[Operation Nautilus] Andara-House von MarySueLosthername (Mein letztes Jahr) ================================================================================ Kapitel 17: "Dunkle Wolken" --------------------------- Ich musste mich nun ziemlich beeilen, um Stan und Jeffrey noch einzuholen, denn die beiden schienen es plötzlich ziemlich eilig zu haben. Entschlossen umklammerte ich den Griff meines Koffers und lehnte den Oberkörper mehr nach links, um das Gewicht so gut es ging tragen zu können. Durch Jeffrey wusste ich, dass wir nicht viel laufen würden und dass Stan uns mit seinem neuen Automobil – seinem ganzen Stolz – abholen würde. Aber das war mir in dem Moment reichlich egal. Ich war so wütend, dass ich solche Kräfte entwickelte und mir vorstellen konnte, den schweren Koffer bis zu Stans Haus zu tragen. Notfalls würde ich ihn bis dahin werfen können. Ja, und Jeffrey vielleicht direkt hinterher! Was war nur in ihn gefahren, so respektlos und unfreundlich zu Pauls Vater zu sein? Und dann tat sein Onkel auch noch das Gleiche. Verbissen starrte ich auf den Boden, sodass ich fast in Jeffrey hineingelaufen wäre, als dieser plötzlich stehen blieb. „Wahnsinn!“, rief er mit überschnappender Stimme aus, ließ seinen Koffer achtlos fallen und rannte wie ein angestochenes Huhn um das schicke Automobil herum. Ein Cadillac Model 30, wie er mir sofort auf die Nase band. Ich zuckte nur desinteressiert mit den Schultern, da ich regelrecht vor Wut kochte und daher Jeffreys Begeisterung über das Gefährt absolut nicht teilen konnte. Aber er schien das gar nicht weiter zu bemerken oder es war ihm gerade einfach egal. Aufgeregt sprang er wieder um das Auto herum, blieb einige Minuten vor Stan stehen und löcherte ihn mit Fragen dazu. „Und man muss tatsächlich nicht kurbeln?“, sprudelte es aus ihm heraus und ich befürchtete, er würde hyperventilieren und umkippen, als Stan den Kopf schüttelte. Wer hätte gedacht, dass Jeffrey sich so für Automobile interessierte? Irgendwie war es ja auch niedlich, aber ich entschied mich, weiterhin sauer zu sein. „Wahnsinn! Wie funktioniert das? Darf ich fahren?!“ „Vergiss es!“, rief Stan lachend aus. „Hast du eine Ahnung, wie teuer der Spaß war?“ Die nächsten Minuten verbrachte Jeffrey damit, zu meckern wie ein Rohrspatz, während Stan unsere Gepäckstücke sorgsam verstaute. Die folgende Fahrt gestaltete sich etwas beengt, obwohl das Fahrzeug an sich sehr luxuriös war. Aber mit unserem ganzen Gepäck war seine Kapazität dann doch recht schnell erreicht. Dennoch war dieses Fahrzeug ein Wunderwerk der Technik. Stan hatte nicht zu viel versprochen: Nachdem Jeffrey und ich auf der ledernen Rückbank Platz genommen und Sally sich vorne neben den Fahrersitz gesetzt hatten, betätigte Stan einige Schalter und Heben und das Automobil erwachte wie von selbst zum Leben. Ich staunte nicht schlecht, dass das lästige und zum Teil auch gefährliche Kurbeln hier entfiel. Vor allem staunte ich aber, wie zuverlässig der Wagen ansprang. Nun teilte ich Jeffreys Begeisterung doch, auch wenn mich die technischen Details weniger interessierten. Allein die Tatsache, dass so etwas möglich war, reichte aus – da brauchte ich mich nicht tiefer damit auseinanderzusetzen. So geschah es, dass ich doch für gute 20 Minuten von meinem Groll abgelenkt war. Zum einen, weil es unglaublich spannend war und zum anderen war das Automobil trotz aller technischen Raffinesse ziemlich laut und die Fahrt holprig. Jedoch um Längen komfortabler als mit einer Kutsche, deren Achsen kaum gefedert waren. Die ersten fünf Minuten hatte ich mich noch dagegen gewehrt, aber dann teilte ich Jeffreys Euphorie und warf ihm sogar einmal ein schwaches Lächeln zu. Dafür hätte ich mir zwar am liebsten auf die Zunge gebissen, aber ein kleiner Teil in mir wollte eigentlich gar nicht mehr sauer sein. Ich hatte mir so viel von diesen Wochen erhofft und das tat ich noch immer. Warum sollte ich es mir nun also wegen so eines seltsamen Vorfalls vermiesen? Nein, mein Groll schwand merklich. Dennoch, ansprechen musste ich es, schwor ich mir. Als wir ankamen, war ich daher nicht mehr ganz der Vulkan, der kurz vor seinem Ausbruch stand. Sondern eher ein tiefer, stiller See, in den meine Fragen und Anschuldigungen versanken, bis ich nach ihnen tauchte oder in dem sie sich stapelten, bis das letzte Fleckchen Wasser verschwunden war. Wieder typisch! Ich entschied mich für Rückzug, anstatt den Angriff zu wählen. Genau das, was Jeffrey mir am Anfang unserer Beziehung vorgeworfen hatte. Wieder typisch!, konnte ich genau seine Stimme hören, die diese Worte in meinem Kopf sprach. „Kommst du rein oder brauchst du noch eine Minute frische Luft?“, riss mich Jeffreys Stimme – die ich mir nun nicht zusammensponn – aus meinen Gedanken. Ich blinzelte und fand mich selbst vor dem Café stehend wieder, während Stan bereits meinen und Jeffreys Koffer hereingetragen hatte. Stumm nickte ich und fühlte den Ärger doch wieder etwas in mir aufflammen, auch, wenn ich mir jetzt nicht mehr sicher war, gegen wen er sich richtete. Aber die gemütliche Atmosphäre, die immer im Café herrschte, vertrieb meine schlechten Gefühle schnell und ersetzte sie mit einer aufregenden Neugier, weil ich nun zum ersten Mal auch die privaten Räume sehen würde, die Stan, Sally und auch des Öfteren Jeffrey bewohnten. Damit kannte ich nicht nur Jeffreys besonderen Rückzugsort, sondern auch den Platz, an dem seine Familie lebte. An dem sie alles teilten: Freude, Leid und vor allem Geborgenheit. Nachdem Stan die Tür des Cafés hinter mir wieder sorgsam verschlossen hatte, lief er mit unseren Koffern am Tresen vorbei und durchquerte einen schmalen Gang, der zu einer weiteren Tür führte. Diese war aus einfachem Eichenholz gefertigt und bestand nicht aus Glas und verschnörkelten Eisenverzierungen, wie die Eingangstür des Ladenlokals. Dahinter befand sich nur ein winziger Vorraum, der gerade der Tür Platz ließ, um sie nach innen öffnen zu können und danach folgte eine steile Holztreppe, die hinauf ins obere Stockwerk führte. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Sally uns nicht folgte. Sie hatte sich bereits geschäftig ihre Schürze umgebunden und polierte die ohnehin sauberen Tische auf Hochglanz. Ich bestaunte, wie sie sich dabei ins Zeug legte und routiniert von einer Arbeit zur nächsten lief. Was mir aber vor allem auffiel war, dass sie darin vollkommen aufzugehen schien. Nach alldem, was ich nun über sie wusste, sah ich ihren Einsatz nun noch einmal aus ganz anderen Augen. Unsere Blicke trafen sich und sie strahlte mich mit einem solchen Lächeln an, dass ich meine Sorgen und die Wut für einige Sekunden vergaß. Bis sie mit dem Zeigefinger der rechten Hand nach oben deutete und mir bewusstwurde, dass ich der Einzige war, der noch am Fuße der Treppe stand. Hastig folgte ich Jeffrey und Stan. Zwar konnte ihre Wohnung nicht unendlich groß sein, dass ich mich darin verlaufen würde, aber mir war es dann schon unangenehm, allein durch mir unbekannte Zimmer zu laufen. Zum Glück waren sie in der Zeit, die ich mit Träumen vergeudet hatte, nicht sehr weit gekommen, sondern erwarteten mich im oberen Flur. Die erste Zimmertür auf der rechten Seite stand offen. Darin erkannte ich ein großes Bett, sowie einen kleinen Tisch und eine Kommode, auf der eine Schale und eine Karaffe standen. Außerdem befanden sich sowohl meiner, als auch Jeffreys Koffer darin. Damit hatte sich meine Frage, wo ich in Stans Wohnung wohl schlafen würde, geklärt und natürlich konnte Stans Wohnung nicht endlos Zimmer haben. „Ich hoffe, es ist in Ordnung für dich, wenn ihr in einem Bett schlaft?“, kommentierte Stan meinen neugierigen Blick in das Zimmer. „Es ist ja groß genug. Und wenn ich Jeffrey und Sally in ein Zimmer stecke, überlebt das keiner. Außerdem dachte ich, das sei in eurem Sinne.“ Er bedachte mich dabei mit einem sonderbaren Lächeln, sodass ich es nicht länger schaffte, seinem Blick standzuhalten und lieber auf den Boden starrte. Was hatte er damit gemeint 'In unserem Sinne'? Ahnte er etwas oder hatte Jeffrey es ihm gar erzählt? Wenn ja, waren wir sicher? Aber wenn er es wusste, hätte er uns sicher niemals zusammen in ein Zimmer gelassen. Geschweige denn, mich bei ihm aufgenommen. „Ich zeige dir noch den Rest der Wohnung, aber dann muss ich runter in das Café und Sally helfen. Ihr könnt euch dann etwas ausruhen oder auf ein Stück Kuchen runterkommen. Wie ihr möchtet.“ Das Café musste wirklich einen guten Gewinn abwerfen. Denn Stans Wohnung war, wie das Ladenlokal im unteren Stockwerk, äußerst komfortabel. Man konnte sogar sagen, dass sie luxuriös, aber gleichzeitig auch nicht übertrieben war. Eben auf Stans Art: funktional und geschmackvoll. Es folgten zwei Zimmer auf der gleichen Seite wie Jeffreys, die wir unbeachtet ließen und bei denen es sich um die Privaträume von Sally und Stan handeln musste. An der gegenüberliegenden Stirnseite des Flurs führte eine Tür in einen großzügigen Salon, der von einem riesigen Erkerfenster eingerahmt war. Gemütliche Sitzbänke, Vorhänge, sowie zahlreiche Bücherregale und ein Kamin, der an kalten Tagen die Sitzgruppe in einen warmen Schein hüllte, machten das gesamte Bild behaglich. Ich fühlte mich sofort Zuhause und hätte mich am liebsten in einen der Sessel fallen lassen, um die Füße hochzulegen. Aber natürlich wollte ich nicht unhöflich sein und der Rest der Wohnung interessierte mich auch. Und es gab tatsächlich noch viel zu entdecken. An das Wohnzimmer folgte ein offener Essbereich, über den eine weitere Tür wieder in den Flur führte, von wo aus man noch in Küche und Badezimmer gelangte. Besonders das Badezimmer hatte es mir angetan, sodass mein Staunen kaum zu übersehen war. Die sanitären Einrichtungen gehörten zu dem modernsten, was der derzeitige Markt anzubieten hatte und es gab sogar eine Dusch-Wannenkombination mit dazugehörigem Ofen, der für die richtige Badetemperatur sorgte. Wenn man einmal bedachte, dass so ein Badezimmer nicht für jeden Haushalt eine Selbstverständlichkeit war und die meisten Leute öffentliche Duschhäuser nutzen mussten, war das absolut beeindruckend. Dazu kam, dass ich mich kaum noch erinnern konnte, wann ich zum letzten Mal ein richtiges Wannenbad genommen hatte. „Wahnsinn“, entfuhr es mir, während mein Blick unstet durch den hellen Raum wanderte und ich überhörte, wie Stan sich verabschiedete. Selbst die Tür, die kurz danach geschlossen wurde, nahm ich nur am Rande wahr. „Und?“, hörte ich Jeffreys Stimme und vor allem spürte ich seinen Atem im Nacken, dass sich mir die feinen Härchen dort aufstellten. „Willst du es ausprobieren?“ Mein erster Instinkt war, mich gegen ihn zu lehnen und die Hände, die sich nun kreisend an meinem oberen Rücken bewegten, zu genießen. Jedoch kam mir auch schnell wieder in den Sinn, dass ich eigentlich noch sauer auf ihn war und ihn wegen seines Verhaltens zur Rede stellen wollte. Daher verspannte ich mich recht schnell und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Jeffreys Hände griffen nun etwas fester zu und wenige Sekunden später hörte ich ihn seufzen. „Du bist wirklich ziemlich verspannt. Glaub mir: So ein heißes Bad könnte dir helfen.“ Entgegen meiner eigentlichen Meinung, zuckte ich nur mit den Schultern. Ich hatte nicht vor, ihm in die Karten zu spielen, indem ich zugab, dass ich nichts lieber tun würde. Allein die Vorstellung, wie mein angespannter Körper in das warme Wasser sinken würde, hinterließ ein wohliges Gefühl in mir. Aber ich war definitiv noch sauer, auch wenn mich die Führung durch die Wohnung für einige Minuten davon abgelenkt hatte. Grummelnd riss ich mich von ihm und meinen aufkommenden Gefühlen, die mich hätten einknicken lassen, los. Außerdem war mir auch nicht ganz wohl dabei. Ich war gerade ein paar Minuten hier und wollte nicht direkt das Badezimmer belegen und Unmengen an Litern von heißem Wasser verbrauchen. Das kam mir einfach falsch vor. Wie ich feststellte, hatte Jeffrey damit jedoch kein Problem. Als ich mich schließlich doch zu ihm umdrehte, erkannte ich, dass er sich bereits von Krawatte und Hemd befreit hatte und mit nacktem Oberkörper vor mir stand. Ich schluckte schwer, da sein Anblick mich äußerst nervös machte und die Mauer aus Unmut um mich herum etwas zu bröckeln begann. Woher wusste er nur so genau, was er machen musste, damit ich tat, was er wollte? „Geht das denn auch in Ordnung?“, fragte ich zögernd und hatte noch immer Bedenken, dass wir uns so Stans Unmut zuziehen würden. „Ja, warum denn nicht?“, beschwichtigte Jeffrey mich. „Immerhin wohne ich auch hier, trotz dessen, dass ich die meiste Zeit im Internat bin.“ „Hmm.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust, aber es war nur ein Versuch, die schon eher halbherzige Gegenwehr aufrechtzuerhalten. In Gedanken hatte ich mich bereits ausgezogen und war mit einem Satz in die Wanne gesprungen. Aber das musste Jeffrey ja nicht wissen. „Aber was soll dein Onkel denken, wenn er bemerkt, dass wir beide stundenlang zusammen im Badezimmer verschwunden sind? Oder schlimmer: Jemand kommt herein?“ Diesmal war er es, der mit den Schultern zuckte. „Na, wir können doch abschließen und Stan und Sally haben gut im Café zu tun. Jetzt komm, stell dich nicht so an! Oder bist du wasserscheu?“ Ich schluckte meine bissige Antwort herunter und schüttelte langsam den Kopf, nur, um dann direkt zu nicken. „Du bist wasserscheu?!“, entfuhr es Jeffrey mit überschnappender Stimme. „Haben wir die Glückskuchen vertauscht? Jetzt ergibt das alles Sinn!“ „Nein, du Idiot! Ich meinte: Ja, lass uns baden. Und jetzt mach, bevor ich mir es anders überlege“, maulte ich ihn an und kämpfte darum, meine Fassung wiederzuerlangen. Da war er wieder, der Jeffrey, der alles ins Lächerliche zog und nicht ernst bleiben konnte. Es gab Situationen, wie diese, an denen mir das wirklich auf die Nerven ging. Aber gleichzeitig brachte er mir dadurch ein Lachen auf die Lippen. Geschickt entfachte Jeffrey das Feuer im Ofen, wodurch die verschnörkelte Badewanne auf den kunstvollen Löwenfüßen bald mit dampfendem, warmen Wasser gefüllt war. Dabei erfüllte der zugefügte Lavendelzusatz die Luft mit einem angenehm beruhigenden Duft. Ich seufzte. Zum einen, weil der Geruch begann, mich einzulullen und zum anderen, weil ich nicht wusste, wie ich noch die Kraft aufbringen sollte, wütend zu sein. Ich konnte mir in diesem Moment durchaus vorstellen, dass Jeffrey das so geplant hatte. Er hatte gemerkt, wie sauer ich war und mir direkt den Wind aus den Segeln genommen. Dieser … Wieder einmal war ich tief in meine Gedanken versunken, aus denen mich erst das Quieken des Wasserhahns und dann das Klicken des Türschlosses holten. Damit war klar: Ich war gefangen und es gab kein Zurück mehr. Schwer schluckend beobachtete ich, wie Jeffrey schließlich auch Hose, Socken und Unterhose fallen ließ und nackt durch das Zimmer lief, als sei das das Natürlichste der Welt. Sein schwungvoller Gang brachte dabei seine untere Region dermaßen ins Schwingen, dass ich nicht anders konnte, als genau hinzusehen. Was er natürlich mit einem Grinsen quittierte und sich noch einmal extra streckte, bevor er in die Wanne stieg. Es platschte nur so, als er sich fallen ließ und ich machte mir ernsthafte Sorgen um den schönen Holzfußboden. Die ganze Einrichtung hier war sicher nicht billig gewesen und Jeffrey benahm sich wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen. Missbilligend zog ich eine Augenbraue hoch und erinnerte mich, wovon mich nun auch die nackte Haut ablenken wollte. Ich war immer noch sauer auf ihn. „Was ist nun?“, murrte Jeffrey, als er nach seinem kurzen Tauchgang über den Rand der Badewanne lugte. „Willst du dich nicht ausziehen oder badet man in Indien in voller Montur?“ Ein abwertendes Geräusch kam über meine Lippen, während ich seine Augen mit meinem Blick fixierte und den Knoten meiner Krawatte löste. Ich tat es extra langsam und verfuhr so auch mit dem Rest meiner Kleidung. Sollte Jeffrey doch warten, wenn er meinte, heute so ein Idiot sein zu müssen! Dummerweise bekam ich nach kurzer Zeit jedoch das Gefühl, dass ihm das auch noch gefiel und brummte genervt. Und wenn ich es genau betrachtete, schadete ich hier nur mir selbst. Wenn ich mich in Zeitlupe auszog, war das Wasser möglicherweise kalt, wenn ich es in die Wanne geschafft hatte. Also ließ ich den Rest genauso ungeduldig fallen, wie Jeffrey zuvor und stieg zu ihm, bevor er weitere blöde Kommentare abgeben konnte. Jedoch verzog ich mich an das andere Ende und legte mich nicht, wie er es mir andeutete, zwischen seine geöffneten Beine. Zwar wäre es bequemer gewesen, mich an seinem Oberkörper anzulehnen, aber ich wollte ihm diese Nähe nicht gönnen. Nicht jetzt, wo es etwas zu klären gab. Auch wenn ich mit meinen Beinen, die ich nahe an meinen Körper gezogen und umklammert hielt, nicht so aussah, genoss ich wirklich die Wärme des Wassers und verspürte fast schon so etwas wie Schuldgefühle, dass ich meinen Groll nicht vergessen konnte. Aus funkensprühenden Augen blickte ich zu Jeffrey herüber, der mich ratlos ansah und immer noch stolz sein bestes Stück präsentierte. „Also gut. Jetzt raus damit: Was ist eigentlich los? Ich dachte, du würdest dich auf diese Wochen freuen und nun ziehst du die ganze Zeit ein Gesicht, als würden wir dich dazu zwingen!“, brach es urplötzlich aus ihm heraus und das Wasser schwappte nun tatsächlich aus der Wanne, als er sich mit einem Ruck aufsetzte. „Das fragst du noch?!“ Meine Stimme war ein dunkles Zischen und ich zog die Beine noch enger an den Körper, da mir plötzlich eisig kalt war. Stur erwiderte ich Jeffreys Starren, der mir ebenso patzig entgegenblickte. „Ja! Das frage ich dich! Ach, weißt du was: Sag nichts! Ich weiß es schon. Das ist dir hier nicht Carlton genug! Tut mir leid, dass du dich hier mit so wenig zufriedengeben musst!“ Mit offenem Mund starrte ich ihn an und versuchte noch, zu realisieren, ob ich das eben wirklich gehört hatte. Vielleicht war ich auch beim Einsteigen in die Wanne gestürzt und lag bewusstlos im Wasser. Jedoch fühlte sich der Schwamm, der gerade in meine Richtung trieb, sehr echt unter meinen Fingern an. Ohne zu zögern hatte ich danach gegriffen und warf den schweren, mit Wasser vollgesogenen Schwamm in Jeffreys Richtung, dass es nur so platschte. „Bist du eigentlich vollkommen bescheuert?!“, rief ich so wütend wie noch nie. „Als ob es mir darum ginge! Nur zu deiner Information: Selbst, wenn mich die Queen einladen würde, wäre ich lieber bei dir! Aber du arbeitest gerade gut daran, das kaputt zu machen!“ Ich hätte noch mehr rausgeschrien, aber das nasse Ding prallte nun haltlos in mein Gesicht und ließ mich blinzelnd das Wasser aus den Augen wischen. „Und warum schweigst du dann die ganze Zeit so verbissen, seit mein Onkel gesagt hat, dass du da nicht hin kannst? Ich hab doch gesehen, wie sehr dich das gereizt hat!“ „Natürlich war das reizvoll! Aber das ändert nichts daran, dass ich lieber bei dir bin!“, keifte ich zurück und ließ eine Welle durch die Wanne gehen, sodass Jeffrey im nächsten Moment genauso mit klatschnassen Haaren dasaß, wie ich. „Es geht hier auch gar nicht um irgendein blödes Hotel! Ich bin sauer, dass du so mies zu Pauls Vater warst!“ Ich erwartete, dass wir nun im Wechsel so weiter schreien würden und das Jeffrey nun an der Reihe war. Daher irritierte mich sein Blick, der urplötzlich weicher wurde, vollends. „Es ist dir gar nicht aufgefallen, oder?“ „Aufgefallen? Was meinst du?“, gab ich verwirrt zurück. „Wie er dich immer ansieht.“ Wie er mich immer ansah?, wiederholte ich in Gedanken. Wie sollte er mich schon ansehen? Kapitän Winterfeld war ein freundlicher und zuvorkommender Mann. Außerdem ein Vater, der stets nur das Beste für sein Kind wollte und dabei in den meisten Fällen absolut fair war. Was an ihm sollte schlecht sein? Womöglich war Jeffrey doch eifersüchtig, kam es mir in den Sinn. Dachte er etwas, dass Pauls Vater etwas von mir wollte? „Wie er mich ansah“, wiederholte ich im Stillen erneut. Nein, mir war absolut nichts Besonderes daran aufgefallen. Ich schwieg und überlegte einige Minuten lang, in denen Jeffrey mich vollkommen geduldig musterte. Schließlich schüttelte ich den Kopf, was ihn zu einem schweren Seufzen verleitete. Die Spannung, die noch vor kurzer Zeit in der Luft lag, war vollkommen verschwunden, daher machte es mir nichts aus, als Jeffrey näher zu mir rutschte und meine Hände in seine nahm. „Manchmal, wenn er glaubt, dass keiner es sieht, hat er diesen Blick. Ich kenne ich von Geschäftspartnern meines Vaters, die den großen Gewinn wittern und alles dafür tun würden, um den großen Deal abzuschließen.“ „Aber das ist doch ...“, begann ich, wurde jedoch sofort wieder von Jeffrey unterbrochen. „Lass mich ausreden. Ich weiß nicht was es ist, was er von dir will, aber da ist etwas, Mike. Irgendetwas stimmt hier nicht und ich glaube, dass du in Gefahr bist. Und du hast gesehen wie mein Onkel reagiert hat. Er hat es auch gesehen!“ Geschockt blickte ich ihm entgegen und ich glaube, dass ich minutenlang sogar nicht geblinzelt hatte. Dann brach das Lachen plötzlich so heftig aus mir heraus, dass es nun Jeffrey war, der mich perplex musterte. Fast wäre ich wirklich auf Jeffreys kleine Geschichte hereingefallen und er hatte wirklich gut gespielt. Ich war so auf ihn hereingefallen, dass ich absolut sauer über sein Verhalten gewesen war. Nun war ich mir aber sicher, dass dies nichts anderes als ein Streich, wie damals im Westflügel, sein konnte. „Tut mir leid, dass ich so darauf angesprungen bin und wir uns sogar gestritten haben“, entschuldigte ich mich bei ihm und schlang die Arme um seinen Hals. Meine Wut war nun endgültig weg und machte einem erleichterten Gefühl Platz. Endlich freute ich mich wieder, die zwei Wochen bei ihm zu sein und ihm dabei um einiges näher zu kommen. „Nein, ich meine das e...“ Ich ließ ihn nicht ausreden, sondern kam auf seinem Schoß zum Sitzen und verschloss seinen Mund mit meinen Lippen. Nach einem kurzen Moment der Überraschung fiel er schließlich mit in den Kuss ein und ich vergaß seinen dummen Scherz recht schnell wieder. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)