I really have to go von SilverSerenity ================================================================================ Kapitel 2: Wie schließt man mit einem Leben ab? ----------------------------------------------- Wie schließt man mit einem Leben ab? Obwohl sie wusste, dass ihr niemand mehr folgte, rannte Setsuna immer tiefer in die Dunkelheit. Längst hatte sie die lichtdurchfluteten Straßen Tokyos verlassen. Der schummerige Parkweg, in den sie einbog, mündete in einen düsteren Waldpfad. Hier umgab sie nichts, als das Keuchen ihres Atems und das Rascheln, welches ihr Schritte auf dem Laubboden verursachten. Erst als ihre Lungen brannten und ihr Körper um Rast flehte, ließ sie sich auf den weichen Erdboden fallen. Schlanke Finger gruben sich in die matschige Erde und suchten nach Halt, während ein lauter Schrei die Stille der Nacht zerriss. Darauf herrschte eine undurchdringbare Ruhe. Setsuna lag reglos auf der kalten Erde. Tiefe Atemzüge ließen sie wissen, dass sie lebte, dass sie noch im hier und jetzt war. Noch roch sie die lehmige Erde und schmeckte das Salz jener Tränen, die sich in ihren Mund verirrt hatten. Bald würde sie keine Vögel mehr hören, weder Hunger verspüren noch ihr geliebtes Azurblau sehen. Stille würde ihr letzter Begleiter werden, so wie er es immer gewesen war. Damals hatte es ihr nichts ausgemacht. Die Dunkelheit war ein alter Freund und ihre Pflicht hatte sie immer mit Stolz erfüllt. Aber jetzt, wo sie so lange mit ihren Gefährtinnen und ihrer Prinzessin zusammen gelebt hatte, schien die Dunkelheit sie zu umschließen und mit sich in die Tiefe ziehen. Dabei hatte sie gewusst, das jener Tag kommen musste. Es war ihre Bestimmung. „Warum...?“, wimmerte Usagi in Harukas Armen. Diese hatte ihre Prinzessin nach wenigen Metern hochgehoben und trug sie nun in ihren Armen. Sofort hatte sich Usagi an ihre Schulter gelehnt und ihren Tränen freien lauf gelassen. „Weil es ihre Bestimmung ist!“, hauchte Haruka leise. „Warum, läuft sie vor uns weg?“, schluchzte Usagi erneut. Haruka schwieg. Sie stellte sich die selbe Frage und wie Usagi wusste sie keine Antwort. Warum hatte Setsuna nicht vor der Party mit ihnen gesprochen. Seit wann trug sie die Gewissheit mit sich herum. Kaum hatten sie Usagis Haus erreicht, stürmten die verbliebenen Gäste auf sie zu. Mamoru wollte Haruka Usagi abnehmen, doch diese ließ sich auf ihre Füße gleiten und winkte ihn sanft ab. „Nicht... „ Verständnisvoll ließ er von ihr ab und fragte sanft: „Ihr habt sie nicht eingeholt?“ Haruka schüttelte den Kopf und antwortete: „Der Wind selbst hätte sie nicht mehr eingeholt. Sie wollte fort von uns...!“ „Ist sie ohne Abschied gegangen?“, fragte Ami erschüttert. „Das kann ich mir nicht vorstellen!“, entgegnete Michiru besorgt und blickte in die dunkle Ferne. „Nein, ich glaube das hätte sie uns wissen lassen. Sie ist weggelaufen, aber nicht vor unseren Augen verschwunden.“, erklärte Haruka und folgte Michirus Blick. „Warum muss sie gehen? Woher die Gewissheit?“, fragte Ami traurig. Michiru wandte ihren Blick ab. Mitleidig schaute sie Usagi an. Kummer und Sorgen, um ihre Wächterin, hatten sie schlagartig altern lassen. „Mit 22 Jahren besteigt Neo Königin Serenity den Thron und erschafft Neo Crystal Tokyo...“, begann Michiru leise und sprach dabei ebenso schwer wie Setsuna. Usagi spürte, wie ihre Eingeweide zu Eis erstarrten. Der letzte Hauch von Farbe wich aus ihrem blassen Gesicht. „Die Erschaffung des neuen Reiches bedeutet für Pluto ihren alten Posten einzunehmen...“ „Das lasse ich nicht zu! Ich bin die Königin...“, begann Usagi. Es war Michirus plötzliche Umarmung, die sie unterbrach. „Ich weiß, dass du sie daran hindern möchtest. Aber Setsunas Bestimmung sowie Pflicht ist es über Zeit und Raum zu wachen...“ Tränen erstickten die Stimme der Meereskriegerin, als sie krächzend weiter sprach. Sie sprach so leise, wie das Rauschen der Gischt, doch laut genug, für alle. „.... sowie es ihre Pflicht und Bestimmung ist, für uns zu sterben!“ „Nein!“, wimmerte Usagi. Halt suchend klammerte sie sich an Michiru und begann zu weinen. Zitternd wurde sie von Michiru umarmt, die ebenfalls weinte. Haruka kämpfte gegen ihre eigenen Tränen an, während sie ihre Hand auf Amis Rücken legte, die teilnahmslos in die Knie gegangen war. Mamoru blickte auf seine leeren Hände und war in jener Erinnerung gefangen, als er Zepter und Brosche seiner geliebten Usagi in den Händen hielt und um ihn herum die Zeit anhielt. Damals hatte Sailor Pluto die Zeit angehalten und so die Vernichtung allen Lebens verhindert. Dieser Augenblick war Mamorus und Usagis Vergangenheit sowie Zukunft. Endlich waren auch Haruka und Michiru gegangen. Usagi hatte zunächst beteuert, alleine sein zu wollen und am Ende befohlen, alleine gelassen zu werden. Das Haus war Still und die Erinnerung an eine ausgelassene Party längst verblasst. Zitternd stand Usagi vor dem großen Spiegel im Flur und betrachtete ihr Spiegelbild. Die Gedanken in ihrem Kopf rasten. „Mit 22 Jahren besteigt Neo Königin Serenity den Thron!“, halte Michirus sanfte Stimme durch ihren Kopf. „Ich bin noch ein Kind!“, schluchzte Usagi ihr Spiegelbild an. Plötzlich erblickte sie eine silberne Strähne in dem goldenen Haar. Übelkeit stieg in Usagi auf. Hastig rannte sie in die Küche, riss eine Schublade auf und holte ein scharfes Küchenmesser heraus. Der Raum wurde von einem sägenden Geräusch erfüllt, als Usagi begann die Strähne abzutrennen. „Ich bin Usagi Tsukino, ein ganz normales Mädchen!“, sprach sie dabei beruhigend zu sich selbst. Die Ruhe wurde von anderen Strähnen, die sie eindeckte, aufgewühlt. Wie in Trance schnitt Usagi Strähne um Strähne durch. So lange, bis vor ihr zwei große Haufen lagen. Das Messer fiel klirrend zu Boden, als Usagi realisierte, dass ihr Haar morgen nachgewachsen sein würde. Ihr Äußeres war vorherbestimmt, ebenso wie Setsunas Weg. Nun verstand sie Setsuna. Sie hatte Angst, Angst vor der Zukunft. Tiefe Sehnsucht, mit ihrer Gefährtin zu sprechen, erfüllte die zukünftige Königin. Sie schien in diesem Augenblick der einzige Mensch zu sein, der sie verstehen würde. „Warum lässt du mich alleine?“ Keine Klage kam aus Michirus Mund, als Haruka die dritte Ampel in Folge bei Rot überfuhr. Zu groß war die Hoffnung, dass Setsuna in ihrem gemeinsamen Haus anzutreffen war. Viel zu schnell fuhr Haruka den schmalen Weg hinauf und hielt nur knapp vor dem vertrauten Haus. Michiru war noch vor ihr ausgestiegen und rannte zur Haustür. Die dunklen Fenster und die abgeschlossene Haustür ließen ihre Hoffnung sterben. „Ich hatte gehofft, sie würde nicht vor uns weglaufen.“, hauchte Michiru Haruka zu, die sie eingeholt hatte und nun die Tür aufschloss. Schweigend betraten sie das leere Haus. Es wirkte kalt und groß. „Sie wird nach Hause kommen! Ich weiß es!“, sprach Haruka und hörte die Überzeugung in ihrer Stimme. „Was macht dich so sicher?“ „Ich glaube, sie ist nicht nur weggelaufen, weil sie zurück an ihren Posten kehren muss. Ich glaube...“ Das Klacken der Haustür lies beide Frauen innehalten. Die Tür öffnete sich und vor ihnen Stand ihre geliebte Gefährtin. Zitternd mit Schlamm beschmutzter Kleidung und strähnigen Haar stand Setsuna zitternd in der Eingangstür. „Setsuna!“, rief Michiru erleichtert auf. Ohne zu zögern sprang sie Setsuna in die Arme. Diese wehrte sich nicht und ließ die Nähe zu. Nicht nur das. Kaum spürte sie Harukas Arme um ihre Hüften, ließ sie sich fallen. „Ich habe Angst... Haruka, Michiru!“, gab die sonst so starke Frau beschämt zu und vergrub ihr Gesicht in das türkisgrüne Haar. „Du musst dich nicht schämen! Du hast alles Recht der Welt, Angst zu haben!“, sprach Haruka, während sie gemeinsam mit Michiru Setsuna in eine sichere Umarmung zog. Entgegen ihrer Natur ließ es Setsuna geschehen. Zwischen Uranus und Neptun existierte der einzige Ort, an dem sie sich fallen lassen konnte. Hier kämpfte sie nicht mehr gegen die Tränen an. „Ich war immer stolz die Kriegerin von Raum und Zeit zu sein...“, begann Setsuna. Michiru und Haruka legte ihre Arme um sie. Michiru lehnte ihren Kopf an das grüne Haar und Haruka ihren gegen den gebeugten Rücken. „... ich erinnere mich, wie mir Königin Serenity meinen einzigen Begleiter, den Garnet Orb, überreichte und mit die drei Tabus erläuterte. Mein Körper war erfüllt von stolz und...“ Haruka bemerkte, das Setsunas Stimme leiser wurde. Sie kannte diese Tonlage. Es waren jene seltene Momente, in denen Setsuna ihr Herz öffnete. „...als ich unsere Prinzessin am Saum des Kleides unserer Königin erblickte, in ihre azurblauen Augen eintauchte, verstand ich die Bedeutung meines Lebens. Ich lebte für sie. Für sie würde ich mein Leben geben. Damals hat mir ihr Bild gereicht und das wissen, dass ich aus der Ferne über sie wache.“ Schutz suchend vergrub Setsuna ihren Kopf an Michirus Schulter. Diese verstand und legte ihre Hand auf das strähnige Haar. „Doch jetzt, wo ich mit ihr gelebt habe, sie aus nächster Nähe habe lachen und weinen sehen, erdrückt mich die Vorstellung ohne sie zu sein. Ich akzeptiere die Stille und nehme die Dunkelheit hin, aber wie soll ich...“ Weinend brach Setsuna ab. Harukas Augen suchten die ihrer Geliebten. Michiru nickte, sie hatte verstanden, was Setsuna sagen wollte. Aber wie Haruka wusste sie keine tröstenden Worte. Denn es gab keinen Trost. Setsunas Schicksal war vorherbestimmt. Sie hatte alles Recht der Welt wütend und traurig zu sein. Statt tröstender Worte spürte Setsuna plötzlich sanfte Küsse auf ihrer Haut. Seufzend schloss sie ihre brennenden Augen und atmete die liebevollen Küsse auf ihrer Wange ein. Ihre Haut antwortete mit Gänsehaut, als Haruka ihren Hals küsste. Sie ließ sich in die Wärme der Zuneigung fallen. Haruka konnte spüren, wie die Anspannung von ihr wich. Der Atem der stolzen Frau wurde gleichmäßiger. Erst als ihr Körper schwer wurde und ihr Atem tiefer, lösten sie ihre Lippen von der braunen Haut. Zärtlich strich Michiru durch den dichten Pony und flüsterte: „Wir lieben dich, Setsuna. Wir sind eine Familie.“ „Wir werden dich so unendlich vermissen. Ohne dich werden wie nie mehr ganz sein!“, offenbarte Haruka. In den tiefen ihrer Träume drangen die vertrauten Stimmen zu ihr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)