in Ordnung?“ „Ja.. tut mir leid wegen der Umstände.“ „Ich kenn da zwei andere Typen, denen sollte es leid tun. Komm, lass uns reden okay? Ich hab einen Haufen Sachen heute gehört, aber kein Wort von dir dazu. Ich hab das Gefühl, ich kenne meine Freunde schon gar nicht mehr.“ „Ist gut.“ Sie gingen rein und während Trowa zu Heero ins Wohnzimmer verbannt wurde, machte Duo Tee und er verkroch sich ins Gästezimmer. Er zog seine Schuhe aus und krabbelte ins Bett, Trowas Jacke behielt er an. „Wufei ist nicht mehr hier, oder?“ fragte er, als Duo mit zwei Tassen ins Zimmer kam. „Ist das dieses Fühlen Ding?“ Überrascht schaute er ihn an und es lief ihm einmal kalt den Rücken runter. „Woher..?“ „Trowa war sehr verzweifelt und ich habe die Gunst der Stunde genutzt, um ein paar Dinge zu erfahren. Sorry mein Bester, aber er hatte echt keine Wahl.“ Er setzte sich neben ihn und reichte ihm eine Tasse. „Kannst du Auren fühlen oder was ist das?“ Quatre bekam einen Kloß im Hals. Er hatte nie geplant, dass noch jemand davon erfuhr und er hatte wirklich keine Ahnung, wie Duo darauf reagieren würde. Was hatte Trowa nur angerichtet? „Nein.. nur Gefühle. Aber das war nicht der Grund, wieso ich dich wegen Wufei gefragt habe. Seine Jacke war nicht mehr da.“ „Oh. Eh ja.. irgendwie hatte er es auf einmal ganz eilig. Keine Ahnung wieso. Er wollte sich melden.“ „Hm.. verstehe.“ „Also nochmal für mich.. du kannst fühlen, was ich fühle? Und Heero und Trowa und Wufei und irgendwie alle?“ Er nickte beklommen. „Ja.. obwohl ich sagen muss, dass es bei euch am angenehmsten ist. Die meiste Zeit versuche ich, mich nur auf meine Gefühle zu konzentrieren, damit ich nicht die Gefühle der anderen übernehme.. das passiert leider auch manchmal.“ „Man, wieso hast du nichts gesagt? Das muss schwer gewesen sein im Krieg.. wenn ich das gewusst hätte..“ „Dann wären wie vielleicht nie Freunde geworden. Die meisten erschreckt es, dass ich das kann und sie halten sich von mir fern. Deswegen sage ich nichts. Die Frage ist, was du jetzt tun wirst..“ „Ist das dein Ernst? Wieso sollte sich etwas ändern? Wenn ich sauer bin und mir was nicht passt, dann sage ich es sofort. Genauso wenn ich glücklich bin oder sonst was. Du wirst nichts fühlen, was ich nicht auch bereit bin, zu sagen. Man.. schau nicht so. Es ist echt alles gut. Wir sind Besties und das wird sich auch nicht ändern.“ „Ich neige zu Gefühlsausbrüchen.“ „Du?“ Duo starrte ihn ungläubig an und er nickte etwas beschämt. Dann lachte Duo. „Na auf die bin ich echt gespannt!“ „Duo.. das ist nicht lustig. Ich habe damit viele unschöne Erfahrungen gemacht, okay? Und ich will deswegen nicht wieder jemanden verlieren.“ „Weißt du, du könntest ruhig etwas mehr vertrauen in deine Freunde haben. Vor allem in deinen besten. Quatre, es wird sich nichts ändern. Selbst wenn du mal wütend wirst. Das sind wir doch alle mal. Also entspann dich.. und wenn Trowa damit klar kommt, komme ich damit erst recht klar. Kapiert?“ Quatre schaute Duo einige Momente stillschweigend an. Da waren keine Zweifel bei Duo zu spüren und auch keine Lüge. Er meinte es wirklich so. „Danke...“ murmelte er, er könnte gerade wieder weinen, dieses Mal jedoch vor Erleichterung. Duo legte einen Arm um seine Schultern und drückte ihn etwas an sich. „Ich hab dich lieb, weißt du das? Das tun wir alle, selbst Wufei.“ Trowa saß schweigsam mit Heero im Wohnzimmer. Er hatte ihnen beiden Kaffee gemacht, an dem er jetzt nippte. Heero war der erste, der das Wort ergriff. „Und?“ „Gerade nochmal gut gegangen. Und bei euch?“ „Ich denke auch, aber bei Duo kann man nie genau wissen. Er ist auf jeden Fall noch sauer, aber ich glaube, er versteht es.“ „Tut mir leid für die Umstände.“ „Schon okay. Ich hätte genau so gehandelt.“ Und das war auch eine der Gründe, wieso er damals Heero um Hilfe gebeten hatte. Sie waren sich in ihren Handlungen ähnlich. Wieder folgte eine Periode des Schweigens und erneut war es Heero, der das Schweigen brach. „Du bist also glücklich.“ „Mehr als das.“ „Und wie wird es jetzt weitergehen?“ „Ich werde keine Undercover Einsätze mehr annehmen. Aber ich habe weiterhin vor, als Sicherheitsbeauftragter der Winner Corp. zu arbeiten. Die Arbeit ist gar nicht mal so schlecht.“ „Ich verstehe.“ „Und du? Bereust du es, dich für Duo entschieden zu haben?“ Heero schwieg einige Momente. „Eigentlich versuche ich gar nicht, darüber nachzudenken. An manchen Tagen läuft es gut, an anderen… überfordert Duo mich manchmal. Es scheint, als hätten wir uns noch nicht ganz aufeinander eingespielt. Aber noch würde ich es gerne versuchen. Vielleicht kriegen wir es hin.“ Trowa wusste, dass er es da mit Quatre um einiges einfacher hatte. Heero war wie er eher wortkarg und auch nicht sonderlich der Beste darin, über seine Gefühle zu reden. Für Duo war es sicher nicht einfach, dessen Gefühle immer genau zu erkennen. Quatre gelang es dank seiner starken Empathie immer. Er war wirklich froh, dass er das mit Quatre hatte, sonst würde es vielleicht zwischen ihnen auch nicht immer so gut laufen. „Hast du es ihm schon gesagt?“ „Was?“ fragte Heero. Trowa deutete einmal auf sein Herz und Heero schüttelte den Kopf. „Bring es hinter dich, das wird es um einiges leichter machen, glaub mir.“ Er hatte Heero gestern gesehen, er hatte auf jeden Fall Gefühle für Duo. Wenn er eins in der Beziehung mit Quatre gelernt hatte, dann das, dass es manchmal auch wirklich Worte sein mussten. Manchmal reichte ein Kuss einfach nicht aus. Er war sich sicher, es würde einiges verändern, wenn Heero es wenigstens einmal über sich bringen könnte, Duo zu sagen, was er für ihn fühlte. Sie verfielen ein drittes Mal in Schweigen und dieses Mal hielt es solange an, bis Duo wieder ins Wohnzimmer kam. Es war mittlerweile über eine Stunde vergangen. „Q ist tatsächlich eingepennt. Aber wir können ja schon langsam mit dem Kochen anfangen, dann ist das Essen fertig, wenn er wieder wach ist. Außerdem werde ich sonst verhungern, wenn wir nicht langsam damit anfangen.“ „Das kriegt ihr ohne mich hin, oder?“ Das war eigentlich nicht als Frage gedacht und er wartete auch keine Antwort ab. Die beiden sollten etwas Zeit alleine miteinander verbringen und er sollte jetzt bei Quatre sein. Leise ging er ins Gästezimmer und schloss die Tür hinter sich. Als er sah, dass Quatre in seiner Jacke eingeschlafen war, musste er leicht den Kopf schütteln. Doch ihm diese auszuziehen würde ihn bestimmt wecken und so ließ er es. Er legte sich einfach vorsichtig zu ihm und legte den Arm um ihn. Quatre regte sich kurz, doch er schlief weiter, dafür kannte er seine Nähe einfach zu sehr, als das sie ihn jetzt aus den Schlaf reißen würde. Er legte sich immer so zu ihm, wenn Quatre vor ihm ins Bett gegangen war. Trowa musste zugeben, dass er nun doch ein wenig erleichtert war, dass Quatre es nun wusste. Das hieß, dass er ihn nicht mehr belügen musste. Das war mit das Schlimmste an der ganzen Sache gewesen. Er lauschte Quatres Atem und schloss nun ebenfalls die Augen. Quatre war in Sicherheit und er war bei ihm. Alles war in Ordnung, er konnte sich endlich entspannen. Er rutschte noch etwas näher an seinen Prinzen und erlaubte sich, hier in seiner Nähe und in Sicherheit, über seine Gefangenschaft nachzudenken. Sie hatte ihm gezeigt, wie sehr er mittlerweile am Leben hing und dass der Wunsch zu leben einem sehr viel Kraft geben konnte. Jede Minute hatte er daran gedacht. Lebe! Er wartet auf dich! Egal was passiert, egal was es kostet, kämpfe unerbittlich, damit du am Leben bleibst! Und das hatte er getan. Er hatte die Kälte durchgehalten, die Schläge, die Dunkelheit, die aufkeimende Angst. Er hatte alles ertragen und hatte gekämpft, als sich die Möglichkeit ergab. Er hatte gekämpft und getötet, damit er am Leben blieb. Damit Quatre am Leben blieb. Es war nicht schön gewesen. Einige waren sehr jung gewesen, einige hatten ihn angefleht, sie zu verschonen. Wahrscheinlich würde ihn das verfolgen, doch das war Nebensache. Denn er hatte am Leben bleiben müssen. Er musste leben. Trowa presste die Lippen zusammen und konzentrierte sich wieder mehr auf Quatres ruhigen Atem. Das half. Das machte es so viel erträglicher, was er erlebt hatte. Alles war gut. Er war am leben. Quatre wurde wach, weil ihm so warm wurde. Er strampelte etwas, um die Decke von sich zu treten, dabei traf sein Knie etwas und er hörte ein schmerzverzerrtes „Uff.“ Das veranlasste ihn, die Augen zu öffnen. Trowa lag neben ihm und er hielt sich mit einer Hand den Mund zu. Nun, dass Trowa neben ihm lag und er noch seine Jacke trug, erklärte, wieso ihm so warm war. Und die andere Hand, die Trowa im Schritt hatte, erklärte, was sein Knie vorhin getroffen hatte. „Oh shit, tut mir leid! Geht es?“ „Uhh.. ja.. ich denke.“ Quatre hatte sich mittlerweile aufgesetzt und sah schuldbewusst auf Trowa hinab. „Tut mir wirklich leid, das war keine Absicht.“ „Schon okay…“ Quatre konnte es nur hoffen, immerhin brauchte er Trowas bestes Stück noch. Er küsste einmal seine Stirn, dann zog er sich Trowas Jacke aus, weil ihm noch immer warm war. „Konntest du dich etwas erholen?“ „Ja.. es geht schon.“ „Mit Duo alles geklärt?“ „Ich kann nicht glauben, dass du es ihm einfach so gesagt hast. Dafür hättest du sieben Tage verdient!“ Trowa seufzte leise und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. „Quatre.. tut mir leid, aber ich hatte Angst, wenn ich ihm nicht alles erkläre, dass er dafür sorgt, dass du mich nicht mehr sehen willst. Er ist dein bester Freund und ich weiß, dass du auf seine Meinung wert legst. Ich konnte das einfach nicht riskieren. Und wie du weißt, war ich mir schon immer sicher, dass er das verstehen würde. Und das hat er, oder?“ Quatre zupfte etwas an der Bettdecke rum, dann nickte er aber. „Ja.. es ist alles gut zwischen uns. Aber ich hatte echt Angst, als er plötzlich damit anfing.“ „Komm her..“ Quatre legte sich wieder zu ihm, sein Kopf ruhte auf Trowas Brust und er konnte sein Herz schlagen hören. „Sei nicht sauer auf mich, okay?“ „Bin ich nicht..“ „Gar nicht mehr?“ „Gar nicht mehr. Aber nie wieder Lügen, in Ordnung?“ „In Ordnung.“ Eine Weile kuschelten sie noch miteinander, dann standen sie aber auf, weil Heero sie zum Essen rief. Quatre wurde das Gefühl nicht los, dass Wufei wegen ihm und dem ganzen Chaos, welches er angerichtet hatte, gegangen war und es war ein wenig seltsam, dass sie jetzt nur noch zu viert waren. Aber die anderen schien das nicht zu stören, denn die Stimmung war gut. Er versuchte, nicht weiter daran zu denken. Der Abend lief ruhiger ab als der gestrige und auch wenn Wufei abgereist war und damit die Couch wieder frei war, ließ Quatre Trowa bei sich im Bett schlafen. Aller Diskussionen zum Trotz war seine Nähe nach all der langen Zeit der Abwesenheit viel zu schön, als das er jetzt darauf verzichten konnte. Er war sich sicher, dass Trowa ebenfalls wusste, dass ihn keine Couch-Tage erwarten würden. Nicht hier und auch nicht zu Hause. Am nächsten Morgen reisten sie ab. Dieses Mal kam Heero mit zum Flughafen, um sie dort zu verabschieden. Quatre drückte sie beide herzlich, so wirklich sauer konnte er auf Heero auch nicht sein. Immerhin hatte er das alles für Trowa und auf dessen Wunsch hin getan. „Ruf mich an, wenn ihr angekommen seid.“ „Werde ich. Ich vermisse euch jetzt schon. Lasst uns nicht wieder bis Weihnachten warten, bis wir uns alle sehen.“ „Das war definitiv eine Einladung. Ist angenommen. Über den genauen Termin reden wir dann.“ Quatre musste lachen und drückte Duo noch einmal. Als sie zu Hause ankamen, steckte ein großer Umschlag im Briefkasten, der an ihn adressiert war. Quatre öffnete ihn und fand eine Nachricht von Wufei darin. Quatre, es tut mir leid. Frohe Weihnachten. Mehr stand nicht auf diesen Zettel und als er die weiteren Seiten herausholte, sah er, dass es sich um Rezepte handelte. Er hatte Wufei begeistert für das Essen gelobt und ihm gestanden, dass er gerne auch mal so etwas wirklich Leckeres für Trowa kochen wollte. Doch er hatte Wufei nicht nach dem Rezept gefragt, weil es immerhin ein geheimes Familienrezept war. Nun hielt er es aber in der Hand. Alles war dabei, die Suppe, die Teigtaschen, alles für das Fleisch und genau beschrieben, wie man es zubereiten musste. Während Trowa ihre Taschen nach oben brachte, ging sein erster Anruf an Wufei. Für dieses tolle Geschenk musste er sich sofort bei ihm bedanken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)