Surprise von einfach_Antonia ================================================================================ Prolog: Drei Stück ------------------ „Ronald Bilius Weasley!“ Vor lauter Schreck über diesen lauten und unerwarteten Ausruf seiner Ehefrau ließ Genannter das gerade frisch zusammen gebaute Modellflugzeug auf den Tisch fallen, sprang auf und rannte die Kellertreppe nach oben. Im Flur seines Hauses angekommen blieb er kurz stehen, blickte sich um und rief dann: „Lilly?“ „Im Badezimmer!“ Ron seufzte und machte sich daran die Treppe in das obere Stockwerk hinaufzulaufen. Am Ende des Flures stand seine Ehefrau bereits wie ein Racheengel im Türrahmen des Badezimmers. Ihre Haare waren völlig durcheinander so als wäre sie sich mehrere Male mit den Händen durch eben diese gefahren, ihr sonst so perfekt sitzender Lidstrich war völlig verschmiert und die Wimperntusche war auch völlig verlaufen. „Was ist passiert?“, fragte Ron völlig fassungslos. So aufgebracht hatte er seine Frau schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Anstatt zu antworten schmiss Lilly Weasley ihrem Ehemann nur mit voller Wut und ganzer Kraft etwas entgegen. Ron war noch immer viel zu perplex, um rechtzeitig reagieren zu können, also prallte der geworfene Gegenstand von seinem Kopf ab und fiel auf den Boden. Anscheinend war er aus Plastik. „Sieh es dir an! Sieh dir an, was du getan hast!“, rief Lilly wütend. Ron bückte sich und hob den geworfenen Gegenstand auf und besah sich dann das weiße Plastikstäbchen. Gesehen hatte er diese Plastikstäbchen oft genug in seinem Leben, denn immerhin war er vierfacher Vater, aber nach der Geburt seiner jüngsten Tochter hatte er nicht erwartet so etwas noch einmal in den Händen zu halten. Eigentlich waren sich Lilly und er absolut sicher gewesen so etwas nicht mehr zu brauchen. So sicher, dass er sich vor fünf Jahren einer Vasektomie unterzogen hatte und nun blickte er wieder einmal auf so ein weißes Plastikstäbchen. „Und du bist dir ganz sicher?“, fragte er noch immer verblüfft. Wütend zog Lilly etwas aus ihrer Hosentasche und warf es Ron genauso kraftvoll entgegen wie das Plastikstäbchen zuvor. „Ich habe drei von ihnen gemacht! DREI! Alle aus unterschiedlichen Preiskategorien! DREI, Ronald! Und sie alle sagen das Gleiche.“ Schweren Herzens blickte Ron auf die nun mehr drei weißen Plastikstäbchen in seinen Händen. Schwangerschaftstests, und alle drei waren positiv. „Wow“, stieß Ron aus. „Wow? Das ist allen Ernstes alles was dir einfällt? Du hattest eine Vasektomie, Ron! Wir haben uns an alle Regeln und Auflagen gehalten und trotzdem bin ich schwanger. SCHWANGER! Ron, ich bin 37 und schwanger. Ich war fertig mit Nachwuchs. Weißt du was alles in meinem Alter schief gehen kann während einer Schwangerschaft?“ Mitleidig blickte Ron seine Frau an. Er wusste, dass Lilly nach Lilias Geburt keine weiteren Kinder mehr wollte, deswegen hatte er sich ja der Vasektomie unterzogen. „Der Arzt damals hat gesagt, dass es möglich ist, dass es nicht von Dauer ist und das es auch schiefgehen kann“, versuchte Ron seine Frau zu beruhigen. Mit Tränen in den Augen schmiss Lilly sich in die Arme ihres Mannes. „Ich dachte, nach fünf Jahren sind wir auf der sicheren Seite. Ich dachte, jetzt kann nichts mehr passieren. Ich…“ „Hey Lil. Ssht. Alles wird gut werden, du solltest erst einmal zum Arzt gehen. Vielleicht spielen dir deine Hormone nur einen Streich?“ „Bei drei positiven Schwangerschaftstests? Das glaube ich kaum.“ Beruhigend strich Ron seiner Frau über die Haare. Er wusste selbst, dass diese Tests nur sehr sehr selten falsch lagen, aber er wusste sonst nichts Anderes zu sagen, um seine Frau zu beruhigen. „Du… du musst dieses Kind nicht bekommen. Das weißt du, oder?“ Noch während Ron diese Worte aussprach krampfte sich sein Magen zusammen. Er hatte es seiner Frau nie gesagt, aber er hatte schon immer noch ein Kind gewollt. Die Vasektomie hatte er nur ihr zu Liebe durchgezogen. Die Nachricht, dass sie jetzt vielleicht doch noch ein Baby bekommen würden hatte ihn zwar überrascht, aber dennoch freute es ihn. Klar, sie waren Beide Ende Dreißig, aber manche bekamen in dem Alter erst ihr erstes Kind. Bei ihnen wäre es das Fünfte. „Du weißt ganz genau, dass ich nie eine Schwangerschaft abbrechen würde. Egal unter welchen Umständen“, antwortete Lilly, die ihrem Mann diese Worte nicht übelnahm. Sie wusste, dass er sie nur beruhigen wollte, dass er ihr nur Mut machen und den ersten Schock nehmen wollte. Insgeheim wusste Lilly, dass Ron nach Lilia noch mehr Kinder haben wollte und die Tatsache, dass er sich trotz dessen für sie hatte sterilisieren lassen ließ Lilly ihn nur noch mehr lieben. Also wieso spielte sie sich wie eine wild gewordene Furie auf, wenn es doch jemanden gab, der dieses Baby so sehr wollte? Und sie? Sie brauchte bestimmt nur ein wenig Zeit um sich an den Gedanken noch einmal Mutter zu werden zu gewöhnen. „Mummy?“ Eine helle Kinderstimme aus dem unteren Stockwerk holte das Paar aus ihren Gedanken. Sie waren so mit der Neuigkeit beschäftigt gewesen, dass sie gar nicht mitbekommen hatten, dass ihre Jüngste aus der Schule gekommen war. Lilly löste sich von ihrem Mann und fuhr sich noch einmal über die Augen, um die Tränen verschwinden zu lassen. „Ich bin gleich bei dir, Schätzchen. Zieh dir schon einmal die Schuhe aus und wage es nicht deinen Rucksack vor die Treppe zu schmeißen.“ „Du solltest vorher noch mal in den Spiegel schauen. Deine Wimperntusche ist ein… wenig verlaufen“, sagte Ron und lächelte seine Frau aufmunternd an. Lilly hatte sich bereits umgedreht, um nochmal ins Badezimmer zugehen als sie sich noch einmal umdrehte und wieder zu Ron ging. Sie drückte ihn fest an sich. „Ich liebe dich und danke dir für alles. Pack die Tests in eine Box, ich ruf nachher Dr. Snow an und mache einen Termin aus. Es wäre doch gelacht, wenn wir dieses Baby nicht auch noch groß bekommen würde.“ Sie schenkte ihm noch einmal ihr strahlendes Lächeln und verschwand dann wieder im Badezimmer. Mit einem selten dagewesenen Strahlen im Gesicht stieg Ron wieder die Treppe hinunter und stolperte prompt über den Rucksack seiner Tochter. „Lilia Anne Weasley! Wenn du noch einmal deinen Rucksack vor der Treppe liegen lässt zaubere ich ihn eigenhändig nach Timbuktu, dann ist er weg und du wirst keinen neuen bekommen!“ Lustlos schlurfte die Sechsjährige aus der Küche in den Flur, warf ihrem Vater nur einen kurzen Blick zu, nahm ihren Rucksack auf und schlenderte dann wieder zurück in die Küche. „Genauso wie ihre Schwester damals. Na, das kann ja wieder was werden“, murmelte Ron und begab sich wieder in den Keller, doch vorher streckte er den Kopf zu seiner Tochter in die Küche. „Außerdem erwarte ich noch eine Entschuldigung. Du kannst froh sein, dass sich noch niemand das Genick an deinem Rucksack gebrochen hat.“ „Oh man, Dad. Du bist so uncool“, ließ Lilia verlauten während sie auf einen der Barhocker stieg und versuchte an den Süßigkeitenschrank zukommen. Ron setzte gerade zu einer Erwiderung an, als Lilly sich an ihm vorbeischob, ihre Tochter von dem Barhocker hob und sich dann zu ihr runter beugte. „Dein Dad ist nicht uncool, Lilia. Es ist aber uncool, dass du immer deinen Rucksack am Ende der Treppe liegen lässt. Dein Vater hat ganz recht, irgendwann wird sich noch einmal einer Verletzten, sei es dein Vater, deine Geschwister oder ich.“ „Aber Mum…“, setzte Lilia erneut an. Nun kniete sich Lilly vor das junge Mädchen und sah ihm direkt in die Augen. „Nein, Lilia. Es ist jetzt das allerletzte Mal, dass wir es dir sagen. Dein Rucksack gehört entweder in dein Zimmer oder an den Haken an der Garderobe. Sollte er noch einmal am Fuß der Treppe liegen werde ich die Drohung deines Vaters wahrmachen und du weißt genau, wer keinen Rucksack hat, darf nicht zur Schule gehen.“ Die Grundschülerin zog einen Schmollmund und stapfte einmal kräftig mit dem Fuß auf. Lilly strich ihr einmal über die dunkelbraunen Haare. „Jetzt bring deinen Rucksack nach oben und geh dir die Hände waschen. Ich fange gleich an Abendessen zu kochen. Und dass es vor dem Abendessen keine Süßigkeiten gibt, brauch ich dir ja nicht noch einmal zu erklären, oder?“ Fest blickte Lilly ihrer Jüngsten in die blauen Augen, solange bis deren Widerstand gebrochen war. „Tut mir leid, Mum“, sagte sie und machte sich daran die Küche zu verlassen, auf dem Weg hinaus umarmte sie ihren Vater und sagte: „Tut mir leid, Dad. Es wird nicht wieder vorkommen.“ Auch Ron strich Lilia über die dunklen Haare. „Das möchte ich auch hoffen.“ Lilia schnappte sich ihren Rucksack und rannte die Treppe hinauf, währenddessen blickte Ron seine Frau an. „Sie wird Molly von Tag zu Tag ähnlicher. Meinst du wir bekommen mit ihr auch noch mal so Probleme wie mit Molly?“ Seufzend fuhr Lilly sich durch die Haare und dachte daran wie schwer Molly ihnen das Leben gemacht hatte als sie noch auf die Kräfte ihres Zwillingsbruders eifersüchtig gewesen war. „Ich hoffe nicht. Ach, Ron. Wie musst du die nächsten Tage arbeiten?“ Ron legte die Stirn in Falten und dachte nach. „Übermorgen bin ich den ganzen Tag in Hogwarts, ansonsten bin ich den Rest der Woche Zuhause.“ Lilly nickte. „Gut, ich wollte jetzt nämlich einen Termin beim Arzt machen. Es ist doch richtig, dass du dabei sein möchtest, oder?“ Wieder stahl sich das strahlende Grinsen auf Rons Gesicht. „Ja, das ist richtig.“ Mit diesen Worten machte er sich endlich auf den Weg in den Keller. Dort angekommen suchte er nach einer Box, in die er die Schwangerschaftstests packen konnte. Lilly und er hatten so eine Erinnerungsbox für jedes ihrer Kinder angelegt, früh waren sie sich einig gewesen, dass ihre Kinder sie bei ihrem Abschluss bekommen würden. Bei Molly und Charlie war es vor zwei Jahren soweit gewesen und Ian würde seine Box im nächsten Jahr erhalten, bei Lilia würde es noch ein paar Jahre dauern, sie war erst dieses Jahr in die Grundschule gekommen. Ron beschloss nach Lillys Arzttermin eine vernünftige, hübsch anzusehende Box für das neue Baby zu kaufen. Mit einem seligen Lächeln packte er die Box zurück ins Regal, blickte noch einmal auf die Uhr und beschloss dann, dass er bis zum Abendessen noch ein wenig Zeit hatte an seinem Modellflugzeug weiter zu basteln beziehungsweise es wieder in Stand zu setzen, nachdem es vor etwa einer halben Stunde ein unglückseliges Ende gefunden hatte. Und während Ron sich wieder an sein neustes Hobby setzte, Lilia mit ihren Schulaufgaben begann, stand Lilly in der Küche und blickte auf ihren Kalender. In drei Tagen hatte sie ihren Arzttermin und würde die Bestätigung für das bekommen, was sie schon seit einer Woche geahnt hatte und doch hatte sie die Schwangerschaftstests vor sich hergeschoben, zu groß war die Angst vor diesem positiv gewesen, zu Recht wie sich herausgestellt hatte. Doch Lilly hatte beschlossen sich nicht weiter davon runterziehen zu lassen, ihre Zwillinge waren geboren worden, da war sie noch nicht einmal 17 gewesen, war noch zur Schule gegangen und der Mörder ihrer Eltern war immer noch auf freiem Fuß gewesen und hatte ihr und ihrem Bruder nach dem Leben getrachtet. Und nun? Nun war sie 37 Jahre alt, hatte bereits vier Kinder so gut wie großgezogen, war noch immer glücklich verheiratet und es schwebte auch keine große Bedrohung mehr über ihrem Leben. Also warum machte sie sich wegen dieser Schwangerschaft so viele Gedanken? Weil sie nicht geplant gewesen war? Das waren die Zwillinge auch nicht und nun waren sie schon 19 Jahre alt, hatten einen hervorragenden Abschluss in Hogwarts gemacht und befanden sich alle Beide in ihren Traumausbildungen. Mit einem tiefen Seufzen wandte Lilly sich von ihrem Kalender ab und machte sich daran das Abendessen zu kochen, nicht mehr lange und ihre Familie würde vor lauter Hunger die Küche stürmen und sollte das Abendessen dann noch nicht fertig sein würde es einen großen Aufstand im Hause Weasley geben. Während Lilly sich nun also an das Abendessen machte erinnerte sie sich an die vergangenen sechs Jahre, die seit Lilias Geburt so ruhig und so friedvoll verlaufen waren. Vor zwei Jahren hatten Molly und Charlie ihren Abschluss in Hogwarts gemacht und während Charlie nach den Sommerferien wieder zurückging, um eine Ausbildung zum Lehrer für Zaubereigeschichte zu beginnen, hatte Molly eine Ausbildung zur Heilerin im St. Mungos angefangen. Ian würde im nächsten Jahr seinen Hogwartsabschluss machen und dann seine politische Laufbahn im Zaubereiministerium beginnen, genau wie sein Patenonkel Draco Malfoy. Dieser war noch immer Zaubereiminister, noch immer glücklich mit Lillys Bruder Harry Potter verheiratet. Lilly konnte kaum glauben, dass die Beiden jetzt schon sechs Jahre verheiratet waren und ihr Sohn, Connor, ebenfalls schon sechs Jahre alt war. Harry war nach seinem Abschluss damals Auror geworden, da dieser Beruf mittlerweile nicht mehr ganz so von Nöten war, denn es waren soweit alle Bekannten Todesser gefangen genommen worden, zwar wurde noch immer ein waches Auge auf mögliche neue Bedrohungen geworfen, doch es war längst nicht mehr so schlimm wie damals als Harry und Lilly noch Kinder waren. Ihr Bruder auf jeden Fall hatte sich von daher beruflich umorientiert und war nun Lehrer für Besenflugstunden sowie stellvertretender Schulleiter von Hogwarts. Auch Ron hatte sich vor einiger Zeit einen neuen Beruf ausgesucht. Frönte er nicht seinem neuen Hobby, dem Zusammenbauen von Modellflugzeugen, reiste er in regelmäßigen Abständen nach Hogwarts und beriet zukünftige Hogwartsabgänger wie ihre berufliche Laufbahn aussehen könnte oder was sie angesichts ihrer Noten und Fähigkeiten erlernen oder lieber nicht erlernen sollten. Wer Ronald Weasley noch aus seiner Schulzeit kannte, mochte es kaum glauben als er hörte, dass Ron sich eigens für seinen neuen Beruf einen Qualifikationstest ausgedacht hatte. Und während Lilly beim Kochen so ihren Gedanken nachhing, bemerkte sie gar nicht wie ihre älteste Tochter von ihrer Schicht im Hospital nach Hause kam und laut schreiend von ihrer kleinen Schwester begrüßt wurde. Auch Ron bekam Mollys Rückkehr mit und kam aus dem Keller nach oben, um sie zu begrüßen. Sich über Mollys Tag unterhaltend betraten die Weasleys nun die Küche, denn sie rochen schon das leckere Essen, welches Lilly ihnen jeden Abend kochte. Schnell bemerkte sie, dass Lilly ihren Gedanken nachhing, also beauftrage Ron Lilia damit den Tisch zudecken, er selbst überließ es seiner anderen Tochter Lilly aus ihren Gedanken zu holen und warf einen schnellen Blick auf den Kalender. Lilly hatte nicht den Grund ihres Termines in den Kalender eingetragen, aber da es nur eine Uhrzeit ohne andere Bemerkung im Kalender war, war Ron klar, dass sie in drei Tagen einen Termin bei Lillys Frauenarzt hatten. „Hey Mum!“, versuchte Molly gerade ihre Mutter aus ihren Gedanken zu holen. Dass Lilly beim Essen kochen öfter mal die Welt um sich herum vergaß war nichts Neues. Mit einem Blinzeln kehrte Lilly nun wieder in das Hier und Jetzt zurück und lächelte ihre Tochter an. „Hallo Molly. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass du schon wieder Zuhause bist. Wie war dein Tag? Oh, Lilia das ist aber schön, dass du den Tisch schon deckst.“ Ihre Tochter warf ihr nur einen weniger begeisterten Blick zu, deckte aber weiterhin, ohne zu murren den Tisch. Plötzlich umschlang Ron seine Frau von hinten und sagte: „Das riecht mal wieder sehr lecker, Lilly. Setz dich doch schon mal, dann kann Molly dir von ihrem Tag berichten, ich füll das Essen auf.“ Dankbar lächelte Lilly ihren Mann an, registrierte, dass er ihr einmal sanft über den Bauch fuhr und sich dann von ihr löste. Sie hakte sich bei ihrer Tochter ein und ging mit ihr zum Esstisch, während Lilly Mollys Erzählungen lauschte vergaß sie für einen Moment diese ungeplante Schwangerschaft und die Tatsache, dass sie dieses Kind nur Ron zu Liebe austragen würde. Kapitel 1: Zwei Stück? ---------------------- „Lilly? Wenn es dir nichts ausmacht gehe ich jetzt noch mal zu meinen Eltern.“ Mit der Stirn lehnte Ron an der geschlossenen Schlafzimmertür und wartete auf eine Antwort von seiner Frau. Doch die gewünschte Antwort blieb aus. „Ich bin wieder da bevor Lilia aus der Schule kommt“, sagte er noch und wartete erneut einen Augenblick ob seine Frau ihm antworten würde. Doch auch diesmal hatte Lilly ihm nichts zu sagen. Ron seufzte noch einmal, wandte sich um und apperierte dann zu seinen Eltern. Als er im Garten seines Elternhauses erschien vernahm er auch schon das vertraute Geräusch des Auffsitzrasenmähers seines Vaters. Arthur Weasley war vor drei Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gegangen und konnte seiner Leidenschaft für Muggelsachen nun den ganzen Tag lang frönen. Diesen Rasenmäher hatte er sich gleich als erstes durch Harry besorgen lassen und fuhr nun Tag ein Tag aus damit über sein Grundstück, ob das Gras nun gemäht werden musste oder nicht. Mit einem schnellen Blick verschaffte Ron sich einen Überblick über die Anwesenden, seine Eltern hatten sieben Kinder und Ron war nicht der Einzige, der geheiratet und Kinder bekommen hatte also standen die Chancen hoch das immer noch irgendwer bei seinen Eltern war. Sein Vater hatte ihn auch bereits erblickt und lenkte seinen Mäher nun fröhlich winkend auf ihn zu. „Hallo Sohnemann. Was führt dich zu uns? Warum hast du Lilly nicht dabei?“ Ron seufzte. „Sie ist Zuhause. Wo ist Mum?“ Arthur schaltete den Rasenmäher aus und sah seinen Sohn besorgt an. „Sie ist im Haus.“ „Ist auch sonst niemand im Haus? Nur Mum?“ „Nun, deine Schwester kommt am Nachmittag vorbei, aber im Moment sind nur deine Mum und ich Daheim.“ „Kann ich mit euch über etwas sprechen?“ „Selbstverständlich.“ Gemeinsam mit seinem Vater betrat Ron die Küche des Fuchsbaus, in der wie gewohnt seine Mutter herumwuselte. „Hallo Mum.“ Überrascht drehte Molly Weasley sich um, als sie ihren Sohn erblickte fing sie augenblicklich an zu strahlen. „Ronald, wie schön, dass du vorbeikommst.“ Liebevoll nahm Molly ihren Sohn in den Arm. „Wo hast du denn Lilly gelassen?“ „Sie ist Zuhause. Sie fühlt sich nicht so gut. Können wir reden?“ Molly warf ihrem Mann einen leicht verwirrten Blick zu, dann widmete sie sich wieder Ron. „Setzt euch schon mal. Ich mache uns nur noch schnell einen Tee.“ Ron nickte und setzte sich gemeinsam mit seinem Vater an den Küchentisch. Als seine Mutter mit dem Tee kam und sich ihm gegenüber neben ihren Ehemann setzte, wurde Ron bewusst, dass er vor fast 20 Jahren gemeinsam mit Lilly an genau diesem Tisch gesessen und seinen Eltern mitgeteilt hatte, dass sie zum ersten Mal Großeltern werden würden. „Also, Ron. Worüber möchtest du mit uns sprechen?“ Mit einem tiefen Seufzer blickte Ron zu seinen Eltern. „Lilly ist schwanger.“ „Oh, Ron! Das ist ja wundervoll! Aber hattest du dich nicht sterilisieren lassen?“, fragte seine Mutter. „Genau das ist ja das Problem“, nuschelte Ron und ließ den Kopf hängen. Zweifelnd blickte Molly ihn nun an. „Meinst du etwa, dass Lilly dich betrogen hat?“ „MOLLY!“, stieß Arthur erbost aus, „Das glaubst du doch wohl selber nicht.“ „Lilly hat mich nicht betrogen. Es passiert das eine Vasektomie nicht dauerhaft funktioniert. Es ist selten, aber es passiert. Das Problem ist, dass diese Schwangerschaft definitiv nicht geplant war und Lilly… Lilly hat es nicht gut aufgenommen.“ „Seid ihr euch denn sicher? Wart ihr denn schon beim Arzt?“ „Ja, heute Morgen.“ Mit einem Schaudern dachte Ron an den vorangegangenen Arzttermin, welcher der Grund war, warum Lilly sich Zuhause im Schlafzimmer eingeschlossen und nicht mehr mit ihm gesprochen hatte. „Ich war ziemlich überrascht als ich gesehen habe wieso Sie hier sind“, sagte Dr. Snow während sie das Ultraschallgerät einschaltete. „Da sind Sie nicht die Einzige“, murmelte Lilly und blickte an die Decke. Betrübt blickte Ron seine Frau an. Seit gestern musste Lilly sich morgens übergeben, ein weiteres sichereres Zeichen, dass sie schwanger war. War sie vor dieser Übelkeit schon schlecht auf die Schwangerschaft zu sprechen gewesen war es jetzt nur noch viel schlimmer gewesen. Ron wusste gar nicht mehr so genau, wann er Lilly das letzte Mal befreit hatte lachen hören oder sie Lächeln gesehen hatte und es nicht so ausgesehen hatte als müsste sie sich dazu zwingen. „Dann wollen wir mal schauen. Blut wurde Ihnen schon abgenommen?“ Lilly blickte ihre Ärztin an. „Ja, das hat Ihre Arzthelferin schon erledigt.“ „Gut. Dann entspannen Sie sich einfach und Augen auf den Monitor“, sagte Dr. Snow mit einem Lächeln auf dem Gesicht, während sie Lilly den Ultraschallstab einführte. Während Ron gespannt auf den Monitor blickte lag Lilly mit verschränkten Händen auf der Stirn und den Blick wieder an die Decke gerichtet auf der Liege und betete noch immer, dass ihr Körper ihr nur einen üblen Streich spielte. Sie wollte kein Baby! Plötzlich stießen Ron und die Ärztin gleichzeitig überrascht die Luft aus. „Oh!“ Hektisch blickte Lilly ihre Ärztin an. „OH? Was soll das heißen?“ Weil ihr niemand antwortete blickte Lilly nun selbst auf den Monitor und erblickte das Dilemma. „Bei Merlin! Scheiße“, stieß sie aus und blickte wieder an die Decke. „Ja, der Ultraschall lügt nicht. Sie bekommen Zwillinge“, sagte Dr. Snow und blickte zu Lilly. Sie hatte Lilly bei allen drei Schwangerschaft begleitet und nie hatte Lilly einfach nur teilnahmslos auf der Liege gelegen, noch nie hatte sie bei einer Untersuchung geflucht, noch nie hatte sie so desinteressiert gewirkt. Einen Seufzer unterdrückend führte Dr. Snow die Untersuchung zu Ende. „Es sieht alles gut aus. Ich würde sagen, Sie sind in der achten Woche.“ „Mit Zwillingen“, stieß Ron aus und blickte seine Frau an. Seine Frau, die mit Tränen in den Augen noch immer an die Decke blickte und anscheinend nichts Anderes mehr realisierte. Er konnte sich nur schwer vorstellen wie sie sich jetzt fühlen musste, er wusste ja, dass sie kein weiteres Baby mehr hatte haben wollen. Dass sie jetzt auch noch Zwillinge bekommen würde, haute selbst Ron um, aber Lilly musste das innerlich völlig fertigmachen. „Sie können sich jetzt wieder anziehen. Ich trage dann schon mal alles Wichtige in den Mutterpass ein. Ist alles in Ordnung bei Ihnen?“ Zögernd blickte die Ärztin von Ron zu Lilly und wieder zurück. Ron nickte nur und Lilly schien die Frage gar nicht mitbekommen zu haben. Sie lag noch immer starr an die Decke schauend auf der Liege. Mit einem letzten besorgten Blick auf Lilly verließ Dr. Snow das Behandlungszimmer und ging in ihr Büro. „Lil?“, fragte Ron nachdem die Ärztin sie allein gelassen hatte. Behutsam legte er ihr eine Hand auf den Arm. „Lil? Ist alles okay?“ Endlich aus ihrer Starre gerissen blickte Lilly nun ihren Ehemann an. „Nichts ist okay“, antwortete sie während sie sich aufsetzte und Ron ihr ihre Klamotten reichte. „Ein Baby ist schon mehr als ich noch wollte und jetzt bekomme ich zwei Babies.“ „Ich weiß, das läuft alles anders als geplant, aber wir haben das schon mal geschafft und da hatten wir wesentlich weniger Erfahrung und Möglichkeiten als…“ „Du wirst vor der dreizehnten Woche mit Niemanden über diese Schwangerschaft sprechen, hast du verstanden? In den nächsten Wochen kann noch so viel schiefgehen.“ Überrascht riss Ron die Augen auf. Schief gehen? Hoffte Lilly etwa, dass sie eine Fehlgeburt erlitt? Wollte sie deswegen Niemandem von der Schwangerschaft erzählen? Normalerweise machten sie nie ein Geheimnis aus einer Schwangerschaft, sie hatten ihren Freunden und ihrer Familie immer zeitnah von einem neuen Baby berichtet. „Ob du verstanden hast, will ich wissen.“ Ron blinzelte einmal und blickte Lilly dann wieder an. „Ja, hab ich.“ „Gut.“ Nachdem sie Lillys Unterlagen von der Ärztin zurückbekommen und einen Termin für die nächste Untersuchung gemacht hatten, machten sich die Weasleys wieder auf den Weg nach Hause. „Auf dem Weg nach Hause hat Lilly kein Wort mehr gesprochen und als wir Zuhause ankamen hat sie sich sofort im Schlafzimmer eingeschlossen“, beendete Ron seine Erzählung. Schweigend hatten seine Eltern gelauscht. „Das ist so untypisch für Lilly. Sie war doch immer so ein positiver Mensch“, sagte Molly dann. „Aber diese Schwangerschaft… ich weiß nicht, ob sie jemals wieder die Alte wird“, antwortete Ron und stützte den Kopf in seine Hände. „Vielleicht braucht sie diesmal nur etwas länger um sich mit dem Gedanken anzufreunden“, versuchte Arthur seinem Sohn Mut zu machen, während Molly ihrem Sohn beruhigend durch die Haare strich. „Hoffentlich…“ Und während Ron sein Herz bei seinen Eltern ausschüttete lag Lilly auf ihrem Bett und versuchte erst gar nicht mehr die Tränen zu unterdrücken. Sie konnte noch immer nicht fassen, dass sie wirklich Zwillinge bekommen sollte. Diese Schwangerschaft wurde von Tag zu Tag schlimmer. Lilly wusste nicht was sie getan hatte um dieses Schicksal zu verdienen. Sie wollte noch nicht mal mehr ein Kind bekommen und nun würde sie noch zwei bekommen. Bei keiner ihrer Schwangerschaften hatte sie auch nur einmal an eine Abtreibung gedacht, doch diesmal war ihr dieser Gedanke mehr als nur einmal gekommen. Tief in ihrem Inneren wusste Lilly, dass sie niemals eine Abtreibung durchziehen würde, doch allein der Gedanke zeigte ihr schon auf wie verzweifelt sie war. Ohne das Ron es wusste und ohne das Lilly ahnte, dass er es vermutete, hatte ihr Ehemann mit seiner Ahnung, dass sie auf eine Fehlgeburt hoffte Recht. Lilly wusste, dass es nicht fair war, niemanden gegenüber, weder ihrem Mann noch den ungeborenen Zwillingen, aber Lilly war verzweifelt. Sie wusste, dass Ron diese Kinder bereits jetzt abgöttisch liebte und sie hoffte, dass auch sie bald Gefühle für diese Kinder entwickeln würde, doch bis dahin würde es noch ein langer Weg werden und Lilly ahnte, dass ihre Ehe dieses Mal auf eine harte Probe gestellt werden würde. Kapitel 2: Vierzehnte Woche --------------------------- Leise vor sich hin summend betrat Ron das Lehrerzimmer seiner alten Schule. Dort gab es immer ein Plätzchen für ihn an dem er beginnen konnte die Testbögen der Schüler auszuwerten. Heute hatte der fünfte Jahrgang diesen Test ausgefüllt und später hatte Ron noch Gespräche mit einigen Sechstklässlern, die mit ihren Auswertungen nicht ganz zufrieden waren. Darüber war Ron eigentlich recht froh, denn so hatte er gute Gründe noch nicht nach Hause zu müssen. Seit Lilly und er von den Zwillingen erfahren hatten war die Stimmung im Hause ziemlich bedrückt. Die sonst so lebensfrohe Lilly wurde von Woche zu Woche stiller. Selbst Molly und Lilia war bereits aufgefallen, dass etwas nicht mit ihrer Mutter stimmte. Doch wann immer eine der Beiden Lilly darauf ansprach, setzte diese nur ein falsches Lächeln auf und sagte Alles sei in bester Ordnung. Dabei war überhaupt nichts mehr in Ordnung. Lilly war jetzt bereits in der vierzehnten Woche und sie machte überhaupt keine Anstalten es irgendwem zu erzählen; was Ron nur noch mehr bewies, dass Lilly diese Kinder eigentlich nicht wollte. Er hatte gehofft, dass Lilly einfach nur ein paar Wochen brauchen würde, um sich von den ganzen Überraschungen zu erholen, aber sie hatte sich nicht wirklich erholt. In der Tat verhielt Lilly sich so als wäre sie überhaupt nicht schwanger; Ron fand das ziemlich befremdlich, wagte es aber auch nicht Lilly darauf anzusprechen. So wie sie in der letzten Zeit drauf war, würde sie ihn aus dem Haus werfen und die Scheidung einreichen. „Hey Ron. Warum das betrübte Gesicht?“ Ron hob den Blick und sah in das Gesicht seines Schwagers. Ein schneller Rundumblick versicherte ihm, dass er und Harry alleine im Lehrerzimmer waren. „Kann ich mit dir sprechen?“ „Klar“, antwortete Harry und setzte sich seinem besten Freund gegenüber. Ron atmete einmal tief durch und sagte dann: „Lilly ist schwanger.“ Es war fast schon faszinierend zu beobachten wie sich die Gefühle auf Harrys Gesicht abwechselten. Erst Überraschung, dann Freude, dann Skepsis. „Warte mal… hattest du nicht eine…“, begann der Schwarzhaarige. „Vasektomie? Ja, ist geschenkt. Ist von allein wieder zusammengewachsen. Ist selten, aber passiert“, unterbrach Ron ihn. „Dann mal herzlichen Glückwunsch.“ „Danke, aber das ist nicht das Problem.“ „Es gibt ein Problem?“, fragte Harry alarmiert. „Zum ersten wollte Lilly doch überhaupt keine Kinder mehr, also hat sie die Schwangerschaft dementsprechend hart getroffen. Zweitens sind es Zwillinge und drittens verhält sie sich absolut merkwürdig seit sie von der Schwangerschaft weiß. Sie spricht nicht mit mir darüber, lässt mich nicht ihren Bauch anfassen und sie hat noch niemanden außer mir gesagt, dass sie schwanger ist. Dabei ist sie schon in der vierzehnten Woche. Sie hat sich verändert, Harry und nicht gerade zum Besten.“ Grübelnd sah Harry Ron an. Das was dieser gerade erzählt hatte klang so gar nicht nach seiner sonst so aufgeweckten Schwester. Normalerweise war Harry immer einer der Ersten, der von Lillys Schwangerschaft erfuhr. Es war noch nie vorgekommen, dass Lilly ihm nicht selbst die frohe Botschaft verkündet hatte und noch nie hatte er erst im zweiten Trimester davon erfahren. „Okay, wow. Wer weiß denn sonst noch davon?“, fragte er. Ron zuckte mit den Schultern. „Du, meine Eltern, die Ärztin natürlich. Molly vielleicht. Seit sie in der Ausbildung ist, ist sie für solcherlei Dinge feinfühliger geworden.“ „Mehr noch nicht?“ „Nein, sie hatte mir verboten vor der dreizehnten Woche mit jemanden darüber zu sprechen.“ Harry legte für einen Moment die Stirn in Falten und überlegte. Er musste am Wochenende keine Aufsicht führen und sonst hatte er auch nichts weiter vorzubereiten, er hätte also die Möglichkeit über das Wochenende nach Hause zu kommen. „Vorausgesetzt McGonagall lässt mich gehen, könnte ich heute Abend mal vorbeikommen und mit Lilly sprechen.“ „Sag mir wann du kommst und ich sorg dafür, dass ihr ungestört seid“, antwortete Ron nur. „Hey Harry! Was machst du denn hier?“, wurde er dann am Abend von Lilly begrüßt. Und obwohl sie lächelte wusste Harry ganz genau, dass dieses Lächeln nicht von ganzen Herzen kam. „Darf ein Bruder keine Sehnsucht nach seiner kleinen Schwester haben?“, fragte Harry und umarmte Lilly dann. „Natürlich darf er das. Komm rein, setz dich. Möchtest du etwas trinken?“ „Ein Tee wäre schön.“ Während Lilly also in der Küche rumwerkelte beobachtete Harry seine Schwester ganz genau. Auf den ersten Blick wirkte alles wie immer und hätte Harry nicht schon von der Schwangerschaft gewusst, hätte er sich wohl nur über Lillys viel zu großen Pullover gewundert. Jetzt vermutete er, dass sie damit einen wachsenden Babybauch verstecken wollte. Was absolut untypisch für sie war, sonst war sie immer stolz auf ihren Bauch gewesen. „Wo ist denn der Rest deiner liebreizenden Familie?“, fragte Harry nachdem Lilly ihm den Tee gereicht und sich zu ihm gesetzt hatte. „Molly hat noch Dienst. Ron und Lilia sind oben und machen Hausaufgaben“, antwortete Lilly schulterzuckend. „Also, Schwesterchen. Gibt es irgendetwas Neues?“ „Nein, gar nichts.“ Harry verschluckte sich beinahe an seinem Tee. Gut, da Lilly nicht von allein mit den Neuigkeiten rausgerückt hatte, hatte er nachgefragt. Das sie ihre Schwangerschaft nun allerdings verleugnete warf ihn fast vom Hocker. „Wirklich? So absolut gar nichts?“, hakte er noch einmal nach. „Nein, nichts“, antwortete Lilly und sah ihn an als sei er verrückt geworden. Harry räusperte sich. „Du bist also nicht in der vierzehnten Woche mit Zwillingen schwanger?“ Etwas in Lillys blauen Augen veränderte sich, auch wenn Harry es nicht genau benennen konnte, dann antwortete sie: „Ach so. Das meinst du.“ Auf einmal wurde Harry wütend. „Ja, das meine ich. Warum hab ich es durch Ron erfahren? Und warum erst jetzt?“ „Harry, dass Leute Kinder bekommen ist doch nichts super Aufregendes. So etwas geschieht jeden Tag. Ich hab halt vergessen Bescheid zu sagen, reg dich ab“, sagte Lilly und wurde in ihrem Verhalten deutlich abwesender. „Lil… freust du dich über diese Schwangerschaft?“ „Ich schenke zwei Menschen das Leben, natürlich freue ich mich.“ Harry hatte da so seine Zweifel. „Wirklich?“ Lilly blickte ihn empört an. „Glaubst du mir nicht?“, fragte sie. „Naja, du verhältst dich nicht gerade so als würdest du dich freuen“, antwortete Harry. „Verlass sofort mein Haus.“ „Wie bitte?“ „Verlass mein Haus! Sofort!“ Es war nicht weiter ungewöhnlich, dass Harry wann immer er konnte an den Wochenenden aus Hogwarts nach Hause kam. Dementsprechend wenig überrascht war Draco als Harry am Abend in sein Arbeitszimmer kam und ihm einen Kuss aufdrückte. „Hey du“, begrüßte Draco seinen Ehemann. „Hey. Connor ist schon im Bett nehme ich an?“, antwortete Harry. Draco legte seine Feder beiseite und schmunzelte. „Es ist nach zehn. Natürlich ist er im Bett.“ Irgendetwas schien Harry zu bedrücken, aber noch bevor Draco nachfragen konnte, sprach Harry von allein: „Lilly ist in der vierzehnten Woche schwanger. Mit Zwillingen.“ Draco wollte seiner Freude gerade Ausdruck verleihen als er stutzte. „Moment. Warum erfahre ich das von dir? Warum stand nicht vor mindestens fünf Wochen eine vor Freude strahlende Lilly vor mir und hat es mir selbst gesagt?“ Harry seufzte tief. „Weil sie diese Kinder nicht will.“ „Was? Das hat sie gesagt?“, fragte Draco und war ehrlich schockiert. „Nein, sie hat es nicht gesagt. Aber ich war Heute bei ihr, nachdem ich mit Ron gesprochen hatte und ihr ganzes Verhalten schreit, dass sie diese Kinder nicht will.“ Fassungslos blickte Draco Harry an. „Reden wir hier von der Lilly, die mit sechzehn Zwillinge geboren hat und allen erfolgreich versichert hat, dass sie und Ron das schon schaffen? Lilly, die Fröhlichkeit in Person?“ Harry nickte. „Auch wenn sie sich momentan nicht so verhält, aber von genau der reden wir.“ „Oh je. Wie geht es Ron damit?“ „Er scheint sich über die Babies zu freuen, aber Lillys Verhalten nimmt ihn ganz schön mit. Er weiß nicht was er tun soll und ich konnte ihm auch nicht helfen. Lilly hat mich rausgeschmissen, nachdem ich sie drauf angesprochen habe.“ Draco machte große Augen; diese Seite kannte er ja gar nicht von Lilly. „So eine verdammte Scheiße“, fluchte Harry und Draco konnte nichts anderes tun als ihm zu zustimmen. „Daddy?“ Nachdem Lilly Harry aus dem Haus geworfen hatte und wortlos im Schlafzimmer verschwunden war, hatte Ron Lilia ins Bett gebracht und war dann in den Keller gegangen. In der Hoffnung sich mit ein wenig Modellbau ablenken zu können, doch er starrte die Bauteile nur an und grübelte. Wenn noch nicht einmal Harry zu Lilly durchdrang, wusste er auch nicht weiter. Die Stimme seiner älteren Tochter holte ihn aus den Gedanken. „Hey Molly“, sagte er und lächelte sie an. „Kann ich kurz mit dir sprechen?“, fragte Molly und setzte sich auf einen Hocker neben ihn. „Aber immer doch.“ Ron beobachtete wie Molly noch einmal tief durchatmete. „Mum ist schwanger, oder?“ „Ich hab mich schon gefragt wann du dahinter kommst. Wie lange weißt du es schon?“, fragte Ron lächelnd. Molly zuckte mit den Schultern. „Ein oder zwei Wochen. Sie freut sich nicht über die Schwangerschaft, oder?“ „Das du so klug bist musst du von deiner Mutter haben. Oder deiner Patentante.“ Molly schmunzelte und sprach dann weiter: „Ich kann mich nicht dran erinnern wie sie in Ians Schwangerschaft war, aber bei Lilia war sie so wie immer. Wenn nicht sogar noch fröhlicher als sonst. Und diesmal ist sie so komplett anders.“ Ron seufzte. „Du hast recht, Mol. Sie wollte keine Kinder mehr und dann wurde sie schwanger. Dann hat uns ihre Ärztin auch noch mitgeteilt, dass es Zwillinge werden. Manchmal habe ich das Gefühl, dass deine Mutter die Kinder nur mir zuliebe austrägt.“ Molly legte ihm eine Hand auf die Schulter und sah ihn mitfühlend an. „Ich habe mit eine unserer Ärztinnen gesprochen und die sagt, dass Babies deren Mütter während der Schwangerschaft keine emotionale Bindung zu ihnen aufbauen öfters zu früh auf die Welt kommen“, sagte Molly leise. Na ganz große Klasse. Kapitel 3: Wehen! ----------------- Ron stand am Türrahmen seiner Schlafzimmertür und beobachtete seine Frau. Lilly saß, den Oberkörper ans Kopfende gelehnt im Bett und blätterte durch eine Muggelzeitschrift. Sie war nun in der neunzehnten Schwangerschaftswoche und selbst mit ihren Schlabberpullovern konnte sie den Babybauch nicht mehr verstecken. Also wussten mittlerweile Alle in ihrem Umfeld Bescheid. Sie alle hatten sich über diese Neuigkeit gefreut, waren aber auch verwundert gewesen, dass sie es erst so spät erfahren hatten. So etwas kannte man von Lilly einfach nicht. Hätte Ron nicht irgendwann eigenmächtig Eulen an seine Familie verschickt, wüssten die es wahrscheinlich bis Heute noch nicht. Er und Lilly sprachen mittlerweile nur noch das nötigste miteinander. Und dann auch nur über die alltäglichen Dinge; wer einkauft, was im Haushalt erledigt werden muss. Niemals über die Schwangerschaft, niemals über die in Lilly heranwachsenden Zwillinge. Die einzigen Augenblicke in denen Lilly über ihre Schwangerschaft sprach waren ihre Arzttermine. Ron gab sich einen Ruck und legte sich neben seine Frau ins Bett; ohne lange nachzudenken legte er seine Hände auf Lillys gewölbten Bauch. Er spürte wie sie sich augenblicklich versteifte, noch vor ein paar Wochen hätte er seine Hände sofort zurückgezogen und sich entschuldigt, mittlerweile ließ er seine Hände einfach liegen. Wenn Lilly schon keine Bindung zu den Babies einging versuchte Ron seinen Ungeborenen so viel Liebe wie eben möglich zukommen zu lassen. „Kannst du ihre Bewegungen schon spüren?“, fragte Ron, nachdem er bemerkt hatte wie Lilly sich wieder ein wenig entspannt hatte. „Ja“, antwortete Lilly und blätterte eine Seite ihrer Zeitschrift um. „Schon lange?“, hakte Ron weiter nach. „Schon ein paar Wochen.“ „Ein paar Wochen? Wieso hast du denn überhaupt nichts gesagt?“ Ohne den Blick von der Zeitschrift zunehmen zuckte Lilly mit den Schultern. „Hab ich wohl vergessen.“ Am liebsten hätte Ron ihr jetzt mal so richtig die Meinung gesagt, aber er riss sich zusammen. Es nützte ja doch nichts, Lilly würde die Schwangerschaft einfach weiterhin totschweigen. „Ich habe überlegt, ob wir nach dem Arzttermin nächste Woche mal ein paar Sachen für die Beiden kaufen. Du weißt schon, Betten und ein paar Klamotten“, sagte Ron und nahm die Hände von ihrem Bauch. „Das kannst du gerne tun. Ich will nach dem Termin nur noch auf die Couch.“ Enttäuscht drehte Ron sich auf die Seite und schaltete seine Nachttischlampe aus. Warum hatte er auch bloß etwas anderes erwartet? „Wollen Sie die Geschlechter erfahren?“, fragte Dr. Snow. „Ist mir egal“, antwortete Lilly den Blick, wie bei jedem bisherigen Ultraschall, an die Decke gerichtet. Die Ärztin blickte irritiert zu Ron, diese zuckte nur hilflos mit den Schultern. Was sollte er tun? Lilly dazu zwingen sich den Ultraschall anzusehen? Es war unangenehm still während die Ärztin die gewohnten Untersuchungen durchführte, am Ende sprach die Ärztin mehr zu Ron als zu Lilly. „Also, wir haben hier einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist ein wenig kleiner, aber darüber machen wir uns erst einmal keine Sorgen. Kommen Sie nur bitte in zwei Wochen noch einmal.“ Ron hörte seine Frau leise stöhnen und ballte wütend die Hände zu Fäusten. War Lilly die Gesundheit ihrer Tochter wirklich so egal? Die zwei Wochen waren ins Land gezogen und Lilly und Ron kamen gerade von ihrem Arzttermin nach Hause. Ihre Tochter war noch immer etwas kleiner als ihr Bruder, aber sie wuchs und auch sonst war Dr. Snow zufrieden. „Hast du schon über Namen für die Beiden nachgedacht?“, fragte Ron und setzte sich neben Lilly auf die Couch. Diese zuckte nur mit den Schultern und schlug ihre Zeitschrift auf. So langsam bekam Ron das Gefühl nur noch mit Zeitschriften zu sprechen anstatt mit seiner Frau. Es wunderte ihn auch nicht, dass Lilly sich keine Gedanken über Namen gemacht hatte. Sie hatte weder über die Farbe des Kinderzimmers noch über dessen Einrichtung sprechen wollen. Es blieb alles an Ron hängen; nicht, dass es ihn groß störte. Er wünschte sich nur, dass Lilly endlich Interesse an den Zwillingen zeigen würde. „Und Lilly redet noch immer nicht mit dir darüber?“, fragte Harry gepresst und mit hochrotem Kopf. Er, Draco, Blaise und Ron befanden sich im neuen Babyzimmer und bauten gemeinsam die Möbel auf. Harry war gerade dabei eine Schraube an einem der Babybetten festzuziehen. „Nein, Harry, immer noch nicht. Sie tut so als würde sie nicht diesen Babybauch vor sich herschieben“, antwortete Ron während er bei der Aufbauanleitung der Wickelkommode verzweifelte. „Das ist doch nicht mehr normal“, gab Draco seine Meinung zum Besten. Selbstverständlich hatte der Herr Zaubereiminister noch nicht einen Finger krumm gemacht. Er hatte sich direkt in den bequemen Sessel gesetzt, den Ron für Lilly zum Stillen gekauft hatte. Wenn sie denn Stillen würde. Ron ließ die Anleitung sinken und funkelte Draco an. „In den letzten Wochen ist bei Lilly so einigem nicht mehr normal.“ „Hast du deswegen Hermine auf sie angesetzt?“, fragte Blaise. „Ja. Vielleicht entspannt Lil sich bei ein bisschen shoppen ja und spricht von allein über ihre Gefühle. Ich hab Hermine extra gesagt, sie soll nicht mit Lilly über die Babies reden.“ Für einige Minuten arbeiteten die Männer weiter, Draco nicht mitgezählt, dann knallte im Erdgeschoss die Haustür und sie alle sahen überrascht auf. Ron runzelte die Stirn und überlegte wer das sein könnte. Seine Kinder waren alle außer Haus und würden so schnell auch nicht wiederkommen. Für Lilly und Hermine war es eigentlich auch noch zu früh, waren die Beiden doch erst vor einer Stunde aufgebrochen. Schritte kamen die Treppe rauf und unten knallte ein zweites Mal die Haustür zu. Nun wurde Ron doch etwas nervös und trat mit gezogenem Zauberstab auf den Flur hinaus und sah seine Frau die Treppe hinaufkommen, gefolgt von Hermine. „Lilly, jetzt warte doch mal!“, sagte Hermine. Wortlos stürmte Lilly direkt in ihr Schlafzimmer und schmiss ihrer Freundin die Tür vor der Nase zu, dann wurde der Schlüssel im Schloss umgedreht. „Du hast sie auf die Schwangerschaft angesprochen“, stellte Ron fest und steckte seinen Zauberstab wieder weg. Hermine schnappte empört nach Luft und drehte sich zu ihm um. „Natürlich habe ich das.“ „Aber das solltest du doch gar nicht!“ „Wie soll ich denn sonst bitte an Informationen kommen?“ „Gar nicht, verdammt! Du solltest doch einfach Zeit mit ihr verbringen; sie entspannen. Vielleicht wäre sie dann von selbst auf das Thema zu sprechen gekommen.“ Hermine schwieg und blickte betreten auf die geschlossene Schlafzimmertür. Es war Ron mittlerweile ins Blut übergegangen seine Frau bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu beobachten. Auch wenn in der Schwangerschaft bisher alles gut lief, Lilly hatte mittlerweile die sechsundzwanzigste Woche erreicht, und auch die Ärztin mit der Entwicklung der Zwillinge vollkommen zufrieden war, konnte Ron einfach nicht anders. Mollys Worte schwirrten ihm jeden Tag im Kopf herum und da Lilly nie über die Symptome ihrer Schwangerschaft sprach, erwartete Ron nicht, dass sie es ihm sagen würde, wenn sie vorzeitige Wehen oder ähnliches hätte. Er hoffte, dass er sich irrte, aber in dieser Sache vertraute er ihr schon lange nicht mehr. In den letzten Tagen hatte er jedoch sehr viel Zeit in Hogwarts verbringen müssen. Hatte das Haus früh verlassen und war erst spät wiedergekommen. Wenn dem nicht so gewesen wäre, vielleicht wäre ihm dann schon früher aufgefallen, dass Lilly immer mal wieder das Gesicht schmerzhaft verzog. Als dies bereits zum dritten Mal innerhalb einer halben Stunde geschah war Ron aufs Höchste alarmiert. „Lil? Hast du Wehen?“ Seine Frau hielt damit inne den Küchentisch abzuwischen und blickte ihn aus dem Augenwinkel an. „Kann schon sein“, antwortete sie und nahm ihre Tätigkeit wieder auf. Für einige Sekunden starrte Ron sie fassungslos an, dann ergriff er sie grob an den Schultern und schob sie zur Haustür. „Das darf doch einfach nicht wahr sein!“, knurrte er. Als Molly Jean Weasley von einem Kollegen erfuhr, dass ihre Mutter wegen vorzeitiger Wehen auf der gynäkologischen Station des St. Mungos aufgenommen worden war, überkam sie eine noch nie gekannte Welle der Panik. Sie ließ Alles stehen und liegen und rannte los. Ihren Vater traf sie vor einem der vielen Behandlungsräume. Er lief unruhig auf und ab, fuhr sich immer wieder durch die Haare, Tränen glitzerten in seinen Augen. Wortlos trat sie an ihn heran und umarmte ihn. Molly fragte sich wie lange ihre Mutter diese Wehen schon gehabt hatte, bevor sie es ihrem Vater gesagt hatte. Hatte sie es überhaupt von selbst zugegeben oder war ihr Dad einfach darauf aufmerksam geworden? Ihr Vater löste sich von ihr und sah sie stumm an. Molly verstand seine Bitte; sie wusste nicht ob sie die behandelnden Ärzte ihrer Mutter zugegen sein lassen würde, sie würde es jedoch versuchen. Mit ernstem Blick und forschen Schrittes betrat sie das Behandlungszimmer. Zwei Stunden später verließ Molly das Zimmer wieder. Die Ärzte hatten sie ihre Mutter nicht behandeln lassen, aber das war okay. Ihr war es wichtig einfach nur anwesend zu sein. Als Unterstützung für ihre Mutter und damit sie ihrer Familie genau sagen konnte wie der Zustand ihrer Mutter war. Ihr Vater stand noch immer am selben Fleck, Onkel Draco hatte sich mittlerweile zu ihm gesellt; Beide sahen sie nun abwartend an. „Sie konnten die Wehen stoppen und den Babies geht es gut“, begann Molly, „Mum wird jedoch noch eine ganze Weile zur Beobachtung hier bleiben müssen.“ Ihr Vater atmete erleichtert auf und erneut traten Tränen in seine Augen. „Hat sie gesagt wie lange sie die Wehen schon gehabt habt?“, fragte er. Molly verkrampfte sich ein wenig, diese Antwort würde ihm definitiv nicht gefallen. „Um die zwei Wochen“, sagte sie leise. Ihr Vater sah sie an, blinzelte ein paar Mal, dann verfinsterte sich sein Blick und er stürmte in das Zimmer ihrer Mutter. Molly und Draco folgten ihm auf dem Fuß. „Bist du jetzt völlig verrückt geworden?!“, donnerte Ron los und wurde von den noch anwesenden Ärzten pikiert angesehen. „Mister Weasley! Ihr Frau braucht jetzt wirklich Ruhe!“ „Was sie braucht ist jemand, der ihr ein wenig Vernunft einbläut!“, antwortete ihr Vater, ohne den Blick von ihrer Mum zu nehmen. Diese saß blass und erschöpft in ihrem Bett und wirkte seltsam teilnahmslos. „Zwei Wochen, Liljana! Du hast zwei Wochen lang vorzeitige Wehen und erwähnst es mit keinem Wort?! Wie lange hattest du noch vor mir das zu verheimlichen?! So lange bis du die Zwillinge beim Putzen auf dem Küchenboden auf die Welt bringst, oder was?!“ Ihre Mutter antwortete nicht und Molly hatte ihren Vater noch nie so ausflippen sehen. Dabei hatte sie ihn schon selbst oft genug zur Weißglut getrieben. „Sie hätten sterben können! Gehen sie dir wirklich so sehr am Arsch vorbei, dass du ihre Leben aufs Spiel setzt?! Du willst sie nicht! Schön, dass haben wir Alle verstanden! Aber ich will die Beiden, also reiß dich zusammen und sorge dafür, dass meine Kinder gesund zur Welt kommen!“ Dann drehte sich ihr Dad um und stürmte aus dem Zimmer. Ihre Mum hatte noch immer keine Miene verzogen, jetzt drehte sie sich auf die Seite und schloss die Augen. Lilly hatte drei Wochen im St. Mungos bleiben müssen, doch Heute würde Molly sie nach ihrer Schicht mit nach Hause bringen. Während dieser drei Wochen hatte Ron seine Frau nicht einmal besucht; es war ihm nicht leichtgefallen, aber er war noch immer so enttäuscht und wütend. Nie hätte er erwartet, dass Lilly so etwas tun würde. Dass sie ihm immer wiederkehrende Wehen verschweigen würde. Dass sie das Leben der Zwillinge so leichtfertig aufs Spiel setzen würde. Er liebte sich noch immer wie am ersten Tag, aber er erkannte sie einfach nicht wieder. Ron hörte wie sich die Haustür öffnete und erhob sich. „Hallo“, begrüßte er seine Tochter und seine Frau. „Hey Dad.“ Lilly schenkte ihm einen kurzen Blick und ging dann direkt ins Wohnzimmer. Laut seiner Familie hatte Lilly in den letzten drei Wochen nicht einmal nach ihm gefragt. „Wie sieht es denn hier aus? Habt ihr in meiner Abwesenheit denn überhaupt geputzt?“, stieß Lilly aus. „Übertreib mal nicht, Mum. Hier sieht es aus wie immer“, sagte Molly und blickte ihre Mutter zweifelnd an. Das tat es wirklich, auch wenn Ron nicht selbst geputzt hatte, denn dafür gab es immerhin die Magie. „Ich muss hier erst einmal sauber machen“, stellte Lilly klar und machte sich daran ihre Putzutensilien zusammenzusuchen. „Mum! Die Ärzte haben gesagt du sollst Bettruhe halten!“ Lilly reagierte nicht und Ron hätte sie am liebsten sofort wieder angeschrien, wusste aber, dass es überhaupt nichts bringen würde. Seufzend ließ er sich auf die Couch fallen und begann damit Lilly genaustens zu beobachten. „Ich hab Mum übrigens gefragt, ob ich bei der Geburt assistieren darf.“ Ron blickte seine Tochter verblüfft an. „Bist du dir sicher? Findest du das nicht ein wenig merkwürdig?“ Molly lachte. „Spinnst du? Ich kann meinen eigenen Geschwistern auf die Welt helfen. Etwas Cooleres gibt es gar nicht. Außerdem hat Mum ja gesagt.“ „Na, wenn das so ist…“ Epilog: Blau! ------------- Liljana Jane Weasley wusste, dass sie Wehen hatte. Keine vorzeitigen, denn immerhin war sie mittlerweile in der… ach scheiße, sie wusste nicht genau in welcher Woche sie war. Aber weit genug, dass Ron vor einigen Tagen ihre Kliniktasche gepackt hatte. Sie wusste, dass sie Ron von den Wehen erzählen sollte, aber aus irgendeinem Grund konnte sie sich nicht dazu überwinden. Die Wehen kamen regelmäßig und waren teilweise bereits echt schmerzhaft, aber ihre Fruchtblase war noch nicht geplatzt. Also hatte sie noch etwas Zeit. Vielleicht würde sie nach dem Frühstück etwas sagen? Ja, erst einmal mit der Familie frühstücken; es geschah mittlerweile so selten, dass sie alle vier Kinder Zuhause hatte. „Ih, Mummy! Dir tropft da was aus der Hose!“, stieß Lilia aus als Lilly die Brötchen auf den Tisch stellte. Zeitgleich mit dem Rest ihrer Familie blickte Lilly an sich herunter, konnte aber wegen des Babybauches nichts erkennen. „Mum! Deine Fruchtblase ist geplatzt“, sagte Molly und stand auf. Warum hatte sie das denn nicht mitbekommen? „Liljana…“, stieß Ron leise aus und schob sie zur Haustür. Sie konnte die Enttäuschung in seiner Stimme hören. Warum hatte sie nicht schon früher etwas gesagt? Nur eine Stunde nachdem sie im Krankenhaus angekommen waren, war es für Lilly an der Zeit zu pressen. Wie bei jeder anderen Geburt war Ron an ihrer Seite und hielt ihre Hand. Sie hatte es gar nicht verdient, dass er hier war; sie hatte ihn während der ganzen Schwangerschaft schlecht behandelt und links liegen lassen. Wahrscheinlich war er nur wegen der Babies noch bei ihr; verübeln könnte sie es ihm nicht. „Okay, Mum. Jetzt pressen!“ Lilly löste den Blick von Ron und sah Molly an, dann holte sie tief Luft und presste. Die ganze Zeit betete sie, dass sie bald etwas für diese Babies empfinden würde. Während der gesamten Schwangerschaft hatte sie versucht die Zwillinge zu lieben oder sich zumindest an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie unterwegs waren. Aber es war ihr nicht gelungen. Nach nur drei Mal pressen war es vollbracht und Lilly hatte das erste Baby auf die Welt gebracht. Sie hatte die Augen noch geschlossen, hörte jedoch das Schreien des Babys und Rons Schluchzen. Mit einem letzten Stoßgebet im Kopf öffnete Lilly die Augen. Molly hielt den kleinen Jungen freudig grinsend und mit Tränen in den Augen hoch, so dass ihre Eltern ihren Bruder sehen konnten. Und Lilly? Lilly spürte absolut nichts, er war ihr völlig egal. Wochenlang hatte sie ihn genährt und seine Tritte gespürt und alles was sie jetzt für ihren neugeborenen Sohn empfand war Gleichgültigkeit. Lilly ließ den Kopf in den Nacken fallen; sie konnte sich selbst nicht fassen. Was bei Merlin stimmte nur nicht mit ihr? „Okay, Mum. Ich denke meine kleine Schwester ist so weit, du kannst anfangen zu pressen.“ Was nutzte pressen, wenn sie doch nichts für dieses Baby empfinden würde? Aber Lilly presste trotzdem, es gab Leute, die ihre Zwillinge von Anfang an geliebt hatten. Leute, die Lilly liebte. Also presste sie und presste und presste und presste, aber irgendwie schien das nichts zu bringen. „Ähm… Ich bräuchte hier mal ganz dringend Hilfe.“ Etwas an Mollys Stimme ließ Lilly ihre Tochter verwirrt ansehen. „Mol, was ist los?“, fragte Ron. Molly antwortete nicht und tauschte den Platz mit einer Ärztin. „Molly Jean Weasley! Antworte deinem Vater! Sofort!“, stieß Lilly aus. „Sie ist ganz blau“, wisperte Molly und nahm den Blick nicht von dem was zwischen Lillys Beinen geschah. „Was?“, riefen Lilly und Ron gleichzeitig aus. „Mrs. Weasley! Die Nabenschnur ihrer Tochter hat sich mehrfach um ihren Hals gewickelt und ihr die Luft abgeschnürt. Sie dürfen jetzt auf keinen Fall pressen!“ Panik machte sich in Lilly breit und sie suchte Rons Blick, auch ihm schien es nicht viel besser zu gehen. Er drückte ihre Hand fester und blickte wieder zur Ärztin. Dann ging Alles ganz schnell: Die Ärztin zwischen ihren Beinen stand auf und drehte sich sofort um, trotzdem erhaschte Lilly einen Blick auf das blaue und reglose Mädchen. Eine andere Ärztin setzte sich zwischen ihre Beine und Molly bekam ihren Bruder in die Arme gedrückt, während sich drei Krankenschwestern um die Ärztin und das leblose Baby scharrten. Lilly griff Ron am Kragen und zog ihn näher an sich ran. „Sie darf nicht sterben“, sagte sie, „Wir konnten sie doch noch gar nicht kennen lernen. Geh zu ihr! Pass auf sie auf!“ Ron erhob sich so schnell, dass er seinen Hocker umstieß, aber wen interessierte das schon? Lilly wandte sich an ihre verstört wirkende Tochter. „Molly, komm her. Setz dich zu mir.“ Molly tat es und Lilly nahm sie und das friedlich schlafende Baby in den Arm. „Es wird Alles gut werden.“ Immer und immer wieder wiederholte Lilly diesen Satz. Es kam Lilly vor wie eine Ewigkeit, in Wahrheit aber war wohl weniger als eine Minute vergangen, dann erklang ein leiser und zaghafter Schrei. Alle anwesenden atmeten erleichtert auf und als der Schrei ihrer Tochter immer lauter und kräftiger wurde brachen bei Lilly alle Dämme und sie ließ den Tränen freien Lauf. Ja, sie hatte die Zwillinge nie gewollt, aber sie hatte nie gewollt, dass sie sterben. „Wir werden Ihre Kleine einige Tage beobachten müssen, aber im Moment sieht alles gut aus“, sagte die Ärztin und legte Lilly das noch immer schreiende Mädchen in die Arme. Schluchzend fuhr Lilly dem Baby mit dem Finger über die Wange. „Hallo meine Süße. Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“ Einige Stunden später waren Ron und Lilly gemeinsam mit den Babies in einem gemütlichen Zimmer untergebracht. Auf Grund der vorangegangenen Komplikationen hatten sie beschlossen vorerst auf sämtlichen Besuch zu verzichten und die Zeit allein mit den Zwillingen zu verbringen. Sie saßen gemeinsam auf dem Krankenhausbett und jeder hielt ein Baby im Arm. Gesprochen hatten sie kaum miteinander, aber nun fand Lilly es an der Zeit dazu. „Ron, ich möchte mich bei dir entschuldigen. Ich war in dieser Schwangerschaft so abweisend zu dir. Und ich möchte mich auch bei dir bedanken. Dafür, dass du das Kinderzimmer eingerichtet hast und mich ertragen hast. Und mir den Kopf gewaschen hast…“ Ron sah sie einfach nur an. „Du hast während der gesamten Schwangerschaft nie etwas für sie empfunden, oder?“ „Nein“, gestand Lilly, „Sie waren einfach da. Selbst als unser Sohn geboren war, hatte sich das nicht geändert. Erst als Molly um Hilfe gebeten hatte, hat sich etwas bei mir geregt. Und jetzt kann ich mir ein Leben ohne die Beiden nicht mehr vorstellen.“ „Mach sowas nie wieder“, antwortete Ron ernst. „Hör auf mich zu schwängern“, sagte Lilly schmunzelnd woraufhin Ron lachen musste. „Hast du jemals über Namen für die Beiden nachgedacht?“, fragte er nach einer Weile. „Nein, nie. Aber ich weiß trotzdem wie wir sie nennen werden.“ Auffordernd wurde Lilly von Ron angesehen. „Den Kleinen werden wir nach unseren Vätern nennen und zwar James Arthur. Und unserem Mädchen geben wir den Namen Evanna Jane.“ „Die Namen gefallen mir. Gute Wahl. Bist du bereit die Beiden für eine Weile zu teilen?“ „Ja, ich glaube schon.“ Ron legte den kleinen James in Lillys Arme und drückte ihr dann einen langen Kuss auf die Lippen. „Ich liebe dich.“ „Ich liebe dich auch.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)