[Operation Nautilus] Andara-House von MarySueLosthername (Mein letztes Jahr) ================================================================================ Kapitel 9: "Atemlos" -------------------- Ich war mir sicher, dass ich schon längst wieder fit wäre und laufen könnte, wenn man mich nicht ans Bett gefesselt hätte. Missmutig sah ich vor mich hin und grummelte nur, als die Schwester mir ein weiteres Kissen brachte und es mir voller Enthusiasmus in den Rücken stopfte. Wie konnte man nur so gute Laune haben, ging es mir pessimistisch durch den Kopf. Hier? In einem Krankenhaus, wo man tagtäglich von Tod und Krankheit umgeben war? Auch wenn dieses Krankenhaus anders war, als andere – obwohl ich zum Glück noch nicht so viele gesehen hatte in meinem Leben. Aber dieses hier ähnelte fast schon einem Hotel. Ich lag nicht, wie es üblich war in einem überfüllten Gemeinschaftsraum oder einem Zimmer, das trotzdem noch vier Betten beherbergte. Nein, ich hatte ein Einzelzimmer mit schicker Holzvertäfelung an den Wänden und weißen Vorhängen vor dem Fenster, die sich sanft im Wind bewegten. Aber genau das war mein Problem. Ich war hier allein! Ich hing an dieser blöden Infusion, die für mich nichts anderes war, als eine Kette an der Wand und keiner erlaubte mir aufzustehen. Dabei wollte ich nichts anderes, als zu Jeffrey gehen, um zu sehen wie es ihm ging. „Sei doch bitte etwas netter, Kumara.“, hörte ich meinen Vormund, der neben mir in einem schicken Ledersessel saß, seufzen. „Die Schwestern sind alle so freundlich hier und du ...“ Schnaubend verschränkte ich die Arme vor der Brust und sah demonstrativ in die andere Richtung. Auch wenn Divari nichts für meine schlechte Laune konnte und es mir leid tat, aber ich wusste einfach nicht wohin mit meinen Gefühlen. Ich war sauer. Sauer das es Jeffrey wegen mir jetzt so schlecht ging, dass wir sogar im Krankenhaus waren und ich jetzt nicht einmal bei ihm sein konnte. Anstatt neben seinem Bett auf ihn aufzupassen, gammelte ich im Raum nebenan vor mich hin. „Kumara, was ist nur in letzter Zeit los mit dir?“ „Jetzt hör endlich auf damit! Mein Name ist Mike.“, blaffte ich ihn an, doch so schnell, wie mir die Röte ins Gesicht gestiegen und die Worte aus mir heraus gesprudelt waren, tat es mir auch wieder leid. Schuldbewusst sah ich Divari an, der wirklich verletzt aussah und spielte nervös mit meiner Bettdecke. „Es ... tut mir leid.“, murmelte ich mit erstickter Stimme. „Ich ...“ Ich brach ab, sah ihn hilfesuchend an und blickte schnell wieder auf die Decke, als ich das verräterische Brennen in meinen Augen fühlte. Warum konnte ich mich in letzter Zeit nur wie ein Arschloch benehmen? Ich hatte Paul von mir gestoßen, Jeffrey fast umgebracht und nun behandelte ich den Mann, der alles für mich tat, wie ein Stück Dreck. Wann hatte es nur Angefangen, dass alles in meinem Leben so schrecklich kompliziert war. Wenn Divari nun aufstehen und gehen würde, ich könnte es ihm nicht verübel und hätte vollstes Verständnis dafür. Ich erwartete es sogar, umso überraschter war ich, als ich mich plötzlich in seiner Umarmung wiederfand. „Es ist alles meine Schuld!“, hörte ich mich plötzlich selbst schluchzen, als wäre durch die Berührung ein Damm gebrochen. „Ich war selbstsüchtig und ungerecht und deswegen ist Jeffrey ...“ Ich weinte wie ein kleines Kind, während er mir trösten über den Kopf strich und mir ohne Unterlass zuflüsterte, dass eben nicht meine Schuld war. Aber ich fühlte mich dadurch nicht besser und die Wut die ich fühlte wuchs weiter. Nur weil ich solche kranken Gefühle hatte, kämpfte Jeffrey jetzt um sein Leben. „Woher wisst du das wissen?! Warst du dabei?“, schrie ich blind meinen Zorn hinaus und fand mich Sekunden später in einem Hustenkrampf wieder, der mich schwer nach Luft ringen ließ. Zwar brannte bereits meine Lunge, als sei sie mit siedendem Öl gefüllt, aber ich erlaubte mir nicht einzusehen, dass ich ebenfalls Hilfe brauchte. „Etwas mit … mir ...ist einfach … falsch.“, brachte ich unter qualvollen Atemzügen hervor. „Nein, hör auf so zu reden.“, sagte Divari entschieden und drückte mich auf das Bett zurück. „Wenn jemand sich Vorwürfe machen sollte, dann bin ich das. Du befindest dich in einer schwierigen Lebensphase und ich habe das verkannt.“ Er lächelte beinahe bitter. „Es fällt mir manchmal schwer, nicht mehr das Kind in dir zu sehen, das ich großgezogen habe und zu begreifen, dass du langsam erwachsen wirst.“ Divari winkte der Schwester, die gerade wieder herein kam und auf sein Geheiß wieder davon hetzte. Vermutlich um Dr. Mason zu holen, stellte mein Hirn ganz analytisch fest, während ein anderer Teil meines Kopfes begriff, dass ich gerade echt schwer Luft bekam. Und dieser Teil sorgte für ordentlich Panik. Ich fragte mich, wie Divari so ruhig bleiben konnte, während ich wohl gerade erstickte? Der Husten tat unglaublich weh und ich wollte es einfach nicht mehr, aber ich konnte auch nicht aufhören. Meiner Brust wurde das langsam echt zu viel. Warum brach denn sonst keiner in Panik aus? Immer wieder versuchte ich Divaris Hände wegzuschlagen, die mich auf dem Bett hielten, während er mir sagte, es sei wichtig ruhig zu bleiben. Ja, spinnte er denn? Dann hörte ich ein Klacken und wie jemand eine Anweisung rief, mir schwindelte, deswegen verstand ich es nicht ganz. Nun drückte mir eine unbarmherzige Hand auch noch etwas auf mein Gesicht, sodass die wenige Luft, die ich bekam, nach Leder und Gummi roch. Mir wurde übel und ich versuchte verzweifelt, die Hand wegzudrücken. „Ganz ruhig, Mike. Es wird gleich besser werden.“ Es war Dr. Masons Stimme, aber sein Gesicht über mir verschwamm immer wieder. „Du atmest jetzt ein und dann wieder aus; und dann fängst du wieder von vorne an.“ Ich fand seine Anweisungen einfach nur lächerlich. Wie sollte ich atmen, wenn man mir ein Stück Leder auf das Gesicht gedrückt hatte? Aber seine Stimme hatte einen solchen suggestiven Klang, dass ich tat, was er von mir verlangte. Schnell bemerkte ich die seltsam schmeckende Luft, welche sich den Weg zu meinen Lungen bahnte. Ich konnte atmen und man versuchte nicht, mich umzubringen, wie ich in meinem Sauerstoffmangel für einige Augenblicke gedacht hatte. Als sich der Dunstschleier vor meinen Augen gelichtet hatte, erkannte ich nun auch den Arzt und die Schwester, die mit professioneller Gelassenheit zu mir herabsahen. „Verstehst du nun, dass auch du krank bist und genauso Hilfe brauchst wie dein Freund?“, fragte Dr. Mason ruhig, aber ohne Vorwurf in der Stimme. Ich nickte bloß und das nicht nur, weil ich unter der dicken Sauerstoffmaske nichts sagen konnte, sondern auch, weil ich absolut nicht wusste, was. Vor ein paar Tagen war ich wegen Jeffreys Zustand so geschockt gewesen, dass ich alles, was in mir vorging, ignorierte und den Husten, die Schwäche und das Brennen in meiner Lunge nicht wahrhaben wollte. All das existierte für mich nicht, denn ich wollte Jeffrey die Hilfe, die er brauchte, nicht durch mich verwehren. Immerhin hatte ich ihm das eingebrockt. Daher dachte ich wohl, ich hätte es nicht verdient. Aber die Wahrheit war, dass es mir mies ging. Wenn ich auf Jeffrey aufpassen wollte, dann musste ich erst einmal selbst wieder zu Kräften kommen. „Was haben Sie ihm gespritzt?“, hörte ich meinen Vormund fragen und sah skeptisch zu der gläsernen Infusionsflasche hoch, die über einen Gummischlauch zu einer metallenen Nadel führte, welche unangenehm piksend in meinem Handrücken steckte. Die ganze Zeit hatte ich gehofft, dass sie mir das Ding endlich abnehmen würden, aber nun war es mir gleich. Sollte die Nadel ruhig bleiben. Alles, was ich gerade wollte, war Schlaf. „Ein leichtes Beruhigungsmittel“, erklärte Dr. Mason, aber selbst der Zorn, den ich darüber fühlte, dass man mich einfach betäubt hatte, verflog schnell. Schlaf; nichts anderes interessierte mich gerade. „Der Anfall eben war nicht allein der angeschlagenen Lunge zuzuschreiben. Vielmehr hat seine Psyche ihn begünstigt. Etwas Schlaf wird ihm guttun.“ Ich driftete derart schnell ins Reich der Träume ab, dass ich nicht hörte, was Divari erwiderte, aber für den Gedanken, was für ein Zeug einen so schnell aus den Schuhen hauen konnte, reichte es dann doch noch. Wie auf einem schwankenden Schiff fühlte ich mich, als ich aufwachte. Träge drehte ich den Kopf und erkannte Divari. Er saß in seinem Sessel und war in eine Zeitung vertieft. So sehr, dass er mich nicht einmal bemerkte und sicher hätte ich auf mich aufmerksam gemacht, wenn meine Augenlider nicht so schwer gewesen wären. Sich dagegen zu wehren, hätte nichts gebracht und so schlief ich weiter. Ich konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, aber erneut kämpfte ich mich ein Stück weit aus dem Schlaf, der wie klebriger Sirup an mir haftete. Nur diesmal bekam ich die Augen nicht auf, so oft ich es auch versuchte, es ging nicht. Schließlich gab ich auf, auch wenn es mich frustrierte. Jedoch hatte etwas anderes meine Aufmerksamkeit geweckt. Ich hörte meinen Vormund reden. Zunächst dachte ich, er hätte mitbekommen, dass ich wach war und würde mit mir sprechen. Aber dann hörte ich eine weitere Stimme, die mir unbekannt war. „Ich habe versagt! Es tut mir leid.“ „Schon gut; du hast getan, was du konntest“, hörte ich meinen Vormund und dann ein schweres Seufzen. „Warum redet ihr alle neuerdings so negativ von euch?“ Es folgte eine längere Pause, in der der Angesprochene wohl angestrengt nach einer passenden Antwort suchte, aber es war Divari, welcher weitersprach. „Es ist unmöglich, überall zu sein, du weißt?“ „Natürlich, aber es ist meine Aufgabe.“ Mein Herz schlug schneller. Es war seine Aufgabe, überall zu sein? Wer konnte so etwas schon? Und warum sollte man eine solche Anstrengung auf sich nehmen? Ich wollte jetzt unbedingt wissen, wer bei meinem Vormund war und versuchte angestrengt, die Augen zu öffnen. Leider schaffte ich es nur einen Spalt breit und das Bild war unscharf – sprich: Ich erkannte nichts. „Wird er sich erholen?“, fragte der Mann und ich hörte, wie eine Türklinge heruntergedrückt wurde. „Er ist genauso stur wie sein Vater. Mach dir keine Gedanken“, sagte Divari, nun von weiter weg. „Du solltest jetzt gehen. Es ist nicht gut, wenn man dich hier sieht.“ Es wurde wieder still und ich dachte, dass die beiden nun gegangen waren, bis ich meinen Vormund wieder seufzen hörte. „Ich wollte dir eigentlich deine Jacke mitbringen, aber Mike ist überzeugt davon, dass du sie bei ihm abholen wirst.“ Hätte ich es gekonnt, dann wäre ich vor Überraschung aus dem Bett gesprungen. Die Jacke? Konnte es sein, dass er hier war? Aber das würde ja bedeuten, dass Divari schon beim ersten Blick auf die Jacke gewusst hatte, wer für seine Rettung verantwortlich war. Und auch, dass er ihn angelogen oder zumindest die Wahrheit verschwiegen hatte. Nein, das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. „Ist nicht so schlimm. Er kann sie behalten und vielleicht bekomme ich sie in ein paar Jahren wieder.“ Ich musste jetzt die Augen aufmachen! Aber alles, was ich erreichte, war, das letzte Bisschen Energie zu verlieren und driftete schon wieder weg. Als ich erwachte, war der Himmel vor dem Fenster in glühendes Rot getaucht. Vorsichtig setzte ich mich auf. Es gelang mir sogar ohne einen Schwindelanfall und auch meine Brust fühlte sich viel freier an. Der kleine gemeine Zwerg, welcher sie mir immerzu zuschnürte und dafür sorgte, dass ich qualvoll husten musste, schien nicht mehr da zu sein. Nicht mehr so ganz voller bleierner Müdigkeit rieb ich mir die Augen und ließ dann den Blick durch den dämmrigen Raum gleiten. Ging die Sonne jetzt unter oder ging sie auf? Ich konnte es beim besten Willen nicht sagen. Warum gab es eigentlich keine Uhr in diesem Zimmer? Ein leises Schnaufen neben mir ließ mich zusammenfahren und mir blieb vor Überraschung der Mund offenstehen. Obwohl Shankar Divari sicher kein schlechtes Hotelzimmer hier in London hatte, saß er in einer unbequemen Position zusammengesunken auf dem Ledersessel und schlief. Mit Sicherheit würde er furchtbare Nackenschmerzen haben, wenn er aufwachte und der nicht gerade billige Anzug würde hoffnungslos zerknittert sein. Ich schlug die Decke zurück, wobei mir erst jetzt auffiel, dass ich nicht länger an die Infusion gefesselt war und auch das permanente Stechen in meiner Hand war endlich weg. So langsam ich konnte setzte ich die nackten Füße auf die Holzdielen, welche unerwartet angenehm warm waren, und überwand den einen Meter zu Divari, indem ich mich an der Bettkante festhielt. Zwar fühlte ich mich schlapp, aber es war durchaus machbar. „Chacha?“, vorsichtig berührte ich ihn an der Schulter, worauf er nur mit einem unwirschen Grunzen reagierte. „Onkel!“, rief ich etwas lauter aus, diesmal rüttelte ich an ihm. „Was? Ich bin wach!“ Divaris Blick zeigte erst vollkommene Überraschung. Anscheinend musste er sich auch erst orientieren, wo er war. Dann schlug dieser Ausdruck in Sorge um. „Mike, wie geht es dir?“ Ächzend arbeitete er sich in die Höhe und stützte mich, obwohl er gerade selbst aussah, als bräuchte er eine Stütze. Kurzerhand ließ ich mich auf die Bettkante sinken und lächelte ihm zuversichtlich zu. „Viel besser“, antwortete ich wahrheitsgemäß und tatsächlich; ich hatte keine Kopfschmerzen, konnte freier Atmen und je länger ich hier so saß, desto mehr fühlte ich die Kraft in meine Glieder zurückkehren. Nickend strich er sich seinen Anzug glatt, ließ es aber mit einem Stirnrunzeln sein, als er begriff, wie sinnlos das war. Fragend machte ich eine Kopfbewegung zum Fenster und hob eine Augenbraue. „Ist das jetzt Sonnenauf- oder Sonnenuntergang?“ Divari folgte meinem Blick und rieb sich dabei den Nacken. „Aufgang“, sagte er, wobei er ein Gähnen unterdrückte. „Du hast die ganze Nacht hier geschlafen? Hast du vergessen, dir ein Hotelzimmer zu nehmen? Oder bist du pleite, weil das ganze Geld für die Krankenhausrechnung draufgeht?“, stieß ich aus, dann fiel mir aber etwas ganz anderes ein. „Ich habe schon wieder einen ganzen Tag verschlafen!“ „Ja, aber du hattest es auch bitter nötig und es hat dir ja nicht geschadet, im Gegenteil. Pack dich wieder ins Bett; ich lasse etwas frische Luft hinein. Und mach dir mal keine Sorge um die Rechnung; ich habe einen Gefallen bei Dr. Mason gut.“ Während er zu Fenster lief und energisch daran zog, bevor es sich öffnen ließ – was ich bei der teuren Einrichtung nicht vermutete hätte, erzählte er mir, dass er tatsächlich die ganze Nacht neben meinem Bett über mich gewacht hatte. Eine Vorstellung, die mich frösteln ließ, denn verdeutlichte mir, wie ernst meine Lage gewesen war. Ich hatte noch einen guten Weg vor mir, um restlos gesund zu werden. Kurz klopfte die Frage in meinem Kopf, wie es Jeffrey wohl ging, doch ich schob sie erst einmal beiseite. Während ich hier so eingewickelt mit meiner Bettdecke bis zum Kinn dalag, fiel mir etwas ganz anderes ein. Zwar war ich mir nicht sicher, ob ich es tatsächlich erlebt hatte, aber ich musste Divari diesbezüglich unbedingt befragen. „Sag mal; war gestern noch jemand hier? Ich meine, außer der Schwester und Dr. Mason?“ Erschrocken sah Divari, der sich wieder in den Ledersessel fallen lassen hatte, hoch. Doch beinahe sofort wurde sein Blick wieder neutral und er schüttelte den Kopf. „Nein. Wie kommst du darauf?“, sagte mein Vormund und ich fand, dass seine Stimme nicht so fest klang wie sonst. Misstrauisch verengte ich die Augen und musterte ihn einige Augenblicke, doch er hielt meinen Blick ohne mit der Wimper zu zucken stand. Schließlich musste ich wegsehen, da mir unangenehm wurde, wie ich ihn anstarrte. „Ich dachte, ich hätte dich mit jemandem reden gehört, aber ich bin mir nicht mal sicher, ob ich wirklich wach war.“ Ich zuckte mit den Schultern und die Möglichkeit, dass sich nur einige Erlebnisse in meinem Schlaf zu einem verrückten Traum zusammengebraut hatten, wurde mir immer wahrscheinlicher. Womöglich war ich so besessen davon, meinen Retter zu finden, dass ich geträumt hatte, Divari würde ihn kennen. „Dr. Mason war nur kurz hier, um nach dir zu sehen und ich hatte mit ihm ein längeres Gespräch geführt“, erzählte mein Vormund und man musste mir meine Enttäuschung wohl sehr ansehen, denn er fügte schnell hinzu: „Unter anderem, wie es deinem Freund geht.“ Jetzt hatte er meine volle Aufmerksamkeit. „Er ist auf dem Weg der Besserung und seit gestern fieberfrei. Er springt, wie du, gut auf die Sauerstofftherapie an. Zwar wird er länger hierbleiben müssen, aber er hat das Schlimmste überstanden.“ Voller Energie stieß ich die Decke weg und stand halb im Bett, sodass Divari hastig aufsprang und das Fenster wieder schloss. Zwar hatte der Frühling den Winter nun endgültig besiegt, aber die morgendliche Luft war immer noch sehr eisig. Aber selbst von meinem Bett aus, konnte ich die zarten Knospen an den Bäumen sehen und ich freute mich schon darauf, wenn sie bald erblühen würden. „Kann ich dann jetzt zu ihm?“, rief ich freudig. Mein Vormund lachte und schüttelte belustigt den Kopf. „Ihr zwei seid ziemlich gute Freunde, hm? Dr. Mason erzählte mir, dass er auch ständig nach dir fragt und sogar schon zweimal aus dem Bett geflüchtet ist.“ Ich grinste schief. Ja, das war etwas, was ich Jeffrey zutraute und es bereitete mir Sorge, erfüllte mich mit Ärger und ließ gleichzeitig mein Herz vor Freude hüpfen. Auch, wenn dieser Cocktail an Gefühlen mich unter anderem mit Angst zurückließ und ich nicht wusste, ob es richtig war. Es reizte mich, dem nachzugehen. Wie konnte sich etwas gleichzeitig so falsch und doch so richtig anfühlen? Manchmal fühlte ich mich, als gäbe es zwei Versionen von mir und sie prallten unablässig aufeinander. Vermischten sich mal und belauerten sich ein anderes Mal aus großer Distanz. Dabei wechselten sie sich zu gerne ab, wer groß und wer klein war und selten waren sie von gleicher Größe. Wer würde wohl siegen? Mein Verlangen und Streben nach Glück oder die Seite, die mir nach anerzogenen Werten sagte, was richtig war. Konnte sich eine ganze Gesellschaft täuschen, darin, was der Norm entsprach und war ich gar normal? Verstanden sie mich einfach nur nicht? Der Gedanke erfüllte mich mit Trost, denn er sagte mir: Alles ist gut. „Lass uns erst frühstücken, danach bringe ich dich zu ihm“, lächelte Divari und ich wäre ihm fast um den Hals gefallen. Hosted by Animexx e.V. 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