The light deep inside me von AuroraIlionia (Chapter of life) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Das Leben: Es kann dein bester Freund sein, oder dein größter Feind. Man kann es nicht beeinflussen und selbst wenn ein Kapitel deines Lebens von Freude, Liebe und Geborgenheit getragen wird, so kann das Nächste dir Trauer, Verlust und Einsamkeit geben. Ich musste es schmerzlich lernen. Binnen weniger Sekunden wurde ich vom Leben in eine tiefe, düstere Schlucht hinuntergestoßen, aus der ich nur mit Hilfe von Stärke und Mut wieder hinaus kam. Und durch die helfenden Hände die mein heutiges Leben begleiten. Doch um euch das zu erklären muss ich von vorne beginnen. An jenem Tag, an dem ich alles verlor und gleichzeitig ein neues Kapitel meines Lebens eingeläutet wurde. Kapitel 1 Müde lenke ich meinen Wagen die kleine Auffahrt entlang. Das Haus welches sich vor mir erstreckt wird von innen hell beleuchtet, was mich vorfreudig lächeln lässt. Diese Abende sind äußerst selten. Umso mehr freue ich mich auf das gemeinsame Essen mit meinen Eltern. Sicher für die meisten ist es wahrscheinlich das normalste der Welt, nach einem harten Tag nach Hause zu kommen, wo die Eltern einen schon erwarten. Doch sowohl meine Mutter als auch mein Vater arbeiten sehr viel. Mein Vater ist Unternehmer und unter der Woche oft lang im Büro, während er am Wochenende meist geschäftlich verreisen muss. Meine Mutter dagegen ist die Fürsorge in Person, am Tag hilft sie ehrenamtlich in einem Obdachlosenheim und nachts arbeitet sie im Krankenhaus. Ab und an hilft sie zusätzlich sogar noch in einem kleinen Café aus. Um so mehr genieße ich die kleinen, seltenen Momente in denen wir alle drei zusammen an einem Tisch sitzen und einfach eine normale Familie sind, uns über belanglose Dinge unterhalten und einfach den Moment genießen. Hastig parke ich mein Auto neben dem meines Vaters, schnappe mir meine Sporttasche vom Beifahrersitz und beeile mich den gepflasterten Weg, welcher von einer dünnen Schneeschicht überzogen ist, entlangzulaufen. „Ich bin wieder da“, rufe ich wobei ich gleichzeitig die Tür hinter mir ins Schloss fallen lasse. Im Haus werde ich sofort vom köstlichen Duft des Essens empfangen und keine Sekunde später steckt meine Mutter ihren Kopf zum Flur hinaus. „Hallo mein Schatz“, begrüßt sie mich mit einem warmen Lächeln. Eilig ziehe ich mir meine Stiefel und die Jacke aus, schmeiße meinen Schlüssel in eine kleine Schale, welche auf einer weißen Kommode, neben einem Familienbild steht und gehe auf die braunhaarige Frau zu. „Wie geht’s dir Mama?“, frage ich und drücke ihr einen Kuss auf die Wange. Danach folge ich ihr in die Küche und schnappe mir ein Glas um es mit Wasser zu füllen. „Sehr gut, ich konnte heute so viele Dinge erledigen. Erst war ich einkaufen, dann habe ich es endlich geschafft die Fenster zu putzen und mit Haruka habe ich mich auf einen Kaffee getroffen und du wirst es mir nicht glauben, aber ich habe endlich, nach gefühlten fünf Jahren das Buch, welches du mir gegeben hast durchgelesen.“ Schmunzelnd nimmt sie sich einen kleinen Löffel zur Hand um im nächsten Moment die Soße abzuschmecken, danach dreht sie sich wieder zu mir und schaut mich mit einem gespielten, träumerischen Ausdruck an. „Ist das, das Leben wenn man frei hat?“ Ich lache und nehme ihr den Löffel ab um ihn ebenfalls in die Soße zu tunken. „Das freut mich, du siehst auch gleich zwanzig Jahre jünger aus“, scherze ich und ernte dafür einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. „Anstatt frech zu werden solltest du lieber den Tisch decken.“ Lachend salutiere ich vor ihr, woraufhin sie mir kopfschüttelnd die Teller in die Hand drückt. Keine zehn Minuten später steht das fertige Essen auf dem gedeckten Tisch und meine Mutter wendet sich dem Flur zu, wo sie mit, in die Hüfte gestemmten Armen ihre Stimme erhebt. „Kizashi! Lass die Arbeit für heute Arbeit sein und schwing deinen Hintern in die Küche, das Essen ist fertig und deine Tochter ist da! Du weißt schon, die junge Frau mit der komischen Haarfarbe, die deine Augen hat!“ Laut lachend lasse ich mich auf meinen Platz fallen und setzte ebenfalls schon zu einen Kommentar an, doch in dem Augenblick höre ich schwere Schritte und gleichzeitig das knarren der Treppenstufen. „Mebuki Schatz, hast du mal über einen Berufswechsel nachgedacht? Wie wäre es mit Marktschreier oder der Armee?“ Gutgelaunt betritt mein Vater die Küche, gefolgt von seiner Frau, welche etwas unverständliches vor sich her murmelt und ihren Mann herausfordernde Blicke zuwirft. „Hey Liebes“, begrüßt er mich und küsst mir sachte auf den Haaransatz, meine Mutter ignoriert er, wirft mir jedoch einen wissenden Blick zu. „Wie war das Training?“, fragt er und setzt sich mir gegenüber. „Sehr gut ich denke wir haben nächste Woche gute Chancen beim Turnier, Mai ist wieder topfitt und da Kiba zugucken kommt wird Yuri wahrscheinlich zu Höchstform auflaufen.“ Unwillkürlich muss ich beim Gedanken an meine Freundin kichern. Schon seit Jahren ist sie in meinen besten Freund verliebt und so gut wie die ganze Stadt weiß es, nur Kiba nicht, naja und Yuri leugnet es, dennoch... selbst ein Blinder würde es sehen. „Jedenfalls war Asuma sehr zufrieden.“ Damit beende ich meinen Bericht über das heutige Volleyballtraining und beobachte meine Mutter dabei, wie sie mir eine Scheibe ihres Hackbratens auf den Teller legt und ordentlich Soße drüber kippt. Dankend nehme ich den Teller entgegen. „Warum sagst du Kiba nichts?“, kommt es jedoch von meinem Vater, der mich fragend ansieht und bereits angefangen hat zu essen. „Nun das ist ja wohl nicht ihre Aufgabe!“ mischt sich meine Mutter ein ehe ich den Mund aufmachen kann. „Aber warum sollte sie den armen Kerl nicht mal auf die Sprünge helfen?“ Ein funkeln erscheint in den Augen meines Vater und sofort weiß ich was er als nächstes sagen wird. „Ohne Minato hättest du dich ja auch nicht getraut mich anzusprechen.“ Jedes mal wenn er mit dieser Geschichte anfängt, versuche ich mir meine Mutter als schüchternes Mädchen vorzustellen und jedes mal kann ich es nicht glauben. Meine Mutter ist die taffeste Frau die ich kenne, niemand sonst hat so viel Temperament wie sie, höchstens meine Tante Tsunade, aber da sie ihre Schwester ist zählt das nicht. „Also bitte das ist schon so lang her! Das kann man nicht miteinander ver-.“ Mitten im Satz erstarrt meine Mutter plötzlich. Fragend wende ich meinen Blick von meinem Teller ab und sehe wie sie erschrocken die Augen weitet, gleichzeitig fällt ihr die Gabel aus der Hand. „Mum?“, frage ich und lege ihr eine Hand auf die Schulter. „Was ist los?“ Doch sie ignoriert mich und springt so schnell auf das ihr Stuhl dabei umkippt. Fragend suche ich den Blick meines Vaters, dieser jedoch erhebt sich ebenfalls und scheint sich für einen Moment zu konzentrieren. „Das kann nicht sein“, flüstert er und eilt zum Küchenfenster um die Vorhänge zuzuziehen. „Wie viele?“, fragt er an meine Mutter gewandt, was sie wohl aus ihren Schockzustand reißt, denn im nächsten Moment ballt sie die zitternden Hände zu Fäusten. „Was ist los?“ Überfordert mit der Situation lege ich mein Besteck zur Seite und sehe zwischen den beiden hin und her. „Zu viele, sechs, vielleicht auch sieben“, antwortet meine Mutter auf die Frage meines Vaters. Im nächsten Moment sieht sie mich an. Binnen weniger Sekunden kippt etwas in ihr. Bestimmend packt sie meinen Arm und zieht mich auf die Beine. „Wir müssen ins Wohnzimmer!“, ruft sie und folgt meinem Vater, welcher das Zimmer bereits verlassen hat. „Seit wann kommen sie in Gruppen?“ Höre ich sie rufen. Vollkommen überfordert stolpere ich ihr hinterher ins Wohnzimmer, wo mein Vater hastig jedes Licht anschaltet was er finden kann. Haben die beiden den Verstand verloren? Ist das ein schlechter Scherz? Wo sind die Kameras? „Mum, Dad was ist hier los? Wer sind denn 'Sie'“, frage ich verwirrt und entziehe mich der Hand, die meinen Arm bis eben noch im Griff hatte. Ich beobachte wie meine Eltern panisch und gleichzeitig konzentriert durch das Zimmer laufen, sämtliche Gardinen zu ziehen und nun in Mitten des viel zu hell beleuchteten Raumes stehen. Erst jetzt schenkt mir meine Mutter ihre volle Aufmerksamkeit, doch schlagartig wende ich den Blick auf mein Vater, welcher sich mit einmal verändert hat. Augenblicklich liegt es an mir erschrocken die Augen aufzureißen. Fassungslos und verwirrt zugleich taumel ich drei Schritte rückwärts, lasse dabei den Mann vor mir nicht aus den Augen, oder eher gesagt die komischen Zeichen, welche sich nun wie Schlangen seinen ganzen Arm entlangziehen, bis sie auf der Stirn ein helles Karomuster bilden. „Was-?“, setzte ich zu meiner Frage an, doch bekomme ich kein weiteres Wort heraus. Immer noch liegt mein Blick auf den komischen linienförmigen Malen, welche meinen Vater in ein helles Licht tauchen lassen. „Sakura! Hör mir zu!“ Erst als ich die Hände meiner Mutter auf meinen Schultern spüre finde ich meine Stimme wieder. „Was ist hier los? Dad du- du leuchtest!“ Mittlerweile ist mein Vater fast nicht mehr wiederzuerkennen. Seine ganze Gestalt wird in ein helles weiß-gelbes Licht getaucht, sogar seine sonst so strahlend grünen Augen sind als diese nicht mehr zu erkennen. Keine Pupillen, keine Iris, keine Lederhaut. Nur noch dieses helle Licht. „Sakura! Du musst mir zuhören!“ Fordernd schließt meine Mutter mein Gesicht in ihre Hände und zwingt mich so sie anzusehen. Merkt sie etwa nicht was hinter ihr los ist? Sieht sie das nicht? „Du verlässt jetzt so schnell du kannst das Haus! Du rennst in die Ichiraku-Bar und suchst nach einem Mann namens Naruto Uzumaki. Sag ihm deinen Namen und er wird dir helfen Ok? Hast du mich verstanden?“ Eindringlich sieht sie mir in die Augen und schüttelt mich leicht um mich aus meiner Starre zu holen. „Sakura? Hast du mich verstanden?“, wiederholt sie als mein Vater im nächsten Moment seine Stimme erhebt, jedoch ist es nicht mehr die, mir bekannte Stimme. Sie klingt anders, tiefer und melodischer. „Mebuki schaff sie hier raus. Ich spüre sie immer näher kommen!“ „Ich weiß!“, zischt die Angesprochene in seine Richtung, bevor sie sich wieder zu mir dreht. „Geh! Lauf so schnell du kannst, dreh dich nicht um und denk dran such Naruto Uzumaki! Sag ihm, dass du die Tochter von Kazashi und Mebuki Haruno bist hast du verstanden?“ Ich merke weder wie ich nicke, noch wie ich mich umdrehe und zur Tür renne, das Einzige was ich sehe sind die hellen linienförmigen Male, die sich nun auch auf der Stirn meiner Mutter zu einem kleinen Karo sammeln und den gesamten Körper ebenfalls in dieses weiß-gelbe Licht taucht. Erst als die kühle Winterluft mir entgegen peitscht realisiere ich, dass ich bereits die Auffahrt hinunter renne und langsam lässt auch bei mir der Schock ein Stück weit nach, nur um der eiskalten Panik Platz zu machen. Was immer da drin gerade passiert ist, es macht meinen Eltern eine heiden Angst. Was habe ich da gerade gesehen? Was war das für ein Licht und wer sind 'Sie'? Ich kann noch immer die nackte Angst meiner Mutter spüren. Schnell schüttel ich meinen Kopf und biege auf die, mittlerweile verlassene Straße. Eins ist klar, was auch immer meine Eltern so verschreckt, es hat nichts gutes zu heißen. Ich versuche nicht mehr an das helle Licht zu denken. Ich muss mich zusammenreißen. Ichiraku-Bar. Naruto Uzumaki! Erst jetzt bemerke ich die heißen Tränen, die mir über die Wangen laufen, doch ich ignoriere sie genauso sehr wie meinen unregelmäßigen Atem. Ich kenne die Bar, die sie meint. Es ist das Stammlokal meines Vaters und befindet sich zu Fuß circa dreißig Minuten von unserem Haus entfernt und das im Normaltempo. Haltet durch! So schnell ich kann renne ich die Straßen entlang, vorbei an den verschiedenen Häusern. Vorbei an den, noch geöffneten Läden. Ist es nicht besser die Polizei zu rufen? Oder einen Nachbar um Hilfe zu bitten? Nein! Ich erinnere mich an die Worte meiner Mutter und wie sie den Namen wiederholt. Naruto Uzumaki! Panisch presse ich die Zähne aufeinander, versuche das Brennen in meiner Lunge und den stechenden Schmerz in meinen Seiten so gut wie möglich zu ignorieren. Das Adrenalin in mir sorgt dafür das ich weiterhin einen Fuß vor den anderen setze und das Tempo beibehalte ohne zusammenzubrechen. Und endlich! Als ich um die nächste Ecke biege, erscheint vor mir ein grelles Neonschild mit der Aufschrift Ichirakus. Instinktiv nehme ich meine restliche Kraft zusammen und stolpere die Treppen zur Bar hinauf, reiße so stark die Tür auf, dass sie hinter mir hart gegen die Wand knallt und mir mit Schwung in die Seite stößt. Kurz entweicht meiner Kehle ein trockenes Zischen und ein röchelndes Husten. Der Stoß lässt mich taumeln und auf die Knie fallen, doch rappel ich mich so schnell wie möglich wieder auf. Ziehe mich am Tresen neben mir hoch. Augenblicklich wendet sich die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden mir zu. Einige Männer an der Bar drehen sich zu mir um, andere flüstern etwas unverständliches und einer ruft mir sogar etwas entgegen. „Naruto Uzumaki?“, keuche ich heiser und stolper ins innere des Raumes. Abermals mache ich Bekanntschaft mit den dreckigen Boden, doch das ist mir gerade recht herzlich egal. „Ich suche Naruto Uzumaki.“ Wieder spüre ich wie Tränen sich in meinen Augen sammeln. „HILFE!“ „He, he beruhige dich. Was ist los?“ Erschrocken drehe ich mich um als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legt. Vor mir hockt ein blonder Mann und schaut mich aus großen blauen Augen an. Hinter ihm stehen zwei weitere Männer, beide dunkelhaarig. Der eine neugierig, der andere skeptisch. „Naruto Uzumaki?“ krächze ich und versuche das Schwindelgefühl zu verdrängen. „Ja der bin ich.“ Gott sei dank! „Mei- Mein Name ist Sakura Haruno. Meine Eltern brauchen Hilfe!“ Kurz scheint mein Gegenüber zu überlegen, doch im nächsten Moment weiten sich kaum merklich seine Augen. Auch die anderen beiden regen sich und treten einen Schritt näher, als Naruto plötzlich, blitzschnell aufspringt und nach meiner Hand greift. Stolpernd werde ich vor die Tür geführt, wobei ich mich nur mit Mühe auf den Beinen halten kann. „Shikamaru, Sai, geht! Ich komme mit ihr nach“, kommt es leise von Naruto, woraufhin die beiden angesprochenen nicken und plötzlich innerhalb eines Wimpernschlages verschwunden sind. „Was zum-?“ „Komm mit, mein Auto steht dahinten“, unterbricht mich der Blonde sanft und führt mich eilig über die Straße zu einem silbernen BMW. Erst als ich das weiche Leder unter mir spüre traue ich mich tief einzuatmen, nur um im nächsten Moment vom Hustenanfall gepackt zu werden. „Was ist passiert?“ kommt es von Naruto, der sich plötzlich neben mir in den Sitz fallen lässt. Erschrocken zucke ich zusammen, während er den Zündschlüssel dreht und den Motor aufschnurren lässt. „Ich- Ich weiß es nicht, wir waren beim essen und... und plötzlich leuchten meine Eltern! Was ist hier los?“ Mit zitternden Händen fahre ich mir über das Gesicht, wische mir dabei die Tränen aus den Augen und die Haare aus dem Sichtfeld. Der Schmerz in meinen Seiten und in der Lunge ist noch immer nicht abgeklungen. Kurz schaut Naruto mich abschätzend an, bevor er den Mund öffnet um etwas zu erwidern, ihn aber darauf wieder schließt und konzentriert auf die Straße starrt. Ohne auf die Geschwindigkeitsbegrenzung oder auf rote Ampeln zu achten, lenkt der blonde Mann sein Auto die gleichen Straßen entlang, die ich zuvor hinab zur Bar gerannt bin. Nach endlos langen zehn Minuten erreichen wir endlich unser Ziel. Ohne zu überlegen reiße ich die Tür auf und renne durch den verschneiten Vorgarten, höre gar nicht auf die Stimme von Naruto, die hinter mir meinen Namen ruft. Was mir als erstes auffällt ist die Tatsache das es stockfinster ist. Wo vorhin noch das ganze Haus von Licht erhellt wurde ist es nun vollkommen dunkel. Was hat das zu bedeuten? Abermals kroch die Angst in mir hoch, warum höre ich meine Eltern nicht? Warum brennt kein Licht? Warum scheint das Haus so verlassen zu sein? Erst als eine männliche Gestalt durch die Tür in den Garten tritt bleibe ich abrupt stehen. Im ersten Moment denke ich an meinen Vater, doch dieser Mann ist schlanker und etwas größer. Seine Haut ist blass und scheint im Mondlicht noch heller zu wirken. Ich bin ihm vorhin in der Bar begegnet... Er gehört zu Naruto. „Was ist mit meinen Eltern?“, rufe ich in seine Richtung und mache Anstalten an ihm vorbei ins Haus zu rennen, jedoch hindert der schwarzhaarige mich daran, indem er sich mir in den Weg stellt. Ohne mir in die Augen zu schauen richtet er seinen Blick auf Naruto, welcher mich von hinten am Arm packt. „Sai?“, höre ich die Stimme hinter mir fragen. . . . Und der Moment als der Schwarzhaarige vor mir kaum merklich den Kopf schüttelt ist der Augenblick in dem meine Beine plötzlich nachgeben und ich unkontrolliert zu schreien anfange. Kapitel 2: ----------- Das Leben... Es ist vergänglich. Jeder Mensch, jedes Tier und jede noch so kleine Existenz auf dieser Welt, findet eines Tages sein Ende. Um so schwerer ist es, wenn der Tod so unvorhersehbar kommt und eine Welle von Chaos und Trauer hinterlässt. Es gab Momente in meinem Leben, wo ich mich fragte wie es wohl ist tot zu sein. Was kommt danach? Gibt es einen Ort wo man dann hinkommt? Oder zieht man als körperlose Seele durch die Welt, um über die Liebsten zu wachen? Oder geht man ins große Nichts, umgeben von Dunkelheit? Habt ihr euch jemals vorgestellt, wie es ist tot zu sein? Habt ihr jemals versucht nicht zu denken? Ich ja... Es geht nicht. Kapitel 2 Im ersten Moment scheint die Zeit um mich herum still zu stehen. Immer noch knie ich auf dem kalten Boden, das Gesicht in meine Hände vergraben, schreiend ohne überhaupt etwas davon wahrzunehmen. Ich höre weder mein eigenes gequältes Wimmern noch bekomme ich Naruto mit, welcher sich zu mir hinunter kniet und mich festhält. Erst als sich eine weitere Person in mein Sichtfeld schiebt werde ich langsam wieder ins hier und jetzt gezogen. Erschrocken kippe ich zurück als ich das Blut an den Händen des dritten Mannes sehe. Eine neue Welle von Tränen lässt meine Sicht verschwimmen. „Bring sie hier weg, wir reinigen das Haus und rufen die Polizei“, spricht der Neuankömmling und hält seinen Blick auf mich gerichtet. Ein Hauch von Mitleid liegt in seinen Augen, doch dreht er sich danach wieder um und geht zurück ins Innere. „Ok, beeilt euch, ich werde Sasuke Bescheid sagen.“ Mit diesen Worten richtet Naruto sich auf und zieht mich vorsichtig mit auf die Beine. „Komm, ich bring dich hier weg“, spricht er leise und legt mir einen Arm um seine Schulter, um mich stützend zum Auto zu führen. Krampfhaft versuche ich mich zu beruhigen, doch um so mehr ich es versuche, um so schlimmer wird es. Erneut entweicht meiner Kehle ein erstickendes Wimmern, meine Augen sind inzwischen geschwollen und mein Hals brennt vor Anstrengung. Beruhigend streicht mir Naruto über den Rücken, bevor er mich auf den Beifahrersitz sinken lässt. „Es tut mir leid Sakura.“ Mit einem traurigen Blick wendet er sich der Straße zu, startet den Motor und entfernt sich vom Ort, der sicherlich ab jetzt Spielort meiner nächtlichen Alpträume werden wird. „Ich weiß es wird dir im Moment nicht helfen, aber ich bringe dich zu meinen Leute. Dort werden wir dir alles erklären.“ Abwartend blickt er mich aus dem Augenwinkel an, doch ich antworte nicht. Seine Stimme nehme ich nur gedämpft war, wie als wäre ich unter Wasser. Viel deutlicher sind die Bilder in meinem Kopf, die immer und immer wieder auf Dauerschleife laufen. Das Bild meines Vaters der leuchtend vor mir steht und mit dieser, mir fremden Stimme spricht und meine Mutter die mich aus angsterfüllten Augen ansieht. „...schaff sie hier raus. Ich spüre sie immer näher kommen...“ „Geh! Lauf so schnell du kannst, dreh dich nicht um...“ „Warum...?“, wispere ich leise und wiege mich auf dem Sitz hin und her. „Warum?“ Abwesend beobachte ich die Tränen, die lautlos auf meine zitternden Hände tropften. „Es war alles so perfekt“, schluchzte ich leise. „Warum sie?“ „Wir werden die Verantwortlichen finden“, kam es zähneknirschend von Naruto. Erst jetzt schaffe ich es meinen Blick zu heben und sehe ihn geschockt an. Sauer starrt er auf die Straße, seine Hände klammern sich geradezu an das Lenkrad, sodass die feinen Adern deutlich zu sehen sind. Doch was mich schockiert sind seine hellen blauen Augen, die wie meine voller Tränen sind. Wieso weint er? Ohne das der Schmerz in meiner Brust abklingt, wische ich mir mit den Pulloverärmel über das nasse Gesicht. Gerade als ich ansetzte, um etwas zu sagen holt der blonde Mann sein Handy aus der Hosentasche und hält es sich wenige Sekunden später ans Ohr. Es dauert nicht lang bis er schließlich die Stimme erhebt. „Du weißt es schon?“, kommt es fragend von Naruto ohne jegliche Begrüßung und mit zusammengepressten Zähnen. Schluchzend wende ich mich ab, kann es jedoch nicht verhindern seinen Worten zu lauschen. „Ja, Shikamaru und Sai sind noch dort...“ Er redet über den Vorfall. Bei dem Gedanken daran wird mir schlecht und abermals entweicht mir ein leises schluchzen. „Ja die Tochter ist bei mir, ich werde sie mitbringen.“ Kurz herrscht eine unangenehme Stille bis Naruto seufzend zu mir schaut. „Wie soll es ihr schon gehen? Aber sie ist unverletzt.“ Müde lasse ich den Kopf hängen. Ja ich bin unverletzt und dennoch gebrochen. „Ach und eins noch. Sie weiß nichts von unserer und derer Existenz.“ „Was?“, flüstere ich ihm entgegen. Schon wieder sehe ich den Anblick eines leuchteten Mannes vor meinem geistigen Auge. „Verstanden!“, antwortet Naruto ohne auf mich einzugehen, danach legt er auf und steckt sein Handy zurück. „Wessen Existenz?“ Platzt es heiser aus mir heraus. „Das werden wir dir später erklären.“ Nein! Kopfschüttelnd sehe ich ihn an. „Bitte Naruto! Meine Eltern sind tot. Hörst du? Tot! Ich werde sie nie wieder sehen! Mein Vater hat geleuchtet, wie ein verdammtes Glühwürmchen! Bitte sag mir was hier los ist!“ Schwer atmend raufe ich mir mit beiden Händen durch das lange Haar. Zum Ende hin hat mich meine Stimme wieder verlassen, hustend wische ich mir die Tränen aus den Augen. Doch Naruto sieht weiterhin auf die Straße, erst nach einigen Minuten öffnet er den Mund. „Bist du ihre leibliche Tochter?“ Wie bitte? „J-Ja bin ich.“ Nickend lenkt er seinen Wagen aus der Stadt hinaus. Wo bringt er mich hin? „Ich wusste nichts von dir“, kommt es leise von dem Blonden. „Woher auch?“ Verwirrt suche ich seinen Blick, mit der Hoffnung irgendetwas darin lesen zu können. „Ich kannte sie. Deine Eltern meine ich. Sie waren enge Freunde meiner Eltern.“ Ich ignoriere den tiefsitzenden Schmerz in mir, welcher bei seinen Worten neu aufkeimt. „Meine Mutter nannte die Angreifer 'Sie'. Was meinte sie damit?“, frage ich und bemühe mich meine Stimme nicht so brüchig klingen zu lassen. Vergeblich. „Um das zu verstehen, musst du erst verstehen was du bist.“ Kurz denke ich über seine Worte nach und beobachte dabei, wie wir auf einen großen Wald zusteuern. „Wa- Was bin ich denn?“ Wieder entsteht eine unangenehme Stille. Länger als die bei dem Telefonat. Hat er mich nicht gehört? Gerade als ich die Frage wiederholen wollte, kommt er mir zuvor. „Eine Sylphe“, antwortet er knapp und sieht mich dabei abschätzend an. „Eine was?“ „Eine Sylphe. Genauso wie ich ein Sylph bin und mit 'Sie', meinte deine Mutter die Crouts, unsere natürlichen Feinde.“ Ok es gibt nur zwei Möglichkeiten um das zu erklären. Die erste und angenehmere... Ich schlafe, mehr oder weniger friedlich und träume das alles nur. Es ist ein absurder Alptraum und wenn ich aufwache werde ich den Freitag wie geplant verbringen. Vormittag Uni, danach mit Kiba zu Mittag essen, Nachmittag zum Training und abends werde ich nach Hause fahren und meine Eltern werden mich glücklich erwarten. Die zweite Möglichkeit... Ich bin verrückt geworden. Noch ehe ich nachfragen kann, was das alles zu bedeuten hat drückt er plötzlich auf die Bremse und bringt das Auto damit zum stehen. Erschrocken blicke ich den dichten Bäumen vor mir entgegen. Warum zur Hölle befinden wir uns im Wald? Plötzlich überkommt mich die Angst. Er hatte zwar gesagt, dass er mich zu seinen Leuten bringen würde, doch was wenn er es nicht so gemeint hatte? Was wenn er mich hierher gebracht hatte um mich zu töten? Wieder beschleunigt sich mein Puls und mein Atem kommt mit einmal stoßweise aus meinem Mund. Komischerweise scheint Naruto zu wissen was in mir vorgeht, denn im nächsten Moment legt er mir eine Hand auf die Schulter und eine wohlige Wärme macht sich in mir breit. Ungewollt entspanne ich mich etwas und sehe ihn fragend an. „Dir passiert nichts, komm mit. Ich bringe dich zu jemanden, der dir das alles besser erklären kann.“ Ein zögerliches Lächelnd schleicht sich auf seine Lippen und im nächsten Moment hat er bereits das Auto verlassen und hält mir nun die Tür auf. Sein wirres blondes Haar tanzt in der kalten Nachtluft und seine hellen Augen scheinen beinahe zu leuchten. Leicht lächelnd streckt er mir die Hand entgegen, welche ich zögerlich ergreife. Unsicher folge ich Naruto durch den dunklen Wald, welcher leicht vom hellen Mondlicht erleuchtet wird. Die Fahrt hat nicht mal eine halbe Stunde gedauert, warum weiß ich also nicht von der Existenz dieses Waldes? Diese Tatsache und die der plötzlichen Entspanntheit verunsichert mich etwas. „Unser Haus ist da vorne am See, dort leben wir, geschützt vor dem Auge der normalen Menschen.“ Um seine Worte zu unterstreichen zeigt Naruto mit einem langen Finger auf einem, vom Mondlicht erhellten See. „Wow“, murmel ich ehrfürchtig und halte mich instinktiv an seiner Schulter fest. Leichter Nebel umgibt den kleinen See, welcher in dem blassen Licht zu glitzern scheint. „Komm.“ Vorsichtig ergreift er meine Hand und führt mich um den See herum. „Das alles liegt im verborgenen vor den Menschen, die normalen sehen hier nichts außer Wald.“ „Aber wie?“, frage ich verwirrt, das alles ist mir zu viel. „Eine Illusion schützt diesen Ort.“ Ich möchte nachfragen, was er damit meint doch im nächsten Moment verdichtet sich der Nebel. „Was zum...?“ Erschrocken sehe ich mich um. Der dichte graue Schleier versperrt die Sicht auf den See und umhüllt uns auf einmal, scheint uns von der Außenwelt abschneiden zu wollen. Doch zu meiner Verwunderung beunruhigt das alles Naruto kein bisschen. Mit einem Lächeln fährt er sich durch das chaotische Haar. „Keine Angst, das ist nur Sasuke“, erklärt er, was mich aber nicht im geringsten beruhigt. „Wer?“, frage ich und trete noch einen weiteren Schritt auf den Blonden zu. „Er ist so etwas wie unser Anführer und wird dir alles erklären.“ Unsicher schaue ich mich weiterhin um, versuche angestrengt durch den dichten Nebel zu sehen. „Ist er auch ein… Sylph?“, frage ich, wobei mir der Name nicht sofort einfällt. „Nicht ganz“, erklingt plötzlich eine fremde Stimme, doch kann ich nicht sagen woher sie kommt, da sie komischerweise von keiner genauen Richtung erklingt. Ich weiß nicht wieso, aber mein Herzschlag beschleunigt sich, was Naruto wiedereinmal mitbekommt. Wie macht er das? „Du machst Sakura Angst,“ ruft er laut, kann sich dabei ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Plötzlich erblicke ich eine Silhouette vor mir, die aus reinen Nebel zu bestehen scheint. Erst als die Umrisse näher kommen erkenne ich langsam die Gestalt eines großen Mannes, der schließlich aus dem grauen Schleier tritt. „Wie ich höre hat dir Naruto bereits von den Sylphs erzählt.“ Ungläubig stolper ich ein paar Schritte rückwärts. Dieser Mann der nun elegant auf uns zukommt, hat sich eben vom Nebel in einen Menschen verwandelt! Was ist das nur für eine Freakshow? „Ich hab ihr nur gesagt das wir Sylphs genannt werden und unsere Gegenstücke die Crouts sind, alles andere überlasse ich dir.“ Kumpelhaft schlendert der Blonde zu dem großen, schwarzhaarigen Mann zu und legt ihn grinsend einen Arm um die Schulter, welche der andere sofort wegschiebt, ihn aber dennoch mit einem Bruchteil von einem Lächeln anschaut. Im nächsten Moment wendet sich der große, fremde Mann mir zu und kommt mit großen Schritten auf mich zu. „Hallo Sakura, ich bin Sasuke.“ Mit einer Mischung aus Angst und Skepsis sehe ich den dunkelhaarigen entgegen. Er ist wahnsinnig attraktiv, mit unbeschreiblich dunklen Augen, die im starken Kontrast zu seiner hellen Haut stehen. Er ist groß und überragt Naruto weit über ein Kopf. Allgemein ist er praktisch das genaue Gegenteil von dem Blonden. „Ich verstehe das du Angst hast, das ist meine natürliche Wirkung auf andere, aber du hast hier nichts zu befürchten“, erklärt er mit einer dunklen, verrauchten Stimme. Langsam legt sich auch der Nebel um uns wieder, nur ein leichter Schleier bleibt am Rande des Sees bestehen. Als ich nicht antworte, wendet Sasuke sich Naruto zu. „Geh schon mal vor, Hinata wartet auf dich.“ Sofort taucht ein herzerwärmendes Lächeln auf Narutos Lippen und er scheint es ziemlich eilig zu haben, doch bevor er geht zieht er mich noch in eine kurze Umarmung. Überrumpelt verkrampfe ich mich, doch als ich die Wärme spüre, die von ihm ausgeht entspanne ich mich minimal. „Du musst vor ihm keine Angst haben, er wirkt manchmal nur etwas kalt auf andere, das ist typisch für seine Rasse“, flüstert er mir ins Ohr, bevor er sich abwendet. Mit jedem Meter den sich Naruto entfernt, weicht auch die Entspanntheit in mir und nach und nach kehrt dieses schmerzende Gefühl der Trauer zurück. Ehe ich wieder in Gedanken verfallen kann sorgt eine Stimme hinter mir, dass ich den Weg zurück in die Gegenwart finde. „Lass uns ein Stück gehen“, kommt es von Sasuke, welcher sich bereits in Bewegung gesetzt hat. Kurz zögere ich, laufe ihn dann aber mit zügigen Schritten hinterher. Zusammen gehen wir in Richtung des Wassers und laufen eine Zeit lang schweigend am See entlang, bis ich schließlich die Stimme erhebe. „Was sind die Sylphs?“ „Hm?“ fragend sieht er aus seinem Augenwinkeln zu mir hinab. „Sylphs sind Wesen, die aus dem Sonnenlicht entstanden sind, so erzählt man es sich jedenfalls“, antwortet er schließlich. „Wesen, die aus dem Sonnenlicht entstanden sind?“ Sofort kommt mir wieder die leuchtende Gestalt meines Vaters in den Sinn. „Ja es sind, nicht-menschliche Wesen, die besondere Fähigkeiten haben. Sylphs beherrschen das Licht, können damit kämpfen und sich im Licht fortbewegen... Mit Lichtgeschwindigkeit. Außerdem können manche von Ihnen andere heilen oder die Gefühle manipulieren.“ Gefühle manipulieren? Fühle ich mich deswegen bei Naruto so entspannt und befreit von der Traurigkeit? Und was meint er damit, dass sie sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen können? Kopfschüttelnd und verwirrt sehe ich zu ihm auf. „Und was sind die Crouts?“, frage ich weiter. „Crouts sind das Gegenteil von dem was die Sylphs sind. Dunkel, geboren im Schatten, egoistisch und böse. Sie ernähren sich von den Ängsten der Menschen um so an Stärke zu gelangen.“ Oh Gott! Wo bin ich hier hineingeraten? Moment mal? „Die Crouts haben- waren sie es die meine El-“ „Ja“, unterbricht mich Sasuke, wofür ich ihn dankbar bin. Allein bei den Gedanken an meine Eltern kommen mir die Tränen, wie soll ich es da aussprechen? Wie soll ich es verstehen? Erst jetzt wird mir wirklich bewusst, dass ich die beiden wichtigsten Menschen in meinem Leben nie wieder sehen werde. Ich werde nie wieder das Lachen meiner Mutter sehen und nie wieder das schelmische Grinsen meines Vater. Nie mehr werde ich mich auf einen mütterlichen Rat verlassen können und mein Vater - mein Vorbild - wird mir nicht mehr durch das Haar streichen können. Mit einmal wird mir schmerzlich klar, dass ich von jetzt auf gleich zur Waise geworden bin. Plötzlich realisiere ich es... Das ich ganz allein bin. Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 Traurig senke ich meinen Kopf. Gestern hätte ich es nie für möglich gehalten, dass mein Leben, nur einen Tag später so aus dem Ruder läuft. Nun stehe ich hier, verloren und mit einer großen klaffenden Wunde in meinem Herzen. Ruckartig wende ich meinen Blick wieder auf den schwarzhaarigen, der ebenfalls stehen geblieben ist. Mit den Händen in den Hosentaschen beobachtet er das Lichtspiel auf der Oberfläche des Sees. Er sagt er sei kein Sylph. Soll das heißen, dass er ein... „Bist du ein Crout?“, spreche ich meinen Gedanken laut aus, was dafür sorgt, dass er seinen Blick vom Wasser nimmt und mich mit erhobener Augenbraue anschaut. „Du sagst, dass du kein Sylph bist, heißt das etwa das du ein Crout bist?“ Er schweigt und kommt dann, einige Sekunden später, mit langen Schritten auf mich zu bis er schließlich kurz vor mir stehen bleibt. Zwar liegen noch etwa zwei Meter zwischen uns, dennoch spüre ich die leichte Angst in mir und meinen Fluchtreflex, der leise im hintersten Teil meines Gehirns anklopft. „Wäre ich ein Crout, wärst du schon tot“, erklärt er ohne seinen intensiven Blick von mir zu nehmen. Plötzlich fühlt es sich unter seinem Blick an, als lege mit einmal eine tonnenschwere Last auf mir. Druck macht sich in meiner Brust breit. Keuchend taumele ich ein paar Schritte rückwärts. Ich verstehe nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund jagt er mir Angst ein. Weshalb habe ich auf einmal solch große Panik? Kann er etwa auch die Gefühle anderer manipulieren? „Was bist du dann?“, frage ich mit ängstlicher Stimme, während er meine Gefühlsregung genau beobachtet und als ich mit einem letzten Schritt schließlich die Rinde eines breiten Baumes im Rücken spüre, wendet er den Blick kurz wieder auf den See, bevor er sich mit einem leichten Seufzen durch sein dichtes schwarzes Haar fährt. „Sakura“, fängt er an und bewegt sich vorsichtig auf mich zu. „Du brauchst keine Angst haben. Hier bei meinen Leuten bist du in Sicherheit... denn es sind ja schließlich auch deine Leute.“ Meine Leute? Wie kann er das nur sagen. Nur weil irgendwelche Typen mir Märchengeschichten erzählen? Fassungslos schüttel ich den Kopf. Ich verstehe das einfach nicht... Wieso haben mir meine Eltern mein ganzes Leben lang so etwas wichtig verschwiegen? „Was bist du?“, frage ich erneut, weil es mich nervös macht, dass er mir scheinbar darauf keine Antwort geben möchte. Abermals vergehen die Sekunden, in denen wir uns schweigend gegenüberstehen und er mich nachdenklich mustert, bis er mir letztlich direkt in die Augen sieht. Onyxschwarz trifft auf smaragdgrün. „Ich bin ein Malek. Ein Nebelwesen.“ beginnt er leise und richtet seinen Blick wieder auf den See. „Meines Gleichen sind nicht wie die Sylphs oder die Crouts. Wir sind stärker, weil wir laut einer Legende Dämonenblut in uns tragen.“ „Dämonenblut?“ Fassungslos starre ich ihn an. War das sein ernst? Er jedoch nickt nur und scheint nicht weiter darauf eingehen zu wollen. „Was für eine Legende?“, frage ich schließlich und drücke mich leicht vom Baum ab. Die Angst und das nervöse Gefühl haben nachgelassen und Platz gemacht für kindliche Neugier. Kurz scheint er zu überlegen was er genau sagen soll. „Vor vielen hunderten von Jahren - so erzählen wir es uns - lebten zwei Brüder, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Der eine weise und selbstlos, der andere und gleichzeitig jüngere, egoistisch und machtbesessen. Die beiden waren die einzigen Söhne eines Wohlhabenden Königs, dessen Volk in Reichtum und Güte lebten. Doch mit dem tot des Königs sollte der Älteste den Thron erben, was dem Jüngeren nicht gefiel.“ Sasuke sieht mich an und macht eine Kopfbewegung in Richtung des Sees. Zusammen setzen wir unseren Weg fort, während ich ihm aufmerksam zuhöre. „Voller Hass auf seinen Bruder zog der Jüngere sich schließlich aus seinem Heimatland zurück und sammelte über Jahre Anhänger, wie Söldner und Banditen mit denen er sich eine eigene Armee aufbaute und als er schließlich stark genug war, erklärte er seinem Bruder den Krieg.“ Wieder entsteht eine etwas längere Pause in der wir durch die Nacht laufen. „Und wie geht es weiter?“ „Der Jüngere hatte sich überschätzt und seinen Bruder unterschätzt, denn natürlich hatte sich der König auch vorbereitet. In der ersten Schlacht verlor der Jüngere fast seine halbe Armee, was ihn wütend machte und in die Verzweiflung trieb. Und was machen Menschen wenn sie wütend und verzweifelt sind?“, fragte er und schaut mich dabei an. „Sie denken nicht nach?“ „Richtig, sie werden dumm und unvorsichtig. Der von Hass zerfressene Mann konnte es nicht ertragen gegen seinen Bruder verloren zu haben. Er war frustriert und besaß nur noch die Hälfte seiner Männer, die dazu auch noch angeschlagen waren und als wäre das nicht genug, stand auch noch ein harter Winter bevor.“ „Er hatte also keine Chance“, murmele ich leise und unterbreche Sasuke damit. Er nutzt jedoch die Pause und nickte, zog ein kleines Päckchen hervor und zündete sich kurze Zeit später eine Zigarette an. Irgendwie überrascht mich die Tatsache das er raucht. „Genau, und das wusste er. Also tat er etwas, was vor ihm noch nie jemand getan hat.“ Weißer Tabakrauch treibt mir in die Nase, was mich angewidert zurückweichen lässt. „Und was?“, huste ich und wedel mit einer Hand den ekelhaften Geruch weg. Sasuke schmunzelt kurz, nimmt dann die Zigarette in die andere Hand und bemüht sich den Rauch nicht in meine Richtung auszustoßen. „Er beschwor einen Dämon.“ Abrupt halte ich in der Bewegung inne. Habe ich richtig gehört? „Einen Dämon?“, frage ich ungläubig. Ein leises hysterisches Lachen entweicht meiner Kehle. Er jedoch ignoriert es und spricht ruhig weiter. „Genau. Der Vater erzählte seinen Söhnen oft eine Geschichte über solch einen mächtigen Dämon, welcher weder gut noch böse war, daran erinnerte sich der Jüngere. Er wollte mehr Macht um die Armee seines Bruders zu besiegen und so rief er den Dämon Malak zur Hilfe, welcher schließlich aus der Dunkelheit hinaus die Crouts erschuf.“ Mit einem letzten Zug ließ er die Zigarette fallen und tritt sie aus bevor er mich wieder ansieht. „Zusammen mit den Crouts war die Armee, die des Königs überlegen. Sie töteten jeden, der ihnen in den Weg kam und die Crouts wurden durch die Angst auf dem Schlachtfeld nur noch stärker. Der König handelte daraufhin genauso verzweifelt wie der Jüngere und suchte ebenfalls Hilfe bei Malak, welcher schließlich die Sylphs erschuf. Wesen aus reinen Sonnenlicht und stärker als die Crouts, jedoch zahllos weit unterlegen. Aber dennoch gelang es dem König seinen Bruder letztlich zu besiegen. Doch haben die beiden Anführer einen schweren Fehler begangen.“ Auffordernd schaut Sasuke auf mich hinab, still fordert er mich auf, seine unausgesprochene Frage zu beantworten. „Sie haben einen Dämon auf die Erde geholt“, antworte ich nach einiger Zeit der Überlegung. Anerkennend nickt Sasuke. „Malak gefiel es auf der Erde. Zwar war er weder gut noch böse, doch wie alle Dämonen, liebte er es aus Spaß und reiner Langeweile Chaos zu stiften. Selbst die Sylphe, die es sich zur Aufgabe machten, die Menschen zu beschützen, hatten keine Chance gegen den mächtigen Dämon. Doch eines Tages traf Malak auf eine Sylphe. Meines Gleichen nennen sie Misuil.“ „Misuil?“, wiederhole ich den fremd klingenden Namen. „Ja, das bedeutet Mutter in meiner Sprache.“ Erstaunt sehe ich Sasuke an. Ein hauch eines Lächelns umspielte seine Lippen. „Wie du dir nun sicher denken kannst, verliebte sich auch die Sylphe in den Dämon, ohne überhaupt zu wissen wem sie da ihr Herz schenkte. Und so wurden wenig später die ersten Maleks geboren. Halb Dämon und halb Sylphe mit einer unglaublichen Kraft, selbst Generationen später noch.“ „Das heißt du bist zur Hälfte ein Sylph?“ Ich bin überwältigt, nicht nur von dieser Geschichte, sondern von dem allen. Sylphs, Crouts, Maleks. Gut und böse. Licht und Schatten. Wo bin ich hier hineingeraten. Ein Teil von mir glaubt noch immer, dass das alles nur ein Traum ist. „Nicht ganz. Maleks haben die Angewohnheit egoistisch zu sein, wir interessieren uns normalerweise nicht für das Wohl der Menschen, der Sylphe oder der Crouts, sondern bleiben unter uns. Deshalb wurde das Sylphblut von Generation zu Generation weniger, genauso verschwanden auch die typischen Fähigkeiten eines Sylphs. Die Maleks heute besitzen lediglich die Gabe in Licht zu wandeln, wir können weder mit damit kämpfen, noch können wir es manipulieren, dafür ist das Malakblut zu dominant.“ „Und was ist dann eure Fähigkeit?“, frage ich neugierig. Ob Traum oder nicht, es ist irgendwie... faszinierend. „Malekes benutzen den Nebel und vereinzelte von uns können auch mit Rauch kämpfen.“ Sofort fällt mir der Zigarettenrauch ein. „So wie du?“ „Hm“, antwortet er, was ich als Ja deute. „Außerdem können wir Illusionen erschaffen und es gibt noch ein paar weitere Dinge, die uns, dank Malaks Blut zu Verfügung stehen, jedoch gibt es nicht mehr viele von uns, was uns ziemlich angreifbar macht.“ „Verstehe“, flüstere ich. Es ist mittlerweile spät geworden und eigentlich sollte ich müde und erschöpft sein. Doch ich fühle nichts dergleichen. All diese neuen Informationen verwirren mich und schnüren mir die Luft zum Atmen ab und die Tatsache das meine Eltern scheinbar von diesen Schattendingern getötet wurden, macht mich traurig und wütend zugleich. „Meine Eltern waren also Sylphs?“, frage ich. Sasuke und ich haben den kleinen See fast vollständig umrundet, als ich ein Gebäude in der Ferne erkenne. „Hm.“ „Dann... dann bin ich auch eine Sylph?“, frage ich weiter und versuche etwas in seinem Ausdruck lesen zu können, doch seine Mine lässt keine Gefühlsregung erkennen. „Eine Sylphe“, berichtigt er mich, nickt dann aber schwach mit den Kopf. „Dann möchte ich lernen, wie eine zu kämpfen.“ Diese Worte aus meinem Mund lassen ihn auf einmal in seiner Bewegung inne halten. Forschend sieht er mich an. „Mach dich nicht lächerlich. Du wurdest als Mensch erzogen, zu Kämpfen ist nicht das gleiche wie eine Fremdsprache zu lernen“, zischt er auf einmal und macht einen Satz in meine Richtung. Erschrocken weite ich die Augen. „Das lernt man nicht in ein zwei Wochen oder Monate!“ Ich verstehe nicht weshalb er sich so darüber aufregt. Wenn ich das richtig verstanden habe liegt es doch in meiner Natur oder nicht? „Ich will das diese Crouts dafür büßen! Und du hast es selbst gesagt. Ich bin eine Sylphe, da sollte es mir doch nicht so schwer fallen diese Kräfte zu erwecken.“ „Sakura, viele von uns, egal ob Sylphe, Crouts oder Maleks trainieren von klein auf an, um diese Fähigkeiten zu beherrschen. Wenn dein Körper das Licht nicht zähmen kann, wird es dich umbringen.“ Ich lache freudlos auf. „Dann habe ich ja nichts zu verlieren“, flüstere ich leise. „Ich weiß wie es ist jemanden geliebten zu verlieren, das wissen hier fast alle. Aber du darfst dich von diesem Gefühl nicht auf die falsche Bahn leiten lassen.“ Kopfschüttelnd setzt sich Sasuke wieder in Bewegung bevor er wieder das Wort erhebt. „Aber wenn du es unbedingt willst. Du bist alt genug, um selbst Entscheidungen zu treffen und ich bin nicht dein Babysitter, aber du musst dir Gedanken darüber machen, ob es das ist was deine Eltern für dich vorgesehen haben. Nicht ohne Grund wollten sie dich von diesem Leben fernhalten.“ Mit diesen Worten steuert er direkt auf das näher kommende Gebäude zu. Fassungslos bleibe ich stehen, nicht fähig einen weiteren Schritt vor den anderen zu machen. Wie kann er es wagen? „Was ist wenn sie wieder kommen?“ Eigentlich möchte ich ihn Beleidigungen an den Kopf werfen, doch schaffe ich es nicht mehr die Starke zu spielen. Plötzlich merke ich wie alles wieder hoch kommt. „Ich habe Angst!“, rufe ich laut. „Was- was soll ich denn ohne meine Eltern machen? Sie haben so etwas nicht verdient. Sie waren gute Menschen, die niemanden etwas böses wollten, also wieso wurden sie mir genommen? Ich kann das alles nicht allein! Was wenn diese Dinge wiederkommen? Was soll ich dann machen? Ich bin doch nur eine einfache Studentin!“ Zitternd schaue ich auf meine Hände, die auf einmal so klein wirken. „Ich bin ganz allein“, verlässt es flüsternd meine Kehle und ohne es zu merken sinke ich auf die Knie. „Ich schaff das nicht allein. Ich kann da-“ „Sakura schau mich an.“ Die plötzliche Wärme auf meiner Haut lässt mich inne halten, unerwartet greift er nach meinen Händen. Seine Stimme klingt auf einmal so... so sanft. „Ich weiß es ist schrecklich und so unfassbar neu, aber hier kann dir nichts passieren. Die Sylphs, die hier leben beschützen einander, egal ob sie sich kennen oder nicht. Du bist hier sicher und niemand wird dich allein lassen, außer du willst es.“ Mit zwei seiner langen Finger an meinem Kinn, drückt er langsam mein Kopf nach oben. „Ich will dir nichts vormachen, das wird eine harte Zeit für dich und du wirst noch oft Tränen vergießen und Angst haben, aber lass den Hass nicht überhand werden.“ Sein Intensiver Blick lässt mich meinen Blick abwenden. Verunsichert schaue ich auf meine Schuhe. „Du hast selbst gesagt das Menschen dumme Sachen anstellen, wenn sie wütend und verzweifelt sind und das bist du momentan, das kann selbst ich spüren und ich bin nicht mal ein Sylph.“ Mit diesen Worten richtet er sich wieder zu seiner vollen Größe auf. Als er das nächste mal das Wort erhebt ist von der Sanftheit in seiner Stimme nichts mehr zu hören. „Deine Eltern haben dich als Mensch groß gezogen, weil sie ein normales Leben für dich vorgesehen haben, tu nichts was du später bereust. Unsere Welt ist unfreundlich und brutal, ein 'Mensch' passt hier nicht hinein!“ Wieder setzt er sich in Bewegung und entfernt sich von mir. „Dennoch biete ich dir an hier zu bleiben, momentan ist es der sicherste Ort für dich.“ Seufzend fährt er sich durch das schwarze Haar, irgendetwas scheint er noch los werden zu wollen, doch er sagt es nicht. Schweigend setzt er seinen Weg fort. Erst nach einigen Sekunden wird mir klar, dass er nicht auf mich warten wird, also rappel ich mich schnell auf und versuche ihn zu erreichen ohne über den dunklen Waldboden zu stolpern. Unsicher folge ich ihm, versuche meine Gedanken zu ordnen. Ist es so schlau ihm zu vertrauen? Kann ich momentan überhaupt 'Freund' von 'Feind' unterscheiden? Langsam überkommt mich die Müdigkeit, was mir ein leises Gähnen entlockt... Für eine Nacht wird es schon gehen und morgen werde ich meine Möglichkeiten durchgehen und überlegen was ich mache. Dennoch steht eines für mich fest. Ich werde meine Eltern rächen! Kapitel 4: ----------- Kapitel 4 Malek, Courts, Sylphs... Nebel, Schatten und Licht. Gut gegen Böse. Ein erbitterter Kampf. Mit einmal wirken all meine vergangenen Probleme so lächerlich. Die Menschen wissen nicht in welch einer kaputten Welt sie leben. Sie bemerken den endlosen Kampf nicht, sehen den Tod nicht, der seine langen dürren Finger nach ihnen ausstreckt. Auch ich habe es nie gewusst. Doch nun stehe ich hier. Mittendrin. Meine Welt wurde aus den Angeln gerissen und plötzlich muss ich lernen all diese Informationen zu verdauen. Ein brennendes Ziehen macht sich in meiner Brust breit und mittlerweile kenne ich dieses Gefühl nur zur genüge. Es ist nicht mal annähernd mit dem unwohlen Kribbeln der Aufregung vor einem Turnier vergleichbar. Oder mit der kalten Ungewissheit vor einer Prüfung. Dieses Gefühl, welches mich scheinbar von innen verschlingen will, ist die nackte Angst. Nie zuvor habe ich etwas vergleichbares ertragen müssen. Gedankenverloren stolper ich über den dunklen Waldboden. Meine Beine fühlen sich taub und schwer an, meine Arme hängen schlaff neben meinem Körper. Ich beobachte wie ich einen Schritt vor den anderen setze, mit dem Gefühl auf der Stelle zu treten, bis der schwarzhaarige Mann vor mir plötzlich abrupt stehen bleibt und ich fast in ihn hinein laufe. Sasuke, ein Nebelwesen, mit einer unfassbaren dunklen Aura, sieht mich aus den Augenwinkeln abschätzend an und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Ohne ein Wort richtet er seinen Blick wieder geradeaus, auf eine große, alte Villa. „Wow- ähm... Ok?“ Skeptisch gehe ich auf das verlassen aussehende Haus zu. Hier wohnen diese Leute? Will er mich auf den Arm nehmen? Dieses Haus sieht aus als würde es jeden Moment in sich zusammenfallen. Selbst von weiten erkennt man das morsche Holz und den breitflächigen Efeu, welcher die Villa in Besitzt nimmt. Eine Stufe der Treppe, die zur Veranda führt ist kaputt und das, mit einer leichten Schneeschicht bedeckte Gras im Garten gleicht einem einzigen Chaos. „D- Das sieht nicht sehr heimisch aus“, stelle ich mit leiser Stimme fest und könnte mich gleichzeitig für meine Worte Ohrfeigen. Das hier ist wohl nicht der richtige Zeitpunkt um Ansprüche zu stellen. „Sei nicht so naiv!“, ermahnt Sasuke mich und zieht mich am Handgelenk mit sich. Scheinbar ist seine Geduld für den heutigen Tag aufgebraucht. „Dieser Ort wird von einer Illusion geschützt, damit die Menschen uns nicht ausversehen entdecken.“ Na toll... für wie oberflächlich er mich jetzt halten muss. Ich will gerade zu einer entschuldigenden Erwiderung ansetzten als etwas in meinem Sichtfeld aufflackert. Das Haus! Was zum? „Konzentrier dich und sieh durch den Schleier der Täuschung hindurch.“ Ich tue was er sagt und versuche mich so gut wie es geht zu konzentrieren und als würden wir eine unsichtbare Grenze überschreiten, verschwimmt das Bild vor mir auf einmal. Erschrocken weiche ich einige Schritte zurück, woraufhin sich die Hand um mein Gelenk löst. Ungläubig starre ich das Haus vor mir an, doch es sieht nicht mehr so aus als wäre es aus einem Horrorfilm entsprungen. Kein altes Holz, kein Efeu und kein meterhohes Gras. Vor mir steht noch immer eine kleine Villa, doch um einiges moderner, mit einer hellen gepflegten Fassade und einen ebenso säuberlichen Vorgarten. Eine große Trauerweide, die vorher noch nicht zu sehen war, steht nun mitten auf der verschneiten Wiese, darunter befindet sich ein kleines und unbenutztes Blumenbeet. „Himmel“, entweicht es meiner Kehle, was Sasuke ein leichtes Schmunzeln entlockt. „Das ist noch nicht alles“, erklärt er und deutet mir mit einer Kopfbewegung ihm zu folgen. „Das Haus ist größtenteils unterirdisch aber das wird man dir morgen alles zeigen.“ Wieder sieht er auf mich hinab, mit einem merkwürdigen Blick den ich nicht deuten kann. Irgendwas verschweigt er offensichtlich, aber was? „Du hast heute viel durchgemacht und musst müde sein.“ Ich nicke, doch ein die Ungewissheit und das Gefühl fehl am Platz zu sein macht sich in mir breit. Das hier ist nicht meine Welt, ich gehöre hier nicht hin. Aber wo ist dann mein Platz auf dieser Welt und in dieser schier unendlich verwirrten Geschichte? Kaum merklich weite ich meine Augen. Was mache ich hier eigentlich? Reiß dich zusammen Sakura! „Ist es wirklich in Ordnung wenn ich hier bleibe?“, frage ich, während ich versuche meinen Unmut zu verbergen. „Darüber musst du dir keine Sorgen machen, Sakura.“ Im Haus ist es größtenteils dunkel. Einzig und allein ein kleines Licht erleuchtet die geräumige Eingangshalle und taucht sie in ein sanftes rot und gelb. Zaghaft folge ich Sasuke ins warme Innere des Hauses. Ohne mir Zeit für die Verarbeitung der Eindrücke zu lassen steuert er sofort auf eine helle Treppe zu, dessen Geländer mit feinen Symbolen überzogen ist. Elegant wie ein Löwe schreitet er die Stufen hinauf ohne mich eines Blickes zu würdigen. Warum um Himmelswillen kann ich diesen Mann nicht einschätzen? Irgendetwas an ihm weckt meine Neugierde, während der andere Teil mir Angst und Respekt einflößt. Frustriert seufze ich auf und schleppe mich mühselig in den zweiten Stock. Mittlerweile hat die Müdigkeit vollkommen Besitz von mir ergriffen. „Die meisten wohnen auf diesem Stockwerk. Also wenn irgendetwas ist, klopfe im Nachbarzimmer an.“ Gleichgültig führt der schwarzhaarige mich einen langen Gang entlang, vorbei an mehreren weißen Türen, hinter denen vollkommene Stille herrscht. „Das hier ist dein Zimmer“, kommt es leise von ihm, wohl um die anderen nicht zu wecken. Gleichzeitig öffnet er die ebenfalls helle Tür und bietet mir damit einen ersten Blick in den mehr als nur beeindruckenden Raum dahinter. Vollkommen überwältigt betrete ich das gemütliche Zimmer. Ein Raum mit cremefarbenen Wänden, einem hellen Teppich, einer kleinen Sitzecke zu meiner linken, mit einem Sideboard und einem Fernseher, einer weißen Couch und einem Glastisch, auf dem eine Vase mit roten Tulpen steht, obwohl es gar nicht die Zeit für diese Blumen ist. Zu meiner rechten befindet sich ein großes Fenster und daneben ein Regal mit Büchern. Das beeindruckendste aber ist, dass große Bett neben dem Regal. Das helle Holz fügt sich perfekt in das Umfeld hinein. Unzählige weiße, hellbraune und rosa Kissen schmücken das Kopfende und eine ebenso rosa Tagesdecke verdeckt die helle Bettwäsche. „Das ist der Kleiderschrank“, Sasuke weist mit einem Kopfnicken auf eine weitere Tür, spricht dann aber gleich weiter. „Es gibt hier insgesamt vier Bäder, die du benutzen kannst. Eines ist gleich hinter dieser Tür“, wieder weist er auf eine Tür innerhalb des Schlafzimmers. „Ein weiteres, mit Badewanne gibt es am Ende des Flurs, genauso wie im Erdgeschoss und im unterirdischen Teil des Hauses.“ „Ich hab hier mein eigenes Bad?“, frage ich verdutzt und deute auf die Tür neben dem Sideboard. „Hm“, nuschelt er und wendet sich schon zum gehen ab, dreht sich aber nochmals zu mir um. „Ruh dich aus.“ Mit diesen Worten verlässt er das Zimmer und lässt mich allein. Es ist fast so, als habe er die entspannte Ruhe mit sich genommen. Einsam stehe ich in der Mitte des viel zu schönen Raumes und starre überfordert auf das große Bett, bis ich mich schließlich seufzend umdrehe und in das angrenzende Bad gehe, welches genauso beeindruckend ist wie das Schlafzimmer. Eine Toilette zu meiner rechten, daneben ein kleiner Badeschrank mit Waschbecken, einen Spiegel und gegenüber eine große Dusche. Schweigend setze ich mich auf die Toilettenbrille und fahre mir mit beiden Händen durch das Haar. Zum ersten Mal seit ich meinen Garten heute verlassen habe bin ich wieder allein auf mich gestellt. Schwer schluckend versuche ich die aufkommenden Tränen zu unterdrücken, doch gelingt es mir nicht, was mich wütend macht. Viel zu oft habe ich heute schon geweint, und obwohl es in meiner Situation normal ist schäme ich mich dafür. Nacheinander entledige ich mich meiner Kleidung, streife damit einen winzigen Teil der Last, die auf meinen Schultern liegt ab, bis ich die kalten Fließen unter meinen tauben Fußsohlen spüren kann und ich schließlich nackt vor dem kleinen Waschbecken stehe und mir kaltes Wasser ins Gesicht spritze. Als ich dann wieder den Kopf hebe blicke ich direkt in die müden, glanzlosen grünen Augen meines Spiegelbildes. Ein erschrecktes Keuchen entweicht meiner Kehle. Wer ist diese Person dort im Spiegel? Blasse Haut mit dunklen Augenringen, zieren ein trostloses Gesicht. Gerötete Augen, die mir sonst immer so fröhlich entgegenblicken. Augen die sonst immer das Gute in der Welt und in den Menschen gesehen haben. Wie Naiv... Seufzend und ohne mir das Gesicht abzutrocknen verlasse ich den Raum, ziehe mir einen Bademantel an, welcher an der Tür hängt und lege mich in das weiche Bett. Ich weiß nicht wie lang ich schon so da liege, mit Gedanken, die mir immer wieder ein zitterndes Schluchzen über die Lippen lockte, doch als ich endlich einschlafe, erklingen schon die ersten Stimmen, draußen auf dem Flur. Stimmen die sich lachend Unterhalten und sich dann wieder entfernen und kurz darauf höre ich Geräusche von Schritten auf den Treppen Stufen. Wieder findet eine lautlose Träne ihren Weg über meine rechte Wange. Zum hundertsten mal diese Nacht drehe ich mich in den Kissen dieses Bettes und wimmer leise auf, bis mir letztlich die Augen zu fallen und ich in einen unruhigen Schlaf gerissen werde. ~ „Sakura!“ Mum? „Sakura? Was dauert denn das so lang?“ Was zum? Erschrocken öffne ich die Augen und blicke direkt in das lächelnde Gesicht meiner Mutter. „Mum?“, fragend sehe ich mich um. Ich stehe in der Küche, meine Mutter vor dem Herd sieht mich verwirrt an. Ebenso verwirrt blinzel ich einige male. „Sakura! Statt zu träumen, könntest du auch den Tisch decken!“ Auffordernd streckt sie mir die Teller entgegen, welche ich zögernd annehme. „Was ist heute nur los Schatz?“ Kopfschüttelnd tunkt sie einen kleinen Löffel in einen Topf voller Soße, nur um diesen kurz danach an ihre Lippen zu führen. „Ah das schmeckt gut.“ Lächelnd stellt sie das Essen auf den Tisch, verlässt danach die Küche und stellt sich mit, in die Hüften gestemmten Händen in den Flur. „Kizashi! Lass die Arbeit für heute Arbeit sein und schwing deinen Hintern in die Küche, das Essen ist fertig und deine Tochter ist da! Du weißt schon, die junge Frau mit der komischen Haarfarbe, die deine Augen hat!“ Erschrocken taumel ich einige Schritte rückwärts. Gerade in diesen Moment erlebe ich ein Dejavú, welches mir das Blut in den Adern gefrieren lässt, doch ich kann diese Situation nicht einordnen. Gerade als ich etwas sagen will vernehme ich schwere Schritte aus dem Flur und das laute knarren der Treppenstufen. Klar dieses Haus ist nicht mehr das neuste und die Treppen sind alt, doch so laut klingt es normalerweise nicht, selbst nicht bei meinem Vater, dennoch ertönt ein Ohrenbetäubendes knarren, gefolgt von Schritten, die viel zu schwer über den Boden poltern. Das verzerrte Lachen meines Vaters lässt mich abermals zurück stolpern und kurz darauf betritt eine Gestalt die Küche, welche die meines Vaters ähnelte... aber gleichzeitig auch nicht. Ein unterdrückter Schrei verlässt meinen Mund, ängstlich drücke ich mich an die Gegenüberlegende Wand und reiße dabei eine Vase vom Fensterbrett. „Ach Sakura! Das war meine Lieblingsvase!“, kommt es tadelnd von meiner Mutter welche ebenfalls die Küche betritt. „Was ist los Schatz?“ Lachend beugt mein Vater sich nach vorn und streckt einen Arm nach mir aus, wobei ihm dicke, rote Flüssigkeit von den Fingerspitzen tropft. Seine gesamte linke Gesichthälfte ist mit Blut überströmt. Haut fehlt ihm dort wo seine Wangenknochen sich befinden und ein schräges, verzerrtes Grinsen schmückt das entstellte Gesicht. Entsetzt gleiten meine Augen seinen Hals hinunter zu seiner Brust wo ich eine große, klaffende Fleischwunde erblicke, aus der das Blut über seinen Oberkörper strömt. „Nein!“ Übelkeit, gemischt mit der Panik die sich bei dem Anblick meines Vaters in mir breit macht. „Sei nicht so unhöflich Sakura!“ ermahnt mich meine Mutter welche eben noch ganz normal ausgesehen hatte, doch auch sie ist mit Blut getränkt. Mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck kommt sie auf mich zu. Dort wo gerade noch ihr rechtes Auge war klafft nun eine großes schwarzes Loch. Ihr linker Arm wurde ihr ausgerissen und Blut tropft von den Hautfetzen. Abgerissene Sehnen hängen schlaff aus der Wunder heraus. Angewidert presse ich mir beide Hände vor den Mund, um so meinen Würgereiz zu unterdrücken. „Was ist los Sakura-Schatz?“, kommt es lachend von meinem Vater, der einen weiteren Schritt auf mich zu macht. „Geht es dir etwa nicht gut?“ „Nein, nein! Geht weg!“ Weinend sacke ich auf den Boden und rutsche so weit wie es nur geht von den Beiden weg, doch bewegt sich mein Vater auf einmal mit einer übermenschlichen Geschwindigkeit und packt meinen Fußknöchel. Ein Schrei entweicht meiner Kehle, als sich plötzlich Brandspuren unter seinen Finger bilden. „Nein, hör auf!“ Strampelnd versuche ich mich aus dem Griff meines Vaters zu befreien, doch dieser lacht nur. Ohne Probleme zieht er mich quer über den Küchenboden zu sich, dreht mich auf den Rücken und beugt sich über mich. Blut tropft mir auf die Wange, immer noch schreiend wehre ich mich, doch er beugte sich einfach zu mir hinunter, platziert seine Hand auf meine Brust, dort wo mein Herz sich befindet und neigt sich leicht zu meinem Ohr hinunter. „Wir werden dich immer lieben!“ „Was?“ Erschrocken sehe ich ihn an, doch genau in diesen Moment stößt er seine Faust durch mein Fleisch, tief ins innere, bis er mein Herz in die Finger bekommt und es mir mit einer einzigen, ruckartigen Bewegung aus der Brust reißt. Ein Letzter Ohrenbetäubender Schrei entweicht mir bis mich eine Berührung zurück in die Wirklichkeit zieht. Schweißgebadet sitze ich kerzengerade in meinem Bett. Meine Kehle ist trocken von der Überanstrengung und mein Puls rast. Schwer atmend greife ich mir an die Brust und bemerke erst dann die Person neben mir. „Ganz ruhig, es war nur ein Traum.“ Panisch sieht mir Naruto in die Augen, die eine Hand fährt auf meinen Rücken auf, mit der anderen greift er nach meiner zitternden Hand. „Alles ist gut.“ Immer wiederholt er diese Worte, solang bis ich mich schließlich zu ihm umdrehe und direkt in ein paar besorgte, tiefblaue Augen blicke. „Wa- Was tust du hier?“ „Ich hab sie gefühlt... deine Angst und kurz danach hast du angefangen zu schreien,“ sagt er und streicht mir behutsam ein paar nasse Strähnen aus dem Gesicht. „Selbst unten in der Küche konnten wir es hören“, erklärt er leise. In seiner Stimme klingt so viel Mitleid und ebenfalls Angst mit. „Du hast meine Angst gespürt?“, frage ich leise und wische mir über die feuchten Augen. „Ja. Das ist meine Gabe, ich kann die Emotionen von anderen fühlen und sie beeinflussen.“ Also war er es, der mir im Wald die Angst und Trauer genommen hat und mich in diese Entspannung eingehüllt hat. So etwas habe ich mir schon gedacht, doch ich sehe die Panik in seinen Augen. Panik die eigentlich die meine ist, die er eigentlich nicht mit mir teilen sollte. Umso schlechter fühle ich mich als er einmal tief Luft holen muss um sich zu sammeln. „Gehts wieder?“, fragt er und rutscht etwas von mir weg. Ich nicke und lasse mich erschöpft nach hinten fallen. „Gut. Du hast fast den ganzen Tag geschlafen. Die Sonne ist bereits untergegangen und das Abendbrot ist schon vorbei, aber wenn du willst kann ich dir etwas zu Essen auf dein Zimmer bringen, oder einen Tee?“ Schwungvoll erhebt er sich und läuft durch das Zimmer, um die schweren Gardinen vor den Fenstern aufzuziehen. Fragend beobachte ich ihn in seinem Handeln. „Wer hat die Vorhänge zugezogen?“, frage ich leise, weil es mir peinlich ist, dass jemand hier drin war, während ich geschlafen habe. „Naja, Sasuke hat mir aufgetragen auf dich aufzupassen, also habe ich ein paar mal nach dir gesehen“, gibt er etwas verlegen zu. Gleichzeitig deutet er auf den Nachtisch neben mir, auf dem nun ein kleines silbernes Tablett mit einer Kanne Wasser und ein Glas steht. Ich seufze und richte mich dabei etwas auf. „Darf ich dich um etwas bitten?“, frage ich nach einer Weile und ernte gleich darauf ein eifriges Nicken. „Also nur wenn es nicht zu umständlich ist.“ „Sakura, mach dir keine Sorgen. Jeder hier will dir helfen.“ Und genau das kotzt mich an. Ich möchte kein Klotz am Bein sein, oder ein Fremder, der sich nicht allein helfen kann. Dennoch nicke ich. „Kannst du zu mir nach Hause fahren und mir von da ein paar Sachen holen?“ Ich komme mir erbärmlich vor und will seine Zeit nicht verschwenden, aber ich kann noch nicht wieder an diesen Ort zurück. „Natürlich“, kommt es aufrichtig von Naruto, als hätte er wirklich kein Problem damit einer Fremden zu helfen. Ich überlege kurz und erstelle mir im Gedanken eine Liste mit dem Wichtigsten Sachen die ich brauche. „Mein Zimmer ist das erste rechts von der Treppe. Unter meinem Bett ist eine Reisetasche. Würdest du mir einige Klamotten bringen? Meinen Laptop, mein Handy und meine Kulturtasche aus dem Bad?“, fragend blicke ich ihm in die Augen, er jedoch zuckt nur mit dem Achseln und setzt ein großes, ehrliches Grinsen auf. „Klar, kein Problem.“ „Ich danke dir.“ Mit einem letzten Lächeln wendet er sich der Tür zu, bis mir ein letzter Gedanke durch den Sinn kommt. „Naruto warte“, rufe ich, um ihn am Gehen zu hindern. „Unter meinem Kopfkissen liegt ein Buch von Jane Austen. Es bedeutet mir sehr viel“, erkläre ich hastig, wobei er sofort verstehend nickt und mir abermals zulächelt. „Ich bring es mit“ Mit diesen Worten verlässt er das Zimmer und nimmt dabei wie in der Nacht davor die Entspannung tief in meinem inneren mit sich, doch dieses mal ergreift mich weder Angst noch Panik. Obwohl die Nachwirkungen dieses Alptraumes mir noch immer die Kehle zuschnüren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)