Alea iacta est - der erste Wurf von AtraRosa ================================================================================ Kapitel 1: Mondscheintunier --------------------------- Juliana stützte sich auf dem Besen ab und blickte gedankenverloren aus dem Fenster. In der Ferne sah sie die Turmspitzen des Schlosses in die Höhe ragen und malte sich, wie schon so oft, aus wie es wohl innerhalb der Mauern aussah. Über den Schlossherren rankten sich allerlei Mythen die sowohl Bewunderung wie auch Verachtung und Angst in den Menschen hervorriefen. Die einen bezeichneten ihn als hochmütigen Edelmann, dessen Stolz es ihm verbot, sich selbst unters gewöhnliche Volk zu mischen. Andere wiederum erzählten sich gar, er wäre ein Dämon, der dazu verdammt sei, sein Leben in der Dunkelheit zu fristen. Einige behaupteten auch, vor allem dann, wenn sie dem Wein etwas zu sehr zugetan waren, der Schlossherr wäre einfach nur hässlich und würde sich deshalb aus Scham nirgendwo zeigen. „Juliana, träumst du schon wieder?“ Erschrocken zuckte die junge Magd zusammen, als ihre Herrin sie so unvermittelt von hinten ansprach „Verzeiht Madame, ich habe mich hinreißen lassen“, entschuldigte sie sich und beeilte sich wieder ihrer Arbeit nachzugehen. Die Komtesse trat unterdessen ans Fenster „Das Schloss hat etwas Geheimnisvolles, nicht wahr?“ Unsicher wie sie sich verhalten sollte nickte Juliana nur knapp. Ihre Herrin lächelte milde „Von der Bibliothek aus hat man einen noch besseren Ausblick darauf“, dann wurde ihre Stimme wieder etwas strenger, „Aber nun sieh zu, dass du deine Pflichten zu Ende bringst.“ „Ja Madame.“ Als sie wieder allein war warf Juliana nochmals einen kurzen Blick aus dem Fenster, und machte sich dann wieder an die Arbeit. Sie stand noch nicht lange im Dienst der Komtesse, die außer ihr selbst und einem Stallburschen keine weiteren Bediensteten hatte, aber sie wurde sehr gut von ihr behandelt und wollte es sich keinesfalls mit ihr verderben. Als sie all ihre Pflichten erledigt hatte, begab Juliana sich in die Bibliothek. Ganz wohl fühlte sie sich nicht dabei, da sie hier eigentlich nichts zu suchen hatte, aber ihre Neugier war einfach zu groß. Tatsächlich gab es dort ein bodentiefes Fenster, von dem man weit mehr als nur die Turmspitzen des Schlosses erkennen konnte. „Juliana?“ Schnell eilte sie wieder hinaus, als sie die Komtesse rufen hörte. „Ja Madame, ihr habt gerufen?“ „Ich habe noch einige Dinge außerhalb zu erledigen und benötige deine Dienste für heute nicht mehr.“ Mit einer leichten Verbeugung bedankte sich Juliana und zog sich in ihre Kammer zurück. ~ Am nächsten Morgen erwachte Juliana viel zu spät und musste sich dadurch sehr beeilen, um das Frühstück rechtzeitig zu servieren. Als sie fertig aufgetischt hatte und den Raum wieder verlassen wollte, wurde sie nochmals an den Tisch zurück gerufen. Gedanklich legte sie sich bereits eine Entschuldigung zurecht, da sie in ihrer Hektik sicher etwas falsch gemacht oder vergessen hatte „Ist etwas nicht in Ordnung, Madame?“, fragte sie vorsichtig, aber die Komtesse schüttelte zu ihrer Erleichterung den Kopf „Sieh zu, dass du dich etwas zurecht machst. Du wirst mich nachher auf den Markt begleiten.“ Überrascht sah Juliana ihre Herrin an „Wirklich?“, fragte sie ungläubig, besann sich aber sofort wieder, „Ich meine, natürlich Madame“, sagte sie und bemühte sich, ihre Aufregung zu verbergen, bis sie allein in ihrer Kammer war. Sicher, sie würden vermutlich nur einige Erledigungen machen. Aber in dem Hause in dem Juliana zuvor mit ihrer Schwester gedient hatte, war es ihr stets verboten gewesen, sich vom Anwesen zu entfernen. Nachdem sie sich gewaschen hatte suchte sie von den wenigen Kleidern die sie besaß das am wenigsten geflickte heraus und versuchte erfolglos, ihre lockigen Haare ein wenig zu bändigen. Als sie sich auf den Weg machte, spielte Juliana nervös mit ihren Händen: ‚Beruhig dich Juliana! Du begleitest nur deine Herrin auf den Markt. Das ist nichts besonderes für eine Dienstmagd!‘, sagte sie sich in Gedanken immer wieder, aber es half nicht viel. Fasziniert beobachtete sie schließlich das rege Treiben um sie herum und registrierte somit erst, als ihr Name fiel, dass sie bei einem Schneider standen und ihre Herrin offenbar Kleidung für sie in Auftrag gab. „Aber Komtesse, so teure Stoffe für eine einfache Magd?“, fragte der Schneider gerade verwundert und musterte Juliana skeptisch. Unbehaglich wandte diese ihren Blick sofort zum Boden. Die Komtesse setzte ein strenges Gesicht auf „Nun, sie soll mich zum Turnier aufs Schloss begleiten. Dafür bedarf es vernünftiger Kleidung, alles andere wäre eine Beleidigung für mein Ansehen!“ Ihr Gegenüber verneigte sich leicht „Natürlich Komtesse“, sagte er in entschuldigendem Ton, wandte sich dann an Juliana und bedeutete ihr, ihm zu folgen. Unsicher sah diese zu ihrer Herrin, welche ihr ermutigend zunickte. Mit einem seltsamen Gefühl, dass sie nicht wirklich als gut oder schlecht bezeichnen konnte, lies Juliana den Schneider maß nehmen und stand dann verlegen daneben, als der Stoff ausgewählt und alles Nötige besprochen wurde. Noch immer mit gesenkten Blick folgte sie der Komtesse anschließend wieder durch das Getümmel. „Geh gefälligst aufrecht Juliana. Den Blick stets auf mich gerichtet, aber nicht wie eine schwächliche Sklavin, sondern mit Haltung, verstanden?“, ermahnte diese sie leise, aber bestimmt. Juliana nickte und tat wie ihr geheißen, aber es viel ihr sichtlich schwer. Bisher wurde ihr immerhin stets eingebläut, sich immer dem Stand als einfache Bedienstete entsprechend zu verhalten. Erst als sie sich auf den Rückweg machten und die Stadt hinter sich gelassen hatten, kamen ihr die Worte der Komtesse wieder in den Sinn und drängten ihr eine Frage auf die sie los werden musste „Verzeiht mir die Frage Madame, aber von welchem Turnier habt ihr vorhin gesprochen?“ „Nun, der Schlossherr hat zu einem, wie er es nennt, Mondscheinturnier geladen, indem sich die Ritter des Landes unter dem Vollmond miteinander messen sollen. Selbstverständlich muss ich mich bei einem solch seltenen Ereignis sehen lassen und du wirst mich begleiten“, erklärte ihre Herrin. Juliana konnte es kaum glauben, das konnte nur ein Traum sein „Ich darf wirklich mit euch aufs Schloss kommen?“ Die Komtesse nickte lächelnd „Aber bis dahin musst du noch einiges lernen. Es ist für eine Frau nicht leicht sich den Respekt zu verschaffen, den ich genieße. Selbigen kann ich mir nicht von einer Magd zunichtemachen lassen, die nicht entsprechend aufzutreten weiß.“ ~ In den nächsten Tagen fand Juliana kaum einmal Ruhe, da sie nach Erledigung ihrer Pflichten stets noch an ihrer Haltung und ihrem Verhalten arbeiten musste. Es war anstrengend und die Komtesse häufig sehr streng und trotzdem fühlt sie sich so gut wie noch nie. Bisher hatte sie keiner wirklich wahrgenommen. Selbst ihre Schwester hatte sie immer nur herumkommandiert und jetzt stand sie vor einem großen Spiegel und betrachtete sich in dem wundervollen Kleid, dass ihre Herrin für sie hatte anfertigen lassen. Es war natürlich immer noch einfach gehalten und konnte in keiner Weise mit dem der Komtesse mithalten, aber für Juliana war es einfach traumhaft. „Du solltest sparsam damit umgehen, deine Gefühle so offen zu zeigen“, mahnte die Komtesse, als sie sich mit einem strahlenden Lächeln im Spiegel betrachtete. Schnell bemühte sich Juliana wieder um eine neutrale Haltung „Ja Madame. Ich bin nur so schrecklich nervös“, gestand sie. „Das kannst du auch, du darfst es dir nur nicht anmerken lassen, oder siehst du mir etwa Aufregung an?“; fragte ihre Herrin. Juliana schüttelte energisch den Kopf „Natürlich nicht! Weshalb solltet ihr aufgeregt sein.“ Die Komtesse lachte, was eine wirkliche Seltenheit war „Vermutlich bin ich nahezu genauso nervös wie du. Es war schon seit vielen Jahrzehnten keiner mehr aus meiner Familie auf dem Schloss“, erklärte sie, ging auf ein Gemälde zu und winkte Juliana zu sich „Das war die Schwester meines Urgroßvaters, Letitia mit dem damaligen Schlossherren. Man sagt, dass sie ihm wohl sehr zugetan war.“ Juliana betrachtete interessiert das Bild. Es strahlte etwas geheimnisvolles aus. Das Paar darauf war einander zugewandt und die Augen beider waren von seltsamen Masken verdeckt. „Aber wenn sie ein Paar waren, weshalb kam dann keiner mehr aus ihrer Familie aufs Schloss?“, fragte sie, und biss sich gleich darauf auf die Unterlippe, weil sie so neugierig war. Unsicher sah sie zur Komtesse, aber diese schüttelte nur mit leichtem Lächeln den Kopf „Sie waren kein Paar. Ihre Zuneigung war offenbar recht einseitig. Als sie einige Zeit später mit einem anderen vermählt werden sollte verschwand sie plötzlich spurlos. Seither war keiner mehr auf dem Schloss“, erzählte sie weiter und zuckte dann knapp mit den Schultern, „Zumindest erzählt man es sich so. Aber genug der alten Geschichten, wir sollten uns auf den Weg machen.“ ~ Dicht an dicht drängten sich die Leute durch das Schlosstor. Den Gesprächsfetzten um sie herum konnte Juliana entnehmen, dass die wenigsten her gekommen waren um das Ritterturnier zu bejubeln. Nahezu jeder wollte lediglich einen Blick auf den Schlossherren werfen, um den sich so viele Mythen rankten. Endlich traten auch sie durch das Tor, allerdings blieb Juliana kaum Zeit sich umzusehen, da sie sonst Gefahr lief ihre Herrin aus den Augen zu verlieren, welche ihr zuvor noch eingebläut hatte stets in ihrer Nähe zu bleiben. Nachdem sich das Gedränge etwas gelegt hatte, wies die Komtesse sie an, an einer gut wiederzufindenden Stelle auf sie zu warten und sich nicht von der Stelle zu rühren. Scheinbar war sie nicht die einzige, der es so erging, denn neben ihr standen noch drei weitere Mägde, die offenbar allein gelassen wurden. Im Gegensatz zu ihr selbst unterhielten diese sich angeregt und schienen über ihre Herren zu lästern. Juliana entfernte sich demonstrativ noch um zwei Schritte und wandte ihren Blick in eine andere Richtung. Sie würde niemals so schlecht über die Komtesse sprechen. Endlich bot sich ihr die Möglichkeit ihre Umgebung etwas genauer zu betrachten. Inmitten des großen Schlosshofs war eine Arena abgesteckt, in der die Ritterkämpfe stattfinden sollten. Dahinter war eine Art Empore errichtet worden, die wohl für die Schlossherren vorgesehen war. Zumindest vermutete Juliana das, aufgrund der reichen Verzierungen und der Wachen, die davor standen und dafür sorgten, dass keiner dem noch verwaisten Platz zu nahe kam. Zu ihrer Linken huschte jemand vorbei und verschwand in einem Durchgang ins Schlossinnere. Juliana ertappte sich bei der Überlegung ihm zu folgen. So oft hatte sie sich ausgemalt, wie es wohl innerhalb der Mauern aussehen würde, nun da sie in dem prächtigen Hof stand, war die Neugierde wie es wohl drinnen aussehen würde noch größer. Prüfend hielt sie Ausschau nach der Komtesse, konnte sie aber nirgendwo entdecken. Unruhig trat sie von einem Fuß auf den anderen. Immer wieder schweifte ihr Blick zu dem so nahen Zugang ins Schloss. ‚Nur ein ganz kurzer Blick. Ich schaue um die Ecke und bin dann auch sofort wieder draußen ehe es jemand bemerkt‘, dachte sie sich. Unauffällig ging sie noch ein paar Schritte rückwärts und verschwand dann schnell im Eingang. Einen Moment presste sie sich mit angehaltenem Atem an die Mauer in der Befürchtung, dass sie jemand gesehen hatte, aber es kam keiner um sie wieder hinauszuwerfen. Leise schlich sie den Gang entlang. Viel erkennen konnte sie nicht, scheinbar machte man sich nicht die Mühe, die Gänge für die Bediensteten extra zu beleuchten, obgleich überall Fackeln an den Wänden hingen die man hätte entzünden können. Nachdem sie ein ganzes Stück gegangen war, stand sie vor einer Tür und hatte bereits die Hand danach ausgestreckt, ehe sie zögerte und über die Schulter zurück blickte. Sie sollte das nicht tun. Was, wenn man sie erwischen würde? Angespannt lauschte sie auf ein Geräusch. Schritte oder Stimmen, aber das einzige was sie hörte, war der gedämpfte Lärm der vom Schlosshof hereindrang. Ein kurzer Blick hinter die Tür, dann würde sie sofort wieder nach draußen eilen, ehe ihre Herrin zurück kam. Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, hatte sie auch schon die Tür geöffnet und stand in einem breiten Flur mit prächtig verzierten Wänden. Etliche Gemälde hingen dort zwischen massiven Kerzenhaltern und schönen Wandteppichen. Juliana drehte sich um die eigene Achse und lies ihren Blick fasziniert bis hinauf zu der hohen Decke wandern. „Dies scheint mir nicht der rechte Ort für dich zu sein.“ Juliana erstarrte, als sie die Stimme hinter sich vernahm. Langsam drehte sie sich um und blickte in das strenge Gesicht einer Frau, die sich ihr völlig lautlos genähert hatte. Ein seltsamer Schauer überkam Juliana beim Anblick der makellosen Gestalt die ihr gegenüber stand. Ihre Haut war so blass, als hätte sie noch nie einen Sonnenstrahl gesehen und wirkte doch durch und durch gesund. Das hellbraune Haar hatte sie hochgesteckt und die blauen Augen fixierten sie. Unbehaglich wandte Juliana den Blick zu Boden „Ich… verzeiht… ich… habe mich wohl etwas verlaufen…“, stotterte sie. Was hatte sie sich nur dabei gedacht. „So, verlaufen“, wiederholte die Frau, die nun direkt vor ihr stand. Abermals schauderte Juliana und sie wagte nicht aufzusehen. „Die Tür zu deiner Rechten führt dich nach draußen. Beeil dich besser, ehe der Hofmarschall dich entdeckt. Er pflegt deutlich weniger Nachsicht mit unerwünschten Gästen zu zeigen, als ich es tue.“ Juliana blinzelte überrascht und stand noch einen Augenblick wie erstarrt da, ehe sie so schnell sie konnte durch die Tür und den dunklen Gang zurück auf den Hof stürzte. Ihr Herz schlug heftig und sie hatte Mühe wieder ruhiger zu Atmen. Wenigstens war die Komtesse noch nicht zurück und wusste somit nichts von ihrem Ungehorsam. Reglos stand sie nun da, mit erhobenem Haupt wie es ihre Herrin von ihr erwartete und wartete auf deren Rückkehr. Ihre Gedanken schwirrten immer wieder um die Frau, welche ihr seltsam bekannt vorgekommen war. Hinter ihr wurde mit einem lauten Knarren das Schlosstor geschlossen und mit einem Mal fand Juliana den, in fahles Mondlicht gehüllten Platz deutlich weniger einladend als zuvor. Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, bis ihre Herrin zurück kam und ihr mit ihrem selbstbewussten Auftreten, wieder etwas Sicherheit schenkte. Sie setzten sich in einen etwas abgetrennten Bereich, von wo aus sie einen unverdeckten Blick auf die Arena und den Platz für die Schlossherren hatten. Die Wachen die dort standen erschienen Juliana ebenfalls unnatürlich blass, aber vermutlich wirkte das nur durch das kühle Mondlicht so. Eine ehrfürchtige Stille legte sich über die Anwesenden, als schließlich der Schlossherr und seine Gemahlin angekündigt wurden und sich auf ihre Plätze begaben. Erschrocken stellte Juliana fest, dass es dieselbe Frau war, die sie zuvor so nachsichtig hatte ziehen lassen, und als ihr Name genannt wurde, fiel ihr auch wieder ein, woher sie ihr so bekannt vorkam. Ein kurzer Blick zur Komtesse verriet ihr, dass auch sie die verblüffende Ähnlichkeit der Beiden zu dem Gemälde in ihrem Heim bemerkt haben musste. Das die Frau ebenfalls Letitia hieß, schien beinahe ein Zufall zu viel zu sein. Zu guter Letzt betrat noch ein weiterer Mann die Empore, der als der Hofmarschall angekündigt wurde und bei dessen Anblick Juliana große Erleichterung überkam, nicht von ihm erwischt worden zu sein. Mit seinem langen schneeweisen Haar und dem emotionslosen Gesichtsausdruck wirkte er tatsächlich alles andere als nachsichtig. Während die meisten Anwesenden bald das Interesse am Anblick des Schlossherren verloren und sich auf das Turnier konzentrierten, schweifte Julianas Blick immer wieder zurück zu der Empore. Als sie einmal mehr zu ihnen sah, beugte sich Letitia gerade zu ihrem Gemahl, deutete mit einem nicken in ihre Richtung und sagte etwas zu ihm. Sowohl er, wie auch der Hofmarschall folgten ihrem Blick. Schnell wandte sich Juliana wieder dem Turnier zu und versuchte das unbehagliche Gefühl abzuschütteln, dass sie ganz plötzlich übermannt hatte. Sicher hatte sie sich nur eingebildet, dass die Frau auf sie gedeutet hatte. Immerhin war sie nur eine unbedeutende Magd. Es dauerte einige Zeit, bis sie es nochmals wagte sich den Schlossherren zuzuwenden, aber deren Aufmerksamkeit lag wieder vollends auf dem Turnier. Kaum, dass der letzte Ritterkampf zu Ende war, erhob sich die Komtesse und steuerte, gefolgt von Juliana auf das Schlosstor zu. Jedoch war dieses nach wie vor verschlossen. „Komtesse, wollt ihr uns etwa schon verlassen?“ Für einen flüchtigen Moment schien ihre Herrin genauso erschrocken wie sie selbst, als die tiefe Stimme des Hofmarschalls hinter ihnen erklang. Wie zur Hölle hatte er es geschafft, so schnell bei ihnen zu sein? Die Komtesse hatte sich allerdings ebenso schnell wieder unter Kontrolle und wandte sich ihm mit einem Lächeln zu „Hofmarschall. Ich bin erfreut eure Bekanntschaft zu machen. Ja, ich fürchte ich muss mich schon verabschieden. Es ist noch ein langer Weg zurück in die Stadt, und Morgenfrüh warten bereits wieder wichtige Pflichten auf mich“, entschuldigte sie sich. „Das ist schade“, erwiderte der Hofmarschall und richtete seinen Blick auf Juliana, „meine Herrin interessiert sich offenbar sehr für eure Magd, und hofft mit euch ins Geschäft zu kommen.“ Erschrocken trat Juliana einen Schritt hinter die Komtesse zurück. War die Schlossherrin womöglich doch nicht so nachsichtig wie erhofft? „Ich fürchte das muss ich verneinen. Sie steht nicht zum Verkauf zu Verfügung“, entgegnete die Komtesse, zu Julianas Erleichterung, bestimmt. „Ach nein? Das ist sehr bedauerlich“, stellte der Hofmarschall fest, und lächelte der Komtesse kühl zu, „Nun denn, da lässt sich wohl nichts machen, nicht wahr? Meine Herrin wird sicher enttäuscht sein.“ Er wandte sich bereits ab, als die Komtesse nochmals das Wort an ihn richtete. Jedoch klang ihre Stimme dabei seltsam ausdruckslos „Wartet. Ich möchte eure Herrin keineswegs enttäuschen. Ich werde schon eine neue Bedienstete finden“, sagte sie, trat beiseite und schob Juliana ein Stück in seine Richtung. „Aber Madame…“, wollte diese entsetzt widersprechen und erschrak über die seltsame Leere im Blick ihrer Herrin. Der Hofmarschall hatte sich ihnen unterdessen, mit einem gewissen Triumph im Blick, wieder zugewandt „Das ist wirklich überaus zuvorkommend von euch. Erlaubt mir, euch im Namen meiner Herrin diese Brosche zu überreichen. Ein altes Familienerbstück“, sagte er mit seltsamem Unterton und überreichte ihr ein Schmuckstück. Bei dem flüchtigen Blick den Juliana darauf werfen konnte, glaubte sie zu erkennen, dass es dieselbe Brosche war, welche auch die Komtesse häufig trug. „Ihr solltet euch auf den Weg machen, meine Liebe. Es scheint als würde ein Unwetter aufziehen“, sprach der Hofmarschall weiter. Irritiert sah Juliana zum sternenklaren Himmel. Die Komtesse hingegen nickte „Ja, ich sollte mich beeilen. Richtet eurer Herrin meinen Dank aus“, sagte sie noch, dann wandte sie sich um und verließ das Schloss durch die inzwischen wieder geöffneten Tore. Ungläubig stand Juliana da und wusste nicht recht was hier gerade passiert war. Völlig verunsichert folgte sie dem Hofmarschall schließlich ins Schlossinnere. Auch jetzt war ein Großteil der Gänge unbeleuchtet, und sie musste aufpassen mit ihrem Führer Schritt zu halten, der sich an der Dunkelheit nicht zu stören schien. Den Gedanken weg zu laufen verwarf sie schnell wieder, da sie bereits nach kurzer Zeit völlig die Orientierung verloren hatte. Schließlich betraten sie ein großes Zimmer mit einem Kamin indem ein gemütliches Feuer prasselte. Der Schlossherr und seine Gemahlin erwarteten sie dort bereits. „Da seit ihr ja. Habt Dank, Hofmarschall“, begrüßte Letitia sie mit amüsiertem Lächeln. Der Hofmarschall gab ein Knurren von sich und setzte sich in einen der Sessel „Ich habe euch den Gefallen getan, jetzt ist aber auch gut damit!“, betonte er. Der Schlossherr begann zu lachen „Vielleicht sollte ich dich in deinem Amt belassen. Ich finde du machst dich außerordentlich gut als Hofmarschall, mein Freund.“ „Hüte dich!“, entgegnete der Hofmarschall, oder was auch immer er tatsächlich war, mit einem Schmunzeln. Völlig verloren stand Juliana noch immer an der Tür als Letitia sich ihr zuwandte „Komm her, Kind. Setz dich ans warme Feuer“ Zögerlich ging Juliana auf sie zu. „Sieh sie dir an Liebster. Sie hat eine unglaublich starke Aura für einen Menschen, findest du nicht? Ich bin sicher sie wird uns gute Dienste leisten“, sagte Letitia und umrundete Juliana. Diese hatte den Blick zum Fenster gerichtet und sah zufällig, wie ein paar Männer auf dem bereits wieder leeren Schlosshof die Empore abzubauen begannen. Jedoch nutzten sie dabei keinerlei Hilfsmittel, um an die obersten Stellen zu gelangen, sondern schienen in der Luft zu schweben „Was… was ist das…“, stammelte sie leise, drehte sich dann ruckartig um und wich zurück, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand. Nun konnte sie die Angst die schon die ganze Zeit in ihr tobte nicht mehr zurückhalten „Die Leute haben Recht! Ihr seid Dämonen!“, stieß sie panisch hervor, entlockte den Anwesenden damit aber nur ein amüsiertes Lachen. „Dämonen sind reine Hirngespinste eurer Kirche, mein Kind. Nichts im Vergleich zu unserer Art“, erklärte sich der Schlossherr schließlich. „Aber… was seid ihr?“ Letitia schmunzelte „Habe ich es euch nicht gesagt? Voller Neugier das Mädchen“, dann wandte sie sich wieder an Juliana, „Alles zu seiner Zeit. Solange du tust was man dir sagt, hast du nichts zu befürchten“, ein kühles Lächeln umspielte ihre Lippen, „Für´s Erste.“e Stimme wieder etwas strenger, „Aber nun sieh zu, dass du deine Pflichten zu Ende bringst.“ Kapitel 2: Die Auktion ---------------------- Viktoria betrachtete sich im Spiegel während ihre zwei Halbblutzofen ihr Korsett für sie schnürten. Sie liebte es, wenn sie eine dünne Taille hatte. Allerdings war ihr schleierhaft wie Menschen es schafften damit herum zu laufen. Als Vampir störte sie es nicht, weniger Luft zu bekommen, aber Menschen mussten schließlich atmen um zu überleben. Schnell schob sie den Gedanken wieder beiseite und schlüpfte in ihr in Regenbogenfarben schimmerndes Ballkleid. Danach betrachtete sie die ebenso bunte Vogelmaske auf ihrem Schminktisch. Genau das richtige für den Maskenball auf den sie gehen wollte. Doch vorher machte sie noch ihr Make Up fertig. „Bereitet die Sänfte vor“, wies sie die Zofen an und begann sich zu frisieren. Immerhin wollte sie nicht, dass ihre Haare durch den Wind durcheinander kamen. ~ Als Henrietta die Augen aufschlug befand sie sich auf einem kühlen metallenen Boden. Ihre Kleidung hatte man ihr ausgezogen. Schemenhaft konnte sie Umrisse erkennen. Sie tastete um sich und erkannte das sie in einem Käfig gefangen war. An den Verschluss kam sie nicht heran. Um sie herum schienen mehrere mannshohe Kerzenständer zu stehen, an denen aber kein Licht brannte. Verzweifelt versuchte sie sich daran zu erinnern, wie sie hier hergekommen war. Doch ihre Erinnerung war wie leergefegt. Das Letzte, an das sie sich erinnerte war, dass sie im Garten gesessen hatte und an einem neuen Kleid gearbeitet hatte. Ein Geräusch lenkte Henriettas Aufmerksamkeit zurück ins hier und jetzt. Ein Luftzug ließ sie frieren und sie wusste jemand war hereingekommen. Seltsam war, dass sie keinen Lichtspalt hatte entdecken können. War der Raum so verwinkelt das die Tür nicht zu sehen war? Eine Gestalt näherte sich dem Käfig und begann den Kerzenhalter zu bestücken und anzuzünden. Erschrocken wich sie zurück, als sie erkannte, dass der Mann eine Art metallenen Maulkorb trug. Bis ihr bewusst wurde, dass er ebenso hier festgehalten werden musste wie sie. „B-Bitte, lasst mich heraus…“, flüsterte sie und sah sich vorsichtig um, ob auch niemand lauschte. Doch er reagierte nicht und machte stoisch mit dem entzünden der Kerzen links und rechts von ihr weiter. Das Feuer machte es etwas angenehmer, aber sie konnte nur ein klein wenig weiter sehen als vorher. Es wirkte wie ein großer Saal. Sie schien in irgendeiner Burg zu sein. „Nein lass mich nicht allein“, flehte sie, als der Diener in der Dunkelheit verschwand, aber ohne eine Reaktion zu zeigen verließ er ihr Blickfeld. ~ Das Grollen und Blitzen sorgte dafür, dass Viktoria froh war, sich mit der Sänfte durch die Nacht fliegen zu lassen. Die dicken Vorhänge hielten den Regen ab. Ohne zu Murren setzten ihre Halbblüter sie unter einem geschützten Dach ab und achteten darauf, nicht zu nah an sie heran zu treten um den Boden nicht vor ihr aufzuweichen. Ihr Gastgeber holte sie sogar persönlich ab. „Sie sind sehr früh, aber das trifft sich gut, ich wollte euch ein paar der Stücke noch vor der Auktion zeigen.“ Galant bot er ihr seinen Arm an, sie hakte sich ein und ließ sich zu dem großen Ballsaal des Anwesens führen. An den Wänden standen ein Haufen zerbeulter und verdreckter Rüstungen. Angeblich alles Jäger, die ihr Gastgeber schon getötet hatte. Einige der Halbblüter polierten noch an den letzten Stücken die aufgebaut waren herum und verließen fluchtartig den Raum als sie ihren Herren mit Viktoria hereinkommen sahen. Ein Dolch stach besonders ins Auge. Interessiert näherte sich Viktoria dem Stück und betrachtete es. „Eine exakte Kopie von Draculas Dolch.“ Mit fragendem Blick richtete sie sich wieder auf „Wozu? Wer will so einen Schund?“ „Du glaubst gar nicht wie viele Dummköpfe mir glauben werden, er seie echt.“ Interessiert musterte Viktoria die Schmuckstücke. „Hast du etwas herausgefunden über den Ring, den eine Hexe erschaffen haben soll, damit Vampire am Tag herum wandeln können?“ Doch er lachte nur amüsiert. „Das ist nur ein dummes Gerücht, das ein Jäger gestreut hat. Aber sieh dir das an.“ Damit führte er sie zu einem Ring mit einem Weiß, grauen Edelstein der strahlte wie der Vollmond. „Dieser Ring, soll verflucht sein und uns sogar so empfindlich machen, dass selbst das Mondlicht uns verbrennt. Schade das es heute bewölkt ist und wir es nicht sehen können.“ Wehmütig blickte er zum Fenster. Ein Blitz warf ein faszinierendes Schattenspiel auf sein Gesicht. Schade, dass er es später unter einer Maske verstecken würde. ~ Wie viel Zeit vergangen war konnte Henrietta nicht sagen. Inzwischen brannte das Kerzenlicht unangenehm auf der Haut. Immer wieder waren Menschen durch den Saal gehuscht und hatten noch etwas aufgebaut oder gewischt. Eine Kleiderpuppe mit ihrem Kleid wurde dicht neben den Käfig gestellt. Auf der anderen Seite ein Tisch mit kleinen Häppchen und einer Karaffe mit Wasser. Genau so weit entfernt, dass sie sie nicht in die Finger bekam. Dann kam ein Mann auf sie zu, der Kleidung nach der Hausherr. An seiner Seite eine Frau in einem Kleid mit so vielen Farben, das Henrietta für einige von ihnen nicht mal einen Namen wusste. In ihrer Hand trug sie eine Maske an einer Stange. Gelangweilt blickte die Hausherrin an Henrietta runter und betrachtete dann das Kleid. Peinlich berührt versuchte sich Henrietta so gut es ging zu bedecken. „Menschen habe ich diesmal nicht so viele zusammenbekommen aber auf diese bin ich sehr stolz. Sie ist jung, unberührt und im besten Alter für die Zucht. Man kann sie auch wandeln und Hausarbeiten von ihr machen lassen.“ Skeptisch ließ die Frau von dem Kleid ab, dessen Nähte sie sehr genau inspiziert hatte. Grob schlug sie mit der Stange gegen den Käfig und sah Henrietta an. „Zeig mir deine Hände!“ Panisch presste sie die Hände an ihre Brust und rutschte, soweit es der Käfig zu ließ, von dieser Frau weg. Doch das brachte nicht viel. Stattdessen schlug diese noch zweimal gegen den Käfig und der Hall der Schläge klingelte in ihren Ohren wieder. In der Hoffnung dann endlich Ruhe zu bekommen streckte sie ihre zitternden Finger vor. „Die hat doch noch nie in ihrem Leben gearbeitet.“, folgerte die bunte Frau und betrachtete ihre Hände, als könnte sie daraus lesen. Fasziniert sah Henrietta sie an. „Sind sie eine Hexe?“ ~ Die Frage dieses Menschen war so dreist, dass Viktoria kurz überrascht war. Gemeinsam brachen sie Beide in schallendes Gelächter aus. „Letzten Endes wird die nicht mehr als ein Mitternachtssnack werden.“, schlussfolgerte sie und sah ihren Begleiter an. Doch dieser zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Solange ich bezahlt werde, ist mir das egal.“ So hakte sie sich bei ihm ein und gemeinsam machten sie sich auf den Weg in den Garten bis die Gäste eingetroffen waren. „Das Kleid, das du so bewundert hast, hat das Mädchen selbst genäht. Du hast doch immer nach einer talentierten Schneiderin gesucht. Mit etwas Training würde sie sicher ein wunderbares Halbblut. Bis sie alt genug ist, kannst du sie ja dennoch zur Zucht nutzen.“ Nachdenklich sah Viktoria Ambrosius in die Augen. „Vielleicht biete ich mit.“ Doch eigentlich war sie nur zweitrangig an dieser Auktion interessiert. Auch wenn sie sich fragte was er an diesem Menschen so faszinierend fand. Er war ein Sammler und mochte nur besonders Schönes oder Seltenes. Bisher wirkte sie nicht so, als wäre sie eines von beidem. ~ Inzwischen war das Fest in vollem Gange. Ständig blieb einer dieser Besucher vor ihr stehen und betrachtete sie wie ein Stück Vieh. Wie zur Belustigung zwangen sie sie ihnen aus der Hand zu essen. Die Angst und der Hunger trieben sie dazu das Spiel mitzuspielen. Vielleicht verloren sie dann die Lust an dem Spiel und brachten sie zurück. Sie blinzelte die Tränen weg. Sie durfte nicht schwach wirken und vor diesen Monstern weinen. Obwohl der ganze Saal voll mit Menschen war, war die Beleuchtung spärlich, doch keiner dieser Leute schien sich daran zu stören. Alles war so merkwürdig. Musik wie sie sie noch nie gehört hatte begann zu erklingen und immer wieder war das klingeln von Glöckchen zu hören. Inmitten der Menge gab es Bewegung. Etliche Tänzerinnen und Tänzer die die Menge in ihre Darbietung einbanden. Noch immer schien sich niemand daran zu stören, dass sie in diesem Käfig saß. Wie viele dieser bösartigen Wesen konnte es denn nur geben? Immer wieder erinnerte sie ein kalter Luftzug, dass sie nichts hatte um ihre Blöße zu bedecken, was noch erniedrigender war, wenn sie sah wie schön die Masken und Kleider der Gäste waren. Eine Frau mit schneeweißem Kleid und einigen weißen Blüten am Revier und einer weißen Halbmaske mit ihrem Partner komplett in Schwarz und einer Maske die wie eine sehr hässliche gehörnte Echse aussah liefen die ganzen Exponate ab. Während sie alles betrachtete, als wäre es der größte Schatz den sie je gesehen hatte sah er sich um, schien nichts wirklich lange im Blick zu behalten. Es war wegen der Maske schwer zu sagen, aber sie vermutete, dass er gelangweilt war. „Sieh mal, ein gerade erwachsener Mensch.“ Unsicher wich Henrietta zurück so weit es ging. Im Licht der Kerzen blitzten die Eckezähne der Frau auf, welche viel länger waren als der Rest. Wie bei diesen Kreaturen, vor denen ihr Vater sie immer gewarnt hatte. Der Nosferatu, ein Vampir. Immer hatte sie ihn für verrückt gehalten. So hatten es ihre Verwandten ihr immer versichert. ~ Den ersten Tanz schenkte der Gastgeber Viktoria. Danach lernte sie einige der Anwesenden kennen, die sie bisher nicht kannte. Sie alle hatten lediglich gemeinsam, dass sie sich nicht Dracula und seinen Regularien unterwarfen. Aber immer wieder nutzen sie Beziehungen untereinander um Ressourcen und noch viel öfter Gefallen einzutauschen. Das waren wichtige Güter. Das Menschenmädchen war für die meisten uninteressant. Deswegen würde der Preis nicht sehr hoch werden. Wenn sie wirklich dieses Kleid genäht hatte wäre sie wirklich eine gute Ergänzung. Doch erstmal begrüßte Ambrosius alle Anwesenden. Die anderen Menschen wurden hereingeführt. Die Kräftigen und einige Kinder sollten verkauft werden. Die schwachen wurden unter die Menge gescheucht damit man sich an ihnen bedienen konnte. Nur eines der jungen Mädchen, brachte er direkt zu Viktoria. „Für meinen besonderen Gast.“ Nach einem kurzen Handkuss ließ er sie mit dem kleinen Mädchen zurück. Ihre Augen verfolgten ihn noch einen Moment, ehe sie sich wieder in den Divan setzte und die Kleine Süßigkeit austrank, bevor noch jemand auf die Idee kam, sie ihr wegzutrinken. ~ Henriettas Befürchtungen bestätigten sich. Alte und schwache Menschen wurden durch den Raum getrieben und nach der Rede wurde jeder von ihnen von unzähligen der Anwesenden gebissen. Panisch schrie sie auf, doch keiner reagierte auf sie. Die anderen Gefangenen rissen an ihren Ketten und versuchten sich zu befreien doch es funktionierte nicht. Stattdessen wurden sie scheinbar mit einem hypnotischen Blick ruhig gestellt. Die Erkenntnis, dass es keine Rettung geben würde sickerte tief in Henriettas Bewusstsein. Ihr Vater war ständig auf Reisen, er würde nicht wissen wo sie war. Nur Dumpf drang es zu ihr durch, dass die Blicke auf ihr ruhten. „Ein besonderes Exemplar, im besten gebärfähigen Alter, gut in Näh- und Stickarbeiten.“ Dabei wies der Hausherr auf ihr Kleid. „Und was sie zu einer besonderen Kostbarkeit macht, sie ist die Tochter eines Vampirjägers, der schon einige der unseren auf dem Gewissen hat.“ Ein Raunen ging durch die Menge. Als wäre sie ein Schmuckstück boten sie einer nach dem anderen Gold auf sie. Am Ende bekam die Regenbogendame den Zuschlag. „Doch nun zu den wertvollen Schmuckstücken dieser Auktion…“, säuselte der Vampir und begann einige Schmuckstücke zu präsentieren. Ihre Käuferin kam auf sie zu und betrachtete sie. „Die Tochter eines Jägers?“ Warum konnte Henrietta nicht sagen aber sie nickte automatisch. Obwohl sie nicht antworten wollte. ~ Fasziniert betrachtete Viktoria das Menschenmädchen. Der Jäger würde keine Spur haben, die ihn hier her führte. Das war klar. Sonst hätte Ambrosius niemals das Mädchen in sein Schloss gebracht. Zwar liebte er Besonderheiten und war risikobereit, aber er würde sein Heim niemals in Gefahr bringen. Nun war es soweit das Ambrosius den Ring anbot. Natürlich erzählte er, dass es jener Ring sei. Sein künftiger Besitzer würde schon lernen nicht jede Geschichte die er erzählte zu glauben. Es bedeutete ihr viel, dass er zu ihr stets ehrlich war und ihr sagte wenn er etwas verkaufte, dass nicht das war, was es zu sein schien. Im Gegenzug dazu behielt sie seine Geheimnisse für sich und bisher war er noch immer damit davon gekommen. Stolz legte der Käufer den Ring sofort an. Der Dolch wurde ebenfalls hoch verkauft. Allerdings gab es dort weit weniger Bieter. Die meisten ahnten, dass er eine Fälschung war. Aber wie er bereits prophezeit hatte, gab es immer Käufer. Der restliche Abend verlief nicht gerade schön. Ständig war ihr Gastgeber von anderen umringt und er machte ihnen genauso schöne Augen wie auch ihr. Als sie sich verabschiedete bot er nicht mal an sie zu begleiten. Ungehalten befahl sie dem Mensch das Kleid anzuziehen, damit sie auf dem Rückflug nicht erfror. Gerade wollte sie in die Sänfte steigen. Als auch andere Sänften und Kutschen bereit standen. Der Himmel hatte aufgeklart. Der Käufer des Ringes trat heraus und schrie auf. Erschrocken wandten sich alle zu ihm und konnten zusehen wie seine Haut blasen Schlug, schneller und schlimmer als in direkter Sonneneinwirkung. Offenbar war es ihm unmöglich den Ring abzustreifen. Ein anderer Vampir kam dazu und schnitt ihm mit einem Dolch Zwei Finger ab, weil er einfach nicht still hielt. Der Ring fiel klirrend zu Boden und leuchtete verlockend schön. Als Viktoria den Kopf hob, sah sie Ambrosius auf dem Balkon der das Geschehen mit einem Funkeln in den Augen verfolgt hatte. Dieser wundervolle Mann. Mit diesem Gedanken stieg sie in die Sänfte und ließ sich nach Hause bringen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)