Star Trek - Icicle - 08 von ulimann644 (Wechselwirkung) ================================================================================ Kapitel 1: Spiegelbild der Gegenwart: Der Auftrag ------------------------------------------------- ISS ICICLE / ICC-79823 Sternenzeit: 59016.4 Nahe des vierten Planeten des Farrolan-Systems - Spiegeluniversum Die Brücken-Crew der ICICLE nahm Haltung an und entbot den Imperialen Gruß, als die hochgewachsene Andorianerin die Kabine von Turbolift-1 verließ und das Kommandozentrum des Leichten Angriffsträgers betrat. Die Rangabzeichen am Kragen ihres roten Uniformpullis waren einmalig. Es gab nur einen Großadmiral der Sternenflotte des Neuen Terranischen Imperiums und nur eine Andorianerin auf dem höchsten militärischen Posten, den der Imperator des Terranischen Imperiums zu vergeben hatte. Auf der linken Brustseite ihrer Uniform glänzte der Kommunikator, in Silber und Gold. Geformt wie das Imperiale Logo, dass seit Jahrhunderten für das, von den Menschen der Erde geschaffene, Sternenimperium stand. Anders, als noch im letzten Jahrhundert, waren die Andorianer, die sich im Kampf des Imperiums gegen die Allianz an die Seite der Terraner gestellt hatten, nun gleichberechtigte Partner der Menschen. Keine Sklaven des Imperiums, wie vor zweihundert Jahren noch. Unter der unerbittlichen Knute von Imperatrice Hoshi Sato. Großadmiral Varinea Thren blieb stehen, erwiderte den Gruß und sah sich um. In ihren tiefblauen Augen funkelte jener Fanatismus, den man in ihrer Stellung und besonders bei ihren Ambitionen brauchte. Denn Varinea Thren sah sich, trotz ihrer momentanen Stellung, noch nicht am eigentlichen Ziel ihrer Anstrengungen. Sie hatte zwar den zweitmächtigsten Mann des Imperiums beseitigt und dessen militärischen Rang übernommen, aber damit war sie eben nur die zweitmächtigste Person im Imperium. Über ihr stand immer noch Imperator Miles Edward O´Brien. Diesen Zustand gedachte die Andorianerin irgendwann zu ändern. Doch nicht so bald. Zuerst musste sie sich in ihrer neuen Stellung behaupten. Als Großadmiral der Imperialen Sternenflotte. Ein feines Lächeln umspielte die vollen, dunkelblauen Lippen der andorianischen Frau, deren silbrig-weißes Haar samtweich über ihre Schultern fiel. Sie wirkte wie eine Frau Ende Dreißig, doch sie würde, nach terranischer Zeitrechnung, in einigen Monaten ihren sechsundsiebzigsten Geburtstag haben. Da die mittlere Lebenserwartung für Vertreter ihrer Spezies bei knapp unter einhundertundvierzig irdischen Jahren lag, war sie damit jedoch gerade in den besten Jahren einer Andorianerin. Das machte den Captain dieses Imperialen Kriegsschiffes, der gerade einmal die Vierzig überschritten hatte, in biologischer Hinsicht zu einem jungen Hüpfer. Obwohl es jedem Wesen, das auf den Gedanken gekommen wäre so etwas vor Tar´Kyren Dheran auszusprechen, schlecht bekommen wäre. Denn der Captain der ICICLE galt als mitunter ziemlich launisch und sprunghaft. In dieser Hinsicht stand er seiner höchsten Vorgesetzten in nichts nach. Kein Wunder - entstammte er doch derselben Spezies. Man sagte Dheran jedoch ebenfalls nach, dass er, trotz seines hoch emotionalen Wesens, selten impulsiv handelte. Zumeist handelte er nur dann so, wenn diese Impulsivität sich nicht mit seinen Zielen und Absichten überschnitt. Nicht zuletzt deshalb, um sich von der Erscheinung des Captains selbst ein Bild zu machen, war Großadmiral Varinea Thren persönlich hier erschienen. Sich halb zu Commodore Christina Carey umdrehend, erkundigte sie sich bei der schwarzhaarigen Frau: „Sie kennen den Captain sehr gut, wie ich erfahren habe. Kann man ihm trauen?“ „Unbedingt, Admiral“, raunte die Irin. Wohl deshalb, weil sich der Andorianer, über den sie gerade redeten, sich ihnen rasch näherte. Vor den beiden Frauen nahm der Andorianer Haltung an und meldete seiner höchsten Vorgesetzten: „Großadmiral, die ICICLE und seine Besatzung sind bereit.“ Varinea Thren sah in das Gesicht ihres Gegenübers, dessen Haut von annähernd dem gleichen Himmelblau war, wie die ihre. Obwohl deutlich jünger, wirkte Dheran etwas älter als sie, denn der Alterungsprozess setzte bei Männern ihrer Spezies früher ein, zog sich aber, in späteren Jahren, dann langsamer dahin, als bei andorianischen Frauen. Was der Oberkommandierenden der Imperialen Flotte sofort auffiel, waren die bläulich-violetten Augen des Captains, eine genetische Eigenschaft, die häufiger bei Andorianern des Sub-Kontinents Ka´Thela verbreitet war, als bei Andorianern des Sub-Kontinents Voral. Was noch stärker an ihm ins Auge sprang war die lange Narbe auf seiner rechten Gesichtshälfte. Sie zog sich von der Stirn, über das Auge hinweg, bis einen Fingerbreit über den Mundwinkel. Die Erinnerung an eine Verletzung, die er sich bei seiner Flucht von Andoria zugezogen hatte. Zu einer Zeit, als der Eismond Andoria sich noch im brutalen Würgegriff der Klingonisch-Cardassianischen Allianz befand. Varinea Thren kannte diese Episode aus dem früheren Leben des Captains nur in groben Zügen. Die Mundwinkel von Großadmiral Thren zuckten unmerklich, bevor sie erwiderte: „Danke, Captain Dheran. Da sie bereits umfassend über den Ablauf der Mission informiert worden sind, muss ich nicht noch einmal extra betonen, wie wichtig der Einsatz ist. Sobald die ICICLE den Interdimensionalen Übergang bewerkstelligt hat, werden Sie und Ihre Crew auf sich selbst gestellt sein. Die Besatzung dieses Raumschiffs wird einer gigantischen Übermacht gegenüberstehen, Captain Dheran.“ „Ich möchte dieses Raumschiff und seine Crew nicht zum Gegner haben!“, gab der andorianische Captain zackig zurück und die Haltung aller Mitglieder der Brückencrew straffte sich unwillkürlich. Die Andorianerin nickte ernst. Nur das leichte Spreizen ihrer Antennen zeigte unmissverständlich an, wie zufrieden sie mit dieser Antwort war. „Wegen der Wichtigkeit dieses Unternehmens wird Sie Commodore Carey begleiten. Sie, Captain, behalten aber das Kommando über das Kriegsschiff. Zumindest, bis der erste Teil der Mission abgeschlossen ist. Danach, sofern es keine technischen Probleme gibt, übernimmt Commodore Carey das Kommando über die ICICLE und wird sie in dieses Universum zurückführen. Sie selbst kennen ja den Weg, auf dem Sie hierher zurückkehren. Möglichst nach erfolgreicher Durchführung der Mission.“ Tar´Kyren Dheran war sich darüber im klaren, was die letzten Worte seiner Vorgesetzten bedeuteten. Falls er diese Mission nicht zu einem Erfolg führen würde, so erwartete ihn vermutlich der Tod. Auf die eine oder andere Weise. „Ich danke Ihnen für das Vertrauen, Admiral“, erwiderte Dheran. „In den Händen von Commodore Carey wird die ICICLE, während meiner Abwesenheit sicher sein.“ Großadmiral Thren ging nicht darauf ein. Stattdessen verlangte sie: „Ich will unter vier Antennen mit Ihnen sprechen, Captain. Begeben wir uns in Ihren Bereitschaftsraum.“ „Natürlich, Admiral. Mit Ihrer Erlaubnis?“ Varinea Thren machte eine zustimmende Geste und der Captain schritt voran, zu seinem Bereitschaftsraum. Sicher, dass Varinea Thren ihm folgte. Erst nachdem sich das Schott seines Bereitschaftsraums hinter ihnen geschlossen hatte, wandte sich Dheran seiner Vorgesetzten wieder zu. Er deutete zum Replikator hinüber und fragte: „Darf ich Ihnen etwas anbieten, Admiral?“ „Nein, danke!“ Varinea Thren deutete zur Couch, die an der Wand stand. „Setzen wir uns, Captain.“ Entsprechend seinem niedrigeren Rang wartete der Captain, bis seine Vorgesetzte sich gesetzt hatte, bevor er selbst Platz nahm. Aufmerksam sah er die Frau an, wobei sich seine Antennen nach vorn richteten. Großadmiral Thren begann ohne Umschweife, indem sie sagte: „Ich bin im Bilde, in Bezug auf Ihr Verhältnis mit Commodore Carey. Solange es dem Erfolg der Mission nicht im Wege steht ist mir das auch herzlich egal. Was mich mehr interessiert ist: Warum hat sich die Freundin ihres Freundes Valand Kuehn zur ICICLE versetzen lassen? Diese MACO war lange Zeit Commander Kuehns Rechte Hand, wie ich in Erfahrung gebracht habe. Doch im Spätsommer letzten Jahres scheint es da wohl einige Querelen gegeben zu haben?“ Dheran zögerte einen kurzen Moment, bevor er erklärte: „Die Narbe auf der linken Gesichtshälfte von Lieutenant-Commander Mancharella geht auf sein Konto. Ich kenne Mancharella bereits sehr lange. Sie hat seinerzeit die Flucht von Andoria mitgemacht. Darum habe ich mit meinem Freund gesprochen und ihrem Versetzungsgesuch danach zugestimmt. Er hat sowohl sie, als auch mich, versucht umzustimmen. Doch Pasqualina Mancharella ist sehr wohl in der Lage für sich selbst zu entscheiden. Ich denke es ist besser so.“ „Für Lieutenant-Commander Mancharella oder für Ihren Freund?“ Die Antennen des Captains bogen sich leicht nach Innen. „Für beide, Admiral. Ich habe die Beziehung beider von Beginn an miterlebt. Etwas hat sich verändert. Etwas, dass sich nicht wieder reparieren lässt. Auch mein Freund hat das inzwischen einsehen.“ Die Andorianerin nickte nur und kam rasch wieder auf den bevorstehenden Einsatz zu sprechen. „Wann werden Sie Mancharella in den Gesamtplan einweihen?“ „Noch bevor die ICICLE in das andere Universum versetzt wird“, erwiderte Dheran entschlossen. „Sie soll wissen worauf sie sich einlässt. Ich werde Commodore Carey dazu bitten, denn zusammen mit ihr werde ich die Gesamtplanung für den Einsatz abstimmen.“ Großadmiral Thren lächelte verhalten. Dabei zeigte das Spreizen ihrer Antennen an, dass sie auch mit dieser Antwort zufrieden war. „Also schön, Captain. In weniger als drei Stunden werden Sie das verabredete Funksignal bekommen, um in das Interphasen-Gitter einzufliegen. Die letzten Probleme, die bei der TITAN zum Desaster führten, wurden von unseren Ingenieuren restlos beseitigt.“ „Falls nicht werde ich aus der Unterwelt zurückkehren und diese Ingenieure restlos beseitigen!“, drohte Dheran finster. „Das können Sie denen von mir ausrichten.“ „Vielleicht mache ich das tatsächlich“, gab die Andorianerin ironisch zurück und erhob sich mit einer fließenden Bewegung von der Couch. Dheran tat es ihr nach. Als er ihr zum Ausgang des Bereitschaftsraumes folgte, wies seine Vorgesetzte ihn an: „Beginnen Sie sofort mit der Einweisung, Captain. Es genügt, wenn mich meine beiden Leibgardisten von Bord begleiten.“ „Wie Sie wünschen, Admiral.“ Am Schott wandte sich Varinea Thren noch einmal zu dem Captain der ICICLE um und ein bedrohliches Funkeln lag in ihren Augen, als sie kühl verbesserte: „Großadmiral lautet die korrekte Bezeichnung meines Ranges, Captain Dheran.“ „Verstanden, Großadmiral!“, erwiderte Dheran mit Betonung. Dabei dachte er, als sich seine Vorgesetzte endgültig abwandte und den Raum verließ: Wer hoch steigt, fällt tief. * * * Zehn Minuten später saß Tar´Kyren Dheran, zusammen mit Commodore Carey und Lieutenant-Commander Mancharella, in der Besprechung-Lounge. Im Gegensatz zu vielen anderen Raumschiffen der Flotte lag dieses Deck unter der Brücke, auf Deck-2. Dheran hatte Pasqualina Mancharella angewiesen, zwei ihrer MACO´s vor dem Schott der Lounge zu postieren. Er wollte sichergehen bei dieser Besprechung nicht gestört zu werden. Anders, als Dheran und Christina Carey trug Pasqualina Mancharella nicht die reguläre Uniform der Imperialen Sternenflotte, sondern den Fleckentarnanzug ihrer Einheit. Agenten des Imperiums hatten bereits vor mehr als einem Jahr berichtet, dass es bei den Taktischen Flotten der Sternenflotte des Primäruniversums auch wieder MACO-Einheiten gab. Die Mitglieder dieser MACO´s trugen jedoch die normale Uniform der Sternenflotte und waren lediglich an der grünen Farbe ihrer Uniform-Pullis zu identifizieren. Ein abstruser Gedanke für die Spanierin, denn die MACO-Uniform sollte nicht zuletzt auch Respekt einflößen. Diese Uniform stand in ihrem Universum für Härte, Kampfeswillen und Durchsetzungsvermögen, und die Spanierin war stolz darauf, sie tragen zu dürfen. Nachdem er den beiden Frauen selbstgemachten Andorianischen Tee angeboten hatte, lehnte sich der Captain der ICICLE in seinem Sessel zurück und umriss die Lage. „Wie Sie beide wissen ist die Crew dieses Raumschiffs, von Großadmiral Thren, mit dem Auftrag geehrt worden, sich an Bord dieses Kriegsschiffes in das uns bekannte Paralleluniversum versetzen zu lassen. Von seinen Bewohnern wird es, vermutlich in einem unheilbaren Anfall von Größenwahn, als Primäruniversum bezeichnet. Dabei werden wir auf der anderen Seite dort ankommen, von wo aus wir hier starten. Also im Farrolan-System, innerhalb des Klentorin-Asteroidengürtels. Anders, als in unserem Universum, gibt es dort eine von ursprünglich zwei Geheimbasen des Imperiums. Die zweite ist leider vor mehr als einem halben Jahr vernichtet worden. Auch in der noch erhaltenen Basis gibt es eine Massenkanone, nach dem Vorbild der Waffe, die es in der zerstörten Geheimbasis gegeben hat. Wir werden sie gegen ein Raumschiff der Sternenflotte einsetzen, wie seinerzeit bei unserem ersten Versuch. Dabei werden wir ein solches Raumschiff, durch einen fingierten Notruf, der schwach genug ist um nicht von der Strategischen Sternenbasis im Forlan-System, oder der dort stationierten Einheiten der Sternenflotte, empfangen zu werden, in das System locken. Ist das geschehen, so werden wir einen zweiten Notruf absetzen, falls das nicht ohnehin durch die Besatzung des zu beschießenden Raumschiffs passieren wird. Man wird daraufhin sicherlich eine kleine Einheit in Marsch setzen. Ich rechne mit einem oder maximal zwei Raumschiffen.“ „Was passiert wenn Admiral Tarun einen ganzen Flottenverband schickt?“, warf Christina Carey kritisch ein. „Nach den Ereignissen vor sechs Monaten könnte er vielleicht misstrauisch werden.“ Tar´Kyren Dheran sah der Irin in die Augen. „In dem Fall müssen wir improvisieren. Wir haben ja immer noch unsere Verbündeten. Die Tzenkethi und die Gorn sind auch diesmal wieder dabei. Unsere imperialen Agenten haben bereits wieder Kontakt mit ihren Führern aufgenommen und ihnen den Ablauf unseres Angriffsplans erklärt.“ „Ahnen die nicht vielleicht längst, dass es sich dabei nicht mehr um die Originale handelt, sondern um Doppelgänger aus diesem Universum?“, wandte Pasqualina Mancharella ein und nahm einen Schluck von ihrem goldgelben Getränk. Dabei warf sie ihr langes, goldbraun gefärbtes, Haar zurück. Als sie das blütenförmige Glas wieder auf die schwarz spiegelnde Tischplatte stellte, sah sie in das amüsiert wirkende Gesicht des Andorianers. „Da setzen Sie aber sehr viel Phantasie bei unseren Echsenfreunden voraus“, spöttelte der andorianische Captain. „Nach unseren Erkenntnissen sind die Gorn und die Tzenkethi immer noch völlig ahnungslos, was die Existenz unseres Universums betrifft.“ „Kommen wir zum Thema zurück“, verlangte Christina Carey. Sie strich sich ihr schwarzes Haar zurück, dass sie etwas länger trug, als die Spanierin, deren Haar ungefärbt ebenso schwarz gewesen wäre wie das der Irin. Dabei sah sie Dheran offen an. „Wenn es Ihnen und dem Commander gelingt, die Strategische Sternenbasis der Föderation zu infiltrieren, so werden Sie die Verteidigungsanlagen sabotieren. So, wie Sie Zwei es in den letzten Wochen gelernt haben. STRATEGICAL STARBASE 71 muss beseitigt werden, wenn wir mit der, von Imperator O´Brien geplanten Phase-3 der Invasionspläne voranschreiten wollen. Sobald Sie mit den Angriffscode senden, werden Flottenverbände der Gorn und der Tzenkethi, etwa in doppelter Stärke der Flotte, die auf SSB-71 stationiert ist, einen Großangriff gegen die Station führen. Sobald dieser Machtfaktor entfällt, wird es möglich sein, die Cardassianer für die Außenwelt-Allianz zu gewinnen. Die haben sich immer schon gerne der Macht angeschlossen die ihnen als die Stärkere erschien.“ „Dazu werden wir zuvor Präsident Garak beseitigen müssen!“, warf Dheran ein. „Dieser Cardassianer hat zu lange mit der Föderation und ihren Verbündeten zusammengearbeitet, als dass er sich auf ein solches Vabanquespiel einlassen würde.“ „Darum werden wir uns danach kümmern“, versprach Commodore Carey sardonisch grinsend. „Er hat, nachdem er Tarun zu dem Kommandounternehmen im Gamma-Quadrant überreden konnte, ohnehin ausgedient. Dabei ahnt Garak nicht im Geringsten, dass er uns, mit seinem damaligen Ansinnen, in die Karten gespielt hat. Teile der Jem´Hadar und der Vorta waren nicht besonders begeistert davon, dass Odo dem Militär damals keinen Gegenschlag gegen STRATEGICAL STARBASE 72 befahl. Den Jem´Hadar und den meisten Vorta ist diese Basis im Gamma-Quadrant, seit ihrer Stationierung dort, ein Dorn im Auge, soweit unsere Agenten zu berichten wussten. Unsere Hoffnungen, dass der Einsatz der Sektorenflotte-Bajor, im November letzten Jahres, einen solchen Gegenschlag bewirken könnte, haben sich letztlich als zu optimistisch erwiesen. Doch die Lunte brennt seitdem und es braucht in Zukunft nur einen geringen Auslöser, um dort doch noch das von uns angestrebte Chaos auszulösen.“ „Das von Ihnen beschriebene Szenario wird insgesamt Jahre brauchen“, beschied Christina Carey dem Andorianer. Danach wandte sie sich Pasqualina Mancharella zu und sagte eindringlich zu ihr: „Unser Agent auf SSB-71 berichtete, dass Ihr Gegenstück, im Rang eines Commanders, den Posten des XO auf der dortigen ICICLE bekleidet. Das ist der Grund, warum Sie, neben Captain Dheran, für diese Mission auserwählt worden sind. Beide Offiziere des Primäruniversums arbeiten eng zusammen. So wird es nicht weiter auffallen, wenn Sie beide regelmäßig unter vier Augen zusammenkommen. Nebenbei berichtete dieser Agent von einem weiteren Glücksfall. Ihr Spiegelbild, Lieutenant-Commander, ist nicht mehr mit dem Spiegelbild des Captains liiert. Der Dheran aus dem Primäruniversum unterhält nun, letzten Berichten zufolge, eine Liaison mit Konteradmiral Carey. Meinem Spiegelbild. Damit haben wir einen Kontakt bis fast ganz nach Oben, auf SSB-71, sobald die Infiltration geglückt ist. Ihr Spiegelbild, Lieutenant-Commander, wurden indessen wiederholt mit dem neuen Kommandeur der auf der Station stationierten MACO´s gesehen. Ein Lieutenant-Commander mit dem Namen Christian Sinemus. Ein PADD mit dessen Daten wartet in ihrem Quartier auf Sie. Mit ihren Erfahrungen, in diesem Bereich, sollte es Ihnen nicht schwerfallen diesen Sinemus zu umgarnen und unauffällig auszuhorchen.“ Pasqualina Mancharella wechselte einen raschen Blick mit dem Andorianer, bevor sie zu Christina Carey sagte: „Aye, Commodore. Das wird kein Problem sein.“ Carey nickte zufrieden. „Dann melden Sie sich jetzt auf der Krankenstation. Die Leitende Ärztin ist bereits instruiert. Sie muss ihre auffällige Narbe verschwinden lassen. Zumindest so lange, bis der Einsatz erfolgreich beendet werden kann. Danach machen Sie sich mit den Einzelheiten über die Angewohnheiten ihrer Doppelgängerin vertraut. Diese Daten finden Sie auf besagtem PADD.“ Erneut bestätigte die Spanierin. Sie erhob sich und verließ rasch die Lounge. Nachdem sie gegangen war, sah Christina Carey den Andorianer an und meinte: „Ich habe zwei Multidimensionale Transportervorrichtungen mitgebracht, die ich dir später übergeben werde. Mit einer wirst du, nach dem Abschluss deiner Mission, zusammen mit Mancharella in unser Universum zurückkehren. Du wirst später übrigens dieselbe Prozedur über dich ergehen lassen müssen, wie die MACO. Dein Doppelgänger besitzt zwar ebenfalls eine Narbe im Gesicht, aber auf der anderen Gesichtshälfte. Deine Leitende Ärztin wird dich dementsprechend zurechtmachen. Außerdem brauchst du einen Haarschnitt, denn dein Doppelgänger dort trägt sein Haar nichts so lang, wie sein Vater.“ In den Augen des Andorianers spiegelte sich für einen kurzen Moment Widerspruch. Sein Vater war, ebenso wie seine Mutter, auf den Befehl einer Cardassianerin namens Iliana Rakalon, hingerichtet worden, als er neunzehn Jahre alt gewesen war. Seit dieser Zeit hatte er sein Haar so getragen, wie sein Vater. Beinahe schulterlang. Schnell jedoch hatte sich Dheran wieder im Griff, da er wusste, dass er unbedingt aussehen musste wie sein Doppelgänger, wenn diese Mission zu einem Erfolg werden sollte. „Du hast Recht“, knurrte der Andorianer. Da er mit Christina Carey nun allein war duzte er sie ganz selbstverständlich. Sie teilten seit nunmehr fast zwei Jahren das Bett miteinander. Damals, im Frühjahr des Jahres 2380, war die Irin noch Captain gewesen. Von Beginn an waren sie beide, auf eine fast diabolische Art, voneinander fasziniert gewesen. Wobei sich ihre anfängliche Ambivalenz zu einer ausgesprochen intensiven Hassliebe weiterentwickelt hatte. Sofern man hier von einer Entwicklung reden konnte. Beide erhoben sich und Dheran schritt zu der Schwarzhaarigen. In ihr Haar greifend zog er ihren Kopf etwas zur Seite. Einen Moment später fanden sich ihre Lippen zu kurzen, heftigen Küssen. Christina Carey krallte sich mit der linken an der breiten Schulter des Andorianers fest, während ihre Rechte rasch am Leib des Andorianers hinabfuhr. Ein dämonisches Lächeln überflog ihre roten Lippen, als sie fest zupackte und sie die Reaktion ihres Gegenübers in den Augen ablesen konnte. Ein geradezu wilder Ausdruck lag in ihnen, als er heiser zu Christina sagte: „Bei der violetten Kreatur der Frivolität: Pack fester zu!“ Während die Irin Dherans Aufforderung folgte, öffnete der Andorianer rasch die Magnetverschlüsse ihrer Uniform, öffnete den roten Uniformpulli und ließ seine Rechte unter den Stoff wandern. Auch er packte recht fest zu und die Frau ächzte schwach. Im nächsten Moment entkleidete er die Frau bis zu ihrer Hüfte und sie fragte heiser: „Was ist, wenn Jemand herein kommt?“ Dheran lachte lautlos. „Die MACO´s vor dem Schott haben eindeutige Befehle. Sollte das also passieren, dann würde ich sie hinrichten lassen. Das wissen die.“ Christina Carey öffnete hastig die Magnetverschlüsse von Dherans Uniform. Dann drängte sie sich gegen den nackten Oberkörper des Andorianers und erwiderte erregt: „Wir sind also ungestört. Dann nimm mich jetzt, und zwar hart und ungestüm, denn du wirst für einige Zeit keine Gelegenheit mehr dazu haben.“ * * * USS ORGANIA / NCC-62187 Sternenzeit: 59019.1 Nahe des Klentorin-Asteroidengürtels des Farrolan-Systems - Primäruniversum Der Einschlag kam vollkommen unerwartet. Vor wenigen Minuten hatte Captain Tarik den Befehl gegeben das Farrolan-System anzusteuern. Von dort aus war ein schwaches Notsignal empfangen worden. Nachdem trotz mehrerer Aufforderungen zu antworten kein Rückruf erfolgt war, hatte der Vulkanier beschlossen, mit der von ihm kommandierten ORGANIA zum Ausgangsort des Notrufs zu fliegen und nachzuforschen, was passiert war. Nach einer Weile war Tarik zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei dem Notsignal um einen automatischen Ruf handeln musste. Im Zuge dieser Überlegungen hatte Tarik befohlen eine Rettungsmission zu starten. Eine entsprechende Meldung an das Oberkommando war, wegen der gebotenen Eile nicht erfolgt. Das hatte Tarik nachholen wollen, sobald man sich vor Ort ein Bild gemacht hatte. Doch dazu war es nicht gekommen. Gleich nachdem die ORGANIA, ein Raumschiff der NEBULA-KLASSE, unter Warp gefallen war, kam es zu dem Angriff. Nur um einen solchen konnte es sich handeln, denn natürliche Phänomene schloss Tarik nach den eingehenden Meldungen annähernd aus. Ein Objekt war in die hintere Scheiben-Sektion eingeschlagen und dort explodiert. Auf der Brücke versuchte Tarik momentan, sich zu orientieren. Gleich darauf erfolgte der zweite Einschlag. Noch heftiger, als der erste. Dabei wurde Tarik in seinen Kommandosessel geworfen. Instinktiv hielt sich der schlanke Vulkanier an den Sessellehnen fest, bis die Erschütterungen aufhörten. Über die interne Kommunikation lief die Meldung aus dem Maschinenraum ein, dass der Warpkern beschädigt worden war und der Leitende Ingenieur ihn hatte abschalten müssen. Nur Impulsenergie stand noch zur Verfügung und Tarik war klar, dass man damit einen potenziellen Aggressor nicht abwehren konnte. Zu seiner gewohnten Sicherheit zurück findend sagte er mit durchdringender Stimme: „Steuermann, Ausweichkurs! Taktik, Bericht! Was hat uns getroffen?“ Während der Steuermann sofort bestätigte, dauerte es einen Moment, bis der Taktische Offizier, eine etwas beleibt wirkende Frau von der Erde, die sich eben erst wieder vom Boden der Brücke erhoben hatte, mit tragender Stimme erwiderte: „Die Primärhülle wurde im hinteren Bereich von zwei Projektilen unbekannter Herkunft getroffen. Deren Zusammensetzung ist ebenfalls unbekannt, Captain!“ „Status der Waffen und Schilde?“ Die Finger der Frau huschten über die Sensortasten der Taktischen Konsole. Sie schnaufte verdrießlich, als sie die Werte ablas: „Schilde konnten aktiviert werden. Die Leistung liegt aber bei gerade 17 Prozent. Die Waffen sind gegenwärtig nicht online.“ Der Vulkanier, der sich halb auf die Sesselkante gesetzt hatte, erkundigte sich knapp: „Irgendwelche Angreifer in Scannerreichweite?“ „Negativ, Sir. Ich kann mir keinen Reim darauf machen was uns getroffen hat.“ Die Augenbrauen des Vulkaniers hoben sich fragend. „Denken Sie wirklich, dass ein Reim helfen könnte, Lieutenant?“ Lieutenant Nadia Nemerova überging die Frage des Captains. Zweifellos hatte der Captain sie nicht im Ernst gestellt und so kam sie auf das Naheliegende zu sprechen. „Wenn es ein Angriff war, so kam er höchstwahrscheinlich aus dem Asteroidengürtel! Sir, nur mit Impulsenergie sind wir eine leichte Beute für einen potenziellen Aggressor.“ Noch bevor der Captain antworten konnte begann das Raumschiff erneut, in allen Verbänden zu vibrieren. Gleichzeitig meldete Nemerova: „Captain, fünf Kilometer an Steuerbord bildet sich ein Energiewirbel. Ähnlich einem Wurmlochausgang, jedoch messe ich keine erhöhten Neutrino-Werte an. Außerdem habe ich eine so flache, energetische Schockkurve zuvor noch nie gesehen! Was, zur Hölle, kann das nur sein?“ Die Vibrationen ließen etwas nach, während sich der Captain ganz in den Sessel zog. „Auf den Schirm!“, ertönte seine Stimme im nächsten Moment - laut aber ruhig. Auf dem Hauptbildschirm war zunächst nichts weiter zu erkennen, als das tiefe Schwarz des Weltalls mit seinen Myriaden Sternen. Doch nach einigen Herzschlägen schienen die Sterne zu verwischen. Zuerst glaubte Tarik an eine Täuschung seiner überreizten Sinne. Doch dann erkannte er einen düster Rot glühenden Wirbel. In seinem Zentrum herrschte absolute Schwärze. Fast tonlos befahl Tarik, dabei interessiert auf den Bildschirm sehend: „Steuermann, auf Abstand gehen!“ Der junge, bolianische Ensign brachte die ORGANIA rasch zum Stillstand und ging sofort auf vollen Gegenschub. Das Vibrieren wurde weniger und hörte nach einigen Augenblicken vollkommen auf. Auf dem Bildschirm stabilisierte sich der glühende Wirbel und Tarik murmelte: „Das ist bestimmt kein Wurmloch, auch wenn es fast wie eins aussieht.“ Fast gleichzeitig meldete Nadia Nemerova: „Captain ich messe aus dem Zentrum der Anomalie eine abweichende Felddichte. Aber das ist völlig unmöglich! Es sei denn…“ Tarik begriff in demselben Augenblick und drängend befahl er: „OPS: Ein Notruf an die Fünfte Taktische Flotte absetzen!“ Für einen Moment blieb es still auf der Brücke. Dann rief Nadia Nemerova erregt aus: Captain, ich messe einen massiven Gegenstand an. Er scheint aus dem Innern des Energiewirbels zu entstehen. Masse: Etwas mehr als 3 Millionen Metrische Tonnen. Moment, das ist doch ein Raumschiff der Föderation. Den Abmessungen und der Form nach eine modifizierte Version der AKIRA-KLASSE!“ „Ein Raumschiff der Föderation?“, echote Tarik zweifelnd. „Was hat das denn in einem Paralleluniversum zu suchen. Außerdem wüssten wir bestimmt davon, wenn die Sternenflotte ein Raumschiff dieses Typs vermissen würde.“ Es dauerte nur einen Augenblick, bis das Raumschiff auch auf dem Bildschirm sichtbar wurde. Tarik erkannte die typische und unverkennbare Silhouette eines Raumschiffs der von Nemerova erwähnten Raumschiff-Klasse. Etwas seltsam mutete jedoch das zusätzliche Waffenmodul an, das er über dem Standard-Waffenmodul entdeckte. Doch das war es nicht, was Tarik für einen Moment die Sprache verschlug. Viel mehr waren es die leuchtend gelben Markierungen am Raumschiff. Seit wann trugen die Raumschiffe der Sternenflotte so auffällige Markierungen? Der Steuermann hatte die ORGANIA bereits gewendet und beschleunigte sie mit aller Kraft, die der Maschinenraum zur Verfügung stellen konnte. Dennoch holte das andere Raumschiff rasch auf. Ein grell-weißer Quantentorpedo jagte von dem fremden Raumschiff aus auf die ORGANIA zu, verfehlte sie jedoch um gut einhundert Meter. „Das war wohl ein Warnschuss“, orakelte Nadia Nemerova. Einen Moment später meldete sie, etwas überrascht: „Sir, wir werden von dem Fremdraumschiff gerufen.“ „Auf den Schirm.“ Lieutenant Nemerova bestätigte und nahm die Schaltung vor. Gleich darauf zeichnete sich auf dem Hauptbildschirm der Brücke das markante Gesicht eines Andorianers ab. Hier spricht Captain Tar´Kyren Dheran, vom Imperialen Trägerschlachtschiff ICICLE. Sie werden umgehend ihre Fahrt stoppen oder ich werde Ihr Raumschiff vernichten lassen. Sehen Sie den zuvor abgefeuerten Torpedo als eine einmalige Warnung an. Sie haben eine halbe Minute Bedenkzeit!“ Tarik war für einen Moment lang verwirrt. Der Andorianer auf dem Bildschirm trug die gleiche Uniform, wie er selbst. Erst beim zweiten hinsehen erkannte er, dass der Kommunikator anders geformt war. Ein Schwert mit angewinkelten Flügeln, das von oben eine, von einer goldenen Aureole umgebene, Weltkugel durchstieß. Das Aussehen dieses Kommunikators war ihm unbekannt. Tarik war sich bewusst, dass die ORGANIA in ihrem momentanen Zustand keine Chance gegen das schwer bewaffnete Raumschiff dort Draußen hatte. Darum erwiderte er nach kurzem Überlegen: „In Ordnung, Captain Dheran. Ich bin Captain Tarik, von der Sternenflotte der Vereinten Föderation der Planeten. Was wollen Sie und wer sind Sie? Sie tragen die Uniform der Sternenflotte, aber ich denke, Sie gehören nicht zur Sternenflotte.“ „Wer wir sind geht Sie nichts an, Captain Tarik. Was ich will? Nun, zunächst einmal will ich Ihr Raumschiff haben. Senken Sie jetzt die Schilde. Ich schicke danach ein bewaffnetes MACO-Kommando an Bord. Sagen Sie Ihrer Besatzung sie soll keinen Widerstand leisten. Sie wollen sicherlich ein Blutbad vermeiden.“ „Wir werden vernünftig sein“, erwiderte Tarik. Gleichzeitig gab er Nadia Nemerova ein Zeichen die Schilde zu senken, was der Frau offensichtlich nicht gefiel. Sie kam jedoch Tariks Aufforderung umgehend nach. Der Bildschirm vor Tarik wechselte wieder zur Außenansicht, als der Kommunikationsoffizier des angreifenden Raumschiffs den Kanal schloss. Dabei hörte der Vulkanier von Nadia Nemerova ein düsteres: „Wenn das mal kein Riesenfehler ist.“ Kapitel 2: Splitter der Vergangenheit: Der Junge ------------------------------------------------ Der Planet Erde Sternenzeit: 31225.7 La Roche-Guyon, an der Süd-Grenze der Normandie - Spiegeluniversum Nach dem opulenten Frühstück schritt die hochgewachsene Cardassianerin zum Ausgang des Salons, der zu einer der beiden seitlich gelegenen Terrassen hinaus führte. Für Ende März war es seit bereits einigen Tagen ungewöhnlich warm, in der kleinen französischen Ortschaft La Roche-Guyon. Auch wenn es sich für cardassianische Verhältnisse immer noch empfindlich kühl anfühlte. Doch nach annähernd zehn Jahren hatte sich Gilora Rakalon inzwischen weitgehend an das hiesige Klima gewöhnt. Im Jahr 2317 als die jüngere von zwei Schwestern geboren hatte sie im Sommer des Jahres 2333 an der Cardassianischen Akademie mit ihrem Studium begonnen. Im festen Glauben daran, dass sie für die große Politik prädestiniert sei. Nun, der Erfolg gab ihr wohl recht. Denn knappe elf Jahre später hatte man ihr, für den Dienst im Gefolge den Intendanten der Erde, den Posten des Attachés angeboten. Natürlich hatte Gilora Rakalon diese Chance ergriffen. Auch wenn das bedeutete Cardassia nur noch selten besuchen zu können. Doch das schien ihr ein geringer Preis zu sein für die Macht, die sie dadurch besaß. Dass sie selbst in Saus und Braus lebte, während die meisten Terraner auf ihrem eigenen Planeten hungerten, interessierte sie nicht. Dieser Abschaum war selbst an seiner Misere schuld. Jahrhunderte lang hatten sie die halbe Galaxis mit Kriegen überzogen. Nun zahlten sie lediglich den angemessenen Preis dafür. In ihrer Robe aus feinster Seide, über der sie einen wärmenden Umhang trug, schritt sie zur Brüstung der Terrasse. Dort angekommen legte sie ihre Hände auf die die Natursteine und sah auf den großen Garten, zu dem eine breite flache Treppe zu ihrer Rechten führte. Zwischen mehreren Kirschbäumen erkannte sie den sechzehnjährigen Sohn zweier Haussklaven, die bereits hier gearbeitet hatten, als sie in die Prunk-Villa eingezogen war. Er hieß Valand und sie kannte ihn nun, seit er sechs Jahre alt gewesen war. Von Beginn an hatte sie ein besonderes Verhältnis zu diesem Menschenkind gehabt. Obwohl sie wusste wie närrisch dies war hatte sie dieses Kind nie wirklich als ihren Sklaven angesehen. Anders herum hatte dieser Junge sie wohl nie wirklich als seine Herrin angesehen sondern immer als so etwas, wie eine entfernte Tante, oder eine Cousine. Er hatte Gilora, von Beginn an, auch nie das Gefühl vermittelt anders zu sein als er selbst. Bei diesem Gedanken verzogen sich die Lippen der hochgewachsenen Cardassianerin spöttisch. Natürlich war sie anders. Sie war besser als Terraner. Weit besser. So als habe Valand Kuehn ihre Anwesenheit gespürt, hörte er in diesem Moment auf den Rasen zu mähen und sah in ihre Richtung. Lächelnd winkte er in ihre Richtung. Unbewusst winkte Gilora zurück wobei es ihr vorkam, als würde sie Valand zum ersten Mal wirklich sehen. In der wärmenden Frühlingssonne hatte er sein einfaches Leinenhemd ausgezogen. So bot sich den Blicken von Giloras strahlend blauen Augen der athletische, nackte Oberkörper des Jungen. In einem Moment der Klarheit wurde ihr dabei bewusst, dass er mittlerweile beinahe mehr ein Mann war, denn noch ein Junge. Unbewusst verzogen sich die Lippen der Cardassianerin, die sie in einem dunklen Farbton geschminkt hatte der irgendwo zwischen Blau und Violett lag, zu einem verklärten Lächeln. Ihre drei Jahre ältere Schwester Iliana hatte sich bereits vor Jahrzehnten kritisch dazu geäußert, dass sie offensichtlich eine starke Obsession für Männer anderer humanoider Spezies entwickelte. Gilora Rakalon sah darin keine Schwäche die sich negativ auf ihren politischen Werdegang auswirken konnte. Darum ignorierte sie gepflegt die Kritik ihrer Schwester. Stattdessen beobachtete sie nun umso intensiver das Muskelspiel unter der exotisch gefärbten Haut des Menschenjungen, der sich wieder seiner Arbeit zugewandt hatte. Die leicht gebräunte Haut des Teenagers übte eine eigenartige Faszination auf sie aus und sie spürte, wie sehr sie allein der Gedanke daran erregte, diese Haut mit ihren Fingern zu berühren. Ohne es zu bemerken öffneten sich die Lippen der Cardassianerin leicht und sie fuhr sich mit der rechten Hand über ihr glattes, tiefschwarzes Haar. Hinter ihrem Rücken fiel es, als dicker Zopf bis etwa eine Handbreit über ihren Hüften hinab. Mit einem hintergründigen Lächeln wandte sich Gilora Rakalon endlich ab und schritt wieder ins Haus. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Rasch den Salon durchquerend lenkte die athletische und dennoch fraulich gebaute Cardassianerin ihre Schritte in Richtung der Empfangshalle, wo sie wie erhofft auf den Kommandanten des cardassianischen Wachkontingents traf. Ihre hohe Stellung auf der Erde bedingte diesen Schutz. Glen Denor, ein Cardassianischer Soldat im Rang eines Hauptmanns, schritt Gilora Rakalon entgegen, als er bemerkte, dass sie sich ihm näherte und salutierte zackig. „Was kann ich für Sie tun, Herrin?“ Die Cardassianerin setzte unwillkürlich eine befehlsgewohnte Miene auf und wies den Glen kühl an: „Holen Sie den Sklaven Valand Kuehn in fünfzehn Minuten aus dem Garten und geleiten Sie ihn in meine Privatgemächer. Sie werden dabei auf jegliche Brutalität, dem Jungen gegenüber, verzichten. Ich meine nämlich geleiten. Ist das klar?“ „Vollkommen klar, Herrin.“ Die Miene der Cardassianerin hellte sich etwas auf. „Und stellen Sie ihn zuvor unter die Dusche. Ich will, dass er sauber ist wenn Sie ihn zu mir geleiten.“ „Gewiss, Herrin.“ Ohne weiter auf den Glen zu achten wandte sich Gilora Rakalon ab und schritt die breite Treppe hinauf in die Erste Etage. In ihrer Privatsuite angekommen suchte sie das Schlafzimmer auf, durch das sie zum Ankleidezimmer kam. Dort entledigte sie sich ihrer bisherigen Kleidung und legte eine bordeauxrote Robe an, die aus einer Vielzahl hauchdünner, halb transparenter Schleier bestand. Je nachdem wie sich die Cardassianerin darin bewegte war mal mehr und mal weniger von ihrem Körper zu erkennen. Sie öffnete den Zopf und bürstete ihr langes Haar rasch aus, bevor sie es an den Seiten mit einigen goldenen Zierklammern bändigte. An den Füßen trug sie nun ein paar offene, ebenfalls goldfarbene, Sandaletten mit einer Schnürung die sich fast gänzlich an ihren straffen Waden hinauf zog. Die Cardassianerin war dabei die vorne und hinten tief ausgeschnittene Robe an den Schultern zurecht zu zupfen, als der Türmelder einen Besucher ankündigte. Das musste die Wache sein. Mit dem terranischen Jungen. Rasch schritt sie in den Wohnbereich hinüber. „Herein!“, gab Gilora Rakalon das Stimmenkommando und die beiden Schotthälften der Suite teilten sich. Wie sie es erwartet hatte trat der Glen herein, den sie vorhin beauftragt hatte. Ihm folgte der Terraner Valand Kuehn auf dem Fuß. Der Junge wusste, was sich gehörte, wenn Dritte anwesend waren und hielt seinen Blick gesenkt, während der Glen nach einem langen Augenblick meldete: „Der Sklave Valand Kuehn, Herrin. Wie du es befohlen hast.“ „Lassen Sie uns jetzt allein, Glen Denor!“ Der momentane Chef der Innenwache schien gegen den Befehl aufbegehren zu wollen, doch eine herrische Geste der Cardassianerin reichte aus um dies zu verhindern. „Wie Sie befehlen, Herrin.“ Denor verließ die Suite mit finsterer Miene und erst nachdem er gegangen war hob Valand seinen Kopf an und lächelte zaghaft in Richtung seiner Besitzerin. Anders als sonst wirkte der Junge etwas befangen, denn üblicherweise war es Sklaven nicht gestattet diese Etage des Hauses zu betreten. Man sah ihm an, dass er sich fragte warum er hier war. Mit einem verhaltenen Schmunzeln näherte sich die siebenunddreißigjährige Cardassianerin dem Teenager und blieb einen halben Schritt vor ihm stehen. Mit sanfter Stimme sagte sie: „Du musst dir keine Sorgen machen, mein Junge. Es ist alles in Ordnung. Ich wollte lediglich einmal unter vier Augen mit dir reden. Das haben wir lange nicht mehr getan. Viel zu lange, findest du nicht auch?“ „Ja, Herrin.“ Gilora Rakalon reichte nach dem Kinn des Jungen und hob es so weit an, dass sie ihm in die unschuldig dreinschauenden, grau-grünen Augen sehen konnte. „Solange wir hier unter uns sind wirst du mich gefälligst Gilora nennen. Hast du das verstanden?“ „Ja, Herr… Ich meine, ja Gilora.“ Die Cardassianerin schenkte dem Jungen ein gewinnendes Lächeln. „Na siehst du. Das ist doch gar nicht so schwierig, Valand. So nennen dich deine Eltern normalerweise?“ Der Junge nickte etwas befreiter wirkend, als bei seinem Eintreten. „Ja, Gilora.“ Die Cardassianerin deutete zu dem breiten, runden Tisch, in der Mitte des Raumes. Dort stand eine Schale mit irdischem Obst. Etwas, das terranische Sklaven nur selten zu Gesicht und noch weniger zu essen bekamen. „Möchtest du etwas Obst, Valand? Es ist ganz frisch und du musst dich nicht genieren.“ Die Augen des Jungen leuchteten vor Freude auf. Unfähig etwas zu sagen nickte er lebhaft und ließ es geschehen, dass Gilora seine linke Hand in ihre nahm um ihn zu dem Tisch zu führen. Der Junge nahm sich eine der Bananen und Gilora schmunzelte unmerklich. Denn von allen irdischen Obstsorten schmeckten ihr selbst Bananen auch am besten. Etwas überrascht registrierte sie, dass der Junge die Banane ganz ruhig schälte und ebenso ruhig davon probierte, statt sie gierig in sich hinein zu stopfen. „Deine Eltern haben dich offensichtlich sehr gut erzogen mein Junge“, lobte die Cardassianerin und beobachtete ihn dabei, wie er die Banane verzehrte. „Habe ich dir schon einmal gesagt wie sehr ich gut erzogene Leute mag?“ Der mittelblonde Junge schüttelte den Kopf. „Nein, Gilora.“ Die Cardassianerin seufzte schwach und nahm ihre Hände hinter den Kopf, um scheinbar ihr Haar zu sortieren. Wohl wissend, dass sich durch diese Körperhaltung die Schleier vor ihrem Busen so weit teilten, dass der Junge ihn, durch die verbleibenden Schleier, gebührend bewundern konnte. Dabei sagte sie etwas gereizt: „Ja, Gilora – nein, Gilora… Ist das alles, was du sagen kannst mein Junge?“ Etwas in Gedanken und deutlich verlegen wirkend riss der Junge den Blick von den Brüsten seiner Besitzerin los und sah ihr in die Augen. „Was soll ich denn sagen?“ „Nun, wie wäre es wenn du mir sagst wie dir meine Brüste gefallen, Valand?“ Der Junge errötete bis über beide Ohren und die Cardassianerin lachte vergnügt. Als sie sich gefangen hatte meinte sie mit etwas rauchiger Stimme: „Aber das ist doch nichts weshalb du erröten musst, Valand. Du bist nun fast ein Mann und es ist vollkommen natürlich, dass du auf weibliche Reize reagierst.“ Damit schritt die Cardassianerin zu dem Jungen, nahm ihm die Bananenschale aus der Hand und legte sie achtlos auf die Tischplatte. Danach näherte sie sich dem Jungen, der sie um eine Handbreit überragte, noch mehr. Seine Hände nehmend und sie auf ihre schlanken Hüften legend ließ sie ihre Hände, an seinem straffen Körper hinauf, bis zu seinem Nacken gleiten, wo sie ganz sacht seine Haut streichelten. „Hör zu, Valand. Du bist ein sehr gut aussehender Junge. Du gefällst mir. Wenn du meinen Appetit befriedigst – damit meine ich meinen sexuellen Appetit - so werde ich deinen Eltern den Status von Thetas verleihen. Du weißt was das bedeuten würde.“ Der Junge nickte. Unfähig etwas zu sagen oder etwas zu tun. Erst nachdem ihn Gilora Rakalon flüsternd dazu aufforderte streichelte er, fast übervorsichtig, ihren Rücken und ihre Hüften. Er ließ es zitternd zu, dass die Cardassianerin seine Hände schließlich auf ihre Brüste legte. Durch den dünnen Stoff der Schleier konnte er deutlich die Knospen ihrer Brüste fühlen, aber auch die leicht vorstehenden Schuppen um sie herum und zwischen ihnen. Überrascht entfuhr es dem Jungen, mit kratziger Stimme: „Sie sind so weich.“ „Du darfst sie ruhig etwas fester drücken“, gurrte Gilora leise. Dabei glitten ihre eigenen Hände unter den Stoff des Hemdes, dass der Junge nun wieder trug und schob es sacht nach oben. „Zieh dein Hemd aus, Valand“, forderte die Cardassianerin flüsternd. „Und danach zieh mich aus, hörst du?“ Wie berauscht kam der Junge ihrer Aufforderung nach. Seine Hände zitterten, als er den dünnen Stoff, etwas ungeschickt, über die Schultern der Frau nach unten streifte. Als die Cardassianerin nur noch mit ihren Sandaletten bekleidet vor ihm stand, sah der Junge sie mit großen Augen bewundernd an. Dabei bekam er nur unterbewusst mit, dass Gilora am Verschluss seiner Hose nestelte. Als er sich dessen bewusst wurde, dass er nun ebenfalls nackt vor seiner Besitzerin stand, errötete er erneut. Spielerisch glitten die Finger der Cardassianerin über seinen Unterleib und ohne es verhindern zu können reagierte der Junge darauf. Mit einem wissenden Lachen stieg Gilora aus dem Stoffbündel zu ihren Füßen, nahm den Jungen an die Hand und führte ihn zu ihrem Schlafgemach hinüber. Ihn an den Schultern auf das breite Lager ihres Bettes bugsierend kletterte sie zu ihm und begann damit, jeden Zentimeter seines Körpers mit ihren Händen, ihren Lippen und ihrer Zunge zu erkunden. Ohne dass Gilora ihn diesmal dazu auffordern musste ließ auch der Junge seine Hände auf Entdeckungsreise gehen. Dabei faszinierten ihn offensichtlich besonders die elastischen, nachgiebigen Schuppen die sich von ihrem Schlüsselbein bis dicht über ihren Bauchnabel hinunter zogen. Als Valand sich endlich traute die Spitzen ihrer Brüste zu küssen bäumte sich die Cardassianerin wollüstig auf. Mit sanftem Nachdruck schob sie dabei eine Hand des Jungen zu ihrer empfindlichsten Stelle während sie selbst nach seiner Männlichkeit tastete und fest ihre Finger darum schloss. Als sie ihn endlich in sich eindringen ließ wand sie sich unter dem Jungen, wie eine Schlange und es dauerte nicht lange bis sie beide Erfüllung fanden. * * * Eng an die Cardassianerin geschmiegt spielte die linke Hand des Jungen mit einer Strähne von Giloras Haaren. Zwei weitere Male hatten sie sich an diesem Vormittag geliebt, bis sie in einen kurzen tiefen Schlummer gefallen waren. Jetzt am frühen Nachmittag lagen sie eng umschlungen auf dem weichen Lager. Nach einer ganzen Weile fragte der Junge: „Habe ich deinen Appetit befriedigt, Gilora?“ Ein leises Lachen kam zurück. „Ja, mein Junge. Zumindest für´s Erste. Doch wir werden das schon bald wiederholen. Du darfst jedoch niemandem davon erzählen, Valand. Besonders deinen Eltern nicht. Niemandem!“ Die Cardassianerin hatte so eindringlich gesprochen, dass Valand ihr augenblicklich versicherte: „Keiner wird davon erfahren, Gilora. Das eben war… unglaublich.“ Ein unterdrücktes Kichern der Cardassianerin erfüllte für einen kurzen Moment den Schlafraum. „Meinst du damit unglaublich schräg oder unglaublich schön?“ „Unglaublich schön natürlich.“ Gilora Rakalon richtete sich halb auf und drehte den Jungen mit sanfter Gewalt auf den Rücken. Sich eng an ihn drängend küsste sie ihn auf den Mund. Nachdem sie sich wieder von ihm löste sah sie ihn sinnend an und meinte: „Was mir an dieser Antwort gefällt ist, dass es wirklich aufrichtig geklungen hat. Dabei müsstest du mich doch eigentlich hassen, Valand. Denn ich bin deine Besitzerin und du bist mein Sklave.“ „Das… das hast du mich nie merken lassen“, erwiderte der Junge unsicher. „Ich habe mich hier immer sehr wohl gefühlt.“ Ihn eindringlich ansehend fragte die cardassianische Frau leise: „Wenn du mich nicht hasst, Valand, was empfindest du dann für mich?“ „Ich liebe dich“, erwiderte der Junge prompt und für einen kurzen Moment verschlug es Gilora ob der Selbstverständlichkeit seiner Aussage die Sprache. „Was empfindest du für mich, Gilora?“ Die Cardassianerin legte ihre Hand auf die Wange des Jungen und drehte seinen Kopf etwas zur Seite um ihn erneut zu küssen. Als sie ihn wieder freigab wanderten ihre Lippen zu seinem Hals und mit einem kalten Ausdruck in ihren Augen, den der Junge nicht sehen konnte, erwiderte sie leichthin: „Ich liebe dich auch, mein Junge.“ Schließlich sah die Cardassianerin den Jungen mit unschuldigem Augenaufschlag an und fragte: „Hast du keinen Hunger? Ich weiß etwas. Du bleibst noch etwas. Wir essen zuerst gemeinsam und erst danach begibst du dich wieder an deine Arbeit.“ Der Junge lächelte glücklich. „Das klingt sehr schön. Wirst du meinen Eltern wirklich den Status von Thetas verleihen?“ Die Sprunghaftigkeit des Jungen amüsierte die Cardassianerin. Etwas gelangweilt klingend beruhigte sie den Jungen: „Das werde ich. Aber jetzt möchte ich nicht länger von ihnen reden sondern lieber von dir, Valand. Was haben deine Eltern dir beigebracht?“ Das Zögern des Jungen war verständlich denn die wenigsten Allianzangehörigen mochten es, wenn Terraner etwas lernten. Gilora bemerkte es augenblicklich und fügte beruhigend an: „Das war keine Fangfrage. Ich interessiere mich dafür, was du von der Geschichte des Terranischen Imperiums weißt. Sei ohne Sorge.“ Valand beruhigte sich etwas und zögerlich begann er zu sprechen. „Mein Wissen ist sehr begrenzt, was die Terranische Geschichte betrifft. Man sagte mir, dass das Terranische Imperium zu seiner Blütezeit mehr als 150 Planeten umfasst hat. Es heißt, dass die Macht des Imperiums auf Brutalität, Unterdrückung und Ausbeutung beruhte. Wachsende Korruption und die Unfähigkeit des letzten Imperators, Harriman I hat letztlich den Niedergang des Imperiums bewirkt, der mit der fast völligen Vernichtung der Terranischen Kriegsflotte, bei Wolf-359, im Jahr 2313 seinen Abschluss fand. Harriman ist wenige Wochen danach öffentlich hingerichtet worden, womit das Imperium auch politisch aufhörte zu existieren.“ Gilora Rakalon neigte sich am Tisch sitzend leicht vor. „Dein begrenztes Wissen erweist sich als richtig, mein Junge. Ja, so in etwa muss es geschehen sein. Ich selbst wurde erst ein Jahr darauf, im Jahr 2314 geboren. Das müssen glorreiche Tage gewesen sein. Vermutlich wärst du, wenn das Imperium noch existieren würde, gerade in dem Alter in dem du zur Imperialen Akademie gegangen wärst. Bedauerst du es, dass die Klingonisch-Cardassianische Allianz das Terranische Imperium besiegte?“ „Wie könnte ich das? Einerseits weiß ich nicht wie es im Imperium war und andererseits hätten wir beide uns dann vermutlich nie kennengelernt.“ Ein ebenso überraschtes, wie angenehm berührtes Lächeln überflog die Lippen der cardassianischen Frau. „Diese Ansicht gefällt mir, Valand.“ Gilora Rakalon schritt zur Interkom Anlage und ließ sich etwas zu essen bringen, für sich und den Jungen. Sie erlaubte ihm im Anschluss sogar, etwas Obst für seine Eltern und für sich selbst mitzunehmen. Nachdem der Junge ihre Gemächer verlassen hatte wandelte sich die Miene der Cardassianerin und nahm einen spöttischen aber auch etwas mitleidigen Zug an. Dieser Junge war so naiv anzunehmen, er würde ihr etwas bedeuten. Doch er war nur ein momentanes Spielzeug für sie. Und wie jedes Spielzeug, dessen man irgendwann überdrüssig wurde, würde sie es eines Tages wegwerfen müssen. Doch im Moment fand sie Gefallen daran. * * * Der Planet Erde Sternenzeit: 34824.6 La Roche-Guyon, an der Süd-Grenze der Normandie - Spiegeluniversum Seit mehr als drei Jahren hatte das geheime Abkommen zwischen Valand Kuehn und Gilora Rakalon nun bereits Bestand. Dabei war Valand Kuehn der Cardassianerin inzwischen restlos verfallen. Mit Haut und Haaren. Er liebte Gilora aufrichtig ohne zu ahnen, dass die Cardassianerin ihm ihrerseits lediglich echte Gefühle vorspiegelte. Gilora Rakalon hatte ihm bei einem ihrer ersten Liebesspiele sogar einmal den Zugang zu dem Geheimgang gezeigt, der von ihrem Schlafzimmer aus bis hinunter zum Seinebogen führte, an dem der kleine Ort La Roche-Guyon lag. Vielleicht in der vagen Absicht zu erfahren ob Valands Gefühle für sie wirklich echt waren, oder ob er die Chance zur Flucht nutzen würde. Wie auch immer – der Junge hatte den Charaktertest bestanden. Vielleicht ahnte er aber auch nur sehr genau was mit seinen Eltern gemacht worden wäre, hätte er diese Chance zur Flucht vor ihr ergriffen. Erstaunlicherweise war sie des Jungen immer noch nicht überdrüssig geworden. Vielleicht deswegen, weil er sich als gelehriger Schüler in Sachen Liebe erwies. Auch wenn Gilora Rakalon dies niemals zugegeben hätte - dieser Junge befriedigte ihren sexuellen Appetit weitaus besser, als es jeder Cardassianer vor ihr getan hatte. Diese Tatsache ärgerte und erfreute sie gleichermaßen und erzeugte ambivalente Gefühle für den Terraner in ihr. Valand Kuehn seinerseits fühlte einerseits aufrichtige Liebe zu Gilora Rakalon. Sie war die erste und bisher einzige Frau in seinem Leben. Andererseits hatte sie Wort gehalten und sowohl ihm, wie auch seinen Eltern, den Status eines Theta-Sklaven verliehen, was deutliche Vorteile mit sich brachte. Er hatte seinen Eltern, so wie es Gilora von ihm verlangte, nicht verraten was der Grund für diese Sonderbehandlung war und seine Eltern hatten ihn nie gefragt. Wofür er ihnen sehr dankbar war. Denn er vermutete inzwischen, dass beide zumindest ahnten was zwischen ihm und Gilora Rakalon vor sich ging. Als er an diesem bereits empfindlich kühlen Oktobermorgen, kurz vor Sonnenaufgang im Bett der Cardassianerin aufwachte, fand er zu seinem gelinden Erstaunen die cardassianische Frau nicht neben sich vor. Etwas verwirrt richtete sich Valand im Bett auf und bemerkte erst nach einigen Augenblicken den Lichtschein, der durch die angelehnte Tür ins Schlafzimmer fiel. Anders, als zu den Gängen des Hauses hin, gab es diese altmodischen Türen zwischen den einzelnen Räumen der Suite noch. Jetzt hörte er auch ein leises Lachen, dass von Gilora zu kommen schien. Ein Mann schien mit ihr im Nebenraum zu sein, denn er hörte schwach eine tiefere Stimme. Neugierig darauf mit wem Gilora so früh am Morgen in ihren Privatgemächern eine Besprechung hatte schwang sich der Junge annähernd lautlos aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen zur Tür. Durch den schmalen Spalt spähend sah er lediglich Gilora. Der Inhaber der Männerstimme blieb ihm verborgen. Dafür hörte er wie diese männliche Person gerade meinte: „Das mit dem Jungen geht jetzt bereits seit mehr als drei Jahren, Attaché Rakalon. Vielleicht ist es langsam an der Zeit dieses Spiel zu beenden. Oder hegen Sie am Ende etwa echte Gefühle für diesen Abschaum?“ Valand erkannte wie Gilora von dem kostbaren, gepolsterten Stuhl aufsprang, auf dem sie gesessen hatte. Jetzt würde sie den Mann zur Rede stellen weil er ihn als Abschaum bezeichnet hatte. Doch zu Valands Entsetzen geschah etwas ganz Anderes. „Wie lange ich mich mit diesem Abschaum amüsiere geht Sie schwerlich etwas an, Gil Denor“, zischte die Cardassianerin unterdrückt. „Dieser Junge war und ist nicht mehr, als ein Spielzeug für mich. Ich habe Ihnen doch schon einmal erzählt, was ich mit meinem Spielzeug mache wenn ich es nicht mehr haben will.“ Der Cardassianer, von dem Valand nun wusste wer er war, lachte heiser und Gilora Rakalon fiel in dieses Lachen mit ein. Mit einem Gefühl, als habe Jemand Eiswasser über seinem Kopf ausgegossen, schlich er sich wie betäubt zum Bett zurück. Tränen der Enttäuschung und der Wut verschleierten seinen Blick, als er wieder unter die Bettdecke kroch. Er schloss seine Augen in dem Wunsch an gar nichts mehr zu denken, doch das gelang ihm nicht. Tausend Gedanken schienen seinen Kopf zerreißen zu wollen. Er erschrak, als irgendwann Gilora zu ihm unter die Bettdecke schlüpfte und mit einem geradezu panischen Blick sah er der Cardassianerin, im ersten fahlen Morgenlicht das durch die hohen Fenster schien, in die Augen. „Du hast mich und den Gil der Wache also belauscht“, konstatierte Gilora Rakalon bei dem Blick des Jungen feststellend. Im nächsten Moment gab sie ihm eine schallende Ohrfeige und sie schrie ihm ins Gesicht: „Wer hat dir erlaubt zu lauschen?“ Sein anklagender Blick veranlasste die Cardassianerin dazu den Jungen noch zwei weitere Male zu ohrfeigen bevor sie ihn aus dem Bett zerrte und in den Nebenraum führte. Dabei fuhr sie ihn an: „Setz dich dort auf den Stuhl und wage es nicht dich zu rühren!“ Die Cardassianerin zog sich rasch einen Einteiler über, bevor sie zum Interkom schritt und den Arzt und zwei Cardassianer der Innenwache zu sich befahl. Noch immer wie vom Donner gerührt, wegen dem was passiert war und dem was er gehört hatte saß der Junge auf dem Stuhl und wartete, bis der Arzt und die beiden Wachen in das Zimmer kamen. Widerstandslos ließ er es geschehen, dass ihn die beiden Wachen an den Armen ergriffen und auf dem Stuhl festhielten, während Gilora Rakalon leise mit dem Arzt sprach. Beide näherten sich schließlich Valand und der Arzt förderte eine Injektions-Pistole aus seiner Arzttasche zutage. Nach kurzer Suche entnahm er der Tasche eine unbeschriftete Ampulle mit einer milchigen Flüssigkeit und schob sie in die dafür vorgesehene Vorrichtung auf der pneumatisch wirkenden Pistole. Schließlich legte er er die Spitze der Pistole an seine Halsvene und drückte ab. Valand hörte ein leises Zischen und er spürte ein schwaches Ziehen am Hals. Dann war es vorbei. Bereits wenige Augenblicke später löste sich der Knoten den er in seiner Magengrube gespürt hatte. Er fühlte sich mit einem mal rundherum wohl und er erinnerte sich nicht mehr an den seelischen Schmerz, der ihm eben noch zu schaffen gemacht hatte. Die Droge, die ihn vollkommen willenlos machte, tat ihre Wirkung. * * * Der Planet Erde Sternenzeit: 34897.1 La Roche-Guyon, an der Süd-Grenze der Normandie - Spiegeluniversum Es dauerte einige Wochen, bis Valands Eltern der immer abwesender scheinende Zustand ihres Sohnes auffiel. Sowohl Gero Kuehn, als auch seine Frau Sarah bemühten sich redlich, ihren immer lethargischer werdenden Sohn aus diesem Zustand zu befreien, doch sie hatten keinen Erfolg. Beiden entglitt ihr Sohn immer mehr. Mit jedem Tag wie es schien. Gegen Ende November schließlich fassten beide den Entschluss, Gilora Rakalon um eine Audienz zu bitten um sie anzuflehen von ihrem Sohn abzulassen. Die Cardassianerin reagierte auf dieses Ansinnen von Valands Eltern ziemlich ungehalten. Noch bevor beide ihre Bitte vollständig hatten vortragen können, ließ sie die beiden Menschen von ihrer Leibwache festnehmen und in einen Teil des Kellergewölbes bringen der ihr mitunter als Verhör-Zentrum diente. Dort ließ sie die beiden Menschen entkleiden und in den nächsten 36 Stunden nach allen Regeln der Kunst foltern. Valand Kuehn, der von der Droge,die ihm zum ersten Mal vor mehr als drei Wochen verabreicht wurde vollkommen abhängig geworden war, bekam von dieser Maßnahme nicht das Geringste mit. So war er völlig ahnungslos, als seine Besitzerin ihn an diesem Abend zu sich holen ließ. So, wie sie es in der letzten Zeit häufiger getan hatte, hielt sie ihm die Droge die er mittlerweile in trinkbarer Form zu sich nahm so lange vor, bis er darum bettelte sie möge ihm die kleine Ampulle endlich geben. Nachdem er die 50 Milliliter der milchigen Flüssigkeit gierig getrunken hatte wurde er sofort ruhiger und Gilora vergnügte sich zunächst im Bett mit ihm. Nachdem sie Erfüllung gefunden hatte drückte sie sanft seinen Kopf gegen ihre nackten Brüste. Dabei strich sie ihm mit den Fingern durch sein Haar und flüsterte heiser: „Liebst du mich?“ „Ja, Gilora.“ „Würdest du für mich töten wenn ich dich darum bitte?“ Ohne zu zögern antwortete der Junge: „Sage mir nur wen ich für dich töten soll und ich werde es tun, meine Geliebte.“ „Ich werde dich umgehend beim Wort nehmen“, versicherte die Cardassianerin dem Jungen, der sich in diesem Moment auf dem Höhepunkt seines Drogenrausches befand. Dieser würde auch noch einige Stunden lang anhalten, bis er allmählich abklang. Der Arzt hatte sie dahingehend wie die Droge wirkte eingehend aufgeklärt. Unter anderem erlitt der Abhängige dabei einen massiven Realitätsverlust. Gilora Rakalon küsste ihren Gespielen ausdauernd bevor sie ihn freigab und von ihm verlangte: „Zieh dich an und komm zu mir in den Wohnraum hinüber wenn ich dich rufe.“ Damit stieg die Cardassianerin aus dem Bett und hörte zufrieden, wie der Junge ihre Anweisung bestätigte. Mit einem boshaften Lächeln kleidete sich die Frau an und verließ rasch das Schlafzimmer um über den Interkom Verbindung zu Gil Denor aufzunehmen. Denor, der nur auf ihren Befehl gewartet hatte, betrat wenig später zusammen mit vier Wachen ein. Diese führten zwei splitternackte Menschen in den Raum. Beide Nackten trugen Kunststoffmasken die ihre Gesichter verbargen. Die Körper der Gefangenen wiesen zahllose Peitschenstriemen, Blutergüsse und Brandwunden auf. Mit einem Blick auf die beiden Gefangenen vermutete Gilora Rakalon, dass Denor zwischenzeitlich selbst Hand angelegt und seiner sadistischen Ader freien Lauf gelassen hatte. Dass sie ihn vor einem Jahr zum Gil befördert hatte tat dieser Eigenschaft des Cardassianers offensichtlich keinen Abbruch. Denor hatte den beiden Menschen, hinter deren Rücken, schwere Handschellen angelegt. Auf ein Zeichen von Gilora Rakalon ließ Denor den beiden Menschen durch die Wachen ebenfalls Fußfesseln anlegen. Danach zwangen die Wachen die beiden Nackten auf die Knie und verbanden die Handschellen mit den Fußfesseln. Nachdem sie das Werk der Wachen eingehend begutachtet hatte, sagte Gilora Rakalon zu Denor gewandt: „Gil, Sie und die Wachen können wegtreten. Ich nehme mit ihnen Kontakt auf sobald Alles vorbei ist.“ Mit einem gleichfalls wissenden wie zynischen Grinsen erwiderte Denor: „Wie Sie befehlen, Herrin.“ Der Gil gab seinen Untergebenen ein Zeichen und die drei Männer und eine Frau seiner Wachmannschaft folgten ihm umgehend aus der Suite hinaus. In Gedanken sah Gilora auf das geschlossene Schott bevor sie, beinahe etwas abwesend, in Richtung des Schlafzimmers rief: „Valand, mein Junge! Komm her!“ Zur Zufriedenheit der Cardassianerin kam Valand ihrer Anweisung augenblicklich nach. Diese absolute Gefügigkeit war ein weiteres Wirkungsmerkmal der Droge. Fast ein wenig bedauernd, dass dies mehr am Drogenrausch lag, als an seinem freien Willen, sah sie Valand abwartend an und deutete dann anklagend auf die beiden Gefesselten. „Diese beiden Verräter wollten mir vorschreiben was ich zu tun und zu lassen habe. Sie sind Rebellen die mich hassen, Valand. Sie sind meine Feinde!“ „Dafür haben sie den Tod verdient“, murmelte der Junge emotionslos. „Richtig!“, bestätigte die Cardassianerin mit einem flüchtigen Lächeln. Damit schritt sie zu dem großen Tisch, auf dem ein Dolch lag. Mit einer glitzernden, langen Klinge. Valand beobachtete Gilora dabei, wie sie den Dolch vom Tisch nahm und damit zu ihm schritt. Dabei warf er den beiden nackten Gefangenen lediglich einen verächtlichen Seitenblick zu. Man hatte sie gefoltert und sie hatten es vermutlich verdient. Als Gilora den Jungen erreichte, gab sie ihm den Dolch und verlangte: „Töte sie. Wie du es anstellst ist mir egal. Steche sie ab, schlitze sie von oben bis unten auf, oder schneide ihnen die Kehlen durch. Solange sie anschließend nur tot sind. Überrasche mich, Valand. Der Junge nahm entschlossen den Griff des Dolches in die Rechte. Langsam schritt er um die beiden knienden Gefangenen und blieb hinter ihnen stehen. Er zögerte kurz bevor der dem Mann ins Haar griff und seinen Kopf zurück zwang. Dabei setzte er dem Mann die scharfe Klinge an die Kehle und schnitt ihm mit einer abrupten Bewegung die Kehle durch. Ein gurgelndes und überraschend lautes Geräusch kam aus der Wunde, aus der das Blut herausquoll, wobei es kleine Bläschen bildete. Valand hielt den Mann an den Haaren fest. Erst nach einem Moment ließ er ihn los und der Körper des Sterbenden fiel zur Seite. Giloras Augen wurden von einem eigentümlichen Glanz erhellt, während sich unter dem am Boden liegenden Mann rasch eine rote Lache auf dem Marmorboden ausbreitete. Mit einem strahlenden, beinahe stolzen Lächeln sah sie Valand aufmunternd an. Mit einem Schritt zur Seite trat der Junge nun hinter die nackte Frau, die am gesamten Körper zitterte. Sie konnte wegen der Maske nichts sehen doch sie schien zu ahnen was eben passiert war. Und vermutlich spürte sie inzwischen auch das warme Blut des Mannes an ihren Knien entlang fließen. Ein dumpfer Laut drang unter der Maske hervor, als Valand auch ihr Haar fest packte und ihren Kopf nach hinten zwang. Ein zweites Mal durchschnitt der Dolch eine menschliche Kehle. Diesmal hielt Valand den Körper der Gefangen länger aufrecht, bevor er ihr Haar losließ und sie zur Seite fiel, wie zuvor bereits der Mann. „Bravo, Valand!“, lobte Gilora Rakalon. „Leg den Dolch auf den Tisch zurück.“ Der Junge gehorchte und die Cardassianerin winkte ihn zu sich heran. Gemeinsam warteten sie bis die beiden Sterbenden verblutet waren. Nachdem sich beide Körper nicht mehr bewegten deutete Gilora Rakalon auf die Leichen. „Und nun nimm ihnen die Masken ab, mein Junge. Du wirst erkennen, dass du ab jetzt nur noch ganz allein mir gehörst.“ Wieder gehorchte der Junge. Ungeachtet der riesigen Blutlache schritt Valand Kuehn zu den beiden Leichen und befreite sich von den Gesichtsmasken. In die starren, toten Augen der beiden Getöteten sehend begriff der Junge erst nach einem langen Moment wer hier tot vor seinen Füßen lag. Trotz des Drogenrausches realisierte er, in einem versteckten Winkel seines Verstandes, dass er seine eigenen Eltern ermordet hatte. Auf den Befehl der Frau hin die er zu lieben glaubte. Gilora Rakalon rieb sich zufrieden die Hände während der Junge den beiden Leichen immer wieder abwechselnd ins Gesicht sah. Die Droge schien wahre Wunder zu wirken denn er verzog keine Miene beim Anblick seiner toten Eltern. Unterbewusst hatte sie mit irgendeiner deutlicheren Reaktion des Jungen gerechnet. Dabei wäre die Cardassianerin erstaunt gewesen, hätte sie gewusst, wie es momentan in dem Jungen aussah. Denn nicht die Droge war Schuld an der Teilnahmslosigkeit des Jungen, sondern sein Wille, nicht vor der Cardassianerin in Tränen auszubrechen. Deshalb ließ er sein Gesicht förmlich zur Maske erstarren, was ihn eine beinahe unmenschliche, innere Kraft kostete. Und in jenem Winkel seines Ichs, in dem er zu dieser Kraft und gleichzeitig zu der Trauer um seine Eltern fähig war, keimte in diesem Moment der Wunsch, sich für diese Abscheulichkeit der Cardassianerin zu rächen. Irgendwann… * * * Der Planet Erde Sternenzeit: 35205.8 La Roche-Guyon, an der Süd-Grenze der Normandie - Spiegeluniversum Die Veränderung, die sich nach dem Mord an seinen eigenen Eltern in Valand Kuehn vollzog, passierte so unmerklich langsam, dass Gilora Rakalon ihrer nicht gewahr wurde. Weiterhin gab sie Valand die Drogen – vollkommen sicher ihn damit vollständig unter ihrer Kontrolle zu haben. Der Junge seinerseits bestärkte Gilora in diesem Glauben. Weiterhin verhielt er sich ihr gegenüber absolut gehorsam und unterwürfig. Doch in seinem Innern brodelte ein Vulkan der danach verlangte auszubrechen. Zum Teil auch deshalb weil Valand die Menge der Droge, die er täglich weiterhin zu sich nahm, unmerklich reduzierte. Zuerst hatte er versucht sie ganz wegzulassen. Doch das war bereits nach zwei Tagen an dem grausamen Schmerz gescheitert, den dieser kalte Entzug verursacht hatte. Also war Valand zu dem Entschluss gekommen die Menge der Droge langsam zu reduzieren. Wobei er bald festgestellt hatte, dass es wirklich sehr langsam geschehen musste, wollte er nicht fürchterliche Krämpfe riskieren. Zumal in diesem Fall Gilora wohl sehr schnell aufmerksam geworden wäre. So hatte es ganze fünf Monate gedauert die Menge von 50 auf 30 Milliliter zu reduzieren. Die gesparte Menge füllte er in Ampullen um die er versteckt zwischen seinen Kleidungsstücken aufbewahrte. Vermutlich würde er sie irgendwann benötigen. Zumindest wenn sein Plan funktionierte, den er sich in den letzten knapp fünf Monaten grob zurechtgelegt hatte. In den ersten Stunden des 17. März, im Frühjahr 2358, war es schließlich soweit den Plan in die Tat umzusetzen. Noch immer vergnügte sich Gilora Rakalon regelmäßig mit Valand im Bett. Vermutlich auch deswegen weil er sich seit dem Tod seiner Eltern noch mehr um sie bemüht hatte, als zuvor. Gilora schien dies auf die Wirkung der Droge zurückzuführen was Valand nur allzu recht war. Er hatte Gilora bei ihren sexuellen Abenteuern mitunter sogar gelegentlich neue Spielarten vorgeschlagen, welche die Cardassianerin hier und da mit Vergnügen immer wieder aufgriff. Unter anderem hatte er ihr dabei vorgeschlagen ihn an die Pfosten des Bettes zu fesseln und er hatte ihr versichert was für eine Wollust er dabei empfunden hatte. Gilora Rakalon verspürte deshalb keinerlei Misstrauen Valand gegenüber, als er sie an diesem frühen Morgen fragte ob sie es selbst einmal versuchen wolle. Sie fühlte sich in der Nähe des Jungen inzwischen absolut sicher. So streichelten die Hände der Cardassianerin den nackten Po des Jungen, als er ihre Fußgelenke mit weichen Kordeln an die Pfosten des Bettes fesselte. Danach drehte sich der Nackte Junge herum und kniete rittlings über ihrem Oberkörper um auch ihre Handgelenke zu fesseln. Weit auseinander an den oberen Bettpfosten. Nachdem er sein Werk vollendet hatte, rutschte er auf ihrem Oberkörper hinunter und legte seine Hände auf ihre Brüste. Sie fest massierend, weil er inzwischen wusste wie sehr die Cardassianerin auf diese harten Brustmassagen stand fragte er leutselig: „Wie fühlt es sich für dich an, meine Geliebte?“ Gilora Rakalon zerrte etwas an den Fesseln und erwiderte: „Du hast mich ziemlich fest angebunden, mein Junge. Aber es hat wirklich etwas Erregendes!“ Der Junge beugte sich zu ihr hinunter und küsste nacheinander die steifen, beinahe schwarzen Spitzen ihren Brüste. Danach lächelte er die cardassianische Frau an und flüsterte heiser: „Es wird bestimmt noch sehr viel erregender.“ Bei diesen Worten glitten die Hände des Jungen spielerisch zu ihren Schultern und über die Schuppen an ihrem Hals, bis zu ihrer Kehle. Für einen kurzen Augenblick spielten seine Finger mit den Ansätzen ihrer Ohren bevor er seine Hände wieder zum Hals der Cardassianerin bewegte und fest zupackte. Die Augen der Cardassianerin weiteten sich ungläubig. Dabei versuchte sie sich gegen seinen harten Griff aufzulehnen. Doch Valand hatte sich inzwischen vorgebeugt und drückte sie am Hals fest auf das Lager. Dabei verstärkte sich der Druck seiner kräftigen Hände spürbar. Gilora Rakalon wollte schreien, doch der Schrei verließ lediglich ihre Augen. Aus ihrem geöffnete Mund drang nur ein kaum zu vernehmendes Röcheln. Unerbittlich drückte der Junge nun mit seiner gesamten Kraft zu. Dabei sah er in die blauen Augen der cardassianischen Frau. Panik stand in diesen Augen die förmlich aus ihren Höhlen zu quellen drohten, als ihr bewusst wurde, dass sie heute Nacht sterben würde. Ermordet von einem Gespielen den sie unter ihrer Kontrolle glaubte. Valand fühlte sich förmlich wie unter Strom stehend und das Adrenalin, dass durch seinen Körper jagte, verlieh ihm zusätzliche Kraft. Noch stärker zudrückend zischte er hasserfüllt: „Du cardassianische Verbrecherin wirst nie wieder Menschen quälen. Du wirst nie wieder Menschen missbrauchen und du wirst auch nie wieder Menschen ermorden, oder den Befehl dazu geben. Du warst jahrelang meine Nemesis. Das endet heute Nacht!“ Valand Kuehn wusste nicht wie lange er der Cardassianerin noch die Kehle zu drückte, nachdem ihr Blick längst gebrochen war. Vielleicht waren es nur Sekunden gewesen. Vielleicht aber auch mehrere Minuten. Als er endlich von der Leiche der nackten Cardassianerin abließ da schien es ihm, als erwache er aus einer Art Trance und ein Gefühl der Ernüchterung überkam ihn. Dennoch dauerte es mehrere Minuten bis er endgültig wieder zu sich fand. Er musste endlich handeln. Wenn man ihn bei Giloras Leiche fand war sein Leben verwirkt. Er musste fort von hier - fort von der Erde. Doch das bereitete ihm keinen Kummer. Nach dem Tod seiner Eltern hielt ihn nichts mehr hier. Für einen kurzen Augenblick dachte er an seine kleine Schwester. Sie war im Alter von einem Jahr schwer erkrankt. Die damalige Besitzerin seiner Familie hatte sie in ein Krankenhaus bringen lassen. Einige Tage später hatte die Schreckensmeldung ihn und seine Eltern erreicht, dass sie dort gestorben war. Valand nickte in Gedanken. Vielleicht war es besser so. Hätte sie noch gelebt so wäre die Rache an Gilora Rakalon undurchführbar gewesen. Denn damit hätte er auch ihr Leben verwirkt und nicht nur sein eigenes. Rasch kleidete er sich an, tastete nach den kleinen Ampullen in der rechten Hosentasche, die er in ein Tuch eingewickelt hatte und öffnete die Tür des Geheimganges, den ihm Gilora vor Jahren gezeigt hatte. Für einen Moment sah er in das ungewisse Dunkel des Ganges, bevor er ihn entschlossen betrat und die Tür hinter sich schloss. So würden die Wachen des Hauses vermutlich für eine Weile herumrätseln wie ihm die Flucht glücken konnte. Sein vorläufiges Ziel war der Raumhafen bei Paris. Kapitel 3: Spiegelbild der Gegenwart: Rollentausch -------------------------------------------------- USS ICICLE / NCC-79823 Sternenzeit: 59020.2 Nahe des Farrolan-Systems - Primäruniversum Vor wenigen Augenblicken waren zwei Raumschiffe der 5. Taktischen Flotte unter Warp gefallen. Auf der Brücke der U.S.S. ICICLE, einem der beiden Raumschiffe, saß der andorianische Commodore Tar´Kyren Dheran leicht vorgebeugt und die Hände auf den Sessellehnen im Sitz des Kommandierenden Offiziers. Dabei einen Fuß leicht vorgestreckt und den anderen etwas zurück gestellt wirkte er so, als wolle er jeden Moment aus dem Sitz springen. Seine Augen sahen unverwandt auf den Hauptbildschirm. Dort zeichnete sich, groß wie ein Apfel, ein orange-gelber Stern ab. „Vor uns liegt der Stern Farrolan“, meldete Lieutenant Junior-Grade Rania Sing-Badt. Die Inderin tat momentan als Taktischer Offizier Dienst auf der Brücke. „Die Oberflächentemperatur des Sterns liegt bei 4900 Grad Kelvin. Vier der sechs Planeten des Systems stehen auf der anderen Seite des Sterns. Die STORMRIDER hat sich zehn Kilometer hinter der ICICLE an der rechten Flanke positioniert, Sir.“ Geduldig ließ Dheran die Meldung der, oft etwas tapsig wirkenden, jungen Frau über sich ergehen und erwiderte ruhig: „Danke, Lieutenant. Scannen Sie den Bereich des vor uns liegenden Klentorin-Asteroidengürtels.“ Commander Pasqualina Mancharella, die zu Dherans Rechter saß, fing den vielsagenden Blick des Andorianers auf und erlaubte sich ein flüchtiges Schmunzeln. Nur einen Moment später riss die Stimme der Inderin die beiden Führungsoffiziere aus den Gedanken, als sie eindringlich meldete: „Captain, eine Meldung des Ersten Offiziers von STRATEGICAL STARBASE 71. Commander Ra Taragenar informiert uns darüber, dass ein Notruf aus dem Farrolan-System abgesetzt wurde. Offensichtlich von einem unserer Forschungsraumschiffe. Der Spruch war jedoch sehr verzerrt.“ Captain Dheran kam schwungvoll aus dem Sessel hoch und wandte sich zu Rania Singh-Badt um. „Danke, Lieutenant. Scannen Sie nach dem Raumschiff. Stellen Sie fest, ob die STORMRIDER informiert ist. Falls nicht, so holen Sie das nach.“ „Aye, Captain.“ Inzwischen hatte sich Commander Pasqualina Mancharella an Lieutenant Ivarsson gewandt und wies ihn an: „Tangentialkurs zum Klentorin-Asteroidengürtel. Aber seien Sie auf der Hut. Sie wissen hoffentlich noch was passierte, als wir zum letzten Mal hier waren. Dasselbe gilt für Sie, Ensign Charall. Halten Sie die Pulsphaser in Bereitschaft.“ Zufrieden registrierte Tar´Kyren Dheran, dass die Zusammenarbeit im Dienst nicht unter ihren kürzlichen privaten Querelen gelitten hatte. Die Spanierin verhielt sich professionell, was Dheran mit einem gewissen Stolz erfüllte. Doch gleichzeitig versetzte ihm der Gedanke an ihre kürzliche Trennung auch einen leichten Stich. Obwohl er selbst es gewesen war, der diese Verbindung aufgelöst hatte. Weil er sich sicher war in Christina Carey die Partnerin für´s Leben gefunden zu haben. Das tragische daran war: Er liebte auch Pasqualina. Aufrichtig und leidenschaftlich. Nur deswegen hatte er seine Entscheidung mit wem er letztlich zusammen sein wollte überhaupt so lange hinausgezögert. Dheran nahm die Meldung von Rania Sing-Badt, dass die STORMRIDER informiert war, mit einer Handbewegung zur Kenntnis. Dabei schritt er zu Pasqualina Mancharella und blieb neben der XO stehen. „Könnte der Notruf mit der Subraumanomalie zusammenhängen die überhaupt erst für unser Hiersein verantwortlich ist?“, fragte die Spanierin nachdenklich. Der Andorianer wechselte einen raschen Blick mit ihr. „Keinen solchen Zusammenhang zu sehen fällt schwer. Aber warten wir erst einmal ab.“ Damit betätigte der Captain der ICICLE seinen Kommunikator und sagte vernehmlich: „Lieutenant-Commander McMahan hier spricht der Captain. Bitte kommen Sie herauf auf die Brücke. Dheran, Ende.“ Auf den fragenden Blick seiner Stellvertreterin hin erklärte Tar´Kyren Dheran: „Falls die Lage an Bord des Raumschiffs, das um Hilfe rief, es erlaubt werden Sie mich an Bord des besagten Raumschiffes begleiten, Commander.“ „Aye, Sir“, bestätigte die Schwarzhaarige knapp. Obwohl sie sich fragte welchen Grund der Andorianer für diese Entscheidung haben mochte. Doch einerseits hatte McMahan bereits bewiesen, dass er die ICICLE notfalls gut kommandieren konnte und andererseits wusste Dheran diesmal die STORMRIDER als Rückendeckung in ihrer Nähe. Das war bei ihrem ersten Besuch im Farrolan-System, im Sommer des letzten Jahres, anders gewesen. Sich nichtsdestotrotz darauf besinnend, was im letzten Sommer in diesem Sektor passiert war, fragte Pasqualina Mancharella nach einem Moment: „Sollte nicht einer von uns beiden an Bord der ICICLE bleiben, Commodore? Ich denke da an das, was sich im letzten Jahr hier ereignete. Als wir die VALKYRIE raus gehauen haben. Sie erinnern sich bestimmt noch daran was der Admiral davon hielt.“ Der Andorianer warf seiner XO einen intensiven Blick zu. „Die Situation war damals eine andere, Commander. Außerdem haben wir diesmal die STORMRIDER um uns zu unterstützen. Ich möchte Sie dabei haben, weil wir, nach unserer ersten gemeinsamen und etwas unfreiwilligen Mission, gemeinsam die Daten der Subraum-Anomalien ausgewertet haben die Lieutenant-Commander Harling mitbrachte. Vielleicht können wir bei der Sichtung der Scanner-Logbücher der ORGANIA Gemeinsamkeiten erkennen.“ „Das ist ein Argument“, gab die Spanierin zu. „Harling kennt zwar die wissenschaftlichen Aspekte, hat sich aber wohl weniger mit jenen Aspekten der Daten befasst mit denen Sie mich zwei Monate lang traktiert haben.“ Dheran grinste schief. „Wer hat sich denn bereitwillig traktieren lassen?“ Der Andorianer wurde rasch wieder ernst und fügte hinzu: „Möglicherweise haben wir nicht viel Zeit auf der ORGANIA und deshalb ist es wichtig, dass Sie schnell das finden was es zu finden gibt. Falls es etwas zu finden gibt.“ Einen Augenblick später meldete Lieutenant Singh-Badt: „Commodore, ich habe ein Raumschiff der NEBULA-KLASSE auf den Scannern. Energielevel auf einem sehr niedrigen Niveau, Sir. Lebenserhaltung minimal aber noch akzeptabel. Keine Schutzschilde. Die Waffensysteme sind nicht aktiviert. Dem Schlingerkurs des Schiffes nach treibt es.“ Tar´Kyren Dheran warf einen vielsagenden Blick zu Pasqualina Mancharella während er den norwegischen Piloten anwies: „Mister Ivarsson, Kurs zu dem Raumschiff. Bringen Sie uns auf Transporterreichweite heran.“ Inzwischen hatte sich Commander Mancharella zu Lieutenant Singh Badt gewandt und wies die Inderin an: „Rufen Sie die ORGANIA, Lieutenant Singh-Badt.“ Kurz zuvor hatte Lieutenant-Commander Rick McMahan die Brücke betreten. Der baumlange Kanadier hatte Dherans Anweisungen mitbekommen und nickte dem frischgebackenen Commodore knapp zu. Rania Singh-Badt sah nach einer Weile zur XO der ICICLE und meldete: „Der Captain der ORGANIA meldet sich. Nur mit schwacher Sendeleistung und nur Audio.“ Die Spanierin erwiderte: „Auf die Lautsprecher.“ Ein Kratzen und Rauschen wurde vernehmbar, bevor sich undeutlich eine heisere Stimme herauskristallisierte, die erklärte: „Hier spricht Captain Tarik von der ORGANIA. Mein Schiff wurde von den Ausläufern einer Subraum-Anomalie unbekannter Art getroffen. Wir mussten den Warpkern abschalten und haben keine Energie für den Antrieb. Die RCS-Thruster wurden durch die Anomalie in Mitleidenschaft gezogen und sind inaktiv. Das Raumschiff treibt doch die Besatzung ist wohlauf.“ „Hier spricht Commodore Dheran von der ICICLE. Ich werde mich mit meinem Ersten Offizier auf die ORGANIA beamen lassen um mir ein Bild von den Schäden zu machen. Erwarten Sie unsere baldige Ankunft auf der Brücke Ihres Schiffes. Dheran, Ende.“ Der Taktische Offizier der ICICLE schloss den Kanal auf das Zeichen ihres Kommandanten hin. Tar´Kyren Dheran wies McMahan knapp dazu an, das Kommando über das Raumschiff zu übernehmen und wandte sich rasch zu seiner XO um: „Machen wir uns auf den Weg, Commander.“ Gemeinsam mit seiner Pasqualina Mancharella betrat der Commodore die Kabine von Turbolift-II. Schweigend fuhren sie drei Decks tiefer. In der vorgelagerten Rüstkammer von Transporterraum-I verzichteten sie darauf sich zu bewaffnen oder Tricorder mitzunehmen, denn laut Aussage des Captains der ORGANIA gab es dazu keine Veranlassung. Im Transporterraum begaben sich die beiden Offiziere ohne zu zögern auf die hell erleuchtete und leicht spiegelnde Transporterplattform. Kaum, dass sie Aufstellung genommen hatten gab Dheran dem weiblichen Petty-Officer die an den Kontrollen stand mit rauer Stimme die Anweisung: „Energie!“ * * * Als Commodore Dheran und Commander Mancharella auf der Brücke der ORGANIA materialisiert waren weiteten sich ihre Augen gleichermaßen. Denn sie blickten nicht nur in ein halbes Dutzend Waffenmündungen, sondern sie sahen sich selbst auf der Brücke stehen. Bevor beide auch nur die geringste Bewegung machen konnten wurden sie von einigen kräftigen Männern und Frauen ergriffen, die Uniformen mit Tarnmuster trugen. Rasch nahm man ihnen ihre Kommunikatoren ab. Commodore Tar´Kyren Dheran erinnerte sich dunkel an eine Zeit, in der die MACO´s des 22. Jahrhunderts solche Uniformen getragen hatten. Tausend Gedanken wirbelten gleichzeitig durch den Kopf des Andorianers, als er sich an sein Spiegelbild wandte und mit fester Stimme fragte: „Was, bei der farblosen Kreatur des Mysteriums, geht hier vor? Wer sind Sie und was machen Sie auf diesem Raumschiff?“ Die beiden Sternenflotten-Offiziere beobachteten gleichermaßen abwartend, wie der Andorianer, der die Insignien eines Captains der Sternenflotte am Kragen trug, sich ihnen langsam näherte. Auf den zweiten Blick erkannten sie ein paar Unterschiede, von denen die langgezogene Narbe, die sich über die rechte Gesichtshälfte zog, wohl der größte war. Immer wieder warf Pasqualina Mancharella dabei einen Blick zu ihrem eigenen Spiegelbild. Anders als sie selbst hatte sich dieses Spiegelbild, das eine der fremdartig wirkenden Tarnuniformen trug, das lange schwarze Haar braun gefärbt. Ansonsten schien sie ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Doch wie konnte das sein? Inzwischen hatte der Andorianer-Captain sie erreicht und mit einem höhnisch wirkenden Grinsen gab er seinem Commodore-Double zur Antwort: „Ich bin… du. Als wir in dieses Universum kamen hätte ich nicht zu hoffen gewagt, dass es ausgerechnet die ICICLE sein würde, die man hierher schickt. Das eröffnet uns ganz neue Möglichkeiten.“ Commodore Dheran war, als greife eine eisige Hand nach seinem Herzen. Er hatte ein paar Berichte gelesen aus jener Zeit, als die Besatzung von DEEP SPACE NINE mehrmals Kontakt zum sogenannten Spiegeluniversum gehabt hatte. Er dachte an die seltsam flache Schockkurve der Anomalie und er begann zu ahnen was er hier gerade erlebte. Jedoch sagte er nichts und beobachtete sein Gegenüber. „Sie werden bei uns auffallen wie bunte Hunde“, behauptete der Commodore. „In spätestens zwei Tagen wird man sie demaskiert haben, Captain. Was mich im Moment interessiert ist: Wo ist die Besatzung dieses Raumschiffs?“ Das Lächeln des Andorianer-Captains bekam eine fast brutale Note, als er gefühlskalt erwiderte: „Weggesperrt, Commodore. In dem Frachtraum können die Männer und Frauen keinen Unsinn anstellen. Falls sie es doch versuchen werde ich sie exterminieren.“ Als sich Commodore Dheran wild im Griff seiner Bewacher wand schlug ihm sein Spiegelbild kräftig ins Gesicht. Danach wandte sich der Captain an die Bewaffneten und herrschte sie an: „Schafft sie in den nächsten Transporterraum und bringt sie, mit Hilfe der Multidimensionalen Transportervorrichtung, in unser Universum. Dort werden die beiden Offiziere von Commodore Carey an Bord meines Kriegsschiffs verhört werden. Lieutenant-Commander Mancharella und ich bleiben allein an Bord dieses Raumschiffs. Wir werden deren Position in diesem Universum bereits jetzt einnehmen.“ Die MACO´s auf der Brücke bestätigten, betäubten ihre Gefangenen mit einem Hypospray und schleiften sie mit sich von der Brücke. Auf Geheiß des Andorianer-Captains blieb nur Pasqualina Mancharella, die Kommandantin der MACO´s, auf der Brücke zurück. Nachdem sie unter sich waren sah der Andorianer die MACO an und brachte die Sprache auf ein Thema, dass ihm schon seit einiger Zeit auf den Antennenspitzen brannte. Dabei benutzte er, wie immer wenn er mit einem Mitglied seiner ehemaligen Widerstandszelle gegen die Klingonisch-Cardassianische Allianz allein war, die vertrauliche Anrede statt des förmlichen, militärischen Ranges. „Wie steht es zwischen dir und Valand? Hat er mittlerweile herausgefunden, dass wir miteinander schlafen? Und hat er inzwischen eine Andere gefunden?“ „Valand hat sich seit unserer Trennung noch mehr verändert!“, knurrte die Spanierin. „Ich meine noch mehr, als zu dem Zeitpunkt, als er mir diese Narbe verpasst hat. Aber diese Geschichte kennst du ja.“ „Was mich ärgert ist die Tatsache, dass er selbst immer noch nicht mit mir darüber reden will“, knurrte der Andorianer verdrießlich. „Seit ich mit Christina zusammen bin scheint er mir wohl nicht mehr völlig zu vertrauen.“ „Es liegt nicht an dir, sondern an ihr“, grollte die MACO. „Valand traut ihr nicht über den Weg. Weiß der Teufel warum. Mit mir redet er ja auch seit Monaten nicht mehr.“ „Vielleicht werde ich mal mit Tia´Lynara reden, wenn wir wieder Zuhause sind. Zu ihr hatte er immer ein sehr gutes Verhältnis.“ Pasqualina Mancharella nickte heftig. „Oh ja – vermutlich weil sie zudem immer noch ziemlich heiß in ihn verliebt ist. Manchmal glaube ich, dass er ihr längst nachgegeben hätte, wenn sie nicht deine Schwester wäre. Was sagst du eigentlich dazu?“ Die Antennen des Andorianers bogen sich verärgert nach innen. „Jetzt komm nicht schon wieder damit an. Für Valand war das nie ein Thema. Das weiß ich!“ Die Spanierin presste die Lippen aufeinander weil ihr eine Antwort auf der Zunge lag, die vermutlich zu sehr viel Ärger geführt hätte. Etwas, das sie momentan absolut nicht gebrauchen konnten. Also schwieg sie doch in ihren braunen Augen spiegelte sich nur zu deutlich, dass sie nicht mit Dheran einer Meinung war. Nach einem Moment des peinlich berührten Schweigens wechselte Dheran das Thema und sagte hart: „Für uns beide beginnt ab sofort ein Einsatz der uns alles abverlangen wird. Nach unserer Planung werden die Verbände der Echsen bald in diesem System erscheinen. Bis dahin sollten wir einen ersten Bericht zur ICICLE abgesetzt haben. Damit meine ich zu deren ICICLE. Du wirst dir jetzt die Haare färben, dich anschließend umziehen und dir danach den Kommunikator deines Ebenbildes anstecken. Ich selbst werde mich inzwischen, per Kommunikator, beim Stellvertreter meines Ebenbildes melden. Pasqualina Mancharella nickte knapp und verließ eilig die Brücke. Nachdem der Andorianer allein war, heftete er sich den Kommunikator seines Spiegelbildes an und aktivierte ihn. „Dheran an ICICLE. Commander Mancharella und ich sind an Bord der ORGANIA. Anscheinend wurde das Raumschiff von Unbekannten überfallen. Keine Spur von der Besatzung. Scannen Sie die Umgebung. Alarmstufe Gelb für das Schiff.“ Die Antwort erfolgte umgehend. „Hier McMahan, Commodore. Habe verstanden. Was ist mit der STORMRIDER, Sir?“ Dheran überlegte fieberhaft und entschied rasch: „Die STORMRIDER bleibt bei der ORGANIA. Ebenfalls Alarmstufe Gelb für das Schiff. Commander Mancharella und ich suchen weiter nach den Männern und Frauen der Besatzung. Dheran, Ende.“ McMahan bestätigte und Tar´Kyren Dheran lächelte zufrieden. Der Mann hatte nicht das Geringste bemerkt wie es schien. Das stimmte ihn optimistisch auch den direkten Kontakt zu überstehen, ohne dass der Besatzung der ICICLE der Wechsel auffiel. * * * Als Dheran eine halbe Stunde später den Lagerraum öffnete, in den man die Besatzung zuvor eingesperrt hatte, trug er die Uniform und die Rangabzeichen eines Commodore der Sternenflotte. Pasqualina Mancharella entsprechend nun ebenfalls die Uniform der Sternenflotte mit den Insignien eines Commanders. Ihre Haare unterschieden sich nun nicht mehr von denen ihres Spiegelbildes. Ein fremdartiger und gleichzeitig sehr aufregender Anblick, befand der Andorianer. Nachdem die Besatzung befreit worden war erstattete Captain Tarik dem Andorianer Bericht, was diesen in seinem tiefsten Innern amüsierte. Immerhin wusste niemand besser als er was sich hier zugetragen hatte. Die Besatzung hatte sich inzwischen wieder auf ihre Stationen begeben. Als Dheran mit Pasqualina Mancharella und Captain Tarik zum nächsten Turbolift-Eingang schritt informierte er den Vulkanier: „Commander Mancharella und ich werden uns wieder zur ICICLE begeben. Ich schicke Ihnen einige Techniker-Teams. Wir müssen das Raumschiff schnellstens wieder flott machen. Wenn es tatsächlich ein Kriegsschiff aus dem Spiegeluniversum gewesen ist, das hier auf die ORGANIA lauerte, dann treiben sich vielleicht noch mehr Gegner in dieser Gegend herum.“ Tarik verbeugte sich leicht. „Ich danke Ihnen, Commodore. Ich werde alle verfügbaren Kräfte mobilisieren um mein Schiff rasch wieder flott zu machen.“ Nachdem der Vulkanier sich abgemeldet hatte betrat er die Kabine des Turblifts und leise sagte Tar´Kyren Dheran zu seiner momentanen XO: „Das hat besser funktioniert, als wir hoffen konnten. Wir verhalten uns abwartend sobald wir an Bord der ICICLE sind. Wir beobachten die Mitglieder der Brückencrew und passen unser Verhalten dem ihren an. Seien Sie bereit dazu zu improvisieren… Commander. Und denken Sie daran, dass ich hier nicht Captain bin, sondern Commodore.“ „Verstanden, Commodore!“, gab die Spanierin lakonisch zurück. Die Antennen des Andorianer spreizten sich zufrieden. Er tippte, mit einem vielsagenden Blick zu Pasqualina Mancharella auf den gestohlenen Kommunikator und sagte deutlich vernehmbar: „ICICLE, hier Commodore Dheran. Zwei zum Beamen!“ Die beiden Offiziere des Neuen Terranischen Imperiums lösten sich in einer blau glühenden Spirale auf und materialisierten fast gleichzeitig in Transporterraum-I auf dem Raumschiff der Föderation, das denselben Namen trug wie ihr eigenes Kriegsschiff. Über diese nicht zu erklärende Gleichheit zwischen ihren Universen dachten beide Offiziere in diesem Moment nicht nach. Es war, wie es war. Also nahmen sie es hin ohne sich darüber allzu intensive, philosophische Fragen zu stellen. Das brachte nichts ein und es trug auch in keinster Weise zur Größe des Imperiums bei. Gemeinsam begaben sich der Andorianer und die Spanierin hinaus auf den Gang, wobei sie beide zufrieden und erleichtert zugleich registrierten, dass das Verhalten des Transporter-Chiefs keinerlei Anlass zur Besorgnis gegeben hatte. Dheran wechselte einen zufriedenen Blick mit seiner Begleiterin, sagte aber nichts. Ab jetzt galt es wachsam zu sein und sich keinerlei Fehler zu erlauben. Als sie die Brücke erreichten erhob sich Lieutenant-Commander McMahan und sah in ihre Richtung. Gleichzeitig verlangte der Andorianer mit leicht heiserer Stimme: Bericht, Lieutenant-Commander. Was konnten die Scanner feststellen?“ McMahan machte ein finsteres Gesicht. „Leider nur sehr wenig. Die hohe Konzentration von Erzeinschlüssen im Gestein der Asteroiden verhindert das. Dieser Umstand hat uns bereits bei unserem letzten Besuch hier Probleme bereitet.“ „War zu erwarten!“, stimmte Dheran zu. „Chief, ich möchte, dass Sie so viele Techniker-Teams zusammenstellen wie wir entbehren können und sie zur ORGANIA senden. Ich will das Raumschiff rasch wieder manövrierfähig wissen. Vorerst halten wir es mit unseren Traktorstrahlen auf Kurs. Sie selbst bleiben an Bord. Aber vielleicht schicken Sie ihren Stellvertreter hin.“ „Da wird sich Tearash Corin aber freuen“, spöttelte der über zwei Meter große Leitende Ingenieur der ICICLE. „Ich werde das sofort veranlassen, Commodore.“ Dheran bestätigte. Dabei vermerkte er in Gedanken, dass an Bord dieser ICICLE offensichtlich ein Tellarit als Rechte Hand des LI diente und nicht eine Terranerin, wie es auf seiner ICICLE der Fall war. Es gab also schon spürbare Unterschiede und das bedeutete, dass er und Pasqualina Mancharella wirklich gut aufpassen mussten um nicht aufzufallen. Die Meldung der jungen Bolianerin, die an der NAV/OPS Konsole saß, riss den Andorianer aus seinen Gedanken. „Commodore, zwei Verbände von insgesamt zwölf Raumschiffen sind soeben unter Warp gegangen. Abstand: zweihunderttausend Kilometer. Rasch abnehmend. Den Energiesignaturen nach handelt es sich um Verbände der Gorn und der Tzenkethi, Sir.“ Dheran hörte die Stimme seiner Kameradin die bereits den Taktischen Offizier anwies: „Roter Alarm. Alle Waffen in Bereitschaft.“ Die schwarzhaarige Frau an der Taktischen Konsole kam der Anweisung umgehend nach und erkundigte sich, während die Alarm-Paneele rot aufleuchteten: „Soll Commander Kunanga mit den SKORPION-Jägern starten?“ Es war Dheran der reagierte und die Frau anwies: „Sofortiger Start der Jäger. Sie sollen unsere Flanken sichern während wir uns die Gorn vornehmen. Signal an die STORMRIDER sich mit uns zu formieren.“ „Verstanden, Sir!“ Der Andorianer nickte zufrieden, setzte sich in den Sessel des Captains und wies den Piloten der ICICLE an: „Mister Ivarsson. Direkter Kurs auf die Gorn!“ Während der Mann, der seinem Piloten wie aus dem Gesicht geschnitten war, den Befehl bestätigte nahm Pasqualina Mancharella neben Dheran Platz. Mit Kampfeinsätzen kannten sie sich aus. Denn davon hatten sie beide bereits mehr erlebt, als die Besatzung dieses Raumschiffs zusammen. Zumindest vermutete Dheran das. Denn sie hatten nicht nur daran mitgewirkt das Joch der eigenen Sklaverei abzuschütteln, sondern sie waren in ihrem Universum auch dabei gewesen, als Andoria, Vulkan, Tellar, Axanar und letztendlich auch Terra aus dem Würgegriff der Allianz befreit wurde. Bei diesem Gedanken ballte Dheran die Hände zu Fäusten und erinnerte sich… Kapitel 4: Splitter der Vergangenheit: Der Freund ------------------------------------------------- Der Eismond Andoria Sternenzeit: 35225.9 Starport von Denas - Spiegeluniversum Der vor zwei Monaten siebzehn Jahre alt gewordene, andorianische Junge arbeitete seit kurzer Zeit erst auf dem Raumhafen von Denas. Die Stadt war mit Abstand die größte auf dem für Menschen und fast alle anderen humanoiden Spezies unwirtlichen Eismond Andoria. Der Heimat der Andorianer die seit dem Fall des Terranischen Imperiums unter der Kontrolle der Klingonisch-Cardassianischen Allianz stand. Dabei war die andorianische Spezies vom Regen in die Traufe gekommen. Das galt gleichfalls für die Familie Dheran. Waren Tar´Kyren Dherans Großeltern noch Sklaven der Terraner gewesen, so waren seine Eltern und er selbst Sklaven der Klingons und der Cardassianer, die sich im ehemaligen Herrschaftsgebiet des Terranischen Imperiums breitmachten. Die Herrscher hatten gewechselt - das Schicksal blieb dasselbe. Schon sehr früh hatte Tar´Kyren Dheran gespürt, dass er, anders als seine Eltern, nicht dazu bereit war sich mit diesem Schicksal abzufinden. Denn er glaubte nicht an Schicksal. Tief in seinem Innern brannte ein rebellisches Feuer. Zuerst war es nur ein schwach glimmender Funke gewesen. Doch je älter er geworden war desto stärker hatte dieses Feuer angefangen in ihm zu brennen. Nein, er würde dieses Schicksal irgendwann wenden. Er selbst und nicht irgendein anderes Wesen das glaubte, er wäre dessen Besitz. Bereits mit neun Jahren hatte Tar´Kyren Dheran damit angefangen sich selbst das Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Heimlich und in aller Stille denn seine cardassianischen Besitzer erlaubten so etwas nicht. Sie waren lediglich daran interessiert die Andorianer als Arbeitssklaven auszubeuten. Willige und dumme Wesen die sich all ihre Überheblichkeiten und Brutalitäten gefallen ließen. Während dieser Zeit waren dem andorianischen Jungen einige Fragmente von alten Schriften in die Hände gefallen. Sie berichteten von der Verlorenen Eisstadt. Kharon-Dhura, eine der ältesten Legenden des andorianischen Volkes. Zunächst hatte er sie inhaltlich nicht für sonderlich interessant erachtet. Als er elf Jahre als war waren er und seine Eltern von seinem Heimatort Li Mi´She nach Denas deportiert worden. Dort hatten zunächst nur seine Eltern auf dem Starport arbeiten müssen. Nun war auch er dort zur Zwangsarbeit eingeteilt. Bis heute hatte sich Tar´Kyren Dheran nicht nur ein umfassendes Allgemeinwissen angeeignet sondern auch ein spezifisches Fachwissen, in Bezug auf die Waffentechnik der Allianz. Seine Eltern hatten diese Phase mit Unbehagen verfolgt und ihn immer wieder beschworen sich sein Wissen nicht anmerken zu lassen. Tar´Kyren Dheran hatte ihnen versprochen diesem Rat zu folgen, obwohl es ihm nicht immer leichtfiel damit hinter dem Berg zu halten und den Dummen zu spielen. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte er sich wieder verstärkt mit den alten Schriften beschäftigt, die von Kharon-Dhura berichteten. Er hatte seitdem versucht mehr über diese Stadt herauszufinden von der selbst die meisten Andorianer nicht wirklich glaubten, dass sie real existierte. Sie galt als ein Mythos. „Hey, Junge! Schlaf nicht ein, beim Entladen der Container!“ Die bellende Stimme des cardassianischen Aufsehers brachte Tar´Kyren Dheran wieder ins Hier und Jetzt zurück. Er warf einen mörderischen Blick über die Schulter und schrie durch den heulenden Wind zurück: „Ich mach ja schon so schnell ich kann!“ Der kräftige Aufseher antwortete mit einem cardassianischen Fluch und ging weiter um einen anderen Arbeiter anzuschreien und Dheran widmete sich wieder dem Entladen des Containers, der bereits zu 80 Prozent leer war. Bereits vor einer Stunde hatte dichtes Schneetreiben eingesetzt und machte die Entladearbeiten zur Qual. Vor der Mittagspause würde er es also ohnehin nicht schaffen diesen Container komplett zu entladen. Wozu also die ganze Aufregung? Er räumte eine Kiste zur Seite und erschrak, als er direkt in das wächsern wirkende Gesicht eine jungen Terraners sah. Zuerst glaubte er eine Leiche entdeckt zu haben, doch dann begann der dunkelblonde Mann sich zu rühren. Sich mit einem raschen Blick über die Schulter versichernd, dass niemand etwas bemerkt hatte raunte Dheran heiser zu dem am Boden des Containers Kauernden: „He, was ist mit dir? Was machst du in diesem Frachtcontainer? Woher kommst du, Terraner?“ Der Terraner zitterte unmerklich, während er Dheran panisch anstarrte. „Ich bin von der Erde geflohen. Ich wurde dort unter Drogen gesetzt. Ich brauche Hilfe.“ Erst jetzt bemerkte der Andorianer das Zittern des Mannes und er begriff was die Ursache dafür war. Mitleid mit diesem jungen Mann überkam ihn und innerhalb eines kurzen Augenblicks traf Dheran eine Entscheidung, die sein Leben nachhaltig verändern sollte. „Hör zu!“, flüsterte der junge Andorianer heiser. „Halte dich hier verborgen. Ich werde weiterhin diesen Container zu entladen, bis es Mittagspause ist. Das dauert noch etwa zwanzig Minuten. Wenn der Lastengleiter neben dem Container landet dann halte dich bereit diesen Container, auf mein Zeichen hin, rasch zu verlassen. In diesem Sturm wird der Pilot nicht die Steuerkanzel verlassen und die Wachen werden kaum etwas sehen können. Sei trotzdem vorsichtig und lass dich nicht erwischen. Denn falls man dich kriegt und herausfindet, dass ich dir geholfen habe geht es auch mir an den Kragen.“ Der Terraner nickte und lächelte dankbar und Dheran beeilte sich nun die restliche Ladung weitgehend aus dem Container zu schaffen. Bis auf jene Stücke hinter denen sich der Terraner verbarg. Während der Andorianer wie ein Berserker schuftete fragte er sich insgeheim, warum er diesen Terraner nicht einfach ausgeliefert hatte. Sicherlich war es zu einem Gutteil Mitleid gewesen das ihn dazu veranlasste dem Terraner helfen zu wollen. Doch da war auch etwas in dem Blick des Terraners gewesen. Etwas in diesen grau-grünen Augen hatte ihn innerlich berührt – etwas in ihm ausgelöst, ohne dass er sagen konnte was es gewesen war. „Vielleicht bin ich ja auch einfach nur dämlich!“, fluchte er leise auf Andorianisch und strengte sich noch mehr an, den Container weitgehend zu entladen. Wenn der Frachtgleiter hier war musste er umgehend damit beginnen können ihn zu beladen und den Terraner in die Frachtkammer zu bringen. Für Gewöhnlich flog er mit dem Piloten des Gleiters mit, um ihm beim Entladen zu helfen. Ein Teil dieser Fracht ging zu einer kleinen Ansiedlung an den südlichen Ausläufern des Tharan-Gebirges. Dabei, so hoffte der Andorianer, würde sich eine Gelegenheit ergeben dem Terraner die Flucht zu einer der nahen Höhlen zu ermöglichen, die es dort gab. Bei dieser Fracht gab es alle Dinge die der Terraner zum Überleben brauchte. Inklusive warmer Kleidung und Lebensmittel. Mit dem Entzug, unter dem er offensichtlich litt, musste er dabei jedoch ganz allein fertig werden. Beim nächsten Flug, der zu dieser Ansiedlung ging, würde er ihn aufsammeln können um ihn wieder nach Denas mitzunehmen. Er würde seine Eltern schon davon überzeugen können den Terraner aufzunehmen und zu verstecken, wenn er es ihnen nur eindringlich genug erklärte. Doch darüber würde er sich erst den Kopf zerbrechen wenn es soweit war. Er war gerade eben fertig, als ein leises Singen in der verschneiten Luft den Gleiter akustisch ankündigte. Er wurde in dem immer dichter werdenden Schneetreiben erst erkennbar wurde, als er nur noch wenige Meter über dem Boden schwebte. Tar´Kyren Dheran sah durch die Scheibe des Gleiters hinter der ihm der cardassianische Pilot bereits gestenreich andeutete, dass er keinesfalls ins Freie kommen würde um ihm eventuell zu helfen. Umso besser, dachte Dheran. Dennoch erzürnte ihn die Einstellung des Piloten. Schnell verschwand er für einen Moment im fast leeren Container und zog den Terraner mit sich. Dicht an der Öffnung bedeutete er ihm auf ein Zeichen zu warten. Tar´Kyren Dheran lief rasch zum Lademodul des Gleiters um das Schott zu öffnen und begann damit die Packstücke einzuladen. Nachdem er gut zwei Dritten der Ware eingeräumt hatte gab er dem Terraner ein Zeichen. Im Sprintertempo kam der junge Mann von der Erde näher. Doch für die Begriffe des Andorianers war das immer noch viel zu langsam. Erst als der Mensch im Frachtmodul verschwunden war und Dheran ihn mit dem Rest der Fracht quasi einmauerte atmete er erleichtert auf. Bereits beim Einladen hatte er dem Terraner eines der Pakete geöffnet und ihn mit warmer Kleidung versorgt. Es kam immer wieder mal vor, dass Pakete verschwanden weil korrupte, cardassianische Vorarbeiter in die eigene Tasche wirtschafteten. Also würde das nicht weiter auffallen. Mit einem letzten Blick auf den Terraner schloss Dheran schließlich das Schott und stieg zu dem Piloten ins Cockpit. Der Cardassianer, der wohl älter sein musste als sechzig terranische Jahre wie der Andorianer schätzte, wirkte noch übellauniger als sonst. Außerdem stank er ziemlich stark nach Tabak und nach billigem Alkohol. „Was hat denn da so lange gedauert, Jungchen?“ „Diesmal waren ziemlich schwere Stücke dabei“, versetzte Tar´Kyren Dheran mürrisch und konnte sich nicht verkneifen anzumerken: „Mit Hilfe eines zweiten Mannes wäre das Ganze sehr viel schneller gegangen.“ „Ja, ja, halt den Mund“, knurrte der Cardassianer und startete wieder den Antrieb des Gleiters. „Für die Frechheit räumst du auch alleine aus.“ Der junge Andorianer verbiss sich ein zufriedenes Grinsen. Denn so würde das Verstecken des Terraners ein Spaziergang werden. Sie hoben ab und als der Gleiter in dem Sturm etwas ins Trudeln geriet fauchte Dheran finster: „Vermutlich kommen wir nicht einmal heil an, wegen Ihrer Sauferei.“ „Das ist der Sturm, du Wicht!“, grollte der Pilot. Weil er wusste, dass er Schwierigkeiten bekommen würde wenn der Andorianer herum erzählte dass er angetrunken flog beließ er es dabei. Er tat das regelmäßig und der Junge hatte bisher dichtgehalten. Wer konnte schon wissen ob einer der anderen Arbeiter auf dem Starport das ebenfalls tun würde? Sie duldeten sich also gewissermaßen gegenseitig. Natürlich wusste Tar´Kyren Dheran das, doch er hütete sich den Pilot das merken zu lassen. Sollte der ihn ruhig für etwas beschränkt und vorlaut halten. Nach weniger als zwanzig Minuten erreichten sie die kleine Ansiedlung, deren Gebäude fast alle unterirdisch lagen. Nur einige kleine Hallen lagen oberirdisch. Neben einer dieser Hallen setzte der Cardassianer den Gleiter auf und fuhr den Andorianer an: „Schaff deinen blauen Hintern raus. Wir wollen hier nicht den ganzen Tag vertrödeln!“ Tar´Kyren Dheran schnitt dem Cardassianer eine Grimasse und stieg in den Blizzard hinaus. Gegen den immer stärker werdenden Sturm ankämpfend schritt er zum Schott und öffnete es um die Fracht zu entladen. Zwischendurch schaffte er den Terraner unbemerkt hinter eine der Hallen, deutete in die Richtung die auf der Wind abgewandten Seite lag und schärfte ihm rasch ein: „Du musst etwa fünfhundert Meter in diese Richtung gehen. Zum Glück hast du Rückenwind. Am Fuß der Gebirgsausläufer gibt es ein paar Höhlen. Hier, nimm dieses Paket mit Verpflegung und verkrieche dich für einige Tage. Wir fliegen diese Ansiedlung alle fünf Tage an. Wenn ich sicher bin dass du nicht auf irgendeiner Suchliste stehst hole ich dich.“ Der Terraner sah den ihn dankbar an, sagte jedoch nichts sondern wandte sich rasch ab und war einen Moment im dichten Schneetreiben verschwunden. Tar´Kyren Dheran sah ihm für einen Moment lang nach und murmelte: „Viel Glück.“ Dann schritt er wieder zum Gleiter. Die Arbeit machte sich nicht von allein. * * * Der Eismond Andoria Sternenzeit: 36141.7 Denas - Spiegeluniversum Fünf Tage hatten Tar´Kyren Dheran genügt um seine Beziehungen auf dem Raumhafen spielen zu lassen und zu erfahren, dass auf Andoria kein entlaufener Sklave gesucht wurde. Seine wichtigste Informationsquelle war dabei der gleichaltrige Hat´Meran Teron gewesen. Ein Andorianer, so wie er selbst. Sie hatten sich bereits im frühen Kindesalter angefreundet. Ihre Eltern wohnten in Denas in unmittelbarer Nachbarschaft. Hat´Meran arbeitete bereits einige Monate auf dem Starport bevor er selbst zur Arbeit dort eingeteilt wurde. Ihn dort als Freund zu haben hatte ihm so Manches erleichtert, während seiner ersten Zeit dort. Dennoch hatte es der junge Andorianer noch nicht so früh gewagt den Terraner wieder nach Denas mitzunehmen. Natürlich war das bei dem Terraner gar nicht gut angekommen. Zumal er inzwischen voll auf kaltem Entzug gewesen war. Immer wieder hatte Tar´Kyren Dheran dem Terraner in dieser Zeit gut zugeredet weil er sich mittlerweile ziemlich gehen gelassen hatte. Jedoch hatte Valand Kuehn schon bald einen deutlich besseren Eindruck bei ihm hinterlassen. Schließlich war er sicher gewesen, es verantworten zu können ihn wieder nach Denas mitzunehmen. Seine sieben Jahre jüngere Schwester, die ihn abgöttisch liebte, hatte von ihm alles über den Terraner wissen wollen. Es hatte ziemlich viel Geduld erfordert alle ihre Fragen zu überstehen, ohne die Nerven zu verlieren. Doch das würde er niemals. Nicht in Gegenwart von Tia´Lynara. Denn er liebte seine kleine Schwester ebenso sehr, wie sie ihn liebte. Zu Beginn des Jahres 2359 hatte sein Besitzer Tar´Kyren Dheran den Shuttle-Flugschein machen lassen. Statt weiterhin auf dem Starport zu arbeiten flog er nun als Kurier für ihn mit einem kleineren Frachtshuttle kreuz und quer über Andoria. Diese Arbeit war weitaus angenehmer als die Arbeit auf dem Raumhafen. Vor allen Dingen war er als Kurierflieger, mehr oder weniger, sein eigener Herr. Zumindest musste er sich nicht länger mit diesem stinkenden, saufenden Cardassianer-Piloten herumärgern. Einige Wochen später geschah jedoch etwas auf das er instinktiv gewartet hatte, seit seine Familie Valand Kuehn Unterschlupf gewährt hatte. Dementsprechend ernst betrat er heute die kleine Wohnung seiner Eltern und er lachte nicht so herzlich wie sonst, als ihm Tia´Lynara entgegen lief und in die Arme sprang. Auch, wenn er versuchte sich seiner Schwester gegenüber nichts anmerken zu lassen. Nach diesem üblichen Begrüßungsritual stellte Tar´Kyren Dheran seine kleine Schwester auf die Füße, gab ihr einen leichten Klaps auf den Po und schritt dann rasch in den Wohnraum, wo er nur auf Valand Kuehn traf. Seine Eltern waren noch nicht von der Arbeit auf dem Starport zurück. Das war dem jungen Andorianer ganz recht denn was er heute erfahren hatte würde sie zweifellos beunruhigen. Valand und er hatten sich in den letzten zehn Monaten so gut angefreundet, dass der Terraner sofort merkte, dass etwas nicht stimmte. Inzwischen vollkommen von seiner Drogenabhängigkeit geheilt, sah Valand ihn fragend an und erkundigte sich ernst: „Was hast du, Tar? Irgendetwas scheint dir heute auf´s Gemüt zu schlagen.“ Tar´Kyren Dheran nahm diese Kurzform seines Namens inzwischen ganz selbstverständlich hin. Zuerst hatte er versucht Valand davon abzubringen. Doch irgendwann hatte er es aufgegeben, denn Valand war in dieser Hinsicht bewundernswert hartnäckig gewesen und hatte diese Kurzform seines Namens dennoch immer wieder verwendet. Eine gewisse Iliana Rakalon kommt übermorgen nach Andoria. Als neue Intendantin des Planeten. Ich nehme an du erkennst den Nachnamen dieser Frau wieder?“ „Wie könnte ich den vergessen!“, grollte Valand und sein Blick verfinsterte sich beinahe übergangslos. „Ihre Schwester hat mich drogenabhängig gemacht und meinen Zustand dazu ausgenutzt um mich dazu zu bringen meine Eltern grausam umzubringen.“ „Du hast es mir mal erzählt“, stimmte Dheran zu. „Aber da ist noch mehr. Hat´Meran hat mich davon in Kenntnis gesetzt, dass sie den Mörder ihrer Schwester hier vermutet und eine umfangreiche Suche nach dir starten will. Das bedeutet du kannst hier nicht länger bleiben. Bereits morgen Früh nehme ich dich mit. Wir fliegen zu den südlichen Eiswüsten hinaus. Aus den alten Schriftrollen über Kharon-Dhura weiß ich, dass es in der Gegend ein weit verzweigtes Höhlensystem geben soll. Da wird sie dich nie finden.“ „Wie lange werde ich da bleiben müssen?“ „Ich weiß es nicht, mein Freund. Ich weiß nur, dass du da sicherer sein wirst, als hier. Morgen, in aller Frühe, werden wir das Wichtigste für dich zusammenpacken.“ Valand Kuehn lächelte bitter. „Dann werde ich mich heute Abend von Tia´Lynara verabschieden. Ich habe sie inzwischen richtig gern.“ Tar´Kyren machte eine verneinende Geste. „Das geht nicht. Sie würde dich so lange löchern bis sie weiß wohin du gehst. Das werden wir nicht riskieren. Sag ihr bitte nachher ganz normal Gute Nacht, Valand.“ Der Terraner schluckte. In den letzten Monaten war Tia´Lynara für ihn fast so etwas wie eine neue kleine Schwester geworden. Vielleicht, weil sie ihn an seine so früh verstorbenen eigenen kleinen Schwester erinnerte. Nach einem Moment atmete er tief durch und nickte zustimmend. „Ja - du hast Recht, Tar. Morgen, also.“ Es klang nach Endgültigkeit. * * * In aller Frühe brachen sie am nächsten Morgen auf, als Tar´Kyrens Eltern und seine kleine Schwester noch schliefen. In aller Eile hatten sie in den Gleiter gepackt was Valand in der nächsten Zeit brauchen würde. Auf dem langen Flug in Richtung Süden starrte Valand düster auf die weiße Landschaft hinaus. Wieder war er auf der Flucht. Er fragte sich, in finstere Gedanken versunken, ob dieser Zustand je aufhören würde oder ob es auf ewig sein Schicksal war wegzurennen, bis er sein Leben auf die ein oder andere Weise beendete. Nach einer Weile des Schweigens fragte er in die Stille des Cockpits hinein: „Tar, hast du jemals etwas von irgendwelchen Widerstandskämpfern gehört, die sich gegen die Allianz aufgelehnt haben?“ Der Andorianer gab einen überraschten Laut von sich. Nach einem Moment sagte er: „Hin und wieder haben ich ein paar meiner Artgenossen darüber gesprochen. Aber etwas Genaues schienen diese Leute nicht zu wissen. Es heißt, dass einige Terraner hier und da Anschläge auf verschiedenen Planeten der Allianz durchgeführt hätten.“ „Ja, solche Geschichten machten auch auf Terra gelegentlich die Runde“, warf Valand ein und kratzte sich am Ohr. „Ich bin mir aber nicht sicher wie viel Wahrheit dahinter steckt. Aber hältst du es für möglich, dass solche Widerstandszellen etwas bewirken können?“ Tar´Kyren Dheran sah den Freund offen an. „Ja, das hat uns die Geschichte doch immer wieder gelehrt. Widerstand beginnt in kleinem Stil und dann wächst er, bis es an der Zeit ist zu handeln und gegen den Gegner vorzugehen. Wenn ich eins über euch Menschen gelernt habe, Valand, so ist es dies: Ihr lasst euch nicht auf Dauer unterdrücken. In dieser Hinsicht gleicht ihr uns Andorianern. Es gibt ein geflügeltes Wort unter uns, das folgendermaßen lautet: Treibe einen Terraner niemals auf dünnes Eis.“ Valand lachte humorlos. „Nicht sehr eloquent aber vielleicht zutreffend.“ Für eine geraume Weile wurde es wieder still in der Kanzel. Irgendwann nahm Valand den Faden wieder auf und fragte unvermittelt: „Ist dir jemals in den Sinn gekommen selbst aktiv Widerstand gegen die Allianz zu leisten?“ Tar´Kyren Dheran zögerte leicht, bevor er meinte: „Ich habe gelegentlich überlegt was das bedeuten würde. Auch für meine Familie. Wäre ich allein dann wäre es etwas ganz Anderes. Doch so…“ „Das verstehe ich“, entgegnete Valand düster. „Doch vielleicht kommt irgendwann die Zeit wo das nicht mehr als Grund ausreichen wird, um sich zurückzuhalten.“ Tar´Kyren Dheran erwiderte nichts darauf. Diese Ansicht des Freundes schien ihm etwas zu düster. Der Andorianer führte es auf die extremen Erfahrungen des Terraners zurück. Sie schwiegen bis Dheran das Shuttle am Rand eines ausgedehnten Gletschers landete und sie es verlassen hatten. Mit ihrem schweren Gepäck über die eisige Oberfläche des Gletschers stapfend deutete der Andorianer auf eine kleine Hügelkette. Gegen den heulenden Wind schrie er in Valands Richtung: „Dort hinten gibt es ein ausgedehntes Höhlensystem mit mehreren Ausgängen. Ein ideales Versteck für dich. In einer der zahlreichen Kavernen wirst du es dir bequem machen können.“ „Relativ!“, rief Valand ironisch zurück. Bei seinem nächsten Schritt drang ein Krachen an die Ohren der beiden Freund. Es schien von unten zu kommen. Es war Dheran der rasch erkannte was es bedeutete und er schrie: „Weg von hier, Valand! Unter der Oberfläche, auf der wir hier stehen, scheint es einen Hohlraum zu geben. Valand Kuehn wandte den Kopf. Gerade eben noch sah er wie der Andorianer vor seinen Augen scheinbar im Boden verschwand. Bevor er selbst handeln konnte knirschte das Eis unter ihm und er selbst rauschte in eine bodenlose Finsternis. Nach dem ersten Schock stellte Valand Kuehn zu seinem Erstaunen fast, dass es kein Fallen war sondern mehr ein Rutschen. Er schien sich auf eine steilen Schräge zu befinden, auf er er immer tiefer hinab unter die Oberfläche von Andoria rutschte. Unter dem Terraner klang ein beinahe irre anmutendes Lachen auf und glich darauf erscholl es aus der Tiefe: „Das wird ein Desaster, Valand!“ Der Terraner hätte fast ebenfalls gelacht bei diesen Worten. Fast gleichzeitig spürte er, dass der Andruck auf den Untergrund stärker wurde. Erst nach einigen Augenblicken wurde ihm bewusst was das zu bedeuten hatte. Der Gleitwinkel wurde flacher. Überflüssigerweise rief Dheran unter ihm aus: „Dieser Schacht macht offenbar eine Kurve, Valand. Ich rutsche mit einer geringeren Geschwindigkeit, als vorher!“ „Woher willst du das wissen?“ Erneut erklang ein Lachen aus der Tiefe. Diesmal eher ironisch. „Was glaubst du eigentlich wozu Andorianer Antennen haben? Eine ihrer Funktionen ist es, dass wir uns damit in Höhlensystemen orientieren können. Besser als andere humanoide Spezies. Nach einer Weile spürte auch Valand, dass die Rutschpartie langsamer wurde. Der Gang, oder was immer es auch war, wurde spürbar immer flacher. Irgendwann stieß er gegen einen Widerstand und kam endgültig zur Ruhe. „Nimm gefälligst deinen Quadratlatschen aus meinem Ohr!“, schimpfte der Andorianer und im nächsten Moment erahnte Valand Kuehn was ihn abgebremst hatte. Mit einem Grinsen, das der Freund nicht sehen konnte, erwiderte er: „Was machen wir jetzt?“ „Wir müssen eine Weg hier heraus finden“, gab der Andorianer trocken zurück. „Da man hier unten die Hand nicht vor Augen sieht gebe ich dir das Ende eines Seiles. Das wirst du dir um den Leib binden. Sonst verlieren wir uns noch gegenseitig.“ „Gute Idee.“ Valand spürte nach einer Weile wie Dheran ihm das Seil in die Hände legte. Während er es sich um den Leib wickelte meinte er verdrossen: „Eins steht mal fest: Hier unten finden die Cardassianer mich nie.“ Die Worte hallten seltsam nach. Tar´Kyren Dheran schien dies ebenfalls aufzufallen denn er meinte nachdenklich: „Das klingt nicht nach einer Eishöhle. Mehr wie eine Felsenhöhle. Wenn man nur etwas mehr sehen könnte.“ „Etwas mehr“, echote Valand. „Also ich sehe rein gar nichts.“ „Du bist ja auch kein Andorianer.“ Dheran erklärte nicht was er damit gemeint hatte. Nach einem Moment sagte er bestimmt: „Von mir aus können wir losmarschieren. Mach ganz vorsichtige Schritte und halte dabei das Seil auf Spannung.“ „Alles klar“, erwiderte Valand. Erst als sich das Seil spannte marschierte er los. Mehr schlecht als recht wanderten sie durch die Finsternis. Valand wusste nicht wie lange sie marschiert waren, als der Andorianer plötzlich ausrief: „Da hinten scheint es heller zu werden! Aber… wie ist denn das möglich?“ Valand bemerkte zunächst nichts davon. Doch nach einer Weile bemerkte er einen schwachen, bläulichen Schimmer. Er schob es auf seine überreizten Sinne doch nach einigen Augenblicken wurde es etwas heller um ihn herum und er erkannte, dass er sich nicht geirrt hatte. Schwach konnte er sehen, dass sie sich in einem Felsengang befanden der an dieser Stelle etwa fünf Meter breit war. Vor ihnen wurde er scheinbar breiter. Zusätzlich drang nun ein leises Rauschen an seine Ohren. „Ist da etwa ein unterirdischer Fluss vor uns, Tar?“ Der Andorianer gab ein heiseres Husten von sich, bevor er antwortete. „Es klingt so. Wenn ich mich richtig an die Schriftstücke über die Verlorene Eisstadt erinnere dann soll eine Brücke, die sich über einen unterirdischen Fluss spannt, den Weg nach Kharon-Dhura markieren. Aber das ist nur eine Legende.“ „Gehen wir dennoch weiter“, schlug Valand vor. Der Andorianer stimmte heiser zu. Es dauerte nur wenige Minuten bis die Gangwände, die nun selbst Valand deutlich erkannte, zurückwichen und er etwas zu sehen bekam, was nicht nur ihm den Atem raubte. Sowohl der Terraner wie auch der Andorianer an seiner Seite sahen nach vorne, wo sie nun ganz deutlich einige intensiv bläulich leuchtende Punkte entdeckten. Sie waren es die das eigenartige, bläuliche Licht aussandten. „Das sind Kumari´s Tränen“, erklärte Tar´Kyren Dheran, nachdem er sich an den Anblick gewöhnt hatte. Etwa zwanzig Meter vor ihnen verschwand der Boden abrupt, über die gesamte Breite des Felsendomes. Außer an einer Stelle. Sie erkannten dass diese etwa fünf Meter breite Stelle den Beginn eines Brückenbogens bildete. Er wurde von Statuen und einer hohen Brüstung zu beiden Seiten des Bogens gesäumt, die aus purem Eis zu bestehen schienen. Dabei entdeckten beide Wesen nun, dass das bläuliche Glühen von den Augen der andorianischen Männer und Frauen ausging, welche die Statuen darstellten. Auch Valand überwand sein Erstaunen. Mit einem derart prächtigen Bauwerk hatte er hier unten nicht gerechnet. Sie traten näher und erkannten jetzt ganz deutlich, dass der eigentliche Brückenbogen aus gewachsenem Fels bestand. Die beiden Statuen zu beiden Seiten des Bogens besaßen eine Höhe von mindestens sieben Metern und stellten Andorianische Krieger dar wie sie zu der Zeit der Clan-Kriege ausgesehen haben mochten. Durch das Einsetzen von Kumaris Tränen in die Augenhöhlen der Eisstatuen wirkten sie irgendwie lebendig und unheimlich auf die beiden Beobachter. Weitere Statuen, etwa halb so groß, standen entlang der Brüstungen. Das jenseitige Ende der Brücke lag mindestens fünfzig Meter von ihnen entfernt. Auf der anderen Seite der Schlucht und kaum noch zu erkennen für Valand. In diesem Moment beneidete er Dheran darum hier unten offensichtlich besser sehen zu können als er. Es war der Andorianer der schließlich feststellte: „Alles spricht dafür, dass dies die Brücke der Kriegsgöttin ist die in meinen Aufzeichnungen den Beginn des Weges nach Kharon-Dhura markiert. Sie muss es sein denn sie entspricht den vagen Beschreibungen, die ich davon in den Schriftfragmenten fand. Das ist phantastisch.“ „Stand in diesen Schriften auch wie weit weg die eigentliche Stadt liegt?“ Der Andorianer gab ein Knurren von sich. „Banause. Dies ist der älteste Nachweis andorianischer Kultur und du fragst mich wie weit es noch ist?“ Der Andorianer bedeutete Valand schließlich, ihm zu folgen. Instinktiv erwartete Valand, dass es erneut knirschen würde und sie zum zweiten Mal an diesem Tag abstürzten, doch nichts dergleichen geschah. Sicher erreichten sie das jenseitige Ende der Brücke. Dort angekommen deutete Tar´Kyren Dheran auf einen Durchgang auf dieser Seite des Felsendoms, um den herum eine Figur aus dem Felsen geschlagen worden war. Erst jetzt erkannte Valand, dass es sich dabei um eine kniende Andorianerin mit beinahe perfekten, weiblichen Rundungen handelte. Lediglich die Hüften der Statue empfand er als etwas zu breit, aber dahingehend unterschied sich offensichtlich das andorianische Ideal einer Frau vom irdischen Ideal. Der Terraner hatte den Durchgang von der anderen Seite aus nicht erkannt weil er sich direkt zwischen den gespreizten Oberschenkeln der Statue befand und er die Öffnung des Ganges für einen Schatten gehalten hatte. Die Hände der erhobenen Arme dieses Abbildes der Kriegsgöttin hielten den Griff eines Schwertes umklammert. Das leicht nach oben geneigte Gesicht der Statue hatte etwas Erhabenes an sich. Ein eindrucksvoller Beleg für die hohe Kunst der damaligen, andorianischen Steinmetze. Tar´Kyren Dheran deutete auf eine Inschrift, hoch über dem Kopf der Statue. „Dies ist tatsächlich die Brücke der Kriegsgöttin. Diese Inschrift dort oben beweist es.“ Valand Kuehn legte den Kopf in den Nacken. „Ich sehe nichts. Was steht denn da?“ „Meine Liebe ist kalt wie erfrorener Stahl, mein Herz schlägt für den Kampf. Ich bin der Klingen Silberglanz – ich bin der Kriege Todestanz.“ Tar´Kyren Dheran sprach die Worte mit einer Andacht aus, die den Terraner davon abhielt etwas darauf zu sagen. Mit heiserer Stimme sagte Dheran bestimmt: „Wir werden Kharon-Dhura sehen – als erste Lebewesen seit über viertausendfünfhundert Jahren.“ In einer ersten Reaktion wollte Valand den überbordenden Enthusiasmus des Andorianers bremsen, doch seine Leidenschaft steckte ihn an und er hörte sich sagen: „Ja das werden wir, Tar. Und eine ganze Stadt ist ein besserer Unterschlupf, als eine Höhle.“ Dheran machte eine zustimmende Geste bevor er rau erwiderte: „Komm, weiter!“ * * * Es dauerte einen halben Tag lang bis sie schließlich breiter Durchgang erreichten. Durch ihn fiel schwaches Licht. Doch es glich nicht ganz dem blauen Glühen jener Edelsteine, welche die Brücke der Kriegsgöttin erhellt hatten. Wortlos schritt Tar´Kyren Dheran voran und trat durch den monumental wirkenden Eisbogen – hinein in einen riesigen Felsendom. Dessen Abmessungen waren kaum abzuschätzen. Hier fielen farbige Lichtstrahlen, durch zehn Lichtschächte, von der mindestens fünfzig Meter hohen Decke herab. Aber das war längst nicht alles denn vor ihnen erhob sich eine reich verzierte Mauer aus beinahe durchsichtigem Eis. Dahinter lagen, im heller werdenden Lichtschein, Gebäude, massive Hallen und Türme von quadratischer Grundfläche, die sich sacht nach oben hin verjüngten. Auch sie schienen aus purem Eis zu bestehen. Erst bei näherem Hinsehen erkannten Tar´Kyren Dheran und Valand Kuehn, dass es lediglich handbreite Eisplatten waren die über den Außenwänden massiver Steinbauten geschichtet das Licht reflektierten. Die beiden einsamen Sucher schritten beinahe demütig weiter in den Felsendom hinein. Beim Annähern an den gewaltigen Eingangsbogen der Stadt, der sich über eine Lücke in der Mauer von mindestens zehn Metern Breite spannte bemerkten beide, dass das Eis fast so glatt wie Glas poliert worden war. Die Eisprismen unter der Decke des Felsendomes verteilten nun das Licht in breiten bunten Lichtstreifen über die Stadt, deren Gebäudewände nun ihrerseits das farbige Licht teils reflektierten, teils brachen. Der Eindruck entstand als würde die Stadt damit beginnen von Innen heraus zu leuchten. In diesen Anblick versunken stand der Andorianer eine ganze Weile einfach nur da und selbst Valand war fasziniert von diesem Anblick. Erst nach einer Weile brach er das Schweigen und meinte: „Das nenne ich mal einen Unterschlupf, Tar.“ Sie schritten weiter und Valand deutete zwischendurch auf den Boden. „Hier liegen überall diese leuchtenden Edelsteine herum. Das ist sehr gut denn wenn wir einen Weg nach draußen suchen, damit du wieder hier heraus kommst, kann ich damit den Weg markieren. Damit ich die Stadt auch wiederfinde.“ „Ja, sammeln wir sie ein“, stimmte Dheran zu nachdem er sich endlich von dem Anblick losreißen konnte. Sie durchstreiften die Stadt und machten sich eine Stunde später auf die Suche nach einem Ausweg aus diesem Höhlenlabyrinth. Fast einen ganzen Tag dauerte es bis sie einen steilen Pfad fanden, der nach oben führte. Wie Dheran Valand erklärte wurden solche Pfade von den Andorianischen Stieren genutzt, die sowohl auf als auch unter der Oberfläche des Eismondes existierten und nach Futter suchten. Als sie die Oberfläche erreichten herrschte heller Tag und beide schlossen geblendet die Augen. Von einem etwas erhöhten Standpunkt aus erkannten sie den Gletscher, an dem Tar´Kyren gelandet war. Die Flugmaschine zeichnete sich als dunkler Punkt gegen den helleren Schnee der Ebene ab. Nachdem sich Dheran orientiert, und den Einstieg zu diesem Pfad gemerkt hatte verabschiedete er sich rasch von Valand. Zwei Tage weg zu sein würde seinem Besitzer nicht auffallen. Länger durfte er sich jedoch nicht von ihm fernhalten. Zum Abschied sagte er zu dem Terraner: „Ich werde in spätestens einer Woche wieder bei dir sein. So lange reichen die Vorräte die du dabei hast auf jeden Fall. Ich muss leider rasch aufbrechen damit ich nicht vermisst werde und all das hier auffällt.“ Valand reichte dem Freund die Hand. „Dann bis in einer Woche. Ich danke dir.“ Der Andorianer erwiderte nichts darauf sondern ließ seine Augen sprechen, bevor er sich abwandte und eilig die sanft abfallende Schneewüste hinab lief. Valand blieb noch bis der Gleiter gestartet und außer Sicht war. Dann atmete er tief durch und machte sich auf den langen Rückweg nach Kharon-Dhura. Kapitel 5: Spiegelbild der Gegenwart: Nachbeben ----------------------------------------------- Typ-10-Shuttle – ALLORAN VERON / NCC-97334/2 Sternenzeit: 59157.8 Farrolan-System - Primäruniversum Konteradmiral Valand Kuehn steuerte das Typ-10-Shuttle in entspannter Haltung durch die Randzone des Klentorin-Asteroidengürtels. Dabei reagierte die verbesserte Version des Typ-9-Shuttles auf jede Eingabe mit einer zuvor nie dagewesenen Exaktheit. Dieses Shuttle stellte momentan den modernsten Typ von Klasse 2 Shuttles dar – schneller, wendiger und besser bewaffnet als sein Vorgänger. Die Gedanken des Mannes im Pilotensitz schweiften ab. Vor sieben Wochen erst hatte hier ein Gefecht stattgefunden in das sein bester Freund Tar´Kyren Dheran verstrickt gewesen war. Wusste der Teufel wie es dieser Andorianer anstellte sich immer genau im Brennpunkt der Ereignisse aufzuhalten. Der Norweger lächelte schmerzlich bei dem Wort Freund, denn momentan sah ihn der Andorianer als alles Andere. Der Konteradmiral versuchte, sich von diesen finsteren Überlegungen abzulenken. Er richtete seine Überlegungen auf Linara Enari und auf das, was sie ihm am Neujahrstag eröffnet hatte. Sie hatte ihm gestanden, dass er eine Tochter mit ihr hatte. Was er für umso bemerkenswerter erachtete, als dass sie nur ein einziges Mal miteinander geschlafen hatten. Damals - im Frühsommer des Jahres 2357. Am Abend bevor Enari, frisch zum Ensign befördert, die Akademie verließ um ihren Dienst an Bord der STIRLING anzutreten. Bis vor zwei Monaten hatte der Konteradmiral weder gewusst noch geahnt dass Enari, durch die Ereignisse dieser einen Nacht, schwanger geworden war. Er haderte seitdem etwas mit dem Schicksal, dass ihn einen sehr wichtigen Teil seines Lebens hatte verpassen lassen. Doch die Augenblicke in denen er sich fragte, wie sein Leben verlaufen wäre, hätte er von Riana gewusst, verfolgten ihn stets nur für kurze Zeit. Denn er fragte sich andererseits was ihm vielleicht entgangen wäre wenn er es gewusst hätte. Auch heute verwarf Kuehn diese Gedanken schnell wieder. Es war müßig über ein Leben nachzugrübeln wie es hätte sein können. Er konzentrierte sich wieder auf seine Mission von der nur seine Verlobte Sylvie LeClerc wusste. Natürlich war Sylvie aus allen Wolken gefallen, als er ihr von seiner Tochter erzählt hatte. Nachdem er sich einige Tage lang vollkommen abgeschottet hatte. Selbst vor ihr. Einige Tage lang war es danach zwischen ihnen turbulent zugegangen, doch damit hatte Valand Kuehn gerechnet nachdem sich Linara Enari ihm anvertraut hatte. Dafür dass Sylvie ziemlich emotional war hatte sie es sogar einigermaßen gefasst aufgenommen. Vielleicht auch deshalb weil er absolut aufrichtig zu seiner Verlobten gewesen war. So hatte er der Französin nicht vor geheuchelt er würde rein gar nichts mehr für Enari empfinden. Er hatte ihr jedoch unmissverständlich erklärt, dass das was er für Enari empfand nicht über eine sehr gute Freundschaft hinausging und zukünftig auch nie darüber hinausgehen würde. Denn er liebte Sylvie von ganzem Herzen. Das hatte seine Verlobte zum Glück sehr deutlich gespürt, denn ansonsten hätte sie ihm vermutlich eine ziemliche Szene gemacht. Zu seiner Erleichterung war das nicht passiert. Im Anschluss hatten sie sich zusammengesetzt und ganz in Ruhe über seine Vergangenheit gesprochen. Dabei hatte Valand die Dinge aber ganz bewusst aus seiner Warte geschildert und nur sehr wenig zu Enari gesagt. Denn es gab Dinge von denen Valand wusste, dass Enari sie gern für sich behalten wollte. Valand korrigierte den Kurs des Shuttles um zwei Grad nach Backbord und seufzte schwach. Dabei richteten sich seine Gedanken wieder auf Tar´Kyren Dheran. Er hatte über Umwege von dem Einsatz erfahren, in den der frischgebackene Commodore involviert gewesen war. Gemeinsam hatten die ICICLE und die STORMRIDER einem Raumschiff der EXCELSIOR-KLASSE aus eine ähnlichen Notlage heraus geholfen, wie jener in der sich seinerzeit die VALKYRIE befand. Auch zu diesem Zeitpunkt war es sein Freund gewesen der im Zentrum des Geschehens gestanden hatte. Die Ähnlichkeit dieser Ereignisse hatte Valand Kuehn nachdenklich gestimmt, als er dieses System mit einem Shuttle seines Flaggschiffs anflog. Allein – was im Grunde genommen gegen die Vorschriften war. Denn kein Flaggoffizier durfte sich in eine mögliches Krisengebiet begeben, ohne eine bewaffnete Eskorte. Doch es musste sein denn er befand sich auf dem Weg zu einem Treffen, das unter sechs Augen bleiben musste. Bei diesem Gedanken schmunzelte der Konteradmiral unmerklich. Niemand würde ihn schief ansehen solange niemand davon erfuhr. Dass ihn Sylvie nach oben hin deckte beruhigte den Norweger denn er wusste, dass er sich vollkommen auf Sylvie verlassen konnte. In dieser Hinsicht hatte es für ihn niemals einen Zweifel gegeben. Sie kannten sich seit der Akademie, aber richtig kennengelernt hatte er Sylvie erst während ihrer gemeinsamen Zeit auf der ALAMO. Nach der Havarie des Raumschiffes. Unwillkürlich dachte er dabei an seine erste Frau. Ahy´Vilara Thren. Eine Andorianerin die so ganz anders gewesen war, als er selbst. Und dennoch war da von Beginn an eine unsichtbare Verbindung zwischen ihnen gewesen. Sie starb bei der Katastrophe die im Herbst des Jahres 2362, durch eine Thermonukleare Supernova vom Typ Ia, auf der ALAMO ausgelöst wurde. Sie und weitere 639 von 750 Besatzungsmitglieder. Inzwischen schmerzten diese Erinnerungen nicht mehr, obgleich er immer noch eine gewisse Trauer verspürte wenn er an Ahy´Vilara dachte. Sie hatten sich trotz aller Gegensätze so nahe gestanden, wie es zwei Wesen überhaupt möglich war. Valand erinnerte sich bei diesen Überlegungen an den Mann, der auf der ALAMO eine Art Mentor für ihn gewesen war. Der Mann nach dem dieses Shuttle benannt war. Alloran Veron. Er war der Leitende Medizinische Offizier an Bord der ALAMO gewesen. Bis zu diesem schicksalhaften 13. November, an dem sich sein Leben grundlegend änderte. Der Arzt hatte ihn und Ahy´Vilara miteinander bekannt gemacht. Zwischen Veron und seiner andorianischen Stellvertreterin hatte fast so etwas geherrscht, wie eine Vater-Tochter-Beziehung. Was Valand auch heute noch ziemlich bemerkenswert fand. Denn unter normalen Umständen hielten sich Andorianer Außenstehenden gegenüber in dieser Hinsicht eher bedeckt. Aber normalerweise heirateten sie auch eher selten Außenstehende. Obwohl hier ein Wandel zu beobachten gewesen war, in den letzten beiden Jahrzehnten. Diese Überlegungen brachten Valand Kuehn gedanklich schließlich wieder zurück zu seinem Freund Tar´Kyren Dheran. Der liebte eine irdische Frau. Vielleicht waren es gegenwärtig sogar immer noch zwei irdische Frauen. In dieser Hinsicht war er momentan nicht ganz auf dem Laufenden. Doch er hatte während der letzten Wochen seltsam anmutende Gerüchte vernommen. Und zwischen Dherans Schwester und einem Captain der Fünften Taktischen Flotte, der gleichfalls von der Erde stammte, knisterte es ebenfalls. Noch vor 250 Jahren waren solche Interspezies-Beziehungen auf der Erde annähernd undenkbar gewesen. Zu dieser Zeit gab es dort noch spürbar nationalistische Strömungen, die sich erst in den folgenden beiden Jahrhunderten aufgelöst hatten. Die Menschheit war dabei endlich wirklich erwachsen zu werden. Ein Warnsignal von den Instrumenten riss den Flaggoffizier aus seinen Betrachtungen. Gleich darauf meldete die Automatik des Shuttles mit einschmeichelnder Stimme: „Warnung! Das Shuttle durchfliegt ein Gebiet mit Neutrinos von hoher Strahlungsintensität. Die Felddichte um das Shuttle herum variiert! Quantensignatur verändert sich!“ „Computer: Was kann der Grund dafür sein?“ Es dauerte einen Moment, bevor der Computer antwortete: „Unzureichende Daten.“ Valand Kuehn hatte mit einer ähnlichen Antwort gerechnet und konterte umgehend: „Erstelle aus den vorhandenen Quellen der Datenbank, in Bezug auf Paralleluniversen, die wahrscheinlichste Theorie!“ Ein Zirpen ertönte, bevor die Computerstimme sagte: „Wahrscheinlichste Theorie ist, dass das Shuttle einen Quantenspalt oder eine vergleichbare Anomalie gestreift hat.“ Valand Kuehn presste seine Lippen aufeinander. Er hatte den Computer ganz bewusst in Hinsicht auf Paralleluniversen befragt. Denn die Aufzeichnungsprotokolle der ICICLE, der ORGANIA und die der STORMRIDER hatten ihn bereits vermuten lassen, dass sich hier vor Wochen etwas abgespielt haben musste worauf er bereits insgeheim seit Monaten wartete. Nach einem Moment gab er die Anweisung: „Computer: Zeichne alle messbaren Auswirkungen der Anomalie auf.“ „Anweisung nicht durchführbar“, gab der Computer leidenschaftslos Auskunft. „Es sind keine anormalen Abweichungen in diesem Sektor des Raumes anzumessen.“ Die Augenlider des Mannes weiteten sich. „Was ist mit den zuerst aufgefangenen Anomalien passiert?“ „Ungenügende Daten für eine Analyse.“ „War ja klar“, murmelte der Konteradmiral finster. Er überlegte einen Moment lang bevor er sich dazu entschloss den Flug fortzusetzen. Man erwartete ihn auf Farrolan IV. * * * Es dauerte fast eine Stunde bis das Shuttle von Valand Kuehn mit hoher Impulsgeschwindigkeit den vierten Planeten des Systems erreichte. Aus einem inneren Impuls heraus maskierte er die Ausstrahlung der Triebwerke und glitt mit Minimalleistung auf den Planeten zu. Möglicherweise würde er sich dadurch um einige Minuten verspäten. Doch diese Tatsache schien ihm von geringem Interesse. Man würde schon auf ihn warten. Er legte die Leistung des Prallschirms gerade hoch genug fest, dass das Shuttle heil die oberen Luftschichten durchstieß und sich dann mit weniger als Schallgeschwindigkeit der Oberfläche des Planeten näherte. Dabei wusste der Konteradmiral selbst nicht so genau zu sagen warum er so paranoid handelte. Ein ungutes Gefühl hatte ihn erfasst, seit es zu der Berührung mit dieser seltsamen Anomalie gekommen war. Als er die Höhe von zweitausend Metern unterschritt fiel ihm etwas auf. An der Küste des Kontinents, die er und seine Partner als Treffpunkt ausgemacht hatten, erhoben sich die Gebäude einer großen Stadt. Das war als solches nichts Ungewöhnliches wenn man vergaß dass es an dieser Stelle keine Stadt hätte geben dürfen. Valand Kuehn verzögerte die Fahrt des Shuttles augenblicklich und forderte gleichzeitig: „Computer – prüfe die Position des Shuttles. Befinden wir uns wirklich in der Nähe des Treffpunktes?“ „Position überprüft und bestätigt!“ Dann ist hier etwas nicht so wie es sein soll, dachte der Konteradmiral. Gleichzeitig steuerte er das Shuttle auf eine kleine Waldlichtung zu, die er zuvor ausgemacht hatte. War auch die energetische Ausstrahlung des Shuttles nicht als solche anmessbar – unsichtbar war sein Shuttle nicht. Valand Kuehn beschlich inzwischen immer stärker das dunkle Gefühl, dass es nicht empfehlenswert war seine Ankunft Irgendwem auf diesem Planet anzukündigen. Ein vager Verdacht reifte in dem Mann, während er das Shuttle rasch und dennoch sicher zu Boden brachte. Schnell fuhr er die Systeme herunter und kletterte aus dem Pilotensitz. Er musste sich einen Überblick darüber verschaffen wo er war und ob sein Verdacht sich möglicherweise bewahrheitete. Falls sein Gefühl ihn nicht trog durfte er nicht allzu lange auf diesem Planet verweilen. Valand Kuehn widerstand seinem ersten Impuls eine Waffe mitzunehmen. Vermutlich wäre er sofort aufgefallen. Also verzichtete er darauf. Auch wenn es ein Wagnis darstellte. Als er die hintere Schleuse des Shuttles öffnete erwartete ihn jedoch eine unangenehme Überraschung und er wurde wütend auf sich selbst, weil er auf eine Waffe verzichtet hatte. Denn er selbst sah in die Mündung eines Handphasers. Zu Valand Kuehns Glück übersah der Offizier, der den Phaser auf ihn richtete, wohl die Form seines Kommunikators, denn nach einem Blick auf die Rangabzeichen des Konteradmirals ließ er die Waffe sinken. Der Flaggoffizier nutzte die Gunst der Situation und fragte scharf, während er nun aus der Schleuse trat und auf den Offizier zu ging: „Was fällt Ihnen ein eine Waffe auf mich zu richten, Lieutenant? Sind Sie etwa betrunken?“ Fast hätte der Bluff des Norwegers funktioniert. Doch dann erkannte der Konteradmiral die Änderung in Haltung und Gesichtsausdruck des schlanken, braunhaarigen Mannes, als dessen Blick sich auf seinen Kommunikator richtete. Inzwischen war Valand Kuehn jedoch bereits so nah bei dem Offizier, dass er es wagte ihn anzuspringen. Deutlich kräftiger, als sein Gegenüber, riss der Konteradmiral den Mann mit sich zu Boden und ein wildes Gerangel um den Phaser entstand. Valand Kuehn bekam einen heftigen Schlag ins Gesicht und für einen Moment verschwamm die Umgebung um ihn herum. Fast gleichzeitig erklang ein Zischen das Valand Kuehn nur allzu gut einzuordnen wusste. Er versuchte zu ermitteln wo der Fremde ihn getroffen hatte doch er spürte nichts. Das war seltsam. Erst einen Moment später, als der Fremde jeden Widerstand aufgab, dämmerte es dem Flaggoffizier, dass er es war, der in dem Gerangel die Waffe abgefeuert hatte. Sein Blick klärte sich wieder und er blickte in die starren Augen des Mannes, der in den fast wolkenlosen Abendhimmel sah. Es dauerte dennoch einige Augenblicke bis Valand Kuehn klar wurde, dass er den Mann getötet hatte. Unabsichtlich natürlich denn ihm war nicht klar gewesen, dass während der Rangelei einer von ihnen die Waffe offensichtlich auf Töten eingestellt hatte. Valand Kuehn wusste, dass man den Offizier bald vermissen würde. Aber vielleicht gelang eine Täuschung? Ohne zu zögern nahm er seinen Kommunikator ab und vertauschte ihn mit dem Kommunikator des Angreifers. Er hatte wohl seine Landung zufällig beobachtet und nachgesehen was los war. Vermutlich ohne jemandem eine Meldung darüber zu machen, oder aber es hätte hier bereits gewimmelt von Militärangehörigen. Das Aussehen des Kommunikators bestätigten seinen Verdacht, den er bereits bei der Landung gehabt hatte. Gehalten in Silber und Gold war er geformt wie das Logo des Terranischen Imperiums. Valand Kuehn kannte dieses Logo aus beigefügten Grafiken einiger Agentenberichte aus jüngerer Zeit. Das passte zu dem was ihm im All offensichtlich widerfahren war. Also hatte sich im Farrolan-System tatsächlich etwas ereignet das mit dem geheimnisumwitterten Spiegeluniversum unmittelbar in Verbindung stand. Noch bekam er das Puzzle nicht ganz zusammen doch ein sehr grobes Bild der vermutlichen Ereignisse entstand in seiner Vorstellung. Ein Bild das nichts Gutes verhieß. Ein glücklicher Umstand war für ihn die Tatsache, dass die Uniformen der Terraner offensichtlich denen der Sternenflotte glichen. Bis auf winzige Unterschiede wie die Form des Kommunikators. Nach Valand Kuehns Informationen handelte es sich beim Neuen Terranischen Imperium, das sich, nach den Berichten des Sternenflotten-Geheimdienstes, bereits vor Jahren aus dem Vorläufer, dem Terranischen Imperium, geformt hatte, um ein totalitäres Regime. Dementsprechend würde es eine sehr klare und vermutlich ebenso brutale Hierarchie geben. Das konnte ihm, als Konteradmiral, durchaus zum Vorteil gereichen. Er musste sich nur dementsprechend verhalten. Schwierig aber nicht unmöglich. Der Norweger verriegelte das Schott und sicherte es. Mehr als das und zusätzlich den Offizier im Gebüsch zu verstecken konnte er hier nicht tun. Er musste das Risiko der Entdeckung des Shuttles eingehen. Natürlich hätte er sofort wieder starten können um zu versuchen die Anomalie im Raum wiederzufinden, durch die es ihn hierher verschlagen hatte. Doch es war nicht sicher, dass der Weg in beide Richtungen funktionierte. Zum Anderen vergab er damit eine vielleicht einmalige Chance mehr über die Pläne des Neuen Terranischen Imperiums zu erfahren. So machte sich Valand Kuehn auf den Weg durch den dichten Wald. Von oben hatte er die ungefähre Richtung ermittelt, in welcher die Stadt lag die er gesehen hatte. Bis er sie erreichte würde es bestimmt schon dunkel sein. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und Valand wusste, dass sich dieser Planet in nur 21 Stunden einmal um seine Achse drehte. Das konnte möglicherweise ein zusätzlicher Vorteil sein. Es dauerte nicht sehr lange bis sich der Wald lichtete. Vor ihm lag ein leicht abschüssiges Gelände, dass einer Parklandschaft glich. Auch wenn Wege hier fehlten. Der Konteradmiral kam gut voran und erreichte den Stadtrand, noch bevor es völlig finster geworden war. Der Norweger beschloss keinen überhasteten Eindruck bei den Leuten zu hinterlassen, die ihm hier in den breiten Alleen entgegen kamen. Also wanderte er gemessenen Schrittes eine der Alleen entlang, die nach einem halben Kilometer in einen größeren Platz einmündete. Aus drei weiteren Richtungen kamen gleichfalls Alleen hier an. Am Rand des großen Platzes, in dessen Mitte es einen prächtigen Springbrunnen gab, erkannte der Konteradmiral einige Geschäfte und kleinere Lokale. Für einen Augenblick blieb der Konteradmiral stehen und sah sich nachdenklich um. Wie sollte er hier, in einer ihm völlig fremden Stadt, etwas erfahren. Inzwischen war er nicht mehr so überzeugt von seiner Entscheidung, wie zum Zeitpunkt seines Aufbruchs zu dieser Stadt. Von rechts näherten sich Schritte und unwillkürlich sah Valand Kuehn in die entsprechende Richtung. Im hellen Licht der Beleuchtung des Platzes erkannte der Mann eine hochgewachsene Andorianerin. Sie trug die Uniform der Flotte und die Rangabzeichen eines Commanders am roten Uniformpulli. Bei ihrem Anblick erstarrte Kuehn. Die Andorianerin schien die Reaktion des Konteradmirals bemerkt zu haben, denn sofort verlangsamte sich ihr Gang. Zudem wurde ihr Blick unsicher weil sie sich offensichtlich nicht erklären konnte was diese Reaktion ihres Gegenübers bewirkt hatte. Valand Kuehn indessen starrte unverwandt in das hübsche Gesicht der andorianischen Frau. Doch ihre Schönheit war es nicht was ihn momentan zutiefst aufwühlte. Es war viel mehr die Tatsache, dass er dieses Gesicht kannte. Nicht zu kennen glaubte sondern es definitiv kannte. Diese Frau trug zwar ihr silbrig-weißes Haar nicht kurz, sondern es fiel ihr bis in den Nacken, doch Valand Kuehn hatte sie dennoch sofort wiedererkannt. Obwohl dieser Begriff, wie er sich sofort in Gedanken korrigierte, im Grunde nicht zutraf. Ohne sie aus den Augen zu lassen näherte er sich der Andorianerin langsam und blieb einen Meter von ihr entfernt stehen, bevor er ungläubig fragte: „Ahy´Vilara Thren?“ Gleichzeitig überrascht und verwirrt erwiderte die andorianische Frau: „Ja, Sir. Aber woher kennen Sie mich?“ Valand Kuehn verfluchte in Gedanken seine Unbesonnenheit. Die Frage der Andorianerin war absolut berechtigt. Vermutlich waren sie sich hier noch nie begegnet. Ausweichend erwiderte er schließlich: „Das tut jetzt nichts zur Sache. Ich erinnere mich eben an Sie. Es muss aber sehr lange her sein, dass wir uns begegneten. Nur sehr flüchtig.“ Diese Antwort schien die Frau zu akzeptieren. Wohl auch deshalb weil es nicht empfehlenswert gewesen wäre einem wirklichen Admiral des Spiegeluniversums, der zudem ihr Vorgesetzter war, zu widersprechen. Oder ihn gar einen Lügner zu nennen. Valand Kuehn wusste für einen kurzen Augenblick nicht, ob er für diesen Umstand dankbar sein, oder ihn verfluchen sollte. Als die Andorianerin Anstalten machte sich wieder in Bewegung zu setzen sagte er rasch: „Einen Moment, Commander. Ich würde Sie gerne etwas fragen.“ Wieder wurde der Blick der Andorianerin unstet. „Natürlich, Sir.“ Für Valand Kuehn hatte die gegenwärtige Situation etwas beinahe Surreales. Er räusperte sich bevor er eindringlich fragte: „Haben Sie Familie, Commander Thren?“ Die Antennen der Andorianerin richteten sich auf ihn und ein forschender Zug trat in die blauen Augen der Frau. „Ich weiß es nicht. Meine Eltern werden mich vermutlich für tot halten, seit ich von der Allianz hierher verschleppt wurde. Ich hatte gehofft, dass die Terraner die ehemaligen Sklaven der Allianz befreien würden, nach ihrem Sieg. Offiziell haben sie das zwar auch getan aber es geht ihnen kaum besser, als zu Zeiten der Allianz. Auch dann nicht wenn sie, so wie ich, in der Imperialen Sternenflotte dienen. Ich habe mir meine Zukunft anders vorgestellt. Anders als sie sich mir momentan darstellt.“ Valand Kuehn kannte diese Frau – nein ihre Doppelgängerin aus seinem Universum, die seit langer Zeit tot war – gut genug um die Bitterkeit und den Trotz aus ihrer Stimme deutlich herauszuhören. Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen und ihr versichert, dass alles wieder gut werden würde, doch das durfte er natürlich nicht tun. Niemals hätte sich ein Admiral des Terranischen Imperiums derart vertrauensselig verhalten. So sagte er lediglich in beruhigendem Tonfall: „Ich kann Ihre Verbitterung gut verstehen, Miss Thren.“ Wieder sah ihn die Andorianerin forschend an, bevor sie zweideutig fragte: „Können Sie das wirklich, Admiral? Ja, ich denke Sie können es.“ Bei Valand Kuehns erstaunter Miene erklärte die Andorianerin ernst: „Ich habe vorhin zufällig die Landung eines Shuttles beobachtet. Sie waren der Pilot, Admiral. Leugnen Sie es nicht. Sie verhalten sich nicht wie ein Admiral der Imperialen Sternenflotte.“ Valand Kuehn überlegte fieberhaft und beschloss dann die Flucht nach vorne anzutreten, indem er bestätigte: „Sie haben Recht, Commander Thren. Ich bin kein Admiral des Imperiums. Ich stamme aus einem anderen Universum und wurde zufällig hierher verschlagen, ohne zu wissen was der Auslöser gewesen ist.“ Es war ein Vabanque-Spiel. Doch Valand Kuehn riskierte es. Wenn diese Ahy´Vilara nur entfernt so war, wie jene die er gekannt hatte, dann war das Risiko vertretbar. Die Andorianerin musterte Valand Kuehn eindringlich. „Zufällig sagen Sie? Ich hatte angenommen Sie wären absichtlich hergekommen, um die beiden Gefangenen zu befreien die vor einigen Wochen hier eingesperrt wurden. Ein Andorianer und eine Menschenfrau. Es hieß, sie wären aus einem anderen Universum hierher entführt worden.“ Sprachlos starrte Valand Kuehn die Frau an, die seiner verstorbenen ersten Frau in Allem so ähnlich war dass es weh tat. Er riss sich zusammen und gab zurück: „Wenn es hier wirklich Gefangene aus meinem Universum gibt dann müssen Sie mir zeigen wo man sie gefangen hält. Ich kann die beiden Personen nicht hier lassen.“ Die Andorianerin sah ihn misstrauisch an und Valand Kuehn beschwor sie eindringlich: „Ahy´Vilara, du musst mir vertrauen. Ich treibe kein falsches Spiel mit dir.“ Der Blick der Andorianerin suchte etwas in seinem Blick. Nach einigen Augenblicken traf sie eine Entscheidung und sagte: „Kommen Sie mit mir, Admiral. Heute Abend können wir nicht dorthin gehen. Ich zeige Ihnen morgen wo die Gefangenen eingesperrt wurden. Ich habe Zutritt zu der Anlage. Jetzt brauchen Sie zuerst einmal eine Bleibe für die Nacht.“ Valand Kuehn lächelte. Dankbar und erleichtert zugleich entgegnete er: „Sobald wir unter uns sind sagen Sie bitte Valand. Ein Sir ist dann nicht mehr nötig.“ Die Antennen der Andorianerin spreizten sich in jener unverkennbaren Weise, wie es die seiner verstorbenen Frau getan hatten wenn sie mit etwas zufrieden gewesen war. Mit einem raschen Seitenblick auf mehrere Passanten die sich Ihnen näherten erwiderte die Andorianerin leise: „Dann folgen Sie mir bitte, Admiral.“ * * * Die Andorianerin bereitete für Valand Kuehn und sich selbst eine einfache Mahlzeit zu, nachdem sie ihre kleine aber saubere und ordentlich aufgeräumte Wohnung erreicht hatten. Als sie gemeinsam am Tisch saßen musterte Ahy´Vilara Valand wieder auf jene seltsam forschende Art, wie sie es schon vorhin auf der Straße getan hatte. Der Handphaser erschien wie hin gezaubert in der Hand der andorianischen Frau und der Konteradmiral schalt sich einen Narren. Natürlich war er ein Feind des Imperiums und das hatte diese Ahy´Vilara anscheinend nicht vor zu vergessen. Die Andorianerin sah Kuehn ernst an und verlangte: „Legen Sie Ihre Hände flach auf die Tischplatte. Etwas weiter zur Mitte hin.“ Valand Kuehn folgte der Anweisung. Dabei überlegte er fieberhaft wie er sich aus dieser misslichen Lage würde befreien können. Zumindest schien ihn die Frau, deren Anblick ihm so schmerzhaft vertraut war, nicht sofort umbringen zu wollen. Sonst hätte sie nicht so lange gefackelt. Das wertete Kuehn als eine vage Chance für sich. Indessen sah die Andorianerin ihn wieder prüfend an. Nach einem Moment gab sie sich einen Ruck und meinte: „Sie haben mich in diesem Universum, bis eben, noch nie gesehen… Valand. So viel steht fest. Dennoch haben sie mich sofort erkannt. Sie werden zugeben müssen, dass das seltsam ist. Vielleicht aber auch nicht, denn ich habe Gerüchte gehört nach denen es jede Person dieses Universums auch in Ihrem Universum gibt. Gehe ich Recht in der Annahme, dass Sie meine Doppelgängerin kennengelernt haben, Valand? Die Ahy´Vilara Thren aus Ihrem eigenen Universum? Ist sie bei Ihrer Sternenflotte?“ Valand Kuehn sah sein Gegenüber offen an. Mit einem verzweifelten Auflachen erwiderte er: „Kennengelernt wäre die Untertreibung des Jahrhunderts, denn in meinem Universum waren wir verheiratet.“ Die Antennen der Andorianerin bewegten sich unruhig in verschiedene Richtungen und ihre Augen wurden groß, als sie sich erkundigte: „Waren? Sind Sie es nicht mehr?“ Valand schluckte. Er atmete tief durch und erzählte dieser Ahy´Vilara die Geschichte von der Havarie der ALAMO und vom traurigen Schicksal seiner Ahy´Vilara. Zum Ende hin meinte er nachdenklich: „Das muss Ihnen sehr fremdartig vorkommen, Commander. So wie mir dieses Universum fremd vorkommt. Ich möchte Sie jetzt bitten die Waffe nicht länger auf mich zu richten. Ich will Ihnen wirklich nicht schaden, Commander Thren.“ Für einen Moment wirkte die Andorianerin, als würde sie einen inneren Kampf mit sich ausfechten. Dann ließ sie die Waffe sinken und steckte sie weg. Dennoch ließ Valand seine Hände demonstrativ auf dem Tisch, als er aufatmend erklärte: „Sie können sich vorstellen, dass ich meinerseits gerne etwas mehr von diesem Universum erfahren würde. Mich interessiert brennend warum man die beiden Offiziere entführte. Besonders weil ich mir sicher bin, dass einige Feinde der Sternenflotte in meinem Universum von hier aus gelenkt werden. Wenn es mir nicht gelingt das zu stoppen, so wird es letztlich zu einem schrecklichen Krieg kommen. Zu einem Krieg zwischen zwei Universen, bei dem alle Beteiligten verlieren werden, Commander.“ Die Andorianerin machte eine zustimmende Geste. „Allein die Tatsache, dass ich in dieser Angelegenheit vollkommen Ihrer Meinung bin ist in dieser Sternenflotte Hochverrat, Valand. Ich bin jedoch der Meinung, dass mein Volk zu lange gelitten hat als dass wir uns bereits jetzt wieder in einen militärischen Konflikt stürzen lassen dürfen.“ Valand sah die Frau eindringlich an die ihm gleichzeitig so vertraut und so fremd war. Dabei glaubte er zu spüren, dass er bereits halb bei ihr gewonnen hatte. Beschwörend erwiderte er: „Ich freue mich, dass Sie es so sehen. Gemeinsam haben wir vielleicht die Chance großes Leid von beiden Universen abzuwenden, Commander.“ „Ahy´Vilara, bitte.“ Valand Kuehn lächelte unmerklich. „In Ordnung, Ahy´Vilara. Was können Sie mir über die Geschichte der letzten einhundert Jahre dieses Universums erzählen?“ Die Andorianerin überwand ihr restliches Misstrauen gegenüber dem Terraner und berichtete ihm von der Entwicklung dieses Universums. Dabei erfuhr der Mann, dass Terraner erstmals im Jahr 2264 seines Universums gewahr wurden. Nachdem der legendäre Captain James Tiberius Kirk und drei seiner Offiziere, ausgelöst durch eine Subraumanomalie beim Transport auf ihr Raumschiff, die Plätze mit ihren Gegenparts tauschten. Es schien Kuehn fast surreal, von Ahy´Vilara zu hören, dass der Kirk dieses Universums im Jahr 2277 den amtierenden Imperator, Androvar Drake, hatte umbringen lassen um selbst die Macht über das Terranische Imperium an sich zu reißen. Drei Jahre später putschte sein Stellvertreter, der Vulkanier Spock, gegen ihn und Tiberius der Erste tauchte ab in den Untergrund. Gerüchten nach war es Kirk der daraufhin die Klingons und die Cardassianer zur Bildung einer Allianz gegen das Imperium ermutigte. Im Jahr 2305 wurde Spock seinerseits von dem führungsschwachen aber dafür umso verschlagener agierenden John Harriman gestürzt. Dies rächte sich, als die Klingonisch-Cardassianische Allianz dem Imperium fünf Jahre später den Krieg erklärte. John Harriman, brutaler aber militärisch weit weniger beschlagen als sein Vorgänger, mischt sich fatalerweise in jede wichtige militärische Entscheidung des Stabes der Imperialen Sternenflotte ein. So war es kaum ein Wunder, dass die Allianz die Terraner, innerhalb weniger Jahre, immer weiter zurückdrängen konnte. Die entscheidende Schlacht zwischen beiden Großmächten fand im Frühsommer des Jahres 2313 statt. Bei Wolf-359. Dort gingen der ohnehin stark dezimierten Terranischen Sternenflotte 93 Raumschiffe verloren, wobei 37.000 Besatzungsmitglieder der Imperialen Flotte den Tod fanden. Die Allianz konnte schließlich bis Terra vorstoßen. Nachdem die Terraner unterjocht wurden, verschleppte man viele von ihnen nach Bajor, das kurz zuvor der Allianz beigetreten war. Hauptsächlich als Arbeitssklaven. Harriman selbst wurde festgenommen und nach wochenlanger Folter schließlich öffentlich hingerichtet. Damit endete die Schreckensherrschaft der Terraner und die Schreckensherrschaft der Allianz begann. Denn Klingons, Cardassianer und Bajoraner verhielten sich kaum anders als zuvor die Terraner. Seit dem Tausch der vier Offiziere der ENTERPRISE hatte kein Kontakt mehr zum anderen Universum stattgefunden. Dies änderte sich erst wieder im Jahr 2370 als der Mensch Julian Bashir und die Bajoranerin Kira Nerys in dieses Universum verschlagen wurden. Durch einen Unfall wie beide behauptet hatten. Die bajoranische Intendantin, deren Hauptquartier auf der Sternenbasis TEROK NOR lag, glaubte jedoch nicht recht daran. Sie gab Invasionsalarm, nachdem die beiden Eindringlinge wieder in ihr eigenes Universum zurückkehrten. Unbestätigten Gerüchten zufolge kam es noch einige weitere Male zu einem Kontakt, bevor ein gewisser Miles O´Brien auftauchte und den Widerstand gegen die Allianz maßgeblich dazu verhalf, den Allianz-Regenten Worf gefangen zu nehmen. Intendantin Kira Nerys hingegen konnte damals fliehen und untertauchen. Ein Jahr darauf wurde das Neue Terranische Imperium gegründet. Zunächst von einem Triumvirat geführt, stand momentan nur noch ein Mann an der Spitze des Imperiums. Imperator Miles O´Brien dessen Gegenpart seinen Aufstieg erst ermöglichte. Als Valand Kuehn nachfragte erfuhr er, dass die beiden ehemaligen Mitherrscher des Imperators Kathryn Janeway und Julian Bashir hießen. Nachdem die Andorianerin geendet hatte schüttelte Valand Kuehn seinen Kopf und murmelte ungläubig: „Ein Doktor, ein Vizeadmiral und ein brillanter Ingenieur bilden ein Triumvirat. Das klingt nach dem Beginn von einem ganz schlechten Witz.“ Als er den fragenden Blick von Ahy´Vilara auffing schüttelte der Norweger nur den Kopf und meinte: „Ich habe lediglich laut gedacht. Wenn Sie nichts dagegen haben, so würde ich mich jetzt gerne zur Ruhe begeben. Denn morgen werden wir ausgeschlafen sein müssen, wenn wir die beiden Gefangenen aus meinem Universum befreien wollen.“ Ahy´Vilara deutete auf eins von zwei Schotts. „Dort im Wohnraum finden Sie eine Couch die für ihre Größe ausreichen sollte. Falls Sie keine Ansprüche stellen.“ „Es wird genügen müssen.“ Langsam erhob sich Valand Kuehn und umrundete den Tisch. Am Schott angekommen wandte er sich zu Ahy´Vilara um und lächelte gezwungen. „Gute Nacht.“ „Gute Nacht“, erwiderte die Andorianerin leise. Im Dunkel des angrenzenden Raumes tastete sich Kuehn zu der besagten Couch vor. Nicht sehr bequem doch er hatte schon schlechter gelegen. Er legte sich hin und schloss seine Augen. Doch Schlaf stellte sich erst eine ganze Stunde später ein. * * * Valand Kuehn erwachte, als ihn Ahy´Vilara fest am Oberarm packte und nicht gerade sanft daran rüttelte. Verschlafen zu der Andorianerin blinzelnd machte er sich aus ihrem Griff frei und fragte rau: „Gibt es Schwierigkeiten?“ „Wie kommen Sie darauf?“ Endgültig wach werdend erwiderte Valand Kuehn: „Sagen Sie nur nicht, dass Sie die Leute immer so unsanft aufwecken.“ Die Antennen der Andorianerin bogen sich etwas nach Innen. „Unsanft?“ Kuehn grinste schwach. „Vergessen Sie es. Wir sollten uns darauf konzentrieren, was vor uns liegt. Wann werden wir aufbrechen?“ Die Andorianerin schritt durch das Schott nach nebenan während sie erwiderte: „Wir haben noch etwas Zeit, Valand. Wenn Sie möchten dann leisten Sie mir Gesellschaft beim Frühstücken. Vielleicht möchten Sie auch etwas?“ „Eine Dusche zuvor wäre mir ganz lieb.“ Ahy´Vilara Thren sah ihn fast etwas verschmitzt an, als sie nach links deutete und meinte: „Durch dieses Schott. Aber beeilen Sie sich denn so viel Zeit haben wir nun auch nicht mehr.“ Schwungvoll erhob sich der Konteradmiral und marschierte nach Nebenan. Nach zehn Minuten betrat er die Küche des Appartements und sah auf den Tisch. Es gab einen andorianischen Fruchtsaft und einige violette Knollen, die eine Mischung aus Frucht und Gemüse darstellten wie Valand wusste. Seine Ahy´Vilara hatte beides nicht sonderlich gemocht. Anders als diese Ahy´Vilara denn diese genoss das Mahl offenbar. Während sich Valand zu der Andorianerin an den Tisch setzte und nach einem Glas für sich griff meinte er. Ich stelle eben fest, dass es wirklich ein paar auffallende Unterschiede gibt, zwischen diesem und meinem Universum. Er ließ offen was er damit meinte und nahm sich eine der violetten Knollen. Als er davon probierte wusste er augenblicklich warum seine Ahy´Vilara diese Knollen nie aufgetischt hatte. Da er wusste, dass sie reich an Vitaminen waren und darüber hinaus sättigend aß er sie trotzdem. Wenn auch mit Todesverachtung. Der Saft war etwas besser aber nicht sehr viel. Die gesamte Zeit über sprachen beide kein Wort miteinander. Erst als Valand sein Glas geleert hatte sprach er ein Thema an, das ihn letzte Nacht wachgehalten hatte. „Ahy´Vilara, was halten Sie davon wenn Sie mich in mein Universum begleiten würden, nachdem wir die beiden Offiziere befreit haben? Ich bin mir sicher, dass Sie ein Gewinn für die Sternenflotte meines Universums sein können.“ Das Gesicht der Andorianerin verfinsterte sich übergangslos. „Das geht nicht, Valand. Selbst wenn ich wollte. Die Allianz hat seinerzeit allen Sklaven ein Implantat eingepflanzt. Mit ihm konnte man jeden Sklaven ortungstechnisch aufspüren. Eine weitere Funktion des Implantats verhindert, dass sein Träger einen Übergang zwischen den Universen überlebt. Einige versuchten es dennoch. Sie starben bei dem Versuch. Diejenigen die einen Übergang überlebten konnten das Implantat zuvor entfernen. Doch dazu ist eine medizinische Ausrüstung nötig über die wir nicht verfügen und ein Arzt mit besonderen Fähigkeiten, denn das Implantat sitzt direkt am Stammhirn seines Trägers mit dem es verbunden ist.“ Valand Kuehn sah sein Gegenüber bedauernd an. „Das tut mir sehr leid. Ich hätte gerne auch Sie befreit, Ahy´Vilara.“ Der Gesichtsausdruck der Andorianerin verschloss sich. „Vielleicht ist es besser so. Für Sie meine ich. Es könnte möglicherweise zu Komplikationen in Ihrem Leben führen.“ Kuehn nickte in Gedanken. „Nicht nur möglicherweise sondern ganz sicher.“ Sie schwiegen erneut. Nach einer Weile erhob sich Ahy´Vilara abrupt. „Ich denke wir sollten nun aufbrechen, Valand. Befreien wir Ihre Kameraden.“ * * * Die Soldaten des Terranischen Imperiums hatten sie beide verhört. Oder besser gesagt, nach allen Regeln der Kunst gefoltert. Erst gestern hatten die imperialen Wachen dieses Gefangenen-Komplexes Commander Pasqualina Mancharella, zum wiederholten Mal, halb besinnungslos geprügelt. Tar´Kyren Dheran war es kaum besser ergangen. Doch dem Commodore war klar, dass er die wesentlich robustere Konstitution von ihnen beiden hatte. Außerdem galt bei seiner Spezies das Schlagen einer Frau, nach den alten Clan-Traditionen, als in höchstem Maße verwerflich. Zwar wurden diese Traditionen so gut wie nicht mehr gelebt, doch immer noch waren gewisse traditionelle Werte in der andorianischen Gesellschaft fest verankert. Zu Beginn ihrer Gefangenschaft hatten sie sich gelegentlich noch heftig gestritten. Hauptsächlich wegen der erst kürzlichen Trennung voneinander. Das hatte mittlerweile gänzlich aufgehört. Nicht weil alle Punkte zwischen ihnen restlos geklärt worden waren sondern weil sie schlicht keine Kraft dazu hatten, nach den täglich brutaleren Verhören. In ihrer Zelle gab es nur eine einzige Pritsche auf der sie notdürftig gemeinsam Platz fanden und das auch nur, wenn sie sich eng aneinander schmiegten. Das hatte zwangsläufig mit dazu geführt, dass sie einander wieder nähergekommen waren. Wortwörtlich. Als Tar´Kyren Dheran an diesem Morgen erwachte pochte es schmerzhaft in seinem Kopf und er stellte sich die Frage, wie es Pasqualina ergehen mochte wenn sie erwachte. Noch schlief sie und Dheran erinnerte sich daran, als sie das letzte Mal gemeinsam in Gefangenschaft gewesen waren. Vor etwas mehr als einem halben Jahr. Im Gegensatz zu damals war diese Zelle beheizt. Außerdem hatte man ihnen diesmal ihre Kleidung gelassen. Dheran spürte, dass der Kopf der Spanierin auf seiner Schulter ruhte und er versuchte weiterhin ruhig und gleichmäßig zu atmen, um sie nicht zu wecken. Der Schrecken dieser Gefangenschaft würde sie schnell genug wieder einholen. Seine Gedanken schweiften zu der damaligen Gefangenschaft zurück. Damals hatte er erstmalig gespürt, dass er etwas für seinen Ersten Offizier empfand. Doch erst einige Monate später hatten sie zueinander gefunden. Trotz seiner Liebe zu Christina Carey. Bei dem Gedanken an seine momentane Freundin begann es in seinem Innern zu brodeln. Denn ihr Gegenpart leitete die Verhöre, die ihnen seit mehr als einer Woche jeden Tag zusetzten. Sie war so anders, als seine Christina. Kalt, berechnend und brutal. Das war für ihn eine besondere Art der Folter auch wenn er sich immer wieder sagte, dass die Christina dieses Universums nicht seine Christina war. Das ging ihm nicht mehr aus dem Kopf und belastete ihn zusätzlich seelisch. Zu Beginn ihrer Gefangenschaft hatte Dheran es als etwas merkwürdig empfunden, dass sich die Christina Carey dieses Universums zwar mitunter an den Brutalitäten seiner Folterungen beteiligt hatte aber nach Aussage von Pasqualina nie an den Brutalitäten ihr gegenüber. Mittlerweile vermutete er, dass es dafür einen besonderen Grund geben musste. Möglicherweise wusste sie um sein Verhältnis zu ihrem Gegenpart. Was bedeuten würde, dass das Terranische Imperium Agenten in seinem Universum hatte und deren Informationen ziemlich aktuell sein mussten. Dieser Gedanke beunruhigte den Andorianer mit jedem Tag den er in diesem Universum zubrachte mehr und mehr. Nicht auszudenken welchen Schaden diese Agenten in seinem Universum anrichten konnten. Seitdem man ihn und Pasqualina hierher gebracht hatte versuchte er einen brauchbaren Fluchtplan zu schmieden. Immer wieder mit dem niederschmetternden Ergebnis, dass es Hilfe von Außen bedurfte um von hier zu entkommen. Doch woher sollte diese Hilfe kommen? Vermutlich wusste man in seinem Universum nicht einmal von dem Austausch. Eine Bewegung der Spanierin lenkte ihn ab. Sie klammerte sich im Schlaf an ihn und unbewusst legte er seinen Arm beschützend um sie. Erst als sie ihre Augen aufschlug und ihn fragend ansah ließ Dheran die Frau zögerlich wieder los. Dabei raunte er rau: „Versuche noch etwas zu schlafen, Pasqualina. Wer weiß was die uns heute antun wollen.“ Ihr Gesicht wandte sich ihm zu. Es war von Narben und Blutergüssen gezeichnet. So wie sein eigenes Gesicht. Leise erwiderte sie: „Ich hatte geträumt. In diesem Traum hast du mich vor diesen Bestien geschützt. Für einen Moment habe ich mich wieder sicher gefühlt.“ Dheran legte sacht seinen Arm wieder um sie. „Ich beschütze dich so gut ich kann. Und jetzt mach die Augen wieder zu.“ Ohne der Aufforderung nachzukommen sah sie den Andorianer eindringlich an und erwiderte nach einer Weile ganz leise: „Ich hasse diese Momente in denen ich mich schwach fühle, Tar´Kyren. Doch ich werde denen keine einzige ihrer Fragen beantworten und wenn die mich totschlagen. Niemals.“ Der Blick ihrer dunklen Augen verschleierte sich und Tränen rannen über ihre eingefallen wirkenden Wangen. Tar´Kyren Dheran wurde von dem Sturm der Emotionen die er wegen des Körperkontaktes von Pasqualina auffing beinahe überwältigt. Beruhigend gab er zurück: „Das werden wir beide nicht, Pasqualina. Ich hatte immer gehofft irgendwann zu heiraten und Kinder zu haben. Vermutlich wird das nun nichts mehr.“ Pasqualina wischte sich die Tränen ab. Trotzig konterte sie: „Solche pessimistischen Betrachtungen hast du noch nie geäußert.“ „Aber ich tue es jetzt.“ Widerspruch spiegelte sich in den Augen der Frau und noch bevor sie auf die letzten Worte des Andorianers antwortete bemerkte sie seinen zufriedenen Blick. Mit einer leisen Wut im Magen sagte sie: „Du bist ein raffinierter Knochen, Tar´Kyren Dheran. Mit deinen fatalistischen Worten wolltest du doch nur meinen Widerspruch anstacheln.“ Dheran grinste schief. „Stimmt.“ Die Frau seufzte schwach und schloss demonstrativ ihre Augen. Ihren Arm um den Andorianer legend sagte sie schläfrig. „Du hast Recht. Ich versuche noch etwas Schlaf zu bekommen und dasselbe rate ich dir auch.“ Nicht lange und die Atemgeräusche der Frau wurden langsamer und gleichmäßig. Sie schlief wieder und Dheran versuchte ihrem Beispiel zu folgen. Doch bei ihm wollte sich der Schlaf nicht wieder einstellen. Dennoch hielt er seine Augen geschlossen und versuchte so gut es ging zu entspannen. Der Andorianer wusste nicht wie lange er so auf dem Rücken gelegen hatte, als er ein leises Zischen hörte. Zuerst glaubte er an eine Sinnestäuschung doch dann klang es noch zweimal auf. Näher diesmal. Phaserwaffenfeuer! Ein Gefühl von Déjà-vu übermannte ihn erneut. Ganz Ähnliches hatte sich während seiner und Pasqualinas kurzzeitiger Gefangenschaft abgespielt, an die er vorhin gedacht hatte. Sacht weckte er Pasqualina und erklärte ihr in wenigen Worten was ihn alarmiert hatte. „Schon wieder?“, fragte die Spanierin spöttisch. Offensichtlich hatte sie bei seinen Ausführungen an dieselben Vorkommnisse gedacht, wie er. Sie erhoben sich von dem Lager und zogen ihre Schuhe an. Im nächsten Moment öffnete sich das Schott und ein Mensch, in der Begleitung einer Andorianerin, trat ein. Gleichermaßen verblüfft starrten die Gefangenen den Mann an, der eine Admirals-Uniform der Sternenflotte trug. Durch das offene Schott erkannte der Andorianer zwei am Boden liegende Gestalten und ihm wurde klar, dass dieser Konteradmiral nicht zum Spiegeluniversum gehören konnte. Doch das war nicht Gegenstand seiner Verwunderung. Endlich fand Dheran die Sprache wieder und erkundigte sich knurrig, dabei halb abwendend: „Was tust du hier, Valand?“ „Ich freue mich auch dich wiederzusehen“, erwiderte der Konteradmiral ironisch. Für einen Moment lang war er nicht weniger überrascht gewesen, als die beiden Gefangenen. Nachdem der Andorianer keine Anstalten machte etwas darauf zu erwidern, stürmte Kuehn auf den Andorianer zu, packte ihn am Kragen seiner Uniform und drückte ihn gegen eine der Wände. Untypisch unbeherrscht fuhr der Konteradmiral Dheran an: „Hör mir gut zu, Tar: Du hast keine Zeit um hier deine momentane Abneigung gegen mich zu pflegen. Du wirst tun, was ich dir sage – wann ich es dir sage. Ohne Fragen zu stellen. Ist das klar?“ Noch während der Andorianer überrumpelt seinen Akademiekameraden anstarrte, senkte sich die Stimme des Konteradmirals ab, wobei sie deutlich an Schärfe gewann, als er noch einmal gedehnt fragte: „Ist das klar… Commodore?“ Reglos starrte Pasqualina Mancharella die beiden Männer an. Da sie keine Ahnung davon hatte was kürzlich zwischen ihnen auf STRATEGICAL STARBASE 71 vorgefallen war, war sie verwirrt. Sie wusste nur, dass diese beiden Männer eng miteinander befreundet waren. Was deren Verhalten umso seltsamer erscheinen ließ. Inzwischen hatte der Norweger wieder von Dheran abgelassen und sagte ruhiger als zuvor: „Ich habe ein Shuttle das vor dem Gebäude wartet. Das hier ist übrigens Ahy´Vilara. Sie wird uns helfen, wieder Nachhause zu kommen.“ Die letzten Worte des Konteradmirals waren mehr für Pasqualina Mancharella bestimmt. Denn Tar´Kyren Dheran hatte seine verstorbene Frau gekannt. Noch immer etwas durcheinander wegen des emotionalen Ausbruchs, den Dheran seinem Akademiekameraden so nicht zugetraut hätte, warf der Andorianer einen Seitenblick zu Ahy´Vilara. Ohne sich anmerken zu lassen, dass er ihre Doppelgängerin aus seinem Universum ebenfalls gekannt hatte. Er fing den fragenden Blick von Pasqualina auf und machte eine beschwichtigende Geste, was die Frau zu beruhigen schien. Am Schott meinte Valand Kuehn zu der Spanierin und zu dem Andorianer: „Nehmt euch die Waffen der Wachen. Wir werden unterwegs vielleicht Probleme bekommen. Ich hoffe nur, dass inzwischen niemand einen genaueren Blick auf mein Shuttle geworfen hat, da auf den Pylonen Sternenflotte der Vereinten Föderation der Planeten steht. Also – los!“ Sie hatten Glück. Als sie ins Freie traten stand das Shuttle noch an Ort und Stelle. Außerdem war außer ihnen niemand auf dem Vorplatz zu sehen. Dem Tower hatte er zuvor den Namen eines Konteradmirals der Imperialen Flotte genannt, den ihm Ahy´Vilara verraten hatte. Während Dheran und seine XO bereits das Shuttle bestiegen, wandte sich die Andorianerin an Valand Kuehn und verlangte: „Sie müssen mich mit ihrer Waffe niederschlagen, Valand. Sonst wird man mir den Prozess machen. Selbst wenn Sie es tun ist nicht sicher ob man mir glauben wird. Ich wünsche ihnen viel Glück, Admiral!“ Beinahe verzweifelt sah Valand Kuehn die andorianische Frau an, die seiner verstorbenen Frau so sehr glich. Im nächsten Moment legte er seinen linken Arm um ihre Taille, zog sie zu sich heran und küsste sie auf die Lippen. „Ich hoffe wir werden uns irgendwann noch einmal begegnen, Ahy´Vilara.“ Damit holte der Mann aus und schlug ihr die Waffe in seiner Rechten fest auf den Kopf. Nachdem sie zu Boden gesunken war, fühlte er ihren Puls und wandte sich endlich ab nachdem er sich versichert hatte, dass sie keine zu schlimme Wunde erlitten hatte. Im Shuttle angekommen rief er laut: „Du fliegst die Kiste, Tar! Unterwegs werde ich dir die Koordinaten nennen, die du ansteuern musst damit wir wieder Nachhause kommen. Diese Ahy´Vilara hat mir die Modifikationen für die Scanner genannt, die ich eingeben muss um die Anomalie, die mich herbrachte, von dieser Seite aus wiederzufinden. Während du fliegst gebe ich die Daten ein. Commander Mancharella – Sie übernehmen inzwischen die Waffensteuerung. Nur für alle Fälle.“ Noch während sich Valand Kuehn in den Sitz des Co-Piloten warf hob der Andorianer neben ihm das Shuttle vom Boden ab. Sie erreichten unangefochten eine Stelle im interstellaren Raum, den Valand Kuehn, dank der Modifikationen der Shuttle-Sensoren exakt hatte bestimmen können. Eine entsprechende Meldung des Bordcomputers, die jener des Hinfluges glich, bewies dass sie den Übergang in ihr eigenes Universum geschafft hatten. Nachdem Valand Kuehn eine codierte Meldung an den Planeten Farrolan IV dieses Universums abgeschickt hatte wandte er sich zu Dheran. „Wir fliegen nun deine Sternenbasis an. Allerdings werden du und Commander Mancharella zunächst an Bord dieses Shuttles bleiben müssen. Ich selbst werde zunächst die Lage sondieren und in Erfahrung bringen wo sich eure Doppelgänger aufhalten. Gemeinsam mit Admiral Tarun werde ich dann einen Plan schmieden wie wir diese Doppelgänger unschädlich machen können. Ihr zwei kommt erst dann zum Vorschein wenn das geschehen ist.“ Dheran und Mancharella bestätigten, wobei sie sich vielsagende Blicke zu warfen. Kuehn entging dies nicht. Er plante bereits weiter voraus und hoffte, dass dieses nonverbale Verständnis auch zwischen ihnen und ihren Doppelgängern funktionieren würde. Kapitel 6: Splitter der Vergangenheit: Finale auf Andoria --------------------------------------------------------- Der Eismond Andoria Sternenzeit: 47621.9 Palast der Intendantin von Andoria - Spiegeluniversum Im Halbdunkel neben Valand Kuehn kauernd sah Tar´Kyren Dheran auf das Anzeigen-Feld des Tricorders. Ein Beutestück. Nachdem er die Zeit abgelesen hatte wandte er sich dem Terraner zu, der in den letzten elf Jahren sein bester Freund geworden war. Daran dass er durch das Kennenlernen dieses Terraners seine Eltern verloren hatte, gab er nicht ihm die Schuld. Schuld daran war die Allianz und allen voran Iliana Rakalon; seit wenigen Monaten die Intendantin auf Andoria. Nachdem die Cardassianerin von der Ermordung ihrer Schwester erfuhr hatte sie persönlich die Ermittlungen geleitet. Im Jahr 2360 hatte sie schließlich durch einen dummen Zufall herausgefunden, dass Valand Kuehn auf Andoria weilte und dass er ihm geholfen hatte. Er und seine Schwester hatten sich ihrem Zugriff entzogen; gewarnt durch seinen andorianischen Freund, Hat´Meran Teron. In einem Tobsuchtsanfall hatte Iliana Rakalon die Ergreifung seiner Eltern angeordnet, noch bevor er sie hatte in Sicherheit bringen oder warnen können. Da die Cardassianerin seiner nicht habhaft werden konnte hatte sie seine Eltern hinrichten lassen. Als er wenige Tage später, durch Hat´Meran, davon erfuhr, als dieser ihn in Kharon-Dhura aufsuchte, da hatte er Blutrache geschworen. Heute endlich war es soweit. Zehn Jahre später - aber immer noch war Dheran von brennendem Hass auf die Cardassianerin beseelt. Er verstand, seit dem Tod seiner Eltern, was in Valand vorgegangen sein musste bevor er Gilora Rakalon getötet hatte. Heute Nacht würde er es seinem Freund gleichtun. Es war Valand gewesen, der seinen Hass auf Iliana Rakalon immer wieder geschürt hatte, in den letzten zehn Jahren. Immer dann, wenn er überlegt hatte, Andoria zu verlassen und auf seine Rache zu verzichten. Ein Jahr nach der Ermordung seiner und Tia´Lynaras Eltern hatte er die erste Widerstandszelle auf Andoria etabliert. Eine weitere wurde von Hat´Meran gegründet. Er war es auch gewesen, der sie mit Lebensmitteln und schließlich auch mit Waffen versorgt hatte. Zunächst hatte seine Widerstandszelle nur aus ihm, Valand und Tia´Lynara bestanden. Er und Valand hatten dem Mädchen die Kunst des lautlosen Tötens beigebracht. In mühevoller Kleinarbeit hatten diese beiden Widerstandszellen und einige weitere, die in den nächsten Jahren dazu kamen, bis zum Jahr 2367 den Hass gegen die Besatzer des Eismondes unter den Andorianern geschürt. Allerdings war die Allianz zu mächtig, als dass sich die Andorianer zu einem offenen Aufstand hätten hinreißen lassen. In dieser Zeit gelang es ihnen lediglich weitere Mitstreiter für die Widerstandszellen anzuwerben. Erneut die Zeit ablesend beugte sich Dheran etwas nach vorne um einen schnellen Blick zu Tal´Inuray Shiran zu werfen, die hinter Valand kauerte. Die neunzehnjährige Andorianerin hatte sich vor zwei Jahren der Widerstandszelle angeschlossen. Bereits nach kurzer Zeit hatte Dheran gemerkt, dass das Mädchen ihn vergöttert. Seit dieser Zeit teilten sie das Bett miteinander und galten seitdem als unzertrennlich. Wobei der Andorianer anfangs den Eindruck gewonnen hatte sein Freund Valand wäre eifersüchtig auf sie. Zumindest schien er ihr bis heute nie vollkommen vertraut zu haben, was Dheran etwas störte. Vor wenigen Monaten dann war Iliana Rakalon zur Intendantin von Andoria berufen worden. Das war die Chance für den Widerstand auf Andoria ein Zeichen zu setzen. Und für ihn und Tia´Lynara, endlich Vergeltung zu üben für den Mord an ihren Eltern. All diese Ereignisse hatte ihn, Valand Tia´Lynara, Tal´Inuray und vier weitere andorianische Männer, alle zwischen zwanzig und fünfundzwanzig terranische Jahre alt, hierher geführt. In einen längst vergessenen Wartungsschacht, unter dem Palast der Intendantin, der seit einer kleinen Ewigkeit nicht mehr betreten worden war. In früherer Zeit hatten sich hier die Umlaufrohre für Kühlwasser befunden, das für die Quantencomputer des Palastes benötigt worden war. Nachdem sie durch modernere Computersysteme ersetzt worden waren wurden diese Kühlrohre nicht mehr benötigt und demzufolge auch seit dieser Zeit nicht mehr gewartet. Der Palast war eines der wenigen Gebäude deren obere Etagen über der Oberfläche von Andoria lagen. So war es sehr viel leichter gewesen in diese alten Wartungsschächte einzudringen, als wenn das Gebäude tiefer unter der Oberfläche gelegen hätte. Tar´Kyren Dheran und seine Mitstreiter ignorierten den Gestank nach Fäulnis und sonstigen Gerüchen, die sie weder kannten noch kennen wollten. In Gedanken überschlug der Andorianer noch einmal ihr geplantes Vorgehen. Sie hatten vor bis kurz nach Mitternacht zu warten. Zu diesem Zeitpunkt fand der Wachwechsel statt. Da während der Nachtwache kaum etwas im Palast los war konnte man vermuten, dass die Wachen zu dieser Zeit etwas unaufmerksamer waren. Schon deswegen weil die Wachen nicht fürchten mussten der Intendantin über den Weg zu laufen. Den Gerüchten nach vergnügte sich Iliana Rakalon zu dieser Zeit für Gewöhnlich mit irgendeiner terranischen Sklavin, die sie für ihre sexuellen Fantasien missbrauchte. Valand Kuehns Reaktion darauf hatte der Andorianer als bezeichnend empfunden. Dabei verstand er den Freund, denn dieser war ebenfalls als Lustobjekt missbraucht worden und das ausgerechnet von der Schwester der Intendantin. Wie immer, wenn man auf etwas wartete, schien die Zeit sich bis ins Unendliche zu dehnen. So schien eine halbe Ewigkeit zu vergehen bis die Zeitanzeige 00:03 anzeigte. Annähernd lautlos erhob sich der Andorianer und seine Begleiter folgten unwillkürlich seinem Beispiel. Mit der Linken deutete Dheran den blind verlaufenden Gang entlang, an dessen Ende undeutlich Leitersprossen an der Wand zu erkennen waren. Dheran hatte herausgefunden, dass sie zu einem der Kellerräume des Palastes hinauf führten. Als Erster die Sprossen erreichend verstaute er den Tricorder in einer Beintasche seiner Kombination und machte sich daran die Sprossen zu erklimmen. Nacheinander folgten seine Begleiter ihm hinauf. Nach einer halben Minute hatte er das obere Ende des engen Schachtes erreicht. Probehalber legte er seine Rechte auf das Gitter über sich und hob es ein Stück an. Es war schwer, doch er würde es schaffen. Sich versichernd, dass alle sieben Mitstreiter aufgeschlossen hatten drückte Dheran das schwere Gitter nun entschlossen nach oben und zur Seite. Nachdem er es ganz von der Quadratischen Öffnung weggeschoben hatte kletterte er behände aus dem Schacht heraus. Oben angekommen zog er seine Waffe und sicherte nach allen Seiten, während Valand Kuehn nach ihm aus dem Schacht kletterte. Doch niemand war in der Dunkelheit zu erkennen. Mit der Linken kurz zu der Stelle tastend an dem er sein Ushaan-tor am Waffengürtel befestigt hatte, flüsterte er: „Alles ruhig in diesem Kellerraum.“ Valand gab nur ein kurzes Knurren von sich und half den übrigen Widerständlern dabei, aus dem Schacht zu klettern. Als er den Letzten aus dem Schacht zog murmelte er in Richtung seines andorianischen Freundes. „Jetzt wird sich herausstellen was der Code wert ist, den Hat´Meran dir besorgen konnte. Ich hoffe er ist noch gültig.“ „Falls er nicht mehr gültig ist müssen wir schnell wieder verschwinden“, gab Dheran unbeeindruckt zurück. „Aber ich vertraue auf Hat´Meran. Er meinte, der Code wäre aktuell.“ Die acht Männer und Frauen verteilten sich rechts und links des Zugangsschotts zu diesem Raum, bevor Dheran den auswendig gelernten Code eingab. Mit einem leisen Zischen und Quietschen öffnete sich das Schott, was Valand dazu veranlasste seinem Freund einen spöttischen Blick zuzuwerfen. Der Stoßtrupp trat auf den Gang hinaus. Auch hier war niemand zu sehen. Aber das war zu erwarten gewesen, denn wer würde sich schon, außer ihnen, um diese Zeit im Keller dieses Gebäudes herumtreiben? Zu Valand Kuehns Verdruss drängte sich Tal´Inuray Shiran an die Seite seines Freundes, während sie versuchten sich hier unten zu orientieren. Tar´Kyren Dheran bekam davon nichts mit. Er sah wieder auf das Display seines Tricorders und raunte nach einer Weile. „Folgt mir. Ich habe den Ausgang lokalisiert.“ Sie zogen ihre Waffen und wenn auch widerwillig musste Valand der jungen Andorianerin an Dherans Seite eingestehen, dass sie bei der Sache war. Vielleicht war es sogar ganz gut wenn sie ihre kleine, blaue Nase ein Stück zu weit vor reckte. Sie erreichten das Treppenhaus, das nicht überwacht wurde da es so gut wie gar nicht mehr benutzt wurde. Es diente nur noch für Notfälle. Oder für Überfalle wie diesen, dachte Valand Kuehn finster. Den Abschluss bildend sicherte er auch nach hinten, obwohl er nicht wirklich daran glaubte dass sich aus diesem Vektor eine Gefahr nähern würde. Doch besser vorsichtig sein als überrascht zu werden. In dieser Hinsicht war Valand Kuehn überhaupt etwas exzentrisch geworden, während der letzten elf Jahre. Tar´Kyren hatte sogar mehrmals behauptet er würde paranoid. Kuehn hatte dem Freund entgegen gehalten, dass selbst Paranoide mitunter sehr reale Feinde hätten. Außerdem war ihm eine Paranoia herzlich egal, solange eine solche Paranoia nur dafür sorgte dass er am Leben blieb. Ohne dass es dem Terraner auffiel gesellte sich Tia´Lynara zu ihm. Erst als sie ihn ansprach bemerkte Valand ihre Nähe. „Du wirkst nervös, Valand. Hast du etwas?“ „Nein“, raunte Valand heiser. „Mir gefällt es nur nicht, wie sich die kleine Wichtigtuerin, mit der dein Bruder schläft, sich wieder einmal in den Vordergrund drängt.“ Tia´Lynara seufzte schwach. „Immer noch das alte Misstrauen? Ich glaube langsam, dass Tal´Inuray für dich zu einer fixen Idee wird. Sie liebt Tar´Kyren, das ist alles.“ „Abwarten, meine Kleine“, knurrte der Terraner. Die Antennen der Andorianerin bogen sich nach Innen bei seinen letzten Worten. Sie mochte es nicht wenn er sie als Kleine bezeichnete. Immerhin war sie mittlerweile 22 Jahre alt und nicht mehr das kleine Mädchen, das er vor elf Jahren kennengelernt hatte. Sie war eine erwachsene Andorianerin. Was Valand nie erkannt hatte war, dass sie ihn liebte. Nicht wie einen zweiten Bruder - sondern so wie eine Frau einen Mann liebt. Tia´Lynara stapfte wütend ein Stück nach vorne und bekam nicht mit, dass ihr der Terraner etwas ratlos hinterher sah. An der Spitze des Trupps gab Dheran, der das Schott zum Erdgeschoss erreicht hatte, das Zeichen auf die Übrigen zu Warten. Wie unten im Keller verteilten sie sich auch hier zu beiden Seiten des Schotts. Leider konnte man die weiter oben liegenden Etagen, aus Gründen der Sicherheit, nicht über dieses Treppenhaus erreichen. Damit begannen die eigentlichen Schwierigkeiten. Denn sobald sie das Schott durchquert hatten würden sie zweifellos auf die Leibwache der cardassianischen Intendantin treffen. Hat´Meran und die Mitglieder von dessen Widerstandszelle hatten in Erfahrung gebracht, dass es sich um exakt zehn Schwerbewaffnete handelte, die sie zu erledigen hatten. Wieder gab Dheran einen Code ein, während sich die Körper der acht Widerständler anspannten. Gleich darauf öffnete sich das Schott. Dheran und Tal´Inuray stürmten als Erste hinaus, gefolgt von den Anderen. Noch während Valand als Letzter das Treppenhaus verließ, hörte er das Zischen zweier Phaser. Im nächsten Moment erkannte er gerade noch wie sich zwei cardassianische Wächter, in einer grellen Energiekaskade, vor seinen Augen auflösten. Zwei weniger, schoss es ihm durch den Sinn. Valand rechnete damit, dass die internen Scanner Alarm geben würden doch nichts Derartiges passierte. Als sich Tar´Kyren mit einem triumphierenden Grinsen zu Valand umsah ahnte der Terraner, dass dessen andorianischer Freund Hat´Meran noch etwas mehr im Vorfeld dieses Angriffs für sie getan hatte. Fast bedauerte der Terraner, dass sie Hat´Meran nicht so rasch wiedersehen würden denn nach dieser Nacht würden sie von Andoria fliehen müssen. Momentan hatten sie jedoch noch keine genaue Vorstellung davon, wohin sie sich wenden würden. Tar´Kyren Dheran gab den Mitstreitern ein Zeichen und sie verteilten sich, zu jeweils zwei Personen. Zu Valand gesellte sich Tia´Lynara. Valand runzelte bei ihrem finsteren Blick die Stirn, sagte aber nichts. Er gab ihr ein Zeichen, gemeinsam mit ihm in einen der vier Gänge vorzurücken die von dieser Halle abzweigten. Als vor ihnen zwei Cardassianer auftauchten reagierten beide gleichzeitig. Zwei weitere Wachen hatten sich in eine Handvoll amorphen Staubes verwandelt, der annähernd unsichtbar zu Boden sank. Gleichzeitig hörten sie es aus verschiedenen Richtungen zischen. Als es wieder ruhig wurde setzten sie ihren Weg fort. Sie arbeiteten sich ins nächste Stockwerk hinauf. Dort töteten Valand und Dherans Schwester zwei weitere Cardassianer. Zweimal hörten sie noch ein Waffenzischen. Danach blieb es still bis sie endlich das zweite Stockwerk erreichten. Dort sollten sich, nach den Informationen von Hat´Meran Teron, keine Wachen mehr befinden. Iliana Rakalon legte offensichtlich Wert darauf ihre perversen Spiele nicht zu öffentlich werden zu lassen. Niemand in den unteren beiden Etagen konnte mitbekommen was sich hier oben zutrug. Valand und Tia´Lynara stießen auf ihre Kameraden und Valand hielt vier Finger hoch. „Dann haben wir alle erwischt“, frohlockte Tar´Kyren Dheran düster. „Bleibt trotzdem aufmerksam denn vielleicht gibt es hier oben doch noch Wachen. Diese Vermutung bestätigte sich nicht, während sie auf die Privatgemächer der Intendantin vorrückten. Dafür hörten sie wenig später Schreie. Die helle Stimme einer Frau. Sie blieben stehen und lauschten. Einen Moment später hörten sie deutlich ein helles Klatschen. Gefolgt von einem erneuten, überkippenden Schrei. „Da wird Jemand ausgepeitscht“, orakelte ein untersetzter Andorianer. Er hieß Frendoran Kelev und gehörte nun seit mehr als vier Jahren zur Widerstandszelle. „Iliana Rakalon amüsiert sich wie es scheint!“, grollte Valand und warf Tar´Kyren einen auffordernden Blick zu. Schneller als bisher bewegten sie sich den Gang entlang, wobei sie zwei weitere beinahe unmenschlich klingende Schreie hörten. Sie erreichten das Schott hinter dem Iliana Rakalon offensichtlich ihr Opfer folterte. Hier oben gab es keine besonderen Sicherungen an den Schotts, denn unter normalen Umständen würde es niemand lebend bis hierher schaffen. Ein fataler Irrtum der für die Intendantin tödlich enden sollte, wie Valand Kuehn befand. Dheran öffnete das Schott und mit angeschlagenen Waffen schlich der Trupp in den dunklen Vorraum dieser feudal eingerichteten Suite. Das Schott zum Schlafraum stand offen und Valand konnte zur Hälfte den Körper einer nackten Frau erkennen, deren Handgelenke an einer Kunststoff-Traverse gefesselt waren die unter der Decke des Zimmers hing. Ihre Zehenspitzen berührten dabei nicht den Boden. Hilflos hing sie rücklings vor einer Cardassianerin, die gleichfalls splitternackt war. In ihrer rechten Hand hielt diese Cardassianerin eine Peitsche, die sie gerade wieder anhob. Der Peitschenriemen klatschte auf den Rücken der gefesselten Frau, die gellend aufschrie und sich hilflos in ihren Fesseln wand. Ihr Rücken war bereits deutlich mit dunkelroten Striemen gezeichnet wie Valand erkannte, als sie sich weiter anpirschten. Erneut holte die Cardassianerin aus. Mit einem boshaft klingenden Lachen. Doch bevor sie wieder zuschlagen konnte war Tar´Kyren Dheran bereits bei ihr. Der Andorianer packte fest das rechte Handgelenk der nackten Intendantin und zwang sie zu sich herum. Iliana Rakalon konnte gerade noch einen spitzen Schrei von sich geben. Im nächsten Moment traf sie der wütende Fausthieb Dherans und schickte sie zu Boden. Gleich darauf war Dheran über ihr und drehte sie auf den Rücken. Sich rittlings auf den Bauch der Cardassianerin setzend schlug er mit seinen Fäusten mehrmals auf sie ein. Bis Valand Kuehn ihn am rechten Oberarm zurück zerrte und zischte: „Du willst sie doch wohl nicht so schnell in die Hölle schicken, mein Freund. Dheran bedachte den Terraner mit einem beinahe mörderischen Blick, bevor er wieder zu sich fand und mühsam beherrscht erwiderte: „Nein, ganz gewiss nicht.“ Während Dheran vier seiner Begleiter zu sich beorderte, damit sie die nackte Intendantin an Fuß und Handgelenken festhielten, begab sich Valand zu der Gefesselten. Erst jetzt registrierte er, dass die schwarzhaarige Sklavin einen südländischen Eindruck machte. „Tia´Lynara, da vorne sind die Kontrollen für die Fesseln“, sagte Valand in Richtung der Andorianerin. „Bitte öffne sie, ich fange die Frau auf.“ Die Angesprochene kam der Aufforderung des Terraners nach. Als sich die Fesseln wenige Augenblicke später öffneten fiel die Nackte gegen Valand. Kraftlos hielt sie sich an ihm fest, wobei sie in den Knien einknickte. Valand hielt die Frau fest und setzte sie vorsichtig zu Boden. Sich zu ihr abkniend hielt er sie weiterhin dabei fest, da sie nun die Arme um ihn schlang. Ein brodelndes Gefühl in seinem Magen spürend hörte er sie wimmern und schluchzen, während er ihren Kopf an seine Schulter bettete und beschützend seine Hand hinter ihn legte. Er ließ sie gewähren, während er zur Seite sah und mitbekam, wie Iliana Rakalon langsam ihr Bewusstsein wiedererlangte. Dabei flüsterte er beruhigend: „Hab keine Angst. Ich werde dir nichts tun. Diese Verbrecherin, die dich misshandelt hat, wird hingegen heute Nacht sterben.“ Bei seinen Worten klammerte sich die Frau fester an ihn und in Valand löste ihre Hilflosigkeit etwas aus. Erstmals seit vielen Jahren spürte er so etwas wie Mitleid. Er hatte geglaubt innerlich vollkommen tot zu sein, seit dem Tod seiner Eltern. Doch nun spürte er etwas. Tief in seinem Innern. Eine Verbundenheit zu diesem hilflosen Geschöpf, die ihn vollkommen überraschte und in diesem Moment auch überforderte. Tränen rannen über seine Wangen und er wusste in diesem Moment, dass er diese Frau nicht ihrem Schicksal überlassen konnte. Rau sagte er: „Ich werde mich um dich kümmern. Wie heißt du?“ „Pasqualina“, erwiderte die junge Frau schniefend. „Pasqualina Mancharella.“ „Mein Name ist Valand Kuehn. Komm, wir suchen dir etwas zum anziehen.“ Inzwischen hatte Tar´Kyren Dheran seinen Phaser gegen sein Ushaan-tor getauscht. Diese Klinge wurde in früherer Zeit als Werkzeug genutzt und nicht als Duell-Waffe, wie es sich in späterer Zeit eingebürgert hatte. Über dem Griff spannte sich eine gezackte, halbmondförmige Klinge, die beidseitig in spitze Enden auslief. Tar´Kyren Dheran hatte das bläulich-silberne Metall messerscharf geschliffen. Während die Cardassianerin von vier kräftigen Andorianern zu Boden gedrückt wurde, kniete Dheran jetzt neben ihrem Oberkörper. Mit der linken Hand ihr Haar packend zog er die Klinge über den Bauch der cardassianischen Frau. Sie schrie gellend auf. Blut sickerte aus dem Schnitt und rann dunkel über ihren Leib. Dheran wartete, bis sich die Intendantin etwas gefangen hatte. Dann zog er genüsslich erneut die Klinge über ihren Bauch. Diesmal eine Handbreit höher. Erneut erfüllte ein schriller Schrei den Raum. „Schrei, bis dir die Lungen platzen!“, grollte Dheran hasserfüllt. „Deine Wachen sind alle von uns umgebracht worden. Du hast meine Eltern töten lassen und dafür werde ich dich hier und jetzt umbringen. Aber es wird sich nicht schnell, still und schmerzlos abspielen. Es wird laut und ziemlich hässlich. Auf meine Art. Und wenn ich fertig bin mit dir dann wird dir die Hölle, in die ich dich schicke, wie der Himmel vorkommen.“ Damit schnitt er erneut in ihren Leib. Diesmal tiefer und gellende, überkippende Schreie der Cardassianerin erfüllten erneut den Raum. Pasqualina Mancharella, die sich inzwischen mit Valands Unterstützung im Wohnraum der Suite angekleidet hatte, sah ohne Bedauern durch das Schott nach nebenan. Dabei flüsterte sie: „Dieses Monster hat den Tod tausendfach verdient, Valand.“ Erneut rannen Tränen über die Wangen der schwarzhaarigen Frau. Der Blick ihrer braunen Augen ging dem Terraner dabei durch und durch. Tröstend seine Arme um sie legend erwiderte er hart: „Sie wird leiden und sterben, Pasqualina. So, wie ihre Schwester starb. Durch meine Hand.“ Erstaunt sah Pasqualina Mancharella zu dem Norweger auf. „Du bist das? Ja, richtig, Iliana erzählte mir mal etwas von einem Valand, der ihre Schwester ermordete. Ich hatte das schon fast wieder vergessen.“ Valand nickte und führte die junge Frau zu einem der beiden Sofas. Nachdem sie sich gesetzt hatte, zog er ihr die Strümpfe an, die er in einem der Schränke gefunden hatte. Dabei blickte er zu ihr auf und kam sich beinahe wieder wie ein Teenager vor, als er dabei errötete. Schnell konzentrierte er sich darauf ihr auch passende Schuhe anzuziehen. Immer wieder drangen Schreie der Cardassianerin dabei zu ihnen und schließlich meinte Valand mit kratziger Stimme. Komm, lass uns dabei zusehen wie sie stirbt.“ Valand nahm Pasqualina an die Hand, ohne es bewusst zu bemerken und die Frau ergriff seine Hand und hielt sie fest in ihrer. Als die beiden Menschen gemeinsam im Nebenraum ankamen, bekamen sie eben noch mit, wie Tar´Kyren Dheran eine der Klingenspitzen langsam in den Unterleib der Cardassianerin stieß und die Klinge dann in der Wunde drehte. Aus dem lauten Schreien wurde ein heiseres und immer kraftloser werdendes Stöhnen. Mittlerweile blutete sie aus einem dutzend Wunden, die der Andorianer ihr mit seinem Ushaan-tor zugefügt hatte. Tar´Kyren Dheran sah zu seiner Schwester auf und winkte sie zu sich. Als sie ihn erreicht hatte, nahm er die Hand seiner Schwester und legte ihre Finger um den Griff der Klinge. Seine eigene Hand über ihre legend, zwang er den Kopf der sterbenden Intendantin nach hinten und setzte die Klinge an ihrem Hals an. Für einen Moment sahen sich die Geschwister entschlossen an bevor sie der Cardassianerin gemeinsam die Kehle durchschnitten. Ein seltsames Gurgeln drang aus dem Hals und dem Mund der Cardassianerin. Dunkles Blut schäumte aus der frischen Wunde und Blutfäden liefen aus ihrem Mund über die Wangen. Ihr Körper zuckte unkontrolliert. Dann entspannte sich ihr grauer Leib. Tar´Kyren und seine Schwester erhoben sich, wobei der Andorianer in die gebrochenen Augen der Intendantin sah und finster fluchte: „Auch das war noch ein viel zu schneller Tod für dich Ungeheuer!“ Er spuckte der Toten ins Gesicht. „Auf dass die Schwarze Kreatur der Verdammnis die keine Ruhe gewähren wird und dich die Rote Kreatur der Unterwelt ewig verfolgt!“ Pasqualina, deren linke Hand immer noch in der des Terraners ruhte, umklammerte mit ihrem rechten Arm den des Mannes und drängte sich an ihn. Dabei fragte sie leise: „Was habt ihr denn jetzt vor. In einigen Stunden wird man den Mord entdecken und dann ist auf diesem Mond der Teufel los.“ „Wir haben ein Raumflug taugliches Shuttle. Nur über ein Ziel haben wir uns noch nicht einigen können.“ Zu Valands Überraschung erwiderte die hochgewachsene Frau an seiner Seite: „Ich hätte da einen Vorschlag zu machen. Kürzlich erwähnte Iliana Rakalon einem Untergebenen gegenüber eine Widerstandsgruppe. Ich konnte das Gespräch belauschen. So bekam ich mit, dass sich diese Gruppe, geführt von einem gewissen Benjamin Sisko, in den Badlands verbergen soll. Am Rand des Bajoranisch-Cardassianischen Raumes.“ Valand Kuehn sah der Frau ungläubig in die Augen. „Wir sollen ausgerechnet zu denen fliegen? Das ist nicht dein Ernst.“ Pasqualina hielt dem Blick des Terraners stand. „Es ist mein voller Ernst. Soweit ich weiß ist man in den Badlands vor einer Entdeckung weitgehend sicher. Im Gegensatz zu den Truppen auf Andoria wird man dort auch keine Attentäter suchen, welche die Intendantin von Andoria auf dem Gewissen haben.“ Tar´Kyren Dheran, der die Unterhaltung zwischen den beiden Menschen weitgehend mitbekommen hatte, mischte sich nun ein. „Der Vorschlag ist sehr gut. Nach meinem Kenntnisstand sind wir da tatsächlich am sichersten. Und wenn wir die Gruppe um diesen Sisko finden dann haben wir sogar signifikante Unterstützung.“ Valand rang für einen Moment mit sich selbst, bevor er zugab: „Da könnte etwas dran sein. Versuchen wir also dort unser Glück. Aber nun sollten wir hier verschwinden.“ „Aber doch nicht mit dieser dürren und absolut unnützen Person!“, warf Tia´Lynara ein und deutete dabei auf Pasqualina Mancharella. „Die hält uns nur auf.“ „Wir nehmen sie mit!“, blieb Valand Kuehn stur. „Außerdem hat sie uns eben erst wertvolle Informationen gegeben. Ich lasse sie nicht hier zurück!“ Von Tia´Lynara zu Tar´Kyren sehend legte Valand Kuehn erneut beschützend seinen Arm um die Schultern der Dunkelhaarigen. „Sie kommt mit!“, entschied Tar´Kyren Dheran, was ihm einen finsteren Blick seiner Schwester einbrachte. „Und nun weg von hier bevor man etwas von dem Mord erfährt!“ Kapitel 7: Spiegelbild der Gegenwart: Doppelspiel ------------------------------------------------- STRATEGICAL STARBASE 71 Sternenzeit: 59162.5 Forlan-System - Primäruniversum Vor einer halben Stunde war Konteradmiral Christina Carey glücklich in den Armen von Tar´Kyren Dheran aufgewacht. Noch immer hatte die Frau von der Erde nicht durchschaut, dass er nicht der war, der er vorgab zu sein. Fast gewann er den Eindruck, dass sie sein Verhalten, das zwangsläufig anders sein musste als das seines Doppelgängers, herbei gesehnt hatte. Was vielleicht Unsinn war, doch der Eindruck drängte sich dem Andorianer aus dem Spiegeluniversum auf. So verlief ihr Zusammensein, seit seiner Rückkehr aus dem Farrolan-System, fast schon zu perfekt nach seinem Geschmack. Außerdem legte sie Nachts eine Leidenschaft an den Tag, die fast jene übertraf die er von seiner Christian Carey gewohnt war. Ohne deren aggressive Note zu beinhalten. Das verwirrte ihn. Nach einem zärtlichen Geplänkel hatte sich Dheran unter die Dusche begeben. Dabei hörte er die Irin, die ihre Hände unter den Kopf gelegt hatte als er das Bett verließ, verträumt eine alte, irische Weise vor sich hin summen. Während er unter der Dusche stand bedauerte er es fast, dass nicht sie es war die ihn in seinem Universum liebte, sondern ihre Doppelgängerin. Dieser Moment verging und als er aus der Dusche kam war er wieder der eiskalt berechnende Soldat, der alles für die Ausweitung der Macht des Imperiums tun würde. Bis auf einige wenige Ausnahmen waren die Wesen dieses Universums schwach und bedauernswert. Es wurde Zeit ihnen zu demonstrieren wie Stärke aussah. Bei seinen Ausflügen auf der Station, innerhalb der letzten Tage, hatte er sich Zugang zu einigen sensiblen Systemen verschaffen können. So hatte er, mit tatkräftiger Hilfe von Pasqualina Mancharella, einige Vorbereitungen treffen können, die ihnen bei einer vielleicht sehr bald notwendigen Flucht die nötigen Möglichkeiten bieten würden. Was Dheran und seine Komplizin bisher nicht hatten erreichen können war, die Waffen und Abwehrsysteme zu sabotieren. Dies musste zudem so geschehen, dass diese Machenschaften erst auffielen wenn das Imperium beschloss diese Station anzugreifen. Die Folgen ihrer Vernichtung würde den gesamten Sektor destabilisieren. Zumindest für einen Zeitraum, der dem Imperium ermöglichen würde hier massiv Fuß zu fassen und einen Brückenkopf zu etablieren. Was den Andorianer momentan am Verhalten seiner Mitverschwörerin störte, war ihr Verhältnis zu einem gewissen Lieutenant-Commander Sinemus. Er hatte Pasqualina zwar dazu angehalten sich die Gefühle des MACO´s für sie zunutze zu machen, doch die Nähe die sich zwischen beiden Offizieren entwickelt hatte ging ihm etwas zu weit. Bei diesem Gedanken grinste er unterdrückt. Er selbst war ebenfalls mit der Doppelgängerin seiner Geliebten ins Bett gegangen. Wie hatte er also erwarten können, dass sich seine Kameradin nicht auch etwas Vergnügen gönnte, in diesem Universum. Sie war kaltschnäuzig genug darüber ihren Auftrag nicht zu vernachlässigen. Dessen war er sicher. Darüber hinaus war ihre Verbindung zu Valand ohnehin endgültig zerrissen. Aber immerhin war da noch eine ganz andere Verbindung. Das war jedoch kein Problem. Valand würde eine Andere finden und Tar´Kyren Dheran konnte sich sehr gut vorstellen, wer ihren Platz einzunehmen gedachte. Was das Andere betraf – nun diese Verbindung war ohnehin nie offiziell geworden. Als er zum Bett trat um sich von Christina zu verabschieden schlang die Frau ihre Arme um ihn und zog ihn zu sich herunter. Ihren heftigen Kuss erwidernd drückte der Andorianer mit seiner Linken eine ihrer Brüste und löste sich dann von ihr. „Wir sehen uns nach Dienstschluss, nar y´ner mai Kumari“, verabschiedete er sich mit rauer, leicht heiserer Stimme. Ein glücklich wirkendes Lächeln der Frau begleitete ihn auf seinem Weg nach draußen. Er erwiderte es, als er beim Verlassen des Raumes kurz über die Schulter zu ihr sah. Nachdem er ihr Quartier verlassen hatte und den Gang entlang marschierte, wechselte sein Gesichtsausdruck fast übergangslos. Seine Miene wurde hart, beinahe abweisend. Wobei er sich Mühe gab einen neutralen Gesichtsausdruck zu wahren. In einer Viertelstunde war er mit Pasqualina auf der ICICLE verabredet. Er hoffte sie würde pünktlich sein. * * * Pasqualina Mancharella seufzte ein letztes Mal mit versagender Stimme, als sich ihr Schweiß glänzender, straffer Körper langsam auf den von Christian Sinemus hinab senkte. Ihre Brüste drückten sich gegen seinen harten Oberkörper und sie spürte das Spiel seiner Muskeln unter der warmen Haut, als er sie umarmte und eng an sich presste. Ein kehliges, beinahe lautloses Lachen entrang sich ihrem Mund bei dem Gefühl seiner kräftigen Hände auf ihren Po. Noch mit ihm vereinigt küsste sie den Mann verlangend bevor sie ihn frei gab und verführerisch hauchte: „Das hätten wir schon eher machen sollen.“ Christian Sinemus sah in die dunklen Augen der Spanierin, in denen ein düsteres Feuer zu lodern schien. Noch immer etwas atemlos von dem wilden Liebesspiel erwiderte er mit verteidigendem Tonfall: „Ich wollte dich nicht drängen, so kurze Zeit nach der Trennung von deinem andorianischen Freund.“ „Ach, der...“, spottete Pasqualina abfällig. „Das ist vorbei. Endgültig.“ Der verwirrte Blick des Mannes beunruhigte die Frau für einen Moment und sie ermahnte sich dazu es nicht zu übertreiben. Darum legte sie rasch nach: „Du hast ja Recht. Es war verletzend. Doch deshalb habe ich nicht mit dir geschlafen, Christian. Meine Gefühle für dich reichen weiter zurück, als du vielleicht glaubst.“ Die Züge des Mannes entspannten sich und boshaft überlegte Pasqualina, wie einfach doch Männer zu manipulieren waren wenn man ihnen Gefühle vorgaukelte und sie mit leidenschaftlichem Sex an der Leine hielt. Spontan küsste sie den Mann, denn er gefiel ihr tatsächlich. Zumindest optisch machte er etwas her. Ernsthaft als Partner wäre er für sie nie in Betracht gekommen. Denn dazu wirkte er schlicht zu weich. Richtige Männer waren brutal. Nicht so weich, wie diese Typ. Nachdem sie sich wieder von ihm gelöst hatte warf sie einen Blick auf die Uhr, die auf dem Nachttisch neben seinem Bett stand. Seufzend meinte sie: Mein Dienst beginnt leider in einer halben Stunde. Ich muss mich beeilen.“ Christian Sinemus seufzte entsagungsvoll und sagte bedauernd: „Wie schade. Sehen wir uns nach Dienstende?“ „Worauf du dich verlassen kannst. Und dann werden wir dieses Schlafzimmer mal so richtig zum Erbeben bringen.“ Über den Gesichtsausdruck des Mannes lachend begab sich die Spanierin zum Sanitärraum um zu duschen. Anschließend kleidete sie sich hastig an und verabschiedete sich mit einem sehr langen Kuss von dem Lieutenant-Commander. Als sie das Quartier des MACO verließ hatte sie gerade noch fünf Minuten, um zu dem Treffen mit Dheran nicht zu spät zu erscheinen. Das würde der Andorianer nicht gut aufnehmen. Darum rannte sie fast durch die Gänge der Station, bis sie einen Turbolift-Einstieg erreichte. Als sie die Kabine des Lifts betrat atmete sie erleichtert auf. Sie würde es gerade noch rechtzeitig schaffen. * * * Während sich zwei Verschwörer auf der ICICLE über ihr weiteres Vorgehen berieten, landete das Shuttle ALLORAN VERON in einem der dafür vorgesehenen Turmhangars von STRATEGICAL STARBASE 71. Der hell erleuchtete Hangar lag ein gutes Stück oberhalb der Scheibenebenen. Einmal mehr faszinierte Valand Kuehn dabei die schiere Größe dieser Station und das obwohl er bereits einige Male hier gewesen war. Doch an diesen Anblick konnte sich kein Mensch einfach so gewöhnen. Valand hatte während des Anfluges auf die Station bemerkt, wie seltsam still es geblieben war. Nicht nur zwischen ihm und Dheran sondern auch zwischen dem Andorianer und seinem Ersten Offizier. Die Gerüchte, die er seit seinem letzten Besuch auf der Station gehört hatte schienen zu stimmen. Sie besagten, dass Tar´Kyren nicht mehr mit ihr zusammen war, sondern mit Christina Carey. Seiner Jugendliebe. Valand vermutete inzwischen zwar, dass die Trennung glatt verlaufen war, doch ihm drängte sich der Eindruck auf, dass dieses Thema an sich noch lange nicht endgültig abgeschlossen war. Bei Beiden. Nachdem er selbst die Steuerung des Shuttles wieder übernommen hatte, ließ er nichts unversucht um mit Pasqualina Mancharella ein Gespräch zu beginnen. Doch jedesmal war die Unterhaltung rasch ins stocken geraten. Er nahm einen erneuten Anlauf, als er die Aggregate herunter fuhr. Die beiden Offiziere hielten sich nun im hinteren Bereich des Shuttles verborgen. Deshalb sagte er vernehmlich nach hinten: „Wir haben die Station erreicht. Ihr Zwei bleibt, wie verabredet erst einmal hier. Ich informiere euch über den Kommunikator sobald die beiden Betrüger aus dem Spiegeluniversum in Haft sind.“ Valand hatte für beide Offiziere die vertraute Anrede gewählt, da er sich im Grunde an seinen Freund hatte wenden wollen. Doch der blieb stur und es war Pasqualina Mancharella die schließlich bestätigte: „Verstanden, Sir.“ Valand Kuehn verzog mürrisch die Mundwinkel und gab ein unwilliges Brummen von sich, bevor er rasch das Shuttle verließ. Er hatte sich vor etwa zehn Minuten ganz offiziell bei dem Ersten Offizier der Station angemeldet. Dem Efrosianer No´Leen Ra Taragenar. Das mürrische Wesen des Commanders passte ganz zu seiner aktuellen Laune. Auf sein Bitten hin hatte der Commander inzwischen bestimmt bereits Admiral Torias Tarun und Konteradmiral Carey darüber informiert, dass er ein Treffen mit ihnen wünschte. Nachdem Valand Kuehn das Shuttle verlassen hatte marschierte er auf den Ausgang zu. Er hatte sich bei dem Efrosianer ausdrücklich verbeten, dass ein offizielles Begrüßungskommando im Hangar erschien. Er wollte keine zu große Aufmerksamkeit. Dementsprechend verwundert sahen ihn einige Techniker an, als er mit raumgreifenden Schritten an ihnen vorbei marschierte und knapp ihre Grüße zur Kenntnis nahm. Ich sollte mir vom Quartiermeister vielleicht ein eigenes Quartier auf dieser Station zuweisen lassen, überlegte der Konteradmiral auf dem Weg zum nächsten Turbolift. Oft genug hier bin ich ja. In Gedanken betrat er die Liftkabine, als sich das Schott endlich für ihn öffnete. Unterwegs zur OPS der Station, über die wiederum das Büro des Admirals zu erreichen war, fragte sich Valand Kuehn wie man auf seine Eröffnung reagieren würde. Allgemein fiel es den Leuten schwer an Paralleluniversen zu glauben. Und an vollkommen identische Doppelgänger, die man von ihren Gegenparts medizinisch nicht unterscheiden konnte. Dabei grübelte Kuehn darüber nach wieviel Informationen er Tarun und Carey weitergeben konnte und wollte. Er hatte Tarun bisher nicht zur Gänze eingeweiht. Vielleicht war es nun an der Zeit dies nachzuholen. Er hatte den Admiral bereits ein paarmal getroffen und er war sich sicher, dem Trill vertrauen zu können. Mehr als dem neuen Chiefadmiral Frank Damon Sherman auf alle Fälle. Für einen kurzen Moment loderte Zorn in den grau-grünen Augen des Norwegers auf. Doch dieser Moment verging schnell wieder. Als die Liftkabine ihr Ziel erreichte hatte sich Valand Kuehn bereits wieder vollkommen im Griff. Als Kuehn die beeindruckende OPS der Station betrat schritt Commander No´Leen Ra Taragenar auf ihn zu und meldete: „Der Admiral und Konteradmiral Carey erwarten Sie bereits, Sir. Sie kennen den Weg ja.“ Kuehn nickte verbindlich und auch etwas amüsiert. „Danke, Commander. Ich erinnere mich noch dunkel daran.“ Damit schritt er an dem wuchtigen Efrosianer vorbei in Richtung der Treppe, die zum Büro des Admirals führten. Schwungvoll schritt er die Stufen hinauf und die zum Teil transparenten Schotthälften teilten sich vor ihm. Als Valand Kuehn eintrat erhob sich Tarun aus dem Sessel hinter seinem Schreibtisch und umrundete ihn. Neben seiner Stellvertreterin blieb der Trill stehen und reichte Valand Kuehn die Hand. „Ich freue mich Sie wiederzusehen, Valand. Ihre Andeutungen, die Sie dem Commander gegenüber gemacht haben, klangen irgendwie mystisch. Darum kommen Sie bitte jetzt ohne Umweg zur Sache.“ Kuehn schüttelte dem Admiral und danach auch Christina Carey die Hand wobei sein Blick für einen Moment auf dem aparten Gesicht der Frau verharrte. Dann wandte er sich wieder dem Trill zu und erwiderte: „Natürlich Sir. Aber wir sollten uns vielleicht setzen, denn das was ich zu sagen habe sollte man nicht im stehen anhören.“ Tarun und seine Stellvertreterin wechselten vielsagende Blicke miteinander, bevor der Trill zur Sitzecke deutete. „Also schön, wenn Sie dann endlich zur Sache kommen. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten.“ „Ja und schenken Sie auch sich und Ihrer Stellvertreterin etwas ein. Denn was ich zu sagen habe verlangt nach einem guten Tropfen, Sir.“ Damit ließ sich Valand Kuehn gegenüber von Christina Carey nieder. Er wartete bis der Admiral mit Andorianischem Ale und drei Gläsern wieder bei ihnen war und großzügig für sie einschenkte. „Trinken wir erst“, schlug Valand Kuehn vor und hob sein Glas. Dabei wieder einen prüfenden Blick zu Christina Carey werfend. Er trank und wartete bis auch die beiden höchsten Offiziere der Fünften Taktischen Flotte einen ordentlichen Schluck zu sich genommen hatten, bevor er sein Glas auf den Tisch stellte und sich im Polster der Couch zurück lehnte. Valand Kuehn spürte die Neugier der beiden Flaggoffiziere als er fragte: „Wie gut kennen Sie beide die Berichte über Kontakte zum Spiegeluniversum?“ Torias Tarun hob seine Augenbrauen leicht an. „Ich kenne die Berichte der Crew von DEEP SPACE NINE und jenen, der von Captain Kirk verfasst wurde. Doch Letzteres ist über einhundert Jahre her. Seit den Ereignissen rund um DEEP SPACE NINE hat man vom Spiegeluniversum nichts mehr gehört und gesehen.“ Christina Carey nickte zustimmend. Valand Kuehn atmete tief durch und sagte dann ernst: „Das kann man so nicht sagen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Tätigkeit des Terranischen Imperiums sich bereits seit Jahren schon auch auf unser Universum erstreckt. Nach neuesten Erkenntnissen ist der momentane Krieg durch die Machthaber im Spiegeluniversum forciert worden. Es gibt des Weiteren sogar Hinweise auf eine militärische Unterstützung. Doch das sind bestenfalls vage Vermutungen, die wir bisher nicht bestätigen konnten.“ „Wer ist wir?“ Valand Kuehn erwiderte den Blick von Christina Carey. Sie hatte die Frage gestellt. Doch er konnte und wollte darauf keine Antwort geben, darum erwiderte er hart: „Diese Frage sollten sie nie wieder stellen, Konteradmiral Carey. Der wesentliche Punkt wegen dem ich überhaupt herkam ist: Momentan halten sich zwei hohe Offiziere des Terranischen Imperiums hier auf Ihrer Station auf. Es handelt sich um Tar´Kyren Dheran und Pasqualina Mancharella. Die richtigen beiden Offiziere habe ich an Bord meines Shuttles. Wie und wo ich sie fand tut im Moment nichts zur Sache.“ Bei seinen letzten Worten sprang Christina Carey fast aus ihrem Sessel. Mit funkelnden Augen und geballten Händen stand sie da und rief ungläubig aus: „Das kann nicht sein! Sie müssen sich irren, Konteradmiral! Das kann nicht sein!“ Tränen traten in die Augen der schwarzhaarigen Frau und Valand Kuehn ahnte den vollen Umfang der Zusammenhänge.“ Admiral Tarun hatte sich ebenfalls erhoben. Nun ergriff er fest die Schultern der Frau und zwang sie mit sanfter Gewalt dazu wieder Platz zu nehmen. „Es tut mir leid, Miss Carey. Doch was ich Ihnen und dem Admiral eben ausführte ist wahr. Die beiden auf der Station weilenden Offiziere sind nicht die, die sie vorgeben zu sein.“ Christina Carey befreite sich aus dem Griff des Admirals. Sich die Tränen abwischend sagte sie mit kratziger Stimme: „Bevor wir uns weiter über diese Angelegenheit unterhalten sollten wir Lieutenant-Commander Sinemus dazu bitten. Ich fürchte, dass auch ihn diese Vorgänge betreffen wenn ich nicht falsch informiert bin.“ Admiral Tarun sah fragend in Richtung des Norwegers. Dieser nickte. „Ich bin einverstanden. Rufen wir ihn her.“ Es war Tarun, der seinen Kommunikator aktivierte und den MACO in sein Büro befahl, während Christina Carey versuchte den Sturm ihrer Emotionen wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen. Valand Kuehn, der ahnte warum die Irin eben so heftig reagiert hatte, war taktvoll genug nicht zu fragen. Auch Tarun schien zu wissen was los war denn auch er hielt sich bedeckt und hakte nicht weiter ein. Als Lieutenant-Commander Christian Sinemus das Büro betrat hatte sich die Frau weitgehend wieder im Griff. Der MACO blickte etwas unsicher in die Runde und fragte, nachdem sich das Schott hinter ihm geschlossen hatte: „Was habe ich angestellt?“ Es war Valand Kuehn der erwiderte: „Es geht nicht um Sie, Lieutenant-Commander. Sondern es geht um Commander Mancharella. Aber bitte nehmen Sie vorher Platz.“ Noch immer etwas unsicher wirkend setzte sich Sinemus in den noch freien Sessel und beugte sich neugierig zu Valand Kuehn vor. „Was ist denn mit Pas… Entschuldigung, ich meinte mit Commander Mancharella?“ „Sie ist nicht Commander Mancharella sondern eine Doppelgängerin.“ Valand Kuehn wusste, dass man so etwas nicht schonend erklären konnte. Deshalb brachte er es lieber sofort auf den Punkt. Er erklärte nun dem Offizier und den beiden Admiralen in knapper Form was sich in den letzten Tagen ereignet hatte. Dabei stellte Kuehn bei dem MACO eine fast identische Reaktion fest, wie bei Christina Carey. Nur weniger emotional. Auch in den Augen des Mannes lag Unglaube. Valand Kuehn sah auffordernd zu Torias Tarun. Der Trill wusste, was ihm Valand Kuehn damit sagen wollte und er wandte sich an Sinemus: „Lieutenant-Commander: Ich bin mir der Situation bewusst. Dennoch ist es nun Ihre Aufgabe, ein Kommando zusammenzustellen. Verzichten Sie jedoch darauf das über den Kommunikator zu erledigen. Sie werden feststellen wo sich die beiden fraglichen Offiziere aufhalten. Ihr Auftrag lautet: Festnehmen und in den Inhaftierungsblock bringen. Beide möglichst lebend denn ich habe ein paar Fragen an diese Leute.“ Ein entschlossener Zug erschien auf dem Gesicht des MACO als er sich aus dem Sessel erhob. „Verstanden, Admiral. Sie entschuldigen mich.“ Damit machte der Offizier etwas fahrig, was verständlich war, kehrt und verließ das Büro des Admirals. Drei Augenpaare folgten ihm dabei. Nachdem er gegangen war räusperte sich Valand Kuehn und sagte zu Tarun: „Admiral ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen. Bitte weisen Sie den beiden Kopien separate Zellen zu. Mit ihrer Erlaubnis würde ich mit diesen beiden Betrügern gerne dasselbe Spiel treiben, dass sie bisher mit uns trieben. Wir lassen sie einige Zeit schmoren und stecken sie dann in eine gemeinsame Zelle.“ Kuehns Gegenüber blickten ihn gleichermaßen verständnislos an und der Norweger erklärte rasch: „Natürlich nur zum Schein. Denn tatsächlich werden wir unseren Dheran zu der Kopie seiner XO stecken und Commander Mancharella zu der Kopie des Andorianers. Natürlich nur wenn sich unsere beiden Offiziere dazu freiwillig bereit erklären.“ „Der Plan birgt wenig Anstand in sich“, gab der Trill zu bedenken. „Verdammt – Admiral, wir können uns Anstand nicht leisten!“, begehrte Kuehn auf. „Wir haben Krieg und wir brauchen dringend Informationen darüber, gegen wen wir eigentlich wirklich kämpfen. Und glauben Sie mir, Admiral, die vom Terranischen Imperium werden ganz gewiss keinen Anstand in den Vordergrund stellen. Das muss ich Ihnen aber ganz gewiss nicht sagen, Sir!“ Die Miene des Trill verfinsterte sich. „Vielleicht haben Sie Recht, Konteradmiral. Aber mir gefallen Ihre Methoden nicht.“ Bevor beide Männer in Streit geraten konnten erhob sich Christina Carey aus ihrem Sessel und sagte hart: „Ich bin für den Vorschlag des Konteradmirals, Sir!“ Admiral Torias Tarun sah, etwas überrascht von der Reaktion seiner Stellvertreterin, von ihr zu Kuehn und kniff etwas die Augenlider zusammen. „So, so, Sie beide meinen also, weil Sie zusammen auch vier Rankpins haben könnten Sie mich überstimmen. Also gut meine Dame und mein Herr Konteradmiral. Machen wir es so.“ Kapitel 8: Splitter der Vergangenheit: Die letzte Bastion --------------------------------------------------------- Im Orbit von Terra Sternenzeit: 58357.3 Sol-System - Spiegeluniversum Den Brücken-Crews der schwer bewaffneten, angreifenden Kriegsschiffe des Neuen Terranischen Imperiums bot sich auf den Hauptbildschirmen ein ebenso grausiger wie faszinierender Anblick. Rund um Terra schwebten ausgeglühte Wracks von Raumschiffen aller bekannten Klassen der Allianz und des wiedererstarkten Imperiums. Nach dem Sieg der Rebellen über den Regenten Worf hatte es immer noch fast fünf Jahre gedauert, bis zu diesem Moment. Nun war er da. Der Moment der Vergeltung. Der Moment in dem sich alle Terraner endlich das zurückholen würden was ihnen zustand. Das war die Ansicht beinahe aller Terraner und Valand Kuehn bildete hier keine Ausnahme. In seinem Innern tobte ein Orkan der verschiedensten dunklen Emotionen. Er war gekommen um blutig Rache zu nehmen. Für all das Leid das man ihm, seiner Familie und seinen Kameraden angetan hatte. Über so lange Zeit hinweg. Valand Kuehn ballte seine kräftigen Hände zu Fäusten. Ja – er würde foltern, morden und die Hunde des Krieges entfesseln. Bis sein Hunger nach Vergeltung gestillt sein würde. Das schwer bewaffnete Landeshuttle in dem er und die Kameraden seiner MACO-Einheit dicht an dicht standen stieß gegenwärtig auf Terra hinab. Valand Kuehn war sich nicht sicher ob es das Shuttle war, dass zu vibrieren begann, als es die Ionosphäre durchstieß oder ob er selbst es war. Darauf brennend den Feind zu vernichten. Während er ungeduldig wartete sah er zu Pasqualina Mancharella, die sich am anderen Seitenschott des Shuttles positioniert hatte. Dabei erinnerte er sich an ihren langen Weg hierher. Nach der überstürzten Flucht von Andoria hatte das Shuttle, nach monatelanger Irrfahrt, endlich jenen Ort in den Badlands erreicht den ihnen Pasqualina genannt hatte. Sie fanden zu Beginn des Jahres 2371 endlich Sisko und seine Widerstandsbewegung. Benjamin Sisko hielt es jedoch für notwendig ihn und seine Kameraden erst einmal eingehend zu verhören. Erst nach tagelanger Folter war Sisko überzeugt davon, dass er es mit keinen Spitzeln der Allianz zu tun hatte. Fast war es Valand damals erschienen, dass der dunkelhäutige Terraner noch paranoider gewesen war, als er selbst. Im Laufe der nächsten Zeit hatte Sisko sie in seiner Rebellengruppe integriert. Auch die Stellvertreter Siskos erkannten ihr Potenzial. Nach Siskos Tod hatten es Miles O´Brien und Julian Bashir übernommen sie weiterhin unter ihre Fittiche zu nehmen. In dieser Zeit lernten sie eine Menge dazu. Viel über Taktik – aber auch zu verschiedenen Kampftechniken. Ein Jahr später eroberten sie gemeinsam die Raumstation TEROK NOR. Nur wenig später wurde dort eine Kampfschiff auf Kiel gelegt. Die ISS DEFIANT. Während dieser Zeit kristallisierte sich immer deutlicher heraus, dass Dheran sehr viel von Waffentechnik verstand. Er selbst entpuppt sich, bereits während der Eroberung der Station, eher als eiskalter Killer. Tia´Lynara Dheran wurde von der Doppelführung eins der wenigen Kaperschiffe anvertraut. Dadurch verloren sie sich für eine Weile aus den Augen. Bis zum Jahr 2375 hatte Valand Kuehn die Ausbildung von Kommandooffizieren übernommen. Er unterrichtete sie dabei intensiv in der Kunst der Infiltration und des bewaffneten und waffenlosen Tötens. Sein Freund Tar´Kyren Dheran stellte zu der Zeit unter Beweis, dass seine Befähigung eher im Bereich Schiffsführung liegt. In dieser Zeit machte Tia´Lynara Dheran, als kompromisslose Führerin eines eigenen Entertrupps des Schiffes, auf dem sie gleichzeitig die Funktion des Taktischen Offiziers erfüllte, von sich reden. Zu Beginn des Jahres 2376 war es dann endlich soweit. Nach dem Sieg über Regent Worf wurde in einer feierlichen Zeremonie von den befreiten Terranern und ihren Verbündeten das Neue Terranische Imperium gegründet. Die durch Agenten des Imperiums von der Sternenflotte des Föderations-Universums gestohlenen Schiffsbaupläne wurden fortan als Grundlage für eigene Kriegsschiffe genommen. Wenig später erschien eine Frau auf der Station TEROK NOR. Kathryn Elizabeth Janeway. In sehr direkter Art trat sie an Bashir und O´Brien heran um ihnen ihre Hilfe anzubieten. Schon nach wenigen Monaten, in denen Janeway mit beiden Männern das Bett teilte, wurde aus der Doppelspitze des Imperiums ein Triumvirat. Was vielen Angehörigen des Imperiums missfiel. Mit der Wiedereinführung des alten, terranischen Rangsystems, im Jahr 2378, wurde Tar´Kyren, dessen taktisches Verständnis seinen Anführern immer deutlicher aufgefallen war, zum Captain ernannt. Gegen Ende des Jahres übertrug ihm das Triumvirat das Kommando über die bereits betagte ISS ICICLE. In demselben Jahr begann das Imperium damit eine Flotte zur Rückeroberung der Erde aufzustellen. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch klar, dass es noch Jahre dauern würde bis man losschlagen konnte. Ein Jahr später wurde dem Imperium bekannt, dass es auf Andoria brodelt und dort bereits ebenfalls Bemühungen im Gange waren die Herrschaft der Allianz zu brechen. Unter General erster Verbandsgröße Varinea Thren bereiteten sich die neu aufgestellten Andorianische Kommandoeinheiten darauf vor zu handeln, wenn die Stunde nahte. Valand Kuehn wurde kurz abgelenkt als ein heftiger Stoß das Shuttle durchlief. Fast gleichzeitig brüllte der Co-Pilot nach hinten: „Festhalten, wir stehen unter Beschuss!“ Wieder warf Kuehn einen Blick zu Pasqualina. Dabei fragte er sich ob sie nicht sein dunkelstes Geheimnis kannte. Bereits seit einiger Zeit verfolgte ihn dieser Verdacht und ihm war nicht wohl dabei, dass sie es in diesem Fall vielleicht seinem Freund verraten könnte. Bei einem Überfall auf eine Kolonie der Allianz starb nämlich Tal´Inuray Shiran. Nur er war zu diesem Zeitpunkt bei ihr gewesen. Und nur er wusste um die Umstände ihres Todes. Doch diese kleine, blaue Schlampe war selbst Schuld an dem tragischen Ende das er ihr bereitet hatte. Er hatte ihr nie ganz getraut und er war von Beginn an eifersüchtig darauf gewesen wie nah sie seinem besten Freund gestanden hatte. Doch das war vorbei. Valand Kuehn war zunächst hoch erfreut darüber gewesen, dass der Freund nur wenig später Commodore Christina Carey kennenlernte. Beide waren von Beginn an auf eine diabolische Art von einander fasziniert und so verwunderte es nicht, dass beide eine leidenschaftliche Affäre mit einander begannen. So hatte sein bester Freund nie die Umstände des Todes von Tal´Inuray hinterfragt. Wie alle Anderen auch hatte Valand rasch bemerkt, dass die Gefühle Dherans gegenüber Christina Carey von einer gewissen Ambivalenz geprägt waren. Es entwickelte sich in der Folgezeit eine Art Hassliebe zwischen beiden Offizieren. Bis zum diesem Mai des Jahres 2381 war die Neue Imperiale Sternenflotte entstanden. Großteils im Geheimen und auf mehreren zuvor eroberten, cardassianischen Werftstationen gebaut. Nun war es soweit. Die Erde würde schon sehr bald erobert sein. Und er nahm nun daran teil und wurde zu einem wichtigen Teil der Geschichte. Vor zwei Tagen war die Schlacht um die Erde und Axanar entbrannt. Axanar war vor wenigen Stunden erobert worden. Die Nachricht hatte Kuehn erreicht, kurz bevor er an Bord des Kampfshuttles zur Erde aufgebrochen war. Sie und weitere Einheiten waren von der ICICLE gestartet, während die Jäger des Leichten Trägers die bodengestützte Luftabwehr flächendeckend niedergekämpft hatte. Erneut wurde das Shuttle kräftig durchgeschüttelt und spöttisch dachte Valand Kuehn: So viel zum Thema flächendeckend. Die Aggregate des Kampfshuttles heulten auf und der Co-Pilot brüllte erneut überlaut nach hinten durch: „Bereitmachen! Wir setzen im Hof des Regierungspalastes zur Landung an! Die Zone ist heiß – also Beeilung beim Ausstieg!“ Gleichzeitig betätigten Valand Kuehn und seine Stellvertreterin die Seitenschotts. Sofort schoss Valand Kuehn ein warmer Luftstrom ins Gesicht. Durch zusammengekniffene Augenlider erkannte er, dass das Shuttle noch etwa fünfzig Meter über dem Boden schwebte. Mit der Linken hielt er sich am Haltegriff neben der Schottöffnung fest, während er mit der Rechten sein Pulsphaser-Gewehr fest umklammert hielt. Außerdem trug er, wie jeder der ihm unterstellten Männer und Frauen des Angriffskommandos, noch einen Handphaser und einen Dolch am Gürtel seines gepanzerten Tarnanzuges. Er hatte seine persönlich Bewaffnung dazu noch um ein Stiefelmesser und einen Wurfdolch in einem Futteral an jedem Bein erweitert. Abgesehen davon hatte er weiterhin ein halbes Dutzend Granaten in die dafür vorgesehenen Magnethalterungen geschoben. Seiner Ansicht nach gab es so etwas wie einen zu gut bewaffneten MACO nicht. Nur eine zu schlecht bewaffneten. Valand Kuehn fühlte sich in seinem gepanzerten Kampfanzug sichtlich wohl. Der Körperpanzer verlieh ihm ein Gefühl von Sicherheit das er sonst mitunter vermisste. Der imperiale Commander verwarf diese Gedanken und konzentrierte sich wieder auf das was vor ihm lag. Die Eroberung des Regierungspalastes. Das Umfeld war bereits durch andere Einheiten bombardiert worden. Nur im Palast gab es letzte Widerstandsnester. Nach einem weiteren Seitenblick zu Pasqualina Mancharella kommandierte Valand Kuehn schließlich mit tragender Stimme: „Fertigmachen – MACO-Kommando! Absetzen am Landepunkt in X minus zehn Sekunden!“ Während der Gleiter sich rasch dem Boden näherte, rief Valand Kuehn den Männern und Frauen seines Kommandos den Anfang des Leitspruchs der Einheit zu: „Zur Hölle…!“ „…und wieder zurück!“, brüllten die Soldaten begeistert zurück. Valand wandte seinen Blick wieder nach draußen. Er wusste wie wichtig es sein konnte, die kreatürliche Furcht noch einmal herausschreien zu können bevor es ernst wurde. Schon oft hatte sich gezeigt, dass diese kleinen Psychotricks eine enorme Wirkung entfalten konnten. Mit einem grimmigen Grinsen auf den Lippen zuckte er kurz zusammen, als dicht neben ihm eine Nadionstrahl in die Seitenwand des Shuttles einschlug. Als das Transportschiff sich noch drei Meter über dem Boden befand sprang Valand Kuehn mit einem Mir nach! In die Tiefe. Er federte den Sprung in den Beinen ab, rollte über die Schulter und sicherte im nächsten Moment nach allen Seiten. Er erkannte den vermutlichen Schützen von eben und visierte ihn an. Mit zwei Schüssen in den Kopf des cardassianischen Gardesoldaten beseitigte er die Gefahr. Links von sich erkannte Kuehn die rauchenden Überreste einer Flak-Stellung. Offenbar hatten die Jagdpiloten der ICICLE hier ganze Arbeit geleistet. Doch einige Stellung zu seiner anderen Seite feuerten noch in den Himmel. Neben Kuehn klatschte ein etwas rundlich wirkender Master-Chief ins Gras, während der Commander einen weiteren Gardisten niederstreckte. Der Norweger wusste um die Kampfkraft dieses nur 1,69 Meter großen Kraftpaketes und nicht wenige Lebewesen hatten bereits bedauert ihn unterschätzt zu haben. Kaum neben Kuehn angekommen fluchte der Chief: „Unsere Drecks-Jagdpiloten haben eine Menge dieser verdammten Abwehrstellungen verfehlt, so wie es aussieht, Sir! Kein besonderer Verlass auf diese Vögel, finden Sie nicht auch?“ „Sind eben keine MACO´s, Chief!“, hieb der Commander in dieselbe Kerbe und wusste, dass seine Worte bei dem Master-Chief auf fruchtbaren Boden fielen. Wie schon zu früherer Zeit war das Konkurrenzdenken zwischen den einzelnen Truppengattungen sehr ausgeprägt. Für Valand Kuehn gab es keinen ernsthaften Zweifel daran, dass es nur eine wahre Elite-Truppe gab und dieser gehörte er selbst an. „Da sagen Sie was!“, lachte der Beleibte. „Wo wollen Sie meinen Trupp haben, Sir? Rechte Flanke?“ Valand sah sich um und erwiderte knapp: „Ja, Chief! Lockere Formation. Achten Sie besonders auf die Säulen am Haupteingang. Dort könnten sich ebenfalls noch Soldaten der Palastgarde verbergen und uns auflauern.“ Der Chief bestätigte und Kuehn gab das Zeichen zum Vorrücken, als sich die Einheit von Pasqualina zu seiner Linken formiert hatte. Dass hinter ihnen das Shuttle bereits wieder an Höhe gewann bekam Valand Kuehn nur unterbewusst mit. Im Aufsteigen schoss sich das Shuttle mit einer der noch aktiven Abwehrstellungen herum, bevor es rasch am Himmel kleiner wurde und verschwand. Schnell und geduckt rannten die MACO´s am Boden auf die breite Freitreppe zu. Als sie in Reichweite waren zog Kuehn eine der Granaten aus der Halterung seines Anzuges und machte sie scharf. Er wartete nach der Aktivierung noch zwei Sekunden und warf sie dann im Laufen zwischen den Säulen des Vordaches hindurch. Mit einem grellen Blitz detonierte das Wurfgeschoss. Die Schreie, die zu ihm und seinen Soldaten durchdrangen, bewiesen Kuehns anfänglichen Verdacht. Die Garde hatte tatsächlich Soldaten hinter den Säulen platziert. Weiter rechts wurden die ersten Pulsphasersalven abgefeuert und auch vor Valand Kuehn und dem Chief tauchten weitere Feindsoldaten auf. Zwei von ihnen fielen durch gezielte Schüsse der beiden so ungleichen Männer und Kuehn brüllte giftig: „Ich hatte gehofft der Rest dieser Bande wäre längst getürmt!“ „Die werden es noch bedauern geblieben zu sein!“, erwiderte der Chief grollend. Einige Männer und Frauen in ihrer Nähe lachten rau. Eine von ihnen, eine athletische Frau mit flammend roten Haaren, trug einen Tetrion-Granatwerfer. Valand wusste, dass sie Julie Maragon hieß. Als sie die erste Stufe der Treppe erreichten richtete dieser Crewman die Mündung der schweren Waffe auf das Panzerschott und rief: „Achtung - ich hau´ dazwischen!“ Ein grellweißer Ball aus Tetrionplasma jagte in Richtung Schott. Einen Augenblick später wurde das Panzerschott von der Ladung förmlich zerrissen. Scharfkantige Trümmerteile schossen über sie hinweg und zwischen Ihnen hindurch. Zwei Crewmen wurden dabei leicht verletzt. Mehrere Granaten wurden ins Innere der Haupthalle geworfen und noch während sie explodierten stürmten die MACO´s – allen voran Commander Valand Kuehn – die Treppenstufen hinauf. Gleich nachdem Kuehn im Innern der Halle ankam warf er sich seitlich zu Boden. Keinen Moment zu früh denn einen Herzschlag später jagte ein grell leuchtender Nadionstrahl über ihn hinweg und schlug direkt über ihm in der Wand ein. Glühende Trümmer regneten auf ihn herab, verletzten ihn aber nicht. Kuehn brachte liegend sein Gewehr in in Anschlag und feuerte in die Richtung aus der dieser Schuss gekommen war. Er wusste nicht ob er den Gegner getroffen hatte, doch er feuerte weiter auf die Galerie vor sich. So hielt er zumindest den Feind davon ab auf die hinter ihm hereinstürmenden Soldaten seiner Einheit zu feuern. Der Commander sah wie Pasqualina auf der anderen Seite des Schotts in Stellung ging und auf dieselbe Stelle der Galerie zu feuern begann. Der Norweger nutzte die Gelegenheit blitzschnell aufzuspringen. Im Sprintertempo rannte er durch die Halle der Imperatoren. Nicht auf das übergroße Allianzsymbol des Marmorbodens achtend, das sich dort befand, wo ehemals das Logo des Imperiums geprangt hatte. Auch nicht auf die Gemälde an den Wänden und den zwischen ihnen stehenden, überlebensgroßen Marmorstatuen ehemaliger Regenten, welche die der namengebenden Imperatoren abgelöst hatten. Das würde sich ohnehin sehr bald ändern. Er stürmte die vor ihm liegende Treppe zur Galerie hinauf. Oben angekommen erkannte er seinen Gegner. Es handelte sich um eine noch sehr jung wirkende Cardassianerin. Alle ihre Kameraden schienen tot zu sein. Valand Kuehn feuerte auf die cardassianische Frau, die durch einen Schultertreffer zur Seite geschleudert wurde, und rief in die Halle hinunter: „Einheit – nachziehen!“ Zu der Cardassianerin sehend, hängte sich Kuehn sein Gewehr auf den Rücken und zog seinen doppelschneidigen Dolch. Die junge Cardassianerin wirkte benommen. Sie schien starke Schmerzen zu haben, denn ein leises Wimmern drang aus ihrem Mund. Als Valand Kuehn die Cardassianerin erreichte, setzte er sich rittlings auf ihren Bauch und drückte sie an der Kehle zu Boden. Bei ihrem Anblick drängten längst vergessen geglaubte Szenen wieder in sein Gedächtnis. Szenen, die in Verbindung mit einer anderen Cardassianerin standen. Valand Kuehn schlug, in blindem Hass, mehrmals mit der Faust, die den Dolch fest umklammerte, in das Gesicht der Cardassianerin. Bis sie sich nicht mehr bewegte. Einen wilden Schrei ausstoßend stieß er die Klinge des Dolches in den Leib der Frau. Dorthin wo sich bei Cardassianern das Herz befand. Ihr dunkles Blut spritzte aus der Wunde und besudelte ihn vom Kopf bis zu den Hüften. Valand Kuehn bemerkte es kaum. Erst als sich eine Hand auf seine rechte Schulter legte realisierte er wieder seine Umwelt. Wie aus einer tiefen Trance erwachend. Mit einem beinahe mörderischen Blick über die Schulter stellte er fest dass es Pasqualina Mancharella gewesen war die ihn hart an der Schulter packte. Erst jetzt vernahm er wieder den Lärm von Kämpfen in dem weitläufigen Palast. Schreie Sterbender und die Geräusche abgefeuerter Waffen vermischten sich mit dumpfen Explosionen zu einer sinnverwirrenden Kakophonie des Krieges. Kuehn erhob sich beinahe wie in Zeitlupe, wobei sich sein Blick langsam wieder klärte. Rau sagte er zu seiner Kameradin und Geliebten: „Ich bin in Ordnung, Lieutenant-Commander. Sammeln Sie Ihre Einheit. Wir werden den Thronsaal stürmen sobald wir den restlichen Widerstand im Palast gebrochen haben. Niemand darf entkommen!“ Längst hatte Pasqualina Mancharella bemerkt, dass sie nicht mehr allein waren. Sonst hätte Valand auch nicht so übertrieben dienstlich mit ihr gesprochen. Mit einem fast verschmitzten Augenzwinkern erwiderte sie ebenso dienstlich: „Aye, Commander!“ Die Spanierin eilte davon und Valand wandte sich der Person zu, die sich ihnen genähert hatte. Es war der rothaarige Crewman Maragon. Inzwischen hatte sie ihren Tetrionwerfer offensichtlich an einen anderen Soldaten übergeben. Stramm nahm sie Haltung an und meldete dem Commander: „Sir, Lieutenant Rahirrim schickt mich zu Ihnen, da Störsender innerhalb dieses Gebäudes noch immer unsere Kommunikatoren blockiert. Der Lieutenant hat das obere Stockwerk des Palastes gesichert. Die Elite des Vierten Cardassianischen Ordens verschanzt sich gemeinsam mit Legat Akellen Macet im Thronsaal. Der Lieutenant erwartet ihre Befehle, Sir.“ „Danke, Crewman. Geleiten Sie mich hin.“ Gemeinsam eilten sie durch die Gänge und über zwei weitere Treppen ins obere Geschoss hinauf. Überall stießen sie dabei auf getötete uniformierte Cardassianer. Vereinzelt waren auch tote, uniformierte Klingonen und Bajoraner zu sehen. Vor dem Panzerschott des Thronsaals unterhielt sich Pasqualina Mancharella bereits mit Lieutenant Rahirrim. Valand bekam noch mit wie sie mit ihm das das weitere taktische Vorgehen durchging. Der Commander mischte sich nicht ein bis sie geendet hatte. Erst dann sah er den arabischen Lieutenant an und fügte hinzu: „Wir werden keinen Uniformierten gefangennehmen. Legat Macet ist die einzige Ausnahme. Die Männer und Frauen des Hofstaates werden gefangengenommen. Die will ich vorerst lebend haben.“ Pasqualina Mancharella runzelte bei den letzten Worten ihres Freundes die Stirn und Kuehn fügte an: „Ein zu kurzes Vergnügen ist kein Vergnügen. Stimmen Sie beide mir zu?“ Die Spanierin und Rahirrim nickten bestätigend, wobei der Lieutenant boshaft grinste. „Ich verstehe was Sie meinen, Sir.“ Valand Kuehn erwiderte dieses Grinsen in ganz ähnlicher Weise bevor er Rahirrim befahl: „Lassen Sie Thermit-Ladungen anbringen, Rahirrim. Diesmal brennen wir uns durch das Schott um Akellen Macet nicht versehentlich zu früh zu töten. Das Triumvirat will den Kerl vorher bestimmt erst einmal zu ein paar Vorgängen befragen und ihn für eine Weile leiden lassen. Ich bin der Ansicht, dass dieser verkommene Legat Macet das auch verdient. Wenn der zu früh abtreten würde so wäre das ein Sieg mit einem zu schalen Beigeschmack.“ Wieder bestätigte Rahirrim und begab sich zu den Sprengstoffexperten seiner Gruppe. Kuehn nutzte den Moment um Pasqualina kurz zuflüstern: „Ich hoffe, dass wir beide anschließend die Zeit finden werden um diesen Sieg würdig zu feiern. Unter vier Augen.“ Zum ersten Mal seit beginn der Aktion erlaubte sich die von Natur aus schwarzhaarige Frau ein Lächeln. Sie hatte ihr Haar jedoch kürzlich gefärbt. Extra für ihren Freund. Während zwei erfahrene Chief-Petty-Officer die Thermit-Ladung an den Rändern des Panzerschotts anbrachten erinnerte sich Lieutenant-Commander Pasqualina daran, wie sie und Valand sich zum ersten Mal begegneten und was seitdem alles passiert war. Sie hatten gemeinsam die Irrfahrt zu den Badlands überstanden. Daran, wie sie sich in Valand verliebt hatte – aber auch daran, dass es deswegen zu einem Zickenkrieg kam. Zwischen ihr und der Schwester von Tar´Kyren Dheran. Auch Tia´Lynara empfand etwas für den Terraner doch am Ende hatte sie in dieser permanenten Reiberei die Oberhand behalten. Valand gehörte ihr. Das war von Beginn an so gewesen. Doch er hatte sich verändert, in den letzten beiden Jahren und das gefiel ihr nicht. Sie war sich sicher, dass er für den Tod von Tal´Inuray Shiran verantwortlich war. Aus seiner Eifersucht auf sie und aus seinem Misstrauen ihr gegenüber hatte Valand nie ein Geheimnis gemacht. Die beiden Sprengstoffexperten des Teams wurden fertig und Pasqualina Mancharella zog sich mit dem Rest des Kommandos etwas zurück. Das an den Rändern des Schotts angebrachte Thermit würde kurzzeitig eine Hitze von bis zu 5000 Grad Kelvin entwickeln. Einer der MACO´s hatte diese Thermit-Ladungen einmal scherzhaft Sun-to-go genannt. Valand Kuehn sah zu seinem Lieutenant und dieser gab das Zeichen die Ladung zu zünden. Sie wandten sich kurz ab, denn die Ladung glühte für einen Sekundenbruchteil grell auf. Einen Moment später polterte das Panzerschott in den dahinter liegenden Raum. Die Sprengstoffexperten hatten gute Arbeit geleistet. „Mir nach!“, rief Valand Kuehn und stürmte als Erster vor. Eine Angewohnheit die ihn bei seiner Truppe beliebt gemacht hatte. Persönlicher Mut wurde bei diesen hartgesottenen Männern und Frauen mehr als alles Andere geschätzt und respektiert. Pasqualina Mancharella folgte Valand dichtauf. An der Spitze des Kommandos stürmten sie in den Thronsaal, gingen beidseitig des Schott-Eingangs in Stellung und schossen auf alle cardassianischen Soldaten in Uniform. Der Rest der Trupp zog nach und verteilte sich in dem riesigen Thronsaal. Mit Stolz registrierte Kuehn, dass seine Lebensgefährtin schnell und sicher schoss Eine Menge cardassianischer Männer und Frauen fielen an diesem Tag durch ihre Waffe. Sie rückten weiter vor, in jenen Bereich des Saales wo sich der Hofstaat und Akellen Macet hinter einigen Säulen entlang der Wände des Saales verborgen hielten. Vor Valand erhob sich ein verletzter cardassianischer Soldat und wollte vor ihm davon rennen. Blitzschnell hatte Valand eins der beiden Wurfmesser gezogen und schleuderte es hinter dem Flüchtenden her. Es drang von hinten in den Kopf des Cardassianers ein und mit einem Ächzen ging der Fliehende zu Boden, wo er noch einmal zuckte. Danach lag er still. Rahirrim warf seinem Vorgesetzten einen anerkennenden Blick zu während er einer verletzten Cardassianerin, mit den Rangabzeichen eines Glinn an der Uniform, seinen Fuß auf die Brust setzte. Die Cardassianerin schrie in Todesangst gellend auf, als Rahirrim langsam die Mündung seines Gewehrs auf sie richtete. Der Schrei riss abrupt ab. Rahirrim hatte ihr kaltlächelnd ins Gesicht schoss. Der Lieutenant spukte auf den Leichnam und zischte: „Verdammte Schlampe. Du wirst nie wieder die Waffe auf Terraner richten.“ Im hinteren Bereich des Saales war es zu einem kurzen Tumult gekommen, als die vorrückenden MACO´s die Überlebenden gefangen nahmen. Jeder dieser Gefangenen wurde von mindestens zwei MACO´s an den Armen festgehalten und in die Mitte des Saales geführt. Zu Kuehns diabolischer Freude befand sich Legat Akellen Macet unter ihnen. Ein Cardassianer, der für den Tod von Millionen Terranern die Verantwortung trug. Ein Gul neben Macet wand sich in den festen Griffen seiner Bewacher, als Valand Kuehn vor den bisherigen Regenten trat. Mit einer fließenden Bewegung zog der MACO seinen Dolch und stieß ihn dem Gul ins Herz. Während Kuehn die Klinge in der Wunde drehte und der Gul mit ungläubigem Gesichtsausdruck langsam im Griff der Wachen erschlaffte, sah der Commander unverwandt in das Gesicht von Macet. Macet gehörte zu den wenigen seiner Spezies deren Haupthaar nicht tiefschwarz war. Böse Zungen behaupteten das käme nur bei Interspezies-Mischlingen vor. „Denken Sie nicht ich hätte Skrupel Sie umgehend zu töten, Macet!“ Valand Kuehn starrte dem etwa gleich großen Cardassianer entschlossen ins Gesicht. „Also leisten Sie besser keinen Widerstand. Sagen Sie das auch ihrem Hofstaat.“ Der MACO erkannte die ohnmächtige Wut in den Augen des Cardassianers, als er seinen Hofstaat anwies keinen Widerstand zu leisten. Valand Kuehn nickte zufrieden. Dann wandte er sich zunächst ab und ließ die restlichen Überlebenden nebeneinander antreten, nachdem sie entwaffnet worden waren. Einige Dutzend Waffen waren auf die Gefangenen gerichtet. Sie wussten also dass jeder Versuch zu fliehen oder gegen die Anweisungen des MACO-Commanders aufzubegehren vermutlich tödlich enden würde. Dreizehn Gefangene standen nebeneinander. Darunter sechs cardassianische Frauen und eine Frau die unverkennbar Bajoranerin war. „Tötet die Offiziere!“, befahl Kuehn und seine Soldaten hoben ihre Waffen. Nur Sekunden später wurden die drei Uniformierten unter den gefangenen cardassianischen Männer erschossen. Sie sanken tot zu Boden. Eine der Cardassianerinnen, die eine kostbare Robe aus dunkelblauer, andorianischer Seide trug, bekam einen Schreikrampf. Mit einigen raschen Schritten war Valand Kuehn bei ihr und versetzte ihr eine schallende Ohrfeige, die sie zu Boden warf. Sie an den Haaren wieder nach oben ziehend zog der Commander erneut seinen Dolch und drückte der Frau die Doppelspitze gegen die Kehle. „Jetzt wirst du keinen Ton mehr von dir geben sonst wird es das Letzte sein was du je getan hast!“, drohte Kuehn finster. Dabei bemerkte er dass die Frau zitterte vor Angst. Sie war keine Soldatin und sie hatte die Schrecken des Krieges vermutlich nie erlebt. Bis heute. Mit weit aufgerissenen Augen nickte die cardassianische Frau stumm. „Die Hände hinter den Kopf!“, herrschte Valand Kuehn sie an und wandte kurz den Kopf zur Seite. „Das gilt für Alle!“ Die Cardassianerin vor Kuehn und deren Mitgefangene kamen der Aufforderung nach und mit einem schmalen Grinsen fuhren die Finger von Kuehns linker Hand spielerisch über die Schuppen ihrer Halskämme. Der Terraner wusste dass es sich um erogene Zonen bei Cardassianerinnen handelte. Das hatte ihn Gilora Rakalon gelehrt. Ein Cardassianer hätte es nie gewagt sie dort unaufgefordert zu berühren. Auch das wusste Kuehn. Das Zittern der Cardassianerin wurde stärker als Valand Kuehn in den tiefen Ausschnitt ihres Kleides fasste und ihre Brüste berührte. Mit dem scharfen Dolch fuhr er dabei so über ihren Hals, dass sie die Klinge zwar spürte aber nicht durch sie verletzt wurde. Tränen traten in die Augen der cardassianischen Frau bevor Valand Kuehn seine Hand langsam wieder zurückzog. „Du bist jetzt eine Gefangene des Neuen Terranischen Imperiums!“, schrie Kuehn die geschockte Frau wütend an. „Keine feine Lady am Hof des Regenten mehr!“ Damit nahm Valand Kuehn den Dolch in die Linke und ohrfeigte die Frau erneut rechts und links. Danach zischte er deutlich leiser: „Du wirst bald schon erfahren was es bedeutet die Sklavin brutaler Herrscher zu sein.“ Damit wandte sich Kuehn von der Cardassianerin ab und befahl seinen Leuten: „Sperrt diese Gefangenen im Inhaftierungsblock des Palastes ein. Wenn sich Jemand dort mit denen vergnügen will – nur zu!“ Die MACO´s kamen dem Befehl nach und führten danach die Gefangenen hinaus, während Kuehn selbst erneut zu Akellen Macet schritt. Seinen Dolch an die Kehle des Regenten haltend wies er die Wächter des Cardassianers an: „Auch dieser Verbrecher wird noch erleben, dass es keine gute Idee war sich mit Terranern anzulegen.“ Kuehn versetzte ihm einen Fausthieb in die Magengrube und genoss die Demütigung des Regenten sichtlich. Der Cardassianer würde bald sterben und danach konnte sich das Neue Terranische Imperium endlich erneut erheben. Wie ein Phoenix aus der Asche. Als Macet abgeführt wurde knackste es in Kuehns Kommunikator. Gleich darauf meldete sich Petty-Officer Gerda Unterberg: „Die letzten Störsender wurden unbrauchbar gemacht, Commander. Wir haben außerdem das Kommunikationszentrum besetzt.“ „Gute Arbeit, Petty-Officer!“, lobte Kuehn. „Setzen Sie eine Meldung an das Flaggschiff der Flotte ab. Wir haben den Regenten und seinen Hofstaat inhaftiert. Der Palast befindet sich in unserer Hand!“ „Verstanden, Sir. Spruch geht sofort raus. Unterberg, Ende!“ „Kuehn – Ende und Aus. Übernehmen Sie, Lieutenant Rahirrim.“ Der Norweger sah sich suchend um, bis er Pasqualina Mancharella entdeckte. Er bedeutete ihr mit Blicken ihm auf den Gang hinaus zu folgen. Als sie endlich allein waren legte er rasch seinen linken Arm um sie und küsste sie leidenschaftlich. Es dauerte eine Weile, bis Valand Kuehn seine Lebensgefährtin wieder freigab. Sie eng an sich drückend sagte er rau zu ihr: „Endlich sind wir auch als Nation wieder frei. Niemals wieder wird man uns als Sklaven unterdrücken, Pasqualina. Komm mit!“ Sich an der Hand von Valand mit sich ziehen lassend fragte sie überrascht: „Wo willst du denn hin, Valand?“ „Zum Balkon des Palastes. Ich will einen Blick auf die brennende Stadt werfen. Ich habe noch nie eine brennende Stadt gesehen.“ Als sie gemeinsam durch ein verglastes Schott endlich auf den riesigen Balkon hinaus traten atmete Kuehn tief durch und machte eine umfassende Geste. „Wir werden bald alle Cardassianer, Bajoraner und Klingons aufgespürt haben, die momentan noch Terra verseuchen. Wir werden unsere Heimat von dieser Pest befreien. Danach beginnt erneut ein goldenes Zeitalter für das Imperium!“ Pasqualinas Gesicht umwölkte sich. „Glaubst du das Triumvirat wird lange Bestand haben, sobald es keinen gemeinsamen Feind mehr gibt?“ Kuehn sah auf die rauchenden und brennenden Trümmer rings herum. Dann lachte er schallend. „Nein aber das ist mir scheißegal! Wir beide wissen dass die wahre Macht vom Militär ausgeübt wird. Also von uns, Pasqualina. Noch kein Imperator hat es lange überlebt wenn er sich gegen das Militär gestellt hat. Das wird auch zukünftig so sein.“ Sie sahen sich um. Auch an weiter entfernten Stellen der Stadt stiegen dunkle Rauchsäulen auf. Doch der Lärm der Schlacht war verebbt und eine unnatürliche Stille senkte sich über Paris. Valand Kuehn nahm seinen Handphaser und schoss einige Salven in den Mittagshimmel. Dann steckte er ihn wieder weg und umarmte Pasqualina stürmisch. „Wir beide sind Teil derer, welche die Macht des Imperiums repräsentieren werden, Pasqualina. Wir werden nie wieder zulassen dass man uns diese Macht nimmt. Axanar, Andoria, Tellar-Prime und nun die Erde. Wir haben unser Imperium endlich wieder. Auch Vulkan wird von uns sehr bald befreit werden.“ Sie küssten sich erneut und seit sehr langer Zeit verspürte Pasqualina Mancharella wieder jene Sicherheit die sie als kleines Kind verspürte, bevor ihre Familie an Iliana Rakalon verkauft worden war. Dabei flüsterte sie: „Halt mich ganz fest, Valand.“ Kapitel 9: Spiegelbild der Gegenwart: Abdrift --------------------------------------------- STRATEGICAL STARBASE 71 Sternenzeit: 59163.7 Forlan-System - Primäruniversum Im Kontrollraum von Inhaftierungsblock AA-23 standen fünf hohe Offiziere und beobachteten die verschiedenen Bildschirme über den Konsolen. Bei ihnen handelte es sich um Admiral Torias Tarun, die Konteradmirale Christina Carey und Valand Kuehn, Lieutenant-Commander Christian Sinemus und Lieutenant-Commander Julia McKeown, die Leitende Medizinerin auf der Strategischen Sternenbasis. Die Ärztin war von Tarun in die Geschehnisse der letzten Stunden eingeweiht worden, da es unumgänglich gewesen war an Commodore Dheran und Commander Mancharella einige Veränderungen vorzunehmen, die ihr Aussehen betrafen. Wobei die Spanierin sich gar nicht begeistert darüber gezeigt hatte, dass zwei Handbreit ihrer Haare abgeschnitten werden mussten nachdem sie sich, ebenso wie Dheran, für das riskante Spiel von Valand Kuehn bereiterklärt hatte. Momentan warteten die Anwesenden darauf dass beide Offiziere von einigen Bewaffneten hereingeführt und in die Zellen gesperrt werden würden. Konteradmiral Valand Kuehn, der bereits mit einigen Leuten der ICICLE-Crew zusammengearbeitet hatte, erkundigte sich unvermittelt bei Sinemus: „Wie hat die Crew der ICICLE es übrigens aufgenommen, als sie an Bord kamen um den falschen Dheran und die falschen Pasqualina Mancharella festzusetzen, Lieutenant-Commander?“ Ein humorloses Lachen des MACO war die erste Antwort, bevor er sagte: „Sie hätten dabei sein sollen, Sir. Die Crew des Schiffes war bereit dazu auf die Barrikaden zu steigen und nur mit Mühe konnte der Kommandeur der Jagdstaffeln, Commander Kunanga, eine Revolte der übrigen Besatzung verhindern. Er war es auch, der den Zweiten Offizier davon abhielt zu insistieren. McMahan heißt der wohl. Wenn es nach dem gegangen wäre dann hätte man uns schwer verdroschen und kurzerhand von Bord geworfen.“ „Leider konnten wir die Crew der ICICLE nicht einweihen“, erwiderte Kuehn. „Hier darf es vorläufig noch nicht zu viele Mitwisser geben. Das sehen Sie doch ein?“ Sinemus machte eine zustimmende Geste. „Natürlich, Sir.“ Kuehn bemerkte bei Sinemus eine ähnlich Aufgewühltheit wie bei Christina Carey und ihm war natürlich klar woran das lag. Er wollte den MACO nicht beschämen darum meinte er neutral: „Die beiden Betrüger haben ihre Rolle perfekt gespielt. Ohne den Zufall, der hier für uns gewirkt hat, würden wir immer noch glauben dass es sich um unsere Kameraden handelt und nicht um zwei Agenten des Spiegeluniversums.“ Christian Sinemus warf dem Konteradmiral einen langen Blick zu und Kuehn wusste auch ohne Worte was in dem Lieutenant-Commander vorgehen musste. Dasselbe galt in vielleicht noch stärkerem Umfang für Christina Carey. Auch sie hatte keinerlei Verdacht geschöpft, nicht das Original vor sich zu haben. Da Kuehn erfahren hatte dass sie mit seinem Freund seit Weihnachten des letzten Jahres wieder zusammen war, konnte er sich die Konsequenzen sehr plastisch vorstellen. Was er ebenfalls ahnte war, wie Tar´Kyren reagieren würde sobald er wusste was sich zwischen dem falschen Dheran und ihr zugetragen hatte. Dabei konnte man der Frau wirklich keine Vorwürfe machen. Weshalb Valand Kuehn von Herzen bedauerte was zweifellos noch auf sie zukommen würde. Bisher hatte Tarun dafür gesorgt, Tar´Kyren Dheran und Pasqualina Mancharella vor neugierigen Blicken verborgen zu halten. Wohl auch deshalb um Christina Carey noch etwas Zeit zu verschaffen. Ein paar Tage in denen die Irin Zeit gehabt hatte ihrer Emotionen Herr zu werden. Umso wichtiger war es, nach Ansicht des Konteradmirals, dieses perfide Spiel nun umzudrehen und gegen die Agenten des Spiegeluniversums zu wenden. Torias Tarun hatte bisher geschwiegen. Erst jetzt räusperte er sich und fragte: „Glauben Sie wirklich der Trick wird funktionieren, Valand? Immerhin können sich diese beiden Doppelgänger doch denken dass wir vielleicht Dasselbe versuchen werden, wie sie. Ich will zwei meiner besten Offiziere nur ungern einer unnötigen Gefahr aussetzen.“ „In diesem Fall ist es nötig, Admiral.“ Valand Kuehn, der ruhig und sehr ernst gesprochen hatte, wechselte einen raschen Blick mit dem Trill. „Diese Leute kennen möglicherweise die Gründe und Hintergründe dafür, warum das Terranische Imperium in diesem Universum einen Krieg angezettelt hat. Zwischen der Außenwelt-Allianz auf der einen Seite und der Föderation und ihren Verbündeten auf der anderen Seite. General Sun Tzu hat einmal behauptet, dass die größte Verwundbarkeit die Unsicherheit sei und dass man sich selbst und seinen Feind kennen muss um den Ausgang von hundert Schlachten nicht fürchten zu müssen. Ich bin geneigt dem zuzustimmen, Sir. Wir können es uns nicht leisten unseren wahren Gegner nicht zu kennen.“ Tarun sah in die Runde und erkannte die zustimmenden Blicke der übrigen Anwesenden. Resignierend erwiderte er. „Also schön, fangen wir an. Mister Sinemus, ich nehme an das Eingreifteam für den Notfall steht bereit. Falls die beiden Agenten des Spiegeluniversums das Spiel durchschauen müssen Ihre Leute rasch eingreifen können.“ Christian Sinemus erwiderte fest: „Das werden meine Leute, Sir!“ Tarun verschränkte die Arme vor der Brust. „Nun gut. Fangen wir an.“ * * * Tar´Kyren Dheran war froh dass die geplante Aktion endlich begann. Es passte ihm zwar nicht dass ausgerechnet Valand diesen Plan entworfen hatte, doch diese Tatsache schob er erst einmal zur Seite. Denn er wusste um die Notwendigkeit dieser Maßnahme. Auch nach seiner eigenen Ansicht war es dringend erforderlich einen taktischen Vorteil zu nutzen wenn er sich bot. Dabei hoffte er nur Pasqualina würde dabei nichts geschehen. Der Andorianer verschwendete jedoch nicht zu viele Gedanken daran, denn es galt nun sich auf seine eigene Aufgabe zu konzentrieren. Julie McKeown hatte zuvor seine Narbe mit lebendem Gewebe überdeckt. Einfacher wäre es gewesen sie mit einem Hautregenerator zu beseitigen. Doch das hatte er der Ärztin strikt untersagt. Stattdessen trug er nun auf der anderen Gesichtshälfte eine neue Narbe die sich über das Auge hinweg zog. Er hatte noch die ironischen Worte der Ärztin im Ohr, als sie ihm gesagt hatte dass er das auch einfacher hätte haben können. Nach der Demaskierung ihrer Doppelgänger war ersichtlich geworden, dass die Pasqualina Mancharella des Spiegeluniversums eine ganz ähnliche Narbe trug. Nur auf der linken Gesichtshälfte statt auf der rechten Seite. Während Dheran von mehreren MACO´s durch den Gang zu ihrer Arrestzelle eskortiert wurde fragte er sich was zu dieser Narbe der Spiegel-Pasqualina geführt haben mochte. Bei dieser Überlegung verspürte Dheran einen wilden Zorn in sich auflodern. Obwohl er natürlich wusste dass es nicht seine Pasqualina war. Er verzog das Gesicht etwas, bei diesen Überlegungen. Er hatte so vollkommen selbstverständlich von Pasqualina als seine Pasqualina gedacht, dass es ihn nun ins Grübeln brachte. Sie erreichten die Arrestzelle in der sich die falsche Pasqualina Mancharella aufhielt. Eine der MACO-Wachen deaktivierte des Kraftfeld und Dheran würde von seinen beiden anderen Begleitern grob in die Zelle gestoßen, die gerade einmal zehn Quadratmeter hatte. Durch das gleich darauf wieder aktivierte, unsichtbare Kraftfeld sah Dheran die beiden MACO´s giftig an und wandte sich dann Pasqualina zu, die sich von der Pritsche erhob, auf der sie gelegen hatte. „Hier hast du deinen Spielkameraden zurück!“, höhnte einer der MACO´s noch, bevor er sich zusammen mit seinen Kameraden entfernte. Der Andorianer sah sich in der Zelle um wobei sich seine Antennen unwillkürlich nach Innen krümmten. Denn gegenwärtig war er wirklich sauer. Pasqualina schritt schnell zu ihm und umarmte ihn. Sie küsste ihn leidenschaftlich und sah ihn danach an. Dabei sagte sie leise: „Ich bin froh dich zu sehen.“ Tar´Kyren Dheran hatte ihren Kuss erwidert ohne darüber nachzudenken und irgendwie hatte er es nicht als falsch empfunden. Das verwirrte ihn für einen Moment. Dann riss er sich zusammen und erwiderte heiser: „Ich möchte zu gerne wissen warum die uns wieder zusammengeführt haben. Ob die sich erhoffen wir würden uns ihnen deshalb ergeben und vielleicht sogar überlaufen?“ Pasqualina drängte sich eng an ihn und legte ihre Wange an seine bevor sie in sein Ohr flüsterte: „Die haben mich fast vierundzwanzig Stunden lang befragt aber ich habe denen nicht ein Wort verraten, Tar´Kyren.“ Offensichtlich ahnte diese Pasqualina dass man sie beide beobachtete und belauschte. Ebenso leise, dabei ihre Zärtlichkeiten erwidernd, antwortete der Andorianer: „Wir werden auch weiterhin durchhalten. Hat man dich gefoltert?“ „Nein. Aber vielleicht kommt das noch. Ich brauche jetzt aber etwas Schlaf, denn wer weiß was die noch mit uns vorhaben.“ Pasqualina küsste Dheran erneut und Tar´Kyren Dheran zog sie eng zu sich heran, während er den Kuss erwiderte. Dabei sagte er sich es würde zu der Mission gehören. Doch er wusste in demselben Moment, dass dies nicht die volle Wahrheit war. Als sie sich trennten machte der Andorianer nur eine zustimmende Geste und sah zur einzigen Pritsche dieser Zelle. Sie machten es sich darauf bequem, wobei Dheran die Spanierin von hinten umarmte und sie sich eng gegen ihn drängte. Während die Frau rasch einschlief lag Dheran noch einige Stunden wach. Verwirrt darüber wie vertraut ihm diese Situation vorkam. Immerhin war der erste Schritt getan. Diese Pasqualina ahnte nicht, dass er nicht ihr Kamerad aus dem Spiegeluniversum war. Darauf kam es zunächst an. Alles Weitere würde sich finden. * * * Commander Pasqualina Mancharella hatte von Beginn an kein gutes Gefühl dabei gehabt, sich zu dem Dheran des Spiegeluniversums sperren zu lassen. Doch sie hatte sich zu dieser Mission bereit erklärt, weil sie um die Notwendigkeit wusste diesem Andorianer aus dem Spiegeluniversum wichtige Informationen zu entlocken. Dass dieser Dheran sie zunächst eng umarmte hatte sie für eine Weile etwas verwirrt. Doch notgedrungen hatte sie mitgespielt. Dabei hatte er sie unverfänglich dazu befragt, was die von der Sternenflotte mit ihr gemacht hatten während der Trennung von ihm. Pasqualina Mancharella hatte es verstanden ihn zu beruhigen. Im Anschluss hatte sie abgewartet, bevor sie ihn schließlich leise fragte was zwischenzeitlich mit Christina Carey und ihm gewesen war. Die Frage interessierte sie mehr privat, als dass es etwas mit ihrem Auftrag zu tun gehabt hätte. Außerdem schien ihr dieses Thema ein guter Einstieg zu sein um sein bisheriges Vertrauen in sie zu vertiefen. Dabei hätte sie ahnen müssen, wie heikel eine solche Thematik werden konnte wenn man selbst zu sehr involviert war. Zunächst hatte Dheran nur davon gesprochen, wie einfach es für ihn gewesen war, der Christina Carey dieses Universums vorzugaukeln, er wäre ihr richtiger Geliebter. Bei diesen Ausführungen hatte sie mit wachsendem Interesse zugehört und sie dachte nur unterschwellig daran, dass die Offiziere der Sternenflotte an anderer Stell mithören würden. Schließlich begann der Andorianer davon zu berichten wie leidenschaftlich Christina Carey im Bett gewesen war und wie erstaunlich es für ihn war, dass sie seiner Christina in dieser Hinsicht so sehr ähnelte. Dabei spürte sie eine Welle des Zorns in sich aufsteigen. Sie versuchte ihn niederzuringen. Doch als Dheran lachend meinte, dass er ernsthaft überlegt hatte den richtigen Dheran zu töten um seine Stelle einnehmen zu können, da überkam es sie einfach. Mit vor Zorn lodernden Augen verabreichte sie ihrem Gegenüber zwei schallende Ohrfeigen. Erst danach wurde ihr bewusst was sie getan hatte. Der Tar´Kyren Dheran des Spiegeluniversums funkelte sie irritiert an. Dann kam der Moment in dem er verstand und er sprang sie an. Ihre Kehle packend riss er sie mit sich zu Boden und schrie: „Wer, bei der Roten Kreatur der Unterwelt, bist du!“ Pasqualina wehrte sich gegen den Angriff so gut es ging. Ein Fausthieb des kräftigen Andorianers trieb ihr die Luft aus den Lungen. Sie wollte schreien doch sie brachte keinen Ton heraus. Immer verzweifelter rang sie nach Atemluft und ihre Abwehr wurde schwächer. Schließlich umfing sie Schwärze. Die Spanierin bekam nicht mehr mit, wie von Draußen das Sperrfeld deaktiviert wurde und ein MACO den Andorianer mit einem betäubenden Phaserschuss außer Gefecht setzte. Gleich darauf stürmten zwei MACO´s herein und trugen sie aus der Arrestzelle heraus. Sie legten die Frau vorsichtig auf den Boden, als Lieutenant-Commander Sinemus herein gestürmt kam. Zusammen mit Julie McKeown die sich sofort um die Bewusstlose kümmerte. Erleichternd aufatmend rief sie über ihren Kommunikator ein Sanitätsteam und sah dann zu Sinemus. „Sie lebt. Wir werden sie sofort zur Krankenstation bringen. Ein Nottransport ist zum Glück nicht nötig.“ Der Wiener atmete erleichtert auf und warf dem betäubten Andorianer, hinter dem nun wieder aktivierten Sperrfeld, einen finsteren Blick zu. Als die Sanitäter erschienen und Pasqualina Mancharella abtransportierten schloss sich Sinemus unaufgefordert an. Dabei schwor er sich, dass er so etwas wie eben nie wieder zulassen würde. Und wenn der Chiefadmiral selbst den Befehl geben würde. * * * An anderer Stelle verlief alles glatt. Dheran nannte nach rund sechsunddreißig Stunden das verabredete Code-Wort und er wurde unter einem Vorwand aus der Arrestzelle geholt, die er sich mit einer Frau aus dem Spiegeluniversum geteilt hatte. Etwas übermüdet, doch mit den erhofften Informationen, gab er im Anschluss seinen Bericht im Büro des Admirals ab. Mit einer Tasse starken Kaffees in der Hand führte der Andorianer aus: „Diese Doppelgängerin aus dem Spiegeluniversum war mit dabei als mein Doppelgänger die Abwehrsysteme dieser Station für eine Sabotage vorbereitete. Bereits in vier Tagen sollte es soweit sein. In diesem Fall wollte Dheran während einer Routine-Patrouille der ICICLE das vereinbarte Signal geben, auf das hin eine Flotte von Gorn und Tzenkethi hier auftauchen und angreifen soll.“ Admiral Tarun, der zusammen mit Kuehn und Christina Carey in seinem Büro dem Bericht des Andorianers lauschte, warf wütend ein: „Ich hätte nicht übel Lust diesen Angriff stattfinden zu lassen! Nur um denen einmal kräftig auf die Krallen zu schlagen!“ „Ich auch!“ Die Blicke aller drei übrigen Anwesenden richteten sich auf Valand Kuehn, der gelassen diese Worte ausgesprochen hatte. Tarun hob beide Augenbrauen und erkundigte sich misstrauisch: „Wie meinen Sie denn das nun wieder, Valand. Wollen Sie etwa einen Angriff der Allianzflotten auf diese Station herausfordern?“ Valand Kuehn lächelte hintergründig und verschränkte die Finger ineinander. Ruhig erwiderte er: „Genau das ist mein Vorschlag. Hören Sie, Admiral: Wenn diese Doppelgänger Erfolg gehabt hätten, so würden diese Flotten sehr leichtes Spiel haben. Doch sie hatten keinen Erfolg. Aber das wissen die Gorn und die Tzenkethi nicht. Falls Sie sich dazu entschließen, denen das Code-Signal dennoch in vier Tagen zu senden und diese Station samt Bedeckung, wider allen Erwartungen, höchst bereit dazu ist die Flotten der Außenwelt-Allianz zu empfangen, dann werden diese Echsen ihr blaues Wunder erleben. Sie wissen ebenso gut wie ich dass wir einen sauberen Sieg sehr gut gebrauchen könnten. Denn in einigen anderen Sektoren der Föderation steht es nicht zum Besten. Wie schnell kann der Kommandeur der Sechsten Taktischen Flotte uns zweihundert seines Schiffe schicken?“ „Aber was ist mit dem, was die beiden Saboteure bisher hier angerichtet haben?“, hinterfragte Christina Carey folgerichtig, ohne auf Kuehns Frage zu antworten. „Es wird eine verdammte Kleinarbeit werden, die sabotierten Systeme aufzuspüren.“ Es war Tarun, der darauf erwiderte: „Setzen wir doch unseren Überall-Zugleich-Chief auf dieses Problem an.“ Valand Kuehn und Tar´Kyren Dheran sahen bei diesen Worten gleichermaßen irritiert zu Tarun und der Trill erklärte schmunzelnd: „Entschuldigen Sie bitte. Dieser Ausdruck betrifft Master-Chief-Petty-Officer Grandax. Erst im letzten Jahr habe ich diesen Tellarit zum Leiter aller Technischen Abteilungen auf dieser Station ernannt. Den Spitznamen trägt Grandax deshalb, weil er oft scheinbar gleichzeitig an verschiedenen Orten der Station erscheint und sich auf diese Weise zum Schrecken seiner Untergebenen entwickelt hat. Wie ich in Erfahrung bringen konnte, munkelt man, dass Grandax noch zwei absolut identisch aussehende Drillingsbrüder hat, die auch hier herumschleichen. Andere seiner Untergebenen glauben hingegen zu wissen, dass Grandax heimlich überall Personentransporter installiert hat um blitzschnell von einem Ende der Station zum anderen zu gelangen.“ „Ach“, machte Kuehn und erlaubte sich ein angedeutetes Grinsen. „Haben Sie auch erfahren, welche Annahme stimmt?“ Torias Tarun zwinkerte belustigt und erwiderte launig. „Das darf ich Ihnen nicht verraten, denn ich muss die Autorität des Chiefs wahren.“ „Allerhand“, entfuhr es Dheran und sah dabei mit ernster Miene von Valand Kuehn zu seiner Freundin. Den einen konnte er momentan nicht leiden und mit Christina stand ihm noch eine unangenehme Unterhaltung bevor. Christina Carey wirkte kampfeslustig als sie zu Tarun gewandt erwiderte: „Der Chief wird schnell sagen können, ob und wo man Sabotage betrieben hat. Vier Tage sollten ihm und seinen Teams reichen, wenn ich zusätzlich Dampf mache.“ Die Irin sah zu Kuehn und der Norweger übernahm. „Admiral, werden Sie es schaffen, einen Angriff der Echsen für einige Stunden zurückzuschlagen – auch wenn die mit einer Übermacht hier aufkreuzen würden? Länger würde meine Sektorenflotte und ein Kontingent der Sechsten, in zehn Lichtjahren Entfernung auf der Lauer liegend, nicht benötigen um in den Kampf einzugreifen.“ Tarun lehnte sich im Sessel zurück und überlegte kurz, bevor er überraschend mit der Faust auf den Tisch schlug und grimmig meinte: „Die sollen nur kommen! Irgendwann werden wir ja doch gegen sie antreten müssen. Warum also nicht dann, wenn sie der Meinung sind uns auf dem falschen Fuß zu erwischen?“ Valand nickte zustimmend. „Das sehe ich ebenso, Admiral.“ Nachdem auch Christina Carey zugestimmt hatte, sagte Tarun: „Also gut. Christina. Im Anschluss werde ich mit Ihnen und mit Konteradmiral Kuehn die grundsätzliche Taktik besprechen. Anschließend kontaktieren Sie persönlich DEEP SPACE NINE und verlangen von Commodore Nerys, dass sie einen Kurier zu Admiral Carzon Seregan schickte. Absolute Geheimhaltung. Der Admiral soll zweihundert Schiffe durch das Wurmloch auf diese Seite schicken und zehn Lichtjahre vom Forlan-System entfernt in Stellung gehen lassen. Die Sektorenflotte-Bajor stößt zu ihnen und übernimmt.“ Valand Kuehn nickte bestätigend, während Dheran stumm in die Runde sah. Tarun registrierte es und fuhr zu Christina Carey gewandt fort: „Rufen Sie morgen Vormittag die fünf Verbandsleiter zusammen. Mit ihnen werden wir dann die Details unseres Plans durchgehen. Commodore Dheran, ich bedanke mich für ihren persönlichen Einsatz in den letzten Stunden und Tagen. Ruhen Sie sich aus, ich brauche sie morgen fit bei der Besprechung und in einigen Tagen dringend für die Front.“ Tar´Kyren Dheran verstand den Wink. Rasch trank er seinen Kaffee aus, setzte die leere Tasse ab und erhob sich. Gar nicht unglücklich darüber etwas Abstand zu Valand und zu Christina zu gewinnen. „Bis morgen Vormittag, Sir.“ Damit marschierte er zum Schott des Büros hinaus. Valand Kuehn wartete, bis sich das Schott hinter dem Andorianer geschlossen hatte bevor er zu Tarun gewandt meinte: „Es gibt da leider noch ein weiteres Problem, Sir. Letzten Sommer konnte einer meiner… Leute ermitteln, dass es einen Agenten auf der Station gibt. Sie erinnern sich an den Zwischenfall mit der USS VALKYRIE, Sir?“ „Ja der Fall ist mir noch in Erinnerung.“ Kuehn lächelte gezwungen. „Gut. Damals war ich zu Stillschweigen verpflichtet, doch jetzt ist der Moment da um Sie und Konteradmiral Carey einzuweihen. Auch wenn Admiral Sherman das nicht gefallen dürfte, würde er davon erfahren. Ich habe damals einen meine Leute auf diesen Agenten angesetzt, von dem wir nicht wussten für wen er arbeitet. Zunächst hatte ich Sherman selbst in Verdacht, doch das schließe ich inzwischen aus. Mein Informant bestätigte mir kürzlich, dass es keine Verbindung gibt. Dafür liegen inzwischen Indizien vor die belegen, dass es eine Verbindung zur Außenwelt-Allianz und damit zum Spiegeluniversum gibt. Dieser Agent wird bald handeln müssen, wenn das stimmt. Ich muss jedoch darauf bestehen diesen Agenten nicht festzunehmen. Denn ich vermute, dass er und seine Auftraggeber eine geheime Basis unterhalten. Irgendwo in diesem Sektor. Ich hoffe darauf er wird uns dorthin führen, Admiral.“ Nachdem Kuehn geendet hatte sah er beschwörend von Torias Tarun zu Christina Carey und wieder zurück zu dem Trill. Es dauerte einige Augenblicke, bis Tarun sich entschied und erwiderte: „Ich lasse Ihnen freie Hand, Valand. Vielleicht gelingt uns ja ein entscheidender Schlag gegen die Hintermänner dieser Aktion.“ Valand Kuehn lächelte erleichtert. „Ich bedanke mich für Ihr Vertrauen, Sir. Sie entschuldigen mich jetzt bitte. Ich möchte die Stellvertretende Kommandeurin meines Verbandes kontaktieren. Sie muss die Sektorenflotte-Bajor bereithalten.“ Damit erhob sich Kuehn, warf Christina Carey einen aufmunternden letzten Blick zu und marschierte zielstrebig zum Schott des Büros hinaus. Etwas konsterniert sah Tarun ihm nach und sagte ironisch in Richtung Schott: „Sie dürfen wegtreten, Konteradmiral.“ * * * Auf dem Weg durch die OPS zu einem der Turbolifte beschloss der Andorianer, seinen Ersten Offizier zu besuchen. Vermutlich weilte sie noch auf der Krankenstation. Er wusste wie überfürsorglich Lieutenant-Commander McKeown beruflich werden konnte. Zu seiner Erleichterung blieb die Liftkabine leer bis er die passende Ebene erreicht hatte. Als er nach einigen Minuten die Krankenstation betrat blieb er abrupt im Vorraum stehen. Denn aus der nebenan liegenden Krankensektion drangen laute und erregt klingende Stimmen an seine Ohren. Die von Pasqualina hörte er sofort heraus. Dem immer heftiger werdenden Geschrei entnahm er wie ungehalten Pasqualina offensichtlich darüber war, dass Sinemus mit ihrer Doppelgängerin geschlafen hatte. Die beiden also auch, dachte Dheran und wurde wieder schmerzlich daran erinnert, dass Christina ganz Ähnliches widerfahren war. Falls man das so bezeichnen konnte. Zwischen den beiden Stimmen klang plötzlich die von Julie McKeown auf. Dheran überlegte nicht lange und schritt zum Durchgang, wo er fast mit Christian Sinemus zusammenprallte. Der MACO sah ihn finster an als er ihn erkannte und der Andorianer sah sich genötigt zu betonen: „Lieutenant-Commander, ich sehe zwar wie der Übeltäter aus, der Commander Mancharella erwürgen wollte, doch ich bin es nicht.“ „Denken Sie das wüsste ich nicht… Sir!“, grollte der Mann und ballte seine Hände zu Fäusten. Dann wandte sich der MACO abrupt ab und rauschte an Dheran vorbei, aus der Krankenstation hinaus. Mit sich nach innen biegenden Antennen sah Dheran dem Mann hinterher, bevor er sich abwandte und das eigentliche Krankenrevier betrat. Julie McKeown war im Begriff den Raum zu verlassen. Als sie an Dheran vorbei schritt sagte sie bestimmt: „Nicht länger als zehn Minuten, Commodore.“ Ohne darauf einzugehen marschierte der Andorianer an der Ärztin vorbei und blieb an der Liege stehen, auf der Pasqualina ruhte. Sein Blick hellte sich auf als er zu ihr trat und ruhig sagte: „Ich hoffe du regst dich bei mir nicht genauso sehr auf, wie bei Sinemus. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht als ich von dem Zwischenfall erfuhr.“ „Es sind nur ein paar leichte Quetschungen gewesen“, wiegelte die Spanierin schnell ab. „Aber diese Glucke von Ärztin will mich nicht vor morgen Früh weg lassen.“ Bevor Dheran etwas darauf erwidern konnte heulte Julie McKeown von Draußen, mit überkippender Stimme: „Das habe ich gehört, Commander!“ „Gut!“, brüllte Pasqualina Mancharella nach nebenan. Gleich darauf musste sie husten und mahnend sah Tar´Kyren Dheran zu ihr hinunter. „Du wirst heute Nacht hier besser aufgehoben sein“, beruhigte er sie. „Erst in einigen Tagen wird es hier rundgehen und dann bist du wieder auf der ICICLE. Es war unschwer herauszuhören, dass dein Gespräch mit dem MACO nicht gerade angenehm verlief.“ „Du hast es mit angehört?“ „War schwierig es nicht zu hören“, versetzte der Andorianer trocken. „Laut genug gebrüllt, dass es noch im letzten Winkel der Station zu hören war, habt ihr ja.“ Sie schwiegen eine Weile bevor sich die Spanierin vorsichtig erkundigte: „Was ist mit dir und Christina? Habt ihr schon darüber geredet?“ „Du weißt davon, dass sie mit meinem Doppelgänger…?“ Pasqualina nickte schwach und ihre Augen funkelten förmlich. „Dieser Mistkerl hat versucht sich damit herauszureden, dass sie auch nichts gemerkt hat. Ist das zu fassen?“ Dheran wusste wen seine XO mit Mistkerl meinte. Düster erwiderte er, wobei er sich auf die Bettkante setzte und unbewusst seine linke Hand auf die Linke der Spanierin legte: „Das verstehe ich auch nicht. Ich meine – du und Sinemus, ihr kennt euch noch nicht so lange. Doch bei Christina und mir ist das etwas ganz anderes. Sie sollte mich gut genug kennen um sofort den Unterschied zu bemerken.“ Pasqualina Mancharella legte ihre Hand vertraut in seine. Dabei entgegnete sie: „Vielleicht wollte sie es gar nicht bemerken.“ Tar´Kyren Dheran sah seine Ex-Freundin mit brennendem Blick an und sie fügte rasch hinzu: „Entschuldige bitte, Tar´Kyren. Ich wollte dich nicht kränken. Dieser Gedanke ging mir nur eben schon einmal durch den Kopf. Kann es sein, dass den beiden unsere Doppelgänger so viel besser gefallen haben? Wäre das nicht ein Witz?“ Die Antennen des Andorianers krümmten sich stark nach vorne. Ein Zeichen dafür, dass er traurig war. „Ja, aber ein schlechter Witz, Pasqualina. Auch mir kam dieser Gedanke bereits und dieser Gedanke lässt mich seitdem nicht mehr los. Vielleicht sah sie bei ihm etwas das sie bei mir vermisst hat?“ Pasqualina Mancharella drückte die Hand des Andorianers. „Tu das nicht. Denke so etwas nicht. Du bist genau so wie du sein sollst.“ Ein flüchtiges Lächeln huschte über das Gesicht des Andorianers. Spontan streichelte er die Wange der Frau und sagte: „Es hat gutgetan mit dir reden zu können. Jetzt werde erst einmal wieder gesund. In ein paar Tagen wird es eine heftige Prügelei um diese Station geben, so wie es aussieht. Dann brauche ich dich wieder in Höchstform.“ Die Spanierin hob spöttisch die Augenbrauen an „Sieh mal an es gibt also bald eine Raumschlacht? Wer kommt denn?“ Dheran amüsierten diese trocken gestellten Fragen und etwas besser gelaunt erklärte er seiner XO in knapper Form was eben bei Tarun besprochen worden war. Zuletzt fügte er an: „Aber das habe ich die natürlich niemals erzählt, Commander.“ Die Spanierin bedachte Dheran mit einem verschwörerischen Blick und fragte so harmlos, dass der Andorianer grinsen musste: „Was denn erzählt.“ Dheran nickte beinahe stolz und erhob sich zögerlich, wobei sich seine Antennen rasch zur Seite bogen um sich gleich darauf wieder aufzurichten. „Wir sehen uns morgen.“ Damit verließ er die Krankenstation. Er hatte noch ein ähnlich unangenehmes Gespräch vor sich, wie jenes das er bei seiner Ankunft eben miterlebt hatte. Ein Gespräch mit viel Karacho, wie es Valand formuliert hätte. Bei dieser Überlegung verfinsterte sich die Miene des Andorianers und seine Antennen bogen sich nach Innen. Er wollte immer noch nicht an diesen Kerl denken, auch wenn der ihm vermutlich das Leben gerettet hatte. Es würde noch Zeit brauchen das anzuerkennen und ihm später dafür zu danken. Auch wenn ihm in seinem tiefsten Innern bereits klar war, dass dies irgendwann unweigerlich geschehen würde. Kapitel 10: Splitter der Vergangenheit: Verletzt, aber nicht verloren --------------------------------------------------------------------- ISS ICICLE / ICC-79823 Sternenzeit: 58626.1 Sol-System - Spiegeluniversum „Du willst was tun? Dich mit dieser Schlampe Christina Carey verbünden? Das ist ja wunderbar! Vielleicht willst du ja auch nur mit ihr ins Bett gehen?“ Wütend und mit zorniger Miene stand Pasqualina Mancharella vor Valand Kuehn und schrie ihm diese Worte ins Gesicht. Die Hände zu Fäusten geballt und mit funkelnden Augen in seinem Gesicht nach der Wahrheit suchend. Zu solchen Szenen war es in den letzten Wochen wiederholt gekommen. Dabei wusste Pasqualina nicht zu sagen, wann die Veränderung bei Valand begonnen hatte. Vielleicht schon ab dem Moment wo sie den Imperialen Palast eingenommen hatte – vielleicht auch später. Sie fühlte sich hilflos deswegen, weil sie kein Mittel fand es wieder zu ändern. Innerlich entfernten sie sich immer mehr voneinander. Das war ihr in den letzten Tagen bewusst geworden. Doch sie wollte es nicht wahrhaben. Valand starrte seine Freundin gereizt an. Ihn ermüdeten diese Szenen und sie machten ihn gleichzeitig rasend vor Wut. Fest umklammerte er den Griff der Peitsche, an deren Griff er gearbeitet hatte als Pasqualinas Zorn über ihn hereingebrochen war. Mit dieser Peitsche hatte er einige der ehemaligen Hofdamen des inzwischen hingerichteten Regenten Macet gefoltert. Die letzte von denen vor wenigen Stunden erst. Es war jene Cardassianerin gewesen mit der er sich während der Eroberung des Palastes beschäftigt hatte. Er hatte erst von der gefesselten Cardassianerin abgelassen, als ihre überkippenden Schreie unerträglich für sein Gehör wurden und ihr nackter Körper mit blutigen Striemen übersät gewesen war. Kuehn war sich zwar vollkommen sicher, dass die Gefangenen während der letzten drei Monate längst alle Geheimnisse preisgegeben hatten. Doch das musste Großadmiral Torias Tarun nicht wissen. Torias Tarun selbst hatte ihn mit dem Verhör der Gefangenen beauftragt. Kuehn gedachte nicht den Gefangenen einen schnellen Tod zu bescheren. Sie sollten viel mehr so sehr leiden wie er selbst unter einer Cardassianerin gelitten hatte. Darum kümmerte er sich insbesondere um die Folterungen der weiblichen Gefangenen persönlich. Die aufgerollte Peitsche umklammernd schrie Valand wütend zurück: „Was ist eigentlich dein Problem? Erst machst du einen Aufstand weil ich die Gefangenen verhöre und jetzt kommst du mit dieser haltlosen Behauptung! Ich liebe dich!“ „Das behauptest du ohne dass dir dabei die Zunge zerspringt!“, gab die Spanierin heftig zurück. „Also stimmt es vielleicht! Doch das glaube ich nicht! Wie oft hast du dich bereits, bei den angeblichen Verhören, mit dieser kleinen, bajoranischen Schlampe vergnügt, die unter den Gefangenen ist? Versuch nicht es abzustreiten!“ Valand Kuehn riss der Geduldsfaden. Zornig holte er mit der Peitsche aus und schlug damit auf Pasqualina ein. Bei seinem zweiten Streich erwischte er die Spanierin mit der Spitze des Peitschenriemen mitten im Gesicht und sie schrie gellend auf. Ihre linke Hand zuckte zum Gesicht hinauf und erschrocken erkannte Kuehn dass er diesmal zu weit gegangen war. Eben noch blind vor Zorn ließ er nun die Peitsche fallen und machte zwei rasche Schritte auf sie zu. Doch Pasqualina Mancharella wich ebenso rasch zurück und machte mit dem Rechten Arm eine abwehrende Geste. Dabei schrie sie mit überkippender Stimme: „Fass mich nicht an, du Schwein! Ich warne dich – pack mich nie wieder an oder ich bringe dich um!“ Damit tastete sie gleichzeitig mit der Rechten nach dem Öffnungskontakt für das Schott von Valands Quartier. Sie stürmte auf den Gang hinaus, wo sie direkt in die Arme von Captain Tar´Kyren Dheran lief. Der Andorianer fing sie auf und hielt sie fest. Er wusste darum, was in der letzten Zeit zwischen ihr und Valand geschehen war. Trotzdem erschrak er als Pasqualina ihr Gesicht hob und er den blutigen Striemen in ihrem Gesicht entdeckte. Er zog sich von ihrer linken Stirn, über das Auge hinweg, bis zur Wange hinab. Wobei sie noch Glück gehabt hatte, denn ihr Auge selbst war offensichtlich unverletzt geblieben. Pasqualina kannte er nun seit elf Jahren. Sie gehörte zu den wenigen Wesen die er wirklich gern hatte. Eigentlich hatte er Pasqualina sogar mehr als nur gern. „Valand hat dich geschlagen? Was war denn los?“ Die Spanierin funkelte den Andorianer an. „Dein bester Freund will sich mit Christina Carey verbünden – das ist los! Verbünden! Ha – der macht mir nichts vor! Er will mit ihr ins Bett gehen, das ist es! Ist mir egal – mit diesem Schweinehund bin ich fertig!“ „Pasqualina vielleicht…“ „Nein!“ Die Spanierin riss sich aus dem Griff des Andorianers los und rannte davon. In Richtung der Krankenstation. Dheran sah ihr nach und Wut auf seinen besten Freund brandete in ihm auf, während er seinen Weg zur Brücke des Raumschiffs fortsetzte. Pasqualina war der seelische Anker für Valand gewesen, während der letzten elf Jahre. Sie hatte seine düstere seelische Seite mit all jenen dunklen Abgründen, die es dort gab, in Schach gehalten. Doch das hatte sich in letzter Zeit verändert. Keiner mehr als er hatte das gespürt. Als Freund beider hatte er gehofft, dass ein Bruch zwischen ihnen nie stattfinden würde. Nun war es passiert. Dabei hatte am Tag ihres Sieges und dem triumphalen Einmarsch der Imperatoren Janeway, Bashir und O´Brien noch alles ganz anders ausgesehen. Valand war so stolz auf Pasqualina gewesen, wie selten zuvor. Er hatte gemeinsam mit ihnen auf der Siegesfeier getrunken und dabei Christina Carey kennengelernt. Sie galt als die einzige Vertraute des Imperialen Großadmirals Torias Tarun. Valands Worte zu Pasqualina, vor Monaten auf dem Balkon des Imperialen Palastes, waren von prophetischer Qualität gewesen denn das Triumvirat hatte den Sieg wirklich nicht sehr lange überdauert. Bereits kurz nach der öffentlichen Hinrichtung von Akellen Macet hatte der Großadmiral Imperator Julian Bashir ermordet. Man munkelte, dass Janeway das in die Wege leitete indem sie mit dem Trill ins Bett gegangen war und ihn dort bezirzte. So wie sie das bei dem Trill früher schon erfolgreich getan hatte. Andere Quellen wussten zu behaupten, O´Brien und Janeway hätten es gemeinsam ausgeheckt. Genutzt hatte Imperatrice Janeway dieses Vorgehen jedoch nur wenig, denn bei einem Schäferstündchen mit O´Brien hatte dieser sie eiskalt erwürgt. Während sie miteinander schliefen. So hatten es wenigsten einige Leibgardisten von O´Brien behauptet. Seitdem herrschte Imperator Miles der Erste allein und als unumschränkter Herrscher über das Terranische Imperium. Was einigen hohen Militärs gefiel. Einigen diese Militärs gefiel es hingegen gar nicht, dass kein Terraner an der Spitze des Militärs stand sondern dieser Trill. Einen Andorianer hätte man eher akzeptiert da das andorianische Volk mit den Terranern Seite an Seite gekämpft hatte. Anders als die Trill. Sie hatten sich weitgehend aus allen Kämpfen herausgehalten. Abgesehen von den wenigen Ausnahmen, wie Tarun. Tar´Kyren Dheran erreichte mit dem Turbolift die Brücke und verlangte einen kurzen Bericht von seinem Ersten Offizier. Dabei nahm er im Kommandanten-Sessel Platz. Unmittelbar nach diesen turbulenten Ereignissen war der undurchsichtige Trill-Admiral zum Großadmiral der Terranischen Flotte aufgestiegen und übernahm das Kommando über die ISS ENDEAVOUR. Kurz darauf gelang dem Imperium bereits ein erster Versuch, ein ganzes Raumschiff in das andere Universum zu schicken. Die ISS TITAN. Letztlich endete dieses Unternehmen jedoch in einem Desaster und die Pläne einer Flottenverlagerung ins Primäruniversum mussten auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Doch bereits jetzt befassten sich die imperialen Ingenieure mit diesem Problem. Die Gedanken des Andorianers kehrten zu Pasqualina zurück. Er beschloss, sie nach Dienstschluss zu besuchen und nachzusehen wie es ihr ging. Vielleicht konnte er ihr Trost zusprechen. Und falls es zu mehr kam… Nun, ein Mann mit seinen Qualitäten musste sich nicht auf nur eine Frau beschränken. Bei diesem Gedanken lächelte er unmerklich. Momentan war Valands Trupp nur temporär seinem Raumschiff zugeteilt. Vielleicht würde Pasqualina Mancharella ja schon bald einen offiziellen Versetzungsantrag stellen. * * * Erhitzt drängte sich Pasqualina Mancharella an den Leib des Andorianers, nachdem sie in seinen starken Armen bereits zum zweiten Mal Erfüllung gefunden hatte. Leise und etwas nachdenklich sagte sie: „Ich hatte ja keine Ahnung, dass du mich so derart begehrst.“ Noch immer mit der Spanierin vereinigt küsste Tar´Kyren Dheran sie leidenschaftlich, bevor er heiser erwiderte: „Aber es ist so. Unser Verhältnis bleibt aber ein Geheimnis. Ich will mich deswegen nicht mit Valand entzweien. Er darf es erst erfahren, wenn er eine Andere gefunden hat mit der er das Bett teilt. Mit sanft kreisendem Becken erwiderte die Spanierin: „Das ist kein Problem.“ Die splitternackte Terranerin berührte die hinteren Ansätze seiner Antennen und bewegte ihren Unterleib etwas schneller, bis der Andorianer ihre Hüften packte und sie erneut nahm. Wild und ungestüm. Jedoch nicht brutal so wie es zuletzt bei Valand gewesen war. Erregt keuchend hauchte Pasqualina nach einer Weile: „Ich verstehe jetzt warum dich Christina großer Blauer nennt. Ich hatte immer gedacht das hätte einen anderen Grund.“ „Jetzt weißt du es besser“, lachte der Andorianer heiser. „Ja, das ist die richtige Stelle an den Antennen. Etwas weiter nach Innen und…“ Mit einem langgezogenen, rauen Ton drang Dheran noch tiefer in die Spanierin ein und sie bäumte sich erregt auf während sie gemeinsam zum Höhepunkt kamen. Als sie endlich ermattet über dem andorianischen Mann zusammenbrach atmete sie schwer und schaffte es erst nach einer ganzen Weile krächzend zu sagen: „Mit dir ist es so ganz anders, Tar´Kyren. So erregend unkompliziert. Das habe ich lange schon nicht mehr erlebt.“ Die Hände des Captains glitten über ihren Rücken und ihren knackigen Po. Dabei erwiderte er. „Dasselbe dachte ich auch gerade. Christina ist auch sehr leidenschaftlich. Doch ihre Liebe ist mit einer gewissen Aggressivität behaftet. Du bist… anders.“ Die Lippen der Spanierin wanderten vom Hals des Andorianers zu seinem rechten Ohr in dass sie, gerade spürbar, hinein biss bevor sie gehaucht meinte: „Das hoffe ich doch.“ Eng aneinander geschmiegt lagen sie da und nur gelegentlich fanden sich ihre Lippen zu einem kurzen, sanften Kuss bis Pasqualina leise fragte: „Kommst du mit diesem Doppelspiel klar? Was ist wenn Christina davon erfährt?“ „Wird sie nicht“, erwiderte Dheran überzeugt. „Ich schlafe zwar mit ihr doch die Liebe dabei ist eine zerstörerische. Das würde ohnehin nicht lange gutgehen.“ Wieder blieb es eine Weile still bis sich Pasqualina vorsichtig bei Dheran erkundigte: „Was glaubst du: Wird deine Schwester meinen Platz bei Valand einnehmen? Oft genug herumgezickt hat sie ja deswegen mit mir, in den letzten elf Jahren. Vermutlich landet sie schneller in Valands Bett als wir gucken können.“ Ein leises Lachen war die Antwort des andorianischen Mannes bevor er erwiderte: „Ich würde das nicht bedauern, wenn dafür die Reibereien zwischen euch beiden endgültig aufhören würden.“ „Glaubst du daran?“ „Nein.“ Diesmal war es Pasqualina die auflachte. „Zumindest bist du ehrlich. Aber ich denke, dass Tia´Lynara zumindest für eine Weile von mir abgelenkt sein dürfte. Vermutlich wird sie mir ein paar triumphierende und gehässige Blicke zuwerfen.“ Dheran brummte zustimmend. „In dem Fall spiel mit und rege dich darüber auf. Verhalte dich also wie bisher. He…!“ Pasqualina hatte den Andorianer erneut ins Ohr gebissen. Diesmal aber spürbar. „Deine Ironie kannst du dir bei mir sparen. Großer Blauer.“ Die Spanierin küsste Dheran bevor er irgendeinen Einwand erheben konnte und sie gab ihn erst nach einer geraumen Weile wieder frei. Seufzend zum Wand-Chronometer sehend sagte sie: „Mein Dienst beginnt in einer halben Stunde. Sehen wir uns morgen? Zu derselben Zeit wie heute?“ Der Andorianer machte eine zustimmende Geste. Gleichzeitig warnte er: „Aber an den Tagen danach werde ich mich erst einmal um Christina kümmern müssen. Damit sie keinen Verdacht schöpft. Mach mir deswegen bloß keine Szene, klar?“ Die Frau in seinen Armen verzog spöttisch die Lippen. „Ich will meinen Spaß haben mit dir und nicht deine Frau werden.“ Mit einem leisen Lachen löste sich Pasqualina endgültig von Dheran und stieg kopfschüttelnd aus dem Bett. Ihre Sachen zusammensuchend begab sie sich nach Nebenan, in den Sanitärraum. Als sie wieder heraus kam deutete nichts darauf hin was sie mit dem Andorianer erlebt hatte. Sie kam zum Bett und küsste den Andorianer, der immer noch auf dem breiten Lager ruhte. „Bis morgen“, hauchte sie verführerisch bevor sie sein Quartier verließ. Zurück blieb ein nachdenklicher Andorianer dessen Gesicht schließlich von einem feinen Lächeln überflogen wurde. Sein Privatleben entwickelte sich sehr vorteilhaft. Kapitel 11: Spiegelbild der Gegenwart: An der Schwelle der Hölle ---------------------------------------------------------------- STRATEGICAL STARBASE 71 Sternenzeit: 59174.5 Forlan-System - Primäruniversum Nachdem Tar´Kyren Dheran zunächst eine Dusche genommen hatte, nachdem er der Krankenstation den Rücken kehrte, aß er zu Abend und genehmigte sich ein Andorianisches Ale. Danach erhob er sich entschlossen um sein Quartier zu verlassen und Christina aufzusuchen. Zu lange wollte er das anstehende Gespräch mit ihr nicht hinausschieben. Andererseits hatte es der Commodore auch wieder nicht so eilig, dass er den Turbolift benutzen wollte. Vielleicht besänftigte ihn ein ordentlicher Marsch. Als der Andorianer endlich vor dem Schott zu Christina Careys Quartier ankam wurde ihm klar, dass er sich verrechnet hatte. Denn er war noch aufgewühlter als zuvor. Unterwegs hierher hatte er die Situation einige Dutzend Male in seiner Vorstellung hin und her geschoben. Doch am Ende stand dabei jedesmal nur eine einzige Frage. Warum hatte Christina den Unterschied nicht bemerkt? Diese Frage ließ den Andorianer nicht mehr los und er musste sie klären, bevor die theoretischen Antworten darauf in seiner Vorstellung zu einer fixen Idee werden konnten. Dabei war ihm auch die Unterhaltung mit Pasqualina nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Auch sie hatte sich diese Frage gestellt und keine befriedigende Antwort gefunden. Ob ihm gelingen konnte was ihr nicht gelungen war? Dheran betätigte den Meldekontakt und wartete. Dabei spürte er das Grummeln in seiner Magengegend und er verfluchte die Tatsache, dass zwar Valand in Reichweite war, er aber dennoch nicht mit ihm darüber reden konnte. Fast in demselben Augenblick fielen ihm wieder die Worte von Linara Enari ein, die sie ihm zu Beginn des Jahres sagte. Kurz nachdem er erfahren hatte, dass Valand nicht nur für die Sektion-31 arbeitete sondern ihr sogar vorstand. Das hatte ihn bis ins Mark getroffen. Doch Enari hatte ihn an etwas Wesentliches erinnert, als sie einige Zeit darauf an einer Besprechung mit Admiral Tarun teilnahmen. Dheran wollte ungeduldig bereits erneut seine Finger auf den Kontakt legen, als sich die beiden Schotthälften zischend vor ihm teilten. Zielstrebig trat der Andorianer ein. Christina Carey stand mitten im Wohnraum und sah ihm mit verschlossener Miene entgegen. Sie hatte anscheinend geahnt, dass er es war der sie an diesem 5. März des Jahres 2382 zu sprechen wünschte. Im Abstand von zwei Metern zu ihr blieb er stehen. Nichts hätte deutlicher veranschaulichen können, wie es momentan um ihr Beziehung zueinander stand. Denn normalerweise wäre er zu ihr gegangen, hätte sie liebevoll umarmt und dabei geküsst. Doch seit er wusste, dass sie mit seinem Doppelgänger geschlafen hatte war alles anders. Am schlimmsten war dabei für ihn das Gefühl, dass ihm die Dinge vollkommen entglitten. Offenbar ging das nicht nur ihm so denn Christina wirkte übernächtigt. So, als habe viel zu wenig Schlaf gefunden in den letzten Tagen. Was Dheran kaum verwunderlich schien denn er selbst spürte auch diese Unrast in seinem Innern. Für einen langen Moment sahen sie sich einfach nur an, bevor es der Andorianer war der das Schweigen zwischen ihnen brach und fragte: „Wie geht es dir?“ „Was denkst du denn?“, kam die prompte Gegenfrage. Wieder kehrte unangenehmes Schweigen ein, bevor Dheran einen erneuten Anlauf nahm und sagte: „Hör zu, Christina. Ich will dir keinen Vorwurf machen. Doch ich will wissen weshalb du nicht gemerkt haben willst, dass nicht ich es war mit dem du für eine Weile zusammen warst.“ Allein die Wortwahl ihres Freundes brachte die Irin in Fahrt. Denn sie implizierte, dass er ihre Aussage es nicht gemerkt zu haben anzweifelte. Sie spürte eine ohnmächtige Wut deswegen in sich aufsteigen als sie mit klirrender Stimme zurückgab: „Ach so! Ich will es also nicht gemerkt haben? Ist dir eigentlich klar was du mir damit unterstellst, Tar?“ „Wundert dich das etwa“, konterte der Andorianer heftiger als beabsichtigt. „Du kennst mich über zwanzig Jahre lang. Bei Sinemus verstehe ich, dass er einem Schwindel aufsitzen konnte. Doch du hättest etwas bemerken müssen. Zumindest wenn du wirklich etwas für mich empfinden würdest, Christina!“ „Aber das tue ich!“, schrie die Irin ihren Freund unbeherrscht an. „Doch wenn wir schon einmal beim Thema sind, mein Freund! Mir ist tatsächlich etwas aufgefallen! Dieser andere Dheran war unkompliziert! Er hat mir zugehört, Tar!“ „Nein!“, schrie Tar´Kyren zurück. Er fuhr dabei mit den Armen wild durch die Luft vor sich. „Er hat dir nicht zugehört - er hat dich ausgehorcht. Er hat dich schäbig benutzt und du hast dich bereitwillig benutzen lassen! So sieht es aus! Scheint dir ja gefallen zu haben!“ Die Stimme der Frau klirrte wie Eis, als sie ihn gefährlich leise anzischte: „Vielleicht hat es das ja tatsächlich. Und jetzt schwing deinen blauen Arsch aus meinem Quartier, bevor ich handgreiflich werde.“ Im nächsten Moment hob sie ihre Stimme bereits wieder an und brüllte, so laut sie nur konnte: „Mach, dass du endlich verschwindest! Sofort!“ Sich für einen Augenblick lang fast wie Feinde belauernd, setzte sich der Andorianer endlich in Bewegung. Mit raschen Schritten eilte er zum Schott. Bevor er ging sah er sich im geöffneten Schott stehen bleibend noch einmal zu Christina um. Sie hatte die Arme um ihren Körper geschlungen und stand etwas vorgebeugt im Raum. Dabei rannen Tränen über ihre Wangen und der Andorianer glaubte, ein leises Schniefen zu hören. Im nächsten Moment wandte er sich ab. Immer noch voller Zorn und tief getroffen durch das, was sie ihm entgegen geschrien hatte. Momentan wusste er nicht zu sagen wo ihm der Kopf stand und was eben passiert war. Doch ihm war klar, dass seine Beziehung mit Christina beendet war. Denn er konnte nicht mit ihr zusammen sein, nach dem was geschehen war und was eben gesagt wurde. Selbst wenn er das gewollt hätte. Denn er würde jeden kleinen Anlass dazu nutzen um sie damit zu verletzten. In dieser Hinsicht kannte Tar´Kyren Dheran seine Charakterschwächen leider nur zu genau. Und er wollte Christina nicht noch mehr verletzen, als er es eben bereits getan hatte. Darum war die einzige Alternative sich fernzuhalten. Auch wenn ihm das ebenso weh tat, wie wenn er sie während ihres zukünftigen Zusammenseins verletzen würde. An dem nächsten Turbolift-Eingang blieb der Andorianer abrupt stehen. Er rang für einen Augenblick mit sich und traf dann eine Entscheidung. Aufgrund der Worte seiner bajoranischen Kameradin, die ihm erneut durch den Kopf gingen. Was immer Valand auch getan hatte, er brauchte ihn jetzt. Er musste mit Valand reden, sonst würde ihm noch der Kopf platzen. Also rang er sich in diesem Moment dazu durch ihn aufzusuchen. Dabei ging ihm wieder das Gespräch mit dem Norweger durch den Kopf, dass er zum Jahreswechsel mit ihm führte. Vielleicht hatte Valand ihm wirklich nur deshalb nichts von seiner Rolle, in Bezug auf Sektion-31 erzählt, weil er ihn nur allzu genau kannte und er gewusst hatte was passieren würde. Die Möglichkeit, dass auch ein Valand Kuehn in dieser Hinsicht Schwächen hatte, war ihm eigentlich nie wirklich in den Sinn gekommen. Hatte er vielleicht in der Vergangenheit den Fehler begangen, seinen Freund zu idealisieren, anstatt ihn so zu sehen wie er wirklich war? Wäre das dann nicht eher sein Fehler gewesen? Der Andorianer zerquetschte eine Verwünschung zwischen den Zähnen und betrat schließlich entschlossen die Kabine des Turbolifts. * * * Unterwegs stiegen zwei junge weibliche Lieutenants zu und wünschten respektvoll einen guten Tag, was dem Andorianer gar nicht passte. Dheran musste sich zusammenreißen um den Gruß einigermaßen höflich zu erwidern. Das anschließende leise Tuscheln der beiden jungen Technikerinnen ignorierte er dabei geflissentlich. Zu seinem Unmut fuhren sie mit, bis er selbst die Kabine verlassen musste um zum Liegeplatz der USS OBERON zu gelangen. Das Flaggschiff der von Kuehn befehligten Sektorenflotte-Bajor, dass vor einer halben Stunde hier festgemacht hatte. Valand Kuehn hatte die eigentliche Sektorenflotte in der Obhut seiner Verlobten und gleichzeitig Stellvertreterin belassen. Er kommandierte das Raumschiff immer noch selbst, statt es lediglich nur als Flaggschiff zu nutzen. Was durchaus möglich gewesen wäre. Doch Dheran verstand Valand. Er selbst hätte sich auch nur sehr ungern vom Sitz in der Mitte getrennt. Das passierte den meisten Kommandeuren, auf ihrem Weg - weg vom Führen hin zum Kommandieren. Doch irgendwann kam der Zeitpunkt an dem sie auf diesem Weg unwiderruflich loslassen mussten. Nachdem Dheran den Tunnel des Verbindungsgangs zur Steuerbordschleuse der Primärhülle durchquert hatte meldete er sich bei der Bordwache an. Wobei er vor der Schwelle der Schleusenkammer stehen blieb. Erst nachdem der Petty-Officer sein Kommen bei Kuehn angemeldet hatte und ihm zu nickte, fragte er: „Erlaubnis an Bord zu kommen?“ „Erlaubnis erteilt!“, erwiderte der Petty-Officer und entsprach dem uralten Brauch aus Zeiten der irdischen Seeschifffahrt. „Willkommen auf der OBERON, Sir.“ „Danke, Petty-Officer. Ich finde den Weg allein.“ Damit schritt der Commodore an dem etwas überrumpelt wirkenden jungen Mann vorbei und begab sich zielstrebig zum nächsten Turbolift-Zugang. Er war bereits einige Male auf der OBERON gewesen und er kannte den Weg zu Valands Quartier. So dauerte es nicht lange bis er vor dem Schott stand. Nur einen kurzen Moment zögernd aktivierte er den Meldekontakt und auf das Stimmenkommando des Konteradmirals hin öffnete sich das Schott für ihn. Jetzt wieder ganz sicher das Richtige zu tun trat Dheran ein. Er sah Valand mit festem Blick an und schritt zu ihm. Der Norweger ließ nicht erkennen was er dachte. Schon auf dem Flug vom Farrolan-System hierher war dem Andorianer diese Verschlossenheit aufgefallen. Vielleicht hatte das mit der Begegnung im Spiegeluniversum zu tun. Immerhin kam es nicht jeden Tag vor, unverhofft die Doppelgängerin seiner verstorbenen Frau zu treffen. Auf Armlänge Abstand vor Valand blieb der Andorianer stehen und sah ihn zunächst stumm an. Dabei gingen ihm die verschiedensten Erinnerungen durch den Kopf. Auch jene, wie sie sich zum ersten Mal begegnet waren. An der Akademie, vor so vielen Jahren. Valand deutete zur Sitzecke hinüber. Dort hatte Valand ihn dazu genötigt mit Alev Scenaris Frieden zu schließen. Kurz bevor sie im Einsatz starb. Der Andorianer erinnerte sich so gut daran, als wäre es erst gestern gewesen. Hätte Valand das nicht getan so wäre sie in den Tod gegangen, ohne dass sie sich nach vielen Jahren des Haderns wieder mit einander versöhnt hätten. Zum Ende hin hatten sie sich dadurch so nahe gestanden, wie zu ihrer gemeinsamen Zeit an der Akademie. Zu jener unbeschwerten Zeit als sie ein Liebespaar gewesen waren. Der Andorianer schritt wortlos hin und nahm in einem der Sessel Platz. Wie so oft bevorzugte Valand eine der Couchen. Dabei fragte der Konteradmiral endlich mit ruhiger und beherrschter Stimme: „Was führt dich zu mir, Tar?“ So war es immer gewesen, überlegte Tar´Kyren Dheran. Nie hatte Valand Kuehn anderen Wesen etwas nachgetragen. Vielleicht war das eine seiner größten Qualitäten. Erleichtert darüber, dass sich das nicht geändert hatte erwiderte Dheran direkt: „Es ist wegen Christina. Ich komme eben von ihr und du kannst dir bestimmt denken wie mein Gespräch mit ihr verlaufen ist?“ „Ein Gespräch zwischen einem wütenden Andorianer und einer Irin, die dir in Sachen Temperament nicht nachsteht? Mit jeder Menge Karacho, wie ich vermute. Oh, ja – das kann ich mir lebhaft vorstellen.“ Es lag kein Spott oder Ironie in seiner Stimme, was den Andorianer um so aufmerksamer werden ließ. Valand seufzte schwach. „Tar, ich weiß dass du sie liebst. Das ist seit mehr als zwanzig Jahren so und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich das auch niemals ändern wird. Ganz egal wie alt ihr zwei auch werdet. Andererseits verstehe ich, was momentan in dir aber eben auch in ihr vorgeht. Ihr braucht Zeit. Jetzt die Beziehung fortzuführen erachte ich als nicht praktikabel. Auch wenn es dich schmerzen wird, mein Freund.“ Tar´Kyren Dheran starrte Valand an, wie einen Geist. Er hatte mit irgendeinem schlauen Rat des Freundes gerechnet aber niemals mit diesem Rat. „Du meinst, ich soll mich von Christina trennen? Obwohl du weißt was ich für sie empfinde?“ Valand schüttelte den Kopf. „Nein – weil ich weiß was du für sie empfindest.“ Das schwache Lächeln des Norwegers bekam eine mitfühlende Note. „Ich kenne aber auch deine Schwächen, Tar. Vielleicht besser, als die meisten anderen Wesen. Du würdest in ihrer Nähe nicht mehr zur Ruhe kommen und du würdest sie verletzen. Ganz gleich, was auch immer du momentan von mir halten magst. Das sage ich dir als dein Freund. Denn das bin ich und das werde ich immer sein, Tar.“ Ohne dass Dheran es bewusst verhindern konnte bogen sich seine Antennen nach hinten, bei den letzten Worten des Mannes vor ihm. Er schluckte und gab rau zu: „Nach unserem Streit hat mich Enari ziemlich bedrängt. Sie verlangte von mir über meinen Schatten zu springen und nie zu vergessen, dass du der bist der du immer warst und nicht der, der du in dem Moment zu sein schienst als wir in Streit gerieten.“ Ein angedeutetes Lächeln überflog das Gesicht des Konteradmirals. „Ich gebe dir den guten Rat dich niemals ernsthaft mit Enari anzulegen. Da ziehst du den Kürzeren.“ Für einen Moment schwiegen sie und Valand sah den Andorianer so lange nur fragend an, bis er unruhig zu werden begann und schließlich herausplatzte: „Also schön. Enari hatte Recht. Sie vertraut dir und sie sagte, ich solle das auch tun.“ „Dann tu es gefälligst auch, mein Freund.“ Zum zweiten Mal hatte Valand das Wort Freund benutzt. Diesmal mit einer besonderen Betonung. Dheran überwand sich selbst und erwiderte: Das werde ich… Freund.“ Valand zeigte nach diesen Worten jenes kaum merkliche, hintergründige Schmunzeln das den Andorianer, gleich bei ihrer ersten Begegnung, zur Weißglut gereizt hatte. Es verschwand schnell wieder und der Norweger meinte: „Auch ich habe dir eine ganze Menge zu erzählen, Tar. Doch leider muss das warten. Zumindest bis nach dem zu erwartenden Angriff der Echsen auf diese Station. Ich habe bereits über Subraumfunk mit Sylvie gesprochen. Sie hält den Rest der Sektorenflotte-Bajor in Bereitschaft. Keine zehn Lichtjahre von der Station entfernt, an einem willkürlich festgelegten Punkt im All. Sie hat zweihundert Raumschiffe der Sechsten bei sich. Was sagst du zu der kleinen Zusatzüberraschung?“ „Warum habe ich nicht mitbekommen, dass der private Teil der Unterhaltung vorbei ist?“, wunderte sich der Andorianer verdrießlich. Valand machte eine bedauernde Miene. Ich muss dich leider schon wieder vor das Schott setzen, denn ich erwarte in wenigen Minuten meinen Ersten Offizier zu einer Unterweisung. Und danach belegt mich dein Admiral mit Beschlag. Wir wollen uns ein letztes Mal abstimmen, bevor ich mit der OBERON aufbreche und mich an die Spitze meines Flottenverbandes stelle. Nur für alle Fälle.“ Dheran wurde wieder ganz ernst. „Du rechnest also mit Schwierigkeiten?“ „Ich rechne mit Allem. Doch das weißt du inzwischen ja.“ Dherans Antennen bogen sich leicht nach Innen. „Das hätte ich beinahe vergessen.“ Valand brachte den Freund noch zum Schott. Dort legte er seine rechte Hand auf die rechte Schulter des Andorianers. „Pass auf dich auf und denke an meine Worte, Tar.“ Der Andorianer erwiderte die Geste. „Das werde ich, mein Freund.“ * * * Drei Tage vergingen. Drei Tage in denen von den hauptsächlich Verantwortlichen auf STRATEGICAL STARBASE 71 Entscheidungen getroffen wurden, die sonst eher in Wochen getroffen wurden. Vor einem Tag hatte Admiral Torias Tarun ein längeres Gespräch mit dem Sternenflottenkommando geführt und danach die verbündeten Kommandeure zu sich gebeten. Den andorianischen General Vierter Verbandsgröße Tar´Veron Talev, den klingonischen Brigadier Karenn von Ademak aus dem Haus Kran´Talrak und den Romulaner Tovolak, in dem seltenen Rang eines Ssiebh - einem Zwischenrang der zwischen dem eines Captain und eines Commodore der Sternenflotte lag. Während der Klingon und der Romulaner einen Verband von jeweils zehn Einheiten kommandierte, befehligte der andorianische General einen Verband der dreißig Kampfschiffe umfasste. Zusammen mit den 250 Raumschiffen der 5. Taktischen Flotte bildeten sie eine Streitmacht, die im Notfall weitreichende und endgültige Antworten auf allzu neugierige Fragen geben konnte. Und weitere 240 Raumschiffe lauerten keine 10 Lichtjahre entfernt. Drei Tage in denen der Überall-Zugleich-Chief seinem Namen alle Ehre machte. Der Tellarit entwickelte sich in diesen drei Tagen zum Schrecken aller Technischen Abteilungen. An den unmöglichsten Orten und zu den unmöglichsten Zeiten tauchte er auf, wie aus dem Boden gewachsen, trieb seine Untergebenen zur Eile an und kontrollierte selbst. Er schien ständig innerhalb der Station unterwegs zu sein und die Techniker der Station fragten sich ernsthaft wann dieser Tellarit eigentlich schlief. Dabei kam Chief Grandax mehr als einer Manipulation der Station-Systeme auf die Schliche und beseitige sie. In diesen drei Tagen waren ebenfalls die fünf neu beförderten Commodores gefragt. Sie spielten ihre Verbände aufeinander ein und trafen sich nach jedem der langen und ereignisreichen Tage nach Dienstende um sich untereinander auszutauschen und miteinander abzusprechen. Bei einem dieser Meetings zog Linara Enari Dheran unauffällig zur Seite und erkundigte sich nach seinen Fortschritten, in Bezug auf Valand. Beinahe stolz über seine Antwort schlug sie ihm zustimmend auf die Schulter, bevor sie sich wieder an dem Meeting mit ihren Kameraden beteiligten. Für Christian Sinemus, Pasqualina Mancharella und Christina Carey hatte all die Aufregung und Vorbereitungen den Vorteil, dass sie nicht dazu kamen allzu sehr über das nachzudenken, was sie momentan privat umtrieb. Wobei Pasqualina Mancharella spürte, dass sich zwischen ihr und Tar´Kyren wieder eine seltsame Nähe angebahnt hatte. Eine Entwicklung die ihr guttat und die sie weiß Gott nicht bedauerte. Christian Sinemus hatte sie seit ihrem Streit auf der Krankenstation nicht mehr gesehen oder gesprochen und bei Dheran und Carey schien es ähnlich gewesen zu sein. Von all diesen Entwicklungen bekamen die beiden Gefangenen aus dem Spiegeluniversum nichts mit. Sie gewannen nach einigen Tagen den Eindruck, dass man sie schlicht vergessen hatte. Das war beiden Agenten des Imperiums nur allzu recht, denn die Zeit arbeitete für sie. Auch wenn die von der Föderation das momentan nicht ahnten. Vor ihrer Gefangennahme hatten sie dafür Sorge getragen, nicht lange in Gefangenschaft zu bleiben falls man sie enttarnte. Sobald diese Maßnahmen Früchte trugen würde es bereits zu spät sein, für ihre Gegner. Sie mussten selbst dann nur schnell genug handeln. Darum schlief stets nur einer von ihnen, seit man sie zusammengelegt hatte. Der Andere wachte in dieser Zeit. Besonders in den letzten Stunden, da der Zeitpunkt beinahe gekommen sein musste. Gegenwärtig wachte Dheran und beobachtete Pasqualina im Schlaf. Bereit dazu, sie jederzeit zu wecken. Zwar bedauerte er, dass man sie eher enttarnte als er im Vorfeld gehofft hatte, doch das war unerheblich da er und Pasqualina bereits zuvor die wesentlichen Punkte ihres Planes umgesetzt hatten. Diese Station war dem Untergang geweiht. * * * „Diese Station ist keinesfalls dem Untergang geweiht, Admiral!“ Der Tellarit Grandax sah mit Stolz zu Admiral Torias Tarun und legte ihm persönlich dar, welche Maßnahmen er in den vergangenen drei Tagen durchgeführt hatte. Dabei räumte er ein: „Natürlich konnten ich und mein Team vermutlich nicht alle Manipulationen der Systeme aufspüren, doch es wird nun weder zu einem Ausfall aller Offensiv- und Defensivsysteme kommen noch dazu, dass die Flotte in den Hangarscheiben festliegt. Aber ich muss zugeben, dass wir eher durch Zufall auf diese Manipulationen aufmerksam wurden. Außerdem werden wir bestimmt nicht allen Manipulationen auf die Spur gekommen sein. Es liegt als im Bereich des Wahrscheinlichen, dass dennoch einige Systeme ausfallen. Aber bestimmt nichts, was wir nicht in weniger als fünfzehn Minuten beseitigen können, Admiral.“ Der Admiral bleib trotz der optimistischen Einschätzung des Chiefs ernst. „In fünfzehn Minuten kann sehr viel passieren, Master-Chief. Aber dennoch bedanke ich mich bei Ihnen und bei Ihren Technikern. Ohne Sie säßen wir vermutlich im Dreck.“ „Aber Hallo, Sir!“ Tarun sah den Tellarit eigentümlich an und begann dann schallend zu lachen. „Woher haben Sie denn den antiquierten Ausdruck, Master-Chief Grandax?“ Der Tellarit überlegte und sagte unsicher: „Ich meine, den bei Chief O´Brien einmal gehört zu haben. Als ich noch in seinem Team war, auf DEEP SPACE NINE. Wie Sie sicherlich wissen hat er sich dort sehr für mich verwendet.“ Torias Tarun nickte in der Erinnerung. „Ja ich erinnere…“ Der Admiral wurde von einem Anruf aus der OPS unterbrochen. Eine aufgeregt klingende Stimme meldete: „Admiral, die Gefangenen befinden sich nicht mehr in ihren Zellen. Nach der Aussage des Offiziers vom Dienst verschwanden sie plötzlich von der Anzeige der optischen Überwachung. Er sagte, dass es sich um einen Transporter-Wirbel gehandelt hat.“ „Unmöglich!“, entfuhr es dem Trill. „Die Scrambler würden… Moment bitte!“ Master-Chief Grandax war aufgesprungen und sah den Admiral in diesem Moment bedeutungsvoll an. „Sir, das könnte unentdeckt geblieben sein. Weil wir uns weder auf die Transporter noch auf die Scrambler konzentriert haben! Ich brauche eine Technische Konsole, aber sofort!“ Taruns Miene wurde finster. „Die OPS gehört Ihnen, Master-Chief!“ Während der Tellarit mit einer Geschwindigkeit aus dem Büro stürmte die ihm Tarun niemals zugetraut hätte, nahm er wieder Verbindung zur OPS auf. „Hier Tarun. Geben Sie Sicherheitsalarm. Wir haben zwei Flüchtige, die so aussehen wie Commodore Dheran und Commander Mancharella. Die MACO´s sollen zuerst die Shuttlehangars abriegeln und danach auch die Zugänge zu den drei Hangarscheiben. Niemand darf die Station verlassen! Auch im Zweifelsfall betäuben und in Einzelhaft nehmen! Die RED-ALERT-GROUP soll starten, falls die doch von der Basis entkommen sollten. Tarun, Ende!“ Nachdem er den Kanal geschlossen hatte erhob sich Tarun hinter seinem Schreibtisch und eilte zur OPS hinaus. Wo Master-Chief Grandax bereits bei der Sache war. Hektisch ging der Tellarit verschiedene Schaltschemata durch, ohne sich daran zu stören, dass Torias Tarun neben ihn trat und ihm über die Schulter sah. „Die haben ihre Flucht gut vorbereitet, Sir.“, murmelte Grandax als er zu Tarun aufsah. „Ich konnte ermitteln, dass der Transport auf eins der oberen Turmhangar-Decks führte. Genauere Angaben kann ich nicht machen.“ Tarun sah auffordernd zu Commander Ra Taragenar der die MACO´s umgehend zu den oberen Turmhangars befahl. Nun hieß es für Tarun abwarten und das hasste er. * * * Nebeneinander hasteten die beiden Agenten des Spiegeluniversums durch den Gang der sie zu dem vorbereiteten Fluchtshuttle bringen würde. Sie hatten Hilfe dabei gehabt es vorzubereiten. Doch das wusste nach Dherans Ansicht niemand auf dieser Station. Er wäre sehr erstaunt gewesen wenn er die tatsächlichen Gegebenheiten gekannt hätte. Aus einem geheimen Versteck hatten sie Handphaser geholt und sich bewaffnet. Jedoch erreichten sie unangefochten den Hangar, in dem ihr startbereites Shuttle samt ihres Piloten stand. Er wäre nach dieser Aktion vermutlich ohnehin als Agent verbrannt gewesen. Also musste er gemeinsam mit ihnen beiden die Station verlassen. Dheran hatte es nicht gewagt, die Interdimensionale Transportvorrichtung mit zur Station zu nehmen. Darum war die Flucht mit einem Shuttle nötig. Um wieder in ihr eigenes Universum zu gelangen mussten sie den Klentorin-Asteroidengürtel im Farrolan-System erreichen. Von dort aus würden sie dann den Übergang durchführen. Im Hangar angekommen erschossen sie zwei anwesende Techniker und begaben sich dann umgehend zu dem betreffenden Shuttle das hier auf sie warten sollte. Dabei scherten sie sich nicht um den Alarm, der durch das Abfeuern der Waffen ausgelöst worden war. Als sie das Shuttle erreichten und über die geöffnete Schleuse einstiegen entfuhr es Dheran, als er einen Blick auf den Piloten warf: „Ich hatte mit Vielem gerechnet, aber nicht mit einer bajoranischen Frau!“ „Ich auch froh darüber Sie zu sehen!“, versetzte die Frau an der Steuerkonsole wütend. „Mein Name muss Sie nicht interessieren. Können wir dann?“ „Reden Sie nicht sondern starten Sie einfach!“, grollte der Andorianer, während sich hinter ihm und Pasqualina Mancharella das Schott schloss. Die zierliche Pilotin handelte umgehend. Nachdem das Sperrfeld des Hangars aktiviert worden war, fuhren die beiden Hälften des Panzerschotts zur Seite. Das Shuttle hob vom Boden des Hangars ab und schoss förmlich ins All hinaus. Gleich darauf zwang die durchtrainiert wirkende Bajoranerin die Maschine auf einen unregelmäßigen Kurs. Einige Phaserstrahlen, die nur wenige Meter am Shuttle vorbei jagten, bewiesen die Richtigkeit dieser Maßnahme. Von der Station aus wurde die Maschine unter Feuer genommen. Sie beschleunigte jedoch mit Notwerten und war wenige Momente später bereits außer Feuerreichweite der Basis. „Sieht so aus, als hätten wir es geschafft!“, jubelte Pasqualina und warf sich in einen der hinteren Sessel, während sich Dheran neben der Pilotin niederließ. „Es gibt ein neues Problem, fürchte ich!“, versetzte die Bajoranerin ruhig. „Zehn kapitale Raumschiffe legen gerade von der Station ab. Das sind zweifellos die Schiffe der Alarmrotte, die von denen RED-ALERT-GROUP genannt wird. Fünf weitere Kreuzer nähern sich von Forlan-Prime aus. Diese fünf Schiffe senden die Signatur von romulanischen Kampfkreuzer der FA´ERHIAN-KLASSE aus. Mit denen sollten wir uns besser nicht anlegen. Ich fliege Ausweichkurs.“ „Sorgen Sie einfach dafür, dass die uns nicht kriegen!“, konterte Dheran trocken. „Ich gebe jetzt den Angriffscode durch. Danach gehen Sie auf maximale Warpgeschwindigkeit.“ Dheran gab über das Subraumfunksegment eine Symbolgruppe ein und strahlte sie ab. Danach sagte er in Richtung Pilotin: „Spruch ist raus!“ „Ich gehe auf Warp!“, gab die Pilotin ungerührt zurück wobei in ihren großen, dunkelbraunen Augen ein seltsamer Glanz lag. Einen Herzschlag später beschleunigte das Shuttle signifikant und verschwand unter zurücklassen eines grellen Blitzes im Subraum. * * * Als das Shuttle eine verschlüsselte Symbolgruppe auf Subraumfrequenz abstrahlte, beorderte Torias Tarun die Einheiten der RED-ALERT-GROUP umgehend zurück. Die fünf Kreuzer der Romulaner waren näher dran. Tarun wies den Kommandanten dieser Gruppe an, die Verfolgung des Shuttles fortzusetzen. Die Kreuzer sollten aber erst eingreifen, sobald feststand wo genau der von Kuehn vermutete Stützpunkt der Agenten lag. Khre´Aendeh Ti´Maran bestätigte den Befehl. In der Föderation wurde ihr Rang mit Commander übersetzt. Was nur zum Teil zutreffend war, denn ein Khre´Aendeh erfüllte viel mehr die Funktion die ein Captain der Sternenflotte wahrnahm. Somit wäre Captain der passendere Begriff gewesen. Admiral Tarun selbst war es, der ihr Gute Jagd wünschte und sie darauf hinwies, dass vom Shuttle aus das mutmaßliche Angriffssignal gegeben worden war und dass sie somit mit dem Erscheinen starker Gorn und Tzenkethi-Verbände zu rechnen hatte. Die Romulanerin hatte kühl erwidert, dass die Besatzungen der fünf Kreuzer allesamt im Dominion-Krieg gedient hatten und dass man vorbereitet sei. Tarun, der den brandneuen romulanischen Angriffskreuzern eine Menge zutraute, hatte es gleichmütig zur Kenntnis genommen. Romulaner galten als hervorragende und kompromisslose Krieger. Die Kommandantin dieser Kreuzer machte zudem nicht den Eindruck, als würde sie dazu neigen dumme Entscheidungen zu treffen oder unüberlegt zu handeln. So machte sich Tarun keine Sorgen um diese fünf Kreuzer. Viel mehr galt seine Sorge dieser Station und der von ihm kommandierten Fünften Taktischen Flotte der Sternenflotte. Für sie war er unmittelbar verantwortlich. Als man das kodierte Signal des geflüchteten Shuttles auf der Station empfing hatte Tarun umgehend die höchste Alarmstufe ausgerufen. Momentan starteten die Raumschiffe, nach Verbänden geordnet und verließen ihre Liegeplätze innerhalb der Hangarscheiben. Nur einmal hatte es einen solchen Exodus gegeben. Als Teile der Fünften Taktischen Flotte gegen Ende Dezember des Jahres 2380 aufbrachen, um Qo´noS zu Hilfe zu eilen. Die Kampfverbände der Klingons, der Romulaner und der Andorianer waren gegenwärtig dabei, sich in weiterem Umkreis der Station formiert. Den Oberbefehl über diese Verbände lag beim andorianischen General Tar´Veron Talev. Naturgemäß hatte Brigadier Karenn von Ademak das nicht gefallen, doch nach einem intensiven Gespräch mit Tarun, zu Beginn des Jahres, hatte er sich damit abgefunden. Vergaß man die beeindruckende Kampfkraft der Station selbst, so war diese Flotte von dreihundert Raumschiffen eine Streitmacht, die man nicht so einfach besiegen konnte. Vergaß man sie nicht, so waren die Raumschiffe im Grunde überflüssig. Denn die Station besaß nicht nur ein beeindruckendes Offensivpotenzial, sondern auf Schutzschilde, die selbst durch das Waffenfeuer von einhundert Kriegsschiffen kaum durchschlagen werden konnte. Dazu war deutlich mehr erforderlich. Was niemanden verwunderte, der jemals die Gelegenheit gehabt hatte sich die riesigen Kraftwerke der Station anzusehen. Konteradmiral Christina Carey persönlich führte die Fünfte Taktische Flotte in den Kampf. Sie verfügte über große Kampferfahrung, die sie sich im Dominion-Krieg und im laufenden Krieg gegen die Außenwelt-Allianz erworben hatte. Ursprünglich Wissenschaftsoffizier hatte sie zur Kommandoebene gewechselt, nachdem die Borg, am Neujahrstag das Jahres 2367 neununddreißig Raumschiffe der Sternenflotte bei Wolf-359 zerstört oder irreparabel beschädigt hatten. In wie weit die Tatsache dabei eine Rolle gespielt hatte, dass Tar´Kyren Dheran dabei beteiligt gewesen war, konnte Torias Tarun nur vermuten. Vielleicht hatte es keine Rolle gespielt – vielleicht war es auch gerade der auslösende Faktor gewesen. Tarun hatte sich vorgenommen, nach dem zu erwartenden Kampf mit seiner Stellvertreterin dieses Thema einmal genauer zu erörtern. Am achteckigen Holokartentisch, im Zentrum der OPS, beobachtete Tarun, gemeinsam mit Commander Ra Taragenar und der neuen Chefin der Sicherheit, seiner andorianischen Verlobten Tia´Vareni Sheralan, die letzten Umgruppierungen der einzelnen Raumschiff-Verbände. Dabei lobte er in Gedanken: „Konteradmiral Carey hat die Flotte im Ortungsschatten des Planeten versteckt. Genau auf der entgegengesetzten Seite von Forlan-Prime, über dessen Stelle die Station kreist. Jetzt kann der Feind kommen.“ „Die dürfen auch ganz schnell wieder gehen, wenn es nach mir geht“, kommentierte die andorianische Frau. Seit Beginn des Jahres trug sie die Rangabzeichen eines Commanders am goldgelben Kragen ihrer Uniform. „Ich hoffe zumindest, die vergessen das Wiederkommen nachdem wir sie aus dem System geworfen haben“, grollte der Efrosianer, der Tarun am Tisch gegenüber stand. „Vielleicht ist es ja ganz gut, dass diese Echsen hier mal vorbeischauen und schmerzlich erfahren, dass man hier unter Umständen Prügel beziehen kann.“ Gegen seinen Willen musste Admiral Tarun grinsen, bei den Worten des Ersten Offiziers dieser Raumstation. Wobei dem Efrosianer weitgehend die Interna der Station und ihre Verteidigung gegen Angreifer von Außen oblag. Für die Verteidigung der Innenbereiche und die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit war Commander Sheralan zuständig. Natürlich in Absprache mit dem Efrosianer. Verfolgung Flüchtiger und Spionageabwehr wiederum fielen in den Bereich des MACO-Kontingents dieser Station. An deren Spitze stand, seit rund einem Monat, Lieutenant-Commander Christian Sinemus. Er betrat soeben die OPS. Da Tarun wusste, dass Sinemus zuvor noch die Nachbesprechung zum erfolglosen Einsatz gegen die Flüchtlinge durchgeführt hatte sah er ihm die leichte Verspätung nach. Sinemus grüßte in die Runde und postierte sich neben dem Efrosianer. Dabei sagte er zu Tarun: „Entschuldigen Sie die Verspätung, Sir. Die Nachbesprechung hatte es in sich.“ „Geben Sie nicht sich oder Ihren Leuten die Schuld daran, dass den Gefangenen die Flucht gelang. Die Sicherheit konnte ebenso wenig verhindern dass es soweit kam. Ohne Konteradmiral Kuehn wüssten wir nicht einmal etwas von diesen Doppelgängern und wir wären ins offene Messer gelaufen.“ Vielleicht hätte ich ja merken müssen, dass Commander Mancharella nicht sie selbst gewesen ist. Immerhin war ich auf dem besten Weg sie besser kennenzulernen. „Das werden Sie jetzt wohl vergessen können“, bemerkte der Efrosianer neben Sinemus grob. Einen Moment später sah er verständnislos in die unwilligen Mienen der anderen drei Personen am Tisch und fragte: „Ist es denn nicht so?“ Spöttisch gab Tarun zurück: „Danke für den Hinweis, Commander.“ Einen Herzschlag später ertönte der Ortungsalarm und Tia´Vareni Sheralan deutete auf die Anzeige des Holo-Tisches. „Eben sind rund fünfhundert Raumschiffe unter Warp gefallen. Entfernung zur Station minimal zehn Millionen Kilometer.“ Umgehend stellte Torias Tarun eine Verbindung zur ENDEAVOUR her. Dem Flaggschiff der Fünften Taktischen Flotte. Das Raumschiff gehörte zur neuesten Raumschiff-Klasse der Föderation – der INTERSTELLAR-KLASSE. Bisher gab es nur zwei Raumschiffe dieser Klasse im aktiven Dienst. Mit eine Länge von 724 Metern übertraf es die Raumschiffe der SOVEREIGN-KLASSE deutlich. Als das dreidimensionale Konterfei von Christina Carey über dem Holo-Tisch aufleuchtete sagte Admiral Tarun, ohne zu zögern. „Der Feind ist da, Konteradmiral. Rücken Sie vor, sobald ich Order dazu erteile, aber bleiben Sie auch dann innerhalb der Feuerreichweite von SSB 71. Diesen strategischen Vorteil werden wir nicht verspielen. Inzwischen wird General Talev eine zahlenmäßige Unterlegenheit vortäuschen.“ Die Irin bestätigte: „Aye, Admiral. Wir werden denen Saures geben!“ „Aber nicht zu knapp“, gab Tarun trocken zurück. „Tarun – Ende.“ Danach sah der Admiral in die Runde und meinte etwas weniger aufgekratzt: Meine Damen und Herren, es geht los. Ich hatte mit einer Menge Raumschiffe gerechnet, doch nicht mit einer solchen Riesenflotte. Bei Qo´noS sind die auch mit einer so großen Flotte gegen uns vorgegangen und ich kann mich noch sehr gut daran erinnern wie knapp der Ausgang der Schlacht war. Damals hatten die uns ganz schön am Kanthaken.“ „Diesmal werden die Echsen eine riesengroße Scheiß-Überraschung erleben!“, grollte No´Leen Ra Taragenar finster. Der Spruch an die Sektorenflotte-Bajor und an unsere Freunde von der Sechsten Taktischen Flotte ging bereits raus. Ich hoffe dass die sich beeilen.“ Admiral Torias Tarun nickt dem Efrosianer zu. „Commander Ra Taragenar – begeben Sie sich auf ihre Station und koordinieren Sie das Abwehrfeuer der Station. Heben Sie die Schilde aber erst dann, wenn es wirklich nötig ist. Die Echsen sollen denken, die Sabotage der beiden feindlichen Agenten wäre erfolgreich gewesen.“ Der Commander bestätigte und Tarun hoffte, dass man die Kampfkraft der Echsen nicht unterschätzte. Nun - das würde sich wohl schon sehr bald herausstellen. * * * An Bord des Gorn-Schlachtschiffes SSLYZZELLA stand General Cler an seinem Platz und sah auf die Taktische Anzeige des Hauptbildschirms der Brücke. Er fühlte Stolz und Siegesgewissheit und das konnte man dem Gorn nicht verdenken, denn die SSLYZZELLA war etwas mehr als 800 Meter lang und schwer bewaffnet. Mit den neuesten Waffen, die in den letzten Jahren entwickelt worden waren in der Gorn-Hegemonie. Auffällig an dem Design des Schlachtschiffes war die Gabelung des Bugs und die beiden Finnen-Sektionen an der Unterseite des Heckbereichs. Ebenfalls ins Auge sprang die erhöhte und nach vorne vorspringende Brücke auf der Oberseite des hinteren Schiffsdrittels. Der Warpantrieb dieser Baureihe war in technischer Hinsicht auf der Höhe der Zeit und konnte mit den besten Äquivalenten der Föderation Schritt halten. Er beschleunigt diese Schiffsklasse, für unbegrenzte Zeit, bis auf eine Maximalgeschwindigkeit von Warp 9,97. Kriegsschiffe dieser Klasse benötigten eine Stammcrew von 950 Gorn. Weitere 1000 Gorn-Soldaten konnten für einige Wochen untergebracht und versorgt werden. Gebaut worden waren die ersten dieser Schlachtschiffe auf Schiffswerften des Dominion, die während des Dominion-Krieges nicht zerstört wurden und später in Vergessenheit gerieten. Einige Jahre nach dem Krieg waren mehrere dieser Werften im Einflussbereich der Gorn und der Tzenkethi entdeckt und von diesen beiden Völkern übernommen worden. Dabei war beiden Spezies ein nicht gerade geringer technischer Wissensschatz in die Hände gefallen, der in die Entwicklung dieser Schiffsklasse mit eingeflossen war. Was den General zusätzlich optimistisch stimmte war die Tatsache, dass die Station keine Schilde aktivierte und dass sich gerade einmal fünfzig Raumschiffe um die Station herum positioniert hatten. Ausschließlich Raumschiffe ohne föderale Signaturen. Das konnte nur bedeuten, dass die Sabotage der Station die man ihnen versichert hatte offensichtlich erfolgreich verlaufen war. Kein Flottenschiff hatte die Innenhangars verlassen können. Die Verbündeten der Föderation hatten dort offensichtlich keine Liegeplätze. Sie würden eine leichte Beute für seine Übermacht sein. Dabei gehörten 350 Raumschiffe seiner Spezies. Die restlichen 150 zumeist kleineren Kriegsschiffe gehörten den verbündeten Tzenkethi. Der Kriegsrat der Allianz hatte den Angriffsbefehl auf die verwundbare Station erteilt. Der Rat wollte eine klares Signal an die Föderation und ihre Verbündeten aussenden. Cler vermutete, dass der Schlag den Feind demoralisieren würde. Vielleicht kam es dadurch sogar zu einer Kapitulation der Föderation. Möglich war auch ein Abfall der Verbündeten, so dass die Föderation künftig allein da stand. Das würde ihr Ende bedeuten. Cler gab ein zufriedenes Zischen von sich und sah zum Kommandanten des Schlachtschiffes. „Signal an die Flotte! Wir greifen an!“ „Ja, Erhabener!“, schnarrte der Kommandant des Schiffes. Rein äußerlich waren beide für einen Humanoiden nicht zu unterscheiden. Die minimalen Unterschiede die vorhanden waren wurden nur von Vertretern ihrer eigenen Spezies wahrgenommen. Die Flotte von fünfhundert Raumschiffen nahm eine Keilformation ein. Ein aggressives Manöver wie es die meisten Gorn und Tzenkethi bevorzugten. Emotionen waren bei ihnen nur rudimentär vorhanden und zumeist nach innen gekehrt. Für die meisten Kaltblüter waren diese Charakteristika vollkommen normal. Ebenso kannten sie das Prinzip der Kooperation nur rudimentär und unter ihresgleichen an. Für die beiden Echsenvölker war das eine weitgehend fremde Art von Existenz. Sie würden so etwas nie wirklich akzeptieren. Dass sie momentan dennoch innerhalb einer Allianz gegen die Föderation und deren Verbündete vorgingen entsprach lediglich ihrem Sinn für Pragmatismus. Sobald diese Sternenreiche unterjocht waren würde man sich schon noch um die Sheliak, die Talarianer und die Tholians kümmern. Die gegnerischen fünfzig Raumschiff zogen ihrerseits die Formation weiter auseinander. Das verstand Cler nicht, denn umso leichter würde es seiner Flotte fallen zur Station durchzustoßen und sie Raumschiffe einzeln aufzubringen und zu vernichten. „Noch siebenundvierzig Sslirrik bis die ersten Feindschiffe in Schussweite sind“, meldete Kommandant Vlar. Die Strategische Station selbst kommt in einhundertundneun Sslirrik in Schussweite.“ Der General nahm die Meldung stoisch zur Kenntnis. Vlar erwartete es nicht anders. Es war beim Militär der Gorn nicht üblich Meldungen zu bestätigen die man verstanden hatte. Nur bei Irritation erfolgte eine Rückfrage. Nach etwa einer Minute meldete Vlar: „Jetzt noch zehn Sslirrik.“ Weitere dreiundzwanzig Sekunden vergingen, bis Vlar meldete: „Die ersten Feindschiffe gelangen in Schussweite, Erhabener!“ Ein Zischen vorausschickend gab Cler den Befehl: „Alle Schiffe Feuer frei!“ Fast gleichzeitig meldete der Taktische Offizier hinter Cler: „Erhabener, die Raumstation erhöht massiv die Leistung ihrer Energieerzeuger! Schutzschilde werden aktiviert und die Waffensysteme erhalten Energie!“ Im nächsten Moment kam die Meldung von der Operationskontrolle: „General, ich scanne eine große Flotte der Föderation, die eben den Ortungsschatten des Planeten verlässt der von der Strategischen Sternenbasis umkreist wird. Annähernd zweihundertfünfzig Raumschiffe. Alle haben eine föderale Energiesignatur!“ Ohne etwas zu sagen sah der General die beiden Offiziere an, bevor er seinen Blick wieder auf die Taktische Anzeige richtete. Die neue Lage zeichnete sich auf dem Schirm ab und in Cler erwuchs der Verdacht, vielleicht einen gewaltigen, strategischen Fehler begangen zu haben. Einer, der möglicherweise fatale Folgen zeitigen konnte. * * * Auf der Brücke der ICICLE saß Commodore Tar´Kyren Dheran in angespannter Haltung auf der Kante seines Sessels und sah abwartend auf den Hauptbildschirm. Zu seiner Rechten saß Commander Mancharella etwas entspannter auf ihrem Platz. Nichts deutete auf die momentanen Verwerfungen im Privatleben beider Offiziere hin, als Tar´Kyren Dheran über Flottenleitfrequenz seinem Verband befahl die Lücken in der Formation der verbündeten Einheiten zu durchstoßen und in Pulks zuerst die Schlachtschiffe der Gorn anzugreifen. Längst war Namoro Kunanga mit seiner Jägergruppe von Bord gestartet. Die 40 Jäger der SKORPION-KLASSE übernahmen den Flankenschutz gegen kleinere und wendigere Einheiten der Tzenkethi. Während Pasqualina über einen Kanal mit Commander Kunanga in Verbindung stand, wandte sich Dheran an Lieutenant Farok der mit anderen Trägerraumschiffen wie der ICICLE in permanenter Verbindung stand. Dem Vulkanier oblag es die Gesamtkoordination für die Jagdverbände mit seinen Kollegen auf den anderen Trägerschiffen zu koordinieren und wichtige Meldungen an Mancharella weiterzuleiten. Die Aufgabe von Commander Mancharella bestand hingegen darin die Befehle an Kunanga zu erteilen, die sich durch die Koordinierungsarbeit von Farok und seinen Kollegen auf anderen Schiffen ergaben. Wegen Faroks neuer Aufgabe, die sich nach einem Gefecht im letzten Jahr als sinnvoll herausstellte, hatte er den Vulkanier zum Leitenden Offizier für Flugoperationen ernannt. An seine Stelle, als Leitender Taktischer Offizier, war Lieutenant Junior-Grade Rania Singh-Badt getreten. Im Privatleben war sie ziemlich tapsig. Im Dienst funktionierte sie hervorragend. Auf den übrigen Verbandsleitschiffen der Fünften Taktischen Flotte wurde zu diesem Zeitpunkt ähnliche Befehle erteilt, wie auf der ICICLE. Mit geballter Macht griffen die Föderation-Raumschiffe und deren Jagdverbände den Feind an und auch die Kriegsschiffe der Verbündeten mischten kräftig mit. Von STRATEGICAL STARBASE 71 aus fingerten Meterdicke Phaserstrahlen nach den Raumschiffen des Gegners und wie ein Hornissenschwarm näherten sich blitzschnell einige Dutzend Quantentorpedos und schlugen in den Schilden der Feindschiffe ein. In der interplanetaren Schwärze des Weltalls gingen die ersten Atomsonnen auf, als Raumschiffe der angreifenden Allianzflotte explodierten. Auf der ICICLE hatte Charall die Kontrollen der sechs nach vorne gerichteten Schweren Pulsphaser übernommen, ohne dass sie dafür einen besonderen Befehl benötigt hatte. Diese Vorgehensweise hatte sich inzwischen so eingespielt. Mit diesen Waffen erzielte die Bolianerin innerhalb weniger Augenblicke drei Abschüsse. Die schwere Bewaffnung der ICICLE prädestinierte das Raumschiff für den Kampf. Dabei brachte Lou-Thorben Ivarsson, der Pilot der ICICLE das Raumschiff immer wieder in günstige Angriffspositionen. Wobei der Lieutenant den Kreuzer teilweise wie einen leichten Jäger steuerte. Inzwischen bereiteten die Plasmatorpedos zweier romulanischer Angriffskreuzer einem Schlachtschiff der Gorn ein feuriges Ende. Es explodierte in einer Energiekaskade und riss zwei kleinere Raumschiffe des eigenen Verbandes mit sich ins Verderben. Doch auch die Föderation und ihre Verbündeten hatten Verluste zu beklagen. Zwei kleinere Kampfschiffe der Fünften Flotte wurden vernichtet ein Angriffskreuzer der Romulaner so stark beschädigt, dass er sich aus der Kampflinie zurückziehen musste und einer der zehn Klingon-Kreuzer driftete momentan antriebslos aus dem Verband weg. Auf der ENDEAVOUR, dem Flaggschiff der Fünften Taktischen Flotte stand Konteradmiral Carey, wie ein Fels in der Brandung und wies den einzelnen Verbänden bei Bedarf neue Vektoren zu, oder warnte vor möglichen Gefahren. Sie führte nicht zum ersten Mal einen Großverband ins Gefecht und das gab ihr Selbstvertrauen und Zuversicht. Beides erfuhr noch eine Steigerung, als ihr gemeldet wurde, dass die Raumschiffe der Sechsten Taktischen Flotte und die Sektorenflotte-Bajor im System unter Warp gingen und Konteradmiral Kuehn diese Einheiten auffächern ließ und sie in die Schlacht führte. Sie selbst ließ die Einheiten der Föderation und die ihrer Alliierten eine Schüsselformation hinter dem Feind bilden, in die sich die eben angekommenen Einheiten integrierten. Vor ihrem Zentrum befand sich die Flotte der Allianz, die nun von allen Seiten zugleich unter Feuer geriet. Gleichzeitig wurden die Gorn und die Tzenkethi auf die Station zu getrieben und flogen, nur Minuten später, in ein vernichtendes Abwehrfeuer der Strategischen Raumbasis. Immer wieder schlugen Phaserstrahlen und grell-weiß leuchtende Quantentorpedos in den schwächer werdenden Abwehrschirmen der Echsen-Raumschiffe ein. Mehr und mehr zerbrach die Angriffsfront der Angreifer, nachdem das letzte Schwere Schlachtschiff der Gorn vernichtet worden war. Die Besatzung der ICICLE erfuhr vorerst nicht, dass es ihr Raumschiff gewesen war welches das Flaggschiff der Feindflotte zerstört hatte. Ihr Kommandant war zum Inbegriff des Wortes Krieg geworden. Momentan sah und hörte Dheran nur, was er zur Führung dieses Gefechtes sehen und hören musste. Seine Anweisungen kamen kurz und präzise. Draußen im All brach das Verderben über die Verbände der Echsen herein. Wären die Gorn und Tzenkethi weniger stur gewesen, so hätten sie vielleicht einen Großteil der Flotte retten können. So aber setzten sie sich auch dann noch dem Beschuss der ihnen überlegenen Kräfte aus, als bereits Dreiviertel der Flotte zerstört war. Erst zu diesem Zeitpunkt gelangten einzelne Kommandanten der Allianz-Kriegsschiffe zu der Erkenntnis, dass ein Weitermachen keinerlei Sinn hatte. Plötzlich rissen die noch intakten Raumschiffe aus. Kaum mehr als siebzig der ehemals fünfhundert Kreuzer. Sie flohen einzeln oder in kleinen Pulks, nur noch darauf bedacht diesem Inferno irgendwie zu entkommen. Karenn von Ademak ließ diese Schiffe verfolgen und seine nur noch neun, der ehemals zehn, Kreuzer der VOR´CHA-KLASSE schossen fünf weitere Gegner ab. Bis ein Befehl von Admiral Torias Tarun eintraf, der jegliche weitere Verfolgungen untersagte. Der Admiral befahl die gesamte Flotte zur Station zurück. Im Fall der Romulaner zu den Orbitalwerften von Forlan-Prime. Bei Kuehn bedankte sich Tarun für die rechtzeitige Unterstützung, durch die von ihm geleiteten Verbände. Während der Konteradmiral die Raumschiffe der Sechsten Taktischen Flotte zum Gamma-Quadrant zurück beorderte, verblieben die Raumschiffe der Sektorenflotte vorerst im Forlan-System. Commodore Dheran bekam von Konteradmiral Carey inzwischen den Auftrag, dass sein Teilverband nach Überlebenden scannen und diese gegebenenfalls bergen sollte. Pasqualina Mancharella sah beinahe spöttisch zu dem Andorianer und flüsterte fragend: „War das Zufall oder will sie dich nicht auf der Station haben?“ Fast ebenso leise erwiderte Dheran: „Definitiv Letzteres.“ Mit einer beschwörenden Miene sagte der Andorianer dann mit deutlicher Betonung: „Commander Mancharella, bitte unterstützen Sie den Taktischen Offizier bei der Suche nach eventuell vorhandenen Lebenszeichen.“ Pasqualina Mancharella verstand und sie erlaubte sich ein ironisches Grinsen. Dieses Thema hatte hier auf der Brücke nichts verloren. Dem Andorianer zu zwinkernd kam sie dem Befehl dann auch sehr rasch nach. Dheran selbst schoss danach förmlich aus dem Sessel nach vorne und begab sich zu Lieutenant Lou-Thorben Ivarsson. Neben dessen Konsole stehenbleibend sah er zu ihm hinab und erkundigte sich mürrisch: „Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass sie wie ein Henker fliegen, Lieutenant Ivarsson?“ „Mehr als einmal, Sir!“, gab der Pilot zurück ohne dabei aufzusehen. Dheran gab ein undefinierbares Brummen von sich, bevor er etwas ruhiger meinte: „Sie haben durch ihre riskanten Einlagen die ICICLE mindestens zweimal davor bewahrt in dieser Schlacht vernichtet zu werden. Das werde ich so im Logbuch vermerken, Lieutenant.“ Als sich der Commodore entfernte sah der Norweger unsicher zu Charall. Seiner bolianischen Freundin und Navigatorin der ICICLE. „War das eben ein Lob?“ Charall machte eine vage Geste. „Darauf wette ich nicht. Obwohl es so klang.“ Erst als sie ihn vergnügt anlächelte, wurde ihm klar, dass sich Charall einen kleinen Spaß mit ihm erlaubt hatte. Ihr Lächeln erwidernd meinte er: „Na, warte du.“ Die beiden Offiziere konzentrierten sich wieder, als Dheran hinter ihnen sagte: „Steuermann: Kurs um drei Grad nach Backbord korrigieren. Navigator: Setzen Sie einen Kurs rund um das Trümmerfeld. Wir fliegen die Randzone ab.“ „Aye, Sir“, antworteten beide Offiziere, wie aus einem Mund. Sie sahen nicht das Schmunzeln des Andorianers, als er wieder in seinem Sessel Platz nahm. Der Verband von Commodore Dheran verbrachte noch über eine ganze Stunde in dem Trümmerfeld, bis feststand, dass es nichts mehr zu retten gab. Endlich übergab Dheran das Kommando an Lieutenant-Commander Harling, dem Chefwissenschaftler an Bord. Er selbst begab sich zu Pasqualina Mancharella und bat sie in seinen Bereitschaftsraum. Die Spanierin wartete noch einen Moment, nachdem Dheran in seinem Raum verschwunden war, bevor sie ihm nachfolgte. Als sie den Bereitschaftsraum des Commodore betreten und das Schott sich hinter ihr geschlossen hatte schritt sie rasch zu ihm. Ihr Umgang miteinander hatte sich in den letzten Tagen wieder deutlich zum Positiven gewandelt. Worüber die Spanierin sehr glücklich war. Der Andorianer hatte sich hinter seinem Arbeitstisch ans Fenster gestellt und sah hinaus in die sternengesprenkelte Schwärze des Alls. Er wirkte so verloren, dass Pasqualina seinen Arm umklammerte und ihn sanft drückte. Dabei sagte sie, fast flüsternd: „Ich kann mir sehr gut vorstellen wie es dir gerade geht. Hast du mit Christina gesprochen?“ „Ja. Mit ihr und danach mit Valand. Er hat mir dabei nur bestätigt was ich selbst bereits gewusst habe.“ Pasqualina wartete einen Moment. Als der Andorianer keinerlei Anstalten machte fortzufahren hakte sie ein: „Und was weißt du jetzt?“ Die Antennen des Andorianer krümmten sich nach vorne. „Ich kann nicht mit Christina zusammen sein. Zumindest nicht in der nächsten Zeit. Vielleicht nie mehr.“ „Sag das doch nicht“, verlangte Pasqualina und wunderte sich gleich darauf über diese Worte. „Vielleicht ist es nur Wut, die sich bald legt.“ Tar´Kyren Dheran wandte sich vom Fenster ab und sah der Spanierin in die Augen. In seinem Blick lag ein Zug von Endgültigkeit. „Was ist mit diesem Christian Sinemus. Willst du mit ihm zusammen sein? Oder besser gefragt: Kannst du das gegenwärtig?“ Die Frau schüttelte den Kopf. „Nein. Momentan sperrt sich da etwas dagegen.“ „Dann weißt du ja wie es mir geht.“ Die Spanierin nickte stumm. Dabei ließ ihre Linke seinen Arm los und reichte hinauf zu seiner rechten Wange, die sie ganz sacht streichelte. „Ja, das weiß ich.“ Tar´Kyren Dheran spürte die überbordenden Emotionen der Frau, bei dieser Berührung. Sie durchströmten ihn und er spürte überdeutlich ihre Liebe zu ihm. Ohne darüber nachzudenken legte er seine Arme um sie und zog sie zu sich heran. Sie küssten sich. Fast nur gehaucht. Einen Moment später sah Pasqualina den Andorianer erschrocken an und im nächsten Moment bog sie ihren Oberkörper zurück und gab dem Andorianer eine schallende Ohrfeige. Als der Andorianer sie nur verständnislos ansah überkam die Spanierin eine solche Wut, dass sie ihn gleich noch einmal ohrfeigte. Diesmal noch fester als zuvor. Unmut spiegelte sich in den Augen des Andorianers und er zog ihren Oberkörper wieder zu sich heran. Ohne ein Wort zu sagen küsste er sie erneut und diesmal ließ die Frau es nicht nur geschehen, sondern sie erwiderte ihn fordernd. Dabei drängte sie sich eng an den Leib des andorianischen Mannes und umschlang ihn, wie eine Ertrinkende. Dabei gab sie ein leises Gurren von sich. In diesem Moment wurde ihr klar, dass sie nie aufgehört hatte Dheran zu lieben. Auch wenn sie geglaubt hatte ihn hassen zu müssen, nachdem er sich am Heiligen Abend gegen sie und für Christina entschied. Pasqualina Mancharella gab Tar´Kyren Dheran endlich wieder frei und sah ihm nicht nur fragend in die Augen, sondern gleichfalls abwartend. Bei diesem Blick seiner XO sagte Dheran rau: „Wir hatten diese Unterhaltung zwar bereits in Cadiz, doch ich will dich nochmal darauf hinweisen, dass ich dir keine falschen…“ Unvermittelt hielt Pasqualina dem Andorianer einfach den Mund zu und zischte, beinahe zornig: „Weißt du was? Halt einfach die Klappe, mi corazon! Ich habe dir in Cadiz bereits gesagt, dass ich erwachsen bin und dass ich genau weiß was du für Christina empfindest. Und dass ich dieses Risiko eingehen werde. Also vergessen wir Christina Carey und vergessen wir Christian Sinemus. Wir haben uns. Das reicht mir im Moment!“ „Du meinst wir sollten wieder…“ „Ja, verdammt! Genau das meine ich!“ Dheran sah seiner XO tief in die Augen und irgendetwas in seinem Innern sagte ihm, dass sie vielleicht Recht hatte. Seine Gefühle für Pasqualina waren so intensiv wie noch nie. Spontan küsste er sie erneut und sagte dann, von seinen Emotionen überwältigt: „Du hast Recht. Wir haben uns. Soll alle Anderen die Rote Kreatur der Unterwelt holen!“ Sie wandten ihre Blicke schließlich den Sternen zu und fragten sich beide in diesem Moment, wie all das wohl irgendwann enden würde. * * * Im Anschluss an die Nachbesprechung der gewonnenen Schlacht um diese Station erstattete Aendeh´Khrein Ti´Maran fünf stunden später Bericht, was sich bei der Verfolgung der Flüchtigen zugetragen hatte. Außer ihr selbst hielten sich in der Besprechungslounge, in der Spitze der Station, noch Admiral Torias Tarun, die Konteradmirale Kuehn und Carey und die Commodores Sylvie LeClerc, Frank Revers, Linara Enari Sebastian Frank und Tar´Kyren Dheran auf. Außerdem General Tarev, Brigadier Karenn von Ademak und Ssiebh Tovolak. Ti´Maran führte aus: „Der mir unterstellte Verband verfolgte das Shuttle bis zum Klentorin-Asteroidengürtel, im Farrolan-System. Dabei stellte sich heraus, dass ihr Shuttle dazu in der Lage war unsere Kreuzer abzuhängen. Vermutlich durch eine Modifikation des Antriebs, der eine Überlast in Kauf nimmt. Als wir im System unter Warp gingen machten wir das Shuttle über einem der größeren Asteroiden aus und ich gab Order, diesen sofort anzufliegen. Gerade eben in Transporterreichweite habe ich einen schwerbewaffneten Bodentrupp zu dem Punkt beamen lassen, zu dem sich auch die drei Flüchtenden transportiert hatten, nachdem das Shuttle in Reichweite war. Die Soldaten fanden einen gut ausgebauten Stützpunkt innerhalb des Asteroiden. Als unsere Leute die Flüchtenden fast gestellt hatten lösten sie sich plötzlich vor ihren Augen in einer Energiespirale auf und verschwanden spurlos. Dabei konnten die Soldaten eine sich auflösende Differenz der Felddichte scannen.“ Einige der Anwesenden Zuhörer erahnten mehr als andere, was die Ausführungen der Romulanerin zu bedeuten hatten. Zu ihnen gehörte Valand Kuehn, der in Richtung der Romulanerin nickte und dann erklärte: „Wir müssen annehmen, dass diese drei Agenten aus dem Spiegeluniversum stammen. Mittlerweile sind Ihnen allen Memos geschickt worden, die genau die Zusammenhänge erklären.“ Sich nun speziell an die drei Verbündeten wendend verlangte der Konteradmiral eindringlich von ihnen: „Bitte informieren Sie umgehend Ihre Regierungen von diesen Vorfällen. Vielleicht kam es in den Einflussbereichen Ihrer Nationen bereits zu ähnlichen Fällen, ohne dass sie folgerichtig bewertet wurden. Desweiteren müssen wir zukünftig auf Veränderungen in der Felddichte des Weltraums besonders achten.“ „Wie sollen wir das bewerkstelligen?“, erkundigte sich Ssiebh Tovolak. „Uns fehlen die entsprechenden Scanner.“ Es war Torias Tarun, der darauf antwortete: „Vor etwa zehn Monaten brachte der Leitende Wissenschaftsoffizier der ICICLE Daten zur Station, die ich an das Sternenflottenkommando weitergeleitet habe. Darunter waren auch Baupläne zu Geräten, deren Zweck sich uns zunächst nicht erschloss. Doch mittlerweile konnten wir herausfinden, dass sich darunter eins befunden hat, mit dem man Schwankungen in der Felddichte des Weltalls anmessen kann. Im Umkreis von einigen Tausend Lichtjahren. Auf der Erde wurde bereits mit dem Bau solcher Scanner begonnen. In den nächsten Wochen werden wir Ihren Nationen diese Geräte liefern können. Die Pläne dazu erhalten Sie ebenfalls. Die Meldung über die Freigabe dieser Daten lief vor dieser Besprechung bei mir ein.“ Die meisten Anwesenden hatten atemlos den Worten des Admirals gelauscht. Es war schließlich Karenn von Ademak, der sich grollend bei dem Trill erkundigte: „Wenn ich richtig verstanden habe, dann gibt es in diesem Spiegeluniversum all das, was es hier auch gibt? Auch mich und Sie, Admiral?“ Der Trill machte eine zustimmende Geste. „Ja, Brigadier. Doch nach unserem Kenntnisstand ist dort Alles ziemlich brutal, destruktiv und kriegerisch. Ich glaube da würde es Ihnen sehr gut gefallen.“ Karenn von Ademak war sich nicht sicher, ob Tarun ihn mit seinen Worten hatte beleidigen wollen, oder nicht. Darum gab er nur ein finsteres Knurren von sich. Tarun wandte sich bereits T´Maran zu und sagte: „Ich bedanke mich für Ihren sehr gut formulierten Bericht, Commander. Sie haben getan was möglich war.“ Tarun beendete die Zusammenkunft. Auf dem Weg nach draußen drängte sich Sylvie LeClerc zu Dheran durch. Beinahe amüsiert wirkend sah sie den Andorianer an und erkundigte sich bei ihm: „Bei Valand kriegst du dich schon nach weniger als drei Monaten wieder ein und bei mir hast du über zwanzig Jahre lang Theater gemacht? Wegen einer Nichtigkeit? Weißt du, manchmal verstehe ich dich nicht, Tar´Kyren.“ Der Andorianer sah die quirlige Französin giftig an. „Es war eine Notlage.“ Wie zufällig rempelte die blonde Frau den Andorianer an und meinte widersprechend: „Blödsinn, Langer. Er ist dein Freund. Du brauchst ihn und er dich. Das ist es.“ Dheran wechselte schnell das Thema. „Bleibt ihr zwei noch auf der Station?“ „Nein, wir müssen im Anschluss aufbrechen. Aber du begleitest Valand zum Liegeplatz der OBERON, habe ich gehört.“ „Ach“, machte Dheran. „Wie gut, dass ich das auch schon erfahre.“ Sylvie LeClerc zwinkerte dem Andorianer nur zu und schritt schneller aus, wobei sie ihren Verlobten überholte und ihn kurz am Arm drückte. Der ließ sich prompt zu Dheran zurückfallen und der Andorianer stellte verwundert fest, wie gut sich beide auf non-verbaler Ebene verstanden. Neben ihm angekommen fragte Valand, während sie zum nächsten Turbolift-Zugang schritten: „Du weißt, dass Sylvie und ich uns verlobt haben?“ Dheran bejahte und der Norweger erklärte: „Sehr gut. Wir möchten dich nämlich bitten einer unserer Trauzeugen zu sein wenn wir heiraten. Meiner um es genauer zu formulieren. Aber bis dahin ist noch etwas Zeit.“ Sie bestiegen die Liftkabine und erst als sie unterwegs waren, in Richtung Hangarscheibe, da erwiderte der Andorianer: „Du kannst auf mich zählen. Hast du Sylvie von der Begegnung mit der Ahy´Vilara aus dem Spiegeluniversum erzählt.“ „Natürlich. Ich habe keine Geheimnisse vor Sylvie. Es tut mir leid, dass ich sie für eine Weile vor dir haben musste.“ Sie erreichten endlich den Liegeplatz der OBERON. Am Andock-Tunnel verabschiedeten sie sich und Tar´Kyren Dheran sagte: „Pass auf dich und auf Sylvie auf.“ „Ja. Du aber auch auf dich und auf Pasqualina.“ Der Norweger zwinkerte dem Freund kurz zu und wandte sich ab. Zurück blieb ein Andorianer, der versuchte zu ergründen, wie der Freund so schnell von den neuesten Entwicklungen hatte erfahren können. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)