How Gabriel got (p)laid! von Platypusaurus ================================================================================ Kapitel 1: Tag 1-3: Couchgeflüster und schöne Aussichten. --------------------------------------------------------- Am nächsten Morgen, als Gabe sich auf den Weg zur Arbeit macht, fällt ihm auf, dass an der Klingel ein neues Schild hängt.   D. Winchester S. Winchester   Aha. Damit man auch bloß sieht, dass die beiden Kerle in ihrer Männer-WG miteinander verwandt und keinesfalls liiert sind. In Gabes Kopf beginnt es zu rattern. Homophob werden die Gebrüder Holzfäller ja wohl hoffentlich nicht sein; zumindest hätten sie sich in dem Fall die entschieden falsche Adresse zugelegt. Gabe selbst ist zwar nicht schwul, bezeichnet sich vielmehr als ‚für Attraktivität jeder Art aufgeschlossen‘. Und was Cas ist – weiß der Geier. Eine ganze Zeit lang hat Gabe ihn für ace gehalten, aber das war, bevor er noch regelmäßig Besuch von dieser französischen Grinsebacke namens Balthazar bekam, die gern auch mal über Nacht oder für ein Wochenende bei ihm blieb und die Gabe schon in Cassies Bademantel die Tür geöffnet hat. Das ist nun aber bereits zwei Jahre her und seitdem bekommt Cas von niemandem mehr Besuch, außer von den Mills (oder natürlich von Gabe selbst) und natürlich kommt keiner von ihnen für diverse Interaktionen mit Castiel infrage. Kurz gesagt: Cassie ist möglicherweise irgendetwas anderes als hetero und so gleichgültig das Gabe auch sein mag, befürchtet er doch, dass zwei homophobe, auf Männlichkeit getrimmte Holzfäller ein Problem mit der Lebensweise seines Lieblingsnachbarn haben könnten. Und dann sind da ja noch die Mills. Jody und Donna sind nett und herrlich unkompliziert und wenn sich die neuen Hausbewohner mit dem jungen Ehepaar anlegen, dann bekommen sie es definitiv mit Gabe zu tun. Ein Oger, der seinen Sumpf verteidigt, oh ja!   Erst, als er auf dem Weg zur Arbeit in die U-Bahn steigt, wird ihm klar, dass seine protektive Haltung vielleicht eine Spur zu übertrieben und vor allem viel zu voreilig ist. Bislang hat er schließlich mit keinem der Winchesters ein Wort gewechselt und Chuck wird schon gewusst haben, warum er ausgerechnet zwei laute, unverschämt gutaussehende Naturburschen in das Haus voll kunterbunter Sonderlinge hat einziehen lassen. Obwohl das verrückte Schreiberlein nie anwesend ist und sich erfolgreich aus allem heraus hält, scheint er doch einen gruselig genauen Überblick darüber zu haben, wer bei ihm zur Miete wohnt.   Also reißt Gabriel sich zusammen und ist damit sogar ganz erfolgreich. Zumindest, bis er am späten Nachmittag wieder nach Hause kommt und ein Sofa die Eingangstür blockiert. Für vielleicht fünf Sekunden steht Gabe sprachlos am Treppenabsatz vor dem Haus. Er neigt den Kopf, kneift die Augen ein wenig zusammen – aber das Möbelstück will einfach nicht verschwinden. Das Kuriose an dieser Situation ist dabei übrigens, dass das Sofa nicht einfach quer im Freien herum steht und den Durchgang verhindert, oh nein! Das dunkelbraune abgewetzte Ding steckt nahezu hochkant in der Eingangstür und will offenbar weder vor noch zurück. Gabe kann so die gesamte abgenutzte Sitzfläche des großzügigen Zweisitzers sehen, während die Unterseite und ein Stück der oberen Armlehne in den Hausflur ragen, dabei aber den Blick ins Hausinnere gänzlich verdecken. Von den Gebrüdern Holzfäller ist natürlich weit und breit keine Spur zu sehen. Wunderbar!   Gabe zögert den Zeitpunkt, bis er sich mit dem Problem befassen muss, nicht ins Haus zu können, hinaus, indem er umständlich seine Post aus dem Briefkasten holt. Aber auch, nachdem er dreimal die zwei Umschläge mit Rechnungen und die zwei Werbeflyer sortiert hat, ist von den Brüdern kein Lebenszeichen auszumachen. Wirklich seltsam. Wenn die Winchesters nicht hier draußen in der Nähe sind, werden sie wohl in ihrer neuen Wohnung sein – irgendwie ist das Sofa schließlich in der Haustür stecken geblieben und feststeht, dass an diesem Monstrum von einem Sitzmöbel niemand mehr vorbeigekommen ist, nachdem sie es hierher getragen haben. Aber Moment, müsste dann nicht zumindest einer von beiden hier draußen anzutreffen sein? Unter keinen Umständen kann ein Mensch, auch kein muskelbepackter Holzfäller-Verschnitt, dieses Ungetüm allein tragen; allein, um es anzuheben, müssen wohl mindestens zwei Personen das Sofa jeweils auf Höhe der Armlehnen fassen. Also ist ein Winchester drinnen eingesperrt, während der andere hier draußen frei herumläuft. Vermutlich ohne Leine. Kurz zieht er in Erwägung, einfach zu klingen. Einfach, ja, zu einfach.   „Hallo, jemand da?“, ruft Gabe halblaut gegen das Sofa. Niemand antwortet ihm. Verstohlen sieht er sich nach allen Seiten um. Schließlich zuckt er die Achseln und lehnt sich probeweise ein Stück gegen die fremde Couch. Erst unauffällig mit einer Hand, anschließend mit beiden Händen und zu guter Letzt auch mit den Schultern drückt er dagegen und stellt fest, dass sie sich kein Stück bewegt. Na schön, das Sofa hat es so gewollt!   Gabriel steigt die Treppe wieder hinunter, lässt seine Tasche vor der ersten Stufe fallen und krempelt die Ärmel hoch. Dann nimmt er Anlauf, hechtet die vier Stufen bis zur Haustür hinauf und wirft sich mit aller Kraft gegen das störrische Möbelstück. Mit einem kleinen Aufschrei prallt er gegen die Sitzfläche, während das Sofa beim Zusammenstoß nur ein leises Knarzen im Türrahmen hinterlässt, sich augenscheinlich aber nicht um auch nur ein Deut bewegt hat. Gabe stolpert durch den Rückstoß rückwärts und fällt – die Treppe hinunter. Direkt in die Arme des Mammuts.   Das Gefühl, vor einem in Flanell gekleideten Berg zu stehen und meilenweit bis zur Spitze aufsehen zu müssen, ist erniedrigend, auch wenn die starken Arme ein eigentümliches Gefühl von Sicherheit vermitteln. Der Länge nach an den großen Mann gepresst treffen sich ihre Blicke über dessen breitem Brustkorb und er überlegt einen Moment, welche Augenfarbe das Mammut eigentlich hat. Sind sie blau oder braun oder doch eher grün? Schwer zu sagen. Eindeutig ist jedenfalls die Belustigung, die ihm daraus entgegen strahlt. Verlegen stemmt sich Gabriel gegen den festen Muskelberg, um sich sturzfrei aufrichten zu können und endlich gebührlichen Abstand zwischen sie beide zu bringen.   „Hi“, sagt Mammut und das stille, freundliche Lachen erstreckt sich nicht nur bis in seine faszinierenden Augen, es erreicht sogar die eine Silbe, die unbekümmert und freundlich seinen kleinen Schmollmund verlässt. Hmm. ‚Mammut‘ wirkt als Spitzname – Holzfäller-Look hin oder her – viel zu ungehobelt, viel zu prähistorisch und zu kantig für den Mann, der trotz seines stattlichen Formats eine gewisse Sanftheit ausstrahlt, die etwas in Gabes Innerem ganz warm und weich werden lässt. Unweigerlich muss er an Lavakuchen denken und er überlegt, ob er sich bei seinem peinlichen Beinahe-Sturz vielleicht irgendwie den Kopf angeschlagen hat. Hart genug wären die Muskeln dieses Bruders dafür jedenfalls.   „Ich bin Sam. Winchester. Dein neuer Nachbar.“ Nicht-Mammut lacht strahlend, diesmal richtig, und streckt Gabe eine breite, gepflegte Pranke hin. „Oder zumindest einer davon. Der andere ist mein Bruder, Dean. Du hast bestimmt schon seine schreckliche Musik gehört?“ Gabe registriert mit mildem Erstaunen, dass Nicht-Mammuts Selbstsicherheit zu bröckeln scheint, je länger er ihm den Handschlag zur Begrüßung verweigert. Mit hochgezogenen Brauen starrt Gabe auf die ihm dargebotene Hand und ergreift sie schließlich so fest er kann. Der Griff des anderen ist selbstverständlich fester. So ein Mist.   „Ach was, ich habe gar nicht gemerkt, dass wir neue Nachbarn haben“, lügt Gabe schamlos und entzieht sich elegant dem Schaufelgriff.   „Das ist aber merkwürdig, ich habe dich nämlich gestern den ganzen Tag mit dem Typen, der unter dir wohnt, am Fenster stehen sehen.“   Zu behaupten, dass Gabriel das Blut in den Adern gefriert, wäre die Übertreibung des Jahrhunderts. Angenehm ist es trotzdem nicht, bei einer derart dreisten Lüge erwischt zu werden. Gabriel verzichtet darauf, rot zu werden (zumindest redet er sich ein, dass er diesen Zustand erfolgreich unterdrücken kann) und starrt stur in das hübsche Gesicht.   „Das sollte ein Kompliment sein“, brummt er. „Darüber, wie leise ihr seid.“ Lüge Nummer zwei – und er hat noch nicht einmal einen angemessenen Ersatz-Spitznamen für S. Winchester gefunden. Der wirft auf seinen Kommentar den Kopf in den Nacken und röhrt vor Lachen, wobei er auf anbetungswürdigste Art und Weise die Augen zusammenkneift, die sich in den Winkeln äußerst ansprechend in Fältchen kräuseln. Auch den Nasenrücken zieht er beim Lachen kraus und Gabe denkt bei dem Anblick schon wieder an zerschmelzende Schokolade. Elch. Nicht-Mammut ist ein Elch.   „Dann musst du wohl taub sein, … ähm ...“   Der Blick des Elchs huscht über die Klingelschilder und Gabe sieht förmlich, wie er in Gedanken deren Position den einzelnen Wohnungen im Haus zuordnet.   „Lass mich raten: Entweder R. McLeod oder G. Milton?“   „Milton“, sagt Gabriel und reckt herausfordernd das Kinn. „Gabriel Milton. Und mein Gehör funktioniert ausgezeichnet, Elch.“   Ups. Das hatte er nicht sagen wollen. Mit gemischten Gefühlen sieht er die Irritation in Sams Blick, wartet aber nicht darauf, inwieweit sich der Elch zu seinem neuen Spitznamen äußern will. Gabe bückt sich (was ihm vor so einem großen Menschen seltsam unangenehm ist), schnappt sich seine Tasche und die Post.   „Also dann, ich muss noch … einkaufen. Sieh zu, dass deine Einrichtung heute nicht mehr zwischen mich und mein Sofa gerät. Es könnte sonst Tote geben. Sof-i-a duldet keine Konkurrenz.“ Innerlich windet Gabe sich über diesen Spruch, denn sogar er muss zugeben, wie unterirdisch der war. Er presst die schmalen Lippen aufeinander und macht sich vom Acker, winkt dem verdatterten Sam über die Schulter zu, ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen.     Der nächste Tag beginnt für Gabriel, nicht, wie gewohnt, um sechs Uhr, sondern um zwei Uhr dreißig in der Früh. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er in die Dunkelheit seines Schlafzimmers, während ihm von zwei Etagen tiefer Rock of Ages durch Mark und Bein dröhnt. Gabe stöhnt schmerzerfüllt auf und rollt sich unter seiner Bettdecke zusammen. Es hilft kein Stück gegen den Lärm, der die Wände wackeln lässt, nicht einmal, als er sich das Kopfkissen aufs Ohr presst. In der Ferne hört er, wie Baby Jack im Erdgeschoss zu weinen beginnt. Es ist, als wäre mit einem Mal die Apokalypse ausgebrochen und ihr Ursprung liege, leider Gottes, im Erdgeschoss und in den Händen zweier einfältiger Brüder. Es dauert zwar nicht lange, bis die Musik verstummt, höchstens zehn Minuten – denn so lange braucht das Backenhörnchen offenbar, um beim ersten Weckerklingeln in die Puschen zu kommen – aber das ganze Haus ist nun wach. Verfluchte Holzfäller!     Den Nachmittag nach der Arbeit verbringt Gabe, wie so oft, bei Castiel. Der Ärmste wohnt direkt zwischen Gabe und den Winchesters und bekommt ihren Lärm den ganzen Tag über durch den Fußboden mit. Sie sitzen in Cassies Wohnzimmer vor einer Kanne Tee, während Gabe besorgt die dunklen Ringe unter den Augen seines besten Freundes betrachtet. Während sie Tee trinken, ist das Gepolter und Getrampel ein Stockwerk tiefer übrigens deutlich zu hören. Es sind erst zwei Tage seit dem Einzug des doppelten Alptraums vergangen und doch wundert es Gabe kein bisschen, dass sich schon jetzt sichtliche Erschöpfung bei Cas bemerkbar macht. Na gut, Alptraum ist vielleicht nicht ganz die richtige Bezeichnung für die zwei, denn immerhin sorgt A-Hörnchen eher für die Schlaflosigkeit der Nächte und B-Elch für die Tagträume der angenehmeren Variante, aus denen Gabe peinlich berührt und fast genau so auf dem falschen Fuß erwacht, wie bei Deans nächtlichen Rockkonzerten.   „Ich gebe ihnen noch einen Tag, um ihren Einzug über die Bühne zu bringen“, sagt Gabe, um seine Gedanken in angemessenere Bahnen zu lenken, „und dann beschweren wir uns. Dieser Bullshit muss aufhören – sie sind hier nicht alleine im Haus!“   Castiel lächelt gequält hinter seiner Teetasse hervor. „Aber wir haben ihnen nicht einmal hallo gesagt“, wendet er ein und Gabe kann darüber bloß mit den Augen rollen, dass Cassie die beiden Fremden sofort in Schutz nehmen muss. „Was wäre denn das für eine Begrüßung von uns, wenn wir uns direkt mit einer Beschwerde vorstellen? So ein Umzug ist nicht leicht und wir sollten ihnen mehr Zeit geben ...“ Den letzten Satz presst er zwischen einem unterdrückten Gähnen hervor und Gabe schnaubt.   Sie hören, wie ein Stockwerk tiefer die Haustür mit einem lauten Rums ins Schloss knallt. Castiel und Gabriel sehen sich an. Dann, wie auf Kommando, stehen sie auf und gehen zum Fenster, jeder mit seiner Teetasse in der Hand. Elch taucht draußen im Hof in ihrem Blickfeld auf; in verboten dünner und enger Sportkleidung, die vorbildlich mit Reflektoren versehen ist. Das lange Haar hat er unter eine Mütze gestopft, die ihm irritierend gut steht und ihn noch jünger aussehen lässt, als er vermutlich ist. Es ist ein windiger, grauer Tag und Gabe kriecht allein beim Anblick der bloßen, durchtrainierten Waden ein Schauer über den Rücken, deren Muskelspiel er bis in den ersten Stock hinauf sehen kann. Insbesondere, als der Elch mit einem flotten Aufwärmprogramm beginnt und seine langen Gliedmaßen in allen möglichen und unmöglichen Verrenkungen von sich streckt. Gabe nimmt einen tiefen Schluck aus seiner Tasse. Ästhetisch ist der Anblick irgendwie schon, das muss er ja zugeben. Er hätte zumindest nichts dagegen, öfter Zuschauer von Sams Aufwärmeinheit zu werden. Doch sein heimlicher Wunsch findet ein jähes Ende, denn so, als fühle sich Elch mit einem Mal beobachtet, unterbricht er seine Dehnübungen und hebt den Kopf. Gabe bleibt beinahe das Herz stehen, als er den Blick des Elchs auf sie beide gerichtet spürt. Sam unten im Hof wirkt für einen winzigen Moment überrascht davon, Zuschauer zu haben, bevor sich wieder dieses stille Lachen in seine Züge schleicht, das Gabe bei ihrem ersten Aufeinandertreffen bereit so sehr in seinen Bann gezogen hat. Sam gelingt es, das noch zu toppen, in dem er zu ihnen hinauf grinst. Ja, er besitzt sogar die Frechheit und winkt ihnen zu! Reflexartig hebt Gabe die teetassenfreie Hand, um zurück zu winken, während er aus dem Augenwinkel sieht, wie Cas neben ihm fragend den Kopf schief legt.   „Ist es schlimm, dass er uns gesehen hat?“, fragt er unsicher, als sie dabei zusehen, wie Elch in gemächlichem Tempo das Grundstück verlässt und die Straße hinunter joggt.   „Ich glaube nicht“, sagt Gabe nur lahm und starrt Sam nach, bis er und sein äußerst netter Hintern um die Kurve am Ende der Straße verschwunden sind.   „Ich frage mich, welcher der beiden Brüder das war“, überlegt Cas laut und klingt ehrlich interessiert. Er hat sich längst vom Fenster abgewandt und ist dabei, ihnen beiden Tee nachzuschenken. Gabe zögert einen Moment, ob er Cassie erzählen soll, dass er Gigantor bereits persönlich begegnet ist. Er kann nicht genau sagen, wieso, aber er entscheidet sich spontan dagegen, als er genüsslich den vierten Zuckerwürfel in seine Tasse plumpsen lässt.     Am nächsten Morgen findet Gab einen Zettel, der in der Nähe der Eingangstür im Hausflur an die Wand geheftet ist.   Sorry für den Lärm, hab den Wecker zwischen den Umzugskartons nicht gefunden. Dean,   steht da in ausgesprochen krakeliger Schrift. Aha, das ist also der erste Kontakt mit der unbekannten Spezies, die zu laut Musik hört und offenbar wenig Geschmack besitzt. Gabe lässt den Zettel für die anderen Hausbewohner hängen und macht sich schmunzelnd auf den Weg zur Arbeit. Dean-o hat sich also schlaftrunken in seiner neuen Wohnung verlaufen – das macht ihn ja beinahe ein bisschen sympathisch. Dabei hätte er einem Holzfäller doch einen besseren Orientierungssinn zugetraut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)