Prioritäten, Listen und nebensächliche Aufgaben. von Gezeitenfeuer ================================================================================ Prolog: -------- Datensammlung wird benötigt. Wissen muss zusammengeführt werden...   Die neuen Routinen wurden kurz ausgesetzt, neuer Fokus wurde gefunden, als ihm ein Arm um die Schulter gelegt wurde und eine warmgetrunkene Sierra, pardon Nicht-Sierra, ihm einen Schmatz auf seinen Schal gab. „Aww! Zu viel Stoff! Du solltest wirklich mal überlegen...“, der Rest ihrer Aussage ging in ein kleines Kichern über. „Was für ein Fest! Nicht wahr? Was gäbe ich nicht dafür... “, wieder dieses Kichern, und wie einstudiert, nickte das Treibholz. Für alle Außenstehenden war er Stockstarr und nicht sehr begeistert. Oder ZU begeistert und traute sich schlicht nicht, sich zu bewegen, um etwaige Begeisterung öffentlich bekanntzumachen. Es folgte ein vages, desorientiertes Klapsen auf seinen Hut. „Vielleicht sieht man sich ja nochmal. War lustig! Bester Getränkehalter, den ich je hatte!“ Wieder dieses Kichern und sie löste sich von ihm. Winkte zum Abschied. Er hätte nicht eingesehen, die Geste zu erwidern, aber Absprachen waren Absprachen. Also hob er zaghaft seine Hand, starrte der jungen Frau, die ihren Arm nun um ihren eigentlichen Begleiter geschlungen hatte, für genau 2 Minuten und 16 Sekunden hinterher und drehte dann ab. „Bist in Ordnung, Wicht!“, maulte ihm eine der Gäste hinterher und für den sie die ganze Farce überhaupt aufgezogen hatten. „Bist in Ordnung!“, johle der Schrank von einem Menschen. Oder Nicht-Menschen. Sierra hatte Vermutungen geäußert. Und es war wichtig, dass ausgerechnet diese Person einen guten Eindruck vom „Gnom“ hatte. Wichtig genug, dass sie zwei Tage einstudiert hatten, was diesen Abend passieren würde. Er wehrte sich dementsprechend nicht, als der Mann ihm ebenfalls auf den Hut klopfte, mit mehr Wucht, als gut war und genau so desorientiert, wie Sierra vorher. Er nickte. Der Mann wankte weiter. Das Konstrukt verschwand.   Datensammlung wird benötigt. Wissen muss zusammengeführt werden... , er fuhr den Gedanken fort. Ging Listen durch. Er hatte Zeit. Sie hatten einen Plan. Die Aufgabe war Sierra wichtig. Wichtig genug, dass sie den halben Kontinent bereisten, um einige örtliche Spezialisten zu sammeln und von sich/ihr zu überzeugen. Dass sie einer gewissen Person, selbstredend ebenfalls Sierra, würden folgen wollen. Ihr, oder ihrem Abbild, eine Chance geben wollten. Prioritäten ordnen. Erst bedurfte es Wissen und Kenntnissen. Kapitel 1: ----------- 1. Lernprozesse erfüllten ihren Zweck. Er sah durchaus ein, dass er sich vielleicht etwas verkalkuliert hatte. Aber es schien keine großartigen Interventionen gegeben zu haben, die sie in ihrer Aufgabe behindert hätten. Wie zu erwarten hatte die Tischgesellschaft die Nasen gerümpft, als der luftige, zart bemalte Blechkuchen auf ihrem Tisch auftauchte. Nur Sierras gekonnter Einsatz rettete das Süßgebäck davor der nächsten Gesellschaft im Nacken zu kleben. Es sei ein anonymes Geschenk, gab die Bedienung zu und wusste auch nicht mehr zu sagen. Zugegeben, es war unerwartet, wie plötzlich ein Wettessen daraus entspann und der Kuchen sehr viel schneller von allen Anwesenden verputzt worden war, als erwartet. Aber wie ebenfalls einkalkuliert, sicherte sich der Tiefling ein zweites Stück Kuchen und lachte mit lauter Alt-Stimme die anwesenden Zwerge aus. Bis sie plötzlich nicht mehr lachte... Sondern hustete und noch mehr hustete. Etwas blau anlief. Vom Tisch stolperte und sich, undamenhaft, selbst für einen Zwerg, einem anderen Gast im Schoss erbrach. Zwerge waren rauflustig, aber aus irgendeinem Grund war das Opfer ihres Mageninhaltes mehr daran interessiert seine Hilfe anzubieten, statt ihren Kopf einzuschlagen. Das...taten ihre Mitkumpanen, die anfingen systematisch das Gasthaus auseinander zu nehmen und sich über die miese Gastlichkeit beschwerten. Nun, so lange, bis die Stadtwache kam, sich alle auf die Schultern klopften und sich darauf einigten, die mieseste Kneipe zu finden, die sie auftreiben konnten. Das Kleinod musste das Treibholz später im Auffangbecken in der Küche bergen. 2. Er sah ihren ratlosen Blick. Sie gab sich gefasst und als sei (noch) nichts anders, bis sie entschied, was sie daraus machte. Aber da war dieses kurze Streifen ihrer Finger aneinander. Mittel- und Zeigefinger sehr kurz an den Daumen. Ein sehr subtiles Zeichen, dass sie nachdachte. Dass sie hinschaute. Da war der Lastensattel ihres Pferdes. Da war ihr Gepäck, ihr Zaum, selbst die Box war die richtige. Aber das war nicht ihr Pferd. Das war generell kein Pferd. Sierra schaute sich nicht um. Das graue, kleine Tier vor ihr, auch nicht. Es stand da, ein Hinterbein entlastet, Hals und Kopf etwas gesenkt, die Augen halb geschlossen. Er sah den Moment deutlich, als sie entschied, dass es nicht schlimm sein würde. Verlies geschickt den Stall, um dieses Mal bemerkt und vom Stallburschen begleitet, zu ihrem... Reittier geführt zu werden. Der Stallbursche, der gestern das klapprige, garstige Pferd gestriegelt hatte, und nichts mehr davon wusste. Ihr Kumpane kam herein. „Das'n Esel“, gab er mit sehr neutraler Miene zu bekennen. „Ist es?“, fragte der Sierra-Zwerg und zog die Gurte straff, packte ihr Handgepäck noch obendrauf. „Klar, das ist nen Esel! Pferde sind nicht grau!“ Sie warf ihm einen etwas skeptischen Blick zu, dann mischte sich ein Hauch Respekt hinein. „Das..wusste ich“, gab sie mit einem Grinsen zu, nahm dem anderen Zwerg sein Gepäck ab und schnürte auch das auf den Esel, der nach wie vor nicht einsah, warum er wach und motiviert wirken sollte. Als sie die Führleine nahm, tat sich kein Deut. Der Esel war ein Stein. Sie hatte die Leine nicht gestrafft, aber war einen Schritt nach vorne gegangen, in Erwartung, das Tier würde schon folgen. Fehlanzeige. Sierras Begleiter murrte etwas in seinen Bart, schüttelte den Kopf, trat heran. Mit einem Klatschen auf das Hinterteil des Lastentieres und einem zwergisch gerufenen Befehl, setzte der Esel sich sehr irritiert in Trippelschritten in Bewegung. Das Treibholz konnte Sierras Lachen noch eine ganze Zeit hören, ehe es von der Entfernung verschluckt wurde. 3. Ob es dieses Mal ein Erfolg war, konnte er nicht sagen. Es gab eine zu undefinierte Sachlage. Der dieses Mal Sierra-Mensch saß mürrisch auf einer Bank. Sonne bestrahlte die triefende Mähne, ließ sie glänzen. Der Brei, den sie aß, hatte die Farbe von aufgeweichtem Stroh. Langsam hatte sich eine Lache unter ihr gebildet, genau so, wie unter ihrem Rucksack und der Sitzfläche der Bank. Er hatte nicht bedacht, dass sie den Kamin anzünden würde. Es war schwer, an sie heranzukommen, wenn sie erst einmal unter einer Bettdecke lag. Deshalb hatte er anderweitige Vorbereitungen getroffen. Und wie erhofft, aber nicht gänzlich sicher, hatte sie sich die Flüssigkeit, in Erwartung an Wasser, ins Gesicht geklatscht. Es war ihre Bettgeschichte, die ihr eigenes Waschwasser im Raum verteilte durch Ungeschicklichkeit. Und besagter Patzer brachte die Falle zum Auslösen, die eigentlich auf Sierras Gewicht ausgelegt war. Er hatte sich, zugegeben, verkalkuliert, wie viel die hochgewachsene Elbe wiegen würde. Aber ihre Masse reichte und der, ebenfalls gefüllte, Zuber wurde gekippt, da eine Holzdiele, zufällig, einknickte. Als Resultat saß Sierra nun hier draußen, versuchte etwas zu trocknen, während der Gasthausbesitzer versuchte das Chaos zu beseitigen und ihre Begleitung, hoffentlich, wie besprochen, von irgendwo Ersatzkleidung auftreiben würde. Alles in allem sollte sich der Effekt nun potenzieren, richtig? Er würde noch in Erfahrung bringen müssen, ob geronnene Butter genauso tauglich war, wie feste. 4. Das Konstrukt tat sich schwer mit Gesprächsführung. Sehr. Er war nicht redegewandt. Wirklich nicht. Aber dieses Mal schien er jemanden getroffen zu haben, der zwar nicht ganz begriff, was er von ihm wollte, aber immerhin so reagierte am Ende, wie er es sich erhofft hatte. „Ey, das ist mein Arm!“, protestierte das Straßenkind. Das Treibholz starrte den Miniaturmenschen nur an, hielt seinen Arm weiter im Schraubstock artigen Griff. „EY!! DAS IST MEINE SCHLEUDER!“, jaulte das Kind, als das Konstrukt mit der anderen Hand schaute, was der Bursche seinerseits zu bieten hatte. „Ich suche Hühner“, antwortete der Gnom. „Ich BIN kein Huhn“, knurrte das Kind. „Nein, du bist inkompetent“, stimmte er ihm zu. Der Tritt gegen das Schienbein hätte schmerzhaft sein sollen und er zollte der Kreatur immerhin eine zwei Prozentige erhöhte Kompetenz für seine unerwartete Wendigkeit. Tränen traten dem Lebendigen in die Augen, die er eifrig wegblinzelte. „Wofür brauchst du die Hühner?“, fragte er und biss die Zähne zusammen. „Ich brauch keine Hühner“, antwortete das Konstrukt wahrheitsgemäß. „Hältst du mich für bescheuert?!“, fragte der verblüffte junge Dieb. „Nein, für inkompetent. Plus zwei Prozent. Aktuelle Sachlage deutet darauf, dass ein Prozent...“, fuhr das Treibholz aus, wurde jedoch unterbrochen. „Was auch immer. Du schnürst mir den Arm ab! Ich bring dich zu nen paar Hühnern und du nimmst deine Griffeln von mir!“, blaffte das Kind ihn an, konnte die Tränen nun wirklich nicht mehr zurückhalten. Er starrte wieder, erwog. „Ich brauche Eier“, spezifizierte er. „Bist du hohl oder was?! DAS TUT WEH!“, jammerte der Mensch und sah nicht, wie das Konstrukt zustimmend nickte. „Studie eingehend beendet. Du wirst mich zu Eiern führen. Du wirst mich nicht versuchen abzuhängen. Du wirst nicht versuchen mich in die Irre zu führen. Du bist schneller. Ich schieße weiter. Nach eingehender Erfahrungssammlung, benötigt ein Mensch nur ein Ohr“, damit ließ der Fallenentschärfer das unglückliche Kind los, das plötzlich blass zu Boden sank. Als der Junge dann abwesend mit der heilen Hand über ein Ohr strich, war ihm das Indiz genug, dass seine Botschaft angekommen war. Mit einem Kopfschütteln und Aufspringen schüttelte der Bengel die Situation ab. „Dann beweg deinen Arsch, ich hab heut noch zu tun!“, gab er in selbstbewussteren Ton von sich, als das Zittern und die Blässe andeuteten. Was folgte war...recht normal für das Konstrukt. Sie stiegen bei einem Gasthaus ein, nutzten eine Meute Straßenköter, um für Verwirrung zu stiften. Er würde Sierra davon in Kenntnis setzen, dass Straßenhunde anscheinend eine andere Evolutionslinie seien, die durchaus in ein Haus klettern konnten durch ein geöffnetes Fenster im Erdgeschoss. Er hielt den Burschen davon ab, das Tafelsilber einzustecken. Viel zu auffällig. Er sollte lieber das Lampenöl mitnehmen oder die Kerzen. Betrunkene Nachtschwärmer gaben einem durchaus das eigene Hemd, die eigene Begleitung und das geldliche Habe, wenn man ihnen im Gegenzug etwas Öl für die eigene Lampe oder eine Kerze gab. Natürlich würde er sich vor den Nachtwächtern hüten müssen, aber das war selbstredend. Zwei der Hunde hatten üble Verwüstung in dem Hühnergatter angestellt. Die Hunde zu betäuben war leicht. Sie gaben sich nicht die Mühe, sie rauszutragen. Mit einem Sack nahmen sie so viele Eier mit, wie sie tragen konnten, der Mensch zusätzlich einige der Hühnerkadaver. Das Konstrukt steckte einige der Federn ein. „DAS war Wahnsinn!“, kicherte der Junge, der auf Süßgebäck kaute, das er hatte mitgehen lassen. „Ich mach das. Du gibst mir die Eier und ich mach das!“ Das Treibholz musterte ihn. „Ich hab kein Geld“, erinnerte er ihn. „Nein, aber du zeigst mir, wie du die Tür verkeilt hast, dass da keiner rein kam! Und ich mach das mit den Eiern. Abgemacht?“ Eine klebrig verschmierte Hand wurde ihm gereicht. Nach einem Moment nickte er, schlug ein. Ein Hagel aus Eiern bombardierte die gesittete Händlerstraße kurz vorm Kuhdammbrunnen. Plötzlich tauchten auf den Dächern unzählige Kinder auf, alle bewaffnet und bereit alles zu geben. Das Geschrei war groß, als die Stände bombardiert wurden. Zufrieden bemerkte er, wie Sierra mindestens sieben Eier abbekam, und sie fluchend und verwirrt, aber durchaus auch lachend, in einem Hauseingang verschwand. 5. Es war improvisiert, wie so vieles. Aber es hätte nicht diese Auswirkungen haben dürfen. Dessen war er sich immerhin zu 67% sicher. Der Esel hatte nun sein Gepäck verloren und der verletzte Mitreisende nutzte das Tier als Transportmöglichkeit. Sierra selbst rieb sich ab und an über ihr Gesicht und die Schläfe, wo der Besenstiel sie mit voller Wucht getroffen hatte. Das war so nicht geplant gewesen. Er brauchte mehr Daten, um endlich andere Individuen und ihren Unzulänglichkeiten einberechnen zu können. Es war eine Meisterleistung gewesen den Tiefling WIRKLICH betrunken zu bekommen. Nun, betrunkener, als sie normalerweise ertrug. Es hatte zwar einiger ...Ressourcenverschiebungen bedurft, um so viel Zwergenschnaps und Met heranholen zu können, aber es war es wert. Er hatte die Objekte in gewissen Abständen um das Bett drapiert, wohl wissend, wie langsamen Schrittes sie sich nach so einer Nacht bewegte. Sie hätte nicht in den Besen treten dürfen! Und das nur, weil ihre männliche Begleitung in dem Moment so laut aufschnarchte, dass sie falsch auftrat! Es gab nicht einmal ein Quietschen seitens des Tieflings, aber das polternde zu Boden gehen und der hölzerne Aufschlag der Stange in Kontakt mit ihrem Kopf reichte, dass besagter Begleiter aufschreckte, mit einem Kampfruf aufsprang und auf der anderen Bettseite von der Matratze fiel...auf Sierra...und auf die außerordentlich scharfen und beständigen Mithril-Schere, auf die das Konstrukt besonders stolz gewesen war! 6. „Nein, meine Verehrte, die hat an Ort und Stelle zu bleiben“, gab die raue Stimme von sich. „Und ich würde euch bitten, mich dann etwas außerhalb zu führen, wenn ihr so gnädig seid, damit ich meinen Heimweg antreten kann, wenn ich mit meiner Aufgabe fertig sein sollte.“ Ein Prusten aus der hinteren Reihe. Das, war nicht wirklich erwartet gewesen, als sie ihr Lager aufgeschlagen hatten. Ihre Wache schnarchte tief und fest. Und mitten, zwischen ihren Zelten stand der Stuhl, an dem sie eben den älteren Herren losgeschnürt hatte, der seine Augenbinde zu behalten gedachte. Der Mann rieb sich die Handgelenke. Sierra öffnete den Mund, womöglich hatte ihr ungebetener, verschnürter Gast das Einatmen gehört. „Ah, aber keine Fragen! Die Wege der Götter sind unergründlich. So mag es mir sehr unkonventionell erscheinen, aber ich vertraue der Göttin in ihrer Weitsicht. Ihr fragt euch, was ich hier mache? Nun, ich bin hier um Segen zu sprechen und meine göttliche Pflicht zu erfüllen. Uhm, Brrm. Könnt ich einen Becher Wasser haben?“, unterbrach er kurz. „Wo sin' wa denn hier? Bier haben wir. Bier!“, nuschelte es von weiter hinten, während Sierra dem Priester einen Becher Wasser reichte. „Ah, danke. Ihr müsst außergewöhnlich sein, wenn solche Mühe unternommen wurde, um euch Göttlichen Schutz gewähren zu können. Aber gut, wo war ich? Helft mir mal eben nach oben“, bat er und setzte sich auf. Gelenke protestierten, knackten. „Gut, besser.“ Ein Räuspern. Er tastete nach dem Kopf vor sich, hielt seine Hand auf ihre Stirn und Schopf. „Und so soll dich der Schutz der Damaste begünstigen. So sollst du Heim und Familie finden, wo auch immer du dich aufhältst und wie kalt deine Umgebung auch sein möge. Dein Weg soll stets zu Wärme und Schutz führen. Zu Geborgenheit. Mögen deine Taten deine Familie schützen und unterstützen, so wie sie dich. Mögest du unter dem Zeichen der Göttin deiner Bestimmung folgen“, intonierte er in eine, für die anwesenden Zwerge und Menschen, ungewöhnliche Sprache. Am Ende nahm er beide Hände an ihrem Kopf und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ungewöhnlicher Aufwand für einen Zwergen“, murmelte er beinahe lautlos. „Gehet mit dem Segen der Göttin“ entließ er sie dann aus seinem Griff. Epilog: -------- Sehr viel später spürte sie ihn dann auf. Er wusste, dass sie ihn suchte und er hätte ihr immer ausweichen können. Aber da war ja die Aufgabe und Pflichten. Als sie letztlich vor ihm stand, verschränkte sie die Arme. Sie war ausdauernd, das wusste er. Aber nicht so ausdauernd, wie er. „Ein Priester?“, fragte sie nach mehreren Minuten. Er hätte instruieren sollen, dass einer ihrer Begleiter den Mann hätte wegbringen sollen. Natürlich hatte sie ihm Löcher in den Bauch gefragt! „Ich habe nichts verraten!“, hörte er sich sagen, bevor er eigentlich einsah, dass er sich zu rechtfertigen hatte. „Nein, hast du nicht“, meinte sie mit einem Lächeln. Er ging das Gespräch noch einmal durch. Nein, er hatte nichts verraten. Nichts Kritisches. Natürlich wollte der Damastepriester wissen, warum die Segensgewünschte Person nicht einfach zu ihm kam. Wo er gegen hielt, dass er sie nicht würde segnen wollen, wenn er wüsste, was sie ist. Sierra hatte ihm versucht zu erklären, warum Tieflinge eine ..zwiegespaltene Rasse in der Gesellschaft seien. Natürlich hatte er nichts verraten, was sie war. Auf die Fragen, warum sie den Segen bräuchte, hatte er wahrheitsgemäß geantwortet. Und bei "Warum ausgerechnet er?", kam seine Erläuterung, sie suche eine Möglichkeit, ein Territorium zu expandieren, und anerkannter Teil der Gesellschaft und Völker zu werden. Warum er noch einmal nachfragte, dass sie einen Platz für ihre Familie suchte, verstand er nicht, aber er hatte genickt. Das war, was sie gesagt hatte. Wieder wiederholte sich der Priester, dass die Person also nicht zu ihm kommen könne? Er hatte verneint. Nicht nur könnte. In der Theorie wollte sie auch nicht. Aber den Part hatte er unausgesprochen gelassen. „Er war fest geknotet“, unterbrach der Tiefling seine Gedanken. „Er sagte, es wäre anstrengend aufrecht zu sitzen“, gab er zurück. „Du sagtest, du magst sie zusammengeknotet“, setzte er noch hinzu, ohne Zögern. Das Glitzern in ihren Augen verriet ihm, dass sie das bereits wusste und es unglaublich amüsant fand, von ihm zu hören. „Du hattest eine zweite Aufgabe, neben meiner?“, fragte sie. Er nickte. „Ist sie erfüllt?“ Er schüttelte den Kopf. „Bedarfst du meiner Hilfe, um sie zu vervollständigen?“ „Ja“, antwortete er. Was wiederum ein Nicken ihrerseits einbrachte. Einen Moment starrten beide, dann griff das Treibholz in seinen Brustkorb und holte einen Zettel heraus. Er trat mit sichtbaren Zögern zu ihr. Zierte sich. Sie schien zu begreifen, öffnete die Arme und er umarmte sie sehr..hölzern. „Du musst auf meinen Kopf schlagen. Drei Mal“, meinte er nach einem Moment. Sierra konnte nicht anders, sie prustete, tat aber wie geheißen. Wieder ein zufriedenes Nicken. Als er sich löste, reichte er ihr den Zettel. „Alles Gute zum Nicht-Geburtstag“, intonierte er. „Zu solchen Festlichkeiten wird Glück überreicht, Segen gesprochen, Geschenke gegeben, Kuchen gegessen“, erklärte er. „Der Kuchen in Wimelt?“, fragte sie verwirrt. Er nickte. „Der Esel“, murmelte sie weiter. „Oh, du warst das mit der Butter!“, sie seufzte. „Du schuldest mir ein Paar Schuhe. Ich mochte diese Schuhe.“ „Butter auf der Nasenspitze bringt Glück“, erklärte er. Mittlerweile las sie auch die Liste. „Die Straßenschlacht. Das ist eine Geschichte, die du mir beizeiten erzählen musst“, schmunzelte sie. Die Liste beinhaltete noch einige Punkte, zu denen er noch nicht gekommen war. „Woher...Ich kann nicht fliegen“, sie schaute auf. „Korrekt. Deshalb nach unten verschoben. Anatomie nicht ganz übereinstimmend mit einer Harpyie, Sturz von einer Klippe, ohne Absicherung kontraproduktiv. Noch fehlende Mittel“ „Taufe im Gelbfluss“, las sie halblaut vor, verzog etwas das Gesicht. „Wir kommen morgen daran vorbei. Der Fluss führt uns Flussabwärts weiter, wenn wir die Stadt verlassen. Ich würde wirklich vermeiden wollen dort baden zu müssen“, bat sie das Treibholz. Nun war es an ihm, die Arme zu verschränken. „Du wusstest um meine Einmischung“, gab er den Fakt wieder. „Bei einigen Sachen. Ja.“, antwortete sie. „Spätestens sicher war ich mir bei den Sachen, um das Bett“ Er nickte. Er wusste, dass das zu ausschlaggebend sein würde. „Danke“, sagte sie mit dieser ernsten Stimme, die seltsam war. „Keine Kenntnisse finden können, wann Geburtsdatum und welche Bräuche relevant“, gab er nun endlich zu, was zu der ganzen Kette an Geschehnissen überhaupt geführt hatte. Es war ein leises Lächeln, melancholisch. „Das mit dem Fragen üben wir noch“ meinte sie schmunzelnd und lud ihn ein, neben ihm Platz zu nehmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)