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Love until the death

Liebe bis zum Tod
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Vorweg: Das ist ein kleines Experiment für mich, lasst mir ruhig eure Meinung dazu da, damit ich weiß, ob es lieber eine einmalige Sache bleiben soll. ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Back to Natsuko. ;) Komplett anzeigen

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promise (Versprechen)

"Natsuko...du liebst mich, oder?" "Ja..." "Schwörst du mir ewige Liebe?" "Ja..." "Dann ist es abgemacht...im Austausch für deine ewige Liebe, bekommst du mein Leben, es liegt in deinen Händen!"
 

Verschlafen blinzelte Natsuko gegen die ersten Lichtstrahlen, die von der Morgensonne durch das große Fenster im Schlafzimmer fielen. Ihr Kopf schmerzte und sie blickte sich benommen in dem ihr so gut bekannten Zimmer um.

Schlicht eingerichtet mit grade mal einem Bett, einem großen Kleiderschrank und Nachtschränkchen links und rechts neben dem Bett. Sie liebte das Minimalistische und das spiegelte sich nur zu deutlich in der Innenausrichtung. Ein feiner Vorhang wehte vor dem Fenster und bot so gut wie keinen Schutz vor den Sonnenstrahlen.

Mürrisch kniff sie etwas die Augen zusammen und drehte sich von den blendeten Strahlen weg. Wie spät es wohl war? Sie blickte sich im Raum um, konnte aber keine Uhr finden. Wo zur Hölle war ihr Wecker schon wieder abgeblieben? Obwohl sie sich schon denken konnte, welches Schicksal er, mal wieder, ereilt hat. Sie seufzte leise auf und griff gedankenverloren an ihren schmerzenden Kopf.

Der Traum von eben sah sie noch ganz deutlich vor ihren Augen und sie brauchte einen Moment, um im Hier und Jetzt wieder anzukommen. 2 Jahre war es nun her, seit sie dieses Versprechen gab. 2 Jahre, seit sich ihr Leben maßgeblich geändert hatte und ihr Schicksal besiegelt wurde. Ob der Traum sie daran erinnern sollte? So wie er es immer tat?
 

Natsuko streckte sich und richtete sich mühselig im Bett auf. Ihre Glieder schmerzten und sie wusste sofort, dass dieser Traum nicht einfach nur ein Zufall war. Sicherlich hatte "er" wieder seine Finger im Spiel und sie merkte, wie Wut in ihr aufstieg. Bei allen, was Recht war, aber das ging nun eindeutig zu weit!

Hastig sprang sie vom Bett auf, sodass ihre langen, blonden Haare hinter ihr her wehten. Kurz bevor sie den Raum verlassen konnte, blieb sie vor einem großen Wandspiegel hängen, den sie vor ewigen Zeiten mal billig bei einem Straßenverkauf ersteigert hatte.

Ihre Haut war blass, ihr blondes, langes Haar wie immer eine Katastrophe. Schon seit sie ein kleines Kind war, schaffte sie es kaum, es anständig zu bändigen. Wirr fiel es ihr weit über den Rücken. Noch wirrer, als es ohnehin schon war, da sie grade erst aus dem Bett gestiegen war. Die Spuren des Schlafes oder viel mehr des unruhigen Traumes zeigten sich nur zu deutlich.

Sie lehnte sich ein wenig nach vorne und ihre strahlend blauen Augen trafen ihr eigenes Spiegelbild. Leichte Augenringe hatten sich darunter gebildet und allgemein sah sie viel zu fertig aus. Ob das nun an dem Mann lag, der sie so schlecht schlafen ließ, sei mal dahin gestellt. Innerlich konnte sie sich aber auch denken, dass es nur an ihm liegen konnte. Und doch wollte und konnte sie ihn nicht missen.

Sie erinnerte sich an die Zeit vor ihm, wie sie fast schon leblos in den Tag hinein lebte und jede Hoffnung aufgeben wollte. Nein, da nahm sie lieber ein wenig schlechten Schlaf in Kauf. Das minderte trotzdem nicht die leichte Wut, die immer noch in ihrer Brust schwelte. Er konnte wenigstens versuchen, ihr nicht den Schlaf zu rauben!

Eilig öffnete sie die Tür des Schlafzimmers und blickte sich im Flur um. Es war niemand zu sehen, was sie nicht wirklich verwunderte. Um diese Uhrzeit war es unwahrscheinlich, dass sie "ihn" antreffen würde. So oft er auch in ihrer Nähe war und penibel darauf achtete, dass das auch so blieb, so war ihr immer noch klar, wer er war oder besser was er war.

Doch wie auf Befehl, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich: "Guten Morgen, Prinzessin. Gut geschlafen?" Blitzartig drehte sie sich um und erkannte sofort, wer dort vor ihr stand. "Seiji...", sie sah ihn missmutig an und musterte ihn böse, erntete aber nur ein schelmisches Grinsen ihres Gegenübers.

"So schlecht gelaunt am frühen Morgen?", Seiji musste ein Lachen unterdrücken und musterte Natsuko amüsiert. "Du weißt garantiert auch den Grund dafür!", Natsuko ging ein paar Schritte auf ihn zu und blieb direkt vor ihm stehen, "musst du jetzt wirklich schon meine Träume manipulieren, Seiji?" "Aber natürlich!", kam es nur prompt zurück und brachte Natsuko damit sichtlich aus der Fassung.

Finster starrte sie ihn an, empört über seine Frechheit und Arroganz, die sie einerseits zur Weißglut brachten, aber die sie auch auf eine verrückte Art und Weise liebte. Dies gab ihr allerdings auch die Möglichkeit, ihn näher zu betrachten.
 

Obwohl es früher Morgen war, sah Seiji bereits unverschämt gut aus. Seine mittellangen, schwarzen Haare waren leicht hoch gestylt und er war bereits angekleidet. Er trug durchweg schwarze Kleidung, die an ihm unheimlich elegant aussah. Seiji machte sich deutlich mehr aus Mode, als Natsuko und manchmal fragte sie sich wirklich, wo er immer an diese schlichten, aber auf eine andere Art und Weise sehr auffällige Kleidung kam.

Mehrere Ketten baumelten ihn stylisch um den Hals. Ein schwarzes T-Shirt im schicken Gothic-Stil lag lässig an seinen Oberkörper, der, wie Natsuko nur zu gut wusste, definiert und durchtrainiert war. Eine eng anliegende Hose gab dem ganzen den Rest und zu Natsukos Überraschung hatte er bereits seine Straßenschuhe an, wofür sie ihn am liebsten geschlagen hätte. Er wusste doch mittlerweile sehr genau, dass Schuhe im Haus ein absolutes No-Go waren!

Erneut warf sie einen verstimmten Blick in seine Richtung, wofür sie leicht den Kopf strecken musste, da er einen ganzen Kopf größer war als sie, wenn nicht sogar mehr. Dabei musste sie sich immer wieder eingestehen, wie unglaublich gut Seiji aussah, als wäre er nicht von dieser Welt, was an sich irgendwie ironisch wirkte.

"Warum bist du überhaupt schon so früh wach? Normalerweise sieht man sich doch nie um diese Uhrzeit...?", Natsuko wand sich seufzend ab, es war sinnlos, mit Seiji über so etwas zu diskutieren. "Vielleicht wollte ich dich einfach sehen, Natsuko?", ein Lächeln erhellte seine Miene und er sah sie liebevoll mit seinen pechschwarzen Augen an. "Wer's glaubt...", schmollend drehte sich Natsuko um, "sag mir lieber den wahren Grund."

Seiji fuhr sich seufzend mit einer Hand durch das Haar und sagte schließlich: "Okay, gut, du hast mich erwischt. Ich muss heute noch zu einer Versammlung, deswegen bin ich um diese unliebsame Zeit schon wach. Du kannst dir sicher denken, worum es dabei geht..."

Sein schelmisches Grinsen war erloschen und er sah mit einem Schlag müde und erschöpft aus. Sein Haar sah etwas wirr aus, an der Stelle, wo seine Hand durchgefahren war, was seinem Aussehen allerdings keinen Abbruch tat. Eher verleite ihm das eine fast schon sinnliche Ausstrahlung.

Natsuko sah über ihre Schulter zu Seiji. Eine Versammlung, das konnte eigentlich nur eins heißen und sie fühlte sich zurückversetzt in die Zeit, als sie das erste und einzige Mal an solch einer Versammlung teilnahm. Damals, vor 2 Jahren...
 

Unsicher sah sich Natsuko um. Sie fühlte sich unwohl, wenn nicht sogar fehl am Platz. Sie wusste ganz genau, dass sie hier nicht sein durfte und eigentlich auch nicht sein wollte. Aber sie wusste auch, dass sie es tun musste, wollte sie mit Seiji zusammen bleiben.

Nervös sah sie zu den Mann zu ihrer Linken und sah zu ihm auf. Wieder spukte ihr die Frage im Kopf, wie es nur so weit kommen konnte? Hatte sie vor nicht einmal langer Zeit ein normales Leben geführt, sich mit ihren Problemen rumgeschlagen und hoffnungslos auf die letzten Schicksale geblickt, die sie ereilt hatten.

Gedankenverloren musterte sie den Mann, der konsequent nach vorne sah und keinen Einblick auf seine Stimmung preisgab. Auch wenn er entspannt und gelassen wirkte, so konnte sich Natsuko vorstellen, dass dies nicht der Fall war. Für ihn stand heute viel mehr auf dem Spiel, als für sie selber. Wieder einmal fiel ihr auf, wie ungerecht der Bund, den sie heute schließen wollte, verteilt war. Sie opferte kaum etwas, er nahezu alles.

Und doch konnte sie ihren Blick nicht von ihm nehmen, obwohl sie wusste, was sie hier tat. Er sah unverschämt gut aus in seinem schwarz-roten Anzug, den lässig nach hinten gegelten Haaren und dem wohlgeformten Körper. Womit hatte sie so etwas verdient?

Sie selbst hatte das Gefühl, neben ihm absolut unattraktiv zu sein. Ihr störrisches, blondes Haar wurde mit Mühe und Not zu einem großen Dutt zusammengefasst. Seiji hatte ihr das schönste Kleid in einem wunderschönem hellblau besorgt, dass sie je selbst tragen durfte, aber sie hatte das Gefühl, dass sie diesem nicht wirklich gerecht wurde. Sie war klein, da halfen auch die viel zu hohen Absätze ihrer Schuhe nichts, sodass das Kleid nicht so lag, wie es wahrscheinlich sollte. In ihren Augen lag es unelegant auf dem Boden, da es ihr zu groß für sie erschien, auch wenn Seiji gefühlt tausendmal beteuert hatte, dass es genauso aussehen musste. Zudem war sie nicht unbedingt mit Kurven gesegnet, was sie noch zierlicher wirken ließ, ja fast schon kindlich.

Sie trug auffälligen und offensichtlich sündhaft teuren Schmuck und sie war mehr geschminkt als üblich oder besser gesagt, überhaupt mal geschminkt. Normalerweise hielt sie nicht viel von Make-up. Und trotz all dieser teuren und schönen Sachen, hatte sie das Gefühl, dem Mann, der neben ihr stand, nicht gerecht zu werden.

Seiji sah so unfassbar gut aus, dass alle Mädchen sich immer nach ihm umdrehten, wenn sie zusammen unterwegs waren. Es war also nicht zu leugnen, dass sich Natsuko das alles nicht nur einbildete. Genau diese Tatsache hatte sie ihn am Anfang meiden lassen. Diese Tatsache hatte ihr aber auch dazu verholfen, stutzig zu werden und schließlich zu erkennen, was er wirklich war. Die Welt lag ihm zu Füßen und doch hatte er nur Augen für sie. Ob sie diese Tatsache beschämte oder sogar ehrte, wusste sie nie genau.

Als Seiji merkte, dass er angestarrt wurde, sah er lächelnd zu Natsuko runter. Sein Blick wurde weich, wie er es nur in ihrer Gegenwart wurde. "Bist du aufgeregt?", er strich vorsichtig mit einer Hand an ihrem Gesicht entlang, darauf bedacht, ihr Make-up nicht jetzt schon zu ruinieren, denn seine Berührungen waren hauchzart. "E..Ein wenig...", gab sie wahrheitsgetreu zurück. "Es ist alles gut, ich werde dich beschützen, egal was passiert", er beugte sich zu ihr runter und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn.

Dieser Satz, den er ihr schon so oft zugeflüstert hat. Er würde sie beschützen, das hatte er immer wieder beteuert und in Anbetracht, was für einer Situation sich Natsuko jetzt aussetzte, war das auch eigentlich nicht verwunderlich. Wenn sie in dieser Welt leben wollte, gemeinsam mit ihm, dann brauchte sie Schutz. Wieder fühlte sie sich klein und unbedeutend, schwach und hilfsbedürftig.

Bevor sie weiter ihren Gedanken nachjagen konnte, wurde die große Holztür vor ihnen geöffnet und gab einen beeindruckenden Altar frei, der fast schon wirkte wie eine Kirche. Die Tatsache, dass dies alles schon mehr wie eine Hochzeit aussah, trieb ihr augenblicklich die Röte ins Gesicht.

Der Raum war gefüllt mit einer absurd großen Menge an Leuten, von denen Natsuko keinen einzigen kannte. Abermals fühlte sie sich völlig deplatziert vor, was durch die tausenden Blicke, die nun auf ihr hafteten, nicht wirklich besser wurde. Seiji ließ sich davon scheinbar nicht beirren und zog sie vorsichtig, aber bestimmend, hinter ihr her durch den Raum.

Sein Blick war eisern nach vorne gerichtet, sein Gesichtsausdruck ernst, wenn nicht zu sagen kühl. Er wirkte wie ausgewechselt und Natsuko wurde klar, dass vor ihm nun das Wesen stand, was sie so lange versucht hatte zu verleugnen. Das war ein anderer Mann, ein anderer Seiji.

Sofort ging ein Raunen durch den Raum, aber das meiste war so unverständlich, dass Natsuko kaum ein Wort verstand. Plötzlich schrie jemand laut aus der hintersten Reihe: "Drecksmensch!" Natsuko zuckte erschrocken auf und suchte nach demjenigen, der das Gerufen hatte, konnte aber niemanden entdecken.

Kurz darauf merkte sie, wie sich der Griff um ihre Hand verstärkte, sodass es schon fast wehtat. Sie sah zu Seiji auf und erschrak über seine finstere Miene. Er musste sich sehr stark zurückhalten, um nicht sofort die Fassung zu verlieren. Wortlos zog er sie weiter, bis sie beim Altar angekommen waren.

Hier stand bereits ein Mann mittleren Alters und betrachtete sie abschätzig, besonders Seiji, wie Natsuko zur Verwunderung bemerkte. Offenbar war Seiji noch weniger gern hier gesehen, als sie, obwohl das ihr fast unmöglich erschien.

Seiji stellte sich ihr gegenüber und sah ihr tief in die Augen. Sein finsterer Gesichtsausdruck war einem leichten Lächeln gewichen. Nebenbei bemerkte sie, wie er ihr leicht mit dem Daumen über ihre Finger strich. Eine liebevolle Geste, die sie sehr schätze, da sie fast vor Nervosität starb.

Sie hatten unzählige Male geübt, was Natsuko zu tun und zu sagen hatte, doch nun, als es endlich soweit war, war ihr Kopf wie leer gefegt. Sie spürte, wie Panik in ihr aufstieg. Die Situation schien ihr aus den Händen zu gleiten. Ängstlich sah sie Seiji an, doch dieser erwiderte nur ruhig ihren Blick.

"Natsuko...liebst du mich?", seine Stimme war leise und voller Wärme. "Ja...", auch ihre Stimme war nur mehr ein Flüstern und sie war selbst von sich überrascht, wie schnell ihr diese Antwort über die Lippen gekommen war. "Schwörst du mir ewige Liebe?", er strich hier eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatte und sah ihr tief in die Augen. "Ja...", nun war ihre Stimme nur noch ein Hauchen, zu überwältigt war sie von ihren Gefühlen.

Sie liebte diesen Mann, so tief, dass sie es selbst nicht glauben konnte und dieser Mann, der so unerreichbar schien, liebte sie auch. Es kam ihr einem Wunder gleich. Dabei hatte sie das Gefühl, ihn grade erst kennengelernt zu haben. Woher kam also dieses Gefühl? Diese Tiefe? Sie wusste es nicht, aber das war in diesem Moment auch egal.

"Gut...", er beugte sich vor und umarmte sie fest, "dann ist es besiegelt. Im Austausch für deine ewige Liebe gebe ich dir mein Leben. Es liegt in deinen Händen!"

Danach legte er seine Lippen auf die ihren und küsste sie innig. Damit war der Schwur unter den Blicken aller Anwesenden besiegelt. Sollte Natsuko ihren geliebten Seiji je betrügen, müsste dieser sterben und Natsuko war sich sicher, dass es nie soweit kommen würde.
 

Sie war so in Gedanken versunken, dass sie gar nicht gemerkt hatte, dass Seiji hinter sie getreten war und von hinten umarmte. "Natsuko...", zärtlich flüsterte er ihren Namen in ihr Ohr. Natsuko schreckte indessen auf und sah überrascht zu ihm nach hinten.

Dann begann er plötzlich über ihren Hals zu lecken und zog tief ihren Duft ein: "Du bist wirklich unwiderstehlich, Natsuko..." "W..was...?", erschrocken weiteten sich ihre Augen und sie sah ihn ängstlich an. "Dein Puls rast...", er fing leicht zu kichern an und heißer Atem fiel auf ihren Hals.

Panisch fing sie an sich zu winden, doch sie wusste bereits, dass sie ihm hilflos ausgeliefert war. Wie ein dummes Tier, das in eine offensichtliche Falle gelaufen war.

Seijis schwarzen Augen begannen plötzlich rot aufzuglühen, sein Mund öffnete sich und spitze Fangzähne kamen zum Vorschein. Langsam, fast schon zärtlich vergruben sie sich in ihre zarte Haut. Ein stechender Schmerz durchzuckte Natsuko und sich versuchte halbherzig, sich loszureißen, aber ohne Erfolg.

Seiji fing genüsslich das Blut auf und seufzte erfreut. Natsuko konnte das Geräusch hören, als er einzelne Schlucke tat und eine Gänsehaut durchfuhr sie. Es war ein grausames Geräusch, an das sie sich wohl nie gewöhnen würde.

Dann leckte er über die frische Wunde, die erstaunlicherweise sofort aufhörte zu bluten und hob wieder leicht den Kopf. "Köstlich", verkündete er erfreut und leckte sich die blutverschmierten Lippen. Dann wirbelte er Natsuko rum und legte seine blutigen Lippen auf Natsukos. Diese schmeckte das frische Blut und eine Welle der Übelkeit überkam sie beim Geschmack von Eisen. Ihre Beine begannen zu zittern und sie drohte jeden Moment umzukippen. Bevor dies geschehen konnte, hatte Seiji sie bereits in seine Arme genommen und drückte sie fest.

Dann leckte er verführerisch über ihr Ohr und flüsterte in dieses: "Du bist wirklich absolut unwiderstehlich." Seine Stimme war betörend, wollte sie geradezu verführen. Natsuko versuchte derweil noch gegen den Schmerz anzukämpfen und wieder Kraft in ihre Beine zu bekommen. Sie fühlte sich schwach.

"Idiot...", murmelte sie nur leise. "Daran gewöhnst du dich nie, was?", er kicherte leicht und beugte sich wieder runter, um abermals über die Wunde zu lecken, die leicht brannte unter seinen Berührungen. Wütend stieß Natsuko ihn plötzlich von sich und wäre beinahe selbst umgefallen, da sie immer noch keine Kraft in ihren Beinen hatte.

Seiji sah sie verdutzt an. "Daran will ich mich auch gar nicht gewöhnen...", Natsukos Stimme zitterte leicht und sie ballte ihre Hände zu Fäusten, "ich mag das nicht! Ich will das nicht mehr!"

Es war ihr tiefstes Begehr. Der Schmerz, das widerliche Geräusch, wenn er von ihr trank. Alleine der Gedanke, dass sie ihn nährte, warfen sie innerlich so oft auf, dass es ihr nun zu viel wurde. Sie wusste, was er war und auch, dass er nur so überleben konnte und doch weigerte sich ihr menschlicher Verstand, ihr Überlebenstrieb, das zuzulassen.

Sie liebte diesen Mann, aber ob sie genügend Zuneigung für das Monster dahinter entwickeln konnte, das wusste sie selbst nach 2 Jahren nicht. Eine unverantwortliche Geste, in Anbetracht des Schwurs, den sie ihm gegenüber geleistet hatte.

Getroffen und immer noch ein wenig verärgert sah sie ihr Gegenüber an, versuchte herauszufinden, was er empfand. Doch Seiji taumelte nur plötzlich ein paar Schritte zurück, ein tiefes Seufzen entkam seiner Kehle. Danach hielt er sich schmerzerfüllt die Brust und sank schließlich kraftlos auf die Knie.

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Erschrocken schnappte Natsuko nach Luft und sah verwirrt zu Seiji: "W..was..?" Seiji indessen hielt sich verkrampft die Brust und verzog schmerzerfüllt sein Gesicht. Sein Atem ging stoßweise. Langsam hob er den Blick und sah Natsuko direkt in die Augen: "Weiß mich nicht zurück...du weißt doch, dass mein Leben in deinen Händen liegt."

Natsukos Augen weiteten sich vor Schreck. Sie hätte es besser wissen müssen. Sollte sich ein Vampir in einen Menschen verlieben, so muss er, ohne zu zögern, einen Pakt mit ihm schließen, um mit ihm zusammen sein zu dürfen. Wenn sie ihre Liebe verraten würde, so müsste Seiji sterben.

Er war zu diesem Opfer von Anfang an bereit und Natsuko hatte diese Gefühle mit Füßen getreten. Welch große Verantwortung sie ihm gegenüber hat, was es für ihn bedeutete, sich für sie entschieden zu haben. All das wusste sie und trotzdem hatte sie ihn zurückgewiesen, aus purem Egoismus.

Hastig ging sie auf die Knie und schloss Seiji in ihre Arme: "Es tut mir Leid...verzeih mir..." Seiji legte seufzend seinen Kopf gegen Natsuko.

Sein Herz schmerzte immer noch, hatte es sich vor wenigen Sekunden noch krampfhaft zusammengezogen. Ein Schutzmechanismus des Paktes, der ihn vor einem plötzlichen Tod bewahren sollte. Eine lächerliche Tatsache, in Anbetracht, dass man nicht mehr viel retten konnte, wenn eine Beziehung in die Brüche ging. Immer wieder wurde ihm bewusst, was dieser Pakt wirklich war und doch wollte er diese Worte nach wie vor nicht aussprechen.

Stattdessen schmiegte er sich an sie, spürte ihr Herz rasen und witterte ihren wunderbaren Duft. Ihre Wärme gab ihm Halt und doch brannte ihn eine Frage auf der Seele: "Natsuko...ich weiß, dass diese Frage wohl unnötig scheint, aber ich muss es dennoch wissen. Liebst du mich überhaupt noch?"

Er sah ihr direkt in die Augen. Sein Blick spiegelte all sein Leid, all seine Hoffnung wider und Natsukos Antwort würde entscheiden, ob er in diesem Moment zu zerbrechen drohte. Dass sie ihn nicht lieben könnte, war eigentlich undenkbar, würde er dann schon sich winden auf dem Boden seinem Ende entgegensehen. Und doch war da dieser stetige Zweifel, diese Todesangst, die sein ständiger Begleiter war. Ja, der Tod begleitete ihn auf Schritt und Tritt und er hatte dieses Schicksal selbst gewählt.

Natsuko war allerdings so überrumpelt von der Frage, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Hatte Seiji sie das wirklich grade gefragt? Wie konnte er überhaupt daran denken? Trotz ihrer Empörung musste sie ihm antworten, seine Blicke schienen sie schon geradezu zu durchbohren. Und obwohl die Antwort doch so leicht war, brachte sie keinen Ton über ihre Lippen.

Seiji wartete noch einen quälend langen Moment, dann stand er abrupt auf und stürmte aus dem Haus.
 

Natsuko blieb völlig perplex auf dem Boden sitzen. Sein verletzter Blick ging ihr durchs Mark, hatte er so viel von ihm preisgegeben. Eine pure Angst, die sie von ihrem Liebsten so noch nicht gekannt hatte. Ihr Körper wollte sich nicht rühren, obwohl sie sich im Kopf selbst anschrie, sich endlich in Bewegung zu setzen. Sie musste ihm hinterher, sie musste bei ihm sein.

Wütend stieß sie einen Schrei aus, wütend über ihre eigene Unfähigkeit. Dann sprang sie mit Elan auf und rannte Seiji hinterher. Dass sie nach wie vor nur ihr dünnes Negligé trug, war ihr in dem Moment egal. Sie durfte keine Zeit verlieren, jetzt durfte Kleidung keine Rolle spielen.
 

Einige Meter später stand sie ratlos auf der Straße. Der kalte Wind peitschte unangenehm auf ihrer fast nackten Haut. Kleine Steine bohrten sich in ihre nackten Fußsohlen, hatte sie in der Eile nicht einmal Schuhe angezogen. Ihre Haare hingen ihr bereits nach wenigen Sekunden wirr im Gesicht und sie versuchte sie energisch aus diesem zu streichen.

Seiji war nirgends mehr zu sehen. Es war töricht zu glauben, dass ein Mensch ohne Weiteres einen Vampir einholen könnte. Allerdings wusste sie, dass er heute zu dieser Versammlung musste, also war ihr eigentlich klar, wohin sie musste, auch wenn ihr der Gedanke ganz und gar nicht gefiel.

Sie machte auf dem Absatz kehrt und lief zu einer alten Hütte, nicht unweit von ihrer Wohnung.
 

Vor dem alten Gemäuer blieb sie kurz stehen, um Luft zu holen. Der Garten war ungepflegt, die Fassade begann bereits zu bröckeln und ein Fenster im Erdgeschoss war sogar zerstört.

Als sei es ihr eigenes Haus öffnete sie die nicht verschlossene Tür und wurde von dem modrigen Geruch des Hauses fast erschlagen. Überall lag Staub, die wenigen Möbel waren von weißen Lacken bedeckt und in allen Ecken hingen riesige Spinnweben. Jedem wäre bei diesem Anblick klar gewesen, dass dieses Haus seit Ewigkeiten nicht mehr bewohnt war. Und doch war noch ein gewisser Hauch vorhanden, der vermuten ließ, wie es hier wohl einmal ausgesehen haben könnte. Ein großes Haus, dass in dieser Gegend vielleicht sogar ein kleines Vermögen gekostet hätte und einer kleinen Familie sicher ein schönes Zuhause hätte geben können. Doch Natsuko wusste, dass sich keiner mehr hierher verirren würde, zumindest nicht, wenn er an seinem Leben hing.

Natsuko holte ein wenig Luft, bis sie sich an den modrigen Geruch gewohnt hatte und eilte dann ohne weitere Zeit zu verlieren die morsche Holztreppe hoch. Das alte Holz knarzte gefährlich unter ihren nackten Füßen und Splitter bohrten sich in ihr Fleisch, aber das war ihr in diesem Moment egal. Sie hatte keine Zeit zu verlieren und hier erhoffte sie sich die einzige Hilfe, die sie in ihrer Situation noch erhalten konnte.

Vor dem hintersten Raum im Obergeschoss, welches genauso heruntergekommen war wie der Rest des Hauses, blieb sie stehen. Sie holte nochmals tief Luft und öffnete die Tür.
 

Der Raum war genauso trostlos wie das, was sie bisher gesehen hatte. Ein staubiges Bett, ein großer Sessel, sonst nichts. Obwohl sie es besser wusste, hätte man annehmen können, dass auch dieses Zimmer nicht benutzt wurde. Schaute man allerdings genauer hin, konnte man erkennen, dass ein wenig Staub bei dem Bett und auch dem Sessel abgetragen war. Das Licht, das durch das einzige Fenster im Raum schien, hinterließ einen Strahl, in dem Staubflocken tanzten. Vor dem Fenster konnte sie eine Silhouette erkennen.

Als sie eintrat, drehte sich die Person um. Sie war viel größer als Natsuko, was nicht unbedingt ein Wunder bei ihrer Größe war und fast schon mager. Die weißen Haare standen ihm wirr vom Kopf ab und sein Gesicht wurde von einer löchrigen, schwarzen Maske verdeckt. Er sah älter aus, als er wahrscheinlich sollte. Obwohl sie mit dieser Annahme bei ihnen wohl lieber etwas vorsichtiger sein sollte. Seine tiefschwarzen Augen musterten sie neugierig. Er machte weder Anstalten, zu ihr zu gehen, noch etwas zu sagen, sondern starrte sie einfach nur an.

"Kazuya...", etwas außer Atem ergriff Natsuko das Wort und ging ein paar Schritte auf den Mann zu, "ich brauche deine Hilfe!" Der Mann namens Kazuya legte seinen Kopf leicht schief und musterte sie von Kopf bis Fuß. Sie musste einen erbärmlichen Eindruck hinterlassen in ihrer Schlafrobe, den zersausten Haaren und den blutigen Füßen.

"Natsuko", fand er endlich seine Stimme, eine tiefe, kräftige Stimme, die so gar nicht zu seinem hageren Äußeren passte, "was ist denn nun wieder passiert? Du siehst...schrecklich aus." Natsuko ignorierte seine eher weniger charmanten Worte und kam gleich zur Sache: "Ich muss in die Vampirwelt, jetzt sofort! Du musst mir sagen, wie ich dort hinkomme!" Überrascht zog Kazuya seine Augenbrauen nach oben und sah Natsuko perplex an.

"Die Vampirwelt? Ich wüsste nicht, was du dort verloren hättest...", er schüttelte resigniert den Kopf und sah sie ungläubig an. "Es ist wegen Seiji...er...", Natsuko fand nicht die richtigen Worte, wie sollte sie das erklären, "er ist sich meiner Liebe nicht mehr sicher und du weißt selber am besten, was das bedeutet. Ich muss ihn finden und dieses Missverständnis aufklären!"

Sie sah ihn flehend in die Augen. Sie wusste, dass Kazuya ihre einzige Hoffnung war. Schon so oft war sie in den 2 Jahren bei ihm eingefallen und hatte um Hilfe gebeten, da es ihr bis heute nicht gelungen war, die Vampire in ihrer Gänze zu verstehen. Ständig machte sie was falsch oder Seiji verstand die einfachsten menschlichen Sitten nicht.

Kazuya kannte sie schon lange und obwohl er auch ein Vampir war, fürchtete sie ihn nicht. Seine kühle, besonnene Art machte es ihr leicht, ihn nahezu alles zu fragen. Manchmal kam sie sich ein wenig naiv vor, wie schutzlos sie sich ihm selbst aussetze, aber Kazuya hatte sie noch nie enttäuscht.

Er hörte ihr zu, gab ihr hier und da einen Rat, mehr nicht. Mit großem Abstand und gespielten Desinteresse war er für sie da und auch wenn sie schon so oft davor stand, ihn zu fragen, warum er das alles tat, so hatte sie es bis heute nie geschafft. Vielleicht tat er es Langeweile, vielleicht lag ihm wirklich etwas an ihr. Kazuya zu verstehen schien so gut wie unmöglich. Und doch vertraute sie ihn bis zu einem gewissen Grad und auch Seiji hatte es mittlerweile akzeptiert, dass sie zu ihm ging. Scheinbar stufte er ihn nicht weiter als Gefahr ein.

"Nur wegen so einer Banalität kommst du zu mir?", Kazuya schüttelte ungläubig den Kopf. Er konnte das Mädchen nicht verstehen und wollte es auch nicht wirklich. Wie sie sich wegen so einer Sache so aufregen konnte, war ihm ein Rätsel. "Das ist keine Banalität!", wand Natsuko laut ein und Kazuya erschrak leicht. Normalerweise hatte er Mühe, das ruhige und schüchterne Mädchen zu verstehen. Dass sie nun so laut wurde, verwirrte ihn.

Er kannte sich sehr gut mit dem Bund aus, wie nahezu jeder Vampir. Und so wusste er auch genau, dass Seiji in keiner großen Gefahr schwebte. Alleine die Tatsache, dass Natsuko vor ihm stand und ihn um so eine Dummheit bat, war schon Antwort genug. Das bisschen Schmerz, den er durch die Zweifel wohl zu erleiden hatte, gönnte er ihm sogar ein wenig.
 

"Dort wimmelt es von S- und A-Rang Vampiren. Ein einzelner Mensch wäre innerhalb von Sekunden tot. Das ist ein Selbstmordkommando", er winkte halbherzig ab und drehte sich wieder zum Fenster, für ihn war dieses Gespräch beendet.

"Kazuya...", sie sah ihn schockiert und traurig an. So sollte es enden? Sie sollte einfach herumsitzen und nichts tun? Plötzlich ließ sie sich auf die Knie fallen und vollführte eine tiefe Verbeugung: "Bitte, Kazuya. Du bist meine einzige Hoffnung, ich kann sonst niemanden fragen. Ich weiß nicht, was ich tun soll..."

Erschrocken drehte Kazuya sich um und musterte sie irritiert. Wieso war dieses Menschenmädchen bereit, so viel zu tun? Manchmal fragte er sich, wie viel Seiji ihr eigentlich bezüglich des Paktes erzählt hatte. Innerlich würde es ihn nicht besonders wundern, hätte er ihr die wichtigsten Dinge verschwiegen. Das arme Mädchen musste ja vor Sorge sterben, wenn sie jedes Mal dachte, er würde tot umfallen, wenn sie nur ein paar unbedeutende Zweifel hatte.

Er stieß einen leises Seufzer aus, kramte dann in seiner Hosentasche und bereute seine nächste Tat jetzt schon. Ohne ein weiteres Wort warf er Natsuko einen Schlüssel vor die Füße. "Die Stadtgalerie, der große Standspiegel, dort kannst du ihn benutzen.", er blickte wieder aus dem Fenster, "geh. Bevor ich es mir noch anders überlege."

Überrascht blickte Natsuko auf den Schlüssel vor ihr, griff eilig nach ihm und stand auf. Sie wusste, dass sie sich auf Kazuya verlassen konnte, so, wie es bisher immer der Fall war. Wieder einmal wurde ihr klar, wie sehr sie seine Bekanntschaft schätzte und wie sehr sie ihr half. Kazuya war ihr wirklich in der ganzen Zeit schon ein wertvoller Freund geworden, auch, wenn er sie wohl weniger so sah.

Bevor sie ging, bedankte sie sich mit einer tiefen Verbeugung und rannte hastig aus dem alten Haus.
 

Ohne Umschweife lief sie zur Stadtgalerie. Zum Glück war diese nicht weit weg und so musste sie in ihrem fragwürdigen Outfit nicht einen allzu weiten Weg zurücklegen. Der Wächter am Eingang der Galerie musterte sie zwar verwirrt, ließ sie aber ohne ein Wort passieren. Die Stadtgalerie war im Grunde für alle offen zugänglich und so wie sie im Moment aussah, vermutete er hinter ihr wahrscheinlich eine Ausreißerin und hatte wohl Mitleid mit ihr.

Darüber konnte sie sich allerdings keine Gedanken machen und suchte sofort den Raum mit dem großen, alten Standspiegel. Das Glück war ihr hold und so waren um die Uhrzeit kaum Menschen in der Galerie und der Raum mit dem Spiegel war sogar menschenleer.

Ratlos untersucht Natsuko den Spiegel, in der Hoffnung irgendwo ein Schlüsselloch zu finden, aber es war nirgends eine Spur davon. Immer verzweifelter umrundete sie den Spiegel, suchte und suchte. Als sie auch nach mehrmaligen Umrunden nichts finden konnte, warf sie frustriert den Schlüssel gegen den Spiegel.

Wieso war sie so dumm und hatte nicht weiter nachgefragt? Natürlich war ein magisches Portal nicht einfach so mit einem offen ersichtlichen Schlüsselloch versehen. Wie naiv kann man eigentlich sein?

Der Schlüssel schlug gegen den Rahmen des Spiegels und glitt daran runter. Die Stelle, die der Schlüssel berührte, begann plötzlich sich zu verändern und gab, zu Natsukos Überraschung, ein Schlüsselloch preis. Fast hätte sie vor Freude geschrien, konnte sich aber noch zügeln, da sie kein Aufsehen erregen wollte und hob hastig den Schlüssel wieder vom Boden auf. Ungeschickt schob sie ihn in das Schlüsselloch und drehte ihn.

Das Glas des Spiegels verschwand auf wundersame Art und Weise und wich einem Gewabber aus Rot und Schwarz. Panisch drehte sie sich schnell um, hätte sie keine plausible Erklärung gehabt, wenn sie jemand dabei beobachtet hätte, aber es war nach wie vor keiner zu sehen.

Langsam drehte sie sich wieder zu dem Spiegel und betrachtete diesen skeptisch. Zögerlich legte sie eine Hand auf die schwarz-rote Masse, welche eiskalt war. Sofort wurde ihre Hand eingezogen und ehe sie reagieren konnte, war sie auch schon ganz verschwunden. Das schwarz-rot des Spiegels verschwand und der Spiegel nahm wieder seine alte Form und Farbe an.

danger (Gefahr)

Unsanft fiel Natsuko auf der anderen Seite des Spiegels auf den Boden. Schmerzend rieb sie sich ihr Hinterteil und schaute verwirrt nach oben. Ihre Haut war nach der Reise durch das eiskalte rot-schwarz selber ganz kalt geworden. Fröstelnd rieb sie sich ihre nackten Arme und wand den Blick nach vorne. Vor ihr erstreckte sich eine schier riesige Festung. Die Welt um sie herum war düster, kein einziger Lichtstrahl erhellte die Umgebung. Der Himmel war ein Gemisch aus schwarz und rot. Einige knorrige, alte Bäume standen ohne besondere Anordnung in der weitläufigen Umgebung. Das erste Wort, das Natsuko bei diesem Anblick einfiel war: trostlos.

Ja, diese Welt war ganz und gar trostlos. Die Vorstellung, in solch einer Welt aufzuwachsen oder gar zu leben, bereitete ein ungutes Gefühl in ihr. Sie könnte hier niemals leben, was ihr aber wieder klar machte, dass sie ein Mensch war. Kein Mensch, den sie kannte, würde die Umgebung hier als schön empfinden. Ein kalter Windhauch ließ sie frösteln in ihrer mehr als spärlichen Kleidung. Zitternd stand sie auf und legte ihren Blick völlig auf die riesige Festung.

Sie war sich nicht sicher, aber sie würde fast meinen, dass es dieselbe war, wo sie bereits vor 2 Jahren schon einmal war. Von außen hatte sie sie aber noch nie gesehen. Sie ragte weit in den Himmel und sie war alt, sehr alt. Trotzdem war sie erstaunlich gut erhalten und wirkte dadurch, wie ein altes Schloss im Mittelalter der Menschen. Trotz der trostlosen Umgebung fand sie die Festung wunderschön. Einige wenige Fackeln erhellten die nahe Umgebung der Festung und ließen tanzend Schatten auf die Mauern fallen. Zögerlich ging Natsuko ein paar Schritte auf die Festung zu und als sie direkt davor stand, öffnete sich das riesige Eingangstor fast wie von Zauberhand.

Etwas perplex starrte sie auf das sich langsam öffnende Tor. Eigentlich hatte sie geplant, ganz still und heimlich hier einzudringen. Da sich das Tor aber nun schon geöffnet hatte, betrat sie die Festung. Unsicher sah sie sich dort um. Zu ihrer Erleichterung war niemand zu sehen. Kazuyas Worte kamen ihr wieder in den Sinn, der meinte, dass sie hier ein Selbstmordkommando startete und nun, da sie bereits so weit gekommen war, durfte sie diese Worte auf keinen fall wahr werden lassen.

Das Innere der Festung war prächtig. Sie stand in einer riesigen Eingangshalle. Vor ihr erstreckte sich eine ebenso riesige Treppe, die sich in der Mitte nach links und rechts teilte. Links und rechts von ihr erstreckten sich lange Gänge. Die Treppen waren mit einem langen, roten Teppich ausgelegt, der goldene Verzierungen trug. Überall schimmerten Kerzenleuchter, sodass überall Schatten von den Flammen tanzten. Natsuko spürte keine Angst. Sie war einfach nur völlig verzaubert von dem Anblick. Noch nie war sie in solch einem prächtigen Anwesen gewesen. Auch damals, vor 2 Jahren, hatte sie nur den Raum mit Altar zu sehen bekommen. Dass der Rest der Festung von solch einer Schönheit war, wusste sie zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Sie musste sich selbst etwas zwingen, sich aus ihrer Starre zu lösen und ging etwas weiter in die Halle rein. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie Seiji überhaupt finden sollte. Die Festung schien unendlich riesig und sie kannte sich hier nicht aus. Die Chance, bis dahin keinem Vampir über den Weg zu laufen, waren dazu noch gleich null. Es genügte nur einer und die Reise wäre für sie an dieser Stelle beendet gewesen. Wie als Beweis hörte sie plötzlich ein Stimmengewirr von oben. Eine Gruppe erschien aus dem rechten Gang, oberhalb der Treppe.

Panisch sah sich Natsuko um, in der Hoffnung ein geeignetes Versteck zu finden. Hastig lief sie in den Gang zu ihrer linken und versteckte sich hinter einem übergroßen Blumentopf, aus der eine seltsame lila-schwarze Pflanze wuchs. Mit angehaltenem Atem beobachtete sie die Gruppe, die nun die Treppe runter stieg. Ungläubig starrte sie sie an.

Alle sahen so aus, als ob sie direkt aus einer Modelagentur entsprungen waren oder irgendwelche berühmten Schauspieler. Sie sahen alle unglaublich gut aus und Natsuko fühlte sich an Seiji erinnert. Sahen etwa alle Vampire so unverschämt gut aus? Wieder musste sich Natsuko fragen, was Seiji von ihr wollte, wenn er solch eine Auswahl direkt vor seiner Nase hatte. Sie konnte bei weiten nicht damit mithalten. Während sie noch ihren Gedanken nachhing, merkte sie plötzlich schockiert, dass sich die Gruppe auf den Gang zubewegte, in dem sie sich befand. Panisch sah sie sich wieder um, merkte aber schnell, dass keine weitere Möglichkeit gab, sich zu verstecken. Sie presste sich fester an den Blumentopf und kniff die Augen zusammen. Wäre sie doch bloß nicht hierhergekommen.
 

Grade als sie sich mit ihrem Schicksal abfinden wollte, legte ihr jemand eine Hand auf den Mund und zerrte sie von dem Blumentopf weg. Natsuko versuchte sich zu wehren und sträubte sich heftig gegen die unbekannte Person. Doch diese zog sie nur unermüdlich weg und verschwand mit ihr in das erste Zimmer des Ganges. Sie hörte noch hinter sich ein Klicken, die Tür wurde zugesperrt.

Erst dann wurde sie losgelassen und sie konnte sich zu ihrem Retter umdrehen. Ein junger Mann stand vor ihr und lächelte belustigt, als sie anfing ihn zu mustern. Sein orange-rotes Haar war mit einem Haargummi zusammengebunden und er sah sie mit seinen blau-grünlichen Augen interessiert an. Er war einen guten Kopf größer als sie und sie vermutete, dass er ungefähr so groß wie Seiji sein musste. Sein schlanker Körper war komplett in schwarz gekleidet. Ein schwarzer Pullover, der ihm viel zu groß war, hing locker von seinen Schultern. Auch er sah unverschämt gut aus und Natsuko ahnte schlimmes.

"W..wer bist du...?", ihre Stimme war brüchig und sie musste sich bemühen, nicht die Fassung zu verlieren. "Nenn mich Gorou", der Mann lächelte sie an, "aber, was macht ein Mensch denn hier?" Natsukos Blut gefror in ihren Adern. Natürlich war derjenige vor ihr ein Vampir. Hatte sie wirklich etwas anderes erwartet? Mitten in der Vampirwelt? Wie töricht. Jetzt konnte sie nur noch ein Wunder retten. Als Natsuko keine Antwort gab, ging Gorou einen Schritt auf sie zu und sah ihr direkt in die Augen: "Wie lautet dein Name?"

Seine Stimme war ruhig und sein Lächeln freundlich. Eine kleine Hoffnung keimte in ihr auf. Vielleicht wollte er ihr gar nichts tun? "Natsuko...Natsuko Suzuwa", stellte sie sich schüchtern vor und erwiderte seinen Blick. "Natsuko?", überrascht weiteten sich seine Augen und er musterte sie nun von oben bis unten. Erst jetzt kam ihr wieder in den Sinn, dass sie ja nur ihr Negligé anhatte und schlang beschämt die Arme um sich. "Etwa DIE Natsuko?", sprach Gorou nun weiter und Natsuko sah ihn verwirrt an. Was meinte er damit?

"Bist du etwa die Menschenfrau, die sich Seiji Akasawa hält?", Gorou gewann sein Lächeln wieder und griff mit einer Hand nach ihrem Kinn und drehte ihren Kopf interessiert hin und her, als sei sie ein seltenes Tier. "Seiji? Woher...?", Natsuko konnte ihre Verwirrtheit nun nicht mehr zurückhalten. Kannte dieser Mann etwa Seiji? Woher? Sie hatte nie und nimmer damit gerechnet, dass die Sprache auf Seiji fallen würde.

Anhand ihrer Reaktion klatschte Gorou erfreut in die Hände und strahlte über das ganze Gesicht. "Oh Mann, heute muss mein Glückstag sein! Du bist es wirklich! Die Frau, die Seiji Akasawas Herz gestohlen hat!", flammende Begeisterung war in seinen Augen zu sehen und Natsuko wusste nun gar nicht mehr, was sie machen sollte. Wieso freute sich dieser Typ so darüber, dass sie Seijis Freundin war? "Ich verstehe nicht ganz...", sie sah ihn verwirrt an.

"Du bist berühmt hier oder besser gesagt ihr zwei. Es kommt eigentlich nie vor, dass ein so hochrangiger Vampir wie Seiji sich mit einem Menschen zusammentut. Ihr wart die Sensation der letzten Jahre!", er sprach mit solch einer Euphorie, dass Natsuko schon befürchtete, dass er sie jeden Moment um ein Autogramm fragen würde. "Ist das denn so eine Seltenheit...?", fragte sie sichtlich verwirrt.

Sie wusste zwar, dass es nicht üblich war, dass ein Vampir mit einem Menschen zusammen war, aber dass fremde Vampire deswegen so aus dem Häuschen gerieten, hatte sie nicht erwartet. "Und ob das eine ist!", Gorou weitete theatralisch die Hände über seinen Kopf, "und besonders bei so jemanden wie Seiji. Der eiskalte Seiji, vom hohen Clan der Akasawas, der noch jeden kalt gemacht hat, der ihm zu nahe getreten ist. Und ausgerechnet dieser Seiji Akasawa soll mit einem Menschen liirt sein? Und dazu noch den Bund eingegangen sein? Ich dachte, ich falle lachend vom Stuhl, als ich das hörte!" Gorou fiel in ausgelassenes Gelächter und Natsuko wusste nicht, was sie erwiedern sollte.

Es gefiel ihr nicht, dass sie so als Witzfigur dargestellt wurde. Schweigend sah sie zu Boden, sie wollte so schnell wie möglichst weg hier. Ihr Hoffung wuchs, dass dieser Gorou ihr nichts antat. Wenn er solch eine Ehrfurcht vor Seiji hatte, dann ließ er sie vielleicht sogar in Ruhe.

"Aber, sag mal, Natsuko...", Gorous Stimmung fiel mit einem Schlag und er sah sie ernst an, "weißt du überhaupt, worauf du dich da eingelassen hast? Kennst du überhaupt Seijis Familie?" Verwirrt, von dem plötzlichen Stimmungsumschwung, musterte sie ihn irritiert.

Seijis Familie? Sie hatte keine Ahnung von seiner Familie. Er hatte noch nie ein Wort darüber verloren und fragen wollte sie ihn auch nicht. Sie hatte das Gefühl, dass sie das nicht durfte, wusste aber auch nicht, warum.

"An deine Reaktion erkenne ich, dass er dich da völlig im Dunkeln gelassen hat", Gorou verschränkte seine Hände hinter seinen Kopf und musterte sie amüsiert, "dann wird das sicher noch interessant." "Was meinst du damit?", endlich hatte Natsuko ihr Stimme wiedergefunden und ging einen kleinen Schritt auf Gorou zu. "Die Akasawas sind die angesehenste Familie seit jeher in der Vampirwelt, da ist kein Platz für einen kleinen Menschen wie dich", Gorou musterte sie plötzlich mit solch einem kalten Blick, dass sie fröstelte.

Dann ging er einen Schritt auf sie zu und zog sie zu sich ran. "Mal davon abgesehen, dass mir deine respektlose Art mir gegenüber gar nicht schmeckt", er funkelte sie finster an. Es war so, als ob plötzlich ein anderer vor ihr stehen würde und mit einem mal spürte sie Angst in sich aufsteigen. "Ich frage mich, was Seiji an einer wie dir findet", abschätzig sah er sie an und runzelte die Stirn, "ist dein Blut vielleicht so unwiderstehlich?" Ein Grinsen legte sich auf seine Lippen und Natsuko gefror das Blut in den Adern.

Spätestens jetzt wusste sie, in was für eine Situation sie nun geraten war. Gorou indessen verstärkte seinen Griff um sie und beugte sich runter zu ihrem Hals. Anrüchig leckte er über diesen und Natsuko spürte seinen heißen, ungeduldigen Atem auf ihrer Haut. Heftig versuchte sie sich zu wehren, hatte aber keine Chance gegen den Vampir. In der nächsten Sekunde hatte Gorou seine Zähne schon grob in ihren Hals geschlagen und sie schrie vor Schmerz auf.

Seiji versuchte immer, so zärtlich wie nur möglich zu sein, doch dieser Mann, dieser Vampir vor ihr nahm keinerlei Rücksicht. Gierig saugte er sie aus und ihr strampeln wurde immer weniger, bis es schließlich völlig erstarb. Sie spürte, wie die Kräfte sie verließen. Ihr wurde kalt und sie wusste, dass dies ihr Ende sein würde. Tränen liefen ihr Gesicht herunter und in einem letzten, verzweifelten Versuch schrie sie aus voller Kehle seinen Namen: "Seiji!"

Forever mine (für immer mein)

Plötzlich hörten sie ein Knacken hinter sich und Gorou schreckte auf, seine Zähne lösten sich unangenehm von ihrem Fleisch, als er den Kopf drehte. Natsuko öffnete schwach ihre Augen und sah zur Tür. Die Wand um die Tür bekam Risse und Sekunden später sprang die Tür aus der Fassung und knallte wenige Zentimeter neben den Beiden gegen die Wand. Hätte sich auch nur einer von ihnen kurz bewegt oder hätte anders gestanden, wäre das sicher ihr Ende gewesen.

Eine unheimliche Aura erfüllte den Raum und blutrote Augen starrten die Beiden an. Die Temperatur im Raum sank gefühlt um einige Grad. Gorous Gesicht verzog sich vor Angst zu einer Fratze, als hätte er ein Monster gesehen.

"Gorou", ein tiefes Knurren kroch aus der Kehle der Person. Natsukos Blick hingegen wurde weich und immer mehr Tränen strömten aus diesen. Er war es. Er war wirklich gekommen.

"Seiji...", schwach wisperte sie seinen Namen. Seiji ging wutentbrannt zu den Beiden und riss Gorou von Natsuko weg. Dann packte er ihn am Kragen und schob ihn die nächstbeste Wand hoch. Mit mordlustigen Augen sah er ihn an: "Das wirst du mit deinem Leben bezahlen, Gorou..." Dieser zerrte an Seijis Hand und versuchte verzweifelt sich loszureißen. Von seinen Mundwinkeln tropfe noch Natsukos Blut, die Panik war ihm ins Gesicht geschrieben.

"Seiji...nicht, bitte...", verzweifelt sah er Seiji in die Augen, er bot einen jämmerlichen Anblick. Seiji hingegen grub seine Finger so fest in Gorous Hals, bis er blutete. Seine Augen waren kalt, eiskalt.

Natsuko fröstelte bei dem Anblick. So kannte sie Seiji nicht und sie verspürte mit einem Mal Angst. Angst vor ihrem eigenen Freund. Vor ihr stand nicht der liebevolle Freund, der für sie alles tun würde. Vor ihr stand erneut das Monster, an das sie sich wohl nie gewöhnen würde.

"Seiji...nicht...", sie griff nach seinem Arm, wollte ihn abhalten, von dem was er vorhatte. Sie wusste selbst nicht, warum sie das tat. Gorou hätte sie fast getötet und doch wollte und konnte sie nicht mit ansehen, wie Seiji jemand tötete. Sie wusste, dass sie sich von diesem Anblick nie wieder erholen würde.

"Natsuko, sei still", er warf ihr einen eiskalten Blick zu und sie stolperte ein paar Schritte zurück. Wer war das? Das konnte nicht Seiji sein, oder? Sie begann zu zittern und ihr stiegen wieder Tränen in die Augen.

"Du hast es gewagt, Hand an meinen Besitz zu legen...", gefährlich ruhig flüsterte er Gorou ins Ohr, der vor Schreck die Augen weitete, "...dadurch hast du dein Leben verwirkt." Er hob seine Hand, doch bevor er Gorou vernichten konnte, klappte Natsuko zusammen und landete unsanft auf dem Boden.

Seiji schien einen Moment zu brauchen, um zu realisieren. Kurz vor Gorous Brust, in der Höhe seines Herzens, blieb seine Hand schlagartig stehen und er sah erschrocken zu Natsuko, die unbewegt am Boden lag. Achtlos ließ er Gorou los, der mit einem leichten Seufzer zu Boden fiel. Seiji kniete sich indessen zu Natsuko runter und strich ihr besorgt über das Gesicht. Der Blutverlust hatte Natsuko in die Knie gezwungen, ihr Atmen ging flach.

Langsam hob Seiji sie auf seine Arme und erhob sich. Ohne Gorou eines Blickes zu würdigen, ging er an ihm vorbei und verließ das Zimmer. Gorou sah ihn verängstigt und ehrfürchtig hinterher. Er wusste genau, sollte er ihm noch einmal über den Weg laufen, wäre er ein toter Mann. Leise seufzend schwor er sich im Inneren, es nicht darauf anlegen zu lassen.
 

Als Natsuko die Augen wieder aufschlug, sah sie an die Decke eines Himmelbetts. Verwirrt drehte sie den Kopf und merkte, dass sie in einem unbekannten Zimmer lag. Alte Möbel, die gut und gerne auch in einem Museum hätten stehen können, zierten den Raum. Das Bett, in dem sie lag, war riesig und mit roten Lacken ausgestattet. Feines Satin glitt von ihrer Haut, als sie sich aufrichtete.

Das Zimmer war spärlich eingerichtet. Außer dem Bett stand dort nur ein Tisch, auf dem ein beeindruckender Kerzenständer stand. Das Wachs lief tropfend bereits an diesem runter, als sei dies nicht die erste Kerze, die dort entzündet wurde in dieser Nacht. Neben dem Tisch standen noch zwei Stühle. In einer Ecke stand ein alter Kleiderschrank und das Zimmer wurde, wie auch schon der Rest der Festung, von Kerzen erhellt. Über das Himmelbett war ein grauer Vorhang gespannt, der aussah wie Spinnweben. Ansonsten hatte das Zimmer nichts zu bieten. Aus einem Fenster konnte Natsuko den rot-schwarzen Himmel der Vampirwelt sehen. Von Seiji fehlte jede Spur.

Ein dumpfer Schmerz strahlte von ihrem Hals zum Rest des Körpers und sie tastete vorsichtig danach. Schmerzhaft zuckte sie auf, als sie die frischen Wunden berührte. Gorou war wirklich äußerst grob gewesen, denn sie merkte sofort, dass die Stelle schlimm entzündet sein musste.

Unsicher rutschte sie zum Rand des Bettes und stand auf. Allerdings wäre sie fast sofort wieder nach hinten umgefallen, hätte sie sich nicht an einen der Bettpfosten festgehalten. Ihre Beine fühlten sich wie Wackelpudding an und sie hatte Mühe, stehenzubleiben. Wacklig ging sie zu dem Tisch, um sich an diesem festzuhalten.

Betrübt sah sie aus dem Fenster. Von hier aus konnte sie in die Weite der Vampirwelt sehen. Ein Matsch aus rot und schwarz. So trostlos. Sie wand seufzend den Blick ab, versuchte sich vorzustellen, wie ein kleiner Seiji als Kind durch diese Welt gelaufen ist. Wie er zu dem Zeitpunkt wohl nichts anderes kannte und es als völlig normal empfand, dass es kein Licht und keine Farben gab. Diese Welt war ihr so fremd und sie fühlte sich so unwohl hier. Sie wollte nach Hause, am liebsten sofort.

Plötzlich hörte sie ein Klacken hinter sich und drehte sich um. Seiji kam in diesem Moment zur Tür rein und sah überrascht auf, als er Natsuko erblickte. "Du bist wach?", er sah sie verwirrt an. Natsuko hingegen sagte nichts. Schweigend ging sie zu ihm, was ihr nur sehr wacklig gelang, legte ihre Arme um ihn und vergrub ihr Gesicht an seine Brust.

Seiji hatte ihr wirklich eine Heidenangst gemacht und doch sehnte sie sich in diesem Moment nach seiner Nähe. Erst jetzt wurde ihr erst bewusst, dass sie fast gestorben wäre. Wenn Seiji nicht gekommen wäre, würde sie jetzt nicht hier stehen. Der Gedanke machte ihr Angst. Nicht, dass ihr Leben so einfach enden konnte, sondern dass sie nie wieder in seinen Armen liegen konnte. Wieso liebte sie diesen Mann so sehr? Obwohl sie all das seinetwegen durchmachen musste? Obwohl sie ihn noch gar nicht so lange kannte?

Tränen rollten über ihr Gesicht und sie schluchzte hemmungslos. Unbeholfen sah Seiji sie an und drückte sie fest an sich. "Hey...alles gut, beruhige dich", er flüsterte so leise und warm zu ihr, dass ihre Tränen nur noch mehr wurden, "dir geschieht nichts mehr. Ich werde dich immer beschützen, also hör auf zu weinen."

Er hob sanft ihren Kopf an und sah in ihren tränennassen, blauen Augen. Er musterte ergriffen ihr Gesicht. Es tat ihm in der Seele weh, dass sie so offensichtlich leiden musste. Vorsichtig strich er ihr die Tränen aus den Augen und küsste ihre Augenwinkel. Sie kam ihm in dem Moment vor wie ein zerbrechlicher Schatz, was sie auch war. Es wurde ihm abermals bewusst, wie schwach und zerbrechlich Natsuko war. Er allein konnte sie beschützen, sie bewahren vor all dem Leid. Er strich ihr durch das Gesicht und ihre Tränen versiegten langsam. Sie sah wunderschön aus.

"Natsuko...", er beugte sich runter und legte seine Lippen auf ihre. Natsuko legte ihre Arme um seinen Hals und gab sich ihm völlig hin. Das Herz schlug ihr bis zum Hals und sie fühlte sich geborgen und geliebt. Als er sich wieder von ihr löste, lächelte er sie zärtlich an.

"Was machst du nur für Dummheiten?", tadelte er sie leicht, "was machst du überhaupt hier?" Natsuko wurde rot. Wie sollte sie ihm das erklären? Es war dumm, naiv und töricht, was sie getan hatte. "Ich...ähm...", verzweifelt suchte sie nach Worten, die intensiven Blicke Seijis machten ihr das nicht unbedingt einfach, "du warst einfach verschwunden. Ich wollte das Missverständnis aufklären, das ich wohl verursacht habe..."

Sie sah kleinlaut zu ihm auf und sein Blick musterte sie verwirrt. "Nur deswegen?", er verstand nicht, schenkte ihr nur einen ratlosen Blick. Bevor er Natsuko kennenlernte, musste er sich nie mit solchen Sachen rumschlagen. Sie da zu verstehen, war für ihn immer wieder aufs Neue eine Herausforderung. Er liebte dieses Menschenmädchen, mehr musste er nicht wissen, zumindest dachte er bisher so.

Natsuko dagegen fühlte sich mit einem Schlag unglaublich dämlich. Natürlich war das für Seiji keine große Sache. Natürlich verstand er sie nicht, für ihn war es schlicht und ergreifend kein Grund, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Trotzig sah sie ihn an: "Sag nicht 'nur deswegen'. Es ist mir sehr wichtig, dass du mich verstehst." Sie sah ihm fest in die Augen und sagte schließlich: "Seiji, ich liebe dich, über alles und für ewig. Das habe ich dir doch an diesem Tag versprochen! Bitte vergiss das nicht so leichtfertig..."

Seijis Augen weiteten sich überrascht und er sah Natsuko überrumpelt an. Die menschlichen Gefühle waren ihm immer noch ein Rätsel. Trotzdem zog er Natsuko fest an sich und umarmte sie: "Ich liebe dich auch, Natsuko..." Seine Stimme war voller Wärme und Liebe. Hatte dieser Mann wirklich vor wenigen Momenten noch versucht, einen anderen aus Wut zu töten? Natsuko konnte sich keinen Reim daraus machen.

Stattdessen hob Seiji sie plötzlich hoch und trug sie zum Bett. "Seiji?", Natsuko sah ihn fragend an, als er sie behutsam auf das Bett legte. "Was machst du nur mit mir, Natsuko?", er stütze sich über sie und lächelte sie an, während er ihr über das Gesicht strich. Niemand hatte sich je so in sein Herz geschlichen, wie dieses Menschenmädchen. Und sollte er irgendwann untergehen, so könnte er das ohne Reue, weil er sie kennenlernen durfte.

Er legte sich auf sie und umarmte sie fest. "Mein Leben...", flüsterte er leise in ihr Ohr. Überrascht weiteten sich Natsukos Augen und sie schmiegte sich an ihn, ehe sie in sein Ohr flüsterte: "Meine Liebe..." Der Bund, der sie aneinander fesselte. So tief und doch so fragil.

Seiji küsste ihren Hals, liebkoste vorsichtig ihre Wunden, behandelte sie wie ein wertvolles Kunstwerk. Natsuko ließ ihm freien Lauf, gab sich seinen Händen und Lippen hin. Eine Welle des Glücks überrollte sie und sie wünschte, dass dieser Moment nie enden würde. Bis man schließlich nur noch ihr Seufzten und ihre Stimmen hörte. Die Zeit stand still in diesen Moment für die Beiden.
 

Am nächsten Morgen wurde Natsuko als erstes wach. Mühselig drehte sie sich zu Seiji um und betrachtete sein schlafendes Antlitz. Es kam äußerst selten vor, dass sie ihn schlafend sah. Normalerweise war er wie ein rastloses Tier, das sofort aufschreckte, wenn es Gefahr witterte. Seelenruhig neben jemanden zu schlafen war also ein großer Liebesbeweis. Er vertraute ihr blind und Natsuko schätze diese Geste sehr.

Trotz der wirren Haare, die ihm wild ins Gesicht fielen, sah er unglaublich schön aus. Natsuko musste lächeln, als sie sich ihres Glücks bewusst wurde. Dieser Mann gehörte ihr und das war mehr Glück, als sie manchmal ertragen konnte. Blinzelnd schlug Seiji plötzlich die Augen auf und sah sie an. Diese wurde knallrot und wand sich verlegen ab.

"Gefällt dir, was du siehst?", neckte er sie und stützte sich lässig auf seinen Arm, um sie zu betrachten. Aus den Augenwinkeln sah sie zu ihm rüber und zog die Decke höher über ihren Körper. Er sah verdammt sexy aus mit seinem freien Oberkörper und dem lasziven Grinsen auf den Lippen. Er hatte nicht nur ein hübsches Gesicht, auch sein Körper war gut trainiert, sodass es nicht übertrieben aussah. Natsuko war sich sicher, dass sich jede Model Firma um ihn streiten würde.

Seiji beugte sich zu ihr rüber und küsste sie sanft. Schon war er wieder über sie. Natsuko errötete, als sie sah, dass er völlig nackt war und sie alles sehen konnte. Bevor Seiji allerdings etwas tun konnte, klopfte es plötzlich an der Tür. Verwirrt sahen beide fast zeitgleich zu der Tür, ehe sie irritierte Blicke untereinander austauschten.

Seufzend rollte sich Seiji von Natsuko runter und stand auf. Natsuko sah ihm verlegen hinterher, als er nackt zu einem der Stühle ging und sich eine Hose anzog. Laut seufzend fuhr er sich durch sein zerwühltes Haar, versuchte offenbar es notdürftig ein wenig zu richten. An seinem Gesicht konnte man ablesen, das ihm die Störung ganz und gar nicht gefiel. Dann ging er, Oberkörper frei, zu der Tür um diese zu öffnen.

Als er aber sah, wer dort stand, wich ihm mit einem Schlag sämtliche Farbe aus dem Gesicht und er sah die Person entsetzt an. "Du...was...", entkam es ihm nur, ehe er ein paar Schritte zurückwich.

old shadows (alte Schatten)

Seijis Reaktion überraschte Natsuko und so zog sie die feine Satin Decke fest um ihren Körper und rückte ein Stück nach vorne, um zu sehen, wer an der Tür stand.

Dort stand eine bildhübsche Frau mit langen, gewellten, blonden Haar. Ihre großen Augen waren in einem strahlenden Blau. Ihr Gesicht war fein geschnitten, wie das einer Puppe. Natsuko war sich sicher, dass sie bisher keine schönere Frau getroffen hatte.

Die Frau legte ihren Kopf leicht schief und lächelte Seiji an. Ihr zierlicher Körper war in einem weißen, lockeren Kleid. "Seiji...", sie sah Seiji direkt in die Augen, "dann warst das wirklich du."

Seiji hatte sich indessen scheinbar wieder gesammelt und sah die Frau nun feindselig an. "Beniko...", knurrte er verächtlich und sah sie finster an. Offensichtlich war ihm die Begegnung alles andere als recht. Die Frau, die sich als Beniko herausgestellt hatte, sah ihn überrascht an. Die offensichtliche Ablehnung schien sie zu überraschen.

"Wenn du hier bist, heißt das, dass 'er' nicht weit ist, oder?", er spie das Wort 'er' geradezu aus, als ob er den Hass der ganzen Welt in dieses kleine Wort gelegt hatte. "Ja, er ist auch hier", erwiderte Beniko nur knapp und lächelte leicht, ein Lächeln, dass ihre Augen allerdings kein Stück erreichte, "aber er weiß nicht, dass du hier bist, noch nicht." "Was willst du von mir, Beniko? Ich habe weder mit dir, noch mit ihm etwas zu schaffen!", Seiji funkelte sie finster an. Seine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt und er begann leicht mit seinem Kiefer zu mahlen. Es war nicht zu übersehen, dass Seiji kurz davor stand, die Kontrolle zu verlieren.

Natsuko beobachtete die Beiden nur gespannt. Sie hatte keine Ahnung, wer das war und was sie von Seiji wollte. Auch verstand sie nicht, warum Seiji solch eine Abneigung gegen sie empfand. Eins war ihr aber sofort klar, er kannte sie und das schon länger.

"Ich wollte nur sehen, ob ich mit meiner Annahme recht hatte und siehe da, schon stehst du vor mir", Beniko faltete die Hände vor sich und behielt weiterhin ihr Lächeln, obwohl sie auf solch eine Ablehnung stieß, "er sucht dich schon so lange und doch machst du einen so leichtsinnigen Fehler."

Plötzlich sah Beniko an Seiji vorbei direkt zu Natsuko. Diese versteckte sich erschrocken noch mehr in der Decke. "Gestern hat es überall nach Blut gerochen, nach Menschenblut", sagte sie dann und musterte Natsuko dabei genau. Sofort ging Seiji einen Schritt beiseite und versperrte Beniko so die Sicht auf Natsuko.

"Wie hast du uns gefunden, Beniko, wenn nicht einmal er dazu in der Lage war?", Seiji verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Laune würde jeden Moment seinen Tiefpunkt erreichen, das spürte Natsuko genau. "Seiji, stell dich nicht dümmer, als du bist...", Beniko runzelte ihre Stirn und sah ihn zweifelnd an, "deine Aura kann ich durchaus spüren, wenn du schon quasi direkt vor unserer Nase sitzt. Schließlich ähnelt sie der seinen doch so sehr..." "Sei still!", donnerte es plötzlich durch den Raum, "vergleiche mich nicht mit ihm, mit diesem Monster!"

Seiji biss die Zähne aufeinander, sodass es schmerzte. Er würde sie am liebsten hier und jetzt zum Schweigen bringen. Benikos Blick dagegen wurde traurig und sie sah ihn unverwandt an. "Seiji...", sie seufzte schwer, "selbst du dürftest nicht so über ihn reden."

Beniko fing eine ihrer langen Haarsträhnen und zwirbelte sie geistesabwesend zwischen ihren Fingern. Offenbar überlegte sie angestrengt, was sie nun tun sollte. Schließlich stieß sie einen leichten Seufzer aus und drehte sich auf den Absatz um. "Ich hatte schon mit solch einer Reaktion von dir gerechnet, also sehe ich meine Aufgabe hiermit als erfüllt." Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um, sodass ihr langes Haar im Wind wehte und verließ das Zimmer durch den langen Gang.
 

Wütend knallte Seiji die Tür zu und Natsuko zuckte erschrocken auf. Was um alles in der Welt war das? Tausende Fragen spukten ihr durch den Kopf, als sie aber den aufgebrachten Seiji sah, traute sie sich nicht, auch nur einen Mucks zu machen.

Seiji hingegen tigerte aufgebracht durch den Raum. Die Begegnung mit Beniko hatte ihn völlig aus dem Konzept gebracht. Er war hier, ganz in der Nähe. Das war der einzige Gedanke, der ihn durch den Kopf spukte. So viele Jahre waren vergangen, wo er ihm erfolgreich aus dem Weg gegangen war und nun war dies plötzlich alles umsonst? Beniko würde ihm ohne zu zögern sagen, dass er hier war, nach ihrer letzten Reaktion nach zu urteilen erst recht.

Hastig ging Seiji zu dem Kleiderschrank und wühlte ein hellblaues Kleid, passende Unterwäsche und Schuhe daraus. Diese warf er neben Natsuko auf das Bett: "Zieh dich an, wir gehen!"

Verwirrt starrte Natsuko erst auf die Kleidung und dann auf Seiji. Zunächst fragte sie sich, woher die Kleidung stammt, dann, was bloß mit ihm nicht stimmte. Trotzdem zog sie sich schweigend an. Die Kleidung passte perfekt und ihr war sofort klar, dass sie für sie gedacht war. Seiji hatte mal wieder an alles gedacht. Nach einem ganzen Tag nur im Negligé fühlte sich das Kleid wie das Beste an, das sie je getragen hatte. Es war schlicht, aber es passte perfekt zu Natsuko. Es war erschreckend, wie gut Seiji wusste, was sie tragen konnte und was nicht.

Als sie fertig angezogen war, ging sie zu Seiji, der mittlerweile auch wieder komplett gekleidet war. "Seiji...", unsicher sah sie ihn an, er schien immer noch sehr aufgewühlt zu sein. Als er ihr besorgtes Gesicht sah, wurden seine Gesichtszüge etwas weicher: "Tut mir Leid, wenn ich dich erschreckt habe..." Natsuko schüttelte nur den Kopf und Seiji strich ihr übers Gesicht. Die sanfte Berührung ließ sie sich ein wenig entspannen und sie lehnte ihr Gesicht enger an seine Hand. Diese Berührungen würde sie wirklich nie missen wollen. Aber, als ob er sie provozieren wollte, nahm er in diesem Moment seine Hand weg, nur um danach zu ihrer Hand zu greifen und sie ineinander zu verschränken. "Lass uns gehen, nach Hause", er lächelte sie zärtlich an und sie strahlte ihn als Antwort an.

Dann verließen sie das Zimmer. Zurück blieb nur ein zerwühltes Bett und ein blutverschmiertes Negligé.
 

Sie gingen den langen Gang entlang, keiner sagte etwas. Auch wenn Seiji so tat, als sei alles wieder in Ordnung, so merkte Natsuko seine Anspannung nur zu deutlich. Sie wusste zwar nicht wirklich, was Sache war, aber dem Gespräch konnte sie entnehmen, dass sich derzeit jemand in der Nähe befand, den Seiji um keinen Preis treffen wollte. Sie hoffte, dass sie schnell wieder zu Hause sein würden und er sich wieder beruhigen würde.

Nach einer schieren Ewigkeit erreichten sie die große Treppe im Eingangsbereich. Natsuko schaute nach unten und ließ ihre Gedanken schweifen. So viel war passiert an nur einem Tag. Der Angriff Gorous, die Nacht mit Seiji, die unangenehme Begegnung am Morgen mit Beniko. Natsuko wollte nach Hause, wollte alles schnell hinter sich lassen, diesen trostlosen Ort verlassen.

Seiji legte einen Arm um sie und führte sie langsam die große Treppe runter. Als sie fast an dem Tor waren und gehen wollten, schallte plötzlich eine Stimme vom Treppenabsatz zu ihnen runter.

"Seiji! Sag bloß, du willst gehen, ohne mich gesehen zu haben?", eine tiefe, männliche Stimme erklang. Sie wirkte bedrohlich und Natsuko hatte unweigerlich Angst, sich umzudrehen. Seijis Gesicht hingegen verzog sich zu einer hassverzerrten Fratze, sodass Natsuko ihn nur schockiert anstarrte. Dann drehte er sich langsam um und Natsuko tat es ihm gleich.

"Ichiro...", seine Stimme war gefährlich ruhig, seine Augen glühten rot und er legte jeden Hass in seine Stimme. Dann trafen sich ihre Blicke zum ersten Mal seit Jahren.

In the cave of the lion (In der Höhle des Löwen)

Auf dem Treppenansatz stand ein Mann. Seine langen, dunkelbraunen Haare wurden von dem Luftzug, der von dem Eingangstor kam, wild herumgewirbelt. Er trug einen langen, schwarzen Umhang, der innen rot gesäumt war. Der Rest seiner Kleidung war komplett in Schwarz getaucht. Sein Gesicht war so fein geschnitten, dass Natsuko der Atem stockte. Er sah wie ein altes Gemälde, wie ein Kunstwerk und sie musste sich eingestehen, dass sein Aussehen wirklich nicht von dieser Welt war. Seine Augen leuchteten unaufhörlich in einem flammenden rot, welches Natsuko bei Seiji so selten zu Gesicht bekam, wenn auch nicht unbedingt in den letzten Tagen.

Sie spürte einen schmerzhaften Druck um ihre Hand und schaute verdutzt zu Seiji hoch. Dieser funkelte die Person immer noch hasserfüllt mit rot glühenden Augen an. Keiner von Beiden sagte ein Wort. Eine schiere Ewigkeit starrten sie sich einfach nur schweigend an, bis der Mann am Treppenansatz schließlich ein leises Kichern ausstieß.

"Bei deinem Blick bekommt man ja eine Gänsehaut", brach er schließlich die Stille und lächelte Seiji fast freundlich an, "komm! Ich muss mit dir reden. Dein Spielzeug kannst du gerne mitbringen." Er schien sich ziemlich sicher zu sein, dass Seiji seiner Bitte Folge leisten würde, denn danach drehte er sich einfach auf dem Absatz um und verschwand im rechten Gang.

Seiji biss sich vor Wut auf die Lippen, sodass es ein wenig zu bluten anfing und schrie ihm dann hinterher: "Sie ist kein Spielzeug, verdammter Bastard!" Noch ehe Natsuko reagieren konnte, hatte Seiji schon ihre Hand losgelassen und stürmte dem Mann hinterher. Ein wenig irritiert blieb sie einen Moment in der Eingangshalle stehen, ehe sie Seiji hastig nacheilte.
 

Sie hatte größte Mühe ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Seiji war um so viel schneller als sie und als sie ihn endlich vor einer Tür einholte, war sie völlig außer Atem. Ohne ein weiteres Wort öffnete Seiji die Tür und trat ein. Sofort schlug Natsuko eine eisige Kälte entgegen und sie begann augenblicklich in ihrem dünnen Kleidchen zu frieren. Schützend legte sie die Arme um sich und spähte zitternd in das Zimmer.

Seiji hingegen ging, ohne mit der Wimper zu zucken, tiefer in das Zimmer rein, ihm schien die Kälte nichts auszumachen. Natsuko bezweifelte sogar, dass er sie überhaupt wahrnahm. Eigentlich hatte sie keine besonders große Lust, noch weiter in diesen übergroßen Kühlschrank zu gehen, sah sich dann aber gezwungen, Seiji zu folgen. Vor ihrem Mund bildeten sich Wölkchen und es wurde immer kälter, je weiter sie in das Zimmer gingen.

Seiji hielt unterdessen Ausschau nach Ichiro. Als er ein paar glühend rote Augen ausfindig machte, steuerte er direkt darauf zu. Dieser saß auf einem übergroßen Ledersessel, welcher so schien, als würde er direkt aus einem Königspalast stammen. Er sah sehr edel und verflucht teuer aus. Wahrscheinlich war er das auch. Auf Ichiros Lippen lag ein gelassenes Lächeln und er musterte die Beiden interessiert, als sie auf ihn zutraten.

"Deine Begleitung friert", hörte man ihn plötzlich leise murmeln und noch ehe sich Seiji nach Natsuko umdrehen konnte, stand Ichiro schon hinter ihr und legte ihr seinen Umhang um. Sofort umhüllte sie eine angenehme Wärme und ein berauschender Duft stieg ihr in die Nase, scheinbar Ichiros Geruch.

"Nimm deine dreckigen Finger von ihr!", grob riss Seiji Natsuko von Ichiro weg und nahm sie in seine Arme. Ichiro hingegen zuckte nur unschlüssig mit seinen Schultern und ging zurück auf seinen Platz. Mit einer Hand deute er auf zwei Stühle, die vor ihm standen. Dazwischen war ein Monstrum von einem Schreibtisch, welcher voller Papiere und Dokumente war. Ganz altmodisch konnte Natsuko sogar eine Schreibfeder erkennen, die in ein Tintenfass getaucht war.

Etwas widerwillig nahm Seiji auf einen der Stühle Platz und zog Natsuko mit sich, welche es ihm gleich tat. Dann trat wieder eine unangenehme Stille ein. Weder Ichiro, noch Seiji sahen sich scheinbar verpflichtet, das Gespräch zu beginnen. Unsicher sah Natsuko erst nach unten, bis sie schließlich anfing, sich das Zimmer genau anzusehen.

An sich war es kleiner als erwartet. Außer dem imposanten Sessel, dem Schreibtisch und den zwei Stühlen, fand sie nur noch eine Bank in der Nähe der Tür. An den Wänden hingen zahlreiche alte und offensichtlich teure Gemälde. In Ichiros Rücken erstreckte sich ein großes Fenster und gab den Blick auf den rot-schwarzen Himmel frei. Das Zimmer erschien Natsuko auf einmal unheimlich charakterlos und es beschlich sie das Gefühl, dass es sich hier lediglich um ein Arbeitszimmer handeln musste.

Die Beiden starrten sich weiterhin feindselig an und so langsam begann die Luft nahezu zu brennen, obwohl Natsuko immer noch kalt war. Sie zog den Umhang Ichiros enger um sich, auch wenn sie dafür einen missbilligenden Blick Seijis erntete. Das war ihr in dem Moment allerdings lieber, als zu frieren.

"So, du hast es mir wirklich nicht einfach gemacht dich zu finden, Seiji", endlich brach Ichiro das Schweigen und sah Seiji belustigt an, "du bist weggelaufen wie ein elender Feigling. Als ich hörte, dass du dir einen Ruf gemacht hast, ja, sogar gefürchtet warst, konnte ich meinen Ohren nicht glauben. Vor einem Feigling wie dir sich zu fürchten." Ichiro schüttelte den Kopf und lachte leise.

Seijis Hand verkrampfte sich indessen um die Stuhllehne und Natsuko hörte leise Holz brechen. Erschrocken sah sie zu Seijis Hand und merkte, dass die Lehne Risse bekommen hatte. "Und als ich dann noch hörte, dass du einen Bund mit deinem Spielzeug eingegangen warst, konnte ich nicht mehr an mich halten", nun brach Ichiro fast in Gelächter aus.

Seijis Blick verfinsterte sich und doch wollte oder konnte er immer noch nichts erwidern. Natsuko wurde allerdings langsam wütend. Sie wusste nicht, wer das war und was er mit Seiji zu tun hatte, aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, sie als Spielzeug zu betiteln. Grade als sie den Mund öffnen wollte, um etwas zu erwidern, hielt Seiji ihr eine Hand vors Gesicht, um sie davon abzuhalten.

"Still!", zischte er sie nur leise an und widmete sich stattdessen Ichiro. "Sag bloß, du hast diese ganzen Mühen auf dich genommen, nur, um mir das zu sagen? Ich hätte dich für einen viel beschäftigenden Mann gehalten, Ichiro", seine Stimme war kalt und er sah Ichiro verächtlich an. "Natürlich nicht. In erster Linie wollte ich mich nur überzeugen, ob an der Geschichte etwas dran ist", Ichiro winkte spöttisch mit einer Hand ab und fixierte dann Natsuko mit seinem Blick, "aber offensichtlich ist es wahr."

Natsuko erwiderte erschrocken seinen Blick. Ein eiskalter, verachtender Blick, obwohl sie ihn zum ersten Mal traf. Sie spürte den unverhohlenen Hass, der von Ichiro ausging. Der Hass, der sich einzig und allein auf sie bezog. Es war so, als ob er sie hasste, nur weil sie existierte. Sie begann zu zittern, doch dieses Mal nicht vor Kälte. Nein, sie zitterte vor Angst. Sie fürchtete sich mit einem Schlag schrecklich vor Ichiro. Mit einem Mal war ihr auch bewusst, dass er nicht irgendjemand zu sein schien. Er war etwas Größeres, mächtigeres. All das vermittelte ihr dieser einzige Blick von ihm.

"Ichiro...", Seijis Stimme war nun ruhig, gefährlich ruhig, "du hast kein Recht, dich in mein Leben einzumischen und schon gar nicht in das von Natsuko." Seijis Worte brachten Ichiro dazu, seinen Blick wieder von Natsuko abzuwenden und stattdessen Seiji zu mustern. Für einen Bruchteil einer Sekunde meinte Natsuko einen Anflug von Schmerz in seinem Blick zu erkennen, welcher aber sofort wieder verschwand. Hatte sie sich das nur eingebildet?

"Ob du willst oder nicht, du gehörst zum Akasawa Clan, also bedauere, aber es geht mich sehr wohl etwas an", Ichiro seufzte enttäuscht. Er wirkte mit einem Schlag müde und erschöpft. "Der Clan ist mir egal", flüsterte Seiji nun leise und wand den Blick ab.

Danach breitete sich wieder Stille aus. Niemand sagte etwas und Natsuko hatte endgültig der Mut verlassen, jetzt noch ihre Stimme zu erheben. Sie fürchtete diesen Mann zutiefst und wünschte sich im Moment nichts mehr, als endlich wieder Zuhause zu sein. Weit weg von der Vampirwelt und ihren Bewohnern. Und doch saß sie in diesem eiskalten Raum mit zwei Vampiren, die sich am liebsten sofort in der Luft zerreißen wollten.

Plötzlich erhob Ichiro seine Stimme und rief Richtung Tür: "Beniko!" Sofort öffnete sich die Tür und Beniko trat ein, als ob sie die ganze Zeit nur darauf gewartet hatte, was sie wahrscheinlich sogar getan hatte. "Ja, Herr?", kam es höflich von ihr und sie musterte ihn aufmerksam, fast schon unterwürfig. "Geleite Seiji bitte nach draußen, ich möchte mit seinem Spielzeug alleine reden", Ichiros Stimme war ruhig und er sah Beniko ausdruckslos an.

Natsuko stattdessen starrte ihn perplex an. Mit ihr alleine? Wieso? Seiji stattdessen stand wütend auf und funkelte Ichiro an: "Wag es nicht einmal, du Mistkerl!" "Ich möchte nur mit ihr reden, beruhige dich", winkte Ichiro nur gelangweilt ab und fing wieder Natsukos Blick, "außerdem kann die Kleine sicher auch für sich alleine reden."

Natsukos Gedanken überschlugen sich. Was sollte sie tun? Was war das Richtige? Unsicher sah sie zu Seiji, dessen Blick förmlich zu schreien schien: 'Wag es bloß nicht!'. Sie wusste, dass Seiji unglaublich wütend werden würde und doch hatte sie das Gefühl, nicht nein sagen zu können. Sie musste erfahren, wer Ichiro war, woher sein Hass für sie stammte und was er für Seiji bedeutete. Außerdem spürte sie tief in sich eine unerklärliche Macht, sodass sie bei ihren nächsten Worten fast schon selbst erschrak: "Okay..."

hidden desire (verborgenes Verlangen)

Seijis Blick suchte verzweifelt, erschrocken, wenn nicht sogar wütend Natsukos, doch diese sah eisern zur Seite. Die Worte waren ihr einfach über die Lippen gekommen. Es schien fast so, als hätte sie eine fremde Macht dazu bewegt. Mit einem Mal war sie sich nicht mehr sicher, was sie überhaupt wirklich wollte.

"Natsuko!", aufgebracht packte Seiji sie bei den Schultern und versuchte abermals in ihre Augen zu sehen, vergebens, "das kann nicht dein Ernst sein!" "Seiji!", donnerte es nun aus Ichiros Ecke und er sah ihn kühl an, "das Mädchen hat ihre Entscheidung selbst getroffen. Darf ich dich nun bitten, zu gehen?" Ratlos sah Seiji zwischen Ichiro und Natsuko hin und her. Er verstand die Welt nicht mehr.

Natsuko hingegen hob leicht den Kopf und spähte zu Ichiro. Dieser verzog sein Gesicht zu einem breiten Grinsen, sodass sie zum ersten Mal seine Fangzähne sehen konnte, die bedrohlich funkelten. Mit einem Mal hatte sie das Gefühl einen riesigen Fehler begangen zu haben, als sie sich zu der Nacht mit Gorou zurückversetzt fühlte. War sie wirklich so dumm, so naiv, denselben Fehler erneut zu begehen?

Trotzdem schüttelte sie Seiji etwas barsch ab und sah Ichiro nun fest in die Augen. Es war an der Zeit, stark zu sein. Sie konnte nicht auf ewig der schwache Mensch sein, der sie bisher war. So würde sie es nie auf ewig an der Seite eines Vampirs aushalten. Seiji starrte sie noch einen Augenblick verständnislos an, sein Blick tief getroffen. "Natsuko...", seine Stimme war aufgebracht, so wie Natsuko ihn bisher noch nie erlebt hatte. Warum fürchtete er sich so davor, dass sie alleine mit ihm war? Was glaubte er, würde passieren? War Ichiro so stark, dass selbst er ihr nicht mehr helfen konnte, wenn es wirklich drauf ankam?

Aber Natsukos Entschluss stand fest. Sie musste Ichiro kennenlernen, musste mehr erfahren, über ihn, über Seiji, über die Vampire allgemein. Die letzten Tage hatten ihr zum ersten Mal richtig bewusst werden lassen, in welch einer Illusion sie bisher gelebt hatte. Es war fast so, als hätte sie das Wesen der Vampire bisher völlig falsch eingeschätzt, ja, wenn nicht zu sagen, unterschätzt. Seiji würde ihr nie etwas dazu sagen, da war sie sich sicher. Hätte er sonst fast 2 Jahre geschwiegen? Obwohl sie den Mann, der sie so diabolisch angrinste, fürchtete, so schien er ihre einzige Hoffnung auf Gewissheit zu sein.

Eisern blickte sie Ichiro in die Augen, ignorierte Seiji völlig. Dieser stieß ein betroffenes seufzten aus und beugte sich zu ihr runter, ehe er in ihr Ohr flüsterte: "Ich hoffe du weißt, was du da tust. Ich vertraue dir..." Dann drehte er sich auf den Absatz um und verließ den Raum. Die Tür fiel klackend hinter ihm ins Schloss.
 

Nun war sie alleine mit Ichiro. Sie wusste nicht genau, was sie zuerst tun sollte, also nahm sie wieder Platz und musterte ihn weiterhin mit ihrem Blick. Überrascht stellte sie fest, dass seine Augen von dem brennenden rot in ein tiefes schwarz erloschen waren. Sie zog erschrocken die Luft ein, es waren dieselben Augen wie Seijis!

Ichiro hingegen schmunzelte amüsiert, als hätte er Natsukos Gedankengänge genau erraten. Dennoch sagte er kein Wort, sondern musterte sie nun von oben bis unten. Seine Blicke schienen sie am ganzen Körper zu berühren und Natsuko rutschte unbehaglich auf ihren Stuhl umher. Warum strahlte dieser Mann eine solch mächtige Aura aus?

Sie wollte ihren Mund öffnen, wollte etwas sagen, ihn dazu bringen, aufzuhören, aber es kam kein Ton raus. Irritiert versuchte sie es erneut, aber es schien, als ob eine unsichtbare Macht ihr die Stimme geraubt hatte. Verzweifelt sah sie Ichiro an, der nun leise anfing zu kichern, was aus seinem Mund so diabolisch klang, als säße der Teufel persönlich vor ihr. "Was ist los? Hat es dir die Sprache verschlagen?", Ichiro schien sich prächtig zu amüsieren, so hilflos, wie Natsuko ihm ausgeliefert war.

Plötzlich schnippte Ichiro mit den Fingern und Natsuko spürte, wie der Druck um ihren Hals nachließ. "Was...", brachte sie verwirrt hervor, scheinbar war ihre Stimme zurückgekehrt. "Ein solch schwacher Mensch ist mir schon lange nicht mehr untergekommen", stellte Ichiro überrascht fest und zog seine Augenbrauen nach oben, "alleine der Geruch meines Umhangs hat mir schon die volle Kontrolle über dich gegeben."

Der Umhang? Als ob es ein lästiges Insekt war, schüttelte Natsuko den Umhang ab, was sie angesichts der Kälte sofort bereute. "Bedaure, das hilft leider nichts mehr", wieder ein leises Kichern Ichiros, er hatte offensichtlich den größten Spaß mit Natsuko. "Was willst du von mir?", nun funkelte Natsuko ihn böse an, sie hatte genug von seinen Spielchen.

Dieser schaute sie etwas perplex an. "Hat man dir kein Benehmen beigebracht?", seine Miene verfinsterte sich schlagartig und er funkelte sie mit seinen nun wieder rot glühenden Augen feindselig an. Was hatte sie nun falsch gemacht? Natsuko drückte sich verängstigt in ihren Sessel zurück.

Ichiro indessen ging um den riesigen Schreibtisch rum und kam vor ihr zum Stehen. Dann griff er grob nach ihrem Kinn und zwang sie so, direkt in seine Augen zu sehen. Ein flammendes Meer traf auf ihr blaues. Seine Augen funkelten wie ein loderndes Feuer, so bedrohlich, verängstigend und doch so wunderschön. Noch nie hatte sie Vampiraugen aus solch einer Nähe gesehen, war Seiji sehr darauf bedacht, sie ihr nie zu zeigen. Es verschlug ihr den Atem und sie war unfähig, den Blick von ihm abzuwenden.

"Solltest du es noch einmal wagen, mich zu Duzen oder mir in irgendeiner anderen Art und Weise respektlos zu werden," er kam ganz nah an sie ran, sodass sie seinen kalten Atem auf ihrer Haut spüren konnte und wieder seinen betörenden Duft wahrnahm, "dann töte ich dich."

Mit diesen Worten richtete er sich wieder auf und ging zurück zu seinem Platz. Natsuko hingegen fing am ganzen Körper zu zittern und drückte sich in ihren Stuhl wie ein Häufchen Elend. Noch nie war sie gleichzeitig so fasziniert von jemanden gewesen und fürchtete sich trotzdem so sehr. Dieser Mann machte keine leeren Drohungen, alles, was seinem Mund entkam, entsprach der absoluten Wahrheit. Wenn sie bei ihm überleben wollte, dann musste sie ihre Worte mit Bedacht wählen.

Ängstlich hob sie leicht den Kopf und suchte seinen Blick. Seine Augen waren wieder in einem tiefen Schwarz erloschen und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. "Kommen wir nun zum Wesentlichen", setzte Ichiro an, als sei nichts geschehen, "ich möchte dir eigentlich nur eine ganz simple Frage stellen: 'Wie stehst du zu Seiji?'" Er lehnte sich in seinem großen Sessel entspannt zurück und musterte Natsuko interessiert. Der Zustand, in den er sie gebracht hatte, schien ihm offensichtlich zu gefallen, denn er begann zufrieden zu lächeln.

Natsuko hatte hingegen Mühe, ihre Stimme wiederzufinden. Der Schreck saß ihr noch tief in den Knochen und sie wusste, dass jedes falsche Wort schwerwiegende Konsequenzen haben würde. Langsam begann sie, ihre Entscheidung etwas zu bereuen. War es wirklich richtig, mit Ichiro alleine zu sein?

Ichiro schien langsam ungeduldig zu werden, denn sein Lächeln verschwand und er sagte mit kühler Stimme: "Ich höre?" Natsuko suchte erneut seinen Blick, traf aber nur auf kalte, abschätzige Augen. Was wollte er hören? Was war die richtige Antwort? Und brachte sie die Falsche womöglich um?

"I...ich...", fing sie stotternd an, "...liebe Seiji..." Die letzten Worte waren nur ein Flüstern, viel zu leise, als dass das sie ein normaler Mensch vernommen hätte. Sie krallte ihre Hände in ihr Kleid. Wieso musste das passieren? Die ganzen zwei Jahre war sie kaum einem Vampir über den Weg gelaufen, konnte mit Seiji zusammen sein, ohne sich zu sorgen. Warum also geschahen nun solche Sachen? Sie verstand es nicht, wollte es nicht verstehen. Wollte zurück zu der Zeit mit Seiji alleine, sich in seine Arme schmiegen und nur von heute auf morgen denken.

Ichiros Blick wurde noch eine Spur kühler und er musterte sie verächtlich. "Du weißt, dass deine Existenz äußerst schädlich für Seiji ist, oder?", Ichiro stützte seinen Kopf in eine Hand und sah sie weiter unverwandt an, "du bist dafür verantwortlich, dass er in einem schwachen Moment sein Todesurteil unterschrieben hat. Obwohl...die Vorliebe für Menschen hat er wahrscheinlich von seiner Mutter geerbt..."

Ichiros Gedanken schienen abzuschweifen und er blickte zu Boden. An was auch immer er dachte, es schien ihn sehr mitzunehmen, denn mit einem Schlag sah er so verletzlich aus. Aber diese kurze Schwäche hielt nicht lange an, schon musterte er Natsuko wieder ausdruckslos.

Seijis Mutter? Natsukos Gedanken überschlugen sich. Der Mann vor ihr kannte Seijis Familie! Dieses Geheimnis, das Natsuko in all der Zeit nie ergründen konnte. "Wer sind Sie...?", kam es plötzlich über ihre Lippen, bevor sie nachdenken konnte und als sie ihre Worte vernahm, schlug sie erschrocken die Hände vor den Mund.

Ichiro hingegen sah überrascht auf und verlor mit einem Schlag sämtliche Fassung. Sein Gesicht verlor an Härte und er sah fast so aus, als ob man ihm etwas unglaublich wichtiges weggenommen hatte. "Du kennst mich nicht...? Hast keine Ahnung?", seine Worte waren mehr an sich selbst gerichtet, als dass er mit Natsuko sprach.

Aufgewühlt stand er auf und ging zu dem großen Fenster, um aus diesem zu schauen. Nun sah Natsuko nur noch seinen Rücken. Die schwarz-rote Welt schien ihm entgegen, verstärkten seine Silhouette und ließen ihn noch größer und mächtiger erscheinen. "Er hat also nie über mich gesprochen...", murmelte er leise, sodass Natsuko Mühe hatte, es zu verstehen. Dann drehte er sich um und sah sie an, in seinen Augen lag Schmerz: "Ich bin sein Bruder."
 

Sein Bruder? Seijis Bruder? Sie wusste nichts von einem Bruder, hatte noch nie etwas davon gehört. Sie starrte ihn entgeistert an, als hätte er seinen Verstand verloren. Wie konnte sie nicht wissen, dass Seiji einen Bruder hatte?

Ichiro stieß einen lauten Seufzer aus und lief am Fenster auf und ab. "Im Gegensatz zu Seiji bin ich ein Reinblut, meine beiden Eltern waren ebenso welche. Seijis Mutter war eine Andere, ein ehemals Mensch Vampir, auch D-Rang genannt. Auch, wenn ich diese Wesen nicht als Vampire bezeichnen würde. Streng genommen sind wir also Halbgeschwister", Ichiro blieb abrupt stehen und verschränkte seine Arme vor der Brust, bevor er Natsuko ausdruckslos ansah.

Sein plötzlicher Rededrang überrumpelte sie, damit hatte sie nicht gerechnet. "Ein Mensch wird nur dann zum Vampir, wenn ein Reinblut ihn beißt, so wie es bei seiner Mutter war. Sollte dieser Mensch dann aber kein Blut von dem Reinblut kriegen, so verfällt sie irgendwann dem D-Rang und wird zu einer unkontrollierbaren Bestie. Seijis Mutter war sehr stark, sie blieb unfassbar lange bei klarem Verstand...", Ichiro schüttelte traurig den Kopf, "als Seiji grade mal 5 Jahre alt war, konnte aber selbst sie es nicht mehr zurückhalten und fiel ihn an."

Ichiro drehte sich nun wieder zum Fenster und ließ seinen Blick über die Landschaft gleiten, welche sich augenblicklich in seinen Augen spiegelte. "Ich habe sie schließlich getötet", kam es plötzlich von Ichiro und er drehte sich traurig lächelnd zu Natsuko um.

Diese schlang die Arme um sich und sah zu Boden. Sie wollte nichts mehr hören, konnte nichts mehr hören. Sie hatte das Gefühl, das alles nicht erfahren zu dürfen. Nun fiel es ihr auch wie Schuppen von den Augen, warum Seiji so reagiert hatte. Ichiro war der Mörder seiner Mutter, sein eigener Bruder. Er war ein Reinblut, er konnte Menschen, wie es ihm passte, zu Monstern machen. Natürlich war er dagegen, dass Natsuko mit ihm alleine war.

Panisch sprang sie vom Stuhl auf und wollte grade zur Tür rennen, als Ichiro auch schon hinter ihr stand und sie an den Hüften packte und fest an sich drückte. Sofort vernahm sie wieder den betörenden Duft und spürte seinen Atem an ihrem Ohr. Der große, viel kräftigere Körper als Seijis, lag warm an ihrem Rücken und hinterließ einen Schauer bei ihr. "Was ist denn auf einmal los, Menschlein?", ein leises Kichern ertönte direkt neben ihrem Ohr und das Blut gefror ihr in den Adern. Tränen liefen ihr plötzlich über das Gesicht. "Denkst du etwa, ich mache dich zu einem Vampir?", kam es nun verwirrt von Ichiro und er schmunzelte leicht. Dann drehte er sie rum, sodass sie quasi in seinen Armen lag und er ihr tief in die Augen blicken konnte: "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dir diesen Gefallen tun würde, oder?"

Kraftlos sackte Natsuko auf den Knien zusammen und hielt zitternd die Arme um ihren Körper. Gefallen? Wieso sagte er das? Als ob sie sich wünschte, ein Vampir zu sein. Natürlich war ihr dieser Gedanke in den 2 Jahren schon oft in den Sinn gekommen, aber noch nie hatte sie sich gewünscht, einer zu werden. Warum nahm er also an, dass er ihr damit einen Gefallen tun würde?

Ichiro musterte sie noch einen Moment, ehe er in schallendes Gelächter verfiel. Verwirrt sah sie zu ihm hoch, Tränen liefen ihr immer noch stetig über das Gesicht. "Du kannst nicht lügen, Kleines. Dein Puls, als ich hinter dich getreten war, ging so schnell...so...gierig", er grinste sie herablassend an, "du wolltest es, auch wenn du es nicht zugibst." Natsuko schüttelte heftig den Kopf. Nein! Das stimmt nicht! Nie und nimmer war das die Wahrheit.

Ichiro hingegen ging zurück zu seinem Platz und setzte sich wieder. Seine Miene wurde wieder neutral und er stützte seinen Kopf wieder in eine Hand. "Ich bin fertig mit dir, Mensch", er winkte gelangweilt ab und kurze Zeit später trat Beniko ein, woher auch immer sie das wusste, dass sie gebraucht wurde. Hinter ihr stürmte Seiji in das Zimmer und sah erschrocken zu Natsuko, die immer noch am Boden kniete. Er warf Ichiro einen vernichtenden Blick zu, der ihn nur herausfordernd angrinste. Ohne ein weiteres Wort hob Seiji Natsuko auf seine Arme, welche sofort ihr Gesicht in seinen Hals vergrub und verließ das Zimmer. Seine Augen glühten rot vor Zorn.

incident (Zwischenfall)

Auf dem Rückweg sprach keiner von Beiden ein Wort. Seiji trug sie den ganzen Weg über auf den Armen. Sie spürte seine Anspannung, seine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt. Er musste jede Mühe haben, die Beherrschung nicht zu verlieren und sie auf offener Straße anzuschreien.

Sie gelangten über die Stadtgalerie zurück zur Menschenwelt. Es war tiefste Nacht, die wenigen Laternen spendeten ein wenig Licht. Die ganze Zeit hatte Natsuko sich gewünscht nach Hause zurückzukehren und nun fürchtete sie sich davor. Sie wusste, dass das Schweigen gebrochen werden würde, sobald sie dort angekommen waren.

Sie sah ein, dass sie sich in eine äußerst gefährliche Lage gebracht hatte, als sie mit Ichiro alleine war. Und doch hatte sie so viel erfahren, so viel über Seiji, seine Vergangenheit, seine Herkunft. In ihrem Inneren flüsterte auch eine leise Stimme, dass sie sogar etwas über sich selbst erfahren hatte, aber sie ignorierte sie. Was Ichiro ihr da gesagt hatte, was er mit ihr getan hatte und vor allem, was er in ihr ausgelöst hatte, all das wollte und konnte sie zu dem jetzigen Zeitpunkt noch nicht realisieren, geschweige denn verkraften.

Müde schloss sie die Augen und dachte nach. Hätte sie je so viel erfahren, wenn Ichiro nicht gewesen wäre? Sie bezweifelte es stark. Sie gingen die letzte Straße zu ihrem Haus entlang und Natsuko überlegte fieberhaft, was sie Seiji erzählen sollte, wenn sie dort angekommen waren.

Plötzlich schoss ihr aber ein anderer Gedanke durch den Kopf. Der Schlüssel! Sie hatte noch Kazuyas Schlüssel! Hastig wand sich Natsuko auf Seijis Arm, bis dieser sie verwirrt runterließ. Irritiert fixierte er sie, die Unterbrechung schien ihm gar nicht zu gefallen. "Ich muss nochmal zu Kazuya...", nuschelte sie unverständlich, den Blick gen Boden und lief dann einfach los.

Innerlich verfluchte sie sich, dass sie so vor Seiji floh. Denn etwas anderes, als eine Flucht, war diese Aktion nicht. Sie wusste genau, dass es Kazuya herzlich egal war, wann er seinen Schlüssel zurückbekam und doch nutzte sie diesen banalen Grund, um nicht mit Seiji sprechen zu müssen. Dieser blieb völlig verwirrt inmitten der Straße stehen, bis er sich aufgebracht durch die Haare fuhr und etwas Unverständliches fluchte.
 

Natsuko blieb indessen vor Kazuyas Hütte stehen. Sie war völlig außer Atem, so schnell war sie hierher gerannt. Unsicher drehte sie sich in die Richtung um, aus der sie gekommen war, aber Seiji hatte sie nicht verfolgt. Tief in ihr drinnen hatte sie wohl darauf gehofft, dass er sie davon abhält zu fliehen. Etwas enttäuscht seufzte sie auf und betrat schließlich das Haus.
 

Dort angekommen schlug ihr direkt wieder dieser abgestandene Geruch entgegen und sie verzog angewidert das Gesicht. Daran konnte sie sich definitiv nicht gewöhnen. Als sie grade zur Treppe ins Obergeschoss gehen wollte, hörte sie von oben ein lautes Poltern. Erschrocken zuckte sie zusammen, ehe sie irritiert in das Obergeschoss spähte, allerdings nichts erkennen konnte. Hastig lief sie nach oben, direkt zu der Tür, wo sie Kazuya hoffte zu finden.

Dieser stand zusammengekrümmt in einer Ecke und gab ein bedrohliches Knurren von sich. Verwirrt und verängstigt blieb Natsuko am Türrahmen stehen und musterte ihn besorgt. "Kazuya?", ihre Stimme war ungewollt zittrig. Sofort drehte Kazuya sich zu ihr um und starrte sie mit blutroten Augen an. Noch nie hatte Natsuko ihn mit solchen Augen gesehen und sofort wich sie ein paar Schritte zurück.

"Natsuko", seine Stimme war nur ein tiefes Grollen, bösartig und bedrohlich. "Was ist los?", Natsuko versuchte ihre Fassung zu behalten und ballte ihre Hände zu Fäusten, ehe sie wieder ein Schritt näher auf Kazuya zuging. "Komm nicht näher!", donnerte es prompt von ihm und er wand sich mit schmerzverzerrten Gesicht ab.

Natsuko blieb in ihrer Bewegung angewurzelt stehen und sah ihn entgeistert an. Was war hier los? Sie verstand nicht. Kazuya war mittlerweile so etwas wie ein Freund für sie geworden, ein Vertrauter. Was auch immer mit ihm nicht stimmte, sie musste ihm helfen, irgendwie. Schließlich war es nicht zu übersehen, dass er Schmerzen hatte.

Entschlossen ging sie auf ihn zu und kniete sich zu ihm runter. Vorsichtig legte sie eine Hand auf sein Gesicht und drehte seinen Kopf zu sich, sodass sie ihm in seine Augen sehen konnte. Sie funkelten sie immer noch in einem blutrot an und Natsuko erschauderte leicht. Sie fühlte sich direkt wieder an Ichiros Augen erinnert, aber diese hier waren anders. Gierige, fast schon blutrünstige Augen sahen sie an, schienen sie geradezu durchbohren zu wollen.

"Kazuya...ganz ruhig, beruhige dich. Was ist denn nur los?", sie strich ihm beruhigend über das Haar, wie bei einem kleinen Kind und sprach leise auf ihn ein. "Natsuko...", sein Gesicht verzog sich zu einer schmerzerfüllten Fratze, untypisch für ihn, so viele Emotionen zu zeigen. "Verzeih mir", grob packte er sie an den Schultern, zog seine Maske runter und vergrub seine Zähne ohne Vorwarnung in ihren Hals.

Schockiert riss Natsuko die Augen auf und sah ihn aus den Augenwinkeln ungläubig an. "K..Kazuya...?", sie zerrte an seinem Oberteil, versuchte ihn loszuwerden, aber er war viel zu kräftig. "Kazuya!", etwas energischer strampelte sie nun heftig, schlug und trat um sich.

Kazuya hingegen nahm sie fast zärtlich in den Arm, strich ihr über die Haare, lockerte seinen Griff aber keinen Millimeter. "Kazuya...bitte...", nun sammelten sich Tränen in ihren Augen. Wer auch immer das vor ihr war, es war nicht der Mann, der ihr schon so oft beigestanden hatte, ihr so oft geholfen hatte. Er war definitiv nicht bei Sinnen.

Als ihr Gegenwehr langsam erstarb, spürte sie plötzlich einen Ruck und wurde losgelassen. Erschrocken sah sie auf und auch Kazuya drehte sich nach der Person um, die ihn weggezogen hatte. Vor Entsetzen weiteten sich seine Augen, als er sah, wer dort stand. Er wich kriechend mehrere Meter zurück, bis er an die Wand schlug, dann hob er schützend die Hände vor sich.

"Ichiro...", Natsuko fand ihre Worte als erste wieder und sah ihn verwirrt, aber auch dankbar an. Dieser musterte Kazuya nur mit rot glühenden Augen und schien mit sich zu hadern, was er mit ihm anstellen sollte. Dann wand er seinen Blick von ihm ab und sah stattdessen Natsuko an. Scheinbar blieb Kazuya fürs Erste verschont.

"So sieht man sich wieder, Kleines", ein überhebliches Lächeln legte sich auf seine Lippen und er schlenderte lässig zu ihr rüber, ehe er sich zu ihr runterkniete. Sofort vernahm sie seinen Geruch und konnte ihren Blick nicht von seinen glühenden Augen abwenden. Warum war sie so fasziniert von ihnen? Vorsichtig strich er mit seinen Fingern über die frische Wunde, ehe er sich vorbeugte und sanft über diese leckte. Natsuko spürte sein feines Haar an ihrem Gesicht und wurde augenblicklich rot.

Erschrocken drückte sie ihn leicht von sich, woraufhin Ichiro seinen Kopf wieder hob und nun nur noch wenige Zentimeter von ihr entfernt war. Seine Augen musterten sie eindringlich, an seinen Lippen klebte ein wenig frisches Blut. Er sprach kein Wort, sah ihr einfach nur schweigend in die Augen und für einen lächerlichen Augenblick hatte Natsuko Angst, dass er mehr im Sinne hatte.

Doch dann verzogen sich seine Lippen zu einem hämischen Grinsen und hauchte leise: "Köstlich..." Das brachte Natsuko sofort wieder zurück in die Realität und sie wand knallrot den Kopf zur Seite. Ihre Wunde hörte augenblicklich auf zu bluten, was wohl eine der besonderen Fähigkeiten Ichiros sein musste. Sofort schoß ihr durch den Kopf, dass dies auch der einzige Grund sein musste, warum Ichiro ihr so nahe gekommen war. Ihre Reaktion schien Ichiro zu belustigen, denn er kicherte leicht.

Dann stand er wieder auf und ging zu Kazuya. "Lange nicht gesehen, Kazuya", meinte er knapp zu diesem und musterte ihn verächtlich. "Fürst Ichiro...", Kazuya ging nahezu ehrfürchtig auf die Knie und legte seinen Kopf auf den Boden. "Ich hoffe, dir ist klar, wen du da angefallen hast", Ichiro hob eine Augenbraue und musterte Kazuya weiter. "Es tut mir Leid, Fürst Ichiro...ich war nicht Herr meiner Sinne...", Kazuyas Stimme schien jeden Moment zu brechen.

Natsuko starrte ihn verblüfft an, sie erkannte ihn nicht wieder. Jede Erinnerung an Kazuya schien mit dieser einen Szene geradzu ausgelöscht zu werden. In ein unterwürfiges, flehendes Stück Elend.

"Nicht Herr deiner Sinne?", Ichiros Stimme zeigte seine Zweifel nur zu deutlich und er verschränkte die Arme vor der Brust. Er schien über etwas nachzudenken, dann kniete er sich zu Kazuya runter und legte ihm eine Hand auf die Schulter: "Alles gut. Ich weiß, dass es nicht deine Schuld war."

Dann stand er wieder auf und ging zu Natsuko rüber. Sie meinte fast, dass sie Kazuya leise schluchzten hören konnte, konnte sich aber auch irren. Ichiro streckte ihr eine Hand entgegen und half ihr auf die Füße. "Wieso...?", das war der erste und einzige Gedanke gewesen, den sie fassen konnte. Etwas überrascht zog Ichiro die Augenbrauen nach oben und sah sie unverwandt an, dann fand er sein gewohntes Lächeln wieder.

"Solange dein Leben an das meines Bruders gebunden ist, werde ich alles daran setzen, dass dieses nicht zu schnell beendet wird", er strich ihr fast schon liebevoll eine wirre Haarsträhne aus dem Gesicht und sah ihr tief in die Augen, "was danach mit dir geschieht, ist mir herzlich egal."

Natsuko sackte innerlich zusammen. Natürlich ging es ihm nur um seinen Bruder. Mittlerweile hätte sie doch wissen müssen, was für ein herzloser Mistkerl Ichiro war. Noch mehr als die Erkenntnis überraschte sie aber ihre Reaktion darauf. Warum trafen sie seine Worte so sehr? Warum war es ihr nicht egal? Sie wusste nicht, was es war, aber irgendwas ließ sie bezüglich dieses Mannes nicht mehr los.

Plötzlich hörten sie ein lautes Poltern, dass die Treppe nach oben kam und Sekunden später stand Seiji im Türrahmen. Die Position, in der Natsuko und Ichiro dastanden, ließen Seiji vor Wut fast aus der Haut fahren. Seine Hand an ihrem Gesicht und eng beieinander. "Ichiro...", ein tiefes Knurren entwich seiner Kehle und er stürmte wutentbrannt auf seinen Bruder zu.

closeness (Verbundenheit)

Vor Ichiro blieb Seiji stehen und packte ihn unsanft am Kragen. Mit einer unvorstellbaren Mordlust sah er ihm direkt in die Augen. "Was hast du ihr angetan...", seine Worte waren weniger eine Frage, als ein verzweifelter Fluch, mit dem er Ichiro wohl am liebsten sofort tot umfallen lassen wollte.

"Ich?", überrascht hob Ichiro seine Augenbrauen und musterte seinen Bruder sichtlich verwirrt. Dann zog er Seijis Hand mit Leichtigkeit von sich weg, als sei er ein kleines Kind und zeigte abschätzig Richtung Kazuya: "Ich habe sie vor dem da beschützt. Ich kann doch wohl ein wenig Dankbarkeit erwarten, oder nicht?"

Einen kurzen Moment sah Seiji ungläubig zwischen Ichiro und Kazuya hinterher. Dann wanderte sein Blick zu Natsuko und zum ersten Mal sah er die restlichen Blutspuren an ihrem Hals. Sofort war Ichiro uninteressant für ihn geworden und er eilte zu ihr. "Natsuko!", hastig strich er ihre Haare beiseite und begutachtete besorgt ihren Hals, merkte aber schnell, dass dort bereits keine Wunde mehr war.

"Es war nicht Ichiro", gab Natsuko plötzlich unvermittelt von sich und ließ Seiji so scharf die Luft einziehen, ehe er erleichtert aufatmete, als sei ihm eine große Last von den Schultern genommen. Dann nahm er Natsuko behutsam in den Arm. Fast meinte sie, er würde leicht zittern, redete sich dann aber ein, dass sie sich das nur einbildete. Da sie nun wusste, wer Ichiro war und was sein Biss bedeuten würde für sie, konnte sie Seijis Gefühle durchaus nachvollziehen. Und doch spukte ihr eine Frage im Kopf, die sie zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wagte auszusprechen.

Viel zu schnell ließ Seiji sie wieder los und stürmte regelrecht auf Kazuya zu. Bevor er ihn allerdings erreichen konnte, hatte sich schon Ichiro zwischen die Beiden gestellt. Ausdruckslos musterte er seinen Bruder, der ihn zunächst verwirrt und dann wütend anfunkelte.

"Aus dem Weg!", knurrte er bedrohlich, doch Ichiro machte keine Anstalten, auch nur einen Millimeter beiseite zu rücken. Kazuya hingegen hatte nun wieder schwach den Kopf gehoben, seine Augen immer noch rot leuchtend und sah Ichiro ungläubig an: "Fürst Ichiro..." "Du wirst diesem Mann nichts tun, Seiji", sagte Ichiro schließlich mit gefährlich ruhiger Stimme. Seijis Augen flammten rot auf und er schien Ichiro am liebsten sofort in Stücke reißen zu wollen.

Gebannt beobachtete Natsuko die Szene. Sie wollte nicht, dass Seiji Kazuya etwas antat. Er war trotz allem ihr Freund und zudem schien er nicht er selbst zu sein. Zittrig stand sie auf und ihr wurde für einen Moment schwarz vor Augen. Sie hatte zu viel Blut in letzter Zeit verloren. Dennoch schaffte sie es irgendwie zu Seiji zu gehen und ihn sanft von hinten zu umarmen: "Seiji...bitte...lass uns nach Hause gehen..."

Ihr Stimme war brüchig und sie spürte, wie sich bereits wieder Tränen in ihren Augen sammelten. Sie konnte es nicht ertragen, Seiji weiterhin so wütend zu sehen. Könnte es nicht ertragen, wenn er sich seine Hände ihretwegen beflecken würde.

Seiji warf ihr einen vernichtenden Blick aus seinen roten Augen zu, ehe er sich wieder zu fassen schien und sie im gewohnten schwarz erstarben. Auch Ichiro seufzte kaum merkbar erleichtert auf und lächelte seinen Bruder wieder provozierend an. "Um den da", er nickte kurz mit dem Kopf Richtung Kazuya, "werde ich mich kümmern."

Grade in diesem Moment stürmte Beniko in den Raum, ihr Atem gehetzt und sah sich schnell im Raum um. Als ihr Blick Ichiros traf, strahlte ihr Gesicht für den Bruchteil einer Sekunde und sie lief hastig auf ihn zu, die anderen ignorierte sie völlig. "Mein Herr", kam es leise, etwas abgehetzt von ihr, "endlich habe ich sie gefunden."

Ichiro lag leicht verwirrt den Kopf schief und musterte Beniko: "Mit deinen Fähigkeiten dürfte es doch ein Leichtes sein, mich ausfindig zu machen." Beniko wurde etwas rot und sah beschämt zu Boden. "Ja, schon, aber die Luft ist voll von...seiner...Präsenz...", nervös nestelte sie an ihren Händen rum und sah weiterhin zu Boden. Fast schon liebevoll strich Ichiro Beniko über den Kopf und sein Blick wurde weich. "Alles gut, Beniko", er schenkte ihr ein leichtes Lächeln, ehe er sich zu Kazuya umdrehte.

"Geht jetzt!", herrschte er, den Rücken Natsuko und Seiji zugewandt, die Beiden an. "Nur, weil du Natsuko gerettet hast, bin ich dir noch lange nicht zu Dank verpflichtet, elendes Monster", mit diesen Worten drehte Seiji sich auf dem Absatz um, hob Natsuko erneut auf seine Arme und verließ eilig das Gebäude. "Das weiß ich doch...", kam es nur traurig von Ichiro und seine Haare wirbelten im Wind, als hätte Seijis Kälte ihn erreicht.
 

Innerlich hoffte Seiji, Ichiro so schnell nicht wiederzusehen, konnte aber noch nicht ahnen, dass ihm dieser Wunsch verwehrt blieb. Er lief schweigend die Straße entlang. Natsuko hatte die Arme um seinen Hals gelegt und kuschelte sich geborgen an ihn. Sie war unendlich müde und hatte alle Mühe, ihre Augen offenzuhalten. Sie sah aus den Augenwinkeln zu Seiji hoch, der eine ausdruckslose Miene aufgelegt hatte und sog den vertrauten Duft von ihm ein.

Sofort fühlte sie sich an Ichiros betörenden Duft erinnert und wurde rot. Ein unerklärliches Zittern durchflutete ihren Körper und sie drückte sich fester an Seiji. Dieser nahm diese Reaktion wohl als Kälteschauer Natsukos wahr und beschleunigte seine Schritte.
 

Endlich waren sie angekommen und standen vor ihrem Haus. Nun gab es keine Flucht mehr, keine Ausreden. Seiji öffnete die Tür, trat ein und schloss die Tür wieder hinter sich. Ohne ein Wort ging er Richtung Schlafzimmer und setzte Natsuko schließlich auf dem Bett ab. Einen Moment schien er mit sich zu hadern, setzte sich dann aber neben sie. Geistesabwesend fixierte er seine Hände, als seien sie im Moment das Wichtigste auf der Welt.

Natsuko, verwirrt von seinem Schweigen, rutsche ein Stück zu ihm ran und drehte ihn an seiner Schulter leicht zu sich. Sein Blick fing den ihren und er sah sie auf einmal traurig an. Mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet und sie legte kurzerhand die Arme um ihn. Wieso kam ihr Seiji auf einmal so zerbrechlich vor? Seiji zögerte einen Moment, erwiderte dann aber ihre Umarmung.

"Natsuko...", seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Innerlich wusste er längst, wovor er so viel Angst hatte. Natsuko hätte niemals auf Ichiro treffen dürfen. Er wusste, wie mächtig er war, besonders welche Macht er auf Menschen haben konnte. Plötzlich hatte er das Gefühl, dass Natsuko ihm entgleiten könnte. "Was hast du mit ihm so lange besprochen?", kam ihm schließlich die Frage über die Lippen, die ihn auf der Seele brannte.

Natsuko sah Seiji in die Augen. Offensichtlich hatte nicht nur sie die Begegnung mit Ichiro tief erschüttert, sondern auch Seiji, der unwissend warten musste, schien durch die Hölle gegangen zu sein. "Es war nicht viel", sie schüttelte leicht den Kopf, "er hat mir von eurer Familie erzählt." Das 'eure' ihn ihrem Satz ließ ihn erahnen, dass sie also bereits wusste, in welchen Verhältnis Ichiro zu ihm stand. "Meine Familie?", sein Blick verfinsterte sich schlagartig, "eigentlich hatte ich gehofft, du würdest es nie erfahren."

Natsukos Stirn legte sich in Falten. Seiji hatte vor mit ihr die Ewigkeit zu verbringen, aber es war ihm nie in den Sinn gekommen, ihr von seiner Familie zu erzählen? "Aber-", setzte sie an, wurde aber von Seiji unterbrochen: "Aber ich freue mich, dass du offensichtlich so großes Interesse an mir hegst, dass du sogar in Kauf nimmst, mit Ichiro alleine zu sein." Ein Lächeln erhellte plötzlich sein Gesicht und er sah sie fast schon schüchtern an. "Ich möchte alles von dir wissen, also muss ich wohl einsehen, dass ich dir das im Gegenzug auch von mir bieten muss", er seufzte leicht, ehe er fortfuhr, "aber ich wünschte, du hättest mich gefragt und nicht Ichiro."

Nun wand er den Blick ab und sah verletzt zur Seite. Natsuko wusste kurz nicht, was sie erwidern sollte. Natürlich war es nicht richtig, Ichiro anstelle von ihm solche Sachen zu fragen, aber sie hatte das Gefühl, dass sie ihn das nicht fragen durfte und er hatte ja auch soeben zugegeben, dass er ihr es eigentlich nie sagen wollte.

"Seiji", etwas energischer als beabsichtigt drehte sie seinen Kopf zu ihr, sodass er sie wieder ansehen musste, "ich hatte das Gefühl, dich so etwas nicht fragen zu dürfen und von selbst kamst du auch nie an. Ich möchte die Ewigkeit mit dir Verbringen und dafür muss ich dich kennen und dazu gehört nun mal auch deine Familie. Ich wollte dir nur nicht zur Last fallen..."

Seiji sah sie überrascht an und lachte dann leise: "Du könntest mir nie eine Last werden, Dummkopf." Er schüttelte lachend den Kopf und strich ihr über das Gesicht: "Frag mich von jetzt an bitte alles, ich möchte dir nichts verschweigen. Egal, was es ist, scheue dich nicht davor." Gerührt sah Natsuko ihm tief in die Augen, ehe sie sich fest an ihn drückte und in sein Ohr wisperte: "Ich liebe dich, Seiji..."

Dieser drückte sie nun fest an sich und vergrub seine Nase in ihr Haar. Sie roch berauschend gut. Er liebte ihren Geruch, ihre Wärme, ihren Körper, der fest an seinen gepresst war. Er erwiderte nichts, sondern fing ihre Lippen zu einem Kuss. Diese Momente, die ihn ihr näher brachten, waren so unglaublich wichtig, von so unschätzbaren Wert. Er wollte jede Sekunde nutzen mit ihr, grade, weil er wusste, was für ein vergängliches Wesen sie war. Auch wenn er Ichiro diesen Umstand zu verdanken hatte, so genoss er diesen Moment der Zweisamkeit.

Sein Herz begann zu rasen und er drückte sie auf das Bett, erst dann löste er den Kuss und sah ihr in ihre großen, blauen Augen. Ihr Gesicht war leicht gerötet und sie sah liebevoll zu ihm auf. Er weidete sich an ihrem Anblick, strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und flüsterte schließlich leise: "Ich liebe dich, Natsuko."

Seine Stimme war voller Wärme und er legte sämtliche Gefühle für das Menschenmädchen in diese Worte. Er konnte sich nicht erklären, woher diese tiefen Gefühle kamen, aber sie überwältigten ihn. Was würde er tun, um in diesem Moment kein Vampir zu sein, sondern ein ganz normaler Mensch. Ihr diesen ganzen Kummer zu ersparen und mit ihr alt und grau zu werden.

Plötzlich sammelten sich in Natsukos Augen Tränen und liefen still ihr Gesicht runter. Erschrocken sah Seiji sie an, beugte sich tiefer zu ihr runter und wischte sie mit seinem Finger weg. "Natsuko, was hast du?", etwas überfordert versuchte er ihren Blick zu fangen, doch Natsuko drehte sich weg und versuchte hastig die Tränen wegzuwischen. "E..es ist...nichts...", kam es brüchig von ihr und sie begann nun leise zu schluchzen. "Das ist nicht wahr, Natsuko!", er versuchte ihren Kopf zu drehen, aber sie hielt ihn eisern zur Seite, "bitte, sieh mich an, Natsuko!"

Langsam wurde seine Stimme verzweifelt und endlich drehte sie sich zu ihm um, sah ihn mit tränennassen Augen an. "Ich bin nur so unfassbar glücklich...", gab sie schließlich leise zu, "deine Liebe raubt mir den Atem und ich weiß nicht, womit ich das verdient habe." Seiji stutzte, die Gefühlsregung wegen Glück zu weinen, war ihm fremd. Also beugte er sich schweigend runter und umarmte sie.

"Natsuko...", leise flüsterte er ihren Namen in ihr Ohr und Natsuko kuschelte sich an ihn. Dann beugte er sich runter und hauchte federleichte Küsse auf ihren Hals, der erneut von einem anderen geschändet wurde. Er küsste und liebkoste sie immer weiter, glitt immer tiefer und Natsuko seufzte wohlig auf. Sie ließ ihn machen, belohnte ihn mit leisen Seufzern. Die Welt um sie herum kam zum Stehen. Diese Nacht festigte ihren Bund, ihre Liebe und innerlich dankte Natsuko Ichiro dafür, ihr solch eine Chance offenbart zu haben.
 

Als Natsuko am nächsten Morgen wach wurde, fühlte sich ihr Körper unglaublich schwer an. Sie hatte das Gefühl, kaum geschlafen zu haben und drehte sich wieder um, bis sie merkte, dass Seiji nicht mehr neben ihr lag. Auf einmal war sie hellwach und sah sich verwirrt um.

Etwas irritiert suchte sie nach einer Uhr, um zu erfahren, wie sehr sie wohl verschlafen hatte. Auf dem Nachtschränkchen, auf Seijis Seite, erkannte sie eine alte Taschenuhr. Verwirrt runzelte sie die Stirn und griff danach. Sie hatte sie noch nie gesehen und auch noch nie bemerkt, dass Seiji sie je benutzt hätte. Woher kam sie also? War sie vielleicht in der Nacht aus Seijis Tasche gefallen und er hatte sie hastig auf das Nachtschränkchen gelegt? Denkbar war es.

Sie drehte das Schmuckstück in ihren Händen und erkannte sofort, wie alt diese Uhr sein musste. Trotzdem war sie unglaublich gut in Schuss. Seiji schien sie sehr zu pflegen. Sie drückte auf den Knopf an der Unterseite und die Uhr sprang mit einem Schnippen auf. Die Innenseite war aus einem rötlichen Metall und die schwarzen Ziffernblätter waren alt, verschnörkelt und wunderschön. Fasziniert lauschte sie dem leisen 'tic-tic', welches die Uhr stetig von sich gab. Sie fragte sich, wem diese Uhr wohl mal gehört hatte. Natsuko war sofort klar, dass sie älter sein musste als Seiji. Wahrscheinlich war sie sogar ein Vermögen wert, so alt und vor allem so gut erhalten wie sie war.

Sie drehte das Schmuckstück noch eine Weile in ihren Händen, bis schließlich Seiji zur Tür reinkam. Auf seinen Schultern lag ein Handtuch, offensichtlich hatte er geduscht. Als er sah, was Natsuko in den Händen hielt, entgleiste ihm das Gesicht und er stürmte regelrecht auf sie zu. Grob riss er ihr die Uhr aus den Händen und die lange Kette, die daran baumelte, riss Natsukos Haut auf. Feine Bluttropfen fielen auf die weißen Lacken des Bettes. "Seiji?", zutiefst erschrocken sah Natsuko ihren Freund entgeistert an.

doubt (Zweifel)

Entgeistert starrte Natsuko Seiji an, während sie sich ihre verletzte Hand hielt. Was zur Hölle war nur in ihn gefahren? Seiji bekam davon nicht viel mit, da er damit beschäftigt war, die Uhr wieder in seine Tasche verschwinden zu lassen. Erst dann drehte er sich zu Natsuko um und seine Augen weiteten sich erschrocken, als er Natsukos blutende Hand sah. "Natsuko...", getroffen sah er sie an und eilte zu ihr, wodurch das Handtuch auf seinen Schultern zu Boden fiel.

"Lass mich in Ruhe!", keifte diese in jedoch an und starrte ihn wütend an, "bedeutet dir dieser Gegenstand etwa so viel?" In ihren Augen sammelten sich Tränen und fielen von ihrem Kinn, wo sie sich mit dem Blut mischten. Sie konnte sich nicht erinnern, je so wütend auf Seiji gewesen zu sein.

In letzter Zeit hatte sie mehr und mehr das Gefühl, ihn nicht mehr zu verstehen. Und dabei dachte sie, nach der letzten Nacht würde wieder alles besser werden, aber es hatte sich nichts geändert. Seiji hatte sich indessen offensichtlich wieder gefangen und ging nun ernst weiter auf Natsuko zu.

"Geh weg! Komm nicht näher!", schrie sie ihn an und starrte ihn feindselig an. Sie wollte ihn jetzt nicht um sich haben. Doch Seiji ging seelenruhig weiter auf sie zu, blieb kurz vor ihr zum Stehen und wollte sich grade zu ihr runterbeugen, als man nur ein lautes Klatschen im Raum vernahm. Irritiert starrte Seiji Natsuko an und hielt sich mit einer Hand das Gesicht. Natsuko hatte ihm eine Ohrfeige gegeben.

Diese erstarrte vor Schreck und sah ihre Hände an, als seien es nicht ihre eigenen. "W..Was...", stammelte sie aufgebracht. Seiji nutzte seine Chance, überwand die letzte Distanz zwischen den Beiden und umarmte sie fest. Augenblicklich war Natsukos Wut verraucht und sie warf sich schluchzend in seine Arme. "E..es tut mir Leid...", sie schluchzte heftig, bis ihre Stimme schließlich heiser erstarb. "Nein, mir tut es Leid, Natsuko", er strich ihr beruhigend über den Kopf, "ich hatte mich für einen Moment vergessen, aber diese Uhr ist für mich von unvorstellbaren Wert."

Natsuko beruhigte sich sichtlich unter Seijis Berührungen und ihr Schluchzen wurde immer leiser, bis es schließlich erstarb.
 

"Wem gehörte sie?", fragte sie nun leise. "Meinem Vater...", gab Seiji nur knapp zurück. "Deinem Vater...", wiederholte Natsuko nachdenklich, "was war er für ein Mann?" Seiji zögerte einen Moment, löste sich dann von ihr und sah ihr in die Augen. Natsuko sah so viele Emotionen in seinen Augen und musterte ihn verwirrt. Seine Augen spiegelten Traurigkeit, Verwirrtheit, vielleicht sogar Wut wider. "Natsuko", seine Stimme war fest und kalt, "ich bin ehrlich, ich möchte nicht darüber reden."

Für Natsuko fühlte es sich an, als ob man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen hatte. Hatte Seiji ihr nicht in der Nacht zuvor gesagt, sie könne ihn alles fragen? Was hatten seine Worte für einen Sinn, wenn er dieses Versprechen direkt bei der ersten Frage brach? Zornig funkelte sie ihn an, doch Seiji stand wieder bereits vom Bett auf. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verließ den Raum. Zurück blieb eine fluchende Natsuko, die ihm wüste Beschimpfungen hinterherrief.

Seiji blieb im Flur stehen, biss die Zähne zusammen und schlug mit voller Wucht gegen die massive Wand. Sofort bekam diese tiefe Risse und seine Hand begann zu bluten. Dies interessierte ihn allerdings herzlich wenig. Geistesabwesend streifte er sich ein Shirt über, während er das Haus verließ.
 

Natsuko blieb mit ihrer Wut alleine im Haus zurück. Sie verfluchte Seiji für seine leeren Versprechungen. Sie dachte, es hätte sich etwas geändert, ihre Beziehung auf eine neue Stufe gehoben, aber nichts hatte sich geändert. Seiji war so verschlossen wie eh und je. Langsam kamen ihr Zweifel, warum es ihm so schwerfiel über seine Familie zu reden. Was war in seiner Vergangenheit passiert, dass er so empfindlich darauf reagierte? Kurz kam ihr in den Sinn, dass Ichiro die Antwort nur zu gut wissen musste, schüttelte diesen Gedanken aber sofort wieder ab. Sie fühlte sie an das letzte Gespräch mit ihm erinnert und was für Konsequenzen das für sie hatte.

Zornig schlug sie auf ihr Kissen ein, bis sie das Gefühl hatte, dass es ihr wieder besser ging. Dann stand sie auf und ging ins Bad, um zu duschen. Das kalte Wasser, das auf sie herabrieselte fühlte sich gut an auf ihrer Haut und sie merkte, wie sie sich langsam beruhigte. Langsam wurde ihr klar, dass Seijis Familie ein absolutes Tabuthema war.

Sie drehte das Wasser ab und trocknete sich ab. In Gedanken überlegte sie bereits, wie sie Seiji gegenüberstehen sollte, was sie ihm sagen sollte. Sein schwieriger Charakter trieb sie langsam, aber sicher, zur Verzweiflung. Gedankenverloren ging sie zurück in das Schlafzimmer und zog sich eine kurze Hose und ein unauffälliges Top an. Ihre wirren, blonden Haare band sie lieblos zu einem Zopf. Dann sah sie sich in der Wohnung um, aber Seiji war nirgends zu finden, was sie nicht sonderlich überraschte. Seufzend verließ sie das Haus, um ihm zu folgen.
 

Sie lief ratlos durch die Straßen der kleinen Stadt, in der sie lebte. Sie hatte keinen Ansatzpunkt, wo sie anfangen sollte zu suchen. Je länger sie durch die Straßen lief, umso sinnloser kam ihr diese Idee vor. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, sie hätte einfach zu Hause auf seine Rückkehr gewartet.

Für einen kurzen Moment drifteten ihre Gedanken ab und sie überlegte, wie das in einem Jahr, fünf Jahren, zehn Jahren werden sollte. Konnte sie damit klarkommen, auf ewig mit Seijis Stimmungsschwankungen umgehen zu müssen? Ständig ihm nachzujagen, weil er ständig vor ihr zu fliehen schien. Natsuko musste sich eingestehen, dass sie sich in diesem Moment nicht imstande fühlte, so weit in die Zukunft zu blicken.

Ein normales Paar konnte sich trennen, normal ihre eigenen Wege gehen, doch diese Beiden nicht. Sie waren durch den Bund untrennbar verbunden. Natsuko kam nicht in den Sinn, Seiji je zu verlassen und doch hatte sie Angst, dass sie irgendwann bei ihm den Verstand verlieren würde.

Sie ließ ihre Gedanken kurz schweifen, an jenen Moment, als sie Seiji das erste Mal erblickte. Wie sie damals fast der Schlag getroffen hatte, als sie diesen wunderschönen Mann vor sich stehen sah. Wie würde ihr Leben wohl aussehen, wenn sie ihn damals ignoriert hätte? Wahrscheinlich ganz gewöhnlich, wenn nicht sogar langweilig oder trostlos. Sie schüttelte ihren Kopf, um ihre Gedanken zu verscheuchen und lief weiter.
 

Es wurde allmählich dunkel und Natsuko lief immer hektischer durch die Straßen. Sie wollte Seiji endlich sehen, ihre Wut war mittlerweile völlig vergessen. Sie schwor sich sogar, nie wieder unangenehme Fragen zu stellen, nur um das zu verhindern. Es kam ihr langsam ziemlich albern vor, wie sie hier durch die Straßen rannte und als sie um die nächste Ecke bog, stieß sie auch prompt mit jemanden zusammen und fiel unsanft zu Boden. Schmerzend rieb sie sich und blickte dann nach oben, als eine Stimme an ihr Ohr trat: "Alles in Ordnung, Fräulein?"

stranger (Fremder)

Vor ihr stand ein großgewachsener Mann. Das erste, was ihr an ihm auffiel, war sein feuerrotes Haar, das ihm fast bis zur Hüfte ging. Es stach so sehr an ihm heraus, dass Natsuko für einen kurzen Moment nicht ihren Blick davon nehmen konnte. Der Rest an ihm, seine Kleidung, war im Vergleich dazu auch komplett schwarz, wodurch die Haare vielleicht auch erst so stark auffielen. Perplex lenkte sie ihren Blick von seinen Haaren zu seinen Augen. Sie waren in einem seltsamen rot-braun, wie Natsuko es zuvor noch nie bei einem Menschen gesehen hatte. Sofort war sie fasziniert von ihm.

Als sie nicht reagierte, wiederholte er seine Frage: "Alles in Ordnung, Fräulein?" Seine Stimme war tief, viel tiefer, als Natsuko bei seinem Anblick erwartet hätte. Er sah viel jünger aus als seine Stimme vermuten ließ und doch fühlte sie sich auf eine unerklärliche Art und Weise geborgen. Sie war so sanft, so warm und sie hatte das Gefühl, ihn ewig schon zu kennen.

Etwas widerwillig befreite sie sich aus ihrer Starre, schüttelte leicht den Kopf und stand dann unbeholfen auf. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie quasi ihn angerempelt hatte und verbeugte sich rasch. "Entschuldigen sie vielmals!", rief sie nervös und traute sich kaum aufzuschauen. "Alles gut, ich lebe ja noch", kam es nur schmunzelnd von ihm und gab Natsuko so den Mut, ihn erneut anzuschauen.

Ein charmantes Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt und ihr Herz setzte für einen kurzen Moment aus, bis es etwas schneller anfing zu schlagen. Erst jetzt fiel ihr auf, wie gut er aussah, aber sie machte sich darüber weniger einen Kopf, als sie es vielleicht in Anbetracht der bisherigen Umstände machen sollte. Schließlich wäre es paranoid, bei jedem gutaussehenden Menschen sofort in Panik zu verfallen, nur weil es vielleicht ein Vampir sein konnte.

Der gutaussehende Rotschopf strich sich lässig durch das Haar und sah amüsiert zu ihr runter: "Wohin so schnell des Weges?" Natsuko merkte, wie sie sich unbewusst ein wenig freute, dass der Mann vor ihr offenbar noch nicht gehen wollte, sondern sogar Interesse an ihr zu haben schien. Sofort schämte sie sich für den Gedanken, als ihr Seijis Gesicht vor Augen kam. Warum fühlte sie sich so hingezogen von dem Fremden?

"I..ich suche jemanden...", gab sie wahrheitsgetreu wieder und sah etwas schüchtern zu Boden. Sie wusste nicht, warum sie ihm das so offen sagte, kannte sie ihn schließlich nicht. Normalerweise war das auch gar nicht ihre Art, mit Fremden so schnell ins Gespräch zu kommen. "So, so...", er fasste sich nachdenklich an das Kinn und ließ seinen Kopf Richtung Himmel gleiten, als überlegte er etwas, "soll ich dir dann vielleicht helfen? Ich habe grade ohnehin nichts zu tun."

Seine Frage überraschte sie, aber noch mehr überraschte sie ihre Antwort: "Das würdest du tun?" Kaum waren die Worte aus ihrem Mund, schlug sie schon erschrocken die Hände davor zusammen. Sie hatte den Fremden unbeabsicht geduzt, das ging gar nicht. Er war schließlich deutlich älter, so viel konnte Natsuko erkennen, auch wenn er sich offensichtlich gut gehalten hatte.

Natsukos Reaktion ließ den Fremden stutzen und er runzelte leicht die Stirn. "Was ist?", kam es ein wenig verwirrt von ihm und er musterte sie mit seinen rot-braunen Augen. "I...ich habe sie geduzt...", stammelte sie verlegen und wand errötend den Blick ab, "tut mir leid." Er sah sie einen Moment ungläubig an, ehe er leise anfing zu lachen. "Oh je, wie süß...", gab er lachend von sich und wischte sich eine Träne aus den Augenwinkeln, "es ist in Ordnung. Ich mag dieses höfliche 'Sie' ohnehin nicht. Da fühlt man sich so alt."

Er griff nach ihrem Kinn und hob so ihren Kopf an. Sofort sah sie sein lächelndes Gesicht vor ihrem. Er sah nicht nur gut aus, er schien eine Wärme auszustrahlen, wie es nur ein herzensguter Mensch zu können schien. Sie fühlte sich mit einem Schlag geborgen bei ihm. So etwas hatte sie bisher nur bei Seiji erlebt. Dieses Gefühl verwirrte sie zunehmend, aber sie konnte sich auch nicht ihm entziehen.

"Also?", fragte er erneut nach, wahrscheinlich auf sein zuvor unterbreitetes Angebot bezogen. Natsukos Lippen hoben sich zu einem Lächeln und sie nickte zustimmend. Dann ging sie zusammen mit dem Fremden weiter die Straße entlang und hätte beinahe vergessen, was sie überhaupt hier wollte.
 

Ein wenig später erinnerte sie der Mann allerdings wieder daran und fragte neugierig: "Und? Wen suchst du oder sollte ich sagen, wir?" Der Mann lief nah neben ihr, fast ein wenig zu nah, wie Natsuko fand, aber auch nichts dagegen unternahm. "Meinen Freund", gab sie knapp zurück und war ein wenig stolz auf sich, dass sie zumindest diese Sache grade stellen konnte. "Dein Freund...", murmelte der Fremde ein wenig geistesabwesend mehr zu sich selbst. Seine Miene ließ nicht erahnen, wie er zu dieser neuen Erkenntnis stand und Natsuko fühlte sich plötzlich ein wenig vor den Kopf gestoßen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, der Fremde hätte Interesse an ihr gehabt, was seine Reaktion aber nicht bestätigte. Nun fühlte sie sich sogar ein wenig dumm und naiv. Natürlich würde solch ein Mann nicht auf diese Art und Weise auf sie aufmerksam werden. Wahrscheinlich hatte er einfach nur Mitleid mit ihr und half ihr deswegen. Anzunehmen wäre es, so hilfsbereit und herzensgut wie er ihr erschien.

"Gut, okay", offensichtlich war er mit seinen Gedanken zu einem Ergebnis gekommen, "und wie darf ich dich in der Zeit nennen?" Sein Lächeln gewann wieder die Oberhand und er sah Natsuko direkt an. "N..Natsuko", kam es etwas stotternd von sich und sie verfluchte sich innerlich für ihre Schüchternheit. "Natsuko", wiederholte er ihren Namen mit solch einer schmeichelnden Stimme, das sie bereits wieder rot wurde, "ein wunderschöner Name."

Diese wenigen Worte ließen sie direkt wieder unruhig werden, sodass sie sogar vergaß, ihrem Gegenüber nach seinem Namen zu fragen. "Du kannst mich übrigens Satoru nennen", sagte er schließlich schmunzelnd und nahm ihr somit die Aufgabe ab. Innerlich verfluchte sie sich weiterhin, dass er ihr so entgegenkommen musste und sie neben ihm so hilflos schien. Dann ließ sie seinen Namen auf ihrer Zunge zergehen. Satoru, ein wohlklingender Name, passend für ihn.

"Und? Weswegen suchst du deinen Freund? Hattet ihr Streit?", Satoru nahm das Gespräch wieder auf und Natsuko stutzte, dass er so ins Schwarze getroffen hatte. War es etwa so offensichtlich? "Ja...", gab sie nur flüsternd zu. "Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst", er lächelte sie an und zuckte leicht mit den Schultern. Eine Wärme stieg in ihr auf und schließlich erzählte sie ihm alles, während sie weiter nach Seiji suchten. Die Tatsache mit den Vampiren ließ sie dabei natürlich weg.
 

Langsam ging die Sonne unter und wie zu erwarten hatten sie natürlich keine Spur von Seiji ausgemacht. Satoru streckte sich neben ihr, scheinbar angestrengt von dem ganzen Laufen. "Keine Spur, was?", er sah etwas zweifelnd zu ihr runter. Sie war etwas beschämt, dass sie ihn in dieses sinnlose Unterfangen mit hereingezogen hatte. Auch wenn sie zugeben musste, dass ihr die Begegnung mit Satoru sehr gefallen hatte und ihr auch sehr geholfen hatte. Sie hatte das Gefühl, mit ihm über alles zu sprechen und erschrak ein wenig, als sie merkte, wie sehr sie den eigentlich fremden Mann so sehr vertraute. Sie konnte es sich nicht erklären oder vielleicht wollte sie das auch gar nicht.

"Hast du Hunger?", kam es plötzlich unvermittelt von Satoru und er sah sie erwartend an. Tatsächlich merkte sie, wie flau es ihr im Magen war. Sie hatte eine gefühlte Ewigkeit nichts mehr gegessen, was aber auch kein Wunder war, wo sie ständig in der Gegenwart der Vampire war, die nichts brauchten.

Offensichtlich musste sie ihm nicht einmal antworten, denn schon griff er nach ihrer Hand und zog sie in Richtung eines Restaurants. Er ignorierte Natsukos verwirrten Blick und betrat das Lokal. Die Inneneinrichtung war gehoben und edel. Normalerweise würde sie sich nie in solch ein Restaurant verirren, zumal dieses hier ihr Budget mehr als nur sprengen musste.

Mit Seiji ging sie auch nie Essen. Er brauchte keine menschliche Nahrung, das hatte er ihr sehr früh schon erklärt. Deswegen war es für sie normal geworden, alleine zu essen. Manchmal beobachtete Seiji sie dabei und fragte neugierig, wie es schmeckte. Seiner Beschreibung nach war für ihn nämlich alles geschmacklos und dazu noch ohne Wirkung. Eher wurde ihm davon etwas schlecht, da sein Magen sonst nur flüssige Nahrung gewohnt war.
 

Satoru führte sie an einen leeren Zweiertisch und deutete ihr, Platz zu nehmen. Etwas zögerlich tat sie ihm den Gefallen und Sekunden später trat auch schon eine Kellnerin an ihren Tisch. Das Lokal war spärlich besucht und so hatten sie als seltene Gäste offensichtlich höchste Priorität. Sie reichte den Beiden jeweils eine Speisekarte, wobei sie Satoru, nicht grade unauffällig, einen schüchternen Blick zuwarf.

Das bewegte Natsuko dazu, ihn nun auch wieder zu mustern. Ja, er sah schon wirklich gut aus. Auf eine ganz andere Art und Weise, wie es Seiji und Ichiro taten. Diese zwei waren eher der Typ 'kühle Schönheit', während Satoru fast aus jeder Pore Wärme auszustrahlen schien. Sie merkte plötzlich, dass sie diesen Mann vor sich mochte, obwohl sie ihn kaum kannte, was sie stutzen ließ. Normalerweise war sie jemand, der sehr schwer Vertrauen zu jemand fasste. Deswegen irritierte sie ihre Gefühle sichtlich. Es war nicht so, dass sie sich auf eine romantische Art und Weise von ihm hingezogen fühlte, sondern eher so, als ob sie mit ihrem besten Freund essen gehen würde, was näher betrachtet lächerlich war.
 

Sie bestellte sich irgendwas Belangenloses von der Karte, dazu ein Wasser. Was Satoru sich bestellt hatte, nahm sie leider nicht mehr wahr, denn ihre Gedanken schweiften ab. War es überhaupt richtig, was sie hier tat? Eigentlich müsste sie nach Seiji suchen oder zumindest zu Hause auf seine Rückkehr warten. Doch dann schüttelte sie energisch den Kopf. Nach Seijis Verhalten war es ihr wohl gestattet mal an etwas anderes zu denken, als an ihn. Oder?

Sie widmete ihre Aufmerksamkeit stattdessen wieder Satoru, der sie belustigt musterte. Scheinbar waren ihre Gedankengänge nicht unbemerkt geblieben.

"Du siehst ihr wirklich unglaublich ähnlich...", murmelte Satoru schließlich leise und lächelte sie sanft an. Plötzlich hatte sie das Gefühl, er sah nicht sie an, sondern jemand ganz anderes. "Sie?", fragte sie verwirrt nach. Das Gespräch entwickelte sich in eine unerwartete Richtung. "Oh, entschuldige, ich habe laut gedacht", er schüttelte leicht lachend den Kopf und sah nachdenklich aus dem Fenster, welches sich neben ihn erstreckte und so den Blick auf die Straße freigab.

Natsuko musterte ihn eine Weile verwirrt, ehe sie nachhakte: "Von wem hast du gesprochen?" Ein wenig widerwillig drehte sich Satoru zu ihr um und sah sie plötzlich ernst an. Sie hatte scheinbar einen Nerv getroffen, denn er schien mit sich zu hadern, ob er es ihr erzählen sollte oder nicht.

"Du siehst einer Person ähnlich, die ich vor langer, langer Zeit getroffen hab", gab er schließlich seufzend zu und lächelte traurig. Natsuko überraschte und verwirrte der plötzliche Stimmungsumschwung Satorus. Sie hatte ein wenig Angst, weiter nachzufragen, aber ihre Neugier obsiegte dann doch. "Wo ist sie jetzt?", innerlich hatte sie etwas Angst, die Antwort schon zu kennen, konnte sich die Frage dennoch nicht verkneifen. "Sie ist fort...", Satoru stützte seinen Kopf auf seine Hand und sah wieder gedankenverloren aus dem Fenster, "durch meine Schuld."

Plötzlich sah er so verletzlich, so gekränkt aus, dass Natsuko sich nicht mehr traute, noch etwas zu sagen. Schweigend sah sie auf ihre Hände und atmete erleichtert auf, als ihnen das Essen serviert wurde.
 

Vor ihr stand eine aufwändig hergerichtete Portion Spaghetti Bolognese. Satoru wurde ein blutiges Steak mit Kartoffelbrei und Erbsen serviert. Edel garniert lag es auf seinem Teller. Scheinbar war dies eines dieser Restaurants, wo man für einen horrenden Betrag eine Miniportion bekam. In Anbetracht von Satorus Wahl kam Natsuko sich mit ihren Spaghetti vor wie ein kleines Kind. Dennoch stocherte sie hungrig darin herum und probierte. Es schmeckte unheimlich gut und sie merkte nun, wie ausgehungert sie eigentlich war. Fast schon gierig schaufelte sie die kleine Portion in sich hinein, unter den belustigenden Blick Satorus, der lässig ein Weinglas in seiner Hand hin und her wippte.
 

Kurze Zeit später standen sie auf und wollten das Restaurant verlassen. Erstaunt stellte Natsuko fest, dass Satoru nur ein paar Bissen von seinem Steak gegessen und seinen Wein ausgetrunken hatte. War sein Essen vielleicht nicht so gelungen gewesen? Er nahm Natsuko die Rechnung vor der Nase weg, der bei den hohen Zahlen fast schwindlig geworden wäre. Davon könnte sie sicher einen guten Monat von leben, wenn sie sparsam wäre. Schmunzelnd zog Satoru sie aus dem Restaurant und zog sie die Straße entlang. Etwas irritiert sah sie zu seiner Hand, die keine Anstalten machten, sie loszulassen. Sie machte aber auch keine Anstalten, sie selber loszulassen. Aus einem unerfindlichen Grund brachte sie es nicht übers Herz.
 

Als sie einige Meter weit gegangen waren, spürte Natsuko plötzlich einen heftigen Windstoß und wurde umgestoßen. Satorus und ihre Hand wurden getrennt und sie fiel das zweite Mal an diesem Tag unsanft auf den Hintern. Erschrocken und irritiert sah sie sich um und sah nun, dass zwei Personen zwischen ihnen standen. Erst als sich der Rauch lichtete, der sich um die Beiden gebildete hatte, konnte sie auch erkennen, wer dort war.

Sie legte ihre Stirn in Falten und warf ihnen einen missbilligenden Blick zu. "Ichiro, Beniko...", setzte sie schließlich grummelnd an. Zu ihrer Überraschung lief ausgerechnet Beniko, mit der sie zuvor noch nie ein Wort gewechselt hatte, auf sie zu und kniete sich zu ihr runter. "Alles in Ordnung? Hat er dir etwas getan?", ihre Augen spiegelten sogar so etwas wie Panik wider und Natsuko starrte sie entgeistert an, als sei sie ein Geist.

"Wer..?", gab sie schließlich irritiert wieder. Sie verstand nicht, was hier vor sich ging. "Na, er!", schrie sie schon fast und zeigte mit dem Finger auf Satoru, der sie schockiert ansah. Dann verwandelte sich seine Miene in ein zutiefst verletztes Lächeln. "Beniko...", seine Stimme war warm, zärtlich, wenn nicht sogar liebevoll. Dann ging er einige Schritte auf sie zu.

The man with a thousand faces (Der Mann mit den tausend Gesichtern)

Beniko fing am ganzen Körper zu zittern und sah mit vor Furcht geweiteten Augen Satoru an, der unbeirrt weiter auf sie zukam. "N..nicht...", ihre Stimme war brüchig und sie wich leicht vor ihm zurück. "Es ist so lange her", Satoru lächelte sie weiterhin liebevoll an und ging weiter auf sie zu. "Komm nicht näher!", panisch sah sie ihm direkt in die Augen, als wäre ein Monster vor ihr, was Satoru aber scheinbar nicht zu stören schien. Als er fast vor ihr stand und sie ängstlich die Augen zusammenkniff, stand plötzlich Ichiro hinter ihr und legte einen Arm um ihren Hals. "Lass sie in Ruhe, Satoru", Ichiros Stimme war kalt und hart und er sah Satoru mit rot funkelnden Augen an.

Dieser kam tatsächlich kurz vor Beniko zum Stehen und sah ihn traurig lächelnd an. "Du bist also immer noch ihr Herr?", gab er schließlich enttäuscht von sich und sein Blick wanderte von Beniko und Ichiro hin und her. Natsuko beobachtete die Szene nur schweigend. Sie verstand in diesem Moment gar nichts mehr. Woher kannten Ichiro und Beniko Satoru? Warum hatten sie sie angegriffen? Und wieso schien Beniko so furchtbare Angst vor ihm zu haben? In ihrem Kopf drehte sich alles und etwas zittrig stand sie auf.

"W..was ist hier los?", etwas verzweifelt sah sie die Drei an, die sie scheinbar schon fast vergessen hatten, denn Ichiro warf ihr einen bedrohlichen Blick zu, wahrscheinlich weil sie es wagte, ihn zu stören. Dann löste er sich von Beniko und kam auf Natsuko zu. "Wir gehen!", kam es barsch von ihm und er griff nach ihrer Hand. Gehen? Wohin? Wieso? Sie starrte ihn entgeistert an. Nichts läge ihr ferner, als mit Ichiro zu gehen, egal wohin.

Trotzig riss sie sich von ihm los und funkelte ihn wütend an. "Ich gehe nirgendwo mit hin!", schrie sie ihn schon fast an und rannte dann an ihm vorbei zu Satoru. Sie griff nach seiner Hand und erlöste ihn damit wohl auch aus der Starre, die er seit Ichiros Aufritt vor Beniko zu erleiden hatte und zog ihn ein Stück hinter sich her. "Wir gehen!", sagte sie nun trotzig zu Satoru, welcher sie nur überrascht ansah, ehe er anfing zu lächeln.

Ichiro stand indessen unbewegt auf der Stelle, als hätte man ihm eine Ohrfeige gegeben. Er war es nicht gewohnt, dass man sich seinen Befehlen widersetzte. Rasend vor Wut ballte er seine Hände zu Fäusten, fletschte die Zähne und drehte sich dann mit vor Zorn rot glühenden Augen um. "Wie wagst du es, mit mir zu sprechen, du minderwertiger Mensch", donnerte er und ging mit eiligen Schritten auf die Beiden zu.

Grob riss er sie von Satoru weg, sodass Natsuko vor Schmerz zusammenzuckte. Sie hatte das Gefühl, er würde ihr den Arm brechen. "Glaub bloß nicht, du kannst dir alles erlauben", flüsterte er ihr bedrohlich zu und verstärkte seinen Griff um ihren Arm, dass Natsuko schmerzvoll aufschrie, "wenn es sein muss, sperre ich dich irgendwo in einen Kerker, Hauptsache du bleibst am Leben."

Natsuko sah ihn schockiert an, seine Worte ließen keinen Zweifel zu. Er würde diese Warnung ohne zu zögern in die Tat umsetzen, da war sie sich sicher. "Nein, nicht!", sie spürte, wie Tränen ihr das Gesicht runter liefen und zerrte an ihrer Hand. Ihr Fluchtinstinkt war zum zerreißen gespannt.

"Lass sie los!", Satoru griff zwischen die Beiden und löste Ichiros Hand spielend leicht von Natsuko, "sie hat bereits gesagt, dass sie dich nicht begleiten wird." Nun war offensichtlich Satoru Ichiros neues Ziel geworden, denn er starrte ihn mit brennender Mordlust an.

Einen kurzen Moment ging alles ganz schnell. Satoru stieß Natsuko zur Seite auf den Boden und Ichiro zerfetzte mit der bloßen Hand seine Kleidung. Sofort waren tiefer Kratzer auf seiner entblößten Brust zu sehen und er taumelte ein paar Schritte zurück. "Satoru!", erschrocken sah Natsuko zu dem Rotschopf, der sich irritiert die Brust hielt. Als sie grade aufstand und auf ihn zustürmen wollte, hielt seine Stimme sie davon ab: "Bleib weg!"

Sofort stoppte sie in ihrer Bewegung und sah ihn verwirrt an. Satoru ignorierte sie aber und sah stattdessen Ichiro an. "Immer noch der unberechenbare, brutale Kerl wie einst", sein Gesicht verzog sich zu einem leichten Lächeln und er sah Ichiro provozierend an, der ihn nach wie vor wütend anfunkelte. "Was interessiert dich denn dieses Menschenmädchen so sehr, Ichiro? Das sieht dir gar nicht ähnlich", Satoru nahm seine Hand von seiner Brust, die nun blutrot war und leckte sich grinsend über seine Finger. Ihm tropfte gefährlich viel Blut auf den Boden.

"Ob gewollt oder nicht, dieses Mädchen gehört zum Akasawa-Clan!", gab er schroff zurück und Natsuko blickte erstaunt auf. Diese Worte klangen aus Ichiros Mund fast schon fürsorglich, wenn nicht gar schützend. Obwohl sie natürlich wusste, dass es ihm einzig und allein um Seiji ging.

"Zum Akasawa-Clan?", erwiderte Satoru nur schmunzelnd, "das kann nicht dein Ernst sein." Plötzlich wurde es kalt um Natsuko und sie begann augenblicklich zu frösteln in ihrer knappen Kleidung. Es war dieselbe Kälte, die sie vor kurzem noch in Ichiros Raum wahrgenommen hatte. Zitternd schlang sie die Arme um sich und sah verzweifelt die Beiden an. Was sollte sie tun? Oder besser, was konnte sie überhaupt tun? Sie hatte Angst, dass Ichiro Satoru töten würde, wenn sie nichts unternahm.

"Lass das", sagte Satoru plötzlich unvermittelt und erntete einen irritierten Blick Ichiros, "deine kalte Aura bringt das arme Ding noch um." Natsuko wurde sofort klar, dass er von ihr sprach und sah Satoru fast schon gerührt an. Ichiro warf ihr dagegen nur einen missbilligenden Blick zu, ehe er wieder Satoru musterte. "Willst du wirklich dein Leben für ein Menschenmädchen geben, das du grade mal ein paar Minuten kennst?", nun verschränkte Ichiro die Arme vor der Brust und sah ihn spöttisch an, "du bist so durchschaubar, Satoru. Jagst unaufhörlich einer Illusion nach, dafür ist dir jedes Mittel recht." Satorus Blick verfinsterte sich und er sah Ichiro schweigend an. Offenbar konnte er darauf nichts erwidernd.
 

Natsuko stutzte, sie hatte keine Ahnung, wovon sie sprachen. Auch wunderte sie sich, wie vertraut die Beiden miteinander sprachen, als ob sie sich ewig kennen würden. Erneut setzte sie sich in Bewegung und ging dieses Mal ohne stehenzubleiben zu Satoru. Vorsichtig zog sie an seinem Ärmel und legte leicht ihren Kopf gegen ihn. Sie war auf einen Schlag schrecklich müde von der Aufregung. Geistesabwesend bemerkte sie auch die tiefen Schnitte auf seiner Brust, die nach wie vor bluteten. Es sah wirklich übel aus und so langsam dämmerte es ihr, dass solch eine Verletzung kein Mensch überlebt hätte.

"Lass uns gehen...", flüsterte sie kaum hörbar und sah schließlich zu ihm hoch. Auch wenn sie diesen Mann kaum kannte, so war ihr seine Gesellschaft um einiges lieber als Ichiros. Seine Warnung mit dem Kerker spukte ihr nämlich nach wie vor im Kopf und sie wollte auf keinen Fall so enden. Satoru sah traurig zu ihr runter und wieder hatte sie das Gefühl, dass er nicht sie ansah, sondern durch sie durch. Liebevoll strich er ihr über den Kopf und nickte schließlich nur stumm. Er warf einen letzten Blick auf Beniko, die das ganze Geschehen zitternd verfolgt hatte und ihren Blick nicht von Satoru abwenden konnte. Er schenkte ihr ein trauriges Lächeln, griff dann nach Natsukos Hand und wand sich zum Gehen ab.
 

Sie hatten grade mal einen Schritt getan, da stand Ichiro schon neben ihnen und griff erneut nach Natsukos Handgelenk. "Willst du mich wirklich wütend machen?", kam es bedrohlich leise von ihm, ehe er mit einem heftigen Ruck Natsuko von Satoru löste. Ein ekelerregendes Knacken war zu hören und Natsuko riss die Augen auf. Dann schrie sie laut vor Schmerz auf und hielt sich unter Tränen ihren Arm, den Ichiro weiterhin festhielt. Der Mistkerl hatte ihr tatsächlich den Arm gebrochen!

Ichiro störte sich daran allerdings nicht, sondern hob Natsuko hoch und warf sie über seine Schulter, als sein sie eine Art Tier. Mit schmerzerfüllter Miene strampelte sie heftig, was Ichiro aber nicht zu beeindrucken schien. Schweigend ging er von Satoru weg, geradewegs zu Beniko. Diese packte er mit seiner freien Hand bei den Schultern und mit einem Mal waren sie verschwunden, ehe Satoru reagieren konnte.
 

Sie landeten direkt in der Festung. Natsuko schluchzte mittlerweile nur noch leise, die Schmerzen raubten ihr geradezu den Verstand. Ungerührt ging er die große Treppe hoch, wobei ihn die Blicke unzähliger Vampire verfolgten. "Ein Reinblut", kam es von einigen. Andere wiederum flüsterten irritiert: "Ein Mensch". Wahrscheinlich dachten sie, dass sich Ichiro einfach sein Abendessen mit aus der Menschenwelt mitgenommen hatte. So dachte zumindest Natsuko, wusste sie schließlich in dem Moment nicht, dass das unmöglich sein konnte.
 

Er betrat mit ihr auf den Schultern erneut sein Zimmer oder vielmehr sein Arbeitszimmer, wie Natsuko immer noch vermutete. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er tatsächlich in diesem kleinen, kalten Zimmer lebte. Er legte sie, nicht grade behutsam, auf die Bank, die Natsuko beim letzten Mal bei der Tür erkannt hatte. Dann zog er eilig seinen Mantel aus und warf ihn über den großen Sessel, auf den er sonst saß.

Beniko hatte sich in einer Ecke des Zimmers verzogen und sah geistesabwesend zu Boden, als schien sie über etwas nachzudenken. Ichiro indessen griff nach einem Kelch von seinem Tisch, nahm diesen an sich und ging zurück zu Natsuko. Dann setzte er sich neben sie, woraufhin sie verängstigt etwas wegrutschte.

Erst jetzt sah sie, dass er unter seinem Mantel einen sehr eleganten Anzug trug, der über seine Brust spannte. Sein langes Haar fiel ihm wirr über die Schultern. Plötzlich biss er sich selbst in sein Handgelenk und lies sein Blut in den Kelch tropfen. Verwirrt beobachtete Natsuko ihn dabei. Innerlich hatte sie immer noch das brennende Verlangen, vor ihm zu fliehen. Einfach schreiend davon zu laufen. Aber sie wusste, dass sie nicht weit kommen würde und zudem schmerzte ihr Arm fürchterlich.

Als der Kelch halb gefüllt war, leckte Ichiro sich über sein Handgelenk und hielt schließlich Natsuko das Gefäß hin. Irritiert musterte sie ihn, als hätte er den Verstand verloren. Was sollte sie damit? "Trink!", befahl er nur barsch und hielt ihr weiterhin den Kelch unter die Nase. Ein seltsam süßlicher Geruch stieg ihr in die Nase und sie blickte unsicher in den Kelch. Ichiros Blut schwappte rot und dickflüssig darin rum. Sie sollte das Trinken? Nie im Leben!

Energisch schüttelte sie den Kopf und wand sich von ihm ab. "Du freches Gör!", fuhr er sie nur an, "manche würden töten für solch ein Angebot." Natsuko fand diese Worte unglaublich arrogant, wusste sie nicht, was für eine Bedeutung sein Blut hatte. "Das wird deinen Arm heilen", erklärte er schließlich seufzend, "es werden zwar schreckliche Schmerzen für einen Menschen wie dich werden, aber das hältst du schon aus. Wenn mein Bruder merkt, dass ich sein Spielzeug kaputt gemacht habe, darf ich mir noch was anhören."

Erneut sah sie zu dem Kelch und das darin befindliche Blut. Ihr schmerzender Arm schien sie fast schon zu drängen, danach zu greifen, aber alles in ihr schien sich dagegen zu sträuben. Erneut wand sie den Blick ab und ignorierte Ichiro. Erst brach er ihr den Arm und nun tat er so, als sei nichts gewesen, indem er ihn heilen wollte. Sie hatte keine Lust auf seine Stimmungsschwankungen. Überrascht merkte sie, dass sich die Brüder in diesem Punkt wirklich unheimlich ähnlich waren. Lagen diese Stimmungsschwankungen am Ende noch in der Familie?

Ichiro schien indessen so langsam die Geduld zu verlieren. Wütend setzte er den Kelch an seine eigenen Lippen und trank. Dann drehte er Natsukos Kopf, sodass diese ihn wieder ansehen musste und legte zu ihrer Überraschung seine Lippen auf ihre. Entsetzt riss sie ihre Augen auf und schmeckte im nächsten Moment Ichiros Blut in ihrem Mund. Es schmeckte gar nicht so, wie Natsuko es kannte. Es war süßlich und irgendwie betörend.

Erschrocken kam sie wieder zur Besinnung und stieß Ichiro von sich. Die Flüssigkeit in ihrem Mund schluckte sie vor Schreck runter. An ihrem Mundwinkel lief ein wenig Blut runter und sie sah Ichiro völlig entgeistert an. Was hatte er sich dabei gedacht? Dieser leckte sich nur über die Lippen und stand auf. "Wer nicht hören will, muss fühlen", murmelte er nur leise und ging zurück zu seinem Sessel.

Ehe Natsuko noch was erwidern konnte, brannte plötzlich ihre Kehle und sie hielt mit ihren Händen ihren Hals. Es war so, als hätte sie flüssige Lava getrunken. Sie schluckte einige Male heftig, aber das Gefühl verschwand nicht. Der Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen und sie sah verzweifelt zu Ichiro, der sie ausdruckslos beobachtete. "Das geht gleich vorbei", gab er nur unbeeindruckt als Erklärung von sich. Natsuko krümmte sich auf der Bank zusammen, hustete und keuchte. Noch nie hatte sie solche Schmerzen verspürt. Sie hatte das Gefühl, jeden Moment den Verstand zu verlieren. Ihr wurde kurz schwarz vor Augen und sie wimmerte leise. Es sollte aufhören, sie konnte es nicht ertragen. Was hatte Ichiro ihr angetan?

Allerdings waren die Schmerzen kurze Zeit später mit einem Schlag vorbei. So schnell, wie sie gekommen waren, gingen sie einfach wieder vorbei. Kraftlos sackte sie auf der Bank zusammen. Ihr Körper fühlte sich seltsam an. Hatte sie sich vor wenigen Sekunden noch vor Schmerzen gekrümmt, so fühlte es sich nun an, als sei jeder Muskel in ihrem Körper tiefen entspannt. Ihr Arm schmerzte zu ihrer Überraschung gar nicht mehr und als sie versuchte, ihn zu bewegen, merkte sie, dass es ihr problemlos gelang.

"Na? Runtergekommen, Prinzessin?", Ichiro, der sie die ganze Zeit beobachtet hatte, grinste sie nun gewohnt herablassend an. Mühselig rappelte sich Natsuko auf und sah sich verwirrt um. Ihr kam alles wie ein Traum vor. Sie wollte nach Hause, traute sich aber auch nicht, einfach zu gehen. Mittlerweile wusste sie nicht mehr, wozu Ichiro fähig war, wenn man ihn verärgerte.

Zittrig stand sie stattdessen auf und ging zu einem der Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen und setzte sich darauf. "Scheinbar bist du endlich vernünftig geworden", spöttisch lächelte er sie an und stützte seinen Kopf auf seine Hand. "Was war das...", Natsuko schüttelte benebelt ihren Kopf und schien mehr zu sich zu sprechen, als zu Ichiro. "Mein Blut oder besser gesagt, das Blut von Reinblütern ist etwas ganz besonderes", erklärte Ichiro ihr trotzdem gelangweilt, "es heilt Wunden in Rekordzeit, kann sogar Krankheiten von Menschen heilen und verleiht Vampiren ungeahnte Kräfte. Allerdings ist es verboten, es zu trinken, also sieh es als Ehre, dass ich es dir so bereitwillig zur Verfügung gestellt habe." Hochnäsig lächelte er sie an und Natsuko hätte am liebsten ihre Augen verdreht, was sie sich aber nicht traute. Der Kerl war wirklich ausgesprochen selbstverliebt.

Ihr Kopf schwirrte nach wie vor und sie hielt ihn sich mit einer Hand fest. Das Blut schien nach wie vor zu wirken, denn sie fühlte sich, als hätte sie eine absurd hohe Menge an Medikamenten in sich rein geschüttet. "Vielleicht war mein Blut aber auch ein wenig zu stark für dich", schien er schließlich zu bemerken, als er Natsukos Reaktion sah, "aber du wirst es schon überleben, zumindest hoffe ich das." Natsuko warf ihm einen leicht trotzigen Blick zu. Sie war sich sicher, dass es ihn sicherlich noch amüsiert hätte, wäre sie vor seinen Augen umgekippt.
 

"Beniko!", donnerte Ichiro plötzlich und Natsuko hielt sich schmerzend den Kopf, da seine laute Stimme unangenehm in ihren Ohren widerhallte. Beniko sah ihn, etwas erschrocken, an und legte dann den Kopf leicht schief. "Ja, Herr?", sagte sie schließlich und sah ihn fragend an. "Warte draußen, ich habe etwas mit Natsuko zu besprechen. Alleine", er sah sie herrisch an und Beniko verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Bevor sie die Tür hinter sich schloss, verbeugte sie sich schnell.
 

Natsuko sah indessen irritiert zu Ichiro. Was hatte er bitte mit ihr alleine zu besprechen, was Beniko nicht hätte hören dürfen? Ichiro wand sich wieder ihr zu, als die Tür ins Schloss fiel, ehe er zu sprechen begann: "Also? Was hast du denn bitte mit Satoru zu schaffen?" Natsuko bemerkt sofort den missbilligenden Unterton in seiner Stimme und stutzte. Satoru hätte sie tatsächlich in der ganzen Aufregung fast vergessen.

"Ich habe ihn heute erst kennengelernt", gab sie schließlich wahrheitsgetreu zu. Ichiro musterte sie einen Moment, scheinbar um zu sehen, ob sie die Wahrheit sprach und wand sich dann seufzend ab. Innerlich hoffte sie, dass Ichiro sie ein wenig aufklären würde. Das Verhalten der Drei vorhin war zu seltsam und verwirrend, dass sie sich wünschte, etwas Klarheit zu erfahren.

"Gut", etwas erleichtert atmete Ichiro schließlich aus und sah weiterhin zur Seite, "es hätte Probleme gegeben, wenn du mit ihm zu schaffen hättest." Natsuko stutzte. Probleme? Warum? Sie hätte so gerne nachgefragt, traute sich bei Ichiro mittlerweile aber nichts mehr.

"Wie du dir sicher denken kannst, ist Satoru ebenfalls ein Vampir, dazu nicht irgendeiner", nun drehte sich Ichiro endlich wieder zu ihr um und sah ihr direkt in die Augen, "er ist genau wie ich, ein reinblütiger Vampir. Ein Biss von ihm und ich hätte dich wahrscheinlich bald genauso beseitigen dürfen wie Seijis Mutter, was ihm glaube, so gar nicht gefallen hätte."
 

Natsuko riss schockiert die Augen auf. Satoru war ein Vampir, ein Reinblut? Natürlich hatte sie spätestens bei dem Zusammentreffen geahnt, was er war, aber niemals damit gerechnet, dass er ein Reinblut sein könnte. "Was...aber, das kann doch nicht sein...", gab sie stammelnd von sich, woraufhin Ichiro lauthals anfing zu lachen, was sie nur noch mehr irritierte.

"Natürlich glaubst du dummes Gör das nicht!", er schüttelte sich regelrecht vor Lachen, was Natsuko gar nicht gefiel, "Satoru war seit jeher besonders geschickt im Umgang mit Menschen. Seine beruhigende Aura wickelte sie schon immer reihenweise um den Finger. Es würde mich nicht wundern, wenn du dich in seiner Nähe geborgen gefühlt hättest. Das ist seine Masche."

Natsuko versetzten Ichiros Worte einen Stich ins Herz. Alles, was sie mit Satoru erlebt hatte, sollte eine Lüge sein? Sie erinnerte sich an das Gefühl der Geborgenheit, der Vertrautheit und wie sehr sich von ihm hingezogen gefühlt hatte. Das war alles eine Lüge? Eine Masche von ihm?

"Aber, er hatte so liebevoll von Beniko geredet...", gab sie nun nachdenklich von sich und war selbst über sich erstaunt, woher sie plötzlich wusste, dass es sich bei ihrem Gespräch um Beniko handeln musste. Die Reaktion der Beiden, als sie sich trafen, ließ keinen Zweifel daran.

"Beniko?", schlagartig wurde Ichiro ernst und lehnte sich interessiert etwas nach vorne, "was hat er über sie gesagt?" Seine Augen verzogen sich misstrauisch zu Schlitzen und er schien sie geradezu mit seinen Blicken zu durchbohren. "N..nichts...", erschrocken sah Natsuko Ichiro aufgrund seiner Reaktion an, "nur, dass er sie vor langer Zeit verloren hat, durch seine eigene Schuld. Er wirkte sehr traurig dabei..." Innerlich fühlte sie sich ein wenig so, als hätte sie Satoru verraten, indem sie Ichiro das so bereitwillig verriet.

"Hm...", nachdenklich lehnte Ichiro sich wieder in seinen Sessel zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und sah geistesabwesend zu Decke, "er ist wirklich ein besessener Narr..." Natsuko verstand immer weniger, umso mehr sie erfuhr. Es brannte ihr in der Seele zu erfahren, was sich zwischen den Beiden ereignet hatte, traute sich aber nicht zu fragen. "Satoru hat Beniko vor langer, langer Zeit sehr verletzt", erzählte Ichiro plötzlich etwas geistesabwesend und fixierte weiterhin die Decke, "er war ihr Herr, bevor ich es wurde. Beniko hatte sich in Satoru verliebt, so gefühlsduselig wie sie ist, aber dieser hatte seinen Spaß daran, sie zu quälen. Als sie es kaum noch aushielt, wollte sie sich das Leben nehmen, wovon ich sie abhielt. Seitdem ist sie mir eine treue Dienerin, aber ich glaube, das hat sie bis heute nicht vergessen."

Natsuko hörte fasziniert zu, sie konnte es nicht glauben, dass Ichiro ihr so viele private Sachen erzählte. Das passte gar nicht zu ihm. Langsam drehte er sich wieder zu ihr um und sah ihr ernst in die Augen: "Komm ihm nicht zu nahe, das würdest du irgendwann ganz bitter bereuen. Wie ich bereits erwähnte, du gehörst zum Akasawa-Clan, ob es mir passt oder nicht, also muss ich auf dich aufpassen." Seine Worte klangen ungewöhnlich fürsorglich, wollte er sie noch vor kurzen in einen Kerker sperren.

Natsuko sank erschöpft auf ihren Stuhl zurück. Das waren zu viele Ereignisse und Informationen für einen Tag. Sie wünschte sich eigentlich nur noch nach Hause, wünschte sich zurück zu Seiji. Den Streit mit ihm hatte sie völlig vergessen, er schien so unwichtig in Anbetracht, was sich ereignet hatte. Müde schloss sie die Augen und hoffte, dass er sie schnell finden würde, denn Ichiro machte keine Anstalten, sie gehen zu lassen.

gift (Geschenk)

Die unangenehme Stille, die sie alleine mit Ichiro ertragen musste, machte Natsuko langsam noch wahnsinnig. Sie hatte mehrmals überlegt, einfach aufzustehen und zu gehen, aber jedes Mal, wenn sie auch nur ein wenig zuckte, warf Ichiro ihr einen finsteren Blick zu. Also sank sie immer wieder aufs neue in ihren Stuhl zurück. Das war wirklich nicht besser als ein Kerker. Ichiros Anwesenheit war ihr wirklich sehr unangenehm. Zuviel hatte sich heute schon mit ihm ereignet. Er hatte ihr den Arm gebrochen, ihr sein Blut gewaltsam eingeflößt oder um es ganz einfach zu sagen, sie geküsst. Sie wusste nicht, wie sie das je hätte beichten können, also beschloss sie insgeheim, das vorerst als ihr kleines Geheimnis zu handhaben.

Unruhig rutschte sie auf ihren Stuhl hin und her. Sie fragte sich allmählich, auf was zum Geier Ichiro nur wartete. Warum ließ er sie nicht gehen? Oder fing zumindest ein Gespräch mit ihr an? Diese Stille war zumindest eine Strafe, wenn nicht gar Folter. Sie seufzte laut auf, wodurch Ichiro ihr einen missbilligenden Blick zuwarf. War es ihr nun nicht einmal erlaubt zu atmen?
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich endlich die Tür und Beniko trat ein. Viel erwartend drehte Natsuko sich zu ihr um, in der Hoffnung, nun endlich erlöst zu werden von Ichiro. "Er ist da, Herr", verkündete sie und verbeugte sich leicht. Wer war da? Natsuko warf ihr einen verwirrten Blick zu, aber kurze Zeit später konnte sie sich ihre Frage bereits selbst beantworten. Hinter ihr betrat nämlich in diesem Moment Seiji das Zimmer.
 

"Seiji...", mehr als ein Wispern kam nicht über ihre Lippen und sie sprang von ihrem Stuhl auf, um in Seijis Arme zu laufen. Ob Ichiro das dieses mal auch wieder missfiel, interessierte sie in diesem Moment herzlich wenig. Seiji schlang sofort seine Arme um Natsuko und drückte sie fest an sich. "Hier steckst du also...", murmelte er etwas unzufrieden in ihr Haar. Seine Stimme war so kraftlos, dass Natsuko sich schnell wieder von ihm löste und besorgt in sein Gesicht sah.

Er sah schlecht aus, ausgezehrt und erschöpft, wie sie ihn noch nie gesehen hatte. "Was ist mit dir?", fragte sie verwirrt und strich ihm vorsichtig durchs Gesicht. "Alles in Ordnung", er nahm ihre Hand und lächelte sie schwach an. Sofort war ihr klar, dass er sie anlog, aber trotzdem schwieg sie.

Sanft schob er sie ein wenig beiseite und sah Ichiro an, der ihn ausdruckslos musterte. Offensichtlich war es für ihn keine besondere Überraschung, dass Seiji da war. Natsuko glaubte mittlerweile sogar, dass es Seiji war, auf den Ichiro die ganze Zeit gewartet hatte. Irritiert fragte sie sich in Gedanken, woher er das hätte wissen können.

"Was macht sie hier?", fragte Seiji schließlich und hatte offensichtlich größte Mühe, die Kontrolle zu behalten. "Ich finde, dass sollte die Kleine dir selbst erzählen", lächelnd stützte er seinen Kopf wieder in seine Hand und sah Seiji vielsagend an. Sofort verfluchte Natsuko ihn für seine mehrdeutigen Worte und hoffte, dass Seiji das nicht falsch verstand.

Dieser sah Ichiro nur mit zusammengezogenen Augen an, drehte sich dann aber plötzlich wortlos um und zog Natsuko aus dem Zimmer. Ichiro machte keine Anstalten, sie aufzuhalten und Beniko verbeugte sich erneut leicht, als sie den Raum verließen.
 

Schweigend zog er Natsuko aus der Festung. Sie konnte seine Gefühle überhaupt nicht deuten in diesem Moment. Es hätte alles sein können. Angefangen von Wut, Enttäuschung, vieleicht sogar Reue. Aber allen voran sah Seiji unglaublich erschöpft aus und so ließ sie ihn in Ruhe, da sie ohnehin schon Angst hatte, dass er jeden Moment vor ihr in die Knie gehen könnte.
 

Als sie zu Hause ankamen, ließ er ihre Hand los und ging direkt in das Schlafzimmer. Sie hörte von weiten das Bett quietschen, als er sich scheinbar darauf gelegt hatte. Etwas verwirrt folgte sie ihm und sah ihn tatsächlich dort liegen. Die Arme hatte er über seine Augen gelegt und Natsuko meinte, dass er sogar schwerer atmete, als sonst.

"Seiji?", nun bekam sie langsam Angst und setzte sich vorsichtig neben ihn, aber er bewegte sich keinen Millimeter. Sanft zog sie seine Arme von seinen Augen, damit sie ihn ansehen konnte. Er sah sie mit einem Ausdruck in den Augen an, den sie nicht deuten konnte. Was ging in seinem hübschen Kopf nur vor sich? Als er keine Anstalten machte, etwas zu sagen oder zu tun, versuchte sie es erneut: "Was ist los, Seiji? Wenn es wegen heute Morgen ist, ich bin dir nicht böse, nicht mehr." Sofort schüttelte Seiji seinen Kopf, was ihr wohl bedeuten sollte, dass es nicht daran lag.

"Ich weiß, dass du so viel wissen möchtest, Natsuko. Ich hasse mich selbst dafür, dass ich es nicht schaffe, dir das zu geben, was du brauchst", Seiji brach sein Schweigen und drehte den Kopf zur Seite, damit Natsuko ihm nicht mehr direkt in das Gesicht sehen konnte, "in meiner Familie ist so viel passiert, so vieles, was ich einfach nur vergessen möchte. Es ist wie ein Albtraum, aus dem ich nicht aufwache, egal was ich tue. Es ist nicht fair, dass ich dich damit belaste, aber ich kann einfach nicht anders..."

Natsuko sah ihn ergriffen an. Dass er ihr so viel erzählte, ihr so tiefe Einblicke in seine Seele gab, erstaunte sie. Leicht schüttelte sie den Kopf: "Es ist okay. Du musst nicht weitersprechen, es reicht mir, dass du es versucht hast. Vielleicht fühlst du dich irgendwann dazu bereit, aber für den Moment reicht mir das. Ich möchte nicht, dass du dich zu irgendetwas zwingst." Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und drehte ihn wieder zu sich. Liebevoll sah sie ihm in die Augen und lächelte ihn an. Seijis Blick hatte immer noch diesen undefinierbaren Ausdruck und doch wurden seine Gesichtszüge langsam weicher. Er richtete sich auf und drückte sie fest an sich, ehe er in ihr Ohr flüsterte: "Danke."

Mehr war es nicht, ein einfaches 'Danke' und doch schien seine Stimme fast unter diesem kleinen Wort zusammenzubrechen. Er löste sich von ihr und sah ihr tief in die Augen. "Liebst du mich, Natsuko?", seine Miene wurde ernst und Natsuko musterte ihn kurz irritiert, als sie mit fester Stimme und ohne Zweifel antwortet: "Ja, über alles." Endlich verzogen sich seine Lippen zu einem liebevollen Lächeln und er strich ihr eine Strähne hinter das Ohr. "Richtige Antwort, braves Mädchen", kam es schmunzelnd von ihm, ehe er seine Arme um ihren Hals legte und sie plötzlich ein leises Klicken hörte.

Überrascht sah sie an sich runter und bemerkte eine Kette, die nun an ihrem Hals baumelte. Verwirrt betrachtete sie sie und stellte fest, dass es ein fein geschliffener türkisener Kristall war. An einer schmucklosen Kette hing er nun um ihren Hals. "Was-", setzte sie irritiert an, wurde aber von Seiji unterbrochen: "Diese Kette ist etwas Besonderes, also versuch sie möglichst nicht zu verlieren. In ihr ruht ein Teil meiner Kraft. So kann ich dich jederzeit finden und dir zu Hilfe kommen, falls es nötig wird." Er nahm die Kette zwischen die Finger und betrachtete sie schweigend.

Natsuko indessen sah verwirrt von ihm und dem Schmuckstück an ihrem Hals hin und her. "Bist du deswegen so geschwächt?", kam es plötzlich unvermittelt von ihr. "Schlaues Mädchen", schmunzelte er leicht, "ich bin es noch nicht gewohnt und ich muss gestehen, es macht mich ziemlich fertig." Dass Seiji ihr so offen Schwäche zeigte, war ungewohnt, aber es rührte sie auch sehr. Es zeigte ihr, wie sehr er ihr mittlerweile vertraute. Niemand anderem würde er sich wahrscheinlich so zeigen. Sie warf sich fast schon in seine Arme und flüsterte voller Liebe ein leises "Danke" in sein Ohr. Lächelnd erwiderte er ihre Umarmung und flüsterte nur zurück: "Gern geschehen." Kurz darauf war er schon erschöpft in ihren Armen eingeschlafen, was ihm bisher noch nie passiert war.
 

Am nächsten Morgen war Seiji gewohnt früh wieder auf und hatte somit die Chance, seine Liebste im Schlaf zu beobachten. Lässig stützte er sich auf seinen Arm und betrachtete sie ausgiebig. Sie war so viel anderes, als die vielen Vampirmädchen, die ihm bisher den Hof gemacht hatten.

Ihr langes, blondes Haar ergoß sich wie ein Teppich über das Kissen. Er liebte ihr Haar besonders, versank so unzählige Male schon darin. Er runzelte leicht die Stirn, als er abermals bemerkte, dass sie durch und durch menschlich aussah und wie sehr ihm das gefiel. Die Vampirfrauen, zumindest der Großteil davon, waren makellos und perfekt. Alle sahen sie fast gleich aus, kaum eine schien sich von der anderen zu unterscheiden. Seiji fühlte sich oft an eine Schar von Marionetten erinnert.

Sein Blick wanderte zu ihrem zarten Hals, an der seine Kette hing. Selbst im Schlaf hatte sie sie nicht abgenommen, was ihm zu lächeln brachte. Lüstern blieb er aber an ihrem Hals hängen, spürte fast, wie das warme Blut in ihren Adern floss. Er hatte schrecklichen Hunger, spätestens seit gestern, wo er solch einen großen Teil seiner Kraft geopfert hat. Seine Augen glühten unbewusst rot auf und mit letzter Kraft stand er auf und verließ das Schlafzimmer.

Er wollte nie wieder, dass sie ihn deswegen so anschrie. Keuchend betrat er das Badezimmer, zog sich schnell aus und ließ dann eiskaltes Wasser auf seinen Körper fallen, bis seine Gier langsam nachließ.
 

Natsuko schlug indessen langsam ihre Augen auf. Als sie merkte, dass Seiji abermals nicht da war, setzte sie sich kerzengerade im Bett auf. Für einen Bruchteil einer Sekunde hatte sie Angst, dass er schon wieder fort war. Sie stand hastig auf und ging in den Flur, doch als sie das Geräusch der Dusche hörte, atmete sie erleichtert auf.

Leicht schläfrig schleppte sie sich in die Küche, um sich ein kleines Frühstück zu genehmigen, solange Seiji noch unter der Dusche war. Sie hörte ein leises Klimpern, als sie sich grade über die Spüle beugte, um Wasser in einen Teekessel zu füllen. Kurz irritiert sah sie an sich runter und ihr Blick fiel auf die Kette. Nachdenklich griff sie mit einer Hand danach und betrachtete den feinen Kristall. Er war wunderschön, fiel ihr auf, als sie ihn nun im hellen Morgenlicht betrachtete. Es gab ihr ein Gefühl der Sicherheit, dass sie Seiji nun jeden Tag ganz nah sein konnte, auch wenn er nicht da war. Erst als das Wasser schon überlief, konnte sie den Blick davon abwenden und drehte leicht fluchend das Wasser aus. Sie stellte den Kessel auf den Herd und suchte sich etwas aus dem Kühlschrank zusammen, was sie essen konnte.
 

Seijis Haut war eiskalt, als er aus dem Bad trat, was er selbst aber kaum bemerkte. Es fiel ihm schwer, seine Triebe zu unterdrücken, besonders in seinem geschwächten Zustand. Langsam ging er in das Schlafzimmer und bemerkte, dass Natsuko nicht mehr dort war. Er ließ etwas verwirrt den Blick schweifen, hörte dann ein Klappern in der Küche und begab sich dorthin.
 

Natsuko saß am Tisch und schob sich grade ein Toast mit Marmelade in den Mund. Lächelnd ging er zu ihr und drückte ihr einen sanften Kuss auf ihr Haar. "Guten Morgen, Natsuko", er sog tief ihren unwiderstehlichen Duft ein und hatte Mühe, seine Gier weiterhin zu unterdrücken. Wie gerne hätte er nun auch gefrühstückt, hielt sich aber eisern zurück.

Natsuko schluckte ihren Bissen hastig runter und murmelte ein leises "Morgen". Seiji ließ sich ihr gegenüber auf einen Stuhl fallen und beobachtete sie schweigend beim Essen, was ihr offensichtlich nicht besonders zu gefallen schien, denn sie warf ihn einen leicht mürrischen Blick zu.

"Natsuko", setzte er an und legte seinen Kopf in eine Hand, wie sie es mittlerweile schon oft bei Ichiro beobachtet hatte, "nächste Woche musst du zurück zur Uni, richtig?" Damit hatte er scheinbar ein unangenehmes Thema für Natsuko angesprochen, denn diese verzog missmutig das Gesicht. "Ach ja...", kam es dann ärgerlich von ihr. Tatsächlich hatte sie das in dem ganzen Trubel völlig vergessen.

Sie studierte an einer kleinen Uni, direkt in der Nähe, Literatur. Bald würde das nächste Semester anfangen nach den vergangenen Ferien. Auch wenn das ihr letztes Jahr war, so hatte sie keine besonders große Lust darauf. Sie hatte das Gefühl, dass sie nicht die Zeit dafür hatte, zumal es mit Seiji und der ganzen Sippe von Vampiren momentan ohnehin nicht einfach war. "Das ist wichtig, Natsuko", meinte Seiji nur, der versuchte ernst zu bleiben, was ihm aber nicht gelang, denn kurze Zeit begann er schon amüsiert zu schmunzeln.
 

Er selbst hatte noch nie eine Schule besucht und hatte auch kein besonders großes Interesse daran. Das, zumeist unnötige, Wissen der Menschen interessierte ihn nicht, so hatte er Natsuko einmal erklärt. Außerdem meinte er, dass es für Vampire seiner Abstammung, unter aller Würde war, allzu sehr am Leben der Menschen teilzuhaben. Er lebte schon mit einem Menschen zusammen und musste sein Leben schon genug nach ihr ausrichten, dass er sich das nicht auch noch zumuten wollte. Alleine die Tatsache, dass er sich sehr quälend angewöhnt hatte, die meiste Zeit am Tage wach zu sein, war schon ein großes Opfer für Natsuko.

Die Mythen, dass Vampire nur nachts leben konnten, wurden den Menschen durch zu viele Fantasygeschichten irgendwann einmal übermittelt. Tatsächlich konnten sich Vampire ohne Probleme in der Sonne bewegen, aber dafür waren sie dennoch um einiges stärker, sobald es Nacht wurde.
 

"Was weißt du schon von Universitäten...", gab Natsuko nur grummelnd von sich und biss trotzig von ihrem Toast ab. "Nichts", gab er kopfschüttelnd zu, "aber für Menschen ist es dennoch wichtig." Natsuko merkte schnell, dass dieses Gespräch nirgendwo hinführen würde und so ließ sie es bleiben.

Sie musste sich einfach damit abgeben, dass sie dieses letzte Jahr noch hinter sich bringen musste. Allerdings fragte sie sich immer, was danach wohl sein würde. Würde sie danach arbeiten gehen? Wollte sie das denn? Musste sie das überhaupt bei Seiji? Aber sie fühlte sich nie in der Lage, mit Seiji darüber zu sprechen. Noch schwieriger, als das Thema Familie, war für sie das der Zukunft. Sie wurde von Jahr zu Jahr älter, das wusste sie sehr wohl, während Seiji für eine schiere Ewigkeit jung bleiben würde. Würde Seiji auch bei ihr bleiben, wenn sie alt sein würde? Sie konnte es sich schwer vorstellen. Andererseits würde der Bund, den sie mit ihm hatte, sonst gar keinen Sinn ergeben.
 

"Die letzten Tage waren nicht einfach", fing er plötzlich an und Natsuko stutzte leicht, "deswegen lass uns die Zeit nutzen, bis der Alltag wieder losgeht, ja?" Er schenkte ihr ein sagenhaftes Lächeln, welches Natsuko in sekundenschnelle schwach werden ließ. Stumm nickte sie ihn freudestrahlend an.
 

Die nächste Woche verging für Natsuko so rasend schnell, dass sie kaum zu Atem kam. Seiji verhielt sich wie der perfekte Freund, plante Ausflüge und behandelte sie so liebevoll wie fast nie zuvor. Es schien so, als würde er sich für all das entschuldigen wollen, was in letzter Zeit passiert war. Von Ichiro, Beniko oder irgendwem anders kam in der ganzen Zeit nichts mehr, sodass Natsuko sie schon fast vergaß. Sie und Seiji waren wie früher, unbeschwert, frei und so verliebt wie zuvor. Es war, als hätte jemand die letzte Zeit einfach ungeschehen gemacht.
 

Umso schneller kam der Tag, als Natsuko sich früh aus ihrem Bett quälte, weil der Wecker einen absurd nervigen Ton von sich gab. Murrend verkroch sie sich unter der Decke und wäre beinahe wieder eingeschlafen, hätte ihr Seiji nicht herzlos die Decke weggezogen. "Aufwachen, Schlafmütze!", grinsend stand er vor ihr und blickte auf sie runter. Natsukos Herz setzte fast aus, als sie sah, dass ihr Freund bereits angezogen und gestylt vor ihr stand.

Er sah atemberaubend gut aus. Eine schwarze Hose, an der eine lange Kette baumelte und ein dunkelblaues Top, über das sich eine schwarze Weste spannte, schmückten seinen Körper. Um seinen Hals waren einige Ketten gelegt und seine Haare waren lässig nach hinten hoch gestylt, wie Natsuko es so liebte.

"Und wo willst du hin?" misstrauisch musterte sie ihn von oben bis unten und setzte sich langsam im Bett auf. "Hm?", überrascht zog er seine Augenbrauen in die Höhe und sah sie verständnislos an, "dich begleiten, würde ich mal stark meinen." Er grinste sie belustigt an und schien seinen Spaß an ihrem missmutigen Gesicht zu haben.

Natsuko wusste genau, was das hieß. Ihre weiblichen Mitstudierenden würden scharenweise umkippen und ihre männlichen Kollegen danach sicher nie wieder ein Wort mit ihr wechseln. Einmal hatte er sie mal zur Universität begleitet und es war im Chaos geendet. Sie wusste aber auch, dass sie Seiji nicht von seinen Plänen abhalten konnte, wenn er sich was in den Kopf gesetzt hatte. Seufzend stand sie vom Bett auf, ging wortlos an ihm vorbei und verschwand im Bad, um sich fertigzumachen.
 

Kurze Zeit später fand sie sich in einem kurzen Rock und einer weißen Bluse wieder. Neben Seiji wirkte sie wie das reinste Mauerblümchen und sie verfluchte es jetzt schon, dass er sie begleitete, auch wenn sie insgeheim auch glücklich darüber war, mit ihm noch etwas Zeit zu verbringen. Ihr störrisches Haar ließ sich an diesem Morgen kaum bändigen, also hatte sie es zu einem lockeren, geflochtenen Zopf zusammengebunden, der ihr vorne über die Brust fiel. Nicht unbedingt die beste Wahl, um nicht noch mehr wie ein Mauerblümchen zu wirken.

Seufzend verließ sie mit Seiji, der ein Dauergrinsen aufgelegt hatte, das Haus Richtung Universität. Sie hatte die leise Befürchtung, dass das nicht gut enden konnte.

everyday life (Alltag)

Der Weg zur Universität war kurz, sodass Natsuko kaum eine Chance hatte, sich innerlich darauf einzustellen. Den kurzen Weg bis dahin hielt Seiji grinsend ihre Hand, erst als das Tor, dass auf das Universitätsgelände führte, in Sichtweite kam, ließ er los. Nachdem Natsuko ihm bei seinem ersten Auftritt nahezu angefleht hatte, die Beziehung möglichst zu verheimlichen, hielt er sich jetzt fast schon penibel daran.
 

Vor dem Tor konnte Natsuko schon von weiten eine Schar an Studenten ausmachen. Einige redete aufgeregt mit ihren Mitstudierenden, fielen sich quietschend und lachend um den Hals und schienen es kaum zu erwarten, das neue Semester zu beginnen. Andere wiederum sahen resigniert auf das große Gebäude und seufzten kaum hörbar. Natsuko gehörte definitiv zu der zweiten Gruppe. Alleine der Gedanke, in den normalen Alltag zurückzukehren, ließ sie sich in die vielen Seufzer mit einstimmen.

Seiji beobachtete sie indessen nur amüsiert. Offensichtlich hatte er seinen Spaß an ihren vielen Gefühlsregungen. Innerlich musste er aber seinen Drang unterdrücken, sie nicht wieder bei der Hand zu nehmen und sich an ihrer Reaktion zu weiden. Er wusste, dass sie unglaublich wütend werden würde, aber er mochte auch diese Seite sehr an ihr. Solch überschwänglichen und vor allem offenen Gefühle vermisste er sehr bei dem Umgang mit Vampiren. Jeder war auf seinen Ruf bedacht und käme nicht mal im Traum daran, in der Öffentlichkeit zu schreien oder gar zu weinen. Auch, wenn er in letzter Zeit seine Emotionen nicht so gut im Griff hatte, wie sonst.
 

Als sie grade das Gelände betreten wollten, drang eine unangenehme Stimme an Seijis Ohr. "Natsukooo!", stürmisch wurde seine Freundin von einem braunhaarigen jungen Mann umarmt, woraufhin diese fast von den Füßen gerissen wurde. "Kenta!", kam es japsend von ihr und sie drehte sich zu demjenigen um, welcher sie so stürmisch von hinten umarmt hatte. "Wie ich sehe, hast du die Ferien überlebt", er grinste sie leicht an, ehe er spöttisch hinzufügte, "ohne dich wäre es auch verdammt langweilig geworden."

Seijis Augen verengten sich indessen zu schmalen Schlitzen und er versuchte Kenta regelrecht mit seinen Augen zu durchbohren. Dieser Junge war ihm seit seiner ersten Begegnung mit ihm ein Dorn im Auge gewesen. "Hast du wieder diese Type im Schlepptau", Kentas Miene schlug mit einem Mal um und er sah Seiji missbilligend an. "Kenta!", tadelte Natsuko ihn erschrocken und sah dann zu Seiji, um zu sehen, wie er reagieren würde. Dieser setzte das falscheste Lächeln auf, was sie je an ihm gesehen hatte, beugte sich zu Kenta runter und raunte bedrohlich: "Pass auf, was du sagst, Kleiner".

Tatsächlich war Kenta kaum größer als Natsuko, wodurch die Beschreibung mehr als passte, da sich Seiji weit zu ihm herunterbeugen musste. Alles in allen war Kenta so unauffällig und unscheinbar, dass es richtig erfrischend war für Natsuko, in seiner Nähe zu sein. Nach den ganzen Supermodels der letzten Zeit war er wie eine rettende Insel.
 

Kenta Yamamoto, selbst sein Name war unauffällig, war mit Natsuko seit dem Kindergarten befreundet. Er trug kurzes, braunes Haar, hatte unauffällige, braune Augen und ein unscheinbares Gesicht. Kurz um, er war die genaue Definition von langweilig. Natsuko mochte ihn trotzdem unglaublich gerne. Er hatte schon so viel mit ihr erlebt, ihr über so viele schwere Zeiten hinweg geholfen und war nun auch noch an derselben Universität wie sie. Erst jetzt merkte sie, wie sehr sie dieses offene und erfrischend normale Wesen, während der Semesterferien vermisst hatte.
 

Dessen Laune schien allerdings nach Seijis Worten ein wenig getrübt geworden zu sein. Grummelnd sah er zu Seiji hoch, wagte sich aber nicht mehr, noch etwas zu sagen. Seine einschüchternde Präsenz ging wohl selbst an ihm nicht vorbei. Seiji schnappte sich jetzt doch Natsukos Hand und zog sie von Kenta weg. Schnell drehte sie sich noch einmal um und formte die Lippen zu einem "Wir sehen uns später", ehe sie von Seiji weggeschleift wurde. Sie wollte an ihrem ersten Tag nicht direkt wieder einen Streit provozieren.
 

Ein Stück später ließ Seiji ihre Hand wieder los, wohl daran erinnert, dass er das nicht sollte. "Diesem unverschämten Kerl muss ich wohl nochmal Manieren beibringen", murmelte er grimmig leise vor sich her. Natsuko musste ein Lachen unterdrücken, so trotzig wie Seiji in diesem Moment aussah. Eigentlich sollte er genau wissen, dass Kenta für sie nur ein wertvoller Freund war, nicht mehr. "Lass ihn bloß in Ruhe!", meinte sie scherzhaft und gab ihm einen kleinen Klaps auf die Schulter. Ein leichtes Grinsen erhellte nun endlich seine Miene und zusammen schlenderten sie weiter über den Campus.
 

Natsukos erste Vorlesung galt antiker Literatur, nicht unbedingt ihr liebstes Fach. Unschlüssig blieb sie vor dem Hörsaal stehen und drehte sich zu Seiji um. "Bis hierhin reicht es, denke ich", sie lächelte ihn leicht an und wollte ihm mit ihren Blicken vermitteln, dass er nun gehen konnte. Sanft strich er mit seinen Fingern ihren Arm entlang und grinste leicht, als er merkte, wie sehr sich wohl auch Natsuko zurückhielt, ihn nicht zum Abschied zu umarmen. "Bis später, Natsuko", er beugte sich schnell runter, gab ihr einen Kuss auf ihr Haar und drehte sich dann lachend um, als Natsuko ihn schon verärgert abschüttelte. Der Kerl war wirklich unmöglich!

Leicht errötet sah sie ihrem Freund hinterher und merkte nun auch, wie sich Scharen nach ihm umdrehten. Manche Mädchen starrten ihn mit so offener Bewunderung an, dass ihre Gesichtsausdrücke völlig entgleisten. Sie sahen dabei unglaublich dämlich aus. Aber für normale Menschen sah Seiji einfach so aus, als ob ein bekanntes Model oder Filmsternchen einfach über einen Campus laufen würde. Das war definitiv keine Normalität und Natsuko musste schmunzeln. Schließlich gehörte ihr dieser bewunderte Mann ganz alleine.
 

Sie suchte sich einen letzten Platz in dem großen Hörsaal und ließ ihren Kopf seufzend auf die Bank nieder. Sie war so unglaublich demotiviert. Nach den ganzen Ereignissen fühlte sie sich in der Universität nicht mehr wohl. Innerlich dachte sie aber auch daran, dass sie nicht unweit von hier Seiji kennengelernt hatte und es ohne ihr Studium wahrscheinlich nie so weit gekommen wäre. Sie musste diesem Ort also wohl oder übel auch ein wenig Dankbarkeit entgegenbringen.

Kurze Zeit betrat ihr Professor für antike Literatur den Raum und das anfängliche Stimmengewirr ihrer Mitstudenten wurde augenblicklich stumm. Isamu Kobayashi, angeführt von diversen Titeln, war einer ihrer unliebsamen Professoren. Er war streng und verlangte teilweise unmenschlich viel von seinen Studenten. Zumal schien er eine nahezu besessene Leidenschaft zu der Antike zu besitzen und vergaß sich hin und wieder in seinen Vorträgen. Natsuko musterte ihn missmutig und versuchte angestrengt irgendetwas von dem zu behalten, was er in unglaublicher Geschwindigkeit runtererzählte.
 

Sie überlebte seine Vorlesung mit viel Mühe und suchte dann nach ihrem Freund Kenta. Im Gegensatz zu ihr studierte er hier Biologie, was ihn irgendwie noch nerdiger erscheinen ließ. Sie hatte ihn schon oft im Labor angetroffen, wie er allerhand sezierte oder mit irgendwelchen Plastikschalen herumhantierte, wo sie persönlich gar keine Ahnung von hatte. Er schien aber darin völlig aufzugehen und manchmal bewunderte sie ihn für seine Leidenschaft. Nicht verwunderlich war es daher, dass sie ihn in einem Labor fand, wo er grade hoch interessiert ein Reagenzglas hin und her schwenkte und sich freute wie ein kleines Kind, als sei irgendetwas passiert, auch wenn Natsuko nichts erkennen konnte.

"Kenta", sie betrat das kleine Labor und trat an ihren Freund heran, der vor Schreck fast das Reagenzglas fallen gelassen hätte. "Natsuko, verflucht nochmal", fuhr er sie leicht an, aber sie wusste, dass er es nicht ernst meinte, weil er sich kurz darauf grinsend zu ihr umdrehte, "erschrick mich nochmal so und du hast bald Gesellschaft von ein paar Fröschen in deinem Bett." Natsuko schmunzelte leicht, ehe sie ihn spaßeshalber einen leichten Klaps auf den Kopf gab, worauf er gespielt schmollend protestierte. Seine Gegenwart fühlte sich unglaublich gut an. Diese Art der Normalität hatte eine heilende Wirkung auf sie und langsam war sie doch wieder froh, dass die Uni wieder begonnen hatte.

"Lass uns essen gehen!", sagte sie schließlich, während sie ihn anstrahlte, woraufhin er sich seinen Kittel auszog und ihr lachend folgte. Seinen Arm hatte er dabei in den ihren verschränkt.
 

Kurze Zeit später saßen sie in der Mensa. Natsuko biss von einem gekauften Sandwich ab, was irgendwie nicht wirklich schmeckte und beobachtete ihren Freund, der bereits am frühen Morgen eine riesige Schüssel Nudelsuppe verschlang. Ein wenig bewunderte sie sein absurden Appetit um diese Zeit.

"Und? Sag schon! Was hast du nur mit diesem Typen von vorhin zu schaffen?", mit halbvollem Mund wand er sich ihr zu und sah sie fragend an, "ist er dein verschollener Bruder? Mysteriöser Cousin? Oder dein Entführer? Soll ich vielleicht die Polizei rufen?" Die Vorstellung, wie Polizisten versuchten, Seiji festzunehmen, brachte sie sofort zum Prusten. "Kenta!", tadelte sie ihn erneut, "nichts davon, okay?" "Also ist er doch dein Freund, oder wie?", Kenta hob eine Augenbraue und sah sie zweifelnd an. Natsuko wurde leicht rot, er kannte sie wirklich zu gut, ehe sie leicht verschämt nickte. Es war wohl nichts dabei, wenn ihr bester Freund davon wusste.

Kenta ließ sein Besteck leicht sinken und musterte sie kurz ausdruckslos, ehe sein Gesicht sich wieder zu einem Grinsen verzog: "Gott, hat der einen schlechten Geschmack." Laut protestierend warf Natsuko ihn mit einer Tomate aus ihrem Sandwich ab, die direkt in seinem Gesicht landete. "Hey!", rief er verärgert, beugte sich zu ihr über den Tisch und zerwühlte ihre Haare, wodurch sie ihr langer Zopf sofort löste. Wild und ungebändigt fiel ihr die blonde Mähne nun über die Schultern. "Kentaaa...", jammerte sie laut und versuchte zu retten, was noch zu retten war, aber vergeblich. "Strafe muss sein", lachte er zufrieden und widmete sich wieder seinem Essen, während Natsuko verzweifelt versuchte, ihre Haare glattzustreichen.
 

Die Zeit mit Kenta hatte ihr gutgetan, auch weil sie ihm endlich sagen konnte, wie sie zu Seiji stand. Es hatte sie manchmal ein wenig geärgert, ihm so im Dunkeln zu lassen. Als ihr Unterricht vorbei war, lief sie über das große Universitätsgelände, zum Ausgangstor. Kenta war noch ein wenig dort geblieben, weil er irgendein Experiment jetzt nicht alleine lassen konnte. Sie streckte sich müde und verließ schließlich die Universität.
 

Auf halber Strecke nach Hause vernahm sie plötzlich Schritt hinter sich. Kurz bildete sie es sich nur ein, aber merkte schnell, dass sie verfolgt wurde. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und drehte sich um und blickte direkt in rot-braune Augen. "Satoru!", japste sie laut und wich unbewusst einige Schritte zurück.

Dieser sah sie aufgrund ihrer Reaktion etwas gekränkt an. "Natsuko...", sein Gesicht verzog sich zu einem leicht traurigen Lächeln, "scheinbar weißt du nun, wer ich bin, was?"

Natsuko sah sich irritiert um. Bis nach Hause wäre es nicht weit, vielleicht konnte sie bis dahin rennen. Dort wäre schließlich auch Seiji, der sie beschützen würde. Als sie aber Satorus gekränktes Gesicht sah, konnte sie sich nicht von der Stelle rühren, sondern nickte nur leicht. Ein lautes Seufzen entkam ihm und er fasste sich mit einer Hand durch das lange Haar, dass in einem langen Zopf über seinen Rücken fiel.

"Verstehe", meinte er dann etwas enttäuscht, "wahrscheinlich nichts Gutes, was?" Er sah ihr direkt in die Augen und Natsuko wusste nicht, was sie ihm sagen sollte. "Ich möchte nur klar stellen, dass ich dich zu keinem Augenblick bewusst manipuliert habe", sagte er plötzlich völlig überraschend und drehte sich um, "ich habe die Zeit mit dir wirklich sehr genossen, Natsuko." Diese haderte kurz, ehe sie ein unüberlegtes "Warte" hinterherrief. Augenblicklich blieb Satoru stehen, wand sich aber nicht um. "Ich habe es auch sehr genossen...", gab sie kleinlaut zu und wusste, dass es der Wahrheit entsprach.

Entgegen aller Erwartungen mochte sie den Mann, ob dies nun Manipulation war oder nicht, wusste sie allerdings nicht. "Danke", kam es nur leise von ihm, ehe er ohne ein weiteres Wort wegging.
 

Natsuko sah ihm solange hinterher, bis er nicht mehr zu sehen war und seufzte leise. Sie wusste nicht, was sie mit ihm machen sollte und wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Sie hatte bereits so viel von ihm erfahren und doch kamen diese Informationen von Ichiro und der hätte ihr in seiner Boshaftigkeit auch alles erzählen können. Langsam kamen ihr Zweifel an Ichiros Erzählungen und in ihr keimte der leise Wunsch, Satoru irgendwann selbst zu fragen, was damals passiert war.

Nun drehte sie sich aber wieder um, denn sie wollte schnell zurück zu Seiji. Nachdem sie die ganze Zeit zusammen waren, fühlte sie sich seltsam verlassen, nach nur einem Tag ohne ihn.
 

Freudestrahlend betrat sie das Haus und rief ein lautes "Ich bin wieder da". Doch stattdessen Seiji sie begrüßte, hörte sie nur ein lautes Klirren aus dem Wohnzimmer, stutzte leicht, ehe sie direkt dorthin rannte.

consequences (Konsequenzen)

Wie zu erwarten stand Seiji im Wohnzimmer. Das Fenster dort war in tausend Teile zersprungen und er stand inmitten davon. Als Natsuko das Zimmer betrat, drehte er sich blitzschnell, wie ein wildes Tier, zu ihr um. Seine Augen glühten rot und seine Miene war finster.

"Seiji..?", erschrocken sah sie ihren Freund an und merkte, dass in ihr sogar etwas Angst aufstieg. Wieso konnte nicht mal eine kurze Zeit vergehen, wo nichts passierte? Seiji funkelte sie ohne Verstand an, musterte sie wie ein Tier, das seine Beute beobachtete. Langsam ging Natsuko trotzdem auf ihn zu. Sein Verhalten erinnerte ihn an Kazuya an jenem Tag, an dem er sie angefallen hatte.

Dennoch ging sie auf ihn zu, trat aber auf halbem Weg in eine Glasscherbe. Ihr Schuhe hatte sie im Eingangsbereich schnell abgestreift und nun bohrte sich das Glas durch ihre Socken in ihr Fleisch. Schmerzvoll zuckte sie zusammen und ging auf die Knie.

Aus den Augenwinkeln erkannte sie, wie Seiji geschmeidig, wie eine Katze, zu ihr kam und sich zu ihr herunterbeugte. Schweigend zog er ihr die Socke von dem blutenden Fuß, was ein unangenehmes Stechen verursachte. "Seiji?", abermals versuchte sie zu ihm durchzudringen, aber er sah nur zu ihrer Wunde. Geistesabwesend strich er mit dem Finger über ihren Fuß und fing so etwas Blut auf. Natsuko zuckte schmerzvoll auf und verzog das Gesicht. Seiji indessen führte die blutigen Finger zu seinem Mund, leckte das Blut von diesen und schloss genüsslich die Augen.

Ungläubig beobachtete Natsuko ihn dabei. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte, geschweige denn, was sie tun sollte. Vor ihr stand ein völlig anderer Seiji als noch am Morgen. Wieder einmal überforderte sein Stimmungsumschwung sie völlig. Langsam öffnete er seine Augen wieder, die immer noch rot glühten und sah sie für einen kurzen Moment ausdruckslos an.

Dann stürzte er schon fast nach vorne, packte sie grob an den Schultern und drückte sie zu Boden. Gierig fletschte er seine Zähne und sah wie hypnotisiert zu ihrem Hals. "Seiji!", verzweifelt versuchte Natsuko sich loszureißen, was ihr aber nicht gelang, Seiji bewegte sich nicht einmal einen Millimeter. "Bitte, hör auf...", Tränen sammelten sich in ihren Augen, "komm zu dir!" Aber Seijis Griff verstärkte sich nur noch, bohrte sich regelrecht in ihre Schultern, sodass Natsuko vor Schmerz verstummte. Seiji war definitiv nicht bei Sinnen und sie wusste nicht, wozu er in diesem Zustand in der Lage war. Ängstlich kniff sie die Augen zusammen und wartete, was geschehen würde.
 

Als allerdings nichts geschah, sondern sie plötzlich merkte, dass Seijis Griff sogar lockerer wurde, machte sie die Augen erneut auf. Schockiert riss sie diese auf, als sie merkte, was der Grund dafür war. Neben ihr hatte sich Beniko zu ihr runtergekniet und Seiji hatte seine Fangzähne in ihrem Arm vergraben, den sie offensichtlich zwischen die Beiden geworfen hatte. Mit rot funkelnden Augen sah er direkt in Benikos blauen.

"Komm zu dir!", rief sie mit fester Stimme und hielt Seijis ganzer Kraft stand, zuckte nicht einmal, obwohl Blut stetig zu Boden tropfte. Kurz darauf riss Seiji erschrocken die Augen auf und wankte ein Stück zurück. "Was..", mehr brachte er nicht heraus und starrte schockiert zwischen den beiden Frauen hin und her. "Was ist nur los mit dir?", Beniko schüttelte leicht ihren Arm und leckte dann ihr eigenes Blut ab, "wie kannst du dich nur selbst so aushungern?"

Natsuko rappelte sich indessen wieder auf und sah leicht verwirrt zu Beniko, die neben ihr kniete und spürte, wie dankbar sie dieser Frau war. Sie war sich nämlich nicht sicher, wie diese Sache sonst geendet hätte.
 

Seiji wand getroffen den Blick ab, sodass seine Haare seine Augen verdeckten. Er atmete angestrengt und schien nicht zur Ruhe zu kommen. Dann stand er abrupt auf und stürmte aus dem Raum. Kurze Zeit später hörte man das laute Knallen der Badezimmertür. Dann wurde es still.
 

"Was war das...?", sichtlich verwirrt schüttelte Natsuko den Kopf und musste sich erst einmal wieder fassen. "Natsuko", Beniko drehte sich zu ihr um und musterte sie ernst, wenn nicht sogar etwas vorwurfsvoll, "gibst du Seiji kein Blut?"

Die Frage überrumpelte Natsuko, denn sie starrte Beniko sprachlos an. Irgendwie war das ein so intimes Detail für sie, dass sie sogar leicht rot wurde. Trotzdem war sie ihr scheinbar eine Antwort schuldig, denn Beniko musterte sie weiterhin fragend.

In der Gegenwart von Ichiro war sie immer so unterwürfig und ruhig, dass ihre Reaktion Natsuko nun sehr überraschte. In ihren Augen loderte eine Stärke, die ihr bisher nicht aufgefallen war. "Nein", Natsuko schüttelte leicht den Kopf, "zumindest nicht mehr." Von Beniko schien sämtliche Anspannung abzufallen und sie seufzte laut. Eine Erklärung gab sie Natsuko allerdings nicht, obwohl sie darauf brannte.
 

"Was machst du hier, Beniko?", hinter ihnen hörten sie eine kalte Stimme und sie drehten sich fast zeitgleich um. Seiji stand mit verschränkten Armen im Türrahmen und musterte Beniko abschätzig. Seine Augen waren wieder im gewohnten tiefschwarz und er benahm sich so, als sei nichts gewesen.

"Ichiro schickt mich", abermals seufzte Beniko und sah zur Seite, "auf halbem Weg hab ich deine monströse Aura gespürt und bin hergerannt. Scheinbar grade noch rechtzeitig." Sie hob wieder ihren Blick und sah Seiji leicht zornig an. Dieser erwiderte ihren Blick kühl, Beniko schien ihn kein Stück zu beeindrucken.

"Ach ja?", spöttisch verzog er seine Lippen stattdessen zu einem Lächeln, "und was will der hochgeborene, reinblütige Fürst von uns?" Seine Stimme triefte geradezu von Sarkasmus und Verachtung gegenüber Ichiro. Benikos Augen verzogen sich zu schmalen Schlitzen, aber sie ging nicht auf diese Bemerkung ein, sondern antwortete stattdessen: "Er hat etwas Wichtiges mit euch zu besprechen, euch beiden wohlgemerkt. Ich soll euch nur ausrichten, dass, wenn ihr euch weigert, er sehr ungehalten werden könnte." "Soll mir das ernsthaft Angst machen, Beniko?", Seiji zuckte leicht mit den Schultern und grinste sie herablassend an. "Dir garantiert nicht, aber jemand anderen sicher schon", kam es nur schnippisch zurück und ihr Blick huschte zu Natsuko, welche sie erschrocken ansah.

Sofort verschwand das Grinsen aus Seijis Blick und er sah Beniko wütend an. "Das soll er erstmal wagen", knurrte er verärgert und ging zu Beniko, die er unsanft am Kragen packte, "soll er stattdessen selbst herkommen, anstatt sein Haustier vorzuschicken. Die Zeiten, als ich vor ihm noch gehuscht bin, sind schon seit Ewigkeiten vorbei!"

Beniko sah ihn völlig unbeeindruckt an, was Seiji offensichtlich ein wenig verunsicherte, denn sein Blick nahm ein Gemisch aus sinkender Wut und Verwirrung an. "Ich bin nur als Bote hier", meinte Beniko schließlich seelenruhig, "aber ich möchte dich gerne erinnern, dass es für Natsuko übel ausgesehen hätte in deinem Zustand, wenn ich nicht gekommen wäre. Überlege dir selbst, ob es richtig ist, im Moment mit ihr alleine zu sein und ob es das wert ist, den Zorn eines Reinblutes auf dich zu ziehen." Beniko schüttelte Seiji ab und ging an ihm vorbei zur Tür.

"Verflucht!", zischte Seiji leise, ehe er Natsuko auf die Füße zog und Richtung Tür schleifen wollte. Diese zuckte allerdings schmerzerfüllt zusammen, als sie auf ihren verletzten Fuß auftrat. Sofort glühten Seijis Augen für den Bruchteil einer Sekunde rot auf, ehe er sich von ihr abwandte.

"Beniko!", donnerte es von ihm, "kümmer dich um ihre Verletzung! Ich kann momentan kein Blut sehen..." Er ließ Natsuko los und verließ vor den Beiden das Haus.
 

Als Beniko fertig war mit Natsuko und sie zusammen das Haus verließen, wartete Seiji draußen auf sie. Schweigend setzte er sich in Bewegung, als die Beiden rauskamen und ging vor ihnen Richtung Stadtgalerie. Keiner sagte ein Wort und in Natsukos Kopf schwirrte alles.

So hatte sie sich den Tag nicht vorgestellt und schon gar nicht hatte sie erwartet, so schnell zurück in die Vampirwelt zu gehen. Sie dachte einen kurzen Augenblick an Kenta und hoffte sehnsüchtig, dass sie ihn morgen wieder in der Universität sehen konnte. Innerlich hatte sie nämlich Angst, dass ihr Alltag erneut von Seiji und Ichiro zunichtegemacht wurde. Der Konflikt zwischen den Brüdern schien immer mehr auf ihr eigenen Leben auszuufern.
 

In der Vampirwelt angekommen gingen sie ohne Umwege zu Ichiros Zimmer. Beniko betrat zuerst das Zimmer, zunächst alleine, während Natsuko und Seiji draußen warteten. Natsuko traute sich nicht, etwas zu sagen. Eigentlich wollte sie Seiji so vieles Fragen. Was das vorhin sollte, wieso er so ausgehungert zu sein schien und wie Beniko das alles spüren konnte. Sie merkte, wie wenig sie von Seiji, aber auch allen anderen wusste. Sie konnte nur ahnen, wie viel hinter der Fassade lag. Besonders Beniko wurde ihr immer mehr ein Rätsel. Wie sie sich Seiji gegenüber benommen hatte stand in solch einem Widerspruch zu Ichiro oder auch Satoru.
 

Es dauerte nicht lange, da kam Beniko wieder raus und deutete Seiji, dass er nun mit Ichiro sprechen sollte, alleine. Genervt betrat er den Raum und schloss die Tür hinter sich. Natsuko musterte neugierig Beniko, die sich mit verschränkten Armen an eine Wand gelehnt hatte. Ihr Blick war nachdenklich zu Boden gewandt. Natsuko hatte das Gefühl, ihr mehr Informationen entlocken zu können, als den Brüdern und ging ein Schritt auf sie zu.

"Ähm...Beniko?", Natsuko war sich unsicher, wie sie mit ihr reden sollte, hatte sie bisher noch kein wirkliches Gespräch mit ihr geführt. "Hm?", ein wenig gelangweilt, aber auch irritiert sah sie auf. Scheinbar hatte sie nicht damit gerechnet, dass Natsuko sie einfach so ansprach. "Wie meintest du das vorhin, dass Seiji ausgehungert wäre? Mir ist aufgefallen, dass hier überall etwas herumzustehen scheint...", zunächst war sie sich unsicher, ob sie Beniko überhaupt Duzen sollte, aber es kam ihr irgendwie falsch vor, sie mit der gleichen Höflichkeit anzusprechen wie Ichiro. Ob das daran lag, dass sie nur seine Dienerin war?

"Natsuko", Beniko sah sie leicht verstimmt an, "du hast wirklich keine Ahnung von Vampiren, dass ich mich manchmal frage, wieso du überhaupt mit einem zusammen bist. Natürlich trinkt ein Vampir nur das Blut von demjenigen, mit dem er zusammen ist, aber das verwehrst du ihm ja. Wie sollte er da nicht ausgehungert sein?" Ihr offene Anfeindung überraschte Natsuko sichtlich, sie verletzte sie sogar etwas. Beniko war wie ausgewechselt, wenn Ichiro oder Satoru nicht in der Nähe waren.

"Aber-", noch ehe Natsuko etwas erwidern konnte, wurde Ichiros Tür aufgerissen und Seiji stürmte daraus. Sie hörte ihn leise vor sich hin fluchen. Ichiro stand hinter ihm und sah ihn ausdruckslos hinterher. "Komm mit, Natsuko!", fuhr Ichiro sie barsch an, ehe er sich umdrehte und vor ihr den Raum betrat. Seiji war offensichtlich zu außer sich, denn er würdigte sie nicht einmal eines Blickes, während sie die Tür hinter sich schloss.
 

"Setz dich", befahl Ichiro kühl und Natsuko tat es sogleich. Er selbst nahm auf seinem Sessel Platz und schien dann eine halbe Ewigkeit über etwas nachzudenken.

"Natsuko", mit einem eisigen Blick sah er sie plötzlich an, "wenn du die Absicht hast meinen Bruder verhungern zu lassen, werde ich dich irgendwo einsperren und dir dein Blut persönlich jeden Tag abzapfen." Schockiert sah sie ihn an und sank tiefer in ihren Stuhl. Abermals wusste sie, dass das keineswegs ein schlechter Scherz von ihm war und sie musste hart schlucken. "D..das kann nicht dein Ernst sein...", gab sie leicht stammelnd von sich und suchte vergebens in seinem Blick nach einer Spur von Sarkasmus, Ironie oder Zweifel. Sie fand nichts dergleichen.

"Hör mir mal gut zu, Fräulein", er tippte unruhig mit den Fingern auf seiner Stuhllehne, "für euch Menschen mag das schön und gut sein, sich hier und da ein 'Ich liebe dich' an den Kopf zu werfen, aber für einen Vampir gibt es keinen größeren Liebesbeweis, als der Austausch von Blut." Er musterte sie kühl und seufzte leicht, ehe er weitersprach: "Wenn sich ein Vampir für jemanden entscheidet und eine Beziehung mit ihm eingeht, dann möchte er nicht mehr das Blut eines Anderen. Genauso ist es auch bei Seiji, er verlangt nur nach deinem Blut und wenn du es ihm nicht gibst, dann verhungert er irgendwann jämmerlich. Jemanden zu beißen ist ein intimer Moment, den man nicht zwangsläufig mit jedem teilt, außer der Gegenüber stellt für einen nur Nahrung dar." Ichiro lehnte sich in seinem großen Sessel zurück und verschränkte die Arme. "In der Menschenwelt teilt man Ringe, wenn man die Ewigkeit miteinander verbringen möchte, richtig?", führte er seinen Monolog oder eher seine Predigt weiter fort, "unter Vampiren tauscht man sein Blut, beide gleichzeitig, ein wunderschöner Anblick."

Natsuko wusste langsam nicht mehr, worauf Ichiro hinaus wollte? Hatte er sie deshalb hergeholt? Aber woher sollte er denn vorher wissen, dass Natsuko Seiji kein Blut gab? Das ergab alles keinen Sinn.

"Und wo wir schon bei dem Thema sind, kommen wir doch direkt dazu, warum du hier bist", schien er ihre Fragte fast schon zu beantworten, als er aufstand und zu ihr rum kam. Er griff nach ihrem Hals und zog grob an der Kette, die sich daran befand. Sofort trübte sich sein Blick und er starrte sie fast schon hasserfüllt an. "Es ist also wahr...", murmelte er leise und ließ die Kette lieblos zurückfallen.

Verwirrt sah Natsuko von ihrer Kette und Ichiro hin und her. "Was...?", sie verstand Ichiro mittlerweile gar nicht mehr und wollte eigentlich nur noch erlöst werden. Wieso konnte ihr nie jemand einfach nur eine Antwort liefern? Auch wenn sie von Ichiro mittlerweile mehr gelernt hatte über Vampire, als von Seiji in 2 Jahren.

"Die Kette an deinem Hals", setzte Ichiro schließlich an, "wenn ein Vampir jemand anderen etwas schenkt, was seine Kraft beinhaltet, so wird das als Verlobungsgeschenk angesehen."
 

Schockiert riss Natsuko die Augen auf und starrte ihn ungläubig an. Verlobung? Bitte was? Davon wusste sie gar nichts! Ichiro blieb Natsukos Reaktion natürlich nicht verborgen und er seufzte laut. "Ich merke schon, dass das nicht in deinem Sinne war, also war es Seijis eigenmächtiges handeln", er schüttelte leicht traurig, aber auch zornig den Kopf, "Menschen und Vampire dürfen unter keinen Umständen heiraten. Viel zu sehr hat sich unser Blut schon vermischt. Das ist auch der Grund, warum dieser Bund, den auch ihr teilt, überhaupt Gesetz geworden ist. Um solche Verräter zu bestrafen! Nicht wenige sind an diesem Bund gestorben, weil sie sich auf einfältige Menschen eingelassen haben, die sich nach kurzer Zeit bereits von ihnen abwandten."

Natsuko wusste nicht, was sie sagen sollte. Alle Worte, die Ichiro in den Mund nahm, spielten nur darauf hin, dass er ihre Existenz von Grund auf ablehnte. Nicht selten hatte er erwähnt, wie sehr sie ihm ein Dorn im Auge war und das wurde nun nur zu deutlich.

"Um es kurzzumachen, das lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Er hat seine Kraft versiegelt und sie dir geschenkt, das hat sich rum gesprochen, wie ein Lauffeuer. Er wird ohnehin schon von so vielen beobachtet, womit er ein gefundenes Fressen für alle war", Ichiro schien sämtliche Kräfte in Anbetracht der Situation zu verlieren, "sei es wie es sei. Morgen wird eine Versammlung stattfinden, bei der entschieden wird, welche Strafe Seiji ereilen wird. Das hängt stark davon ab, wie er sich morgen verhält. Da du auch ein teilweise verantwortlich bist und es dich schließlich auch betrifft, wirst du ebenfalls daran teilnehmen. Er weiß übrigens noch gar nichts und ich muss dich ausdrücklich darum bitten, ihm auch nichts zu sagen, es sei denn, du willst seine Strafe erhöhen."

Ichiro ging zu dem großen Fenster und sah nach draußen. Für ihn war das Gespräch scheinbar beendet, denn er sagte nichts mehr. Leicht zittrig stand Natsuko auf. Das waren zu viele Informationen auf einmal. Ihr spukte immer noch die Sache mit der Strafe im Kopf. Wobei konnte es dabei handeln? Sie ging zur Tür und öffnete diese.
 

Sofort drang eine heftige Diskussion an ihr Ohr. Etwas abseits standen Seiji und Beniko und gestikulierten aufgeregt. "Du hast doch gar keine Ahnung, was er deinetwegen durchmachen muss!", keifte Beniko sichtlich aufgebracht. "Was geht mich das an, wie es dem Kerl geht? Schon vergessen, dass er mir scheißegal ist?", konterte Seiji gereizt zurück. "Was für eine Schande du für Ichiro bist! Womit hat er so einen Bruder verdient?", schrie Beniko nun und funkelte ihn feindselig an. "Ich habe nie darum gebeten, solch ein Monster zum Bruder zu haben!", Seiji ballte die Hände zu Fäusten und erwiderte Benikos Blick genauso hasserfüllt.

"Seiji!", erschrocken lief Natsuko zu ihm, woraufhin dieser sie angespannt ansah. "Lass uns gehen, Natsuko!", er griff nach ihrer Hand und zerrte sie weg, "hier ist mir die Luft zu viel von Heuchelei verpestet!" Wortlos ließ Natsuko sich wegschleifen.
 

Er ging direkt zu dem Zimmer, wo sie ihre erste Nacht hier verbracht hatten. In Anbetracht der morgigen Versammlung schien es für Seiji wenig Sinn zu ergeben, in die Menschenwelt zurückzukehren. Innerlich verabschiedete sich Natsuko bereits von dem Universitätsbesuch für morgen.

So konnte es definitiv nicht weitergehen. Sie konnte nicht ständig ihr Leben auf den Kopf werfen für Seiji und seine Probleme. Sie musste an Kenta denken, der morgen sicherlich vergebens auf sie warten würde und an Seijis Worte vor nicht einmal langer Zeit, als er meinte, Schule sei wichtig für Menschen. Und doch drehte er sich die Situation scheinbar immer so, wie es ihm grade passte.
 

Wütend lief Seiji im Zimmer auf und ab. Er schien immer noch aufgebracht von dem Gespräch mit Beniko. Natsuko blieb unbewegt an der Wand stehen. Irgendwie war es ihr unangenehm mit Seiji alleine zu sein, da sie nun so viel erfahren hatte. Sie wusste vorher nie, welche Bedeutung Blut und vor allem das Aussaugen für Vampire hatte. Natürlich war ihr klar, dass das ihre Nahrung war, aber dass da so viel mehr dahinter steckte, hatte sie nicht gewusst. Sie fühlte sich wieder an Ichiros Worte zurückversetzt, der ihr sagte, wie wenig sie doch wisse und ja, sie wusste wirklich rein gar nichts. Es war schon töricht, wie wenig sie wusste, aber das war ihr bisher nie aufgefallen.

Sie war so in Gedanken versunken, dass sie nicht einmal gemerkt hatte, dass Seiji vor ihr stand. Erschrocken sah sie ihn an. "Du bist so geistesabwesend", er sah ihr tief in die Augen, "du weißt doch etwas. Warum wir hier sind, was das für eine Versammlung morgen ist. Warum sagst du also nichts?" Er schenkte ihr einen vorwurfsvollen Blick und Natsuko senkte beschämt den Blick. Ichiro hatte gesagt, sie dürfte nichts sagen, wenn sie nicht wollte, dass Seiji noch mehr bestraft wurde. "Das erfährst du morgen auf der Versammlung...", gab sie schließlich zerknirscht von sich. "Morgen? Wenn du etwas weißt, dann sag es gefälligst auch!", nun wurde Seiji laut und packte sie aufgebracht bei den Schultern. "Ich kann es nicht...", sie schüttelte leicht den Kopf und ließ weiterhin den Kopf gesenkt. "Du kannst es nicht? Natsuko, verdammt nochmal!", er stieß sie leicht gegen die Wand, ließ sie dann los und ging aufgebracht durch den Raum, "keiner sagt mir etwas! Ich fühle mich völlig verarscht..."

Natsuko erwiderte nichts, sie konnte nur auf morgen warten. Innerlich betete sie, dass Seiji nichts geschehen würde. Dieser sprach an diesem Abend kein Wort mehr mit ihr.

meeting (Versammlung)

Der nächste Morgen kam und direkt merkte Natsuko, dass Seiji noch immer so verstimmt war, wie am Vorabend. Er sprach weiterhin kein Wort mit ihr. Tatsächlich war er jetzt sogar dazu übergangen, sogar ihren Blicken auszuweichen. Natsuko fühlte sich an ein kleines Kind erinnert und gab es schließlich auf, mit ihm vor der Versammlung noch ins Gespräch zu kommen.

Stattdessen ging sie zu dem Kleiderschrank, der sich im Zimmer befand und sah, dass dort ein schwarzes Kleid hing. Wer auch immer es dorthin getan hatte, sie wusste, dass es für sie bestimmt war. Vorsichtig nahm sie es raus und vernahm sofort Ichiros betörenden Duft. Somit war ihr klar, von wem das Kleid stammen mussten.

Schweigend zog sie es sich über. Es war schwarz mit dunkelblauen Tüll überdeckt. An dem einseitigen Träger waren kunstvoll dunkelblaue Schmetterlinge angebracht. Natsuko fühlte sich auf Anhieb seltsam in der Robe. Normalerweise trug sie so etwas nicht, schon gar nicht in so dunklen Farben. Es schien fast so, als wollte man sie dazu nötigen, sich den Vampiren anzupassen, die größtenteils nur schwarz trugen. Unsicher schlüpfte sie in die hohen Schuhe, die sie ebenfalls im Schrank fand. Auch diese waren schwarz mit dunkelblauen Schmetterlingen. Sie betrachtete sich in einem Wandspiegel, der neben dem Kleiderschrank hing und den sie zuvor noch nicht entdeckt hatte. Ratlos drehte sie sich davor hin und her. Sie sah ein wenig wie eine andere Person aus und innerlich wurde ihr langsam bewusst, dass Ichiro sie verstecken wollte. Er wollte, dass sie nicht auffiel und tatsächlich sah sie weniger aus wie ein Mensch. Was ein wenig Kleidung doch ausmachen konnte!

Irritiert drehte sie sich zu Seiji, der sich nach wie vor aber von ihr abgewendet hatte. Er selbst trug einen schwarzen Anzug und ein, zu ihrem Kleid passendes, dunkelblaues Hemd. Er sah hinreißend aus, auch wenn er so ein Sturkopf war.
 

Langsam spukten ihr wieder allerhand Fragen im Kopf. Sie wusste nicht, wie solche Versammlungen abliefen und vor allem nicht, was sie erwartete. Seijis Strafe kam ihr wieder in den Sinn und langsam bekam sie sogar Angst. Was würde man ihm antun für solch ein Verbrechen?

Innerlich war ihr überhaupt nicht wohl, dass man ihm wegen ihrer Beziehung sogar Strafen auferlegte. Auch die Tatsache, wie Ichiro ihren Bund angesehen hatte: eine Strafe für Verräter. Das war Seiji für seinen Bruder und wahrscheinlich auch ein Großteil der Vampirwelt, ein Verräter. Das hatte er einzig und allein ihr zu verdanken und doch hatte er damals nicht daran gezweifelt, es zu tun.

In ihren rastlosen Gedanken schweifte sie sogar so weit ab, dass sie überlegte, was passiert wäre, wenn sie sich nicht auf Seiji eingelassen hätte. Für einen erschreckenden Bruchteil einer Sekunde kam ihr sogar der Gedanke, dass es so besser gewesen wäre.
 

Als es langsam Zeit wurde, ging Seiji schweigend zur Tür und Natsuko folgte ihm. Sie wünschte sich so sehr, dass er nochmal mit ihr reden würde, wenigstens einmal, bevor die Versammlung losgehen würde. Aus einem unerfindlichen Grund beschlich sie nämlich ein ungutes Gefühl, dass es danach nicht mehr möglich wäre.
 

Vor einer großen Holztür blieben sie stehen. Ichiro und Beniko waren bereits da und warfen ihnen kurz Blicke zu, als sie erschienen. "Morgen...", Natsuko hatte den dringenden Wunsch, endlich wieder mit jemanden zu sprechen und begrüßte daher die Beiden. Als Antwort bekam sie aber nur ein leichtes Nicken. Seufzend verfiel sie wieder in Schweigen. Ihr war die Situation unfassbar unangenehm.
 

Zu ihrer Überraschung ging Ichiro danach fast sofort auf Seiji zu und blieb vor ihm stehen. Wortlos sah er ihn einfach nur an, bis Seiji die Geduld verlor und ihn fast schon anschrie: "Was willst du?!" Ichiro griff ihn stattdessen nur schweigend am Arm und zog ihn ein gutes Stück weg. Irritiert wechselten Natsuko und Beniko Blicke, ehe sie die beiden beobachteten. Was hatte Ichiro vor?
 

Als sie so nebeneinander standen und Natsuko die seltene Chance hatte, sie so nah beieinander zu betrachten, fiel ihr erst auf, wie ähnlich sie sich sahen. Dasselbe feine Gesicht, dieselben schwarzen Augen und vor allem die mächtige Präsenz. Natsuko merkte langsam, was es hieß, zu einem bedeuteten Clan zu gehören. Bei Beniko spürte sie solch eine Präsenz nie und auch bei Kazuya oder Gorou hatte sie so etwas nie gespürt.

Mittlerweile stritten die Brüder heftig miteinander und Beniko lächelte traurig, was Natsuko nicht verborgen blieb. Fragend schaute sie zu ihr hoch, woraufhin diese sich offensichtlich dazu genötigt fühlte, etwas zu sagen. "Sie sind unverkennbar Brüder, nicht?", sie schüttelte leicht schmunzelnd den Kopf, "kommen nicht mal für eine Sekunde ohne Streit aus." Natsuko stutzte leicht. Was die Beiden verband, war alles andere als ein schlichter Streit unter Brüdern und doch sprach Beniko so über die Beiden, als sei es genau das.

"Ichiro würde alles für Seiji tun...", sagte Beniko plötzlich ganz unvermittelt und schaute wie gebannt zu Ichiro. In ihren Augen lag ein Ausdruck, den Natsuko nicht deuten konnte. Aber es sah fast wie eine Mischung aus Bewunderung, Staunen, aber auch Bedauern aus. Das Mädchen war ihr fast das größte Rätsel von allen.

Als Natsuko grade den Mund aufmachen wollte, um etwas zu sagen, riss Beniko plötzlich erschrocken die Augen auf und starrte mit offenem Mund zu den Brüdern. Irritiert schluckte Natsuko ihre Worte runter und drehte sich ebenfalls zu den Brüdern um, nur um danach dieselbe Reaktion wie Beniko anzunehmen.
 

"Was...", mehr bekam Beniko nicht raus und schlug schockiert die Hände vor den Mund zusammen. Natsuko indessen war völlig verstummt und starrte entgeistert zu den Brüdern. Was sollte das?
 

Das Bild, das sich den Beiden bot, war so makaber, so falsch, dass es nahezu unmöglich war, es zu begreifen. Der Streit der Brüder war verstummt, stattdessen hatte Seiji sich zu seinem Bruder vorgelehnt und biss ihn ungezügelt in den Hals. Dieser starrte nur gedankenverloren zur Decke und machte keine Anstalten sich zu wehren. Nach einem kurzen Moment ließ Seiji Ichiro los, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und ging so schnell wie möglichst zurück zu den beiden Frauen.

Sofort stürmte ihm Beniko entgegen, packte ihn am Kragen und sah ihn hasserfüllt an. "Du-", noch ehe sie etwas sagen konnte, stand schon Ichiro hinter Seiji und sah sie vielsagend an. Sofort ließ Beniko Seiji los und sah ihren Herren verständnislos an. "Kein Wort zu jemanden, Beniko", sagte er gefährlich ruhig und ging dann an ihnen vorbei, um sich vor die große Holztür zu stellen.

Natsuko sah Seiji mittlerweile nur noch ebenso verständnislos an, wie es zuvor Beniko tat, doch dieser wich instinktiv ihren aus. Offensichtlich wollte er selbst jetzt nicht mit ihr reden. Natsuko hätte ihn am liebsten angeschrien, ihren Ärger einfach komplett Luft gemacht, aber sie schaffte es nicht.

Selbst sie wusste mittlerweile, dass es verboten war, das Blut von Reinblütern zu saugen. Schließlich hatte ihr Ichiro das selbst erklärt. Und doch beging Seiji ein neues Vergehen, dabei stand die Versammlung für sein letztes erst noch an. Auch verstand sie nicht, wie er Ichiros Blut trinken konnte, wenn er ihn doch so sehr verabscheute. Hatte ihn der Hunger mittlerweile dermaßen den Verstand geraubt?

Sie griff vorsichtig nach seinem Arm, wollte nur einen einzigen Blick von ihm erhaschen, aber er zog seinen Arm weg und ging an ihr vorbei, um sich neben Ichiro vor die Holztür zu platzieren. Genau in diesem Moment schwang diese auf und gab einen Blick auf den Raum dahinter frei.
 

Der Raum war groß, ziemlich groß sogar. Der Aufbau erinnerte Natsuko ein wenig an den eines Gerichts in der Menschenwelt. Unzählige Stühle standen in einer Viereckigen Ausformung im Raum. Einzig ein alleiniger Stuhl stand inmitten von diesem. Sofort beschlich Natsuko eine ungute Vorahnung, für wen dieser Stuhl gedacht war.

Einige Leute waren bereits in den Raum versammelt und Natsuko fiel auf, dass der Großteil davon schon sehr alt zu sein schien. Etwas irritiert runzelte sie die Stirn. Sie hatte bisher noch kein einzigen alten Vampir gesehen und der Anblick brachte sie ins Stutzen. Offensichtlich blieben also Vampire nicht ewig jung, das war eine interessante Erkenntnis.

Ichiro führte sie zu einem Platz in der Nähe des Kopfes, wo sich eine Schar von alten Vampiren bereits niedergelassen hatte. Beniko nahm neben ihr Platz. Ichiro ging auf die genaue Gegenseite zu den Beiden, sodass sie einander Auge in Auge gegenüber saßen. Wie befürchtet musste sich Seiji genau auf den einzigen Stuhl in der Mitte setzen, was ihn spätestens jetzt auch zum Stutzen brachte. Irritiert warf er Ichiro einen Blick zu, der ihn aber ignorierte.

Abermals schwang die große Holztür auf und Natsuko sah neugierig dorthin. Sofort sah sie flammend rotes Haar und erkannte die ihr bekannte Person. "Satoru!", rief sie etwas zu laut, denn die anderen Vampire warfen ihr missbilligende Blicke zu, sodass sie beschämt in ihren Sessel zurücksank. Allerdings hatte Satoru sie offensichtlich gehört, denn er kam ohne Umschweife auf sie zu.

"Natsuko!", sein Gesicht strahlte regelrecht und er umarmte Natsuko schnell, ehe die überhaupt sich rühren konnte. Sofort bemerkte sie Seijis stechenden Blick, der sie nun endlich wieder ansah. "Ach, ich freue mich, dich zu sehen, meine Kleine", Satoru ließ sie wieder los und musterte sie von oben bis unten, woraufhin sich ein Lächeln auf seine Lippen legte, "du siehst bezaubernd aus." Natsuko wand beschämt den Blick ab und wurde rot. Die Zuneigung zu diesem Mann verwirrte sie, konnte sie immer noch nicht sagen, was wahr und was Lüge war.

Als sie ihm keine Antwort gab, sprach er einfach weiter: "Ich bedauere, dass wir uns zu so einem unangenehmen Anlass wiedersehen." Sein Lächeln wurde etwas bestürzt, ehe sein Blick auf Beniko fiel, die direkt neben Natsuko saß und eisern den Blick gesenkt hatte. "Beniko...", sein Blick wurde mit einem Mal weich und er sah Beniko liebevoll an. Sofort verkrampfte sich diese und biss die Zähne zusammen. Es war nicht zu leugnen, dass ihr seine Gegenwart absolut unangenehm war.

Als Satoru grade zu Beniko gehen wollte, legte sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter. "Die Plätze für die Reinblüter sind da drüben", gefährlich ruhig sprach Ichiro, der offensichtlich von seinem Platz dazu gekommen war und sah Satoru feindselig an. Seit der Auseinandersetzung letztens hatten sie sich nicht mehr gesehen. "Ichiro", Satorus Lächeln erstarb augenblicklich und er musterte ihn kühl. Trotzdem ging er schweigend an ihn vorbei und nahm gehorsam seinen Platz ein. Ichiro folgte ihm langsam und nahm direkt neben ihm Platz.

Sofort schien die Luft zwischen den Beiden anzufangen zu brennen. Einige der älteren Vampire warfen ihnen eingeschüchterte und ehrfürchtige Blicke zu. Die Gegenwart der Reinblüter versetzte sie offensichtlich in Aufruhr.

Erneut schwang die Tür kraftvoll auf und Natsuko wand ihren Blick von den beiden Männern, um erneut zu beobachten, wer noch alles kam.
 

Eine atemberaubend schöne Frau betrat den Raum. Ihr blassrosanes Haar wehte hinter ihr her und ihre eisblauen, fast weißen Augen sahen sich suchend im Raum um. Sie trug einen eleganten, traditionellen japanischen Kimono. Ihre Präsenz erdrückte Natsuko fast, so vereinnahmend war sie. Sie bewegte sich mit einer solchen Eleganz und Anmut durch den Raum, dass sofort ein reges Stimmengewirr aufkam.

"Die reinblütige Königin...", murmelte Beniko neben ihr leise und blickte ehrfürchtig zu der Frau. "Reinblütige Königin?", verwirrt warf Natsuko ihr einen Blick zu, in der Hoffnung, dass Beniko ihr Klarheit verschaffen könnte. "Das einzige weibliche Reinblut, Lady Tsukino Sakahashi. Von den meisten wird sie aber nur reinblütige Königin genannt", erklärte Beniko ihr flüsternd, "lass dich nicht von ihrem Äußeren täuschen. Sie ist die älteste der Reinblüter. Gerüchte munkeln, dass sie ihre Erscheinung durch starke Kräfte aufrechterhält, um sich ihre Schönheit zu bewahren."

Innerlich war Natsuko Beniko sehr dankbar, dass sie sich so offen bereit erklärte, ihr endlich etwas zu erklären. Das einzige weibliche Reinblut. Natsuko starrte sie bewundernd an. Sie war bildschön, Kräfte hin oder her und ihr Ausstrahlung war wirklich nicht von dieser Welt. Sie fragte sich allerdings auch, wie viel älter sie wohl war als der Rest. Wenn Beniko es schon extra erwähnte, dann müsste es sicherlich gewaltig sein. Vielleicht konnte sie später danach noch fragen, aber vorerst hatte natürlich die Versammlung Vorrang.

Sie betrachtete die reinblütige Königin noch eine Weile, die sich nun neben Satoru gesetzt hatte und sah schließlich schweigend auf ihre Hände. Sie fragte sich, ob noch weitere Reinblüter auftauchen würden und war dennoch überrascht, dass überhaupt so ein Großaufgebot für Seiji veranstaltet wurde. Langsam kam ihr das im Anbetracht seines Vergehens etwas übertrieben vor.
 

Kurze Zeit später erhob sich ein älterer Vampir, der an der Spitze der Anordnung saß und augenblicklich kehrte Ruhe im Saal ein. Mittlerweile waren viele Plätze im Raum belegt und es war richtig voll. Natsuko staunte immer noch, dass so viele nur wegen Seiji gekommen waren.

"Wie mir scheint, sind wir nun vollzählig. Das letzte Reinblut wird uns bedauerlicherweise heute nicht beehren", der ältere Mann erhob seine Stimme, die erstaunlich laut und tief im Raum ertönte, "kommen wir also ohne weitere Umwege zu dem Thema der heutigen Versammlung, welches sich ausschließlich auf die Vergehen von Seiji aus dem Akasawa Clan bezieht!"
 

Sofort drehten sich alle nach Seiji um, der vor Überraschung und Schreck fast von seinem Stuhl gefallen wäre. Irritiert und vor allem verwirrt sah er sich im kompletten Raum um, schien ein Gesicht nach dem anderen zu beobachten, bis er an Natsukos hängen blieb. Verletzt sah er sie an, woraufhin sie beschämt den Blick abwand.

Dass man ihm so schändlich in den Rücken gefallen hatte, ihm seine eigene Verhandlung verschwiegen hatte, brach Seiji fast. Plötzlich hörte man ein leises Kichern, dass sich schnell in schallendes Gelächter verwandelte. Es stammte von Seiji, der wie ein Wahnsinniger lachte.

"So ist das also", ein gekränktes, aber fast auch diabolisches Grinsen legte sich auf seine Züge, "nun habt ihr also endlich einen Grund gefunden, mich so zu bestrafen, wie ihr es euch schon so lange wünscht." Er stand abrupt von seinem Stuhl auf, verschränkte die Arme vor der Brust und sah den oberen Vampir an, der gesprochen hat. "Also?", seine Stimme war kalt und herausfordernd, "dann lasst mal hören, was ihr mir dieses Mal vorwerfen wollt."

punishment (Strafe)

Natsuko starrte ihren Freund mittlerweile verwirrt an. Er schien seinen ersten Schreck überwunden zu haben und machte nun sogar den Anschein, dass er nicht das erste Mal für etwas verurteilt wurde. Sie fragte sich langsam, welche Teile seiner Vergangenheit er ihr noch verschwiegen hatte. In ihr keimte allmählich das Gefühl, dass es noch einen anderen Seiji gab, vor ihrer Zeit.

Ein leichtes Zittern durchzuckte sie. Mit einem Mal hatte sie Angst, der Versammlung weiter zuzuhören und so etwas zu erfahren, was sie nicht erfahren wollte. Und doch wusste sie, dass es nun kein Zurück mehr gab. Was auch immer in den nächsten Minuten oder gar Stunden passieren würde, es würde ihr Bild von Seiji verändern, da war sie sich sicher.
 

Dieser funkelte den Ältesten immer noch bedrohlich an, wartete gespannt auf dessen Antwort. "Seiji Akasawa, du hast einem Menschen einen Verlobungsantrag gemacht und somit gegen den höchsten Vampirkodex verstoßen", setzte der alte Mann an, worauf sich Seijis Miene leicht verzog. Natsuko war sich sicher, dass sie sogar ein leises Fluchen hören konnte. Scheinbar war Seiji nicht darauf vorbereitet gewesen, das jemand von der Sache Wind bekommen hatte.

"Tsk", er schnalzte laut mit der Zunge, "deswegen lasst ihr mich ernsthaft rufen? Was interessiert es euch, mit wem sich ein Verräter, wie ich, paart?" Das Seiji sich selbst als Verräter bezeichnete, brach Natsuko fast das Herz. Sie hatte keine Ahnung, dass er sich selbst so sah und sie fühlte sich erneut schuldig an dieser Tatsache. "Ich bin schon lange, lange kein Teil mehr dieser Vampirgesellschaft. Ich sehe nicht ein, warum ich mich an den Kodex halten sollte", Seiji sah leicht schief gen Boden, sein Blick hatte einen verbitterten Ausdruck angenommen, "das ist doch nichts weiter, als ein weiterer Grund, mich endlich zu beseitigen."

Natsuko sah ihn erschrocken, wenn nicht zu sagen schockiert an. Sie konnte es nicht ertragen, Seiji so reden zu hören und wollte sich fast schon erheben, als Beniko sie am Arm festhielt. "Mach bloß keine Dummheiten", zischte diese sie an, "das muss er alleine schaffen, davon hängt das Maß seiner Strafe ab. Es bringt nichts, wenn der Grund, also du, sich dort einmischt. Du bringst ihn nur in Teufels Küche!" Kraftlos sank Natsuko in ihren Stuhl zurück und sah Beniko in die Augen. Erst jetzt merkte sie, wie angespannt diese zu sein schien, was sie nur noch mehr verunsicherte.

Sah es so schlecht für Seiji aus? Was hatte er in seiner Vergangenheit nur verbrochen, dass er so von den anderen angefeindet wurde? Sie merkte schnell, dass die Verlobung nicht der eigentliche Grund war, warum er hier war.
 

"Deine Frechheiten sollten dir ein für alle mal ausgetrieben werden!", donnerte nun der Älteste aufgebracht, sodass seine Stimme im ganzen Raum schallte, "wir hätten dich schon vor langer Zeit exekutieren sollen!" Nun stand Ichiro aufgebracht auf und funkelte den Ältesten finster an, seine Augen leuchteten für einen Bruchteil glühend rot. "Ich würde sie bitten, sachlich zu bleiben", sagte er gefährlich ruhig, "es kamen schon Leute mit schlimmeren Verbrechen, wo keine Exekution stattfand." Der Älteste ließ sich ein wenig eingeschüchtert in seinen Stuhl zurückfallen und sah Ichiro ehrfürchtig an.

"Lass gut sein, Ichiro", meldete sich Seiji nun zu Wort und warf Ichiro einen missbilligenden Blick zu. Dass sein Bruder in seine Verhandlung eingriff, schien ihn gar nicht zu gefallen. "Machen wir die Sache doch kurz", er verschränkte die Arme vor der Brust, verzog seine Lippen zu einem hämischen Grinsen und sah den Ältesten mit roten Augen direkt in dessen, "spucken sie einfach aus, was sie mit mir vorhaben. Mir ist jede Strafe recht, meine Verlobung mit Natsuko werde ich nicht rückgängig machen. Sie bedeutet mir mehr als mein Leben!"
 

Natsuko schlug die Hände vor dem Mund zusammen und Tränen liefen ihr über das Gesicht. Seiji hätte ihr keinen größeren Liebesbeweis machen können. Er setzte sein Leben aufs Spiel, damit er zu ihr stehen konnte. Verzweifelt suchte sie seinen Blick, der endlich ihren traf. Seine Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln und er sah sie mit all seiner Liebe an. Natsuko erschien es fast so, als würde er sich mit dieser Geste von ihr verabschieden, für immer.
 

Der Älteste hingegen starrte ihn kurz perplex an, hatte er wohl nicht mit dieser Reaktion gerechnet. Dann verzogen sich seine Lippen zu einem geradezu diabolischen Grinsen. Auch die anderen Ältesten, die neben ihm saßen, hatten schnell den gleichen Gesichtsausdruck und ihre Augen begannen rot zu leuchten. Es war ein schauerlicher Anblick. "Gut", der Älteste versuchte gar nicht seine Freude zu verbergen, "dann stirb für das Menschenmädchen. Wir haben uns deinen Eigensinn lange genug angesehen."
 

Fast zeitgleich sprangen Natsuko und Ichiro von ihren Stühlen auf und wechselte aufgrund dessen kurz verwirrte Blicke. "Warten sie!", aufgebracht wand sich Natsuko an den Ältesten und erntete dafür unzählige irritierte Blicke, "bitte, ich flehe sie an, tun sie ihm nichts! Ich weiß, sie leben schon so lange auf dieser Erde und ich bin nur ein einfacher Mensch, der seinen Platz nicht zu kennen scheint. Aber, egal ob Vampir oder Mensch, man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt! Ich habe nicht bewusst einen Vampir gewählt und genauso wenig hat sich Seiji wohl für mich entschieden. Es ist einfach passiert! Ich weiß, dass ihnen Regeln, Kodex und all das wichtig sind, aber sie können doch nicht jemand töten, nur weil er sich verliebt hat!"

Natsuko drückte ihre Hände an ihre Brust, Tränen tropften zu Boden und sie schrie fast vor Verzweiflung. "Wenn sie jemanden bestrafen wollen, dann nehmen sie mich! Töten sie lieber einen wertlosen Mensch, als jemand ihrer eigenen Sippe!", flehend sah sie dem Ältesten in die Augen, welcher sie nur völlig überfordert musterte.

"Natsuko!", Seiji sah sie schockiert an, unfähig zu glauben, was sie da grade von sich gegeben hatte. "Natsuko...", nun stand auch Satoru auf und sah sie zweifelnd an, ehe er lächelnd hinzufügte, "wenn sie dieses Menschenmädchen bestrafen wollen, dann müssen sie zuerst an mir vorbei!" "Und an mir auch", warf nun auch noch Ichiro ein und sah ebenfalls zu den Ältesten hinauf.

Ein Raunen ging durch den Raum und es wurde heftig miteinander getuschelt. Offenbar traute sich keiner, sich den Reinblüter entgegenzustellen. Als sich plötzlich die reinblütige Königin erhob, wurde es augenblicklich still im Raum. Alle Blicke wandten sich zu ihr, selbst Ichiro und Satoru sahen sie respektvoll an.

"Nette Rede, kleines Menschenmädchen", setzte sie an, ihre Stimme war geschmeidig, ruhig und wohlklingend, "aber Fakt ist, dass Seiji sich dem Kodex widersetzt hat. Es hätte gereicht, wenn er den Bund mit dir eingegangen wäre. Er wusste, was für Konsequenzen eine Verlobung hatte und trotzdem hat er es getan. Das ist eine offene Anfeindung an die Vampirwelt. Der letzte, der das gewagt hat, war Masao Akasawa und das ist schon Ewigkeiten her. Doch, ich mag mich zu erinnern, dass er auch nie eine solche Strafe bekommen hat, obwohl er ebenso rebellisch war."

Sie sah von Natsuko, zu Seiji, bis sie schließlich direkt in die Augen des Ältesten sah. Ihre Miene war immer noch ausdruckslos und sie schien die Ruhe in Person zu sein. "Deswegen, wenn ihr erlaubt, würde ich gerne einen Vorschlag für eine Strafe bringen", ihr Blick wanderte zurück zu Seiji, der ihr schweigend zuhörte, "denn ohne verlieren wir unsere Autorität als Vampirrat."

Wieder ertönte lautes Getuschel und die Ältesten schienen sich untereinander zu beraten. Seiji und die reinblütige Königin sahen sich dabei die ganze Zeit in die Augen. Natsuko konnte nicht erkennen, welche Gefühle sich hinter ihren unscheinbaren Fassaden versteckten. Es sah fast so aus, als ob sie ein Gefecht in ihren Gedanken ausfochten.

Ihre Gedanken schwirrten stattdessen nur darum, dass ihre Worte offenbar Wirkung gezeigt hatten. Eine kleine Euphorie stieg in ihr auf. Hatte sie Seiji womöglich das Leben gerettet? Doch sie konnte sich nicht darüber freuen. Die Strafe war immer noch offen und nur, weil es vielleicht nicht der Tod war, so konnte es trotzdem noch böse enden. Sie fing leicht an zu zittern, als das Adrenalin in ihrem Blut verebbte. Erst jetzt begriff sie, wie wagemutig ihre Aktion gewesen war und doch hatten ihr die Reinblüter beigestanden, sogar Ichiro. Sie verspürte mit einem Mal eine tiefe Dankbarkeit ihnen gegenüber und fühlte sich sogar ein wenig akzeptiert und verstanden.
 

"Also", setzte der Älteste nun erneut an, offensichtlich zu einem Ergebnis gekommen, "wir hören uns den Vorschlag von Lady Sakahashi an und entscheiden anhand dessen, ob die Strafe Seiji Akasawas Verbrechen gerecht wird." Unbewusst seufzte Natsuko erleichtert auf und fiel kraftlos in ihren Stuhl. Aus dem Augenwinkeln sah sie, wie Beniko ihr, ebenso erleichtert, zulächelte. Auch Ichiro und Satoru setzten sich schweigend wieder, offensichtlich ebenso erleichtert.

Nur Lady Sakahashi blieb noch stehen, fing erneut Seijis Blick und sprach dann die Worte, die Natsukos und Seijis bisheriges Leben auf den Kopf werfen sollte: "Seiji Akasawa wird, mit der Zustimmung des Rates, mit einem Vampir verheiratet. Die Verlobung zu dem Menschenmädchen soll bestehen bleiben und wird als Zweitbeziehung neben seiner Ehe geduldet. Dadurch müsste seine Ehre in der Vampirwelt wieder hergestellt sein. Schließlich ist es nicht unüblich, dass ein Vampir sich ein Haustier oder Spielzeug hält."
 

Natsukos Gedanken setzten mit einem Schlag aus. Sie hatte die Worte gehört und doch drangen sie nicht zu ihr durch. Sprachlos starrte sie die reinblütige Königin an, als hätte sie nur einen schlechten Scherz gemacht. Doch das hatte sie nicht, ihr Blick war ernst und hart. Innerlich spürte Natsuko etwas in sich zerbrechen. Das kurze Glücksgefühl der Akzeptanz verschwand im Nichts. Sie war ein Mensch und dadurch zu nichts mehr zu gebrauchen, als ein Haustier oder Spielzeug.

Zitternd hob sie den Blick und sah direkt in Seijis Augen, der sie genauso schockiert ansah. Keiner fühlte sich in der Lage, etwas zu sagen. Das Gemurmel und Getuschel im Raum war augenblicklich verstummt. Erst langsam löste sich der Älteste aus der Starre und klatschen leise in die Hände, was langsam zu einem regelrechten Applaus wurde, eingestimmt vom Rest. Nur die Reinblüter, Beniko, Natsuko und Seiji stimmten diesem nicht ein.

Fassungslos ließ Natsuko ihren Blick durch den Raum gleiten, tastete jedes Gesicht einzeln ab. Sie sah Freude, Erleichterung, aber allem voran Einsicht und Verständnis. Es war ihr ein Rästel, wie sie dem zustimmen konnten. War Liebe in der Vampirwelt am Ende nichts wert? Zitternd schlang sie die Arme um ihren Körper, unterdrückte ihre Tränen und sah schockiert zu Boden.

Das musste ein Traum sein, ein sehr böser Traum. Seiji hatte sich einen sehr üblen Spaß mit ihr erlaubt und erneut ihre Träume manipuliert, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Aber so sehr sie es auch versuchte, sie wachte nicht auf.
 

"Das kann nicht euer Ernst sein, Tsukino?", Ichiro fand als Erstes seine Worte wieder und sprach sie unverhohlen mit ihrem Vornamen an. "Ist dir sein Tod etwa lieber?", sie hob vorwurfsvoll eine Augenbraue, was ihre erste Mimik an diesem Abend war. Darauf konnte Ichiro nichts erwidern und biss die Zähne aufeinander. "An wen hattet ihr bei der Heirat gedacht, Lady Sakahashi?", fragte Satoru nun erschreckend sachlich, "ich kann mir nicht vorstellen, dass da jemand freiwillig mitmacht."

Nun verzogen sich Tsukinos Lippen zu einem leichten Lächeln und sie sah direkt in Satorus Augen. "Ich bin froh, dass du fragst", meinte sie nur, schnippte mit dem Finger und schon öffnete sich die große Holztür des Saals. Irritiert wandten sich direkt alle Blicke dorthin.
 

Durch die Tür trat nun eine junge Frau. Ihr langes, dunkelbraunes Haar fiel ihr weit über den Rücken. Sie trug ein atemberaubend schönes Abendkleid in derselben Farbe wie Natukos. Ihre dunkelblauen Augen sahen sich schnell im Raum um, ehe sie zielstrebig auf Tsukino zuging.

Natsuko konnte ihren Blick nicht von der Frau nehmen. Sie war schön, aber von einer anderen Schönheit als die Vampire bisher waren. Sie wirkte so natürlich, fast schon menschlich und schien sehr adrett und vornehm. Man könnte sie fast schon als liebenswert bezeichnen, mit ihrem unschuldigen Gesicht und den großen Augen. Direkt neben Tsukino blieb sie stehen und vollführte einen leichten Knicks.

"Darf ich vorstellen?", sie warf dem Mädchen einen kurzen Blick zu, ehe sie sich an den Rest wandte, "Hitomi aus dem Tokushita Clan, also perfekt vom Stand her für den Akasawa Clan." Sie legte ein selbstgefälliges Lächeln auf, welches aber schnell erstarb, als sich Ichiro zu Wort meldete: "Vom Tokushita Clan? Das kann nicht euer ernst sein! Ihr wisst selber, dass die Beziehung zwischen den beiden Clans nie besonders gut war." "Dann ist das doch die perfekte Chance, das zu bereinigen", meinte Tsukino nur kühl und schmetterte Ichiros Einwand einfach ab. Ihn so verloren gegenüber jemanden zu sehen, war ein wirklich ungewöhnlicher Anblick des sonst so großspurigen Mannes.

"Halt! Wartet mal!", Seiji hatte seine Stimme wiedergefunden und wedelte kopfschüttelnd mit den Händen, "das ergibt doch alles keinen Sinn. Weder kenne, noch liebe ich dieses Mädchen, noch tut sie es." "Das stimmt nicht", kam es prompt von Tsukino zurück, "dieses Mädchen hat sich freiwillig dazu entschieden, dich zu ehelichen."

Sprachlos klappte Seijis Mund auf und er sah zum ersten Mal die junge Frau genauer an. "Lady Sakahashi", ertönte nun eine leise und sehr ruhige Stimme, die von Hitomi stammte, "ich kann auch alleine sprechen..." Sie sah etwas schüchtern zu Tsukino hoch, die nur mit den Schultern zuckte, dann wand sie sich an Seiji, sah ihm direkt in die Augen. "Seiji Akasawa...", sie lächelte ihn freundlich an, "es ist wie ein Traum, dich endlich kennenzulernen. Ich habe so viel von dir gehört..."

Seiji starrte das Mädchen an, als wären sie nicht ganz bei Sinnen. Ihm verschlug diese offene Bewunderung für einen Bruchteil einer Sekunde die Sprache. Plötzlich verbeugte sich Hitomi tief und sagte nur leise: "Ich hoffe, ich werde dir eine gute Frau sein."
 

Natsuko verstand mittlerweile die Welt nicht mehr. Sie wusste nicht, wo sie hinsehen sollte, was sie tun sollte, nicht einmal, was sie denken sollte. Diese Situation war absurd und falsch. Doch egal, welches Argument man der reinblütigen Königin entgegenbrachte, es wurde umgehend abgeschmettert. Natsuko wusste, dass es nur eine richtige Entscheidung gab und auch, dass sie all ihre Kraft brauchen würde, um diese auszusprechen.

Schweigend stand sie von ihrem Stuhl auf und ging nun zu Seiji. Dieser sah sie verwirrt an, wie auch der Rest des Raumes. "Natsuko...?", seine Stimme klang eigenartig verletzt, offenbar wusste er nicht, was er sagen sollte.

"Seiji", sie legte ihre ganze Entschlossenheit in ihre Worte, spürte aber, wie sich bereits wieder Tränen in ihren Augen sammelten, "heirate dieses Mädchen. Noch weniger, als dich zu teilen, könnte ich es ertragen, dich zu verlieren. Bitte...schließlich hast du mir doch die Ewigkeit versprochen, sie soll nicht heute schon enden..." Schwach schenkte sie ihm ein Lächeln, während Seiji sie fassungslos ansah.

Natsukos Worte drangen nicht zu ihm durch, er konnte nicht begreifen, was sie da eben gesagt hatte. Wusste sie überhaupt, was das bedeutete? Aufgebracht zog er sie in seine Arme, drückte sie so fest an sich, dass es Natsuko fast schon wehtat, was sie aber in diesem Moment nicht störte. Sie schmiegte ihr Gesicht an seine Brust, sog seinen Geruch tief ein und genoss den kurzen Moment. Die Blicke der anderen, die schweigend auf ihnen ruhten, waren ihr in diesem Moment auch egal. Sie wollte ihren Liebsten spüren, solange er noch ihr alleine gehörte.
 

"Gut", erfreut sah Tsukino in die Runde, "dann ist es beschlossen. Die Hochzeit wird in einer Woche stattfinden, genug Zeit für Seiji Akasawa die Familie seiner Braut kennenzulernen." Seiji sah über Natsukos Schultern zu Tsukino. In seinen Augen lag purer Hass, was sie aber herzlich wenig zu beeindrucken schien.

Die Ältesten standen nacheinander auf und setzten sich in Bewegung, den Saal zu verlassen. Die Versammlung war beendet, das Urteil gefällt. Nun kam für die Beiden eine Zeit des Abschieds. Der letzte Moment der Zweisamkeit wurde viel zu schnell beendet, denn Tsukino nahm Seiji, der nicht einmal mehr die Kraft für Widerstand hatte, wortlos mit und ging zusammen mit Hitomi aus dem Raum.

Natsuko blieb alleine zurück, mit all ihrer Verzweiflung. Alle Emotionen brachen mit einem Schlag aus ihr raus und sie fiel auf die Knie. Dann legte sie ihren Kopf auf den Boden, schlang die Arme um sich und weinte solange, bis sie keine Tränen mehr hatte.

pain (Schmerz)

Natsuko wusste nicht, wie lange sie dort hockte, aber es hielt sie auch niemand auf. Der Raum wurde immer leerer, die Personen, die hinter ihr standen, bemerkte sie nicht oder wollte sie nicht bemerken. Der Schmerz in ihrem Herz war unerträglich. Auch wenn sie Seiji gegenüber so stark getan hatte, so zerriss es ihr nun fast das Herz. Auch wenn Vampire solch eine Beziehung billigten und es offenbar sogar durchaus normal schien, so war es für sie, ihrer menschlichen Seele, unbegreiflich. Ihr wurde klar, dass sie nie mehr eine vollwertige Beziehung zu Seiji führen konnte. Sie würde nie von der Vampirwelt akzeptiert werden. Besser noch, hatte sie heute ihr Schicksal als Haustier, als Spielzeug, akzeptieren müssen und sie wusste nicht, ob sie die nötige Stärke dafür aufbringen konnte. Für einen Menschen war es einfach zu hart und zu unverständlich.
 

Als ihre Tränen langsam versiegten, weil keine mehr übrig waren, spürte sie plötzlich eine sanfte Hand auf ihrer Schulter. Etwas widerwillig drehte sie sich danach um und sah direkt in rot-braune Augen. "Natsuko...", Satoru hatte sich zu ihr runtergekniet und sah sie schmerzerfüllt an. Man konnte in seinem Blick sehen, wie sehr er darunter litt, sie so zu sehen. Ob er auch in diesem Moment wieder nur Beniko sah, war Natsuko in diesem Moment egal. Sein offenes Mitgefühl gaben ihr den so dringend benötigten Halt.

Leise schluchzend warf sie sich in seine Arme, doch Tränen kamen keine mehr. Satoru hielt sie liebevoll und sanft, als sei sie aus Glas. Beruhigend strich er ihr über das Haar, blieb ansonsten ruhig. Für seine Diskretion war Natsuko ihm unendlich dankbar. Sie fühlte sich nicht so, als würde sie in diesem Moment auch nur ein Wörtchen herausbekommen.
 

Aus den Augenwinkeln sah sie nun auch, dass Ichiro und Beniko ebenfalls noch im Raum waren und fast neben den beiden standen. Auch sie schwiegen. Ichiro hatte eine ausdruckslose Miene aufgesetzt, während Beniko verletzt zur Seite sah. Obgleich dies wegen der Situation war oder weil Natsuko in Satorus Armen lag, war ihr in diesem Moment egal.

Sie wünschte sich, dass sie verschwinden würde. Sie wollte weg, von diesem Ort, am liebsten gleich von der ganzen Welt. Und als hätte Satoru ihre Gedanken vernommen, nahm er sie plötzlich auf seine Arme. Er tauschte mit Ichiro einen intensiven Blick aus, der schließlich schnell abwinkte und sich umdrehte. Offensichtlich hatte er widerwillig sein Einverständnis gegeben, dass Satoru sich um Natsuko kümmern durfte. Schweigend verließ er mit ihr die Festung und schließlich die Vampirwelt.
 

Natsuko schloss erschöpft die Augen, lehnte ihren Kopf gegen Satoru und ließ sich tragen. Sie hatte nicht das Gefühl, dass ihre eigenen Füße sie in diesem Moment getragen hätten. Die ganze Unsicherheit, ob sie Satoru vertrauen sollte oder nicht, war in diesem Moment nichtig geworden. Er half ihr und das alleine reichte ihr. Sollte er sie manipulieren, benutzen und tun, was er wollte. Solange er bei ihr blieb, war ihr das nur recht. So konnte sie sich vielleicht auf etwas anderes konzentrieren, als der Schmerz, der ihr Herz zusammendrückte. Leise seufzend schmiegte sie sich etwas enger an Satoru, der sie schweigend nach Hause trug.
 

Dort angekommen ging Satoru mit ihr in das Wohnzimmer. Noch immer lagen dort unzählige Scherben von Seijis Wutausbruch, doch Satoru verkniff sich jeden Kommentar dazu. Vorsichtig setzte er sie in eine Ecke, in der keine Scherben lagen und machte sich dann an die Arbeit, diese langsam aufzusammeln. Eine sehr zuvorkommende Geste, die Natsuko sogar etwas überraschte.

Sie zog die Knie nah zu sich heran und schlang ihre Arme darum. Nun, da Satorus Wärme weg war, wurde ihr mit einem Mal eiskalt. Leicht fing sie an zu zittern und legte ihren Kopf auf ihre Knie.
 

Als Satoru den gröbsten Schaden beseitigt hatte, kam er wieder zu ihr und nahm sie erneut ungefragt in die Arme. Sofort wurde Natsuko wieder warm und sie lehnte sich an ihn. Diese Vertrautheit bereitete ihr im Hinterkopf zwar durchaus bedenken, aber in diesem Moment hatte sie dafür keinen Platz in ihrem Kopf. Sie klammerte sich verzweifelt an Satorus Hilfe, denn Seiji konnte ihr in diesem Moment keinen Halt geben.

Nachdem sie eine ganze Weile einfach schweigen dagesessen hatten, Satoru ihr weiterhin beruhigend durch das Haar gestrichen hatte und geduldig mit ihr war, schlief Natsuko irgendwann ein. Die Wärme Satorus, sein sanfter Griff und sein angenehmer Geruch ließen sie sehr schnell in einen unruhigen Schlaf fallen.
 

Als sie das nächste Mal die Augen aufschlug, lag sie in ihrem Bett. Schnell blickte sie sich um und sah, dass Satoru an eine Wand gelehnt neben dem Bett saß und zu schlafen schien. Die Tatsache, dass er nicht mit ihr in einem Bett geschlafen hatte, rührte Natsuko. Der kleine Zweifel, der sich bei ihr eingeschlichen hatte, dass Satoru womöglich andere Absichten hatte, war mit einem Schlag vergessen. Er wollte ihr helfen, ihr beistehen, mehr nicht.
 

Langsam stand sie auf und versuchte auf ihren wackligen Beinen stehenzubleiben. Vorsichtig wankte sie zu Satoru und kniete sich zu ihm runter. Sofort schreckte dieser auf wie ein wildes Tier und sah sie kurz bedrohlich an, ehe er merkte, wer vor ihm stehen. Sofort verzogen sich seine Lippen zu einem leichten Lächeln.

"Guten Morgen...", flüsterte er leise und strich ihr eine wirre Haarsträhne aus dem Gesicht, "wie geht es dir?" Auch wenn diese Frage nach einer Standardfloskel klang, so bemerkte Natsuko schnell, dass er ernsthaft besorgt um ihr Wohlergehen war. "Unverändert...", gab sie nur knapp zurück und war erstaunt, dass ihre Stimme zumindest dieses Wort genehmigt hatte. Satorus Lächeln erstarb langsam und er sah sie traurig an.

Dann stand er abrupt auf und zog Natsuko auf die Beine. "Als Erstes wirst du etwas essen, es bringt nichts, wenn du mir umkippst", sagte er dann plötzlich und zog sie Richtung Küche. "Ich habe keinen Hunger...", Natsuko hatte Mühe mit ihm Schritt zu halten und verzog missbilligend ihr Gesicht. Essen war so das Letzte, an was sie in diesem Moment dachte. "Ich befürchte, das hast du nicht zu entscheiden", gab Satoru nur etwas barsch zurück und ging weiter.

In der Küche setzte er Natsuko auf einen Stuhl und spähte dann in den Kühlschrank. Sofort verzog er sein Gesicht. Offensichtlich gefiel ihm die Auswahl darin ganz und gar nicht. Er schnappte sich ein paar Eier und griff nach dem alten Toastbrot. Mit erstaunlicher Präzision machte er sich an die Arbeit, um Natsuko notdürftig arme Ritter zuzubereiten, ein klassisches amerikanisches Frühstück. Noch mehr als die Wahl des Frühstücks, staunte Natsuko nicht schlecht, einen Vampir kochen zu sehen. Das ergab keinen Sinn, schließlich aßen sie keine menschliche Nahrung.

Satoru schien ihren leicht irritierten Blick zu bemerken und grinste leicht. "Ich habe viele Jahre meines Lebens damit verbracht, um herauszufinden, ob es irgendetwas gibt, was wir doch von euch Menschen essen können", er schüttelte leicht den Kopf und lachte leise, "leider hat es mir nicht besonders viel gebracht. Außer blutige Nahrung, wie Steaks oder Wein, schmecke ich einfach nichts. Dafür kann ich ganz passable kochen, hat sich zumindest noch nie jemand beschwert." Er verzog seine Lippen zu einem schiefen Grinsen und rang Natsuko so tatsächlich auch ein kleines Lächeln ab.

Kurze Zeit später stellte er ihr einen dampfenden Teller vor die Nase. Sie verspürte nach wie vor noch keinerlei Hunger, aber wollte Satoru zuliebe zumindest kosten. Sie schob sich die Gabel langsam in den Mund und sah dann überrascht auf: "Köstlich!" Satoru atmete erleichtert auf und lachte leise.
 

Nach dem Essen ging es Natsuko tatsächlich etwas besser, auch wenn sie nur ein paar Bissen geschafft hatte. Ihr Kopf wurde ein wenig klarer, was es nicht weniger schmerzvoll machte. Satoru kümmerte sich liebevoll um sie, fragte ständig nach, ob sie etwas brauchte, dass es Natsuko fast schon zu viel wurde. Schließlich setzte er sich einfach ihr Gegenüber an den Wohnzimmertisch.

Im Gegensatz zur letzten Nacht schien er nun wieder eine gewisse Distanz zu wahren, was für Natsuko sowohl befremdlich, als auch angenehmer war. Da sie nun nicht mehr in dieser Schockstarre war, wäre die Nähe zu ihm wahrscheinlich sogar seltsam geworden. Satoru stütze seinen Kopf in seine Hände und musterte Natsuko aufmerksam. Das verleitete Natsuko schon fast dazu, irgendetwas zu sagen.

"Warum tust du das alles, Satoru?", fragte sie und ärgerte sich sofort dafür, dass ihr erstes Gespräch an dem Tag mit Zweifeln anfing. "Natsuko...", er schüttelte leicht verärgert den Kopf und sah sie vorwurfsvoll an, "ich konnte dich in dem Moment beim besten Willen nicht alleine lassen, wer weiß, was du dir noch angetan hättest. Dafür bist du mir viel zu wichtig."

Noch weniger die Tatsache, dass er sie aus unerfindlichen Grund als wichtig bezeichnete, so kam ihr sofort das Gespräch mit Ichiro wieder in den Sinn. Er meinte, Beniko hätte sich wegen Satoru fast das Leben genommen und nun sprach er solche Sachen aus, als würde er dasselbe nun von Natsuko erwarten. Fieberhaft überlegte sie, ob sie etwas erwidern sollte und endlich die brennenden Fragen stellen sollte, ließ es aber dann bleiben und sah betreten zur Seite.

"Was ist los, Natsuko?", natürlich blieb es ihm nicht verborgen, dass Natsuko an irgendetwas gedacht hatte und runzelte leicht die Stirn. "N..nichs", stammelte diese nur ertappt und sah weiter eisern zur Seite.

Seufzend erhob sich Satoru plötzlich, ging um den Tisch rum und hockte sich direkt vor Natsuko. Dann griff er nach ihrer Hand und sah ihr tief in die Augen. "Natsuko", setzte er an, "du bist eine furchtbare Lügnerin. Also?" Unsicher erwiderte Natsuko seinen Blick, eigentlich war das definitiv nicht der passende Moment, um ihn wegen Beniko anzusprechen, aber sie wusste auch nicht, wann sich das nächste Mal solch eine Chance bieten würde. Außerdem würde ihr das vielleicht sogar Ablenkung schenken, die sie in diesem Moment so sehr benötigte.

"Was du grade gesagt hast...", setzte sie an, atmete tief durch, ehe sie weitersprach, "hat sich das auf Beniko bezogen? Was ist da zwischen euch vorgefallen?" Natsuko kniff kurz die Augen zusammen. Sie hatte ihn tatsächlich gefragt! Nun hatte sie Angst, seine Reaktion zu sehen, fand es aber auch unfair, ihn jetzt nicht einmal in die Augen sehen zu können. Als sie die Augen aufschlug, sahen ihr die verletztesten Augen entgegen, die sie je gesehen hatte. Er schien sehr mit sich zu hadern, seufzte dann laut auf und begann zu sprechen.

truth (Wahrheit)

"Natsuko...", Satoru erhob seine Stimme, sah ihr fest in die Augen mit einem Ausdruck, wofür es keine Worte gab, "bitte sei dir bewusst, dass ich noch nie mit jemanden darüber gesprochen habe..." Er seufzte erneut laut, stand schließlich auf und ging zum Fenster des Wohnzimmers, um aus diesem zu schauen. Eine Weile sagte er nichts und auch Natsuko traute sich nach dem Geständnis davor nichts mehr zu sagen. Sie hatte Angst, dass er es sich vielleicht sonst noch anders überlegen würde. Innerlich warf sich ihr aber auch die Frage auf, warum er ausgerechnet ihr es erzählen wollte, wenn es sonst keiner erfahren hatte.

"Ich lebe schon eine lange, lange Zeit, Natsuko. Länger, als du es dir als Mensch vielleicht vorstellen kannst", sprach er nun endlich weiter, den Blick eisern nach draußen gebannt, "wenn ein Lebewesen eine solch lange Zeit lebt, kommt es irgendwann zu dem Punkt, wo es Zweifel an seiner Existenz bekommt. Es hat alle Dinge getan, die man tun wollte und Dinge probiert, die einen ein kurzes Leben nicht ermöglicht hätte. Aber irgendwann hat man alles getan, alles gesehen und das Leben wird langweilig und eintönig." Er drehte sich nun um und lächelte sie traurig an. "Als ich diesen Punkt erreicht hatte, wurde ich zu einem völlig anderem, als der, den du nun kennst", er sah ihr tief in die Augen und seine Miene wurde wieder ernst, "genau in diesem Moment traf ich Beniko."

Er löste sich von dem Fenster und lief ein wenig unruhig vor diesem auf und ab. Seine nächsten Worte schien er gründlich zu überlegen und außer den stetigen Schritten hörte man nichts mehr. Natsuko hatte unbewusst den Atem angehalten und holte nun erschrocken Luft. Satoru sprach so aufgeklärt bisher über alles, dass es ihr fast so vorkam, als würde es ihn seit einer Ewigkeit auf der Seele brennen, endlich mit jemanden reden zu können.

"Beniko war für mich...wie eine Sonne", er blieb stehen, sah zur Decke und lächelte leicht, "sie war das offenste, fröhlichste und liebenswerteste Wesen, dass ich bis dahin in meinem langen Leben kennengelernt hatte. Und doch war sie so überaus frech, vorlaut und ließ sich kaum etwas sagen."

Die Erinnerung an Beniko schienen ihn mit solch einer Wärme zu erfüllen, dass Natsuko sich immer mehr fragte, wie sie ihn nun so zu hassen schien. Außerdem schien er eine völlig andere Beniko zu beschreiben, als Natsuko sie kennengelernt hatte. Was hatte er mit ihr gemacht, dass sie sich so verändern konnte?

"Es dauerte nicht lange, da war mir klar, dass ich sie haben musste. Ich war regelrecht besessen davon. Nicht nur, weil sie aus dem fast ausgestorbenen Hanamiya Clan stammte, welcher für seine außergewöhnlichen Auralesekräfte bekannt war, was übrigens auch der Grund war, warum Ichiro sie unbedingt haben wollte", Satorus Miene verfinsterte sich bei den Gedanken an Ichiro, "nein, ich wollte sie haben, weil sie das Licht war, was mir meine Finsternis erhellen sollte."

Er drehte sich nun ganz um, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Natsuko ernst an. "Nachdem ich mir mein Licht genommen hatte, wollte ich nicht, dass es mir irgendjemand mehr nehmen konnte. Ich wollte nicht einmal, dass sie jemand ansah, also schloss ich sie ein, mein wertvolles kleines Licht", er schüttelte resigniert den Kopf, ehe er weitersprach, "natürlich litt sie mit ihrem offenen und freien Wesen sehr darunter, dass ich sie wegsperrte und wurde aufsässig. Sie versuchte zu fliehen, sich zu wehren, sie beschimpfte und verfluchte mich. Natürlich fühlte ich mich da gezwungen, sie zu bestrafen. Ich denke, das schlimmste daran war, dass sie mich da schon liebte und somit nicht in der Lage war, mich zu hassen. Es zerfraß sie und ich bemerkte nicht, wie mein teures Licht, langsam in meinen Händen erlosch." Sein Gesicht verzog sich schmerzerfüllt und er biss die Zähne aufeinander. Dann drehte er sich aufgebracht um und legte die Arme über seine Augen, während er wieder gen Decke schaute.

Natsuko wusste nicht, ob er in diesem Moment zu brechen drohte. Vorsichtig stand sie auf und ging zu ihm. Vor ihm blieb sie stehen, konnte aber nicht in sein Gesicht sehen. Was sie gehört hatte, schockierte sie. Sie wollte Satoru dafür hassen, was er Beniko angetan hatte, aber wie könnte sie es, nachdem er ihr alles erzählt hatte? Schließlich wollte sie es wissen und er hatte sich ihr anvertraut. Sie musste sich weit strecken, um seine Arme zu erreichen und diese langsam von seinen Augen zu ziehen. Als er sie endlich wieder ansah, merkte sie, dass diese zwar schimmerten, aber weinen tat er nicht. Seine Stärke beeindruckte Natsuko und behutsam nahm sie ihn in den Arm. Nun war es an ihr, ihn zu trösten, auch wenn er streng genommen selbst Schuld war an der Situation. Satoru sagte nichts, erwiderte auch nicht die Umarmung, sondern sah einfach nur zu ihr runter.

Eine ganze Weile standen sie einfach nur so da, keiner sagte ein Wort. "Satoru...", flüsterte Natsuko nun leise an seine Brust, wagte sich nicht aufzusehen, "du hast Beniko wirklich geliebt, oder?" Satoru riss erschrocken die Augen auf und sah entgeistert nach vorne. "Ja...", kam es dann erstickend von ihm. Nun löste Natsuko sich doch von ihm und sah ihn direkt in die Augen. Eine einzelne Träne rann seinem Gesicht runter, die er aber sofort hastig wegwischte. Noch nie hatte Natsuko einen Vampir weinen sehen und sie wusste sehr genau, dass es auch keine Normalität war. Dass er ihr so sehr vertraute, sich so offen hinreißen zu lassen, ehrte sie sehr.

Satoru drehte sich nun um und fuhr sich aufgebracht durch das lange Haar. Scheinbar verfluchte er sich sehr für seinen Gefühlsausbruch. Dann sah er über die Schulter zu Natsuko und zischte fast ein "Kein Wort zu Niemanden", woraufhin Natsuko nur den Kopf schüttelte.

Nie wäre sie auf die Idee gekommen, irgendjemanden etwas davon zu sagen. Innerlich war ihr klar, dass Satoru wahrscheinlich noch sehr viele Details ausgelassen hatte, aber für den Moment reichte ihr das. Es war schwierig, ihn zu verstehen. Nichts gab einen das Recht, einen anderen einzusperren und so, wie Natsuko Beniko erlebt hatte und was Ichiro ihr erzählt hatte, war sie sich fast sicher, dass er sie nicht nur eingesperrt hatte. Sie hatte aber auch das Gefühl, dass sie nicht das Recht hatte, noch mehr zu erfahren. Satoru hatte ihr schon genug anvertraut, mehr konnte sich nicht erwarten. Aber sie merkte auch, dass sie Satoru nun mit anderen Augen sah. Er war jemand, der anderen Leid antun konnte und das verrückte ihr Bild von ihm maßgeblich. Er war eine tiefere Persönlichkeit, als sie zuvor annehmen konnte. Der fürsorgliche, stetig liebe Satoru war mit einem Mal ausgelöscht. Das brachte ihr für die Zukunft Vorsicht vor ihm bei. Sie wollte definitiv nicht wie Beniko enden, nur weil er eine neue Besessenheit gefunden hatte.
 

Satoru sah noch eine ganze Weile schweigend aus dem Fenster, während Natsuko sich wieder an den Wohnzimmertisch gesetzt hatte und ungeduldig wartete, was geschehen würde. Die ausgelassene Stimmung am Morgen war verschwunden und sie wusste, dass sie auch nicht zurückkehren würde. Endlich löste er sich von dem Fenster und setzte sich ihr gegenüber.

"Glaub mir bitte, Natsuko...", fand er wieder seine Worte und versuchte Natsukos Blick zu erhaschen, "ich bin nicht mehr der von früher..." Natsuko blickte leicht hoch und versuchte seinen Blick zu deuten, versuchte herauszufinden, ob er die Wahrheit sprach. In seinem Blick war keinerlei Zweifel, aber sie schaffte es dennoch nicht, etwas zu erwidern.

Satoru seufzte leicht, als keine Antwort kam und stützte sich auf seinem Arm ab, die Hand über seinen Mund gelegt. Innerlich wusste er, dass er Natsuko zum Teil verloren hatte mit seinen Worten und doch verspürte er eine gewisse Erleichterung, sich endlich jemanden anvertraut zu haben. Er konnte seine Taten schließlich nicht rückgängig machen.
 

Natsuko musste sich stattdessen überlegen, wie sie nun mit Satoru weiter umgehen sollte. Er hatte schreckliches getan und sie hätte ihn am liebsten dafür gehasst, konnte es aber nicht, was ihr unbegreiflich war. Ihr tat die arme Beniko leid und doch wollte sie Satoru nicht so grausam verstoßen, nachdem er ihr so letzte Nacht und auch schon davor geholfen hatte. Er meinte, er wäre früher jemand anderes gewesen und sie war sich ziemlich sicher, dass sie diese Person hasste. Andererseits mochte sie den Satoru, den sie kennengelernt hatte sehr gerne. Der innerliche Konflikt brachte sie noch zur Verzweiflung, aber nach einer Weile wurde ihr klar, dass es nur eine Lösung gab.
 

"Satoru", erhob sie ihre Stimme, woraufhin sich Satoru erwartungsvoll zu ihr umdrehte, "ich kann dir nicht verzeihen, was du Beniko angetan hast." Sofort verfinsterte sich Satorus Miene und er sah getroffen zu Boden. "Aber", setzte sie erneut an, "ich möchte mich gerne selbst davon überzeugen, wer du heute bist." Sie lächelte ihn leicht an und Satorus Anspannung schien mit einem Schlag von ihm abzufallen. Sein Blick wurde weich und er sah sie gerührt an. Er bemerkte aber auch etwas Bedrohliches in ihm brodeln, als er diese Güte von Natsuko verspürte und schüttelte energisch den Kopf. Ein tiefes Gefühl stieg in ihm auf, was er schnell wieder verdrängte. Diese Chance, die Natsuko ihm bot, durfte er nicht vermasseln.

"Danke...", seine Stimme war voller Wärme und Dankbarkeit für dieses Menschenmädchen. Er hatte ein neues Licht in seinem tristen Leben gefunden und war sich sicher, dass er es dieses mal anständig behandeln würde. Im Gegensatz zu Beniko war das Gefühl aber ein gänzlich anderes. Er spürte eine tiefe Zuneigung und Vertrautheit, aber die Besessenheit und das Verzerren nach Beniko war eine gänzlich andere.
 

Natsuko hatte ihm ein Gnadensangebot unterbreitet. Sie akzeptierte ihn, für diesen Moment und es fühlte sich gut an. Sie wollte Satoru nicht verlieren, trotz seiner Geschichte und seinen Fähigkeiten, war er ihr ein wichtiger Vertrauter geworden und sie hoffte inständig, dass er dieses Vertrauen nicht missbrauchen würde. Und doch glaubte sie, dass dies nie geschehen würde, denn dann stände er alleine da und sie hatte die Vermutung, dass er davor mehr Angst hatte, als ihm vielleicht selbst bewusst war.
 

Der Rest des Tages verlief anfangs etwas schwer. Keiner wusste wirklich, was er den anderen sagen sollte oder auf ihn reagieren sollte. Letzte Nacht schien Ewigkeiten her zu sein, so ließ es zumindest ihr Verhalten erscheinen. Doch mit der Zeit wurde die Stimmung lockerer. Satoru versuchte alles, um zur Normalität zurückzukehren. Tat so, als sei nichts gewesen, was ihn sogar mehr oder weniger gut gelang.
 

Es dauerte nicht lange, da stand Satoru wieder am Herd, während Natsuko ihn bewundernd beobachtete. Sie wollte ihn anfangs noch helfen, wurde aber regelrecht von Satoru vom Herd verscheucht. Offenbar mochte er es gar nicht, wenn man ihm da dazwischen funkte.

"Was denkst du, wann Seiji wiederkommt...?", fing Natsuko irgendwann geistesabwesend an. Während des Gesprächs mit Satoru hätte sie ihn fast vergessen, was sie sehr erschreckte. "Das kann ich dir nicht sagen", Satoru rührte in einem großen Topf, seine Stimme war sehr belegen, "bei der Verbindung mit zwei Clans kann das schon seine Zeit dauern, besonders bei so einem aufbrausenden Bräutigam wie Seiji."

Sofort verstummte Satoru etwas erschrocken, als merkte, dass er das unangenehme Thema versehentlich angesprochen hatte. Als Antwort sah Natsuko nur betroffen zur Seite. "Warum tut die reinblütige Königin das?", murmelte sie nun leise vor sich hin und spielte dabei gedankenverloren mit einer Haarsträhne von sich.

"Lady Sakahashi gehört zur Fraktion der Traditionellen, deswegen hat mich das nicht wirklich überrascht", meinte Satoru nur etwas mit einem gewissen ablehnenden Ausdruck in der Stimme. Natsuko warf ihn einen verwirrten Blick zu, woraufhin Satoru hinzufügte: "Du kannst dir das so vorstellen, dass es zwei Fraktionen bei den Vampiren gibt. Die Traditionellen wollen die strenge Kultur und Tradition der Urvampire wahren, die Menschen als niedere Rasse ansehen. Sprich, für sie haben Menschen nur den Wert von Nahrung oder bestenfalls eines Spielzeuges. Auf der anderen Seite stehen die Revolutionären. Sie wollen eine friedliche Koexistenz mit den Menschen. Seijis Vater, Masao Akasawa, war das beste Beispiel. Er hat trotz seiner Abstammung immer den Kontakt zu Menschen gesucht und versucht sie zu verstehen. Das Ergebnis davon sehen wir ja an Seiji."

Satoru stellte den Herd ab und drehte sich zu Natsuko um, die ihn nachdenklich anschaute. Ihr war nie in den Sinn gekommen, dass es zwei Fraktionen gab und auch, dass ihr Hauptinteresse sich dort auf die Menschen bezog. "Und du bist...?", fragte sie schließlich etwas unsicher. "Natsuko", leicht lachend schüttelte er den Kopf und sah sie tadelnd an, "ich stehe bei einem Menschen in der Küche. Würde ich das als Traditionalist tun?" Natsuko erröte über ihre unangebrachte Frage leicht und sah beschämt weg. "Es gab aber tatsächlich eine Zeit, wo ich mich den Traditionellen angeschlossen hatte, weil mir die Denkweisen der Menschen zu sehr auf die Nerven gegangen waren", er zuckte entschuldigend mit den Schultern und drehte sich wieder nach dem Herd um, wo er das Essen gemächig auf einen Teller schaufelte.

Natsuko hätte Satoru auch gerne noch über Seijis Vater gefragt, rief sich aber sofort ins Gedächtnis, wie Seiji das letzte Mal reagiert hatte, als sie von jemand anderen private Informationen bekommen hatte. Satoru tischte ihr auf und nahm ihr gegenüber Platz. "Die Vampire sind ein seltsames Volk", fing er leicht grübelnd an, "am besten hältst du dich von den Traditionellen so weit fern, wie nur irgend möglich. Obwohl, da du ja schon Ichiro kennst, ist das wohl nicht mehr möglich." Er schüttelte belustigt den Kopf und ersparte Natsuko somit auch ihre nächste Frage.

Ichiro gehörte also zu den Traditionellen und sofort war ihr klar, warum er sich ihr gegenüber immer so verhalten hatte. Dass er sie aufgrund seines Bruders nun gezwungener Weise beschützen musste, schien für ihn damit ja wie ein Schlag ins Gesicht zu sein. Natsuko gönnte sich kurz diesen Moment, als ihr klar wurde, dass sie es ihm indirekt ein wenig heimzahlen konnte. Sie beugte sich über das dampfende Essen vor ihrer Nase und begann zu essen. Es schmeckte wieder himmlisch.
 

Als es Nacht wurde und Natsuko sich für das Bett fertig machte, bemerkte sie auch Satorus ratlosen Blick. Offensichtlich wollte oder konnte er noch nicht gehen, was Natsuko überraschend wenig ausmachte. Sie war sogar froh darüber, wusste sie, dass sie, wenn sie alleine war, nur wieder an Seiji und die Hochzeit dachte. Also erlöste sie ihn irgendwann und schlug ihm vor, doch bei ihr zu übernachten. Er schien sich fast wie ein kleines Kind zu freuen, denn er strahlte sie erleichtert an.

Kurze Zeit später lag Natsuko fertig in dem Bett, was für eine Person viel zu groß war. Satoru hatte sich wieder mit etwas Abstand vom Bett auf den Boden gesetzt und an die Wand gelehnt. Natsukos Vorschlag, doch im Wohnzimmer auf dem Sofa zu schlafen, hatte er abgelehnt. Wenn sie etwas bräuchte, wäre er so sofort zur Stelle. Natsuko war der Gedanke zwar etwas unangenehm, zuckte aber schließlich ratlos mit den Schultern.

Lange lag sie rastlos im Bett wach, merkte schließlich, wie sie die ungewollten Gedanken doch einholten und wälzte sich hin und her. Sie merkte gar nicht, wie sie irgendwann vor Erschöpfung in einen unruhigen Schlaf fiel.

betrayal (Verrat)

Er lief den langen Gang entlang, wurde geradezu von den anderen mitgeschleift. Das Mädchen mit dem langen Haar blickte sich mehrmals schüchtern nach ihm um, in ihren Augen lag eine solche Bewunderung, dass es ihm fast schon unangenehm wurde. Er wollte nicht von jemand anderen so angesehen werden, als von Natsuko. Doch diese war nun so weit weg, alleine gelassen mit all ihrer Trauer und Verzweiflung. Er biss sich fest auf die Lippen, bis diese bluteten. Wie konnte er sie in dieser Situation nur alleine lassen? Wieso ließ er sich all das gefallen?

Er hob seinen Kopf und sah auf zu der reinblütigen Königin. Sie war schuld an all dem. Er würde sie am liebsten zerfetzen, ihr schönes Gesicht zerreißen, sie bestrafen für das, was sie ihm antat. Aber er wusste auch, dass er nicht den Hauch einer Chance gegen ein Reinblut hatte. Seine Schwäche machte ihn fast ohnmächtig. Er konnte nicht einmal ein einfaches Menschenmädchen beschützen. Er ließ den Kopf hängen und lief den beiden Frauen weiter hinterher. Wenn er nicht sterben wollte, hatte er keine andere Wahl, als ihnen zu folgen. Sein Tod würde Natsuko schließlich nur noch trauriger machen.
 

Nach einer Weile, sie hatten bereits die Festung verlassen, gingen sie zu einer Kutsche, die bereits auf sie wartete. Anstelle von Pferden waren skelettartige Wesen davor befestigt, wie er sie schon oft gesehen hatte. Er fragte sich, was Natsuko wohl zu solch Wesen sagen würde, war aber sich fast sicher, dass sie ihr nicht geheuer waren. Ihr verängstigtes Gesicht kam ihn vor Augen und er kicherte leise, wofür er verwirrte Blicke von den Frauen erntete. Sofort verstummte er wieder und stieg hinter den Beiden in die Kutsche.
 

Die Fahrt war lange, viel zu lange. Es kam ihm so vor, als seien sie eine Ewigkeit unterwegs. War das Anwesen der Tokushita etwa so weit von der Hauptfestung entfernt? Ehrlicherweise hatte es ihm nie interessiert, wo diese Sippe hauste. Der Akasawa hatte sich nie wirklich gut mit ihnen verstanden. Ihr Vater hatte immer geschimpft, was für starrköpfige Traditionalisten sie waren und wie man so altertümlich leben konnte. Er schüttelte energisch den Kopf, er wollte nicht an diesen Mann denken, dem er solch eine Mutter zu verdanken hatte. Der sie letztendlich nicht einmal beschützen konnte.

Seufzend stützte er seinen Kopf in seine Hand und schaute aus dem kleinen Fenster. Immergleiches Brachland, wohin man auch schaute. Nachdem er die Menschenwelt kennengelernt hatte, kam ihm dieser Ort so trostlos vor, obwohl es seine Heimat war. Die kleine Kutsche legte ihren holprigen Weg zurück, weiter zu seiner neuen Familie, auch wenn dieser Gedanke eine leichte Übelkeit in ihm auslöste.
 

Vor einer großen Festung, nicht so groß wie die Hauptfestung wohlgemerkt, blieben sie endlich stehen. Während der ganzen Fahrt hatte keiner von ihnen ein Wort gewechselt, was ihm nur zu Recht war. Er konnte sich nicht vorstellen, ein ruhiges Gespräch mit ihnen zu führen, wollte er sie doch am liebsten auf der Stelle alle zerfetzen.

Sie stiegen nacheinander aus, er voran. Er ließ den Blick über die Festung schweifen, sie war so unglaublich alt, als stände sie hier schon tausende von Jahren. Man konnte es mit der Liebe zur Tradition auch wirklich übertreiben. Er wartete, bis die Frauen auch endlich ausgestiegen waren und ging dann mit ihnen zusammen zur Festung.

Schnell ließ er seine Blicke hin und her schweifen. Hier war weit und breit absolut nichts zu sehen. Keine Möglichkeiten zur Flucht, sollte die Sache aus dem Ruder laufen. Doch schnell kam es ihm wieder in den Sinn, dass Lady Sakahashi immer noch dabei war. Solange waren ihm die Hände gebunden.
 

Er betrat die Festung und sie wurden sofort überschwänglich von der ganzen Familie begrüßt. Eine hübsche Frau mit ebenso langen, dunklem Haar nahm Hitomi liebevoll in ihre Arme und drückte sie fest an sich. Dieses Bild versetzte ihn sofort einen Stich in das Herz, fühlte er sich an die Zeit erinnert, als er noch so begrüßt wurde. Schnell wand er den Blick ab und sah zu Boden.

Kurz darauf kam aber schon ein Mann zu ihm und musterte ihn von oben bis unten. Genervt sah er ihm direkt in die Augen. Seine warmen, aber durchaus skeptischen Blicke, trafen die seinen. Er sah freundlich aus, obwohl er zu dem verfluchten Tokushita Clan zu gehören schien.

Schließlich schenkte er ihm ein strahlendes Lächeln und hielt ihm eine Hand zur Begrüßung hin. "Schön, dass du bei uns bist, Seiji Akasawa", seine Stimme war ruhig und so überfüllt von Wärme, dass Seiji für einen kurzen Moment nicht reagieren konnte. Dieser Reaktion hatte er beim besten Willen nicht erwartet. Etwas zögerlich reichte er dem Mann die Hand, welche sofort überschwänglich geschüttelt wurde. "Wenn du wüsstest, wie unsere kleine Hitomi von dir geschwärmt hat", der Mann lachte leise, worauf Hitomi ein peinlich berührtes "Papa" rief.

Vor ihm stand also der Herr Papa, schoss es ihm sofort durch den Kopf und begutachtete das Oberhaupt nun genauer. Sein ebenfalls dunkles, schulterlanges Haar wurde am Haaransatz bereits etwas grau und er trug es zu einem lockeren Zopf. Seine Augen waren ein kaltes grau, was gar nicht zu seiner Wärme passte, die er ausstrahlte. Er war ein kleines Stück größer als er selbst. Seiji stutzte ein wenig, er sah überhaupt nicht aus, wie ein Familienoberhaupt. Viel zu unscheinbar und kraftlos.

Nun trat ein weiterer Mann auf ihn zu, der deutlich jünger zu sein schien, als das Familienoberhaupt. Dieser betrachtete ihn schon deutlich skeptischer, als der Rest der Familie und verzog schließlich missbilligend das Gesicht. "Das wir wirklich mal einem Akasawa Eintritt bei uns gewähren würden...", er schnalzte laut mit der Zunge und erntete einen finsteren Blick dafür von Seiji. Schließlich war er mindestens genauso ungern hier.

"Nobu! Halte dich zurück!", nun kam offensichtlich auch das letzte Familienmitglied auf ihn zu, die Frau, die zuvor noch Hitomi umarmt hatte. "Bitte, entschuldige meinen unreifen Sohn", auch sie reichte ihm die Hand, ihr Griff war um einiges stärker und sofort wusste er, wer hier wirklich das Sagen hatte, "wir freuen uns wirklich sehr, einen solch hohen Besuch bei uns begrüßen zu dürfen." Sie lächelte ihn freundlich, aber auch sehr höflich an und ließ seine Hand deutlich schneller los, als es ihr Gatte getan hatte.

"Mein Name ist Kasumi, das ist mein Gatte Ryoichi", sie deute mit ihrer Hand auf das Oberhaupt und schwenkte dann zu dem jungen Mann, der immer noch vor ihm stand, "und meinen unreifen Sohn Nobu hast du ja schon kennengelernt." Zumindest hatte die Frau genug Anstand, ihm alle vorzustellen, auch wenn er nicht glaubte, dass er sich die Namen allzu lange behalten konnte.

"Seiji Akasawa...", murmelte er missmutig, obwohl er sich sicher war, dass seinen Namen bereits alle kannten. "Aber, lass uns doch hereingehen", sie deute mit ihrer Hand weiter in den Eingangsbereich, "es besteht keine Notwendigkeit, sich zwischen Tür und Angel zu unterhalten." Die Familie setzte sich in Bewegung und Seiji folgte ihnen widerwillig. Kasumi blieb als einzige zurück und widmete sich nun Tsukino, die das Ganze schweigend beobachtet hatte.

"Entschuldigen Sie", sie lächelte sie leicht an, offenbar, weil sie sie bisher ignoriert hatte, "ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, dass sie das ermöglicht haben. Wollen Sie uns vielleicht noch die Ehre erweisen, uns Gesellschaft zu leisten?" Tsukino verschränkte die Arme vor der Brust und sah der Familie hinterher, die nun nicht mehr zu sehen war. "Ich denke, es wäre für eure eigene Sicherheit besser, wenn ich noch ein wenig bleibe", ihre Lippen verzogen sich zu einem kalten Lächeln, "bei dem Akasawa Clan kann man nicht genug auf der Hut sein."

Kasumi sah sie verwirrt, aber auch ein wenig erschrocken an, sagte aber nichts mehr und führte Tsukino zu den anderen in den Speisesaal, wo sich die Familie versammelt hatte.
 

Hitomi hatte links von ihm Platz genommen, ihr Bruder unangenehmerweise rechts von ihm. Er war also quasi eingekesselt von Tokushitas. Missmutig verschränkte er die Arme vor der Brust und musterte die Familie skeptisch. Zu seiner Enttäuschung sah er, dass Lady Sakahashi offenbar doch nicht gegangen war und nun auch Platz am Tisch nahm. Somit war seine Chance auf Flucht vorerst gestorben.

Hitomi schenkte ihn schüchterne Blicke aus den Augenwinkeln, was ihn schnell nervte. Was wollte die Kleine nur von ihm? Sie war ihm das größte Rätsel seit langem. Nach einer Weile trat ein Mann, gekleidet in einem schwarzen Frack, den Raum. Natürlich besaß die Familie Butler. Seiji verdrehte kaum merklich die Augen. Diese Leute waren wirklich im Mittelalter stecken geblieben. Nun merkte er auch erst, dass die Kleidung der Familie im Vergleich zu seiner unglaublich altmodisch war. Als würden sie zu einem Maskenball gehen, der das Thema Mittelalter trug. Hitomi sah in ihrem dunkelblauen Abendkleid dagegen noch normal aus.

Er war so in Gedanken versunken, dass er erst jetzt merkte, dass der Butler vor jeden ein Glas abstellte. Als er bei ihm angekommen war, erkannte er auch, was es war. Die dickflüssige, rote Flüssigkeit schwappte verführerisch in den Kristallkelch. Als er nach dem Glas griff, merkte er, dass die Flüssigkeit noch warm war. Irritiert ließ er das Glas wieder los und sah verwirrt zu Hitomi, die das Glas bereits an ihre Lippen gesetzt hatte und trank. Als sie seinen Blick bemerkte, wurde sie augenblicklich rot und stellte es wieder vor sich ab. Sie schien erst nicht zu verstehen, warf dann einen Blick auf das Glas und schien zu begreifen. Leicht beugte sie sich zu ihm rüber und flüsterte in sein Ohr: "Meine Eltern haben keine Mühen gescheut, um dir einen angemessenen Empfang zu bereiten. Dazu gehört natürlich auch frisches Blut, ich hoffe, es schmeckt dir."

Seiji sah sie erschrocken an. Das konnte nicht ihr Ernst sein, oder? Sie zapften hier lebenden Menschen das Blut ab, um es zu trinken? Jede Faser in seinem Körper sträubte sich, das zu akzeptieren und er hätte das Glas am liebsten mit einem lauten Knall an die Wand geschleudert. Schwer atmend krallte er seine Hände in seine Hose und versuchte seine Beherrschung zurückzuerlangen.

Für die Traditionellen waren Menschen nichts weiter als Nahrung. Das Schlimmste an der Situation war allerdings für ihn, dass seine Kehle sofort bei dem Geruch des Blutes zu brennen begann. Das wenige Blut, dass er von Ichiro bekommen hatte, war längst nicht genug gewesen. Er hatte schrecklichen Hunger und schaffte es nur mit Mühe und Not, das Glas nicht anzurühren. Diese Blöße würde er sich nicht geben.
 

Es folgten eine Reihe von belanglosen Gesprächen, die auf Zwang versuchten, Seiji irgendwie mit einzubeziehen. Schnell merkten sie allerdings, dass sie bei den meisten Themen bei ihm auf taube Ohren stießen und wurden immer nervöser. Nobu schenkte ihn einen grimmigen Blick nach dem anderen.

Sofort wusste Seiji, dass er ihn mindestens genauso zu verachten schien, wie er selbst. Dass seine wertvolle kleine Schwester einen Akasawa heiraten sollte, war ihm definitiv ein Dorn im Auge. Er wusste allerdings, dass der Akasawa Clan weit über ihrem stand und was eine Heirat mit diesem für sie selbst bedeuten würde, also hielt er weitestgehend den Mund.

Seiji stützte den Kopf in seine Hand und lauschte den Gesprächen schließlich nur noch halbherzig. Das sollte also sein neues Leben sein? Mit dieser Familie? Er fragte sich, wann er endlich wieder zu Natsuko zurückkonnte und wie es ihr wohl gehen würde. War sie alleine? Hatte ihr Ichiro vielleicht geholfen? Der Gedanke brachte ihn fast um den Verstand. Er wollte nicht, dass sie mit ihm alleine war. Er unterdrückte ein lautes Seufzen, was ihm einen besorgten Blick Hitomis einbrachte.
 

Als es spät wurde, standen sie alle nacheinander auf. Hitomi verabschiedete sich von ihrer Familie und nahm Seiji mit auf die obere Etage, um ihm sein Zimmer zu zeigen. Offenbar wollte ihn die Familie so schnell nicht gehen lassen. Mittlerweile ließ er alles nur noch über sich ergehen, er hatte keine Kraft mehr, dagegen anzukämpfen.

Hitomi zeigte ihm ein großes Zimmer, das genauso altertümlich eingerichtet war, wie der Rest des Raumes. Schnell merkte er, dass in diesem Raum viel zu viele persönliche Gegenstände waren, als das es sein Zimmer sein konnte. Irritiert drehte er sich zu ihr um und sah ihr verwirrt in die Augen. "Wo sind wir?", er sah sich weiter verwirrt im Raum um. "Das ist mein Zimmer...", ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht, "ich dachte, es wäre nicht verkehrt, wenn wir als Verlobte in einem Zimmer schlafen."

Seijis Miene verfinsterte sich schlagartig. Was fiel diesem Mädchen eigentlich ein? Wusste sie nicht, wo ihr Platz war? Verärgert drückte er sie gegen die alte Holztür und sah ihr bedrohlich in die Augen. "Jetzt hör mir mal gut zu, Hitomi...", er versuchte seine Stimme ruhig zu halten, was ihm nicht ganz gelang, "ich habe eine Frau, die ich liebe und du wirst niemals mehr für mich sein." Hitomis Augen weiteten sich kurz vor Schreck, ehe sie schwach lächelte. "Das weiß ich doch...", murmelte sie traurig.

Plötzlich warf sie sich ihm in die Arme und überrumpelte ihn dadurch völlig. Vor Schreck schaffte er es nicht einmal, sie sofort von sich zu stoßen. "Mir reicht es schon, wenn ich an deiner Seite sein kann, Seiji...", flüsterte sie leise an seiner Brust und sog seinen Geruch ein. "Ich verstehe das nicht...", verwirrt suchte er nach Worten, "wieso bist du so besessen von mir? Wir kennen uns doch gar nicht..." "Seiji...", sie löste sich von ihm und sah ihm tief in die Augen, "mag sein, dass du mich nicht kennst, aber ich beobachte dich schon lange. Erinnerst du dich an deine erste Verurteilung? Ich war auch dort. Dein herrischer, herablassender Blick, der sich von niemanden etwas sagen ließ. Ich habe mich in der ersten Sekunde in diesen Blick verliebt..."

Seijis Hirn arbeite auf Hochtouren, er versuchte sich verzweifelt an seine erste Verurteilung zu erinnern. Ja, er wusste es wieder. Damals hatte er so einen unwichtigen Vampir getötet, der einen unschuldigen Mensch anfallen wollte. Dafür war er prompt vor dem Gericht gelandet, aber da es sein erstes Vergehen war, relativ schnell wieder freigelassen worden. Hitomi war also auch dort gewesen, er hatte sie nicht bemerkt.

"Seiji...", sie lehnte sich wieder leicht an ihn, "ich weiß, dass ich diesem Menschenmädchen nie das Wasser reichen kann, aber ich werde solange warten, bis du nur mich sehen kannst. Was sind schon ein paar Jahrzehnte?" Sie spielte eindeutig auf Natsukos geringe Lebenszeit hin, was ihn einen Stich ins Herz versetzte. Er wusste, dass sie recht hatte und doch machten ihn ihre Worte wütend.

Grob drückte er sie an die Wand, seine Augen glühten rot auf. Schwer atmend sah er sie an, er spürte, wie er wieder die Kontrolle verlor. "Es ist okay...", flüsterte sie leise und lächelte ihn an, "tu es." Erschrocken riss er seine Augen auf, als sie seine Gedanken erraten hatte, doch konnte er seine Triebe nicht mehr zurückhalten.

Langsam beugte er sich zu ihr runter, die Hände über ihren Kopf fest im Griff. Er leckte ihr fast schon liebevoll über den Hals und biss dann zu. Die warme Flüssigkeit strömte in seinen Mund und ein Zittern ergriff seinen Körper. Wie er sich danach gesehnt hatte. Langsam ließ er ihre Hände los und nahm sie nun in den Arm, um mehr Blut zu erhaschen. Liebevoll strich sie ihm dabei über den Rücken und seufzte wohlig.

Als er das Gefühl hatte, endlich wieder satt zu sein, ließ er los und leckte ihr über den Hals. Ihre Beine waren wacklig und sie wäre fast unter ihm zusammengebrochen, aber er fing sie auf. Er hatte das Gefühl, das sei er zumindest schuldig. Behutsam legte er sie auf das Bett und ging dann zu einem kleinen Sofa, um sich dort hinzulegen.

Wütend fuhr er sich durch die Haare, noch immer den Geschmack von Hitomis Blut im Mund. Seit langem hatte er kein Hungergefühl mehr und doch fühlte er sich schlecht. Er fühlte sich, als hätte er einen bitteren Verrat an Natsuko begangen. Doch, das war es nun einmal, was er war. Eine Bestie, die ohne Blut nicht leben konnte und er hasste sich in diesem Moment selbst für diese Tatsache.

secrets (Geheimnisse)

Am nächsten Morgen fiel es Natsuko schwer, ihre Augen zu öffnen. Sie wollte am liebsten liegen bleiben und nie mehr aufstehen. Ein wenig Ruhe war mittlerweile der bescheide Wunsch, der sich in ihr regte. Mehr wollte sie doch nicht. War das womöglich nicht mehr möglich, weil sie sich damals für einen Vampir entschieden hatte? Gab es denn nicht doch eine Möglichkeit, die Situation zu retten?

Als sie ihre Gedanken einen Schritt weiter verfolgte, schlug sie erschrocken die Augen auf und saß sofort aufrecht im Bett. Mit einem Schlag war sie wach. Schwer atmend schlang sie die Arme um sich und sah entsetzt ins Leere. Woran hatte sie da bitte gedacht?
 

Satoru, der von Natsukos heftiger Bewegung sofort wach wurde, schreckte regelrecht aus dem Schlaf und stand Sekunden später auf den Beinen. "Natsuko?", er kam hastig zu ihr, packte sie an den Schultern und versuchte in ihre Augen zu sehen, "was ist los?" Benommen drehte sie sich zu ihm um, konnte aber nichts sagen.

Sie fragte sich, was Satoru zu ihren Gedanken sagen würde, wagte es aber nicht, diese auszusprechen. Jede Faser in ihrem Körper wehrte sich dagegen und doch schien die Lösung aller Probleme auf einmal so einfach, so klar zu sein. Doch, war sie bereit dafür?
 

Sie schüttelte heftig den Kopf und schüttelte somit auch Satoru ab. Ausgerechnet ihn jetzt in ihrer Nähe zu haben, schien ihr fast unerträglich. Etwas verletzt sah Satoru sie an, als sie ihn so grob abwehrte. Offenbar dachte er, dass ihre Reaktion mit ihm zu tun haben musste.

"Natsuko...", er sah sie noch eine Weile an, stand dann schweigend auf und gewährte ihr den benötigten Freiraum. Etwas irritiert verließ er das Zimmer und ließ Natsuko alleine zurück. Diese fieberte immer noch ihren Gedanken nach und bemerkte dies kaum.
 

Kurze Zeit später stand sie allerdings, fertig angezogen, vor Satoru und erntete dafür einen sichtlich verwirrten Blick. "Wo willst du hin?", er legte den Kopf schief und musterte sie besorgt. "Zur Uni...", murmelte sie leise und machte sich dann schon auf den Weg zur Tür.

"Warte mal!", Satoru kam ihr nachgelaufen und hielt sie am Arm fest, "bist du sicher, dass du schon bereit dafür bist?" In seinen Blick lag pure Besorgnis, doch Natsuko schüttelte ihn einfach ab. Ohne ihm zu antworten, verließ sie das Haus und ließ Satoru sprachlos und verletzt zurück.
 

Sie legte den Weg zur Universität so geistesabwesend zurück, dass sie nicht einmal bemerkte, dass sie bereits angekommen war. Erst als sie stürmisch von hinten umarmt wurde, erwachte sie aus ihrer Schockstarre. Verwirrt drehte sie sich um und sah direkt in braune Augen.

"Kenta...", trübselig sah sie ihren Freund an, der sie freudig anlächelte. Als dieser aber Natsukos Ausdruck in ihrem Gesicht sah, verschwand sein Lächeln augenblicklich. "Natsuko?", seine Stirn legte sich vor Sorge in Falten und er sah ihr tief in die Augen, "was ist los mit dir?" Sie sah ihn wehleidig an, wusste allerdings nicht, was sie sagen soll. Leise nahm sie ihn in den Arm und versuchte ihre Tränen zu unterdrücken.

"Kenta...", es gelang ihr jämmerlich und schon schluchzte sie lautstark, sodass sich Kenta irritiert zu seinen Mitstudierenden umdrehte, die sie schon neugierig beobachteten. Offenbar dachten sie, dass er sie zum Weinen gebracht hatte. Leise fluchend nahm er sie bei der Hand und zog sie über das Universitätsgelände.
 

Erst als sie das Biologielabor erreichten, ließ er sie wieder los. Noch immer wurde sie von leisen Schluchzern geschüttelt und versuchte verzweifelt sich die Tränen wegzuwischen. "Natsuko, um Gottes willen", Kenta packte sie an den Schultern, versuchte vergebens in ihre Augen zu schauen, "was ist denn nur passiert?" Es brach ihm das Herz, seine beste Freundin so zu sehen.

Plötzlich weiteten sich seine Augen vor Schreck und stieß zornig aus: "War es dieser Kerl?!" Schlagartig verfinsterte sich seine Miene und Natsuko sah ihn erschrocken an. So hatte sie ihn noch nie zuvor gesehen. "K...kenta?", gab sie stammelnd von sich, während Kenta vor Wut die Hände zu Fäusten ballte. "Natsuko!", er griff nach ihrem Kinn, sah ihr tief in die Augen, "hat er dir irgendetwas angetan?" Sein Blick mischte sich aus Zorn, aber auch tiefer Sorge.

Hastig schüttelte Natsuko den Kopf, um Kenta ein wenig zu beruhigen. Seiji hatte damit nichts zu tun, zumindest traf nicht ihm die Schuld. Und viel mehr, als die Strafe, bereiteten ihr ihre eigenen Gedanken Sorgen. Kenta sah sie noch einen Moment skeptisch an, ehe er laut seufzte. "Natsuko...", erhob er dann seine Stimme und schüttelte enttäuscht seinen Kopf, "ich kenne dich mittlerweile schon eine gefühlte Ewigkeit und du kannst mir nichts mehr verschweigen. Also?" Mit einem etwas milderen Gesichtsausdruck sah er sie nun an und lächelte leicht.

Natsuko sah ihn kurz an. So sehr sie es sich auch wünschte, sie konnte ihrem Freund doch nichts von Vampiren und erzwungenen Hochzeiten erzählen. Am Ende hielt er sie noch für verrückt. Hastig wischte sie sich ihre Tränen aus den Augen und lächelte ihn leicht an. "Alles gut...", sagte sie und versuchte dabei ihre Stimme ruhig zu halten, "wir haben nur ein wenig gestritten." Kenta sah sie ungläubig an, er schien ihr kein Wort zu glauben. Trotzdem ging er nicht weiter darauf ein und nahm sie behutsam in den Arm.

"Ich werde dich immer beschützen...", flüsterte er leise , "egal mit wem oder was ich es zu tun habe..." Natsuko stutzte leicht. Wie meinte er das? Sie löste sich von ihm, bekam aber nur ein strahlendes Lächeln von Kenta. Offenbar war er wieder ganz der Alte.
 

Den Rest des Tages sprach er das Thema nicht noch einmal an, wofür Natsuko ihn sehr dankbar war. Sie wusste beim besten Willen nicht, wie sie es ihm sonst hätte erklären sollen. In diesem Moment beneidete sie ihn ein wenig für sein unbeschwertes, menschliches Wesen. Auch wenn sie über nichts gesprochen hatte, so fühlte sie sich mit einem Schlag besser, nachdem sie bei Kenta war. Es war eine gute Idee, wieder in die Universität zu gehen.
 

Natsuko half Kenta noch bei einigen Sachen in seinem Labor, obwohl sie davon keine Ahnung hatte. Erst jetzt bemerkte sie, dass er ziemlich viele Forschungsgebiete hatte, die sich mit Blut befassten. Ständig nahm er andere Blutkulturen und betrachtete sie nachdenklich unter seinem Mikroskop. Schnell merkte er aber auch, dass Natsuko für all das absolut nicht zu gebrauchen war und verdonnerte sie schließlich zum Gläser spülen, was sie aber bereitwillig tat. Sie war schließlich wirklich keine große Hilfe.

Als es schon dunkel wurde, verabschiedete sie sich von Kenta, der noch eine Weile im Labor bleiben wollte. Erst jetzt bemerkte sie, wie erwachsen er in seinem weißen Kittel aussah und mit was für einer Ernsthaftigkeit er seiner Forschung nachging, als hänge sein Leben davon ab. Er wirkte dabei fast schon ein wenig cool, was Natsuko von ihrem besten Freund so bisher noch nicht wahrgenommen hatte. Leicht lächelnd winkte sie ihm hinterher und verabschiedete sich dann.
 


 

Als er die Tür hinter ihr zufallen hörte, löste er sich langsam von dem Mikroskop. Es bestand nicht mehr die Notwendigkeit, den Beschäftigten zu mimen. Er zog sich seinen Kittel aus, spähte in den Gang, ob Natsuko wirklich schon gegangen war und begab sich dann in den Trakt, wo die Professoren ihre Büros hatten. Um die Uhrzeit waren viele Lichter bereits dunkel, aber das, worauf er zusteuerte, war natürlich noch erhellt. Ohne zu Klopfen trat er schnell ein.

Isamu Kobayashi sah nicht einmal auf, als Kenta eintrat. "Und?", fragte er schließlich leicht gelangweilt, ohne von einem Dokument aufzusehen, dass er in den Händen hielt. "Ich weiß nicht, was der Auslöser war, aber die Dosis scheint mittlerweile schon zu schwach zu sein...", Kenta verschränkte die Arme vor der Brust und sah Isamu ernst an, welcher endlich zu ihm aufblickte. "Wirklich?", er hob leicht überrascht eine Augenbraue hoch und musterte Kenta kurz, "eigentlich sollte diese Dosis noch viele Jahre reichen." "Nicht, wenn sie großem Stress ausgesetzt wird...", Kenta seufzte leicht und sah zu Boden, "wir müssen uns etwas einfallen lassen."

Isamu stand nun von seinem Tisch auf und ging zu einem Bücherregal. "Tja, sein Testament besagt eindeutig, wie wir mit ihr verfahren sollen...", er blätterte schnell in einem Ordner und las die Seiten mit einer absurden Geschwindigkeit. "Das hat aber nicht mit eingerechnet, dass sie auf IHN trifft, Isamu!", schrie Kenta ihn nun an und ballte die Hände zu Fäusten. "Kenta", Isamu warf ihm einen kalten Blick zu, "ich habe dir von Anfang an gesagt, dass du dich nicht zu sehr auf dieses Mädchen einlassen sollst..." Ein vorwurfsvoller Ton spielte in seiner Stimme und Kenta sah fluchend zur Seite.

"Naja", er klappte das Dokument wieder zu und ging zurück zu seinem Sessel, "beobachte sie weiter und sollte sich ihr Zustand verschlimmern, entscheide ich, was wir machen sollen." Er winkte schnell mit der Hand und deute Kenta so, dass er verschwinden sollte. Zerknirscht verließ dieser den Raum, während er stetig vor sich herfluchte.
 


 

Natsuko war mittlerweile wieder zu Hause angekommen, doch als sie das Haus betrat, war dort keiner. Irritiert suchte sie jeden Raum ab, aber sie konnte niemanden finden. Satoru war also wirklich gegangen. Offenbar hatte er sich verantwortlich gefühlt für ihre Reaktion am Morgen. Traurig sah sie zu Boden. Sie hatte nicht das Gefühl, jetzt schon alleine sein zu können.

Gedankenverloren ging sie in das Wohnzimmer und merkte erst jetzt, dass dort ein Brief auf dem Tisch lag. Mit einem altertümlichen, roten Siegel war er verschlossen und versehen mit einer ebenso alten Schrift. Verwirrt nahm sie den Brief an sich und öffnete ihn ohne Umschweife.

Hastig überflog sie die wenigen Seiten und warf den Brief dann schockiert zurück auf den Tisch. Sie taumelte ein paar Schritte zurück und schlug die Hände vor dem Mund zusammen. Obwohl sie es bereits erwarten konnte, brach diese vollendete Tatsache sie nun doch aus dem Konzept. Eine Welle der Übelkeit stieg in ihr auf und sie war wieder den Tränen nah.

Mit einem Schleier vor den Augen las sie erneut die Überschrift des Briefes: Einladung zur Hochzeit.
 

Wie betäubt taumelte sie regelrecht in das Schlafzimmer und legte sich langsam auf das Bett. Sie hatte ihm zwar gesagt, dass er es tun sollte, aber nun brachte es sie fast um. Dieser Brief gab ihr die bittere Erkenntnis, die sie bisher zu Verdrängen versucht hatte. Sie rollte sich auf den Bauch und drückte ihr Gesicht in ein Kissen. Dann begann sie wieder leise zu schluchzen. Sie wollte jetzt nicht alleine sein. Was würde sie dafür tun, wenn Satoru jetzt noch hier wäre? Warum hatte sie ihn am Morgen nur so behandelt? Sie hasste sich selbst dafür.

Plötzlich hörte sie hinter sich eine tiefe, kalte Stimme. Es war nicht mehr als ein Flüstern, doch Natsuko hörte seine Worte klar und deutlich. "Tut weh, nicht wahr?", das Flüstern schien fast direkt neben ihrem Ohr zu sein und erschrocken drehte sie sich um. Vor Schreck riss sie die Augen auf und begann augenblicklich zu zittern. Das Zimmer war völlig leer.

thoughts (Gedanken)

Natsuko hatte in dieser Nacht kein Auge mehr zugetan. Sie war zutiefst verängstigt von dieser Stimme, die sie gehört hatte, obwohl sich keiner in ihrem Zimmer befand. Woher kam diese Stimme dann? Eins war ihr auf jeden Fall klar und zwar, dass sie die Stimme nicht kannte. So kalt wie geschliffener Stahl und einer Tiefe, die einen durchs Mark ging.
 

Zitternd hatte sie die Arme um sich geschlungen und sich nichts mehr gewünscht, als dass irgendjemand da gewesen wäre. Sie sehnte sich noch nie so sehr nach Seiji. Was würde sie dafür tun, jetzt seine Wärme zu spüren, seine Worte zu hören, die ihr sagten, dass schon alles gut werden würde.

Wie konnte sie diese Situation selbst noch retten? Wenn sie immer nur den schwachen Mensch mimen würde, war ihre gesamte Existenz sicherlich bald dem Untergang geweiht. Mit diesem Gedanken rappelte sie sich bei den ersten Sonnenstrahlen auf und zog sich an. Ihr Ziel war ihr klar und das geringste Zögern würde ihr nun zum Verhängnis werden. Nun war es an ihr, etwas zu tun und das ganz alleine.
 

Die Vögel sangen, als sie die Straße entlang ging. Ein kühler Wind wehte, an diesem frühen Morgen. Etwas enger schlang sie ihre Jacke um sich und ging geradewegs auf die alte Hütte zu. Viel zu lange war sie nicht mehr hier gewesen. Sie wusste nicht genau, warum sie das Haus bisher gemieden hatte. Vielleicht aus Angst?

Energisch schüttelte sie den Kopf und trat ein. Den alten, modrigen Geruch ignorierte sie heute völlig. Entschlossen stieg sie die Treppe hinauf und blieb vor der letzten Tür stehen. Sie holte tief Luft und öffnete diese.
 

Sofort bemerkte sie, dass die Person auf dem Bett lag und schlief, was eigentlich kein Wunder war um diese Uhrzeit. Dennoch ging sie ungehemmt darauf zu und schüttelte ihn grob an den Schultern. Sofort schlug er die Augen auf und sah sie völlig verdattert an.

"Natsuko...?", er sah sie an, als hätte er einen Geist gesehen und rappelte sich nur sehr mühselig auf. "Kazuya", sie sah ihn mit verschränkten Armen von oben herab an, "ich brauche deine Hilfe." Kazuya versuchte indessen noch wach zu werden und schüttelte benommen den Kopf. "Was tust du hier...", murmelte er leise, wohl mehr zu sich selbst.

"Was damals passiert ist, ist mir egal", setzte Natsuko nun an, "ich weiß nicht, was es war und wie es dazu gekommen ist, aber ich brauche dich jetzt nun einmal. Mit den anderen kann ich nicht darüber reden..." Kazuya sah ihr nun direkt in die Augen und musterte sie skeptisch. Er verstand wirklich nicht, wie sie sich nach alldem noch hierher trauen konnte. Vielleicht war sie am Ende doch stärker, als er sie zunächst eingeschätzt hatte.

"Natsuko", er fuhr sich aufgebracht durch die Haare, "wenn Fürst Ichiro oder Seiji hiervon Wind bekommen, ist mein Leben schneller vorbei, als mir lieb ist." Aus dem Seitenwinkel sah er sie wehleidig an und schien sie fast schon anzuflehen, zu gehen, doch Natsuko rührte sich kein Stück. "Ich denke, du bist es mir schuldig, mir zu helfen", gab sie nur schnippisch zurück und traf damit genau Kazuyas wunden Punkt.

Getroffen sah dieser zu Boden und schien nachzudenken. Dann stieß er einen lauten Seufzer aus und lehnte sich leicht ihm Bett zurück, ehe er gen Decke starrte. "Gut", sagte er schließlich, offensichtlich wenig erfreut, "was möchtest du?" Natsuko beugte sich zu ihm rüber, ganz nah. Ihre Nase streifte sein Gesicht und ihre Lippen berührten fast sein Ohr, ehe sie ihm ihr Anliegen zuflüsterte.

Schockiert riss Kazuya seine Augen auf und sah sie ungläubig an. Hatte er sich womöglich verhört?
 

Natsuko beugte sich wieder zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, ehe sie Kazuya musterte. Sein schockierter Blick überraschte sie, offenbar hatte er damit nicht gerechnet. Das ließ sie ein wenig stutzen und sich fragen, was für ein Bild Kazuya eigentlich bisher von ihr hatte. Ihre Lösung kam ihr einzig richtig und logisch vor. Warum schien sie dann trotzdem so falsch?

Als sie grade bei Kazuya nachhaken wollte, hörte sie plötzlich Schritte von der Treppe. Sofort beschleunigte sich ihr Puls und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Könnte es sein? Etwas zu euphorisch lief sie zu der Tür und rannte direkt in eine Person.
 

Bevor sie nach hinten fallen konnte, wurde sie schon aufgefangen. Sofort hob sie den Blick, doch wen sie dort sah, riss ihr fast den Boden von den Füßen. Ihr sahen bernsteinfarbene Augen entgegen, die sie mit einem höchst verwirrten Ausdruck musterten. "Was...", mehr bekam sie nicht raus, so surreal erschien ihr dieses Bild. Dann hörte sie nur noch ein leises Fluchen, einen kurzen Schmerz im Nacken und es wurde alles schwarz um sie.
 


 

"Kazuya, verdammt", fluchte er nun laut und funkelte Kazuya erbost an, "was zur Hölle hat sie hier zu suchen?" Kazuya stand eilig vom Bett auf und ging zu den Beiden, um Natsuko näher zu betrachten. Offensichtlich war sie nur bewusstlos. "Die Frage ist eher, was du hier machst...", murmelte Kazuya nur verstimmt und nahm ihm Natsuko ab, um sie auf sein Bett zu legen.

"Ich wollte mit dir sprechen", er zeigte energisch auf Natsuko, "wegen DER da. Was macht sie also hier? Seit wann stehst du im Kontakt mit ihr?" Ertappt sah Kazuya zu Boden und wich seinen Blicken aus. "Kazuya, verflucht!", er kam auf ihn zu und zerrte an seinen Haaren, bis sich ihre Blicke wieder trafen, "meinst du echt, ich kann dich ewig schützen, wenn du so eine Scheiße abziehst?"

Seine bernsteinfarbenen Augen musterten aufgebracht seine schwarzen. "Isamu, ich...", setzte er an, brachte dann aber kein Wort mehr raus. Dieser ließ ihn nun los und raufte sich die Haare, ehe er zu dem Bett ging, auf dem Natsuko lag. Nachdenklich strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht, ehe er erneut seine Stimme erhob: "Also? Wie lange schon?" "Fast 2 Jahre...", gab Kazuya nun seufzend zu und schaute wieder zu Boden. "2 Jahre...", wiederholte Isamu leise, ehe er sich wieder von Natsuko ab wand, "was wollte sie?"

Ernst sah er Kazuya an, der ihm einen verzweifelten Blick schenkte. "Isamu!", hastig kam Kazuya auf ihn zu und griff ihn noch grob am Kragen, "was macht ihr bloß? Ist ihre Dosis zu schwach oder was hat das alles zu bedeuten?" Isamu schenkte ihn einen fragenden Blick, woraufhin Kazuya ihm schließlich Natsukos Anliegen erklärte. "Verflucht!", stieß dieser nun aus und raufte sich erneut die Haare, "das geht alles viel zu schnell! Es ist viel zu früh!"

Laut fluchend ging er in dem Zimmer auf und ab. Die Situation glitt ihn aus den Fingern. Dann drehte er sich schnell nach Kazuya um und lief zu ihm. "Ich verbiete dir den Umgang mit ihr!", drohend hielt er ihm einen Finger vor die Nase und funkelte ihn wütend an, "zieh von mir aus um oder versteck dich. Sie soll möglichst keinen Kontakt mehr mit euresgleichen haben!"

Isamu ging nun zum Bett und hob Natsuko auf seine Arme, ehe er langsam zur Tür ging. Bevor er den Raum verließ, drehte er sich noch einmal um. "Solltest du dich noch einmal uns entgegenstellen, dann werden wir dich leider auslöschen müssen. Spiel nicht mit meiner Großzügigkeit", raunte er bedrohlich, ehe er endgültig den Raum verließ. Kazuya blieb als ein verzweifeltes Stück Elend zurück.
 


 

Als Natsuko das nächste Mal die Augen aufschlug, lag sie in ihrem Bett. Erschrocken richtete sie sich blitzartig in ihrem Bett auf und sah sich irritiert um. Das Zimmer war völlig leer. Wer hatte sie hier hergebracht und warum war sie überhaupt hier?

Schmerzend hielt sie sich den Kopf und versuchte sich zu erinnern, aber da war nur ein großes schwarzes Loch. Sie war doch auf dem Weg zu Kazuya gewesen und nun lag sie hier in ihrem Bett. Was war in der Zwischenzeit passiert?

Mühselig rappelte sie sich im Bett auf. Es schien so, als ob jeder gegen sie arbeiten wollte und sie verstand beim besten Willen nicht wieso. Fest drückte sie die Kette um ihren Hals und wünschte sich Seiji zu sich. Sie wusste nicht, wie lange sie es alleine noch aushalten würde.
 

Plötzlich legten sich starke Arme um sie und sie verkrampfte sich sofort. War das wieder eine Illusion? Zitternd drehte sie sich langsam um und sah direkt in tiefschwarze Augen. Unfähig zu begreifen, fing sie nur leicht an zu zittern und sah die Person ungläubig an.

In der nächsten Sekunde hatte sie ihre Starre aber bereits überwunden und warf sich regelrecht in sein Arme, woraufhin er nach hinten fiel. "Natsuko...", leise lachend strich er ihr über den Kopf und drückte sie mit der anderen Hand fest an sich, "du hast mich gerufen?" Irritiert und mit Tränen behangenen Augen richtete sie sich auf und sah ihn fragend an. Daraufhin hob er seine Hand und ließ die Finger über den feinen Kristall ihrer Kette gleiten. "Schon vergessen? Da ist ein Teil meiner Macht enthalten. Wenn du Hilfe brauchst, werde ich kommen...", ein Lächeln huschte über sein Gesicht und er sah sie liebevoll an.

"Seiji...", gerührt sah Natsuko ihren Freund an und beugte sich zu ihm runter, um ihre Lippen auf die seinen zu legen. Dieser schloss langsam die Augen und legte seine Arme um sie. Ihre Wärme fühlte sich unglaublich gut an, ihr Geruch machte ihn fast wahnsinnig. Erst langsam löste sie sich wieder von ihm und sah ihm mit nassen Augen in die Seinen.

"Ich habe dich so vermisst...", hauchte sie leise, was Seiji erneut ein Lächeln entlockte. Schnell rollte er sich zur Seite, sodass sie nun unter ihm lag. "Ich dich auch...", liebevoll strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht und streichelte zärtlich dieses, "mehr als du ahnen kannst."

Natsuko schmiegte sich entspannt an seine Hand und schloss die Augen. Seine Wärme hatte eine heilende Wirkung auf sie. Ihre Gedanken, die mysteriöse Gestalt und auch die Geschehnisse bei Kazuya trieben in weite Ferne.

"Ich kann allerdings nicht lange bleiben...", flüsterte er nun leise und zerstörte somit den friedlichen Moment, "wenn die Tokushitas merken, dass ich weg bin, bringt das die ganze Situation in Gefahr. Sie denken dann womöglich, dass ich geflohen bin." Nun verzog sich sein Gesicht zu einem gequälten Lächeln und auch Natsukos Gesicht zeigte ihre Enttäuschung nur zu gut.

"Dennoch...", er beugte sich tief zu ihr runter und flüsterte ihr leise in das Ohr, "hab ich so ein unbändiges Verlangen nach dir, dass ich nicht einfach wieder gehen kann..." Natsuko verzog ihre Lippen zu einem kleinen, schelmischen Lächeln und zog Seiji zu sich heran. Dieser kicherte leise und fiel im nächsten Moment schon über sie her.
 

Als sich Seiji langsam wieder anzog, beobachtete Natsuko ihn vom Bett aus genau. Seine prachtvolle Gestalt war wirklich nicht von dieser Welt und sie versuchte sich jedes Detail einzuprägen, sollte sie ihn so schnell nicht wiedersehen. Seiji warf einen Blick über seine Schulter zu ihr und verzog seine Lippen dann zu einem lasziven Grinsen.

"Hast du etwa immer noch nicht genug?", mit freiem Oberkörper kam er zu ihr rüber und beugte sich über sie. "N..nein...", stammelnd sah sie zu ihm hoch und ihr stockte der Atem. Sie wollte ihn noch nicht gehen lassen, am liebsten würde sie ihn nie wieder gehen lassen. "Ach, Natsuko...", er drückte ihr einen leichten Kuss auf die Stirn und richtete sich wieder auf, "leider habe ich keine Zeit mehr."

Hastig nahm er sich sein Shirt von dem Boden und warf es sich über. "Sobald der Irrsinn vorbei ist, komme ich wieder, versprochen", er beugte sich erneut zu ihr runter und gab ihr einen langen, sinnlichen Kuss. Sofort stieg Hitze in Natsuko auf und sie wollte ihn am liebsten erneut auf das Bett zerren, aber bevor sie das tun konnte, hatte sich Seiji bereits wieder aufgerichtet. "Unersättlich, was?", er schüttelte leicht tadelnd den Kopf, als hätte er ihre Gedanken erraten, "du bringst uns noch in Teufels Küche."

Schmollend sah sie zu ihm auf. Es ärgerte sie maßlos, dass er damit viel besser klar kam, als sie selbst. Trotzig verschränkte sie die Arme vor der Brust und sah zu ihm auf. "Natsuko...", sein Lächeln wurde nun eine Spur trauriger, "mach es mir nicht so schwer. Ich würde doch auch lieber bleiben..." Ein letztes Mal ging er zu ihr, gab ihr einen Kuss auf ihr Haar und wand sich dann ab. "Bald sind wir wieder vereint", sagte er mit einem Grinsen auf den Lippen und war kurz darauf verschwunden.

Noch lange sah Natsuko zu der Stelle, an der er vor kurzem noch gestanden hatte und zog die Decke weit über ihren Körper. Mit einem Mal wurde ihr wieder eiskalt. Als hätte Seiji all die Wärme mit sich genommen. Trotzdem hatte ihr dieses kurze Treffen wieder Kraft gegeben. Seiji war immer noch der Alte und sie war sich auf unerfindliche Art und Weise sicher, dass sich zwischen ihnen nichts geändert hatte oder ändern wird. Leicht lächelnd fiel sie auf das Bett zurück und schlief zum ersten Mal seit Langem ohne Probleme ein.

enticement (Verlockung)

Als er sich in der großen Festung der Tokushitas wiederfand, lehnte er sich schwer atmend an eine Wand. Die Begegnung mit Natsuko hatte ihm mehr zugesetzt, als er dachte. Ihre Wärme wieder zu spüren und doch diesen Schmerz in ihren Augen zu erkennen, es war einfach zu hart. Wie konnte es nur so weit kommen, dass er diesem Mädchen so viel Leid antat? Hatte er doch stets darauf geachtet, sie wie einen Schatz zu hüten und sie von der Vampirwelt fernzuhalten. Doch dies gelang ihm so jämmerlich, dass er darüber fast nur lachen konnte. Wieso war er so unglaublich schwach?

Er dachte an seinen Vater, in letzter Zeit kam er ihm immer öfters in den Sinn. Er hätte sicher gewusst, was zu tun wäre, hatte er schließlich auch eine ehemals menschliche Frau. So sehr er seinen Vater auch für seine Taten verachtete, nun wäre er über seine Gesellschaft mehr als glücklich. Er war der einzige, der ihm in diesen Moment wohl noch verstanden hätte.

Seufzend stieß er sich von der Wand ab und bemerkte nur halbherzig, dass Hitomi mit verschränkten Armen vor ihrem Zimmer stand. Verwirrt, aber auch etwas misstrauisch, musterte sie ihn. "Wo warst du?", sie versuchte ihre Stimme ruhig zu halten, was ihr nicht wirklich gelang. "Was geht dich das an...", Seiji ging an ihr vorbei und ließ sich auf das große Sofa fallen. Müde schloss er die Augen und fuhr sich mit einer Hand durch das Haar.

Hitomi stand mittlerweile wieder neben ihm und betrachtete ihn schweigend. "Du warst bei ihr...", flüsterte sie schließlich leise, "ich kann ihre Witterung aufnehmen..." Seiji öffnete leicht ein Auge und sah sie abschätzig an. Er verstand nicht, was sie von ihm wollte und was sie hiermit erreichen wollte.

Plötzlich setzte sich Hitomi ungefragt auf seine Hüfte und schaute zu ihm runter. "Was soll das, Hitomi?", seine Augen verformten sich zu Schlitzen und er sah sie irritiert an. "Wenn meine Eltern das erfahren, bekommst du mächtig Ärger...", flüsterte sie leise und strich mit einem Finger über seine Brust. Die Berührungen waren ihm gänzlich unangenehm und vertrieben die schönen Erinnerungen an Natsuko, die nur wenige Momente zurücklagen.

"Hitomi", seine Stimme war nur ein leises, bedrohliches Knurren, ehe er sich aufrichtete und Hitomi von sich stieß. Nun lag sie unter ihm auf dem Sofa und er beugte sich über sie. "Was erwartest du von mir? Willst du mir drohen?", grob zerrte er mit einer Hand an ihren Haaren und hob so ihr Gesicht direkt vor seines, "soll ich dich vielleicht hier und jetzt nehmen? Ist es das, was du dir so sehnlichst wünscht?"

Seiji setzte sich auf ihre Hüften und packte mit seiner Hand grob nach Hitomis Oberweite, sodass die schmerzerfüllt aufwimmerte. "Seiji...nicht...", Hitomi wurde rot und versuchte sich abzuwenden, aber sein Griff hatte sich eisern in ihren Haaren verflochten. "Nicht?", er beugte sich zu ihr vor und flüsterte ihr kalt ins Ohr, "das ist doch genau das, was du von mir erwartest..." Dann ließ er seine Hand von ihrem Oberkörper zu ihrem Hals wandern und drückte fest zu, sodass Hitomi anfing zu röcheln. "Nicht...! Seiji!", wimmernd und mit Tränen in den Augen sah Hitomi ihn verängstigt in die Augen.

"Du bist so falsch, Hitomi", ein Lächeln huschte über sein Gesicht und er beugte sich zu ihr runter, um an ihrem Hals stehenzubleiben, "suchst dir irgendeinen starken Mann und versuchst ihn mit allen Mitteln rum zubekommen. Wie ein billiges Flittchen."

Schnell und brutal vergrub er seine Zähne in ihren Hals, wodurch Hitomi laut aufschrie. Sie versuchte sich aus seinem Griff zu winden, hatte aber nicht den Hauch einer Chance. Tränen liefen ihr nun stetig über das Gesicht und sie flehte ihn unaufhörlich an aufzuhören. Erst nach einer Weile löste Seiji sich von ihr, seine blutigen Lippen zu einem Lächeln verzogen.

"Du bist für mich höchstens als Nahrungsquelle zu gebrauchen", er strich ihr eine Strähne hinter das Ohr und flüsterte eiskalt, "solltest du mir noch einmal drohen, dann bringe ich dich um."

Mit diesen Worten richtete er sich wieder auf, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und verließ den Raum. Hitomi schlang zitternd die Arme um sich und begann laut zu schluchzen.
 


 

Natsuko stand am nächsten Morgen gut erholt auf und streckte sich zufrieden. Die Erinnerung an Seiji trieb ihr ein Lächeln auf die Lippen und sie stieg hoch motiviert aus dem Bett. Der Trübsinn der letzten Tage schien fast wie weggeblasen und sie summte leicht, als sie sich anzog. Sie freute sich auf die Universität und vor allem freute sie sich auf den Tag, wenn Seiji endlich zu ihr zurückkehrte. Seine Worte hatten ihr Zuversicht gegeben. Er wollte auf jeden Fall zu ihr zurückkehren, wenn alles vorbei war. Die Hochzeit war für sie in weite Ferne gerückt und sie verschwendete keinen Gedanken mehr daran. Seiji würde immer nur sie lieben, da war sie sich sicher. Dieses Mädchen schien für ihn keine Bedeutung zu haben und das gab ihr Kraft. Eilig verließ sie das Haus und machte sich auf den Weg zur Universität.
 

Dort angekommen sah sie schon von weiten Kenta am Tor gelehnt stehen. Er schien völlig in Gedanken versunken und wirkte dabei fast schon zerknirscht. Etwas verwirrt ging Natsuko langsam auf ihn zu und tippte ihn vorsichtig auf die Schulter.

"Alles in Ordnung?", irritiert versuchte sie seinen Blick zu erhaschen, doch Kenta zuckte nur erschrocken zusammen und sah sie etwas überrumpelt an. "Natsuko...", er schien sich kurz fangen zu müssen, er sie strahlend anlächelte, "guten Morgen!" So kannte sie ihren Freund gleich viel besser und erwiderte sein Lächeln. "Wie geht es dir?", seine Miene wurde schlagartig wieder ernst, was Natsuko kurz stutzen ließ. "Ganz gut soweit", meinte sie schließlich und setzte ein strahlendes Lächeln auf, was ihr einen zweifelnden Blick Kentas einbrachte. Schließlich erwiderte er ihr Lächeln und schien ernsthaft erleichtert zu sein.

Plötzlich nahm er sie in den Arm und drückte sie fest an sich, woraufhin sich Natsuko verwirrt umschaute, weil bereits einige Mitstudierenden sich zu ihnen umgedreht hatten. "K..kenta?", sichtlich verwirrt klopfte sie ihm leicht auf die Schultern, um ihn zu bewegen, sie loszulassen. "Ich mache mir Sorgen um dich, Natsuko...", flüsterte er leise in ihr Ohr, "seit du diesen Kerl kennst, bist du so anders..." "Kenta", nun wand sich Natsuko doch leicht aus seiner Umarmung, da ihr die Situation sichtlich unangenehm wurde, "ich weiß nicht, wovon du redest." Sie sah ihm direkt in das Gesicht, welches sich schmerzerfüllt verzogen hatte.

Dann wand er sich schnell ab und lief vor ihr auf das Universitätsgelände und Natsuko lief ihm hastig nach. Doch egal, wie oft sie nachfragte, er wollte oder konnte ihr keine Antwort für sein Verhalten geben. Schließlich gab sie seufzend auf und beeilte sich zu ihrer Vorlesung.
 

Isamu stand bereits an dem Pult und bedachte sie mit einem finsteren Blick, als sie den Saal betrat. Sie verbeugte sich kurz entschuldigend und huschte dann auf einen Platz in der letzten Reihe. Seine Blicke verfolgten sie den ganzen Weg dorthin, was ihr schnell unangenehm wurde. Irritiert sah sie zu ihm, wodurch er schnell seinen Blick wieder abwandte. Dann begann er ohne Umschweife seine Vorlesung und Natsuko grübelte noch eine ganze Weile über sein seltsames Verhalten.

Außerdem kam es ihr so vor, als hätte sie etwas Wichtiges über ihn vergessen, denn sie hatte das Gefühl, ihn vor kurzem irgendwo gesehen zu haben, aber es wollte ihr einfach nicht mehr einfallen. Frustriert stützte sie den Kopf in eine Hand und versuchte angestrengt, dem Unterricht zu folgen.
 

In der Mittagspause suchte sie fast den ganzen Campus nach Kenta ab, konnte ihn aber nirgends finden. Das war äußerst ungewöhnlich für ihn. Normalerweise fand sie ihn immer an den gleichen Stellen oder aber er versuchte schon von selbst, sie zu finden.

Schließlich gab sie frustriert auf, als sich die Pause bereits dem Ende neigte. Sie fragte sich, was nur mit ihm los war. Sein Verhalten von heute Morgen und dass er nun nicht auffindbar war, so hatte sie ihn bisher noch nie erlebt. Sie zerbrach sich den Kopf darüber, kam aber zu keiner Lösung.

Dass er von Seiji nicht besonders angetan war, wurde ihr relativ schnell klar, aber dass er seinetwegen jetzt so schlechte Laune bekam, war ihr ein Rätsel. Machte er sich wirklich solch große Sorgen um sie? Sie beschloss, dass sie diese Sache unbedingt klar stellen musste, wenn sie ihn das nächste Mal sehen würde.
 

Als der Tag an der Universität zu Ende ging, lief Natsuko etwas gedankenverloren die Straße entlang. Kenta hatte sie auch den Rest des Tages nicht mehr finden können und so kam ihr der Tag langweilig und trostlos vor. Nachdem Seiji nicht mehr zu Hause war, sehnte sie sich zu dem Kontakt mit anderen. Von Satoru hatte sie schließlich auch nichts mehr gehört und sie fragte sich allmählich, ob er ihr wohl sauer war, weil sie ihn an dem einen Morgen so seltsam zu ihm war. Sie nahm sie fest vor, sich bei der nächsten Gelegenheit bei ihm zu entschuldigen.

Als sie langsam ihr Haus erreichte, sah sie schon von weiten eine Person dort stehen. Irritiert runzelte sie die Stirn und ging direkt auf diese zu.
 

"Beniko?", sie legte den Kopf leicht schief und musterte das Mädchen fragend. Sie stand mit verschränkten Armen an der Wand gelehnt und hob leicht den Blick, als Natsuko zu ihr kam. "Da bist du ja endlich...", sie seufzte leicht und stieß sich von der Wand ab, um auf sie zuzugehen, "mach dich fertig, Ichiro möchte mit dir reden."

Natsuko war ihr einen fragenden Blick zu, welchen Beniko aber gekonnt ignorierte. "Kann er dann nicht selber herkommen?", kam es ihr unüberlegt über die Lippen und Benikos Augen verzogen sich zu Schlitzen. "Denkst du wirklich, dass er dafür Zeit hätte, deinetwegen extra herzukommen?", Beniko funkelte sie kühl an und Natsuko seufzte leicht. Beniko war mit ihren Stimmungen mindestens genauso schlimm wie die anderen. Hatte sie vor kurzem noch das Gefühl, sie würden sich einigermaßen gut verstehen, zeigte sie ihr nun wieder die kalte Schulter.

"Ist ja gut...", Natsuko ging zu der Tür und dreht sich kurz zu Beniko um, "ich bring kurz meine Sachen weg und dann komme ich." Beniko nickte ihr kurz zu und Natsuko verschwand im Haus. Sie fragte sich jetzt schon, warum Ichiro sie extra zu sich beorderte, war über diese Abwechslung aber gar nicht so unglücklich. Auch wenn es Ichiro war, so war ihr das im Moment fast lieber, als wieder ganz alleine in dem Haus zu hocken. Da hätte sie viel zu viel Raum und Zeit, ihren Gedanken nachzuhängen.

Schließlich ging sie wieder nach Draußen und folgte Beniko schweigend zur Stadtgalerie.
 

Dort angekommen gingen sie geradewegs die Treppe hinauf, doch schon von unten konnte Natsuko jemand oben an eine Wand gelehnt sehen oder besser gesagt, zwei Personen. Sofort, als sie erkannte, wer es war, wollte sie bereits darauf zulaufen, blieb aber in der Bewegung stehen, als sie sah, wer die zweite Person war.

Seiji stand dort zusammen mit Hitomi. Er hatte sie an die Wand gedrückt und schien ihr irgendetwas in das Ohr zu flüstern. Hitomis Augen waren vor Schreck leicht geweitet und sie schien etwas zu zittern. Eine Hand Seijis war auf ihrer Hüfte und sie standen so nah beieinander, dass es Natsuko augenblicklich ein Stich ins Herz versetzte.

Taumelnd wich sie ein paar Schritte zurück und lief schließlich die Treppe wieder runter, ehe Beniko sie davon abhalten konnte. Ohne genau zu wissen, wohin sie lief, fand sie sich schließlich auf einer großen Terrasse wieder. Atemlos schaute sie in den schwarz-roten Himmel und hielt sich mit einer Hand die Brust. Ihr Herz versetzte ihr immer noch kleine Stiche, als sie sich das Bild wieder ins Gedächtnis rief.

Was hatte das zu bedeuten? Warum kam Seiji diesem Mädchen so nah? Sie dachte, er hätte keinerlei Interesse an ihr und würde sie gänzlich ignorieren. Doch die Szene von eben sprach eine ganz andere Sprache. Was war in der Zwischenzeit passiert, als er bei den Tokushitas war?

Natsuko schlang die Arme um sich und wusste nicht mehr ein und aus. Sie hatte auch zu große Angst, wieder zurückzugehen und sich Gewissheit zu verschaffen. Warum fürchtete sie sich eigentlich so sehr vor der Antwort? Innerlich wusste sie bereits die Antwort, wollte sich das aber nicht eingestehen.

Plötzlich wurde die Luft um sie herum kalt und sie hörte eine Stimme direkt neben ihrem Ohr. "Ist es nicht grausam, wie sie dich alle leiden lassen...?", es war dieselbe eiskalte, tiefe Stimme, die sie schon einmal vernommen hatte.

Langsam drehte sie sich um und sah vor ihr nur einen schwarzen Schatten, ohne bestimmte Form. "Wer bist du...?", ihre Stimme war voller Verzweiflung, doch spürte sie mittlerweile keine Angst mehr vor der Gestalt. "Jemand, der dich kennt, den du allerdings nicht kennst", ein leises Kichern erklang, so unendlich boshaft und kalt, "ich bin die Kehrseite deines Seins."

Natsuko wich einen Schritt zurück und schüttelte verwirrt den Kopf. "Ich verstehe nicht...", sie schlang die Arme um sich und wand den Blick ab. "Du wirst noch schneller verstehen, als dir lieb ist...", eine dunkle Hand erstreckte sich aus dem Schatten, streckte sich einladend zu Natsuko, "ich kann das Leid in deiner Seele verstummen lassen."

Nun sah Natsuko wieder auf und musterte die Hand verwirrt. "Wie meinst du das...?", in ihrem Kopf schwirrte alles und doch musste sie wissen, was die Gestalt damit meinte. "Ich kann ihn dir erfüllen, deinen dunkelsten Wunsch...", plötzlich verschwand der Schatten vor ihr und starke Arme legten sich um ihre Schultern, drückten sie zärtlich an sich.

"Meinen dunkelsten Wunsch...", Natsuko schloss die Augen, schien nachzudenken, traute sich aber nicht, sich umzudrehen. Plötzlich riss sie die Augen auf und wirbelte schnell herum, aber die Gestalt war bereits wieder im Schatten versunken.

"Doch nicht etwa...bist du...", sie fand kaum Worte, verhaspelte sie sogar etwas, was dem Schatten ein weiteres Kichern entlockte. "Ich sehe, du begreifst schnell", erneut streckte sich eine Hand aus dem Schatten, "komm mit mir, Natsuko."

Sie schien kurz zu überlegen, zögerte leicht, streckte dann aber schließlich ihre Hand nach dem Schatten aus. Sofort griffen eiskalte Finger nach ihrem Arm und zogen sie an sich. Sie versank in dem Schatten, schloss die Augen, spürte eine Eiseskälte und plötzlich war die Terrasse mit einem Mal völlig leer.

illusions (Illusionen)

Seiji hörte ein lautes Geräusch, gefolgt von lauten Rufen. Sofort ließ er von Hitomi ab und sah verwirrt in die Richtung. Eigentlich wollte er ihr erneut ihren Platz klar machen, aber die Stimme, die an sein Ohr drang, kam ihm zu bekannt vor. Schon erblickte er blondes, langes Haar und hätte es fast mit dem von Natsuko verwechselt. Irritiert ging er geradewegs auf Beniko zu, die sich auch sofort zu ihm umdrehte und ihn erschrocken ansah. "Was ist los, Beniko?", er legte leicht den Kopf schief und sah sie fragend an, stetig gefolgt von Hitomi. "Natsuko...sie...", brachte Beniko nur raus und sah runter zur Treppe. Sofort wurde Seiji hellhörig, sah in Benikos Richtung und lief schließlich los.

Seine Gedanken überschlugen sich. Hatte sie ihn etwa gesehen? Leise fluchend sah er sich in der unteren Etage um, versuchte Natsukos Geruch ausfindig zu machen, der schwach in der Luft lag. Sollte sie ihn wirklich gesehen haben, so würde sie es garantiert missverstehen. Er musste es so schnell wie möglichst klar stellen. Hinter sich hörte er nun Schritte und sah, dass Beniko ihm gefolgt war.

"Jetzt mach schon, benutze deine Fähigkeiten!", blaffte er sie grob an, woraufhin Beniko leicht zusammenzuckte. Dann schüttelte sie allerdings betrübt den Kopf und sah Seiji ernst an. "Sie ist nicht mehr hier...", flüsterte sie leise und sah leicht zu Boden. "Was soll das heißen? Sie wird sich wohl kaum in Luft aufgelöst haben!", grob packte Seiji sie an den Schultern und schüttelte sie heftig. Sein Blick spiegelte pure Verzweiflung, aber auch Wut wider. "Ich kann ihre Aura nicht mehr spüren. Es ist fast so, als ob sie sich einfach in Luft aufgelöst hat...", verschreckt sah Beniko ihm in die Augen, woraufhin dieser sie grob beiseite schubste.

"Verdammt!", schrie er fast, "was hat sie hier überhaupt zu suchen?" Seiji schlug hart mit seiner Faust gegen die Wand und funkelte Beniko verächtlich an. Offensichtlich gab er ihr die Schuld an dem Schlamassel. "Ichiro wollte sie sprechen...", gab Beniko nun kleinlaut zu, offenbar doch eingeschüchtert von Seiji. Ohne ein weiteres Wort abzuwarten, stürmte Seiji schon in Richtung Ichiros Zimmer.
 

Kaum, dass er die große Eingangshalle erreicht hatte, sah er plötzlich Ichiro vor sich auf der Treppe stehen, den Rücken ihm zugewandt. "Ichiro!", wutentbrannt stürmte Seiji auf ihn zu, aber kaum, dass er seinen Bruder berührt hatte, löste dieser sich in eine Schar von schwarzen Krähen auf. "Was-...", irritiert stolperte Seiji einige Schritte zurück und sah sich verwirrt um. Die Krähen kreisten laut kreischend über seinem Kopf. Schnell sah er hinter sich, aber von Beniko war keine Spur mehr zu sehen. Er sah wieder nach oben, zu den Krähen, dessen Blicke nun alle auf ihn hafteten.

Plötzlich flogen sie alle gleichzeitig auf ihn zu, bohrten ihre Schnäbel tief in sein Fleisch. Einer von ihnen zielte direkt auf sein Auge und verfehlte dieses nur knapp. Wütend versuchte Seiji sie abzuschütteln, hatte aber bei der Masse keine Chance. "Verflucht!", laut fluchend floh er aus dem Schwarm und rannte die Treppe nach oben.

Er hatte den Treppenabsatz fast erreicht, da sah er in dem Schwarm von Krähen eine Person stehen. Irritiert musste er zweimal hinsehen, bis er erkannte, wer dort stand. "Natsuko!", schrie er atemlos und lehnte sich über das Treppengeländer. Blut tropfte ihn von seinen Armen und Gesicht, doch Natsuko schienen die Krähen völlig in Ruhe zu lassen. Blitzschnell sprang Seiji dennoch von dem Treppengeländer und landete direkt vor Natsuko.

"Wo hast du nur gesteckt?", erleichtert lächelnd packte er sie bei den Schultern und versuchte ihr in die Augen zu sehen, "komm, lass uns gehen, hier ist es nicht sicher." Doch, noch ehe er sie wegziehen konnte, spürte er plötzlich einen stechenden Schmerz in seinem Bauch. In Zeitlupe sank er seinen Blick und sah ein Schwert, dass ihn komplett durchbohrte. Er ließ seinen Blick zu den Griff wandern und sah, dass Natsuko es in den Händen hielt. Nun sah er ihr wieder in die Augen und riss erschrocken die Augen auf. Ihr Gesicht war zu einer Fratze verzerrt, ihre Lippen zu einem grausamen Lächeln verzogen.

"Warum...", schmerzend sackte er auf den Boden zusammen und hielt sich schwer atmend die Verletzung. Er schmeckte den Geschmack von Blut und musste husten. Sofort verteilten sich mehrere Blutspritzer vor ihm auf dem Boden. Dann spürte er, wie erneut die Krähen über ihn herfielen, ihn das Fleisch von den Knochen rissen. Allerdings bekam er das nur noch halbherzig mit, sondern sah erneut in Natsukos Gesicht, welches immer noch die gleiche Maske war. Leise lachend ergab er sich seinem Schicksal.
 

Dann spürte er plötzlich eine Hand auf seinen Schultern, die ihn erst leicht und dann immer heftiger schüttelten. Es folgten Stimmen, die ihn geradezu anschrien. Er hatte nicht die geringste Lust, seine Augen zu öffnen, gab schließlich doch nach und schlug langsam sie auf. Das grelle Licht blendete ihn und er schloss die Augen schnell wieder, nur um sie dann blinzelnd wieder zu öffnen. Sofort sah er in die tiefschwarzen Augen seines Bruders.

Dieser atmete erleichtert auf, als er sah, dass sein Bruder wieder bei Besinnung war. "Seiji", zu seiner Überraschung zog dieser ihn kurz darauf in seine Arme, "ich hatte Angst, dass sie dich erwischt hätten..." Der einst vertraute Geruch seines Bruders und die unerwartete Nähe überforderten ihn. Er wollte ihn am liebsten sofort von sich stoßen, aber sein Körper gehorchte ihn kein Stück. Schwer atmend schloss er wieder die Augen und versuchte zu realisieren, was passiert war.
 

Dann spürte er nur, wie er hochgehoben wurde und die Treppe nach oben gebracht wurde. Sein Körper fühlte sich fremd und schwach an. Er wollte sich winden, wollte nicht solch eine Schwäche zeigen, konnte sich aber nicht dagegen wehren. Oben angekommen legte Ichiro ihn auf das Sofa in seinem Zimmer und er überwand sich, erneut seine Augen zu öffnen. Ichiro hatte sich neben ihn gekniet und sah ihn besorgt an.

"Was ist passiert...", seine Stimme war brüchig und brachte ihn selbst zum Stutzen. Er konnte sich nicht erinnern, je so schwach gewesen zu sein. "Ruh dich erstmal aus, ich erkläre es dir später", Ichiro strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht, was Seiji das Gesicht verziehen ließ. Seine Berührungen waren ihm so unangenehm, dass er seine Hand am liebsten sofort von sich gestoßen hätte.

Schließlich biss er die Zähne zusammen und richtete sich äußerst unelegant auf. Sofort ging sein Atem rasselnd, hatte es ihm doch mehr Kraft gekostet, als vermutet. "Bleib doch liegen!", aufgebracht beugte sich Ichiro sich zu ihm nach vorne, doch endlich fand Seiji die Kraft, seine Hand wegzuschlagen. "Fass mich nicht an!", zischte er leise und versuchte seine sitzende Position beizubehalten.

Nun konnte er auch an sich runtersehen und bemerkte erstaunt, dass sein Körper völlig unversehrt war. Keine Schwertwunde, keine Verletzungen der Krähen, als sei dies nie passiert. Er runzelte irritiert die Stirn, woraufhin Ichiro schließlich leise seufzte und sich erhob.

"Es war eine Illusion", meinte er dann knapp und verschränkte die Arme vor der Brust. Sein ernster Gesichtsausdruck hatte wieder Oberhand gewonnen und er sah leicht zur Seite. "Eine Illusion?", seine Antwort verwirrte Seiji nur noch mehr und er warf einen fragenden Blick nach oben.

"Überall sind Schatten aufgetaucht, die wahllos alle angreifen, die ihnen zu nahe kommen", Ichiro schloss die Augen und verzog missmutig das Gesicht, "sie greifen deine Psyche an, indem sie einem Sachen zeigen, die einen seelisch kaputt machen." "Aber, woher...", überlegte Seiji laut und hielt sich seinen Kopf, welcher fürchterlich schmerzte. "Das kann ich dir nicht sagen. Sie sind so schnell aufgetaucht, dass wir noch gar nicht richtig reagieren konnten...", Ichiro schüttelte leicht den Kopf und hielt ratlos die Hände über den Kopf, "ich habe bereits Leute losgeschickt, um die anderen zu warnen."
 

"Aber, warum hab ich dann auch dich gesehen...", überlegte Seiji unbedacht laut, was Ichiro ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Es freute ihn offensichtlich sehr, dass er auch ein Grund zu sein schien, um Seijis Psyche anzugreifen. Allerdings verkniff er sich jeden Kommentar und tat so, als hätte er es nicht gehört, wollte er nicht, dass Seiji wieder wütend auf ihn wurde.

"Auf jeden Fall sind alle momentan in Alarmbereitschaft. Solange wir nicht wissen, woher diese Schatten stammen und was sie vorhaben, ist es für alle nicht mehr sicher hier", langsam ging Ichiro zu seinem Sessel und setzte sich auf diesen, "schwache Vampire sind darunter schon zerbrochen. Ich bin wirklich froh, dass du dem standgehalten hast." Seiji ließ sich auf dem Sofa zurücksinken und fuhr sich leicht durch sein Haar. Er fühlte sich völlig erschöpft und wollte am liebsten schlafen, wusste aber, dass er das nicht durfte.

"Natsuko...", sagte er schließlich ganz leise, "sie ist fort." Sofort wurde Ichiro hellhörig und legte seinen Kopf irritiert schief. "Was meinst du damit?", fragte er schließlich verwirrt nach. "Sie war hier, weil du etwas von ihr wolltest, meinte zumindest Beniko", Seiji warf Beniko einen leichten Blick aus den Augenwinkeln zu, "und dann war ihre Aura plötzlich nicht mehr zu spüren."

Sofort sprang Ichiro von seinem Sessel auf und ging geradewegs zu Beniko. Grob packte er sie an den Schultern und sah ihr direkt in die Augen, woraufhin diese erschrocken die Augen weitete und sogar leicht rot wurde. "Stimmt das? Was ist passiert?", Ichiro hob vorsichtig ihr Kinn an und sah ihr fordernd in die Augen, woraufhin sich Beniko leicht wand. "Ich wollte sie zu Ihnen bringen, aber als sie Seiji zusammen mit Hitomi sah, ist sie weggelaufen...", Beniko versuchte den stechenden Blick auszuweichen und schließlich erlöste Ichiro sie und ließ sie los.

Laut seufzend fuhr er sich aufgebracht durch das lange Haar. "Verflucht", schimpfte er laut, "ausgerechnet jetzt macht sie solch einen Ärger." Unruhig tigerte er im Zimmer auf und ab und versuchte nachzudenken. "Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es was mit den Schatten zu tun hat", verkündete er schließlich laut an die Beiden gerichtet, "sie müsste noch leben, sonst hätten wir das bereits an Seiji gemerkt." Damit spielte er wohl auf den Bund hin, woraufhin Seiji verbittert das Gesicht verzog. Die Vorstellung, Natsuko könnte was passiert sein, bereitete ihn größtes Unbehagen.
 

Plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz in seinem linken Auge und schrie laut auf. Die anderen beiden zuckten augenblicklich erschrocken zusammen und sahen ihn entgeistert an. Sekunden später quoll Blut aus dem Auge und Seiji hielt sich laut keuchend dieses fest. Dann wurde alles um ihn herum schwarz, er hörte nur noch die leiser werdenden Stimmen der anderen, bis diese schließlich völlig verstummten.

Als er die Augen wieder öffnete oder viel mehr sein rechtes Auge, war alles um ihn herum weiß. Abermals drehte er sich verwirrt um sich selbst, konnte aber weit und breit nichts sehen. "Nicht schon wieder...", murmelte er leise und machte sich bereits auf das Schlimmste gefasst. "Zweimal funktioniert dieses alberne Spiel nicht!", schrie er in die Leere, bekam aber keine Antwort.

Er wartete eine quälend lange Zeit, ob etwas passieren würde, aber nichts geschah. Keine Trugbilder, niemand, der ihn verletzen wollte. Sein linkes Auge pochte mittlerweile vor Schmerz und Blut tropfte ihn auf sein Oberteil. Schließlich hörte er eine Stimme, ganz dicht an seinem Ohr, die leise flüsterte.

"Seiji Akasawa...", ein eisiger Hauch streifte sein Ohr und er drehte sich um, fand aber niemanden. "Was willst du von mir?!", zornig ballte er die Hände zu Fäusten und blickte sich weiterhin um. "Ich habe etwas sehr Wichtiges von dir in meiner Obhut", sprach die Stimme nun weiter, die den ganzen Raum einzunehmen schien. "Etwas Wichtiges?", Seiji runzelte verwirrt die Stirn, "was soll das sein?" Ein leises Kichern erklang, diabolisch und kalt, ehe die Stimme direkt an sein Ohr hauchte: "Dein Leben."

Sofort riss Seiji schockiert seine Augen auf und drehte sich erneut um, aber wieder stand dort niemand. "Was willst du von ihr?", hasserfüllt schrie Seiji so laut, dass es schon fast wehtat, "lass sie gefälligst in Ruhe!" "Wenn du sie wiederhaben willst, dann komm zu mir. Ich warte an einem Ort, der dir sehr vertraut sein müsste...", ein erneutes Lachen aus dem Nichts, "ich freue mich schon auf dich."
 

Danach wurde alles wieder dunkel und er konnte erneut ein Stimmengewirr um sich hören. Benommen schlug er die Augen auf und sah direkt in Ichiros und Benikos besorgten Gesichter. Er schüttelte leicht den Kopf und schloss seine Augen wieder. "Seiji!", pure Sorge schwang in Ichiros Stimme, "was ist passiert?" Mühselig öffnete Seiji wieder seine Augen und sah Ichiro schließlich direkt in die seinen.

Sofort schlug er eine Hand vor seinen Mund und sah ihn entsetzt an. "Dein Auge...", murmelte er dann leise, was Seiji dazu brachte, sich erneut aufzurichten und ihn irritiert anzusehen. Erst jetzt bemerkte er, dass seine Sicht verschoben war und etwas nicht stimmte. Irritiert hob er seine Hand zu seinem linken Auge, in der Hoffnung, dass es geschlossen war, wurde aber enttäuscht. Laut seufzend ließ er seine Hand wieder sinken.

"Auch das noch...", murmelte er leise, mehr zu sich selbst, als zu den anderen. "Ist es...", Ichiro wagte es kaum, die Worte auszusprechen. "Ja, es ist blind", leicht lächelnd schüttelte Seiji seinen Kopf und hätte am liebsten laut losgelacht. War er nicht nur zu schwach, um Natsuko zu beschützen, war er nun auch noch ein Krüppel.

"Er hat Natsuko, derjenige, wer auch immer für diese Schatten verantwortlich ist...", sprach er schließlich die Worte aus, die ihm auf der Seele brannten. "Was-...", mehr brachte Ichiro nicht raus und kurz darauf verzogen sich seine Augen zu Schlitzen.

"Ich werde sie holen gehen, offensichtlich erwartet er mich schon...", mit viel Mühe rappelte Seiji sich auf und schlug die Beine über den Rand des Sofas, um sich in eine aufrechte Position zu bringen. "Was? Nein! Das ist garantiert eine Falle!", nun lehnte sich Ichiro wieder zu Seiji nach vorne und sah ihn verzweifelt an. "Natürlich ist das eine", gab Seiji nur schroff zurück und zuckte leicht mit den Schultern, "aber ohne Natsuko bin ich auch so gut wie tot. Warum sollte ich dann nicht noch versuchen, sie dabei zu retten?" Dagegen konnte Ichiro nichts erwidern und verstummte augenblicklich. Getroffen sah er zu Boden.

Wankend stand Seiji schließlich auf und hatte alle Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Die eingeschränkte Sicht machte es ihm da nicht noch leichter. "In diesem Zustand wäre es allerdings purer Selbstmord, ich werde morgen früh abreisen", gab er nur knapp bekannt, ehe er wacklig das Zimmer verließ und die anderen beiden mit der Tatsache zurückließ.
 

Schwer atmend schleppte er sich durch den Gang, bis er bei einem Schlafgemach angekommen war. Dort ließ er sich auf das große Bett fallen und schloss erschöpft die Augen.

Die Tatsache, Natsuko auch nur eine Sekunde länger einer Gefahr auszusetzen, brachte ihn fast um den Verstand. Allerdings musste er auch einsehen, dass er sich in diesem Zustand kaum auf den Beinen halten konnte. Er würde den Ort vermutlich nicht einmal erreichen, der ihn vor Augen schwebte.

Leise seufzend zwang ihn sein Körper schließlich in die Knie und er fiel in einen unruhigen Schlaf. Er träumte von Raben, die ihm das Fleisch von den Knochen rissen und Natsuko, die ihm immer und immer wieder mit dem Schwert durchbohrte.

departure to the end (Aufbruch zum Ende)

Sie fand sich in einem alten Gemäuer wieder. Der Gang war dunkel, an den Wänden hingen ein paar wenige Kerzen, die ein seltsames, rötliches Licht ausstrahlten. Ihre Hand lag immer noch in der Hand der Person vor ihr. Neugierig streckte sie den Kopf, um sie besser zu erkennen.

Der formlose Schatten hatte sich in einen großgewachsenen, schlanken Mann verwandelt, der sie wortlos den Gang entlang zog. Sein langes, silbernes Haar fiel ihm weit über den Rücken, seine Augen konnte sie nicht erkennen. Sie verkniff sich jedes Wort, sondern ließ sich einfach mitreißen. Nun gab es ohnehin kein Zurück mehr.
 

Der Mann kam in einem großen Raum zum Stehen und hob den Blick zu einem riesigen, gläsernen Gefäß. Verwirrt folgte sie seinem Blick und musterte es auch. Es sah aus, wie ein monströs großer, gläserner Kessel. Er war völlig leer, was sie nur noch mehr verwirrte. Warum war er so fasziniert davon?

Nun wanderte ihr Blick wieder zu dem Mann und sie konnte sein feines Seitenprofil erkennen. Er war von atemberaubender Schönheit, wie ein altes Gemälde, eine wertvolle Statur. Der Mann bemerkte ihre Blicke und drehte sich langsam um, sodass sie ihn nun vollends betrachten konnte.

Ein paar Strähnen seines langen, seidigen Haars fiel ihm wie fließendes Wasser über die Schultern. Seine Gesichtszüge waren von einer übernatürlichen Eleganz und fein definiert. Noch nie hatte sie solch einen schönen Menschen gesehen. Nicht einmal Ichiro oder Seiji konnten ihm das Wasser reichen. Seine grauen Augen sahen sie forschend an, bis sich seine Lippen zu einem leichten Lächeln verzogen.

"Du bist bildschön", hauchte er schließlich anerkennend und strich ihr sanft über das Gesicht. Sie zuckte leicht zusammen, schaffte es aber nicht, von ihm zurückzuweichen. "Wie lange ich auf diesen Tag gewartet habe...", er griff nach einer langen Haarsträhne von ihr, führte sie zu seinen Lippen und küsste sie andächtig.

"Wer bist du?", endlich fand sie ihre Stimme und sah ihn leicht irritiert, aber auch neugierig an. "Weißt du das nicht längst, meine Liebe?", er schmunzelte leicht und ließ die Haarsträhne fallen. Dann richtete er sich vor ihr auf und sah sie belustigt an. "Ich kann es mir denken...", dachte sie laut nach, "aber ich kenne deinen Namen nicht." Ein leises Lachen erklang und er ging ein paar Schritte an ihr vorbei, dass sie nun wieder nur seinen Rücken sehen konnte. "Natürlich sprechen die anderen meinen Namen nie aus", er schüttelte leicht den Kopf, "mein Name ist Tsuyoshi Kurono."

Schnell drehte er sich wieder um, sein langes, silbernes Haar wehte hinter ihm her. "Du kennst mich sicher besser, als das letzte, verbliebene Reinblut", ein sanftes Lächeln huschte über sein Gesicht und er sah sie liebevoll an.

Sie brauchte eine Sekunde, um zu realisieren. Natürlich hatte sie das bereits gedacht und es war auch der Grund, warum sie überhaupt mit ihm gegangen war. Langsam ging sie auf ihn zu und sah ihm ernst in sie Augen. "Warum tust du das alles für mich?", stellte sie nun die Frage, die ihr seit ihrer Ankunft auf der Seele brannte.

"Ach, meine Liebe", langsam zog er sich in seine Arme, strich ihr zärtlich über das Haar, "ich würde alles für dich tun, nun, da ich dich endlich wieder habe." Diese Antwort verwirrte sie nur noch mehr und sie runzelte leicht die Stirn. Sie war sich ziemlich sicher, diesen Mann nicht zu kennen. An solch eine Erscheinung hätte sie sich garantiert erinnert. Langsam löste sie sich von ihm und sah ihn fragend in seine grauen Augen.

"Ich sehe schon, in deinem jetzigen Zustand verwirre ich dich wohl nur", er lächelte sie liebevoll an, griff nach ihrer Hand und zog sie wieder vor das große Glasgefäß. "Natsuko", sprach er nun leise, etwas ernster, "im Moment befindest du dich in einem tiefen Schlummer, unbeholfen wie ein kleines Kind." Er warf ihr einen Blick über die Schultern, sein Lächeln war verschwunden. "Mit deiner Erlaubnis würde ich dich gerne wecken", er drehte sich zu ihr um, nahm ihre beiden Hände in die seinen und sah ihr tief in die Augen, "eine halbe Ewigkeit habe ich darauf gewartet, dich endlich zu finden, dich so vor mir stehen zu sehen."

Sie versuchte ein paar Schritte von ihm weg zu weichen, aber er hielt sie eisern fest. Allmählich verwirrte sie dieser Mann nur noch mehr. Sie hatte keine Ahnung, wovon er da sprach und was sie erwarten würde, wenn sie zusagen würde. Er erkannte ihr zögern und sein Blick wurde leicht getrübt. "Möchtest du nicht mehr, dass ich deinen dunkelsten Wunsch erfülle?", kam es nur als Flüstern von ihr, seine Augen spiegelten tiefsten Schmerz wider.

Sie sah zu Boden, musste überlegen. Schließlich war das der Grund, warum sie überhaupt hier war, aber seine Worte machten ihr Angst. Was meinte er damit, sie würde schlafen? Und was würde passieren, wenn sie aufwachen würde? Sie hob ihren Blick und sah ihn verzweifelt an. Was war die richtige Antwort?

"Ich verstehe, dass du Angst hast", nun schenkte er ihr wieder ein Lächeln und drückte ihre Hände fester, "aber ich verspreche dir, danach wird alles wieder gut." Sie wusste nicht wieso, aber seine Worte beruhigten sie und so konnte sie nicht anders und nickte nur leicht.

Sofort spiegelten seine Gesichtszüge pure Freude wider und er nahm sie fest in die Arme. Die Kraft, mit der er sie an sich drückte, raubten ihr den Atem und sie hatte das Gefühl, dass er sie jeden Moment erdrücken würde. "Meine Liebe", flüsterte er ehrfürchtig in ihr Ohr, "endlich hat die Suche ein Ende."

Sie bemerkte nur, wie er ihr die Haare aus dem Nacken strich und sanft über ihren Hals leckte. Langsam schloss sie die Augen, verbannte alle Gedanken aus ihrem Kopf und seufzte leise. Dann spürte sie einen dumpfen Schmerz und wusste, dass ihr Leben, wie sie es bisher kannte, vorbei sein würde.
 


 

Am nächsten Morgen schlug Seiji mühselig seine Augen auf. Sofort bemerkte er die neue, eingeschränkte Sicht und seine Laune trübte sich schlagartig. Auch wenn es dumm war, so hatte er gehofft, dass alles nur ein Traum gewesen war.

Er richtete sich im Bett auf und seufzte laut. Er fühlte sich immer noch erschöpft, aber noch mehr Zeit durfte er sich nicht nehmen. Schnell stand er von dem Bett auf und verließ das Zimmer.
 

Kaum, dass er die große Eingangshalle betreten hatte, sah er unten schon eine Person stehen. Er wollte sie eigentlich ignorieren und ging geradewegs an ihr vorbei.

"Warte!", sie lief ihm nach und berührte leicht seine Schulter, "nimm mich mit!" Nun drehte er sich doch nach ihr um und sah in Benikos strahlend blaue Augen, die ihn so sehr an Natsukos erinnerten. "Bist du lebensmüde? Was soll ich mit einem Schwächling wie dir?", er zog eine Augenbraue nach oben und musterte sie herablassend, "außerdem würde das deinem Herren so gar nicht gefallen." "Meine Fähigkeiten könnten nützlich für dich sein!", meinte sie schließlich unbeeindruckt, "es ist reiner Selbstmord, dort alleine hinzugehen!"

Seiji stieß einen lauten Seufzer aus und hielt sich genervt den Kopf. "Was interessiert dich das?", fragte er schließlich missmutig. "Ich habe meine Gründe", sie sah ertappt zur Seite und nestelte nervös an einer Haarsträhne. "Na, meinetwegen", er zuckte leicht mit den Schultern, "es ist dir frei, wo du dich herumtreibst und ich muss eingestehen, dass deine Fähigkeiten wirklich sehr nützlich sind." Ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht und sie nickte eifrig.

Doch, noch bevor sie die Festung verlassen konnte, hörten sie erneut eine Stimme hinter sich. "Ich werde auch mitkommen!", die Person kam langsam auf sie zu, das Gesicht zu einer ernsten Miene verzogen. Beniko zuckte kaum merklich zusammen, während Seiji ihn nur verwirrt musterte. "Du bist doch...", er legte leicht den Kopf schief und betrachtete den Mann von Kopf bis Fuß.

"Ach, wir hatten noch gar nicht das Vergnügen", er lächelte leicht und hielt ihm bereitwillig eine Hand hin, "Satoru Morishima." Seiji verzog leicht das Gesicht und machte keinerlei Anstalten, Satorus Hand zu ergreifen. "Was hat ein Reinblut denn damit zu tun?", fragte er stattdessen verwirrt, wusste er schließlich nicht von Natsukos Beziehung zu dem Mann.

"Sagen wir mal so", Satoru ließ seinen Blick zur Decke schweifen, tat so, als ob er überlegte, "ich kenne die kleine Natsuko recht gut." Sofort verzogen sich Seijis Augen zu Schlitzen und er funkelte ihn verächtlich an. "Ach? Woher?", Seiji versuchte seinen Zorn unter Kontrolle zu erhalten, was ihm aber kläglich misslang. "Tut das jetzt wirklich was zur Sache oder sollen wir lieber Natsuko retten?", ein überhebliches Lächeln legte sich auf Satorus Lippen und brachte Seiji so zum Verstummen.

"Woher weißt du überhaupt davon?!", keifte nun Beniko dazwischen, sichtlich bemüht, ihr Zittern zu verbergen. "Beniko", sein Lächeln wurde eine Spur weicher, "glaubst du wirklich, dass ich nicht an solch einfache Informationen komme?" Sein Hochmut brachte Beniko dazu, missmutig den Blick abzuwenden.

Ohne auf die anderen zu warten, verließ sie als erste die Festung. "Na, schön", Seiji zuckte erneut mit den Schultern, "dann komm halt als Kanonenfutter mit." Seiji wand sich von Satoru ab und er folgte Beniko nach draußen. Dieser folgte ihm nur leicht grinsend.
 

Die Gruppe setzte sich in Bewegung und lief eine Weile schweigend nebeneinander her. Schließlich hielt Beniko es offenbar nicht mehr aus und fragte vorsichtig nach: "Wohin gehen wir überhaupt?" Seiji warf ihr einen Blick aus dem Seitenwinkel zu und hob überrascht seine Augenbrauen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er der einzige war, der überhaupt wusste, wo die Reise hingehen würde.

"Die verfluchten Ruinen", gab er schließlich knapp bekannt. Beniko runzelte verwirrt die Stirn und sah ihn irritiert an. "Aber, das ist doch...", murmelte sie dann leise. "Das Familienanwesen der Akasawas", meinte Seiji nur knapp, "es ist seit Jahren verlassen, aber mir würde kein anderer Ort einfallen, den er sonst meinen könnte."

Beniko wand den Blick wieder von ihm ab und verfiel in Gedanken. Satoru lauschte dem Gespräch nur schweigend, konnte dabei aber seinen Blick nicht von Beniko lassen.
 

Es dauerte eine schiere Ewigkeit, bis sie bei einer großen Schlucht ankamen. Erschrocken sah Beniko runter und bemerkte schockiert, dass sie nicht einmal das Ende sehen konnte. "Und nun?", verängstigt drehte sie sich zu den Männern um, die verwirrte Blicke austauschten. "Na, rüberspringen, würde ich mal meinen", gab Seiji dann irritiert von sich und Benikos Gesicht verzog sich verängstigt. "D..das schaffe ich nicht...", flüsterte sie dann kleinlaut und sah zu Boden.

Der Unterschied ihres Ranges machte sich offenbar nun bemerkbar. Für die hochrangigen Vampire war solch ein Sprung ein Leichtes. Laut seufzend zuckte Seiji mit den Schultern. "Dann war es das hier für dich", meinte er nur knapp, setzte zum Sprung an und landete galant auf der anderen Seite. Beniko sah ihm nur schockiert hinterher.

"Tja, ich könnte dich mitnehmen, wenn du das möchtest", ein überhebliches Grinsen legte sich auf Satorus Lippen und er kam auf Beniko zu. Diese wich sofort einige Schritte zurück. "Lieber sterbe ich!", schrie sie ihn an, holte Anlauf und setzte zum Sprung an.

Leider hatte sie nicht genügend Kraft in den Beinen und verfehlte das Ende knapp. Laut schreiend fiel sie in den tiefen Abgrund.
 

Ängstlich kniff sie die Augen zusammen, erwartete den zerschmetternden Aufprall, doch plötzlich stoppte sie in der Bewegung. Irritiert öffnete sie leicht die Augen und sah direkt in die braun-roten Satorus. "Verdammt nochmal!", fluchte er laut, hielt sie mit einem Arm fest und mit der anderen sich an der Felswand. Dann sprang er mit einer gewaltigen Kraft nach oben und landete direkt neben Seiji, der die Beiden überrascht musterte.

"So sehr hasst du mich also?!", schrie Satoru sie nun an und funkelte sie zornig an. Beniko riss erschrocken die Augen auf und wand dann den Blick ab. Wortlos ging sie an ihm vorbei und machte sich weiter auf den Weg. Entgeistert starrte Satoru ihr hinterher und fuhr sich aufgebracht durch das Haar.

Seiji beobachte irritiert die Szene, zuckte dann leicht mit den Schultern und folgte Beniko. Er wollte sich unter keinen Umständen in die Probleme der Beiden einmischen. Dafür hatte er weder die Zeit, noch die Lust.
 

Als sie das nächste Mal stehen blieben, sahen sie von weiten eine alte, heruntergekommene Festung. Die Mauern, die sie einst einzäunten, lagen brüchig darum verstreut. Das große Metalltor, das einst der Eingang war, hing lose in den Angeln und drohte jeden Moment zusammenzubrechen. Die Mauern waren von einem Art Efeu überzogen, viele Steine waren bereits brüchig, die Fenster teilweise zerbrochen. Die Festung sah nicht so aus, als ob hier wirklich jemand hausen würde.
 

"Sind wir hier wirklich richtig?", fragte Satoru zweifelnd nach, der sich offenbar wieder beruhigt hatte. "Ja...", gab Seiji nur knapp bekannt und schien in Gedanken zu versinken. Offenbar rief ihm das Gemäuer keine schönen Erinnerungen ins Gedächtnis.

"Wieso leben die Akasawas nicht mehr in ihrem Anwesen?", bohrte Satoru nun schamlos nach und verschränkte nachdenklich die Arme. "Seit dem Tod des Familienoberhauptes dort, haben wir es nie mehr betreten", beantwortete Seiji die Frage nur knapp und schien das Thema somit beenden zu wollen.

Zu seiner Erleichterung fragte Satoru nicht weiter nach und musterte die Festung schweigend. Dann setzte sich Seiji als erster wieder in Bewegung und die anderen folgten ihm.
 

Vor dem heruntergekommenen Tor blieb er kurz stehen, schlüpfte durch eine kleine Lücke und die anderen taten es ihm gleich. Der Innenhof sah genauso heruntergekommen aus, wie der Rest. Mehrere Pfützen mit einer dunkelgrünen Flüssigkeit waren über den ganzen Hof verteilt und brodelten bedrohlich. Das ganze sah immer mehr wie ein Tor zur Unterwelt aus, als wirklich ein verlassenes Anwesen.

Unbeeindruckt ging Seiji weiter, innerlich wurde er aber bei jedem Schritt unruhiger. Diese Festung zu betreten, war für ihn schwerer, als sich die anderen vorstellen konnten. Sein Vater war hier gestorben, seine Mutter war hier gestorben, hier hatte er angefangen, Ichiro zu hassen. Dieser Ort war voller Schmerz und er wünschte sich fast, dass dies nicht der Ort war, an dem er die Person treffen würde, die Natsuko festhielt. Er wusste, dass an diesem Ort nichts Gutes geschehen würde.

Leise seufzend öffnete er das schwere Holztor und trat ein.

Why? (Warum?)

Eine unbändige Hitze schnürte ihr die Kehle zu, ihr Herz wurde schmerzvoll zusammengedrückt und ihr Atem ging nunmehr nur noch rasselnd. Ihr lautes Keuchen hallte unangenehm in dem alten, heruntergekommenen Zimmer. Die Kraft, ihre Augen zu öffnen, hatte sie schon lange verloren.

Sie spürte nur noch, wie ihr eine Hand auf die Stirn gelegt wurde, welche aber schnell wieder weggezogen wurde. Halbherzig hörte sie ein leises Fluchen, dann das Geräusch einer Tür und schon war sie wieder alleine. Ihr Körper stand in Flammen und sie wünschte sich mittlerweile nur noch, dass es endlich aufhörte.
 

Eine junge Frau ging den langen Gang entlang, ihr Gesicht missmutig verzogen und schüttelte leicht den Kopf. Noch ehe sie ihr Ziel erreichen konnte, kam ihr schon die bekannte Gestalt entgegen. Leicht hob sie ihren Blick und sah etwas völlig fremdes im Gesicht ihres Herren: Sorge.

"Wie geht es ihr?", erhob er seine Stimme und sah sie ungeduldig an. "Schlecht", sie schüttelte erneut leicht den Kopf, "so wird sie vermutlich nicht mehr lange durchhalten, Meister."

Er stützte seinen Kopf in seine Hand und seufzte schwer. Dann ging er wortlos an der Frau vorbei und eilte zu dem Zimmer, aus dem sie vor kurzem noch gekommen war.
 

Vorsichtig öffnete er die Tür und sah sofort die schwer atmende Gestalt im Bett liegen. Er schloss die Tür leise hinter sich und setze sich neben ihr an das Bett. Behutsam griff er nach einer Hand von ihr, führte sie zu seinen Lippen und küsste sie sanft.

"Liebes", hauchte er, "wie geht es dir?" Noch immer fehlte ihr die Kraft, ihre Augen zu öffnen, doch sie erkannte seine Stimme sofort. "Ich...brenne...", kam es schwach von ihr und ihr Herz zog sich erneut qualvoll zusammen. Sein Gesicht verdunkelte sich und er beugte sich zu ihr runter, gab ihr einen Kuss auf die Stirn, die glühend heiß war.

"Ich weiß, Liebes", flüsterte er leise, seine Stimme voller Schmerz und strich ihr sanft über das Haar. Dann stand er von seinem Stuhl auf und setze sich zu ihr auf die Bettkante. Vorsichtig hob er sie leicht an und brachte sie damit in eine sitzende Position. Dann biss er sich selbst in sein Handgelenk, sodass kurz darauf sein Blut an diesem runterlief.

"Du musst trinken, dann wird es besser", er drückte sie mit einer Hand fester an sich, trank dann sein eigenes Blut und legte seine Lippen auf ihre. Sofort rann eine Blutspur an ihrem Mundwinkel hinab und sie öffnete mit aller Kraft ihre Augen, um in die grauen ihres Gegenübers zu sehen. Ihre Augen leuchteten in einen brennenden rot.

Dann löste er sich von ihr, sah sie leicht lächelnd an und hielt ihr dann sein blutendes Handgelenk hin. "Komm, du musst lernen, alleine zu trinken", er stütze sie weiter und hielt ihr geduldig seinen Arm unter die Nase. Fast schon gierig sah sie hinunter, dann schien sie fast schon von selbst zu wissen, was zu tun ist, denn ihre Fangzähne blitzen auf und schon biss sie zu.

Sie gewann einen Teil ihrer Kraft zurück, griff mit ihren Händen nach seinem Arm und hielt ihn eisern im Griff. Ausgehungert trank sie sein Blut, stellte sich dabei so ungeschickt an, wie ein kleines Kind, denn mehrere Bluttropfen fielen bereits auf die Bettdecke und färbten diese rot. Er lächelte sie warm an, schloss dann seine Augen und schien den Augenblick mit einer tiefen Befriedigung zu genießen.

Es dauerte eine ganze Weile, als sie offenbar genug hatte und sich auf das Bett zurücksinken ließ. Liebevoll zog er die Decke wieder nach oben, ungeachtet, dass diese schmutzig geworden war. "Ruh dich nun aus, mein Herz", hauchte er ihr sanft in ihr Ohr, ehe er ihr einen flüchtigen Kuss gab.

Dann stand er von dem Bett auf und war im Begriff den Raum zu verlassen. Er warf einen letzten Blick auf ihr schönes Antlitz. Ihr Atem ging nun wieder gleichmäßiger und sie schien bereits wieder eingeschlafen zu sein.

Leicht lächelnd wand er sich schließlich ab und verließ den Raum, denn er hatte bereits die Witterung von seinen Gästen bemerkt. Eilig begab er sich in den großen Saal, um ihnen einen gebührenden Empfang zu bereiten.
 


 

Seiji trat durch das große Tor, gefolgt von seinen Begleitern. Sofort ergriff ihn eine unangenehme Nostalgie. Er kannte jeden Stein dieses Gemäuers und doch traf ihn der Zustand, in dem es sich nun befand, mehr, als er sich eingestehen wollte.

Welch glückliche Kindheit er hier bereits verlebt hatte. Er erinnerte sich genau, wie er als kleines Kind hier mit Ichiro gespielt hatte. Wie dieser seine liebe Mühe hatte, ihm in Zaum zu halten, war er ein sehr wildes und neugieriges Kind. Er fühlte sich an die Zeit zurückversetzt, als seine Mutter noch bei ihm war. Die herzensguteste und gütigste Frau, die er je gekannt hatte. Sie lächelte fast immer, obwohl er mittlerweile wusste, welche Last sie zu tragen hatte. Sein Vater, oft streng, aber meist ein Freigeist, der seinen Söhnen am liebsten die Welt zu Füßen legen wollte.

Eine ganze Flut an Erinnerungen rasselten auf ihn ein und er schüttelte hastig den Kopf. Er wollte und durfte jetzt nicht daran denken.
 

Eilig ging er weiter in den Gang hinein und sah sich um. Die anderen beiden hoben ehrfürchtig und überrascht die Augenbrauen, konnten sie sich bei dem Anblick denken, was für eine prächtige Festung das einmal gewesen sein musste. Satoru verschränkte die Arme hinter dem Kopf und stieß einen beeindruckten Pfiff aus. "Ich wusste ja, dass die Akasawas reich waren, aber das übersteigt alle meine Erwartungen", leicht grinsend wand er sich an Seiji, dem aber alles andere, als nach Lachen zumute war. Er warf ihn einen finsteren Blick zu, woraufhin Satoru nur entschuldigend mit den Schultern zuckte.

"Beniko!", donnerte er stattdessen, was Beniko kurz aufzucken ließ, "kannst du etwas spüren?" Sie schien sich kurz sammeln zu müssen, schloss dann aber konzentriert die Augen, während die anderen geduldig warteten. "Eine sehr mächtige Aura, direkt vor uns links", murmelte sie leise, "dann eine etwas schwächere, aber keine Spur von Natsukos..." Besorgt, aber auch etwas irritiert, öffnete sie die Augen und sah Seiji direkt an.

Dieser runzelte kurz die Stirn und schien etwas zu überlegen. "Natsuko ist nicht hier?", fragte er dann mehr sich selbst, als die anderen, "hat er mich etwa angelogen?" Er verschränkte die Arme vor der Brust und schloss zornig die Augen. Nun schien es den anderen auch zu dämmern, dass es sich hier um eine Falle zu handeln schien und Satoru warf Beniko einen besorgten Blick zu, welchen diese aber gekonnt ignorierte.

Dann stürmte Seiji plötzlich los und blieb direkt vor der Tür stehen, wo Beniko zuvor die Aura lokalisiert hatte. Ohne Umschweife stieß er sie auf und trat ein.
 

Es dauerte nicht mal eine Sekunde, als er die Person erblickte, die dort auf eine Art Thron saß. Amüsiert hatte er seinen Kopf in eine Hand gestützt, die Beine übereinander geschlagen und sah unglaublich arrogant auf dem großen Sessel aus. Seine Lippen waren zu einem leichten Lächeln verzogen und er ließ Seiji nicht aus den Augen. "Ich begrüße dich in der Festung der Akasawas", erhob er dann seine Stimme und sah mit seinen Augen eiskalt in Seijis.

Nun betraten auch die anderen hinter Seiji den Raum und Satoru stockte kurz der Atem. "Du...", murmelte er verwirrt und ging dann geradewegs auf ihn zu. "Was zur Hölle hast du hier zu suchen, verdammt!", grob packte er den Mann auf dem Thron am Kragen und zog ihn somit von diesen, "weißt du eigentlich, wie lange ich dich schon suche?"

Seiji und Beniko wechselten kurz verwirrte Blicke aus, wohl sehr verwundert, woher Satoru den Mann kannte, aber auch seinen vertrauten Ton ihm gegenüber.

"Ah, Satoru", unbeeindruckt von Satorus Ausbruch, erstarb kurz sein Lächeln und er sah ihn gelangweilt an, "ich hatte nicht erwartet, dich hier zu treffen." Wütend stieß Satoru ihn zurück in den Sessel und funkelte ihn finster an.

"Tsuyoshi!", fuhr er ihn an, mit einem abschätzigen Blick, "wo hast du dich die ganze Zeit verkrochen? Du bist ein Reinblut, verdammt! Du hast Verpflichtungen! Ein Teil der Außenpolitik ist deine Angelegenheit und seitdem du einfach untergetaucht bist, bleibt der ganze Mist an mir kleben."

Tsuyoshi zuckte nur unschlüssig mit den Schultern und stieß ein leises, boshaftes Lachen aus. "Mein lieber Satoru", lachend schüttelte er den Kopf, "du bist immer noch der Alte. Nur, weil du nicht den Mut hast, dich von deinen verhassten Fesseln zu lösen, musst du mich hier nicht ankeifen. Werd erstmal erwachsen, so grün, wie du noch hinter den Ohren bist." Offenbar war Satorus Reizschwelle damit erreicht, denn er trat einen Schritt nach vorne und schlug Tsuyoshi mit voller Kraft ins Gesicht, woraufhin dieser sogar von dem Sessel flog.

Etwas abseits blieb er mit ausgestreckten Armen auf dem Boden liegen, sein silbernes Haar wie ein Fächer um ihn gelegt. Dann hörte man nur noch ein leises Lachen, welches schnell zu einem lauten, fast schon psychopathischen anschwoll. Mit nur einem Wimpernschlag war er wieder aufgestanden und stand nun direkt hinter Satoru. Boshaft lächelnd strich er ihm eine lange Haarsträhne vom Ohr und flüsterte dann leise: "Es ist wirklich lange her, dass es jemand gewagt hat, mich zu schlagen. Dafür wirst du büßen..."

Noch bevor Satoru reagieren konnte, hatte sich schon Tsuyoshis Hand durch seinen Oberkörper gebohrt, woraufhin dieser augenblicklich eine große Menge Blut erbrach. Gelangweilt zog Tsuyoshi seine Hand zurück, ließ seinen Arm durch die Luft sausen, woraufhin sich Bluttropfen zu seiner Rechten verteilten. Hustend und vor Schmerz zuckend sackte Satoru auf die Knie und hielt sich das Loch in seiner Brust, aus dem absurd große Mengen Blut flossen. Amüsiert leckte sich Tsuyoshi währenddessen über die blutigen Finger und schien das Schauspiel zu genießen.

"Es wird wohl Zeit, dass dir jemand mal deinen Größenwahn austreibt, Satoru", Tsuyoshi kicherte leise, während er weiter auf ihn zuging, "um es mit mir aufzunehmen bist du noch tausend Jahre zu früh dran." Satoru schaffte es nicht einmal sich nach ihm umzudrehen, während er bedrohlich näher kam.

"Nicht!", noch ehe sie realisieren konnte, was sie tat, war Beniko schon nach vorne gestürmt und hatte sich zwischen Satoru und Tsuyoshi gestellt. Vor Angst zitternd sah sie ihm in die eiskalten, grauen Augen, die sie nun verwirrt musterten.

"Wer bist du denn?", gab er schließlich perplex von sich, während er sie von oben bis unten musterte. Bei ihrem Anblick musste er unweigerlich an Natsuko denken, waren die Gemeinsamkeiten doch schon gewaltig.

"Lass sie in Ruhe!", mit aller Kraft hatte sich Satoru aufgerichtet und schob Beniko nun beiseite, bis sie hinter ihm stand. An seinem Mund lief Blut runter und auch aus seiner Wunde tropfte unweigerlich frisches. Für den sensiblen Geruchssinn der Vampire war der Geruch im Raum schnell schwer zu ertragen.

Tsuyoshi musterte die Beiden noch eine Weile irritiert, bis sich seine Lippen wieder zu einem amüsierten Lächeln verzogen. "Ach, so ist das...", gab er schließlich schmunzelnd von sich, "jetzt verstehe ich auch, warum du den Akasawa Spross begleitet hast." Nun drehte er sich zu Seiji um, der die ganze Szene sprachlos verfolgt hatte und nun aus seiner Starre wieder aufzuwachen schien. Satorus Augen verzogen sich zu Schlitzen und Beniko warf einen verwirrten Blick zu ihm nach vorne.

Mit einem Schlag desinteressiert von den Beiden, ging Tsuyoshi nun auf Seiji zu und blieb direkt vor ihm stehen. "Entschuldige meine Unhöflichkeit, Spross der Akasawas", er zuckte leicht entschuldigend mit den Schultern, "ich freue mich sehr, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Mein Name ist Tsuyoshi Kurono." "Das interessiert mich nicht", kam es prompt von Seiji, "wo ist Natsuko?" Unbeeindruckt von Tsuyoshis Machtdemonstration verschränkte Seiji die Arme vor der Brust und sah ihn finster an.

Die Reaktion hat dieser offenbar nicht erwartet, denn er zog verblüfft die Augenbrauen nach oben. Dann fing er wieder schallend an zu Lachen, steckte den Kopf den Nacken und hielt sich den Bauch. "Herrlich, einfach herrlich", schrie er fast zwischen dem Gelächter, "wie der Vater, so der Sohn, arrogant und furchtlos." Er wand den Blick wieder nach vorne und sah Seiji direkt in die Augen. Langsam hob er eine Hand und hob Seijis Kinn an, um ihn tief in die Augen zu sehen.

Sofort verzog sich dessen Gesicht angewidert, doch aus unerfindlichen Gründen konnte er sich keinen Millimeter mehr rühren. "Dabei bist du grade mal ein Küken, frisch geschlüpft und noch grüner, als dieses Elend da drüben", er nickte kaum merklich in Satorus Richtung, welcher mittlerweile wieder auf die Knie gegangen war und ihm einen finsteren Blick zuwarf, "und doch zeigst du mir solch einen Blick, so stark, wie ich es nur von den Akasawas kenne." Er beugte sich nun noch weiter nach vorne, holte tief Luft und sog somit Seijis Geruch tief ein. "Und doch riechst du nach diesem verunreinigten Blut, dass du deiner Mutter zu verdanken hast", er beugte sich wieder zurück und lächelte ihn hämisch an, woraufhin Seijis Augen sich vor Zorn weiteten.

Sekunden später hatte er sich aus dem Bann befreit und wollte grade zum Schlag ausholen, als Tsuyoshi mühelos einen Schritt zurücktrat. "Ich bewundere ja wirklich deinen Mut", er schüttelte belustigt den Kopf, "oder sollte ich viel mehr sagen, Dummheit?" Mit einem Satz sprintete er wieder nach vorne und holte zum Schlag aus.

Seiji flog mehrere Meter durch den Raum und landete unsanft an der gegenüberliegenden Wand, welche augenblicklich Risse bekam. Seine Augen weiteten sich vor Schreck, er spuckte Blut und sackte dann auf dem Boden zusammen. Langsam ging Tsuyoshi leicht grinsend auf ihn zu und blieb direkt vor ihm stehen.

"Ach, komm", er zog ihn an den Haaren hoch und sah ihn in die Augen, "ein wenig Unterhaltung könnte ich aber wohl von einem Akasawa Spross erwarten, oder nicht?" Mit voller Wucht schleuderte er ihn in eine weitere Ecke des schier riesigen Saals.

Als Seiji sich nicht rührte, stieß Tsuyoshi einen enttäuschten Seufzer auf. "Wie schade", er streckte eine Hand zur Seite aus und Sekunden später lag ein Schatten in Form eines Schwertes in seiner Hand, "ich dachte, wir könnten noch ein kleines Tänzchen veranstalten, ehe ich dich hinrichte."

"Was soll das alles, Tsuyoshi?", brüllte nun Satoru unter größten Kraftaufwendungen ihm entgegen und stand schließlich wankend auf. Die Wunde an seiner Brust verheilte immer noch nicht und wenn man näher hinsah, konnte man erkennen, dass er sein Herz nur um wenige Millimeter verfehlt hatte. "Was das alles soll?", Tsuyoshi hob erstaunt eine Augenbraue nach oben, bis sich seine Lippen zu einem kalten Lächeln verzogen, "das ist die Strafe, dass er Natsuko mit seinen unreinen Händen berührt hat."

Mit diesen Worten wand er sich ab und lief weiter auf Seiji zu. Satoru schien einen Moment zu brauchen, um seine Worte zu verstehen, versuchte dann, auf Tsuyoshi zuzulaufen, versagte aber auf halber Strecke. Beniko schien hin- und hergerissen, was sie tun sollte und warf kurz einen wehleidigen Blick auf Satoru, der sich quälend langsam wieder auf die Füße hob. Tsuyoshi ging, unbeeindruckt von den Beiden, weiter und seine Miene verzog sich zu purer Vorfreude und Mordlust.

Schwach hob Seiji nun seine Augen und sah mit verschwommener Sich zu seinem Angreifer auf. Sein verletztes Auge schmerzte, sein Körper fühlte sich an, als seinen einige Organe gerissen und Knochen gebrochen. Er konnte sich keinen Millimeter mehr rühren und erschrak selbst, wie machtlos er dem Reinblut gegenüber war. Noch nie wurde es ihm so klar, wie in diesem Moment, wie groß der Unterschied zwischen ihm und den anderen war. Auch wenn sein Vater mächtig war, so brachte ihn seine Mutter eine Schwäche, die er nie mehr ausgleichen konnte.

Erschöpft ließ Seiji den Kopf sinken und wartete auf sein Ende. Er hatte es nicht einmal geschafft, Natsuko noch einmal zu sehen, konnte sich nicht einmal vergewissern, wie es ihr ging. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, bis Tsuyoshi fast vor ihm stand. Dieser holte mit dem Schwert aus, warf ihn einen letzten, verächtlichen Blick zu und setzte dann zum Schlag an.
 

Seiji hielt die Augen geschlossen und wartete auf den Schmerz. Wartete darauf, das Tsuyoshi ihn zerriss oder schlimmeres mit ihm anstellte. Doch, es geschah nichts. Plötzlich spürte er ein paar warme Tropfen auf seinem Gesicht und zwang sich schließlich doch, seine Augen zu öffnen.

Was er dort erblickte, ließ ihn den Atem stocken und er riss ungläubig die Augen auf. "Wieso...", mehr brachte er nicht über die Lippen und sah direkt in strahlend blaue Augen.
 

Vor ihm stand Beniko, direkt durch ihre Brust drang das schwarz flackernde Schattenschwert und sie sah lächelnd zu Seiji runter. Blut lief ihr den Mund runter, die Arme hatte sie zur Seite ausgestreckt. Tsuyoshis Gesicht hatte sich zu einer verwirrten Maske verzogen, bis er mit voller Wucht das Schwert aus Beniko zog und ihr einen verächtlichen Blick zuwarf. "Wie kannst du es wagen?", flüsterte er bedrohlich, offenbar mehr als verstimmt, dass man seinen Plan vereitelt hatte.
 

Kraftlos sank Beniko auf die Knie und fiel so direkt in Seijis Arme. "Beniko!", mit blanker Panik sprintete Satoru nun auf die Beiden zu und zog eine große Blutspur hinter sich her. Sofort ließ er sich neben Beniko unsanft auf die Knie fallen und zog sie in seine Arme.

"Was hast du getan?", fest drückte er sie an sich, woraufhin diese erneut Blut spuckte, was ihn dazu bewegte, etwas lockerer zu lassen. Schwach sah Beniko zu Satoru hoch und lächelte leicht. "Ichiro...wäre sehr traurig gewesen...wenn Seiji etwas zugestoßen wäre...", flüsterte sie dann leise, als ihre Augen sich schließlich schlossen und ihr Kopf zur Seite wegknickte.

Für Satoru schien die Welt kurz stehenzubleiben. Er wusste nicht, ob die Tatsache an sich oder dass sie es für Ichiro getan hatte, schlimmer für ihn waren. Sein Herz schien zu zerbrechen und er merkte wütend, dass sich Tränen in seinen Augen sammelten. Dann gab er Beniko vorsichtig in Seijis Obhut, der ihn getroffen ansah, war er schließlich Schuld an der Sache.

"Jetzt bin ich wütend...", leise flüsternd stand Satoru auf und ging einen Schritt auf Tsuyoshi zu, der ihn amüsiert musterte, offenbar kein Stück eingeschüchtert. "Schön, dass ich endlich den feuerroten Kämpfer von früher zu Gesicht bekomme", Tsuyoshi stellte sich in Kampfposition, das Schwert hinter seinem Körper und auch Satoru brachte sich mit ausdrucksloser Miene in Position, während ihn weiterhin stumme Tränen das Gesicht entlangliefen. Dann stürmten sie aufeinander zu.

last wish (letzter Wunsch)

Tsuyoshi holte weit mit seinem Schwert aus und zielte direkt auf Satorus Hals, doch dieser wich dem Hieb spielend leicht aus. Wie fließendes Wasser wirbelte er an ihm vorbei, sein langes Haar wehte hinter ihm her und schon stand er direkt hinter Tsuyoshi. Brutal packte er ihm am Hals und vergrub seine Nägel tief in sein Fleisch. Mit hassverzerrten Blick sah er zu ihm auf, die Zähne bedrohlich gefletscht.

Tsuyoshi hingegen verzog seine Lippen nur zu einem hämischen Grinsen, riss sich von ihm los, wodurch tiefe Kratzspuren seinen Hals zierten. Dann sprang er ein paar Schritte zurück und betrachtete Satoru amüsiert. "Wieso regst du dich so auf wegen der Kleinen?", Tsuyoshi begab sich in eine Abwehrstellung und sah Satoru herablassend an, welcher ihn immer noch bedrohlich anfunkelte.

Ohne ihm zu antworten, stürmte er wieder nach vorne und binnen einer Sekunde stand er bereits wieder vor ihm und zerfetzte ihn mit seinen Krallen das Oberteil. Tiefe Kratzer waren nun auch auf seinem nackten Oberkörper zu sehen, was Tsuyoshi allerdings nicht zu stören schien. Stattdessen holte er mit seinem Schwert aus und zielte direkt auf Satorus Herz.

Blitzschnell wich dieser aus, doch Tsuyoshi schaffte es dennoch, seine Schulter zu durchbohren. Satoru zuckte nicht einmal, sondern griff stattdessen mit seiner Hand nach dem Schwert und zog es Tsuyoshi mit einem heftigen Ruck aus den Händen. Unachtsam zog er es aus seinem Fleisch und schleuderte es in die hinterste Ecke des Raumes. Gefährlich viel Blut sammelte sich bereits unter Satorus Füßen, doch sein Blick haftete eisern auf Tsuyoshi, der ihn weiterhin amüsiert betrachtete.

Die Kratzer an seiner Brust und seinem Hals begannen bereits wieder zu heilen. Satorus Wunden schienen sich hingegen kaum zu schließen. Einzig seine blanke Wut schien ihn noch auf den Füßen zu halten. Erneut stürmte er nach vorne, doch dieses Mal wich Tsuyoshi spielend leicht aus, sodass Satoru ihn knapp verfehlte. Schnell fand er wieder seinen Stand und wirbelte zu Tsuyoshi rum, der seine Hand neben seinen Kopf gehoben hatte. Ein schwarze, Schatten-artige Flamme spielte darin und wurde immer größer.

Noch ehe Satoru reagieren konnte, schossen bereits hunderte Schattennadeln daraus und durchbohrten seinen ganzen Körper. Schmerzerfüllt riss er die Augen auf, drückte den Rücken durch und sah mit offenem Mund zur Decke. Sein Körper war durchlöchert mit Schattenspeeren, die sich langsam verflüchtigten. Aus den frischen Wunden trat erneut Blut und jeder Blinde hätte erkannt, dass Satoru dem Ende nah war. Kraftlos sackte er auf die Knie und sah schwer atmend zu Boden.

"War das etwa schon alles?", langsam ging Tsuyoshi auf ihn zu, "ich hätte etwas mehr erwartet von dem feuerroten Krieger aus den Erzählungen." Tsuyoshi griff sich in sein silbernes Haar und warf es sich über die Schulter nach hinten, während er unbeirrt weiter auf Satoru zuging.

Schwach warf Satoru einen Blick nach hinten zu Beniko, die unbewegt in Seijis Armen lag, der ihn schockiert ansah. Offenbar wusste er selbst nicht, was er tun sollte oder besser konnte. Er musste schmerzhaft einsehen, dass er gegen Tsuyoshi nichts ausrichten konnte. Selbst Satoru schien besiegt gegen den scheinbar übermächtigen Gegner.

Grade als Satoru sich seinem Schicksal ergeben wollte, sah er, wie Benikos Brust sich leicht hob. Dann hörte man ein leises Husten und alle sahen erschrocken zu Beniko.

Ihr Atem ging schwach und ungleichmäßig, aber offenbar lebte sie. "Beniko...", mehr als ein Flüstern kam nicht über seine Lippen und er merkte erneut, wie Tränen in seinen Augen brannten. Sie lebte, mehr ging ihm nicht durch den Kopf, in diesem Augenblick. Leicht lächelnd wand er sich ab und stand wankend auf.

"Seiji!", rief er dann laut, zumindest so laut, wie sein Körper es ihm noch erlaubte, "nimm Beniko und verschwinde von hier!" Seiji zuckte leicht auf, wusste er nicht, was er tun sollte. Wenn er Satoru hier alleine lassen würde, so würde dieser es nicht überleben, da war sich sicher. Außerdem hatte er Natsuko noch nicht gefunden und auch noch keinen Anhaltspunkt, wo sie stecken könnte. Verzweifelt sah er zu Satoru, der zitternd auf seinen Beinen stand und eisern Tsuyoshi fixierte, der in seiner Bewegung überraschend gestoppt hatte. Schließlich biss er sich hart auf die Lippen, hob Beniko auf seine Arme und stürmte los.

"Du bleibst schön hier!", schon hatte Tsuyoshi sich wieder in Bewegung gesetzt, doch Satoru war bereits zu ihm gestürmt und stellte sich ihm in den Weg. "Ich bin dein Gegner...", raunte er bedrohlich und holte erneut zum Schlag aus, wodurch Tsuyoshi gezwungen war, ihm auszuweichen. Leise fluchend landete er ein paar Schritte abseits und schenkte Satoru einen abschätzigen Blick.

"Du bist doch schon so gut wie tot! Zieh es nicht noch unnötig in die Länge, du Nervensäge!", Tsuyoshi stürmte erneut nach vorne, wollte an Satoru einfach vorbei, doch dieser hielt ihm am Arm fest und schleuderte ihn zu Boden. "Ich bin noch lange davon entfernt, zu sterben", die Erkenntnis, dass Beniko noch lebte, mobilisierten Satorus letzten Kräfte und er ging nun langsam auf den am Boden liegenden Tsuyoshi zu. Flüchtig warf er einen Blick über seine Schulter und bemerkte erleichtert, dass Seiji und Beniko verschwunden waren.

Dann hob er eine Hand neben seinen Kopf, wie es bereits Tsuyoshi zuvor getan hat. Anstelle von Schatten erschien in seiner Hand aber ein loderndes Feuer, in derselben Farbe wie sein feuerrotes Haar. "Sieh an, machst du endlich ernst?", Tsuyoshi verzog seinen Lippen erneut zu einem Grinsen, ließ die Flamme dabei aber nicht aus den Augen. Ein Hauch von Nervosität umspielte nun seine Züge.

"Ich hatte eigentlich vorgehabt hier zu sterben, nachdem du mir Beniko genommen hast", erhob Satoru seine Stimme nun bedrohlich ruhig, "aber nun kann ich nicht anders, als dass ich sie noch einmal sehen muss." Die Flamme in Satorus Hand wurde größer und schwoll zu einem riesigen Feuerball, wodurch Tsuyoshis Grinsen verschwand und er etwas verunsichert zu ihm hochsah.

"Pah, tu nicht so stark, ich sehe doch selbst, dass du dich kaum noch auf den Beinen halten kannst", spottete Tsuyoshi nun leicht, trotz leichter Nervosität nach wie vor in der Stimme, "selbst wenn du mich besiegen solltest, würdest du auf den Weg zurück durch den Blutverlust sterben." "Das werden wir ja sehen", seelenruhig hob Satoru seine Hand und feuerte den Feuerball ohne weitere Worte auf sein Gegenüber.

Noch ehe dieser sich aufrappeln und fliehen konnte, stand er bereits in Flammen und stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus. Panisch wand er sich und versuchte verzweifelt das Feuer zu löschen, während er sich hin und her rollte und immer wieder auf seinen Umhang klopfte. Satoru ging einen Schritt nach vorne und betrachtete ihn abschätzig. Er formte seine Hand zu einer Kralle und ging einen weiteren Schritt nach vorne, doch als er es grade zu Ende bringen wollte, fiel ein großer Schwall Wasser auf Tsuyoshis Kopf und löschte somit die Flammen.

Große Dampfwolken stiegen von ihm empor und er blieb einen Moment atemlos auf den Boden liegen, während Satoru verwirrt seinen Blick nach oben richtete. Schockiert riss er seine Augen auf, als er sah, wer Tsuyoshi dort zu Hilfe gekommen war.
 

"Ich glaube, du hast es ein wenig übertrieben mit deinen Spielchen, Tsuyoshi...", erklang eine sanft tadelnde Stimme und Tsuyoshi verzog missmutig das Gesicht, während er nun auch den Blick hob. Im Verborgenen eines Schattens saß eine Person auf einen der Balken, die langen Haare hingen locker in der Luft und ein gelangweilter Blick fiel auf die beiden Männer.

"Warst du die ganze Zeit da?", Tsuyoshi stand wankend auf und sah zu der Person nach oben, die sich nun erhob und leise, wie eine Katze, nach unten sprang und neben ihm zum Stehen kam. Satoru konnte indessen seinen Augen nicht trauen und sah die Person entgeistert an.

"Natsuko...", seine Stimme war nur ein brüchiges Zittern und er ging unbewusst einen Schritt auf sie zu. Diese sah leicht auf und ihr Blick traf direkt den seinen. "Satoru...", ihre Stimme war leise, fast schon traurig, doch ihre Miene blieb ausdruckslos.

"Es geht dir besser?", Tsuyoshi strich ihr sanft über das Haar und schenkte ihr einen leicht besorgte Blick, seine Haut regenerierte sich bereits von den Verbrennungen. Natsuko sah kurz zu ihm auf und nickte nur leicht, ehe sie den Blick wieder zu Satoru wand.

"Geh nun", sagte sie schließlich ruhig an Satoru gerichtet, der sie verwirrt ansah. "Nicht ohne dich!", rief er schließlich aus, "was machst du überhaupt bei ihm? Hast du überhaupt eine Ahnung, wer er ist?" Natsukos Miene blieb weiterhin ausdruckslos und sie ging einen Schritt auf Tsuyoshi zu, der sie liebevoll ansah. "Natürlich", sie hob ihren Blick und sah direkt in Tsuyoshis Augen, "er ist mein Verlobter."

Das letzte Wort war nur mehr ein Flüstern und Satoru riss entsetzt die Augen auf, zu unbegreiflich waren ihre Worte für ihn. "Was redest du denn da? Hat er dich einer Gehirnwäsche unterzogen?", aufgebracht ging Satoru nun auf sie zu und packte sie grob an den Schultern, was ihm einen verärgerten Blick Tsuyoshis einbrachte. Sofort riss Natsuko sich grob von ihm los und schleuderte seine Hand von sich. In ihren Augen war nun so etwas wie Wut zu erkennen und Tsuyoshi stellte sich schützend vor sie.

"Da sie gewillt ist, dich zu verschonen, gebe ich dir nun die letzte Chance, zu verschwinden", sagte er seelenruhig zu Satoru, der die Situation immer noch nicht zu begreifen schien. Plötzlich trat Zorn in seine Augen und er schlug Tsuyoshi mit voller Wucht ins Gesicht. Dieser schien damit nicht gerechnet zu haben und fiel neben Natsuko unsanft auf den Boden. "Du Verfluchter...", wutentbrannt stürmte er auf Satoru zu und schleuderte ihn mit einem gekonnten Schlag durch den ganzen Raum.

Unsanft prallte dieser gegen die gegenüberliegende Wand und glitt an dieser runter. "Und ich wollte noch so gnädig sein, dich zu verschonen", mit zusammengebissenen Zähnen ging er mit großen Schritten auf den am Boden gekauerten Satoru zu, als Natsuko schließlich auf ihn zurannte und ihn am Arm festhielt.

"Nicht!", schnell umarmte sie ihn von hinten und presste sich fest an ihn, "es ist genug..." Tsuyoshi verkrampfte sich schlagartig und hatte offenbar größte Mühe, Natsuko nicht auf der Stelle von sich zu stoßen. Dann entspannte er sich leicht und seufzte laut auf.

"Ist gut, Koharu soll ihn wegschaffen", murmelte er schließlich, drehte sich zu Natsuko um und strich ihr sanft übers Gesicht. Diese lehnte sich erleichtert und ein wenig erschöpft an ihn, woraufhin dieser sie behutsam in den Arm nahm.
 

Satoru hob derweil schwach den Kopf, konnte aber nur noch verschwommene Umrisse vor sich erkennen. Die Wunden an seinem Körper schienen nun das letzte bisschen Blut von ihm zu verlangen und er merkte schlagartig, wie kalt ihm mittlerweile wurde. Er versuchte seine Hand zu bewegen, sich wenigstens noch ein letztes Mal aufzurichten, aber seine Finger zuckten nicht einmal.

Langsam ließ er den Kopf hängen und rief sich Benikos Bild vor Augen. Er hatte sich wirklich nichts mehr gewünscht, sie noch einmal zu sehen. Er wollte sich ein letztes Mal für alles entschuldigen, ihr noch einmal sagen, wie viel sie ihm bedeutete, doch sein Körper machte keine Anstalten mehr, sich noch zu rühren.

Dann begann die heftigen Krämpfe, die Muskeln, die verzweifelt versuchten, weiterhin an Blut zu kommen und er sackte schmerzend auf den Boden zusammen. Röchelnd spürte er den harten Boden an seinem Gesicht, Wellen aus Schmerz durchzuckten ihn, raubten ihn den Verstand. Seine Regenerationskraft versuchte ihn verzweifelt am Leben zu erhalten, was seine Schmerzen nur noch verstärkte.

Nie hätte er gedacht, dass der Tod eines Vampirs so qualvoll sein würde und es erstaunte ihn nun noch umso mehr, dass er sich das wirklich Jahrhunderte lang gewünscht hatte. Schließlich raubten ihn die Schmerzen den Verstand, er schloss die Augen und alles um ihn herum wurde schwarz.
 


 

Derweil lief Seiji, mit Beniko auf den Rücken, zurück durch das Brachland in Richtung Hauptfestung. Umzukehren, obwohl er Natsuko nicht gefunden hatte, war die schwerste Entscheidung, die er je treffen musste. Aber, obwohl er Satoru kaum kannte, brachte er es nicht übers Herz, ihn seinen letzten Wunsch auszuschlagen. Beniko könnte er vielleicht noch retten, von Natsuko fehlte dagegen jede Spur. Er biss die Zähne zusammen und erhöhte sein Tempo, obwohl sein eigener Körper auch heftig schmerzte.
 

Atemlos und der Ohnmacht nahe vor Erschöpfung, erreichte er schließlich die Festung. Mit letzte Kraft schleppte er sich die Treppen nach oben und blieb vor Ichiros Zimmer stehen. Er streckte die Hand nach der Türklinke aus, seine Hand zitterte bereits vor Erschöpfung, doch bevor er sie öffnen konnte, wurde diese bereits aufgerissen.

Im Türrahmen stand ein besorgter Ichiro, der bei dem Anblick der Beiden schockiert die Augen aufriss. Schnell beugte er sich nach vorne und stützte Seiji, um ihn in sein Zimmer zu geleiten. Bei dem Sofa angekommen ließ Seiji Beniko von seinen Schultern gleiten und legte sie auf dieses. Kraftlos sackte er daneben auf den Boden zusammen und legte seinen Kopf auf das Sofa neben Beniko.

"Was zur Hölle ist passiert?", Ichiro sah abwechselnd von Seiji und Beniko hin und her, offenbar überfordert, wen er zuerst helfen sollte. "Kümmer dich um sie...", gab Seiji schließlich nur kraftlos von sich und nickte leicht Richtung Beniko. Ichiro sah wohl ein, dass Beniko zuerst Hilfe bedarf und setze sich neben sie auf die Bank.

Vorsichtig strich er ihr durch das Gesicht und sah sie ausdruckslos an. "Ihr Herz schlägt kaum noch...", murmelte er leise und betrachtete hastig ihren Körper, bis er die Schwerverletzung bemerkte. Ohne Umschweife zerriss er ihre Kleidung an der Stelle und betrachtete die Wunde ausgiebig.

"So wird das nichts, sie ist zu schwach...", er schnalzte leicht mit der Zunge, hob dann hastig seinen Arm an seine Lippen und biss grob zu. Sofort tropfte Blut nach unten und Seijis Augen glühten augenblicklich rot auf, hatte er auch genug Blut verloren.

Ichiro ignorierte das aber völlig und hielt sein Handgelenk an Benikos Mund, welche aber keinerlei Anstalten machte, zu trinken. "Jetzt komm schon!", grob riss er sie nach oben und brachte sie so in eine sitzende Position. Dann trank er sein eigenes Blut und legte schließlich seine Lippen auf Beniko. Mit seiner freien Hand zog er sie sanft bei den Haaren nach hinten und flößte ihr behutsam das Blut ein.

Kurz darauf begann Beniko heftig zu husten und kurz darauf schlug sie flatternd die Augen auf. Als sie Ichiros Gesicht so nah an ihrem bemerkte, riss sie ihre Augen sofort auf und sah ihn irritiert an. Ichirio löste sich langsam wieder von ihr und sah ihr tief in die Augen.

"Endlich bist du wach...", raunt er leise und Beniko wurde augenblicklich rot. Schwer atmend hielt sie seinem Blick stand, brachte aber kein Wort über die Lippen. Ichiro beugte sich indessen wieder zurück, setze seine Lippen erneut an sein Handgelenk und trank. Dann beugte er sich erneut nach vorne und legte seine Lippen wieder auf Benikos, dieses Mal langsamer und sanfter.

Beniko schien immer noch in eine Art Schockstarre gefangen zu sein, schloss dann aber ganz langsam die Augen und spürte, wie Ichiros Blut ihre Kehle runterfloss.

Seiji hatte derweil seinen Blick abgewandt und fühlte sich ein wenig deplatziert, hatte aber auch nicht die Kraft, um zu gehen. Ichiro löste sich wieder von ihr und hielt ihr nun wortlos sein Handgelenk hin, welches sie vorsichtig ergriff. Sie warf einen unsicheren Blick zu Ichiro, doch dieser hatte bereits den Blick von ihr abgewandt, also begann sie schweigend von ihm zu trinken.

"Was ist nun passiert?", setzte Ichiro erneut, an Seiji gerichtet, an, während Beniko weiter schweigend trank. "Tsuyoshi Kurono steckt hinter alledem", meinte Seiji nur knapp und Ichiro runzelte verwirrt die Stirn. "Kurono?", fragte er dann zweifelnd nach, "warum sollte ein Reinblut etwas damit zu tun haben?" "Frag mich das doch nicht", Seiji warf einen leicht zornigen Blick nach oben, wusste er schließlich mitunter am wenigstens über diesen Typen.

"Was ist mit Natsuko?", fragte Ichiro schließlich leise seufzend, offenbar darauf bedacht, welche Fragen er nun stellte. "Sie war nicht da, Beniko konnte ihre Aura nicht spüren...", flüsterte Seiji mittlerweile fast und sah getroffen zu Boden. "Hmm...", Ichiro wand sein Blick gen Decke und schien kurz nachzudenken.

Dann ließ er seinen Blick zu Beniko schweifen und traf mit seinen Augen direkt die ihren. Erschrocken ließ Beniko seine Hand los und Ichiro zog sie sofort weg. Dann ließ sie beschämt den Blick sinken, hatte sie sich bei den erhabenen Geschmackes seines Blutes fast vergessen. Schweigend wand er den Blick von ihr ab und sah stattdessen wieder zu Seiji runter.

"Ich kann das Blut eines Reinblutes an euch riechen, habt ihr ihn zur Strecke gebracht?", fragte er schließlich unvermittelt und Seiji riss erschrocken die Augen auf, hatte er diese Tatsache fast verdrängt. Dann schloss er leicht die Augen und sein Blick wurde trüb. "Das ist Satorus...", sagte er dann so leise, dass Ichiro Mühe hatte, es zu verstehen.

Irritiert versuchte er Seijis Blick zu erhaschen, was ihm aber nicht gelang. "Satoru?", seine Stimme zeigte nur zu deutlich seine Verwirrung, "wo steckt er jetzt?" "Er ist zurückgeblieben, damit wir fliehen konnten...", Seiji zog seine Knie zu sich heran und legte seine Arme um diese.

Ichiro rieb sich mit einer Hand die Schläfen und schien angestrengt nachzudenken. "Ein Kampf gegen Kurono ist lebensmüde, selbst für Satoru...", leise seufzend stand Ichiro auf und ging nervös im Zimmer auf und ab. Beniko hatte betroffen den Blick gesenkt und schien in Gedanken versunken, obwohl es klar sein musste, wen ihre Gedanken in den Moment gebührten.

feelings (Gefühle)

Sie wurde erneut den langen Gang entlang gezogen. Ihre Hand lag fest in der seinen. Schweigend sah er nach vorne und schien völlig in Gedanken versunken zu sein. Auch sie hing ihren Gedanken hinterher. In ihrem Kopf herrschte eine bedrückende Leere. Als hätte jemand etwas daraus gestohlen und sie hätte es nicht mitbekommen.

Die Begegnung mit Satoru hatte sie aufgewühlt und doch wusste sie nicht genau, woher sie diesen Mann kannte. Instinktiv hatte sie seinen Namen gerufen, sein Gesicht war ihr so vertraut, als würde sie ihn schon ewig kennen. Und doch konnte sie ihm keine Erinnerungen zuordnen.

Seit sie mit der brennenden Kehle und den unstillbaren Durst nach Tsuyoshis Blut aufgewacht war, kam es ihr so vor, als wäre sie in einem Traum gefangen. Alles kam ihr unwirklich vor und doch spürte sie, wie real alles war. Sie kannte Tsuyoshi, sie wusste genau, wer er war und wie wichtig er ihr war. Viel zu lange war sie von ihm getrennt, aber sie wusste nicht einmal wieso. Schweigend lief sie weiter hinter ihm her und merkte nun, dass er auf dem Weg zu seinem Zimmer war.
 

Wortlos trat er ein und schloss die Tür hinter ihnen. Neugierig sah Natsuko sich im Raum um, war sie schließlich bisher nur in einer kleinen Kammer untergebracht und von der hatte sie dank ihrer Fieberträume auch nicht besonders viel mitbekommen.

"Nun erzähl mir mal, warum du eingegriffen hast, Natsuko?", Tsuyoshi hatte sich mit verschränkten Armen gegen die Tür gelehnt und strafte Natsuko mit einem leicht tadelnden Blick. Seelenruhig drehte sie sich um und sah ihm direkt in die Augen. Keine Spur von Furcht verspürte sie gegenüber diesen Mann, obwohl er sich vor kurzem noch so grausam gezeigt hatte.

"Du hättest ihn umgebracht, oder nicht?", mit festen Schritten ging sie auf ihn zu und blieb direkt vor ihm stehen, "ich meine, wenn ich nicht eingeschritten hätte." Tsuyoshi schaute sie einen Moment verdutzt an, ehe er scheinbar nachdachte. "Vermutlich...", murmelte er dann kaum hörbar und Natsuko legte ihre Stirn in Falten.

Auch wenn sie das Gefühl hatte, Tsuyoshi schon ewig zu kennen, so erschreckte seine Grausamkeit sie doch immer noch. Sie stieß einen leisen Seufzer aus und wand sich wieder von Tsuyoshi ab. Aber noch ehe sie weggehen konnte, hatte Tsuyoshi die Arme schon von hinten um sie geschlungen und fest an sich gedrückt. "Hasse mich nicht...was hätte ich denn tun sollen...", ein seltsamer, schwacher Stimmenklang hatte sich über Tsuyoshis sonst so starken und kalten gelegt und Natsuko wagte es gar nicht, ihn abzuschütteln.

Sie alleine wusste, wie fragil dieser Mann war und zu was er in der Lage war bei seinen Stimmungsschwankungen. Beruhigend legte sie eine Hand auf seinen Arm und schloss langsam die Augen, während sie seine Wärme an ihrem Rücken spürte. "Ich hasse dich nicht, Tsuyoshi. Du weißt genau, dass ich das nie könnte...", flüsterte sie leise und drehte sich langsam zu ihm um.

Seine verletzten Augen trafen direkt die ihren und brachen ihr fast das Herz. Woher nahm dieser bildschöne Mann nur all diesen Schmerz? Wovor fürchtete er sich so, obwohl tausende ihn wahrscheinlich viel mehr fürchteten? Er war ein lebender Widerspruch und Natsuko wusste, dass er ohne sie verloren war.

Behutsam nahm sie ihn in die Arme und er ließ es anstandslos gewähren. Leise seufzend legte er seinen Kopf auf ihre Schultern, wofür er sich tief herunterbeugen musste.
 

Natsuko indessen versank in Gedanken. Bei Satoru waren noch zwei weitere Personen gewesen und egal, wie sehr sich auch zu erinnern versuchte, sie konnte ihnen keine Namen zuordnen. Sie war sich sicher, sie schon einmal gesehen zu haben, aber sobald sie weiter in ihren Erinnerungen wühlte, umso mehr schmerzte ihr Kopf und schließlich gab sie auf. Besonders der junge Mann mit dem schwarzen Haar, den Tsuyoshi so sehr zugesetzt hatte, ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie war sich sicher, dass sie ihn zuvor getroffen hatte.

Darüber hinaus spürte sie sogar eine tiefe Verbundenheit ihm gegenüber, konnte sich aber nicht erklären, woher diese kam. Sie hätte am liebsten Tsuyoshi gefragt, aber in seinem jetzigen Zustand hätte sie keine Antwort bekommen. Ihr Verlobter konnte der grausamste und brutalste Mann sein, den sie je getroffen hatte und im nächsten Moment brach er fast unter ihr zusammen. Die tausend Jahre, die er nun schon lebte, hatten ihn zerstört, wie so viele Vampire, die eine solch gewaltige Lebensspanne erreicht hatten.

Zärtlich strich sie ihm über den Rücken und allmählich schien er sich zu entspannen. Obwohl es ihr wie Verrat vorkam, so hingen ihre Gedanken doch bei dem schwarzhaarigen Jungen.
 


 

Seiji war auf seinem Zimmer, seine Gedanken kreisten um Natsuko, aber auch um Tsuyoshi. Noch nie stand er einem so übermächtigen Gegner gegenüber und er hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte. Eines war ihm allerdings klar und zwar, dass nur er wusste, wo sich Natsuko aufhielt und so blieb ihm gar nichts anderes über, als nochmal zu ihm zu gehen. Er musste es schaffen, es dieses Mal alleine zu schaffen.

Die Tatsache, dass Satoru zurückgeblieben war und mittlerweile wahrscheinlich nicht mehr lebte, machte ihm zu schaffen. Auch wenn er ihn nicht wirklich kannte, so hinterließ es einen bitteren Nachgeschmack, wenn andere für ihn ihr Leben ließen. Besonders, wenn es ein seltenes Reinblut war, wo die gesamte Vampirwelt trauern würde und ihn ihren geballten Hass spüren lassen würden. So sehr er auch die Reinblüter und ihre Fähigkeiten hasste, so spürte er, dass Satoru anders gewesen war. Er hatte sein Leben für andere gegeben, nicht zuletzt auch, um Natsuko zu finden und dafür hatte er auf ewig Seijis Dankbarkeit.

Die Tatsache, dass ein anderes Reinblut allerdings auch keine Chance gegen Tsuyoshi hatte, entmutigen ihn auch ungemein. Wie sollte er dann überhaupt etwas ausrichten können? Laut seufzend ließ er sich auf das Bett fallen und dachte nach. Es musste einen Weg geben, irgendeinen.

Plötzlich setze er sich kerzengerade im Bett auf und starrte sprachlos gegen die Wand. Und wenn er DAS einsetzen würde? Sein Mund wurde mit einem Mal staubtrocken und er schluckte ein paar mal heftig. Wäre er bereit, soweit zu gehen? Er fuhr sich aufgebracht durch die Haare, starrte geistesabwesend auf die Lacken des Bettes. Innerlich wusste er nun, was er zu tun hatte.
 


 

Beniko saß mit herangezogenen Beinen auf der Bank in Ichiros Zimmer. Dieser stand gedankenverloren an dem großen Fenster und schien sie gar nicht zu beachten. Ihre Gedanken hingen an Satoru. Sein erschrockenes Gesicht, das pure Entsetzen, dass sie darin erkennen konnte, hatte sie bis ins Mark erschüttert.

Obwohl sie ihn hassen wollte und eigentlich auch musste, war ihr Herz in diesem Moment zersprungen. Und nun war er dort und sie würde ihn wohl nie mehr wiedersehen. Heiße Tränen stiegen ihr in die Augen und sie hatte auch keine Chance, diese zu stoppen. Hemmungslos fing sie an zu schluchzen, schlang die Arme fester um ihre Beine und legte ihren Kopf auf ihre Knie. Erinnerungen aus der Vergangenheit holten sie ein und weitere Schluchzer schüttelten sie heftig.
 

Warum schaffte sie es nicht, ihn zu hassen? Warum tat es so schrecklich weh? Obwohl er ihr das alles angetan hatte, konnte sie nicht anders, als an ihn zu denken. Der Gedanke, dass er dort alleine starb, mit der Gewissheit, dass sie ihn hassen würde, tat mehr weh, als alle Qualen, die er ihr angetan hatte.

Halbherzig spürte sie eine Hand, die ihr fast schon zärtlich über den Rücken strich und merkte kurz darauf, wie sich jemand neben ihr setzte. Sie wagte es nicht, aufzusehen, wusste sie schon, wer es nur sein konnte.

"Beniko...", Ichiros sonst so harte, herrische Stimme, war nur mehr ein Flüstern und er schien nicht die richtigen Worte zu finden. Mit diesem Ausbruch der Gefühle kam er nicht klar und auch verstand er ihn nicht. Hatte er bisher das Gefühl, Beniko hatte nur Angst vor Satoru, so überraschten ihn ihre Gefühle nun sehr.

Schweigend strich er ihr also weiter über den Rücken und sah nachdenklich in den Raum. Der Verlust eines Reinblutes traf die Vampirwelt hart, auch wenn es sich um Satoru handelte. Ichiro wusste von Satorus Lustlosigkeit am Leben und doch konnte er sich vorstellen, dass er sich solch ein Ende nicht gewünscht hätte. Zumal er sich denken konnte, was für Gefühle er nach wie vor für Beniko empfand.

Sein Blick wanderte wieder zu dem schluchzenden Wesen neben ihm und nun nahm er sie behutsam in den Arm. Sie verkrampfte sie schlagartig, wehrte sich aber nicht. Auch wenn er ihre Gefühle nicht verstand, so tat es ihm doch in der Seele weh, seine lieb gewonnene Dienerin so leiden zu sehen.

Er fühlte sich an den Tag zurückversetzt, als er sie gefunden hatte, wie er sie gerettet hatte. Ihre Tränen behangenen, blauen Augen, hatten sein Herz für den Bruchteil einer Sekunde erstarren lassen. Nie würde er diesen Tag vergessen, nie würde er bereuen, was er an diesem Tag getan hatte.

Er drückte sie fester an sich und auch, wenn er nicht der richtige war, um ihre Tränen zu trocknen, so wünschte er sich, dass er ihr in diesem Moment zumindest ein wenig helfen konnte.
 

Grade, als sie sich ein wenig zu beruhigen schien, wurde ruckartig die Tür aufgeschlagen und ein Vampir in einer Art Rüstung trat ein. Missmutig warf Ichiro dem jungen Vampir einen vernichtenden Blick zu, der sich augenblicklich aufgebracht entschuldigte, aber keinen Millimeter zurückschreckte. "Fürst Ichiro!", setze er nun aufgebracht an und nahm seinen ganzen Mut zusammen, um ihm direkt in die Augen zu sehen, "es geht um Lord Satoru...er..."

Noch ehe der junge Vampir Soldat seinen Satz beenden konnte, hatte Beniko schon aufgesehen. Mit aufgerissenen Augen sprang sie regelrecht auf, entzog sich so Ichiros Umarmung und rannte an dem jungen Vampir vorbei in den Gang. Sie konnte ganz deutlich sein Blut riechen und seine Aura schwach in der Ferne spüren. Hastig sprang sie die große Treppe im Eingangsbereich runter und sah schon eine Schar von Vampiren, die sich dort versammelten hatten. Grob stieß sie einige von ihnen beiseite und bahnte sich so einen Weg zum Zentrum der Ansammlung.

Dort sah sie das, was sie bereits erwartet hatte und stürmte eilig darauf zu. Grob ließ sie sich auf die Knie fallen und beugte sich zu dem regungslosen Körper runter. Schluchzend ließ sie sich auf seine Brust fallen und ignorierte die verwirrten und vorwurfsvollen Blicke der anderen Vampire. Der Geruch seines Blutes raubte ihr fast den Atem, vermischt mit dem Geruch seines Körpers, den sie in- und auswendig kannte. Tränen rollten ihr über das Gesicht und sie krallte sich in das blutgetränkte Oberteil, dass ihn nur noch in Fetzen am Körper hing. Ein Vampir versuchte sie beiseite zu schieben, sie von ihm wegzubringen, aber sie schlug seine Hand nur zornig beiseite.

Dann merkte sie etwas, dass ihr Herz zum Erstarren brachte. Seine Brust hob und sank sich, wenn auch nur sehr schwach. Mit aufgerissenen Augen sah sie ihm nun in sein Gesicht und sah ihn an, als sei er ein Geist. Sie konnte es für einen Moment nicht begreifen, bis er schwach die Augen aufschlug und direkt in ihre sah. "Beniko...", seine Stimme war heiser, kaum hörbar und doch brach in ihr alles zusammen.

Erneut kamen ihr die Tränen und sie fiel ihm laut schluchzend um den Hals. Ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen, bis seine Augen wieder zufielen und erneut alles um ihn schwarz wurde.

memories (Erinnerungen)

Als er die Augen wieder aufschlug, lag er in einem Bett. Das Zimmer war leer, sein Körper rührte sich kein Stück. Benommen versuchte er den Kopf zu drehen, schaffte es aber nur wenige Millimeter. Verwirrt runzelte er die Stirn. Hatte er sich das alles nur eingebildet?

Enttäuscht seufzend schloss er wieder die Augen und dachte zurück an das, was er glaubte gesehen zu haben. Beniko war dort, direkt neben ihm und sie hatte geweint. Umso mehr er darüber nachdachte, umso mehr kam es ihm in den Sinn, dass er sich das alles nur eingebildet haben musste. Beniko würde nicht um ihn trauern, wahrscheinlich wäre es ihr sogar lieber, wenn er nicht zurückgekehrt wäre. Seine Lippen verzogen sich zu einem gequälten Lächeln und er begann, sein Leben wieder zu verfluchen.
 


 

Seiji schloss grade die Tür zu seinem Zimmer hinter sich, als er bereits merkte, dass dort jemand an der Wand gelehnt stand. Missmutig drehte er sich zu der Person um, war es eigentlich sein Ziel gewesen, ganz unbemerkt zu verschwinden. Das blonde Mädchen sah mit betrübten Blick nach unten, sprach aber kein Wort.

"Beniko? Was ist?", fragte er stattdessen nun genervt und musterte sie argwöhnisch. "Ich weiß, dass du wieder gehen willst...", flüsterte sie leise und hob endlich ihren Blick etwas, "bitte, nimm mich mit." Ihre Augen waren gerötet und sie konnte es nicht abstreiten, dass sie geweint hatte und das nicht zu wenig. "Du wärst mir nur ein Klotz am Bein", Seiji schüttelte seinen Kopf und wollte bereits an ihr vorbeigehen, als diese ihm forsch am Handgelenk festhielt.

"Du wirst mich mitnehmen, Seiji!", mit neu gewonnener Stärke sah sie ihm fest in die Augen, "ich werde diesem Typen nie verzeihen, was er Satoru angetan hat!" Nun wurde Seiji hellhörig und sah sie verwundert an. "Ich hätte nicht gedacht, dass du viel von ihm halten würdest, Beniko", stieß er verwundert aus und Beniko wand getroffen den Blick ab.

Sie selbst war noch viel zu verwirrt über ihre Gefühle für Satoru, als das sie eine geeignete Antwort dafür finden könnte, aber dass selbst Seiji mitbekommen hatte, wie es um das Verhältnis der Beiden bestellt war, empfand sie dennoch als äußerst unangenehm.

"Du hast keinen Nutzen für mich Beniko", winkte Seiji nun ab, da er keine Antwort von Beniko erhalten hatte und riss sich nun von ihr los. Zornig ballte sie die Hände zu Fäusten und fletschte leicht die Zähne. "Du arroganter Taugenichts!", schrie sie ihn nun an, hob ihre Hand und schlug Seiji geradewegs ins Gesicht.

Verdattert starrte dieser sie an, konnte er kurz die Welt nicht mehr verstehen. Dann verzog sich sein Gesicht auch vor Zorn und er drückte Beniko hart an die Wand. "Ach? Ist das dein wahres Gesicht? So kannst du dich natürlich nicht vor dem hochgeborenen Ichiro zeigen", seine Lippen verzogen sich zu einem grausamen Lächeln und er sah direkt in Benikos Augen, die ihn ebenfalls zornig anfunkelten.

"Sagt der Richtige", spottete sie nun verächtlich, "du verstellst dich vor Natsuko doch auch ständig. Was würde sie wohl sagen, wenn sie wüsste, wie du wirklich bist? Weißt du eigentlich, dass wir dich schon längst hätten finden können? Deine abscheuliche Aura kann ich meilenweit aus der Entfernung spüren und selbst wenn, bräuchte man nur deiner Blutspur folgen. Weißt du eigentlich, warum du noch am Leben bist? Weil dein Bruder ein Reinblut ist und dich bisher vor jeder harten Strafe verschont hat. Keiner Würde sich mit Ichiro anlegen und das weißt selbst du."

Seiji riss erschrocken seine Augen auf, nur um sie in der nächsten Sekunde bereits zu Schlitzen zu verziehen. "Dann dürfte dir ja klar sein, in was für eine Lage du dich grade befindest...", meinte er nur gefährlich ruhig, griff ihr mit einer Hand an die Kehle und drückte leicht zu.

"Tu es, wenn du denkst, dass dich das weiterbringt", Beniko zeigte keine Spur von Angst, sondern hielt seinem Blick eisern stand, ihre Lippen nach wie vor zu einem spöttischen Lächeln verzogen, "Satoru würde dir so schnell den Kopf abreißen, dass du nicht einmal zucken könntest. Wie schwach du wirklich bist, dürfte dir doch nun klar sein, als du auf Tsuyoshi getroffen bist."

Schlagartig ließ Seiji Beniko los und nahm einen Schritt Abstand. Diese rückte ihre Kleidung zurecht und sah Seiji herausfordernd an. "Also? Ich denke mal, ich darf mitkommen", zufrieden lächelnd ging sie an Seiji vorbei, welcher sie mit verächtlichen Blicken strafte. "Ich hoffe, du verreckst dabei...", flüsterte er so leise, dass nur er es hören konnte.
 


 

Weit entfernt, in den verfluchten Ruinen, wurde auch Natsuko langsam wach. Neben ihr schlief entspannt Tsuyoshi, sein langes Haar hatte sich über das ganze Kissen ausgebreitet und gab damit ein atemberaubendes Bild ab. Sie griff nach einer seiner Haarsträhnen und ließ diese zwischen ihre Finger gleiten.

Je länger sie aus ihrem Traum erwachte, desto mehr Erinnerungen kamen zurück. Sie lebte schon eine lange Zeit, nicht so lange wie Tsuyoshi und doch länger, als ihr vorher bewusst war. Der Tag, an dem sie Tsuyoshi traf, hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt und kam nun allmählich wieder zum Vorschein.
 


 

Es war ein Morgen wie jeder andere, so dachte sie zumindest. Freudig strahlend stieg sie die Treppe hinunter, an der sie ihr Vater bereits erwartete. Sie umarmte ihn schnell und er erwiderte ihre Umarmung liebevoll. "Natsuko, meine liebste Tochter", setzte er an, "ich möchte dir gerne heute jemanden vorstellen." Natsuko löste sich von ihm und sah verwirrt auf. "Wen?", fragte sie sichtlich irritiert nach.

Normalerweise kündete ihr Vater keinen Besuch so ernst an und sie fragte sich wohl, was der Grund für den plötzlichen Stimmungsumschwung sein könnte. "Das wirst du dann schon sehen", er schenkte ihr ein warmes Lächeln, "also mach dich bitte ein wenig zurecht, er sollte bald hier sein."

Natsuko war zwar immer noch sehr verwirrt, stieg dennoch ohne große Wiederworte die Treppe nach oben. Sie grübelte, um wen es sich wohl handeln könnte und warum ihr Vater darum solch ein Geheimnis machte. Allerdings war es für sie auch nicht das erste Mal, dass sie hohen Besuch empfangen musste und die Abläufe wurden ihr von Geburt an beigebracht.

Hastig suchte sie sich ein schlichtes Kleid aus dem Schrank und stieg in hohe Schuhe, um ihre Größe zumindest ein wenig zu kaschieren. Ihre seidigen, blonden Haare steckte sie nach oben und betrachtete sich dann ausgiebig im Spiegel. Große, blaue Augen sahen ihr entgegen und zufrieden nickend wand sie sich schließlich ab. Auf Make-up hatte sie schon immer verzichtet, konnte sie damit ohnehin nicht viel anfangen. Ihr Vater meinte einst, dass sie ohne sowieso viel bezaubernder sei, als mit, aber das würde wohl jeder Vater zu seiner Tochter sagen.

Ihr Vater war der einzige Verwandte, der ihr noch geblieben war. Ihre Mutter war früh verstorben und daher stellte ihr Vater das wichtigste in ihrem Leben dar. Er war der friedfertigste und Lebens-frohste Mann, den sie je kennengelernt hatte.

Langsam stieg sie die Treppe wieder nach unten und bemerkte, dass ihr Vater nun nicht mehr alleine dort stand. Sie hatte niemanden kommen hören, geschweige denn gerochen oder gespürt. Argwöhnisch betrachtete sie den Mann, der sich nun zu ihr umdrehte. Augenblicklich blieb sie in ihrer Bewegung stehen und schlug sich eine Hand vor den Mund.

Langes, silbernes Haar, dass zu einem Zopf hochgebunden war. Ein Gesicht, als hätte es sich ein Künstler erdacht. Graue Augen, die eine solche Kälte ausstrahlten, dass Natsuko augenblicklich eine Gänsehaut bekam. Gekleidet in eleganten Kleidern, die seinen wohlgeformten Körper betonten. Ihr blieb der Atem stehen und sie bekam kein Wort raus, obwohl es an ihr war, den neuen Gast zu begrüßen.

"Natsuko...", flüsterte ihr Vater leicht verärgert, wohl, weil sie den Mann nach wie vor fasziniert anstarrte. "Schon gut", der Mann lächelte ihren Vater leicht an und ging dann selbst mit eleganten Schritten auf Natsuko zu. "Du musst Natsuko sein", er griff nach ihrer Hand und hauchte einen Kuss darauf, "ich habe schon viel von dir gehört." Natsuko wurde sofort knallrot und zog sogar erschrocken die Hand weg.

Nun kam auch ihr Vater zu ihnen und verbeugte sich leicht. "Entschuldigen Sie meine Tochter, sie ist noch sehr unerfahren und schüchtern", er warf einen kurzen, verstimmten Blick zu seiner Tochter, ehe er seinen Blick wieder auf den Mann richtete, "Natsuko, das ist Tsuyoshi Kurono, der letzte Erbe des Kurono Clans."

Natsuko löste sich wieder leicht aus ihrer Starre und schaute abwechselnd von ihrem Vater und dem Mann namens Tsuyoshi hin und her. Erst dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, als sie den Namen zuordnen konnte. Hastig vollführte sie einen tiefen Knicks und verhaspelte sich fast bei den nächsten Worten: "F...freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Kurono-sama."

Tsuyoshi hob überrascht die Augenbrauen, ehe er leicht zu schmunzeln begann. "Bitte, Tsuyoshi genügt und lass das sama weg", er griff mit einer Hand nach ihrem Kinn und hob so ihren Kopf wieder. Blaue Augen trafen Graue und sie wurde augenblicklich wieder rot. Dieser Mann konnte unmöglich von dieser Welt stammen! Allmählich fragte sie sich wirklich, was dieser atemberaubende Mann nur von ihr wollte.

"Lasst uns doch vielleicht erstmal in den Salon gehen, damit wir alles weitere besprechen können", schlug Natsukos Vater nun vor und zeigte mit einer Hand zu einem anliegenden Zimmer. "Gerne", kam es nur zustimmend von Tsuyoshi und zu Natsukos Überraschung griff er einfach ungefragt nach ihrer Hand und zog sie hinter sich her. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und sie hatte schon Angst, dass Tsuyoshi es hören konnte. Ihr Vater nahm auf einem großen, alten Sessel Platz. Tsuyoshi zog sie hingegen mit auf ein gegenüberliegendes Sofa. Natsuko verwirrte seine Nähe ungemein, konnte sie es nicht verstehen, wie er so vertraut mit ihr umgehen konnte, während ihr fast das Herz aus der Brust sprang.

"Also", Natsukos Vater räusperte sich leicht und sah dann Natsuko mit festem Blick an, "wie du sicher weißt, meine liebe Natsuko, bist du schon seit geraumer Zeit im heiratsfähigen Alter und die Wahl eines Mannes für eine Frau deines Standes hat mir langsam Kopfschmerzen bereitet. Doch, wie du siehst, habe ich jemanden gefunden, der Interesse an dir zu hegen scheint."

Natsukos Welt brach von einer Sekunde zur nächsten zusammen und sie starrte ihren Vater mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. Heirat? Sie sollte Heiraten? Und zwar Tsuyoshi, der atemberaubende Mann, der da neben ihr saß? Nun wand sie sich blitzschnell um und sah Tsuyoshi verdattert an, der ihr aber nur ein liebevolles Lächeln schenkte. "Es ist wahr", antwortet er belustigt, weil er offenbar ihre Gedanken erraten hatte, "seit ich dich einmal auf einer Veranstaltung für Hochadlige gesehen hab, bist du mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen."

Natsukos verstand seine Worte kaum oder eher, sie drangen überhaupt nicht zu ihr durch. Stattdessen wühlte sie in ihrem Kopf nach sämtlichen Veranstaltungen, auf der sie in letzter Zeit gewesen war, aber sie war sich sicher, an jemand wie Tsuyoshi hätte sie sich erinnert.

"Das kommt jetzt sicher alles sehr plötzlich für dich", erhob Tsuyoshi erneut seine Stimme und griff sanft nach ihrer Hand, "aber ich würde mich freuen, wenn du wenigstens darüber nachdenken würdest." Nun hob Natsuko vorsichtig den Kopf und sah ihm direkt in die Augen, welche keinerlei Zweifel zeigten.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund wollte dieser Mann sie, ausgerechnet sie. Sie war sich sicher, dass er jede haben konnte, wenn er nur seine Hand danach ausstrecken würde und doch hatte er sie erwählt. Ein Gefühl, dass Stolz sehr nahe kam, überkam sie und für einen Bruchteil einer Sekunde war sie fast schon davon überzeugt, dass es nur eine richtige Antwort geben konnte. Doch ihr Mund öffnete sich nicht und so verblieb sie weiterhin dabei, ihn nur bewundernd anzustarren.

Tsuyoshi wand den Blick wieder von Natsuko ab, hielt dabei aber weiterhin ihre Hand und richtete sich nun an den Vater. "Wenn es für sie recht ist, würde ich ihrer Tochter gerne Zeit geben, mich erst kennenzulernen. Für sie kommt das sicher alles reichlich überraschend und wenn wir die Ewigkeit miteinander verbringen sollen, möchte ich, dass sie das aus freien Stücken tut", ein freundliches, aufrichtiges Lächeln huschte über Tsuyoshis Lippen und Natsukos Vater nickte nur ehrfürchtig.

Dass ein Mann seines Standes offenbar so reine Gefühle für seine Tochter hegte, machte ihn sprachlos und rührte ihn sogar etwas. Nichts wäre schlimmer für ihn, als seine Tochter nicht in guten Händen zu wissen. Er erhob sich von seinem Sessel und ging zu Tsuyoshi rüber. Dort kniete er sich hin und sprach voller Ehrfurcht: "Es wäre die größte Ehre für mich und unser Haus, wenn jemand wie Sie meine Tochter ehelichen würde." Tsuyoshi lachte leicht auf, stand nun auch auf und half dem Mann wieder auf die Beine. "Nicht doch, das hängt von Natsuko alleine ab, ich werde sie nicht zwingen", Tsuyoshi warf einen leichten Blick über die Schulter zu Natsuko, welche ihn verwundert ansah.

Je mehr dieser Mann sprach, umso weniger verstand sie ihn. Auf einmal kam es ihr fast so vor, als würde er nur eine Farce spielen, war es doch unmöglich, dass er das alles wirklich ernst meinen konnte. Und doch wollte sie daran glauben oder eher darauf hoffen, dass er es ernst meinte. Nun stand sie auch auf, sah ihm fest in die Augen und nickte leicht.

"Gut, ich werde darüber nachdenken", stimmte sie dann entschlossen zu und Tsuyoshis Augen blitzen vor Freude leicht auf. "Wunderbar!", übereilig zog er sie in ihre Arme und sowohl Natsuko, als auch ihr Vater, weiteten erschrocken ihre Augen.

So offene Zuneigung von einem Reinblut waren sie alle nicht gewohnt. Doch noch ehe sie darüber nachdenken konnte, was man normalerweise als Reinblut tat und was nicht, nahm sie schon seinen Geruch und seine Wärme wahr. Sie schloss ihre Augen und versuchte alle Eindrücke in sich aufzunehmen. Auf irgendeine unerfindliche Art und Weise fühlte sie sich schlagartig zu diesem bildschönen Mann hingezogen. Zu diesem Augenblick wusste sie allerdings nicht, was sich hinter der schönen Fassade noch alles versteckte.
 


 

Mit einem Kopfschütteln kam sie im Hier und Jetzt wieder an. Der schlafende Körper neben ihr hatte bereits die Augen wieder aufgeschlagen und sah sie besorgt an, wohl weil sie so weggetreten war. "Was ist mit dir, Natsuko?", langsam richtete er sich auf und sah ihr forschend in die Augen.

"Nichts, ich war nur in Gedanken versunken..." , murmelte sie verlegen und wand den Blick ab, aber Tsuyoshi griff bereits wieder nach ihrem Kinn und zwang sie so, in seine Augen zu sehen. "Welche Gedanken?", seine Augen verformten sich zu Schlitzen und purer Argwohn lag auf seinen Gesichtszügen. Verwirrt erwiderte Natsuko seinen Blick und fragte sich, woran er wohl dachte. "An früher, wie wir uns kennenlernten", gab sie dann wahrheitsgetreu wieder und Tsuyoshi ließ sie erleichtert seufzend los.

Natsukos irritierten Blicke ignorierte er völlig, denn er stand ohne weitere Worte auf. Innerlich fragte sich Natsuko, was diese Reaktion wohl zu bedeuten hatte. Gab es etwas, woran sich sie sich nicht erinnern durfte? Tsuyoshi schwieg weiter eisern und sie wagte es nicht, ihn danach zu fragen, wusste sie schließlich nicht, inwieweit seine Stimmung dann erneut umschlagen würde.

Leise seufzend stand sie auch von dem Bett auf und folgte Tsuyoshi, der bereits im Begriff war, das Zimmer zu verlassen.

decisions (Entscheidungen)

Müde und bewegungslos lag er in seinem Bett, doch einschlafen konnte er nicht. Seine Kehle brannte, sein Körper schmerzte mit jedem Herzschlag und er wusste genau, woran das lag. So lange, wie er nun schon mit diesem Körper leben musste, kannte er jedes kleinste Detail davon.

Der Hunger eines Vampirs wurde zunächst lästig, dann qualvoll und am Ende sehnte man sich nur noch den Tod herbei. Er war schon längst im letzten Stadion angelangt. Sein Atem ging rasselnd und er fragte sich, wofür er zum Sterben erst zurückkehren musste.

Erschöpft schloss er die Augen und hörte im nächsten Moment das Klicken des Türschlosses, ehe jemand eintrat.
 

Er öffnete die Augen nicht, hatte er die Person am Geruch und seiner Präsenz bereits sofort erkannt. Neben seinem Bett blieb er stehen und betrachtete das mitleiderregende Elend, was sich vor ihm erstreckte.

"Ist das deine Strafe?", langsam öffnete er nun doch wieder schwerfällig seine Augen und sah in die tiefschwarzen seines Gegenübers, "Ichiro?"

Ein hämisches Grinsen hatte sich auf Ichiros Lippen gelegt und er betrachtete ihn mit sadistischer Befriedigung. "Strafe?", langsam umrundete Ichiro das Bett und betrachtete ihn ausgiebig, "ich denke nicht, dass du bisher genug gestraft worden bist." "Elender Sadist...", ein schwaches Husten drang aus seiner Kehle, was das Brennen in dieser nur noch verstärkte.

"Weißt du eigentlich, wie schwer es ist, ein Reinblut zu töten?", fing Ichiro nun an und lehnte sich gegen einen Bettpfosten, "im Gegensatz zu den normalen Vampiren, denen man spielend leicht das Herz rausreißen oder die Köpfe abtrennen kann, beißt man sich bei Reinblütern fast die Zähne aus."

Er stützte sich von dem Bettpfosten ab und ging wieder zu ihm rum, um sich nun auf die Bettkante zu setzen. Langsam rückte er näher und seinem Gegenüber blieb keine andere Möglichkeit, als es zu ertragen, konnte er sich kein Stück wegbewegen.

"Einen Reinblut das Herz rauszureißen oder den Kopf abzutrennen, für einen normalen Vampir schier unmöglich. Verhungern tun wir auch nach Ewigkeiten nicht, nur die Qual und der Schmerz ist derselbe. Verbluten? Für uns ein qualvoller Prozess, hält uns unser Körper auch mit dem letzten Tropfen Blut noch am Leben", Ichiros Lippen verzogen sich wieder zu einem grausamen Lächeln, "früher, lange, lange vor unserer Zeit soll es einen Verrückten gegeben haben, als es noch deutlich mehr Reinblüter gab. Er schnappte sich die jungen und schwachen von ihnen und folterte sie so lange, um zu sehen, wie man sie am schnellsten töten könnte. Natürlich war auch er ein Reinblut, sonst wäre dieses Unterfangen von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen."

Ichiro lehnte sich wieder etwas auf und sah in die rot-braunen Augen seines Gegenübers. "Aha", meinte dieser nur knapp, "und du hast nun dasselbe vor, oder was?" Unbeeindruckt von seiner Rede erwiderte er mit festem Blick den seinen. Lachend erhob sich Ichiro von dem Bett und ging im Zimmer auf und ab.

"Nein, nein", meinte er dann nur kopfschüttelnd, immer noch lachend, "das würde mir nichts bringen. Ich bin seine Aufzeichnungen bereits unendliche Male durchgegangen und weiß sicherlich am besten, wie ich ein Reinblut töten kann oder aber es nur Leiden lassen kann."

Bei seinen letzten Worten drehte er sich wieder um und fixierte sein Gegenüber. Sein Blick war kalt wie Eis. "Wofür das alles?", ein schwaches Seufzen drang aus seiner geschundenen Kehle, "nur wegen Beniko?"

Bei dem Klang ihres Namens verzogen sich Ichiros Augen zu Schlitzen und sein Lächeln erstarb. Schnellen Schrittes ging er auf ihn zu und packte grob nach seinem Hals. Mit unbändiger Kraft drückte er zu, was die ohnehin schon starken Schmerzen nur noch verstärkte. Leicht röchelnd wollte er nach den Händen greifen, aber auch jetzt rührte sich sein Körper kein Stück. Das verbliebene Blut in seinem Körper reichte wohl nur noch grade so, um sein Herz zum Schlagen zu bringen.
 

"Fast 50 Jahre ist sie nun an meiner Seite und doch bist du der einzige, der ihr im Kopf rumspukt", mit gefletschten Zähnen und roten Augen sah er auf ihn runter, "warum bist du dort nicht einfach gestorben, Satoru?" Schwach öffnete Satoru ein Auge und sah seinen wutentbrannten Gegenüber an und unweigerlich huschte ihm ein Lächeln über die Lippen. "So ist das also...", raunte er kaum hörbar, lag Ichiros Hand immer noch fest um seinen Hals, "ich wusste nicht, dass du mittlerweile so etwas in ihr siehst..."

Sofort ließ Ichiro ihn los und schüttelte seine Hand, als hätte er irgendeine ansteckende Krankheit. Dass er sich so eine Blöße gegeben hatte, schien ihn nun sehr zu grämen.

"Mach dir keine Sorgen", erhob Satoru nun schwach seine Stimme, immer noch ein leichtes Lächeln auf den Lippen, "ich habe nicht vor, sie zu mir zurückzuholen. Ich habe ihr zu viel Leid angetan und könnte sie niemals glücklich machen. Also, wenn es dir Erleichterung verschafft, mach mit mir, was du willst. Ich bin ohnehin schon seit einer Ewigkeit bereit dazu..."
 

Ichiro zog die Augenbrauen zusammen und musterte Satoru skeptisch. Dann ging er wieder nach vorne und setzte sich erneut auf die Bettkante. Er zögerte kurz, dann riss er sich meinem Fingernagel die Pulsader an seinem Handgelenk auf. Sofort tropfte ein Schwall Blut auf das Lacken und bei dem Geruch riss der ausgehungerte Satoru direkt die Augen auf, die rot leuchteten.

"Was tust du...", stammelte er irritiert, konnte aber den Blick nicht von dem Blut lassen. Alles in ihm schrie danach, der Hunger raubte ihm nun den Atem und hätte er sich nur ein Stück bewegen können, hätte er Ichiro bis auf den letzten Tropfen ausgesaugt. "Ich werde dich retten", murmelte Ichiro nun leise, den Blick auf sein Handgelenk gesenkt, "dafür wirst du Beniko nie mehr unter die Augen treten."

Satorus Augen weiteten sich vor Schreck und er schaffte es sogar, seinen Blick von dem Blut abzuwenden. Nie wieder Beniko treffen? Das sollte ein Scherz sein! "Mach dich nicht lächerlich, Ichiro", gab Satoru nur schwer atmend von sich, da der Blutgeruch ihn wahnsinnig machte, "glaubst du wirklich, ich hänge so sehr am Leben?" "Du wohl nicht", meinte Ichiro nur gelassen und hielt sein Handgelenk direkt über Satorus Mund, "aber dein Körper schon."

Bluttropfen trafen Satorus Mund und er schmeckte das ersehnte Blut auf seiner Zunge. Ein Zucken durchfuhr ihn und sein Körper bäumte sich leicht auf. Mehrere Tropfen fielen in seinen Mund und er fing sie geradezu gierig auf. Der Schmerz in seiner brennenden Kehle wurde weniger und seine Finger ließen sich bereits wieder bewegen.

Plötzlich packte er Ichiros Handgelenk und drückte ihn unter sich auf das Bett. Mit vor hunger verzerrten Gesicht beugte er sich zu Ichiros Hals runter und biss ohne Gnade zu. Die warme Flüssigkeit schoss ihn regelrecht in den Mund und er trank gierig. Er spürte regelrecht, wie seine fast ausgetrockneten Venen wieder zum Leben erwachten. Schnell griff er nach Ichiros Handgelenken und nagelte ihn auf dem Bett fest. Er wollte alles von ihm, bis auf den letzten Tropfen. Seine Zähne vergruben sich tiefer in Ichiros Hals, woraufhin dieser missmutig das Gesicht verzog.

"Das genügt, du Tier", grob drückte Ichiro ihn von sich weg und schleuderte ihn regelrecht aus dem Bett. Dann rückte er seinen Kragen zurecht und betastete seinen Hals, der vor Schmerz pochte. "Wie kann man nur so ungeübt im Aussaugen sein?", kopfschüttelnd ließ Ichiro seine Hand wieder von seinem Hals sinken und warf einen Blick auf Satoru, der zusammengekauert auf dem Boden liegen geblieben war. Langsam glitt er zum Rand des Bettes und stand auf.

Ein leichter Schwindel erfasste ihn, hatte er Satoru mehr Blut überlassen, als er eigentlich geplant hatte. Dennoch ging er zu ihm und kniete sich runter. "Lass mich, Ichiro...", raunte dieser leise, ohne den Kopf zu heben. "Wie ich sehe, bist du wieder bei Vernunft?", Ichiro konnte sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen und stand wieder auf.

Satoru indessen hob nun doch seinen Kopf, seine Augen leuchteten immer noch glühend rot. "Warum hast du mich nicht einfach sterben lassen?", pure Verzweiflung hatte sich in seine Stimme gelegt und er sah Ichiro viel erwartend an. "Du bist immer noch ein Reinblut und damit unersetzlich für die Vampirwelt", gab Ichiro nur nüchtern von sich und Satoru fing leise an zu lachen.

Aus purem Eigennutz hatte er ihn gerettet und ihm damit zu einem Leben verdammt, in dem es ihm nun sogar untersagt war, den einzigen Sinn in seinem Leben je wiedersehen zu dürfen. Denn ein weiteres Mal würde Ichiro ihn nicht retten, da wäre er sich sicher und das nächste Mal würde er davor sehr wahrscheinlich viel mehr zu leiden haben.

"Du solltest auf jeden Fall weiteres Blut trinken, meines alleine wird dir nicht reichen", sagte nun Ichiro emotionslos und ging ohne ein weiteres Wort aus dem Raum. Satoru blieb zusammengekrümmt auf dem Boden liegen, weiterhin gequält von einem leichten Hunger.
 


 

Seiji indessen ging schweigend erneut den Weg zu den verfluchten Ruinen, gefolgt von Beniko, die auch kein Wort sagte. Der Streit, den die beiden zuvor vom Zaun gebrochen hatten, schwebte wie eine dunkle Wolke über ihnen und sie waren sich sicher, sobald einer den Mund aufmachen würde, gäbe es ein Blutbad.

Vor der großen Schlucht, an der Beniko das letzte Mal noch von Satoru gerettet wurde, blieben sie kurz stehen. Seiji sprang ohne weiteres hinüber, während Beniko kurz zögerte. Sie hatte es beim letzten Mal schon nicht geschafft und sie wusste nicht, wie sie es nun schaffen sollte. Der Gedanke an Satoru schmerzte oder viel mehr die Tatsache, dass er nun nicht hier war.

Sie holte tief Luft und nahm weit Anlauf. Es musste einfach klappen, für Satoru musste sie es schaffen. Voller Entschlossenheit lief sie los und sprang. Die andere Seite kam näher und sie bekam die Klippe mit ihren Händen zu greifen.

Unelegant zog sie sich nach oben und merkte schnell, dass Seiji bereits weitergegangen war. Wahrscheinlich hatte der Mistkerl gehofft, dass sie den Sprung nicht überleben würde. Leise fluchend setzte sie sich wieder in Bewegung und eilte ihm nach.
 

Vor den verfluchten Ruinen holte sie ihn wieder ein. Mit nachdenklichem Blick betrachtete er die heruntergekommene Festung, ehe er sich leicht seufzend in Bewegung setzte. Beniko folgte ihm schweigend und ließ ihren Blick ebenfalls über das alte Gemäuer schweifen. Sie spürte ganz deutlich Tsuyoshis Aura in der Festung und zwei weitere, die sie nicht zuordnen konnte.

"Seiji, er ist nicht alleine", übermittelte sie dies sofort ihrem Begleiter, der überrascht seine Augenbrauen hob, aber nichts erwiderte. Beniko ärgerte seine Ignoranz zwar heftig, aber sie hielt sich zurück, ihn nicht sofort wieder wüste Beschimpfungen an den Kopf zu werfen. Schweigend öffnete er das Tor und trat ein.
 

Ohne Umschweife ging er direkt zu dem Raum, wo er schon das letzte Mal auf Tsuyoshi getroffen war. Laut quietschend öffnete sich das Tor und es überraschte ihn fast gar nicht, dass Tsuyoshi tatsächlich auf dem großen Thron saß. Ein Lächeln umspielte seine Lippen und er schien seinen Besuch bereits erwartet zu haben.

"So sehen wir uns wieder", gab er vergnügt von sich und ließ den Blick zwischen Seiji und Beniko hin und her schweifen, "offenbar hat sich euer Begleiter nicht wieder erholt?" Eine tiefe Belustigung spiegelte sich in seinen Augen, woraufhin Beniko wütend die Hände zu Fäusten ballte.

"Ich frage dich ein letztes Mal", setzte Seiji nun an, Tsuyoshis Aussage ignorierend, "wo ist Natsuko?" Tsuyoshis Lächeln erstarb und er sah Seiji missbilligend an. "Selbst wenn ich es wüsste, denkst du wirklich, ich würde es dreckigem Abschaum wie dir sagen?", Tsuyoshi stützte seinen Kopf auf eine Hand und musterte Seiji verächtlich, "du hast sie lange genug schon beschmutzt."

Seiji fletschte vor Wut die Zähne und streckte seine Hand zur Seite aus. Sekunden später erschien wie aus dem Nichts ein Schwert in seiner Hand. Ein silbern-blauer Griff mit aufwendigen Verzierungen zierten das aufwendig verarbeitete Langschwert. Elegant wirbelte Seiji es durch die Luft und Tsuyoshi weitete überrascht seine Augen. "Aber, das ist doch...", murmelte er sichtlich verblüfft und erhob sich nun sogar von seinem Thron.

"Ich dachte, sie wären mit ihrem Besitzer untergegangen und doch sehe ich nun tatsächlich eines der legendären Schwerter der Akasawas wieder", Tsuyoshi betrachtete das Schwert anerkennend und ignorierte Seiji dabei völlig, "offenbar hat er es wohl seinen Söhnen überlassen, dieser elende Masao."

"Lass das lästige Geschwätz", ohne Umschweife stürmte Seiji auf Tsuyoshi zu und verfehlte ihn nur knapp. "Denkst du wirklich, ein Schwert steigert deine Siegeschancen nun?", Tsuyoshi lachte leicht auf und trat einen Schritt beiseite. "Das werden wir ja sehen...", zuversichtlich streckte Seiji wieder den Arm zur Seite und Sekunden später zuckten Blitze um die Klinge.

"Was-...?", brach Tsuyoshi erstaunt hervor und sah Seiji an, als sei er irgendein seltenes Tier. "Nur Reinblütern ist es eigentlich vorbehalten, Elemente für sich zu nutzen. Wie tust du das?", offenbar schien Tsuyoshi völlig seine Fassung zu verlieren, denn von seinem überheblichen Gesichtsausdruck war nichts mehr übrig geblieben.

"Das geht dich einen feuchten Dreck an!", erneut stürmte Seiji auf ihn zu und einige von den Blitzen zerfetzten Tsuyoshis teilweise sein Hemd. "Verfluchter-...", Tsuyoshi wirbelte rum und schlug Seiji mit einer Hand durch den ganzen Raum. Hart schlug dieser gegen die Wand, rappelte sich aber schnell wieder auf.

"Warum hast du deine Kräfte nicht schon letztes Mal gezeigt?", Tsuyoshi verschränkte verärgert die Arme vor der Brust und musterte Seiji ratlos, "dann wäre es deinen Begleitern vielleicht nicht so schlecht ergangen."

Nun warf Beniko auch einen überraschten Blick auf Seiji, als ihr klar wurde, was Tsuyoshi damit sagen wollte. Vielleicht hätte sie gar nicht verletzt werden oder Satoru zurückgelassen werden müssen, aber Seiji tat das letzte Mal nichts dagegen, obwohl er offenbar die Kraft dafür besaß.

"Wie schon gesagt", Seiji fand wieder einen festen Stand und funkelte Tsuyoshi wutentbrannt an, "das geht dich nichts an." Blitzschnell raste er auf ihn zu und streifte ihn leicht mit den Blitzen, die Tsuyoshis Haut leicht versenkten. Dieser holte erneut aus, zielte direkt auf Seijis Herz, doch dieser wich fast schon spielend leicht aus. Verärgert stieß Tsuyoshi ein leichtes Zischen aus und versuchte erneut nach Seiji zu schlagen, doch verfehlte ihn erneut.

"Du mieser...", nun verlor er die Geduld, streckte seine Hand aus und das bekannte Schattenschwert erschien in seiner Hand, "wird wohl Zeit, dass ich dich endlich aus dieser Welt schaffe." Er holte weit aus und kurz darauf zierte ein großer Schnitt Seijis Brust. Schmerzend stolperte er ein paar Schritte zurück und hielt sich kurz die Wunde.

"Du solltest nicht vergessen, dass ich nicht hergekommen bin, um dich zu besiegen", leicht lächelnd richtete Seiji sich wieder auf und sah Tsuyoshi kalt in die Augen, "sondern um dich zu töten." Tausende Blitze stießen aus Seijis Körper und nahmen den ganzen Raum ein.

Beniko flüchtete schnell hinter einen großen Fels, der wohl im Laufe der Zeit von der baufälligen Decke gefallen war. Tsuyoshi wollte auch grade zurückweichen, als die Blitze ihn bereits erfassten. Brennend schnitten sie in sein Fleisch, versenkten seine Haut und er hielt schützend die Arme vor sich. Diesen kurzen Augenblick nutzte Seiji aus, um erneut mit dem Schwert auszuholen.

Als er sich sicher war, Tsuyoshi getroffen zu haben, erklang das laute Klirren von zusammenschlagenden Metall und er riss erschrocken die Augen auf, als er erkannte, was der Grund dafür war.

hidden feelings (versteckte Gefühle)

Schwarze Augen trafen auf strahlend Blaue. Seijis Mund wurde trocken, seine Augen aufgerissen und er starrte sein Gegenüber ungläubig an. Dort stand sie, diejenige, die er die ganze Zeit gesucht hatte und wonach er sich die letzten Tage regelrecht verzerrt hatte. Ihr blondes, langes Haar, dass ausnahmsweise mal nicht wirr von ihrem Kopf abstand, fiel ihr weit über den Rücken, ihr Blick war ausdruckslos, fast schon zornig ihm gegenüber.

"Natsuko...", mehr als ein Flüstern kam ihm nicht über die Lippen. Verkrampft hielt er sein Schwert immer noch fest, das er gegen Natsukos Schlichtes hielt. Als er sein Gegenüber offenbar nun vollständig erkannte, zog er es allerdings schnell weg. Fast schon freudestrahlend trat er einen Schritt nach vorne und packte sie an den Schultern.

"Natsuko", wiederholte er ihren Namen nochmal und konnte sein Glück kaum in Worte fassen. Sie war doch hier und es ging ihr offenbar gut. Die Tatsache, dass sie immer noch ein Schwert gegen ihn erhoben hatte, war für ihn in weite Ferne gerückt. Entweder wollte oder konnte er es in diesem Moment nicht wahrhaben.

Übereifrig nahm er sie in den Arm und zog sie fest an sich. Ein wohliger Schauer durchfuhr ihn und er drückte sie noch ein Stück fester an sich. Normalerweise war er sehr bedacht darauf, nicht zu viel Kraft an ihren zarten Menschenkörper anzuwenden, aber selbst das war ihm in diesem Moment egal. Er war einfach nur erleichtert und glücklich sein Leben wiederzuhaben.
 

Als er grade tief ihren Geruch einsog und über dessen Veränderung ins Stutzen kam, wurde er schon mehrere Meter weggestoßen. Verwirrt konnte er sich nicht einmal fangen und fiel unsanft zu Boden. Nun stand die Verwirrung auch deutlich in sein Gesicht und er sah das Mädchen an, das er so sehr liebte. Sein Mund öffnete sich, aber es kamen keine Worte.

Natsuko wand sich indessen von ihm ab und drehte sich zu Tsuyoshi um. Langsam kniete sie vor ihm nieder und betrachtete ihn besorgt. "Alles in Ordnung, Natsuko", er erhob sich elegant und zog sie dabei mit hoch, "gewöhne dir diese lästige Angewohnheit ab, dich überall einmischen zu wollen."

Verärgert ging er einen Schritt an ihr vorbei und würdigte sie keines Blickes dabei. Dass sie hier aufgetaucht war und Seiji sie zu Gesicht bekommen hatte, bevor er ihn vernichten konnte, ärgerte ihn maßlos. So sehr er auch Natsukos Fürsorge liebte, so sehr hasste er sie manchmal auch.

Natsuko drehte sich nun auch um und sah den Jungen an, der sie zuvor so liebevoll und doch verzweifelt in den Arm genommen hatte. Ihr Kopf begann zu schmerzen bei seinem Anblick. Wer war er? Warum hatte er das getan? Woher kannte er ihren Namen? Die Fragen schwirrten in ihrem Kopf, doch Antworten dazu wollten keine kommen.

Sie musterte ihn nun genauer. Schwarzes Haar, dass ihm nun wirr ins Gesicht fiel, einen Körper, um Frauen schwach werden zu lassen, tiefschwarze Augen, in denen man versinken konnte.

Plötzlich kam sie ins Stutzen. Sie kannte diesen Mann, es war ein unerklärliches Gefühl und doch wusste sie es. Das vor ihr war kein Fremder. Aber woher kannte sie ihn? Ihre Hände gingen fast wie von selbst an ihren Kopf und krallten sich in ihre Haare. Ihr Kopf schien fast zu zerspringen und schmerzerfüllt sank sie auf die Knie.

Sofort sah Tsuyoshi erschrocken zu ihr runter und kniete sich in sekundenschnelle zu ihr runter. "Natsuko, meine Liebe, was ist mit dir?", voller Besorgnis sah er sie an, der Ärger über sie war mit einem Schlag vergessen. "Mein Kopf...", kam es fast wimmernd von ihr und sie drückte ihre Hände fester in ihr Haar.

Sofort verfinsterte sich Tsuyoshis Blick und mit einem leisen Zischen biss er sich in sein Handgelenk, um sein eigenes Blut zu trinken. Schnell hob er Natsukos Kopf und versiegelte ihre Lippen. Das Blut rann ihr die Kehle hinunter und sie sah ihn mit offenen Augen erschrocken an. Langsam löste er sich wieder von ihr und sah ihr prüfend in die Augen.

"Besser?", fragte er schließlich nach, woraufhin sie die Hände wieder von ihrem Kopf nahm. Tatsächlich waren die Schmerzen mit einem Schlag verschwunden und sie sah erst Tsuyoshi an, ehe sie sich wieder zu dem Jungen umdrehte. Mittlerweile war es wieder nur ein Fremder geworden und sie fragte sich, was das grade war.
 

Leise seufzend erhob sich Tsuyoshi, als er sich sicher war, dass sein Blut die gewünschte Wirkung erzielt hatte. Sein Blick traf Seijis, der die Szene schockiert verfolgt hatte. "Was hast du mit ihr getan?", es war nur ein Flüstern, so verzweifelt und zerbrechlich, dass es nur mit Not seine Lippen verließ. "Sie gerettet", kam es nur knapp von Tsuyoshi und er stellte sich schützend vor Natsuko, "nur ich weiß, wer sie wirklich ist." "Wer sie wirklich ist...?", Seiji stand die Verwirrung ins Gesicht geschrieben und er versuchte einen Blick auf Natsuko zu erhaschen, die immer noch auf dem Boden kniete.

"Es hat keinen Sinn dir das zu erklären", Tsuyoshi schüttelte leicht den Kopf und lächelte sogar leicht, "du wirst hier ohnehin sterben. Solange du am Leben bist, kann Natsuko nicht in ihr altes Leben zurückkehren."

Tsuyoshi drehte sich langsam um und hielt Natsuko eine Hand hin, die diese sofort ergriff. Langsam stand sie auf und stellte sich neben Tsuyoshi. Ihr Blick war voller Zuneigung für Tsuyoshi, ein Blick, den sie sonst immer Seiji geschenkt hatte. Dieser begriff sofort und biss die Zähne hart aufeinander, dass es schmerzte.

"Ich verstehe...", flüsterte er dann leise, "also muss ich dich zuerst töten, damit sie ihr wirkliches Leben wieder zurückbekommt?" Seiji hob seinen Blick und zeigte Tsuyoshi ein hämisches Grinsen. Tsuyoshi hob überrascht die Augenbrauen über diesen neuen Kampfeswillen und lächelte nun auch leicht. "Einer muss auf jeden Fall sterben, aber ich werde es nicht sein", lachte er dann spöttisch und stellte sich bereits in Kampfstellung, was Seiji ihm gleich tat.
 

"Nicht!", nun stellte sich Natsuko vor Tsuyoshi und breitete schützend die Arme aus, "warum müsst ihr kämpfen? Wegen mir? Ich verstehe das nicht..." Tsuyoshi gab ein genervtes Knurren von sich und stieß Natsuko leicht beiseite. Ihr Drang, immer allen zu helfen und jeden retten zu wollen, ging ihm grade mächtig auf die Nerven.

"Natsuko...", flüsterte er leise, fast schon bedrohlich, "du weißt sehr wohl, wie stark ich bin und wie leicht ich diesen Wurm dort zerquetschen kann. Warum hinderst du mich also die ganze Zeit daran?" Mit rot glühenden Augen sah er sie an, welche er zum ersten Mal in der Gegenwart der anderen zeigte.

Natsuko krabbelte ein Stück rückwärts auf dem Boden von ihm weg, jagte ihr sein Blick eine unbändige Angst ein. Nur selten hatte sie solch einen Blick bei ihm gesehen und das fast immer, sobald er die Kontrolle über sich verlor. Sie wusste genau, wozu er dann in der Lage war. Zitternd öffnete sie ihre Lippen, aber ihre Stimme versagte. Die mächtige Aura, die Tsuyoshi umgab und nun einzig und allein ihr galt, raubte ihr fast den Atem.

"Warum hängst du so an ihm? Obwohl du ihn nicht kennst, lässt du es einfach nicht zu, dass ich ihn töte. Warum?", sein Blick wurde verzweifelt, seine Augen glühten dennoch weiterhin auf und würde Natsuko ihn nicht besser kennen, hätte sie fast vermutet, dass er den Tränen nah war.

Natsuko griff sich an die Brust und sah getroffen zu Boden. Sie wollte ihm nicht solch einen Schmerz zufügen und doch schien etwas tief in ihr zu schreien, dass sie diesen Fremden beschützen musste, mit allen Mitteln. Sie liebte Tsuyoshi und doch konnte sie es nicht zulassen, dass er diesen Mann tötete. Mit zittrigen Beinen stand sie auf und ging langsam zu Tsuyoshi, der sie weiterhin mit finsteren Blicken bedachte.

"Bitte, Tsuyoshi...", hauchte sie nur, als sie ihn erreichte, "bitte, töte ihn nicht." Tsuyoshis Augen weiteten sich und er sah sie voller Schmerz an. Diese kleine Bitte hatte ihre Entscheidung nur zu offen preisgegeben. Sie wollte Seiji beschützen, selbst wenn sie ihn nicht kannte und sich damit ganz klar gegen ihn stellte.

Er ließ seinen Kopf hängen und plötzlich hoben sich seine Schultern leicht und ein leises Kichern drang aus seiner Kehle, das schnell zu einem schallenden Lachen wurde. Natsuko wich einen Schritt beiseite und betrachte ihn schockiert. Wie ihm Wahn hatte er den Blick gegen die Decke gerichtet und lachte so psychotisch, wie noch nie zuvor. Auch Seiji musterte ihn verwirrt, während Beniko zitternd die Arme um sich geschlungen hatte, aufgrund der bösartigen Aura, die immer noch den Raum flutete.
 

So schnell, wie sein Lachen sich aufgebaut hatte, so schnell verklang es auch wieder. Mit einem ausdruckslosen Blick und einem kalten Lächeln sah er Natsuko an. "Ich gebe dich nicht mehr her. Selbst, wenn du mich hassen solltest und dir nur noch den Tod wünscht. Ich habe zu lange auf dich warten müssen, als dass ich das nun aufgeben werde", langsam beugte er sich zu ihr runter, woraufhin sie verängstigt leicht zurückwich.

Seine Augen verformten sich zu Schlitzen aufgrund dieser Reaktion und er zog sie brutal an sich, sodass sich ihr Gesicht vor Schmerz verzog. Grob drückte er seine Lippen auf ihre, schob seine Zunge ohne Gnade in ihrem Mund. Ihre Fangzähne trafen sich und Natsuko versuchte sich zu befreien, hatte aber keinerlei Chance.

Nach einer Weile löste sich Tsuyoshi von ihr und sah ihr mit roten Augen in ihre blauen. Ihr Blick war glasig, fast den Tränen nah, ihre Lippen feucht. In Tsuyoshis Blick lag tiefer Schmerz und Verzweiflung, welcher aber schnell wieder seinem ausdruckslosen Blick wich. Ohne Vorwarnung hob er seine Hand und schlug ihr hart in den Nacken. Ihre Augen weiteten sich erschrocken, ehe sie zufielen und sie bewusstlos in seinen Armen landete.

"Du Mistkerl!", sofort stürmte Seiji auf sie zu, doch Tsuyoshi hob nur gelangweilt seine Hand und schleuderte ihn mit einer Druckwelle an die Wand. Dann ging er mit Natsuko ein Stück abseits und legte sie dort nieder.

"Nun fehlst nur noch du...", langsam drehte er sich um und ging langsam auf Seiji zu, der sich bereits wieder aufrappelte. "Wenn du nicht gewesen wärst...", seine Stimme war immer noch nur ein Flüstern und er sah Seiji verächtlich an, "dann hätte es nicht so weit kommen müssen." "Hah!", Seiji stand wieder fest auf den Beinen und sah Tsuyoshi spöttisch an, "DU hast sie doch aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen! Du bist schuld an alledem!"

Vor Seiji blieb er stehen und sah ihn kalt an. Seine Hand schnellte nach vorne und er schlug ihm mitten ins Gesicht, wie bei einer herkömmlichen Straßenschlägerei. Seiji schenkte ihn einen verwirrten Blick aufgrund des schlappen Angriffs, während Tsuyoshi gelangweilt schon mit dem Fuß aufholte und ihn mitten in den Brustkorb trat. Seiji hustete leicht und legte nun schützend die Hände vor sich, da er wohl weitere Angriffe erwartete.

"Du bist derjenige, der es nicht versteht", sagte Tsuyoshi schließlich gefährlich ruhig und ersparte sich damit auch den nächsten Angriff, "du kennst sie nicht und versuchst nicht einmal, sie zu kennen." In seiner Stimme klang tiefste Verbitterung und griff nach unten, um Seiji am Kragen zu packen und hochzuziehen. Mühelos hob er ihn auf seine Augenhöhe und sah ihm tief in die Augen.

"Fast tust du mir Leid, dass du in seinen dämlichen Plan mit reingeraten bist", ein leises seufzend von Tsuyoshi, der seinen Griff aber kein Stück lockerte, während Seiji heftig zappelte, "dieser verfluchte Kenzo Hozuki."

Bei dem Klang des Namens hielt Seiji in seiner Bewegung kurz inne. Der Name sagte ihn etwas, aber er konnte ihn nicht zuordnen in diesem Moment. Tsuyoshi ließ ihn auch keine Zeit dafür, denn schon hob er ihn über seinen Kopf und schleuderte ihn hart gegen den Boden. "Aber, es ist nicht zu ändern", sprach Tsuyoshi unberührt weiter, während Seiji kurz die Luft vor Schmerz wegblieb, "ich lasse mir Natsuko von niemanden nehmen."

Mit einem Fuß stieß er auf Seiji Brustkorb und hielt ihn so am Boden fest. In seiner Hand erschien wieder das Schattenschwert und er hielt es direkt über Seijis Herz. "Jetzt entkommst du mir nicht mehr...", Tsuyoshi hob das Schwert und ließ es nieder sausen, als er plötzlich einen Schmerz in seiner Brust spürte.
 

Irritiert ließ er den Blick nach hinten schweifen und sah in große, blaue Augen, die ihn verängstigt ansahen. Für einen kurzen Moment dachte er, es sei Natsuko, doch er erkannte das blonde Wesen schnell, dass Seiji bei sich im Schlepptau hatte und wovon er eigentlich gedachte hatte, er hätte es schon das letzte Mal beseitigt.

"Das ist für Satoru...", raunte sie mit zittriger Stimme und er bemerkte erst jetzt, dass sie ihm Seijis Schwert durch die Brust gerammt hatte. Ein Lächeln huschte über seine Lippen, während er quälend langsam das Schwert aus seiner Brust entfernte. Er bemerkte, wie sein Herz einriss, aber das störte ihn nicht. Die blutige Klinge warf er neben sich und drehte sich zu Beniko um, während er Seiji außer Acht ließ.

"Satoru?", fragte er dann, während er Beniko belustigt ansah. Sie sah Natsuko so verflucht ähnlich, dass er sich sehr beherrschen musste, sie nicht zu lange anzustarren. Beniko wich erschrocken einen Schritt zurück und starrte irritiert auf Tsuyoshis Brust, die stark blutete.

Sie war sich sicher gewesen, sein Herz getroffen zu haben und doch stand er vor ihr, als würde es ihm nicht das geringste ausmachen. Jeder Vampir wäre längst tot oder würde sich zumindest vor Schmerzen krümmen. Das edle Blut des Reinbluts tropfte zu Boden und bildete dort bereits eine kleine Pfütze, während seine Miene nichts von alledem zeigte. Zitternd wich Beniko noch weiter zurück.

Sie wusste genau, dass er sie nun töten würde, da ihr Versuch missglückt war, ihn zu töten. Panik spielte in ihren Augen, während er immer näher kam. Als sie gegen eine Wand stieß und somit nicht weiter zurückweichen konnte, holte er sie ein. Fast schon zärtlich strich er ihr übers Gesicht und griff nach einer Haarsträhne von ihr. Sachte beugte er sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: "Hab keine Angst. Ich werde niemanden töten, der für jemand anderen dasselbe bedeutet, wie Natsuko für mich."

Mit diesen Worten ließ er von ihr ab und lächelte sie fast schon freundlich an, obwohl das wohl der falsche Begriff dafür war, in Anbetracht seiner glühend roten Augen. Beniko sah ihn irritiert an und schien kaum zu glauben, was grade passiert war. Doch noch ehe sie zu einer Antwort ansetzen konnte und ihre Gedanken aussprechen konnte, durchbohrte erneut eine Klinge Tsuyoshis Körper und blieb kurz vor ihrem eigenen zum Stehen.

Irritiert senkte Tsuyoshi den Blick und auch Beniko sah erschrocken auf. Seiji stand hinter Tsuyoshi, sein Schwert fest im Griff, dessen Klinge eigenartig blau leuchtete. "Es ist vorbei...", murmelte er leise und ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen. Tsuyoshi schien kurz nicht begreifen, starrte dann erneut auf die Klinge, bis sich seine Augen vor Entsetzen weiteten. "Nein...", mehr brachte er nicht über seine Lippen, ehe ein brennender Schmerz seinen Körper durchflutete.

Two hearts for one (Zwei Herzen für Eine)

Es war, als würde Lava anstelle von Blut durch seine Adern pulsieren. Schmerzerfüllt sackte er in sich zusammen, sah noch die strahlend blauen Augen des Mädchens vor sich, die ihn schockiert ansah. Er griff sich an die Brust, spürte, wie sein Herz dagegen hämmerte. Sein Atem ging stoßweise, Wellen des Schmerzes raubte ihn fast den Atem und er konnte sich keinen Millimeter mehr rühren, obwohl er alles daran setzte, es zu tun.

Er warf einen leidenden Blick hinter sich und sah das siegessichere Grinsen des Akasawa Sprosses und wusste nur zu genau, dass er keine Chance mehr hatte. "Wie...?", brach er heiser raus und sah in die tiefschwarzen Augen, die ihn fast schon zufrieden musterten.

Dieser hob überrascht seine Augenbrauen, verlor kurz sein Lächeln, nur um es sofort wiederzufinden. Lässig hielt er die blutige Klinge seines Schwertes hoch, die immer noch blau leuchtete. "Ich dachte, du kennst die legendären Schwerter unseres Clanes?", meinte er dann nur, als sei das die Antwort auf alle Fragen.

Nun huschte auch ein Lächeln über Tsuyoshis Lippen und er sah schmunzelnd zu Boden, obwohl der Schmerz in seiner Brust immer mehr anschwoll. "Das ist also deine Lösung...?", er lachte leise auf und ließ seinen Blick zu Natsuko schweifen, die immer noch bewusstlos am Boden lag, nur wenige Meter neben ihm.

Wankend fand er wieder auf seine Füße, was ihn fast die Sinne raubte. Ihm wurde schwarz vor Augen und ein großer Schwall Blut ergoss sich auf den Boden unter ihm. Er erntete überraschte Blicke von Seiji und Beniko, die offenbar nicht damit gerechnet hatten, dass er sich nochmal in Bewegung setzen würde. Mit zittrigen Beinen schleppte er sich zu Natsuko und niemand hielt ihn auf. Alle wussten, dass dies seine letzten Schritte sein würden.

Mit letzter Kraft fiel er vor Natsuko auf die Knie und strich zärtlich über ihr Gesicht. Sie sah fast so aus, als würde sie nur friedlich schlafen, unwissend, was um sie herum geschah. Ein Lächeln legte sich über seine Lippen und er beugte sich zu ihr runter. Sein langes Haar fiel ihr sanft über die Brust und das Gesicht. Hauchzart berührten seine Lippen die ihren und er öffnete diese, um etwas zu sagen. Doch noch ehe ein Wort seine Lippen verlassen konnte, zerfiel er urplötzlich zu Staub, welcher still über Natsuko rieselte.
 

Stille legte sich über den Raum. Beniko starrte schockiert zu der Stelle, an der vor kurzem noch Tsuyoshi kniete und nun nur noch ein Haufen Asche lag. Sie begann zu zittern und schlug die Hände vor dem Mund zusammen. Obwohl er ihr Feind war und Satoru fast getötet hatte, traten ihr unweigerlich Tränen in die Augen.

Die letzten Worte, die er ihr zugeflüstert hatte und wahrscheinlich nur sie vernommen hatte, gaben ihr die Lösung zu dem Rätsel von Tsuyoshi. Und sie gaben ihr auch die Lösung zu Satorus Verhalten. Ihre Brust zersprang fast, als ihr endlich klar wurde, was Satoru für sie empfinden musste, wenn es den Gefühlen von Tsuyoshi nur im Ansatz nahe kam.

Tränen kullerten ihr über die Wangen und ein leises Schluchzen drang aus ihrer Kehle. Sie empfand Mitleid mit ihrem Feind und dafür hätte sie sich selbst schlagen können. Er hatte sie geliebt, so tief geliebt, dass er für sie gestorben war. Blinzelnd drehte sie ihren Blick zu Seiji, der sie ausdruckslos musterte. Offenbar verstand er ihre Tränen nicht oder wollte sie nicht verstehen.
 

Dann sank er plötzlich in die Knie und hielt sich seine Brust. Erschrocken lief Beniko zu ihm und versuchte mit Tränen behangenen Augen in sein Gesicht zu sehen, dass sich leicht vor Schmerz verzogen hatte. Erst jetzt bemerkte sie ein tiefes Loch in seiner Brust, direkt bei seinem Herzen.

"Was...?", mehr brachte sie nicht raus und starrte die Wunde ungläubig an. Sie hatte nicht mitbekommen, wann er so verletzt worden war und war sich zudem eigentlich sicher, dass er nicht so tödlich getroffen wurde. "So schön und gut das Schwert unserer Familie auch ist, so verlangt es stets ein Opfer für seine Tat...", flüsterte Seiji nur leise und gab Beniko damit die Erklärung für die Verletzung. Er hatte sie sich selbst beigebracht, als Opfer für die Macht, um Tsuyoshi zu vernichten.

Nun stiegen noch mehr Tränen in ihre Augen, als ihr das Ausmaß der Situation klar wurde. "Nein...", flüsterte sie leise, "nein...nein...nein!" Sie wiederholte das Wort so oft, dass es in dem großen Saal bereits von den Wänden widerhallte. Verzweifelt packte sie Seiji an den Schultern, betrachtete die Verletzung und überlegte, was sie noch tun könnte.

Seijis Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln und er schüttelte leicht den Kopf. "Lass gut sein, Beniko...", raunte er ihr zu und sah ihr fest in die Augen, "das Opfer ist bereits besiegelt. Du kannst nichts mehr tun..."

Schockiert weiteten sich ihre Augen und sie sah ihn verzweifelt an. So sehr sie ihn auch gehasst hatte, für all seine Taten und sein Verhalten, so wollte sie nicht, dass er solch ein Schicksal ereilte. "Nicht...", sie griff nach seinen Händen, die immer kälter wurden und sah ihn flehend in die Augen.

Seiji ließ seinen Blick von ihr zu Natsuko schweifen, die immer noch ahnungslos am Boden lag. Ein liebevolles Lächeln huschte über seine Lippen, als er sein geliebtes Mädchen sah. Wie gerne wäre er aufgestanden und zu ihr gegangen, aber er hatte bei weiten nicht die Kraft wie Tsuyoshi, um das zu bewerkstelligen.

Plötzlich merkte er etwas Nasses in seinem Gesicht und hob mit letzter Kraft eine Hand zu seinen Augen. Tränen liefen ihm über das Gesicht und er riss erschrocken seine Augen auf. Er wusste nicht, wie viele Jahre es her war, seit er das letzte Mal geweint hatte. Das unbekannte Gefühl ließ ihm die Augen zusammenkneifen, sodass noch mehr Tränen über seine Wangen rollten. Sein Blick wurde schmerzerfüllt und leise weinend haftete sein Blick auf Natsuko.

Er wollte sie nicht verlassen, wollte sie nicht verlieren und schockiert bemerkte er, dass dies wohl auch Tsuyoshis letzten Gedanken sein mussten. Er wusste immer noch nicht, warum er sich so nach ihr verzerrte und welches Geheimnis Natsuko mit sich trug, doch sein letzter Blick und Verhalten, offenbarten ihn, dass er dasselbe gefühlt hatte wie er selbst. Sie beide liebten sie mehr als ihr eigenes Leben.

Seiji wand den Blick von ihr ab und ließ sich nach hinten fallen. Sein Körper versagte, sein Herz schlug schwach gegen seine Brust und ein Schmerz zog sich durch alle Gliedmaßen. Sein Atem wurde flacher und er merkte noch Benikos warme Hand in der seinen. Zumindest war er nicht alleine, stellte er fast schon schmunzelnd in Gedanken fest, auch wenn er sich gewünscht hätte, dass Natsuko seine Hand halten würde.

Er spürte heiße Tränen auf seine Hand tropfen, schaffte es aber nicht einmal, seine Augen noch einmal zu öffnen. Wie in einem schlechten Film lief sein Leben an ihm vorbei, doch es bestand nur aus Szenen mit Natsuko. Wie sie ihn anlächelte, ihn küsste und ihm sagte, wie sehr sie ihn liebte. Für einen Vampir hatte er ein unglaublich kurzes Leben, doch die letzten 2 Jahre hatte er mehr genossen, als er in Worte fassen konnte.

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und versiegenden Tränen in den Augen wurde alles um ihn schwarz. Er nahm nichts mehr wahr. Sein Herz kam zum Stillstand, sein Atem erstarb und doch war er zufrieden mit seiner Entscheidung.
 

Leise schluchzend hielt Beniko die Hand, die nun leblos in der ihren lag. Sie wusste nicht, was sie tun sollte und vor allem, wollte sie jetzt nicht alleine sein. Sie stieß einen gequälten Schrei aus und legte ihren Kopf auf den leblosen Körper vor ihr. Was sollte sie jetzt tun?
 

Sie bemerkte nicht einmal, wie jemand den Raum betrat und ihr sachte eine Hand auf die Schulter legte. Panisch drehte sie sich um und sah in kalte, blaue Augen. Ängstlich wich sie einen Schritt zurück, schrie alles in ihr, dass die Frau, die nun vor ihr stand, eindeutig zu Tsuyoshi gehören musste.

Die Fremde richtete sich wieder leicht auf und sah sich ausdruckslos um. Ihr Blick blieb an Natsuko hängen und sie ging schweigend zu ihr. Dort fiel ihr der Haufen Asche auf, der einst Tsuyoshi war und ihr Blick änderte sich kaum merklich. Doch sie schien sich erstaunlich schnell wieder zu fassen und kniete sich zu Natsuko, um zu prüfen, ob sie noch lebte. Als sie sich dessen bestätigt hatte, drehte sie sich zu Beniko um, die sie immer noch verängstigt musterte.

"Hab keine Angst", erklang die leise Stimme der Frau, "ich werde dir nichts tun." Beniko entspannte sich ein wenig und musterte die Frau nun misstrauisch. Ihr kurzes, weißes Haar, das leicht violett schimmerte und ihr feines Gesicht mit dem ausdruckslosen Blick. Sofort fragte sie sich, wer sie war und was sie hier zu suchen hatte. Wenn sie zu Tsuyoshi gehörte, warum kam sie erst jetzt?

"Mein Name ist Koharu", beantworte sie Benikos stille Frage, "ich bin die Dienerin von Meister Tsuyoshi." Sie warf einen Blick über die Schulter zu den Überresten Tsuyoshis. "Oder besser, ich war es...", verbesserte sie sich sofort.

Ihre Aussage verwirrte Beniko nur noch mehr. Wenn sie seine Dienerin war, dann war sie sicher auf Rache aus und doch meinte sie, dass sie ihr nichts tun würde. "Ich verstehe nicht...", rutschte es Beniko über die Lippen und sie sah das seltsame Mädchen weiterhin irritiert an. Koharu sah ihr lange schweigend in die Augen, ehe sie leise aufseufzte.

"Rache bringt ihn auch nicht zurück und das Schicksal hat er sich selbst zuzuschreiben. Ich wette, so wie es jetzt ist, wird mein Meister am glücklichsten. Sein Verstand wurde schon vor langer, langer Zeit zerfressen. Da konnte auch Natsuko ihn nicht mehr retten...", sie sah Beniko noch kurz wehleidig an, ehe sie sich wieder zu Natsuko drehte, "nimm sie mit. Sie lebt noch und kann noch gerettet werden."

Koharu beugte sich zu Natsuko runter und wischte mit ihren Fingern ein wenig Asche aus ihrem Gesicht. "Ein wenig Blut eines Reinblutes und sie dürfte wieder die Alte werden. Sobald Tsuyoshis Blut neutralisiert ist, erlangt sie ihre Erinnerungen wieder", erklärte Koharu sachlich, fast schon monoton, als hätte sie es bereits tausend mal geübt.

Beniko stand zitternd auf und ging nun auch zu Koharu, während sie noch einen wehleidigen Blick auf Seiji warf, der regungslos am Boden lag. Neben ihr blieb sie stehen und sah auf Natsuko runter. "Warum hilfst du mir?", trotz Koharus Erklärungen wollte ihr Verhalten nicht in Benikos Sinn.

"Tsuyoshis hat sich in seinem Wahn nicht nur selbst zerstört. Er hat andere Menschen mit in den Tod gezogen und verletzt. Er wäre todtraurig, wenn nun auch noch Natsuko zu leiden hätte. Besser sie vergisst ihn und kehrt in ihr altes Leben zurück, das ist meine letzte Pflicht als Dienerin von Meister Tsuyoshi", mit gleichbleibender, monotoner Stimme erzählte Koharu ihr das, ohne sie anzusehen.

Beniko seufzte leise und kniete sich zu Natsuko runter, um sie auf ihre Arme zu heben. Manchmal war sie froh, ein Vampir zu sein und somit die nötige Kraft dafür zu besitzen. Sie warf einen letzten Blick auf Koharu, die immer noch den Blick abgewendet hatte. Mit einem leisen "Danke" wand sie sich von ihr ab und blieb vor Seiji stehen.

Alles in ihr sträubte sich, ihn hier liegenzulassen. Mit zusammengebissenen Zähnen schulterte sie Natsuko auf eine Schulter und hievte den leblosen Körper auf die andere. Wankend stand sie auf und wäre unter dem Gewicht fast zusammengebrochen. Sie biss sich hart auf die Lippen und setzte vorsichtig einen Schritt vor den anderen. Nein, sie würde ihn nicht hier lassen, koste es, was es wolle. Laut atmend schleppte sie sich aus dem Saal und verließ schließlich diesen.
 

Koharu sah ihr nicht einmal hinterher, sondern sank auf die Knie. Vorsichtig griff sie mit ihren Händen in die Asche ihres Meisters und hob eine Hand voll hoch. Leise fielen nasse Tropfen auf diese und verfärbten die feine Asche. "Meister...", es war nur ein Flüstern, ehe sie die Hände voller Asche hob und an ihre Brust drückte.

Ein Windstoß ging durch den Raum, als Beniko offenbar das Ausgangstor öffnete und wirbelte ihre Haare umher. Die Asche wurde vom Wind getragen und verteilte sich innerhalb weniger Sekunden. Koharu ließ ihren Blick zur Decke wandern, Tränen liefen ihr über die Wangen und schließlich wehte auch die Asche aus ihren Händen, als sie diese zaghaft öffnete.

Die Asche ihres Meisters wehte um sie, ein letztes Mal nahm sie seinen Geruch wahr, ehe nichts mehr von ihm übrig war. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie das Schwert nahm, dass Natsuko vor kurzem noch geschwungen hatte und sich nun in ihre Brust bohrte.

Es dauerte nur Sekunden, als ihr schwacher Körper nachgab und eine feine Staubwolke auf sie niederregnete. Ein schwaches Lächeln auf den Lippen und mit Tränen in den Augen hoffte sie, nun wieder bei ihrem Meister sein zu können.

Love until the death (Liebe bis zum Tod)

Sie schleppte sich vorbei an dem alten, rostigen Tor. Vorbei an den bedrohlich brodelnden Pfützen vor dem Anwesen. Weiter durch das immer gleiche Brachland.Das Gewicht auf ihren Schultern zwang sie schmerzhaft in die Knie und doch schleppte sie sich weiter. Nur sie konnte die Beiden jetzt wieder Heim bringen und sie fühlte sich tief im Inneren dafür auch verantwortlich. Ihr Atem ging rasselnd und sie merkte einen leichten Schmerz in ihrer Brust, wohl von der Wunde, die trotz Ichiros Blut noch nicht ganz verheilt war.

Sie warf einen leichten Blick über die Schulter zu Natsuko, die weiterhin friedlich zu schlafen schien und wechselte dann zu Seiji, der mittlerweile immer blasser wurde. Seine Lippen verfärbten sich bereits leicht blau, um seine Augen waren ebenso bläuliche Adern zu erkennen. Nun könnte niemand mehr leichtfertig behaupten, dass er nur schlafen würde. Beniko stieß einen leichten Seufzer aus und ging weiter. Selbst wenn es ihre letzten Kräfte kosten würde, so würde sie es zurückschaffen, da war sie sich sicher.

Sie merkte kaum, wie die Sehnsucht nach dem Rotschopf ihr zu neuen Kräften verhalf und sie es nicht erwarten konnte, ihn endlich zu sehen. Zu sehen, wie es ihm ging und vielleicht sogar ein wenig von ihm getröstet zu werden. Denn nun wusste sie, was er empfand. Wie lächerlich, dass sie das erst durch jemand anderen erfahren musste. Und wie bedauerlich, dass dafür sogar jemand sterben musste. Tiefe Trauer durchströmte sie und sie beschleunigte ihren Schritt weiter.
 

Nur wenige Momente später allerdings riss sie erschrocken die Augen auf und fiel sogar auf die Knie. Die regungslosen Körper fielen von ihren Schultern und rutschen unsanft zu Boden. "Nein...", murmelte sie fassungslos und Tränen der Verzweiflung kämpften sich in ihre Augen.

Sie hatte es völlig vergessen und starrte nun in den schwarzen Abgrund der Schlucht, den sie auch zuvor nur mit Mühe und Not überqueren konnte. Mit zwei nahezu bewegungslosen Körpern könnte sie das nie und nimmer schaffen. Sie wusste nicht einmal, ob sie aufgrund ihrer Erschöpfung es alleine über diese Klippe schaffen könnte.

Entmutigt ließ sie den Kopf sinken und sah auf den staubigen Boden, auf den nun ihre Tränen tropften. War es nun vorbei?
 

Auf einmal huschte ihr Blick zu Natsuko und sie überlegte kurz. Es war ein dämlicher Gedanke, aber wahrscheinlich auch der einzige, der ihr nun noch helfen konnte.

Schnell begann sie an Natsukos Kleidung wühlen und merkte erleichtert, dass sich unter ihrer Kleidung immer noch die Kette befand, die Seiji ihr damals geschenkt hatte und die für solch einen Aufruhr gesorgt hatte. Beniko riss ihr sie fast schon vom Hals und betrachtete den glatten Kristall in ihrer Hand, der schwach schimmerte. Seijis Kraft darin schien auch bereits zu versiegen.

Dieser Kristall war dazu da, damit Natsuko Seiji rufen konnte und doch drückte sie ihn nun fest an ihre Brust und dachte an Ichiro. Er war sein Bruder, ihre Kräfte ähnelten sich und sie setze alle ihre Hoffnung darin, dass er irgendetwas spüren würde. Selbst ein Hauch würde reichen, damit er verstehen würde. Ichiro würde sofort verstehen, da war sie sich sicher. Sie drückte den Kristall noch fester an sich und rief sich Ichiros Gesicht vor Augen.

Innerlich hatte sie Angst, dass er wütend auf sie sein würde, weil sie einfach gegangen war und nun mit seinem toten Bruder zurückkommen würde. Was würde passieren, wenn er ihr die Schuld dafür geben würde? Sie war sich sicher, dass ihr letztes Stündchen dann geschlagen hätte. Trotzdem hoffte sie darauf, dass ihr Plan funktionierte, auch wenn das vielleicht ihr letzter sein sollte.
 

Auf einmal hörte sie ein leises Knacken und sah erschrocken nach unten. Der Kristall bekam leichte Risse, wohl weil kaum noch Kraft in ihm schlummerte, war sein Besitzer nicht mehr am Leben. Noch immer konnte sie Ichiros Aura nicht erkennen, obwohl sie ihn meilenweit gewittert hätte. "Nein, verdammt...", fluchte sie leise und presste ihn nochmal an sich, konzentrierte sich, aber dann geschah es.

Mit einem lauten Knall zerbarst der Kristall in ihren Händen und ein grünliches Licht schwirrte für wenige Sekunden um sie, bis es verschwand. Fassungslos sah Beniko dem Licht hinterher, ehe sie in sich zusammensackte. Das war's. Es war vorbei. Mehr konnte sie nicht mehr tun.

Verzweifelt legte sie die Arme über ihre Augen und schluchzte leise. Nicht einmal das hatte sie also alleine geschafft und mit einem Mal fühlte sie sich unglaublich nutzlos.
 

Als ihr allerdings jemand sachte eine Hand auf die Schulter legte, drehte sie sich erschrocken um und sah in tiefschwarze Augen. Einige Raben flogen von ihm weg und verschwanden schließlich im rot-schwarzen Himmel. Ichiro sah ihr kurz in die Augen, wand sein Blick dann allerdings kurz zu Natsuko, ehe er an Seiji hängen blieb.

Schweigend kniete er sich zu diesem runter und betastete ihn kurz. Beniko vernahm ein leises Seufzen und bekam langsam Angst, warum er nichts sagte. Sollte er ihr die Schuld geben, dann würde sie zumindest noch etwas sagen wollen, aber so wie Ichiro sich benahm, lief es eher darauf hinaus, dass er ihr wortlos den Kopf abreißen würde.

Ichiro erhob sich wieder und kam langsam auf Beniko zu, die verängstigt ein Stück zurückwich, woraufhin er irritiert seine Augenbrauen zusammenzog. Er streckte die Hand nach ihr aus und Beniko kniff die Augen zusammen, in der Annahme, dass ihr letztes Stündchen nun geschlagen hatte.

Als nicht geschah, öffnete sie ihre Augen allerdings wieder zögerlich und sah direkt in Ichiros verwirrten Augen, der sie musterte, als sein sie geistig verwirrt. Peinlich berührt griff sie nach seiner Hand, welche offenbar nur eine Geste war, ihr aufzuhelfen. Mit einem Ruck zog er sie nach oben und was danach geschah, ließ ihr den Atem stocken.

Zärtlich nahm er sie in den Arm und drückte sie fest an sich. Sein Geruch stieg ihr in die Nase, sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr und seine langen Haare an ihrem Gesicht. Irritiert versuchte sie einen Blick nach hinten zu werfen, hatte sie mit allem gerechnet, aber nicht dieser Reaktion.

"Zumindest du lebst noch...", flüsterte er leise, löste sich dann von ihr und sah ihr tief in die Augen. Beniko verstand die Situation gar nicht. Ihren Meister so zu sehen, war ihr fremd und sie fühlte sich auch nicht ganz wohl dabei, wusste sie nicht, wie sie darauf reagieren sollte.

"Ichiro...Herr...", ihre Stimme brach, als sie nicht die richtigen Worte fand. "Erzähl es mir später", Ichiro schüttelte leicht den Kopf und ließ sie los, um zu Seiji zu gehen, "lass uns erstmal von hier verschwinden." Mit Leichtigkeit legte Ichiro Seiji über seine Schulter und ging dann zu Natsuko, um diese über seine andere zu legen. Sein Blick veränderte sich kurz, als er merkte, dass sie noch lebte. Sofort merkte er ihren veränderten Geruch und verzog sein Gesicht.

Allerdings schwieg er und ging zurück Beniko. Er packte sie mit einer Hand an den Schultern und binnen weniger Sekunden waren sie verschwunden.
 

In der Festung angekommen ging er schweigend die Stufen nach oben. In der Eingangshalle waren einige Vampire, die ihm interessiert und ehrfürchtig nachsahen. Beniko folgte ihm eilig und warf nervöse Blicke zu den anderen Vampiren. Ichiro ignorierte die Blicke allerdings und ging zielstrebig zu seinem Zimmer.

Dort legte er Seiji auf die Bank und Natsuko lehnte er an eine Wand. "Beniko?", erhob er schließlich seine Stimme und brach damit die erdrückende Stille. "J..ja?", kam es nur stotternd von ihr und sie sah ihren Herr erwartend an. "Bring Natsuko bitte weg", seine Stimme war mit einem Mal kalt und er würdigte Natsuko nicht einmal eines Blickes.

Erst jetzt wurde Beniko klar, wem Ichiro die Schuld an alledem gab und fürchtete augenblicklich um Natsukos Leben. Da er sie aber sogar bis hierher geschleppt hatte, war diese wohl vorerst außer Gefahr. Beniko wollte grade zu Natsuko gehen, um sie erneut hochzuheben, da kamen ihr Koharus Worte in den Sinn. Damit Natsuko wieder zu ihrem Gedächtnis fand, bedarf es Blut eines Reinblutes. Sofort warf sie einen Blick auf Ichiro, der sich nun umdrehte, da Beniko immer noch da war.

Er warf ihr einen verärgerten Blick zu, wohl weil sie seinem Befehl immer noch nicht Folge geleistet hat. "Natsuko muss das Blut eines Reinblutes trinken...", stammelte Beniko, ohne die nötige Erklärung zu geben. Ichiros Gesicht verfinsterte sich noch weiter und sein Blick traf nun Beniko, die offenbar nun Ziel seines Zorns war. "U..um...Tsuyoshis Blut zu neutralisieren...", sprach Beniko nun unbeholfen weiter und wand den Blick ab.

Ichiro stieß einen leisen Seufzer aus und schien allmählich zu verstehen, was Beniko mit ihrem Gestammel meinte. "Das mache ich später. Sie wird so schnell nicht aufwachen...", grummelte er schließlich und winkte mit der Hand, dass Beniko endlich verschwinden sollte.

Diese wollte seine Nerven nicht noch mehr strapazieren und schulterte endlich Natsuko, um den Raum zu verlassen. Ein leises Klicken der Tür symbolisierte Ichiro, dass er endlich alleine mit Seiji war.
 

Leise ging er zu Seiji, kniete sich zu ihm runter und legte seinen Kopf auf die alte Holzbank. Nachdenklich sah er in das leblose Gesicht und spielte geistesabwesend mit einer Haarsträhne Seijis. "Du hast das Schwert benutzt, was...?", murmelte er vor sich hin, obwohl er keine Antwort bekommen würde, "du Dummkopf."

Er seufzte leise und betrachtete schweigend das Antlitz seines Bruders. Wie viele Jahre hatte er damit verbracht, ihn zu suchen? Wie oft hatte er sich für seine Tat gegrämt, die ihm diesen Hass von ihm einbrachte? Und nun hatte er nie mehr die Chance, das wieder gutzumachen. Seiji war mit Hass zu ihm ins Grab gegangen und diese Tatsache ließ sein Herz schmerzhaft zusammenziehen.

Ihm war nie etwas wichtig gewesen in seinem Leben. Er verehrte seinen Vater und er liebte seinen Bruder. Er hatte so viele Jahre auf die Geburt von ihm gewartet und ihn behandelt wie seinen wertvollsten Schatz, als es endlich soweit war. Doch nun hatte man ihm diesen genommen. Nach grade einmal 50 Jahren wurde es ihm wieder entrissen und er verspürte einen tiefen Zorn in seiner Brust. Zorn gegen das Mädchen, dass ihm seinen Bruder genommen hatte und er musste sich stark beherrschen, um nicht sofort aufzuspringen und ihr jämmerliches Herz aus ihrer Brust zu reißen.

Er holte tief Luft, um sich ein wenig zu beruhigen und betrachtete stattdessen wieder seinen leblosen Bruder. Mit einem Schlag wusste er nicht mehr, was er nun tun sollte. Als sei sein ganzer Lebensinhalt die Suche und der Schutz seines Bruders gewesen. Als hätte alles davor nicht existiert. Eine tiefe Leere machte sich in ihm breit und er bemerkte nicht einmal, dass Tränen ihm über das Gesicht liefen.

In seinem ganzen Leben und das waren mittlerweile ein halbes Jahrtausend, hatte er noch nie geweint. Einzig der Tod seines Bruders verleitete ihn zu solch einer Schwäche und er hatte nicht einmal die Kraft, um die lästigen Tränen wegzuwischen. Still betrachtete er seinen Bruder, bis er die Augen schloss und für einen kurzen Moment auf sein eigenes Ende hoffte.
 

Beniko hatte indessen Natsuko auf ein Bett gelegt und betrachtete sie kurz. Sie fragte sich, was für ein Geheimnis sie umwarb. Warum war sie mit Tsuyoshis gegangen? Woher schien sie ihn zu kennen? Es war für einen Menschen unmöglich, einfach so ein Reinblut zu treffen und dann sprach sie auch noch von Verlobung.

Leise seufzend wand sich Beniko ab. Es brachte nichts, darüber nachzudenken, waren die einzigen, die etwas dazu sagen konnten, bereits tot oder bewusstlos.

Sie verließ leise das Zimmer und sah sich kurz im Gang um. Eigentlich musste sie zurück zu Ichiro, doch alles in ihr verlangte, zu Satorus Zimmer zu gehen. Nachdem sie kurz mit sich gerungen hatte, eilte sie schließlich doch in Satorus Richtung. Sie wollte ihn sehen, nein, sie musste ihn einfach sehen!
 

Atemlos blieb sie vor dem Zimmer stehen, holte tief Luft, ehe sie es öffnete. Ihr Augen weiteten sich, als sie das leere Bett sah und den schwachen Geruch von Blut in der Luft. Wo war er?

Verwirrt sah sich Beniko in dem Zimmer um, aber von Satoru war keine Spur. In dem Zustand, wo sie ihn zuletzt gesehen hatte, wäre er kaum einen Schritt weit gekommen und nun war er weg? Wie konnte das sein? Verzweifelt lief sie zu dem Fenster, das offen stand, als würde sie dort Satoru erblicken, aber natürlich war dort auch niemand. Sie ließ ihren Blick über die Gegend schweifen, aber seine roten Haare waren nirgends zu erkennen.

Frustriert krallte sie sich an die Fensterbank und sah getroffen nach unten. Dabei wollte sie endlich mit ihm reden. Endlich fühlte sie sich bereit dafür, sich ihm und der Vergangenheit zu stellen. Leise seufzend wand sie sich von dem Fenster ab und verließ das Zimmer. Sie würde ihn schon bald sehen, zumindest dachte sie das. Wusste sie zu dem Zeitpunkt nicht, dass dies nicht der Fall sein würde.
 

Als Beniko das Zimmer von Ichiro betrat, saß dieser schweigend neben Seiji und sah auf diesen. Als er ihre Präsenz merkte, wischte er sich kurz über die Augen und stand auf. Leise ging er an Beniko vorbei und murmelte ein kurzes: "Ich gehe zu Natsuko." Dann verließ er das Zimmer und Beniko sah ihm unschlüssig hinterher.

Sie konnte in seiner Stimme nicht erkennen, ob er zu ihr ging, um sie aufzuwecken oder für immer schlafen zu legen. Allerdings traute sie sich auch nicht, ihm hinterher zugehen und seufzte leise. Sie musste seine Entscheidung akzeptieren und hoffte innerlich, dass Ichiro Erbarmen mit Natsuko zeigen würde.
 

Ichiro öffnete leise die Tür, wo er Natsuko witterte. Ihr neuer Geruch machte ihn fast wahnsinnig, kam er ihm so vertraut vor. Allerdings nicht im positiven Sinne und als er die Tür hinter sich schloss, warf er Natsuko einen leicht angewiderten Blick zu. Sie stank regelrecht nach diesem verhassten Geruch.

Vor ihrem Bett blieb er stehen und verschränkte die Arme. Er wollte ihr am liebsten das Herz aus der Brust reißen, dieses nutzlose Stück Fleisch, wofür sein Bruder sein Leben gelassen hatte. Allerdings hielt eine kindliche Naivität ihn davon ab, es zu tun. Er wusste nicht wieso, aber er hatte Angst, dass sein Bruder ihn dann auch in seinen Tod noch hassen würde, sollte er Natsuko auch nur ein Haar krümmen.

Leise seufzend ließ er sich auf die Bettkante fallen und sah in ihr schlafendes Gesicht. Wurde Zeit, die Prinzessin mal aufzuwecken und sie mit der harten Realität zu konfrontieren. Routiniert biss er sich in sein Handgelenk, bis Blut auf das Bettlaken tropfte und hielt es schließlich vor Natsukos Mund. Einige tropfen fielen auf ihre Lippen und ihr Mund öffnete sich einen Spalt, in den das Blut floss.

Sofort riss sie ihre rot glühenden Augen auf und griff gedankenverloren nach Ichiros Handgelenk, der aufgrund Natsukos Verwandlung überrascht die Augenbrauen hob. Das einst menschliche Mädchen so zu sehen, war selbst für ihn ungewohnt.

Natsuko schien schnell wieder zu sich zu kommen und ließ erschrocken Ichiros Handgelenk los, der es fast schon angewidert wegzog. Hastig leckte er sich das restliche Blut weg, während die Wunde sich bereits wieder schloss. "Guten Morgen, Prinzessin", meinte er verstimmt in einem sarkastischen Unterton.

Natsuko warf einen verwirrten Blick in den Raum, während sie sich das Blut von Mund wischte und sah schließlich direkt in Ichiros Augen. "Was ist passiert?", fragte sie schließlich verwirrt. Sie schien die Ruhe selbst zu sein, was Ichiro in Rage versetzte. Ungehalten stand er auf und ging zur Tür. "Komm mit!", zischte er und verließ den Raum. Natsuko sah ihn verwirrt hinterher, aufgrund seines Stimmungsumschwungs, folgte ihn dann aber zögerlich.
 

Auf dem Flur holte sie ihn schließlich ein und folgte ihn mit einem leichten Abstand. Sie traute sich nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Vor seinem Zimmer blieben sie stehen. Ichiro warf ihr noch einen letzten, vernichtenden Blick zu, ehe er die Tür öffnete und sie eintreten ließ.

Sofort fiel ihr Blick auf Seiji, der auf der Bank lag. Daneben hockte Beniko und sah sie erschrocken an. Schnell wich sie von seiner Seite, um Natsuko Platz zu machen. Diese stürmte regelrecht zu ihm und ließ sich unsanft auf die Knie fallen.

Ihr Kopf schwirrte noch etwas und doch erkannte sie Seiji endlich. Sie erinnerte sich nun an die Situationen, als er ihr auf einmal fremd war und wusste, dass es Tsuyoshi war, der ihr Gedächtnis so manipuliert hatte.

Sie streckte ihre Hand nach seinem Gesicht aus und zuckte kurz zurück, als sie merkte, wie kalt es war. Als hätte sie Eis angefasst, doch sie legte dennoch ihre Hand auf sein Gesicht und streichelte es liebevoll. Beiläufig merkte sie, wie sich bereits Tränen in ihren Augen sammelten, als ihr der Ernst der Lage bewusst war.

Seiji schlief nicht, er war auch nicht einfach nur schwer verletzt und bewusstlos. Nein, der Körper vor ihr hatte nicht den Hauch von Leben mehr in sich.

Ein leises Schluchzen drang tief aus ihrer Kehle und sie legte den Kopf auf seine kalte Brust. Sein warmer, weicher Körper war kalt und starr, was ihr nur noch mehr Tränen in die Augen trieb. "Seiji...", hauchte sie verzweifelt, auch wenn es sinnlos war. Er würde ihr nicht antworten, ihr nie mehr antworten.

Sie hob ihren Blick und sah in sein Gesicht, das Gesicht, dass sie so sehr liebte. Die letzten Tage kamen ihr wie ein Traum vor und sie versuchte sich krampfhaft zu erinnern, was passiert war. Ihre Erinnerungen überlagerten sich und sie wusste nicht mehr, was nun wahr oder falsch war.

Sie erinnerte sich an jede Einzelheit, die sie mit Seiji verbracht hatte und doch erinnerte sie sich auch an Tsuyoshi und was sie mit ihm verband. Auf einmal war dort ein tiefer Drang, zu erfahren, was mit Tsuyoshis passiert war, aber sie traute sich nicht zu fragen. Alleine die Tatsache, dass sie nun hier war und nicht bei ihm, war schon Antwort genug. Tsuyoshi hätte sie nie gehen lassen, nur über seine Leiche.

Diese Tatsache ließ sie erneut aufschluchzen, obwohl sie es ungerecht gegenüber Seiji empfand. Zwei Seelen in ihrer Brust stritten sich darüber, wer die Vorherrschaft haben sollte. Die eine betrauerte den leblosen Körper vor sich, die andere wollte zurück zu Tsuyoshis. Verzweifelt legte sie sich wieder auf Seiji und schluchzte nun hemmungslos. Nicht nur, dass sie ihren Liebsten verloren hatte, so konnte sie nicht einmal alle ihre Gedanken ihm alleine widmen. Denn sie trauerte auch um Tsuyoshi.
 

"Wir wollten doch die Ewigkeit miteinander verbringen...", murmelte sie nun eng an Seijis Brust und wusste mittlerweile nicht mehr ein und aus. Was sollte sie tun? Einfach weiterleben, als sei nichts passiert? Zurück in den Alltag? Nein, das konnte sie nicht. Alleine schon, weil ihr Körper nicht mehr derselbe war. Sie war kein Mensch mehr und sie fühlte sich dieser Tatsache ohne Seiji an ihrer Seite nicht gewachsen.

"Für deine Liebe, gebe ich dir mein Leben...", murmelte Ichiro plötzlich geistesabwesend, während er an die Decke starrte. Dann wanderte sein Blick zu Natsuko, die ihn verwundert anstarrte und sein Blick wurde kalt und abschätzig. "Damit wurde doch genau das erreicht, was ihr euch versprochen habt", kam es spöttisch von ihm und wenn Blicke töten könnten, dann wäre Natsuko in diesem Moment tot umgefallen.

Erschrocken hielt Natsuko sich die Hände auf den Mund und sah getroffen zu Boden. Ja, Seiji hatte sein Leben gegeben für ihre Liebe. Er hatte sich geopfert, damit sie ihn nicht vergisst, damit sie seine Liebe zu ihm nicht vergisst. Alles andere war ihm egal geworden. Ob sie die Ewigkeit teilten, ob er mit ihr zusammen lebte, ob er überhaupt lebte. Erneut rannen Tränen über ihr Gesicht, als ihr all das klar wurde. Seiji hatte sich bis zur letzten Sekunde an ihren Schwur gehalten.
 

Weinend brach sie auf den Boden zusammen, während Ichiro sie ungerührt dabei beobachtete und Beniko sich sehr zusammenreißen musste, um sie nicht zu trösten. Eine Liebe bis zum Tod, nun hatte auch sie die Tiefe dieses Schwurs verstanden. Doch die unausweichliche Tatsache war nicht mehr zu ändern. Sie hatte sein Leben bekommen, er ihre Liebe.

The night falls for me (Die Nacht fällt für mich)

Kalter Schnee fiel auf ihre Haut, doch sie spürte die Kälte nicht mehr. Dieser Körper fror nicht mehr und es hatte lange gedauert, bis sie sich daran gewöhnt hatte. Ihr Blick fiel auf die Universität, die sie einst besuchte.

Ein halbes Jahr war es her, seit sie sich noch hierher gequält hatte. Hier hatte sie mit ihrem besten Freund gelacht, ihr Liebster hatte sie begleitet, gefolgt von tausenden, neidischen Blicke. Doch das war vorbei. Es würde nie mehr so werden, wie es einst war.

Sie stieß ein leises Seufzen aus und wand sich ab. Der Schnee knirschte unter ihren Schuhen und kleine, weiße Wölkchen bildeten sich vor ihrem Mund. Die Menschen, an denen sie vorbeikam, schauten sie verwirrt an, lief sie in viel zu leichter Kleidung für dieses Wetter rum. Doch das war ihr egal, wie ihr mittlerweile vieles egal geworden war.

Sie musste leben, obwohl sie das nicht wollte. Sie war es ihm schuldig, hatte er sein Leben dafür gegeben, damit sie hier nun stehen konnte. Ihre Hände vergruben sich tief in ihrer Hosentasche und sie stapfte mit gesenkten Haupt weiter. Wie sehr sie die Tage vermisste, wo sie sich einfach nur in den Schnee hätte legen müssen, um jämmerlich zu erfrieren.

Ihre Gedanken machten ihr zu schaffen und sie wünschte sich, dass er bei ihr wäre, um sie davor zu bewahren. Doch sie schüttelte sofort den Kopf. Alleine diese Gedanken waren falsch, war sie schließlich schuld an alledem. Leicht seufzend ging sie durch den Schnee, durch den Sonnenuntergang, der ihr die verlockende Nacht einläutete. Die Nacht, zu der nun auch sie gehörte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Note: Ich habe versucht, mir die Kritik ein wenig zu Herzen zu nehmen und ein paar Absätze eingebaut. Da dies schon immer meine Schwäche war, weiß ich allerdings nicht, ob mir das so wirklich geglückt ist.
Danke aufjedenfall für eure Aufmerksamkeit! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Der Moment, wenn man sich eigentlich einen Vorrat anhäufen möchte, für den "Fall der Fälle" und sich dann dabei ertappt, es doch zu veröffentlichen. Ist bekannt, oder? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, sorry, ein kurzes Kapitel für Zwischendurch. Ichiro möchte ich gerne erst im nächsten Kapitel einführen. ^^ Und für alle, die jetzt entnervt aufstöhnen und sich sagen: "Wieso werden die alle als soo schön bezeichnet?" Ja, Vampire sind in meiner Geschichte leider von auffallender Schönheit und es kamen bisher fast nur Vampire vor. Tut mir Leid...xD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ach, Ichiro, ich mag den kleinen Mistkerl. Dürfte einfach zu erraten sein, wer er ist, oder?
Irgendwie entwickelt sich mein "Jede Woche ein Kapitel" in ein "Jeden Tag eins", ob ich das durchhalte? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hatte erstaunlich viel Freude mit Ichiro, als ich das Kapitel geschrieben habe. Vielleicht ging es ja noch jemanden so? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, tut mir Leid, klein Naivling Natsuko ist wieder voll in ihrem Element. Ich konnte es mir nicht verkneifen. ^^' Ichiros Szenen machen mir unerwartet am Meisten Spaß zu schreiben. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Manchmal habe ich das Gefühl, Dinge viel zu spät aufzuklären. Es mag an manchen Stellen unlogisch und unbegreiflich sein, wie die Charaktere handeln, aber ich verspreche, dass sich das noch aufklärt. ^^' Ich habe wirklich Probleme mit romantischen Szenen, deswegen versuche ich mich auch immer aus meiner Komfortzone zu begeben und hoffe, es kommt einigermaßen rüber, was ich vermitteln möchte. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Als ich angefangen hatte zu schreiben, war der Plan eigentlich nicht, Natsuko zu so einer Heulsuse zu machen, aber irgendwie bringe sie trotzdem ständig zum heulen. Ich muss da definitiv besser drauf aufpassen, hab ich das Gefühl...
Ein kleines Kapitel für Zwischendurch, bevor ich den vorerst letzten (wichtigen) Charakter einführe. ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Irgendwie ist es mir früher nicht aufgefallen, dass sich das Ganze stellenweise wie so ein billiges Dating Spiel liest. xD Ich beteuere, das ist absolut unbeachsichtig!
Endlich tritt Satoru auf! Ohne jetzt zu viel eigene Meinung einzubringen, aber er war früher einer meiner absoluten Lieblingscharaktere. ^^' Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Puh, ein ziemlich langes Kapitel für meine Verhältnisse...^^' Ich habe ein paar Erklärungen und Hintergrundinfos eingestreut. Keine Sorge, es kommen nach und nach mehr. Langsam bekommen die "Nebencharaktere" auch ihre Auftritte. Ich denke, nur die ganze Zeit Seiji und Natsuko wären schließlich auch irgendwann öde. Bald wird es dann auch mal etwas "ruhiger". ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Gönnen wir ihnen mal eine kurze Pause, ich denke, das haben sie bitter nötig. ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Der versprochene Alltag. ^^ Natürlich ist Natsuko kein eingesperrtes Püppchen...naja...vielleicht doch...mh...xD Lebhafte Charaktere gehen wir irgendwie schwer von der Hand. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Eigentlich war für dieses Kapitel ein Cliffhanger geplant, aber dafür hätte ich noch ein gutes Stück weiterschreiben müssen. Das Kapitel kam mir, für meine Verhältnisse, aber schon lang genug vor. (ich weiß, bei manchen sind 1 Kapitel so lange wie 3 von mir, aber trotzdem...xD) Ich dachte, ich gehe mal ein wenig auf die Ernährungsfrage ein, auch wenn natürlich noch einige Sachen unklar sind. Stück für Stück....
Ab den nächsten Kapitel (das war meine letzte "Vorarbeit") versuche ich die Hinweise und Kritiken ein wenig im Hinterkopf zu behalten. Ich danke euch wirklich sehr dafür! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hatte lange überlegt, was und wie ich die Versammlung machen sollte, hab mich nun aber entschlossen, sie zu teilen. ^^ Hoffe das ist okay so. Auch hab ich versucht weniger Dialoge, sondern mehr Beschreibungen zu machen. Ich denke nicht, dass es mir schon besonders gut gelungen ist, aber...was soll's. :D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Puh, ein sehr Dialoglastiges Kapitel, tut mir Leid. Aber, es ist nunmal eine Verhandlung, da wird viel gesprochen. ^^' Ich hab mich ein wenig schwer mit dem Kapitel getan, ich hoffe, es ist trotzdem aktzeptabel. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Mal etwas kurzes für "Zwischendurch". ^^ Das nächste Kapitel scheint, nicht wirklich schwer zu erraten, von Satoru zu handel. Hab mich an dieser Stelle für einen Cut entschieden, da ich dem persönlich relativ hinfieber und mir da ein wenig Zeit lassen möchte. :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Vorweg: Ich bin sehr, sehr grob auf Satorus Geschichte eingegangen, da er noch eine eigene Sidestory bekommt und ich nicht zu viel vorweg nehmen wollte. Außerdem ist er hier ja auch kein Hauptcharakter. ^^' Hoffe, es mag noch jemand den Rotschopf. :P
Ich bin nicht ganz zufrieden mit dem Kapitel, aber naja...
Update: 1. Kapitel zu der Sidestory nun online! Mit dem Klangvollen Namen "My light" (naja...). Schaut gerne mal vorbei! :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hat Spaß gemacht, mal aus Seijis Augen zu schreiben. ^^ Einmalige Sache oder bitte mehr davon? :D Freue mich auf Feedback.
P.S.: Kleine Werbung am Rande (versprochen, die letzte), die Sidestory "My light" ist nun auch gestartet, die von dem Rotschopf Satoru handelt. Gerne mal bei Interesse reinschauen! Danke! :)
P.P.S: 11 Favoriten...ich bin so verdammt glücklich (auch wenn es für manche nur "Lesezeichen" sein sollten xD) Vielen, lieben Dank an euch! Ich fühle mich geehrt. :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Soo, das (vielleicht) erstmal letzte Kapitel für die Woche (außer ich schaffe morgen o. übermorgen noch eins nach der Arbeit...^^'). Von Do-So bin ich nämlich auf der LBM. Hoffe, ihr nehmt mir die kurze Auszeit nicht übel. :)

Auch hoffe ich, ich habe nicht mit zu viel Verwirrung um mich geworfen. Bin gerne gespannt auf Vermutungen, Spekulationen und Diskussionen. xD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Soo, die Pause ist vorbei und gemein wie ich bin bekommt ihr: ein Zwischenkapitel! xD I'm sorry. Ich muss mir nun alle Spinnenweben greifen und sie zu einem großen Netz verspinnen, mal sehen, wie es wird. ^^ Danke für eure Geduld!

P.S.: Ich wurde alle 5min von irgendjemanden gestört bei dem Kapitel, hoffe es ist nicht allzu schlimm geworden, die nächsten Kapitel werden wieder sorgfältiger...^^' Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Okay, wird Zeit den Ball ins Rollen zu bringen. ;) Hab mal eine kleines Brainstorming gemacht, was noch alles kommt und, wow...es geht langsam, aber sicher, auf den Showdown zu. Aber eine Weile wird es noch weitergehen...^^
Seiji ist nun wild genug? :P Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
I'm sorry, dass es so lange dauert mittlerweile. (obwohl "lange" relativ ist...xD) Hab unheimlich viel Stress in der Schule und die Sidestory möchte ja auch Zuwendung. :P Es wird ein wenig blutiger, aber hält sich ja noch im Rahmen (ist schließlich eine Vampirstory). xD Das nächste Kapitel wird...interessant. :P Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Die Sache kommt allmählich ins Rollen und nähert sich dem (vorläufigen) Ende. ^^ Bin gespannt, wie die Reaktionen ausfallen werden. Irgendwie mag ich Tsuyoshi...xD (Antagonisten-Liebe x3)
Hab bei dem Kapitel unglaublich viel geändert im Vergleich zur Ursprungsgeschichte. Finde sie nun aber bedeutend besser...xD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Huch, ich dachte, das Kapitel würde viel zu kurz werden und nun ist es (für meine Verhältnisse) doch recht groß geworden. ^^ Man, hab ich mir den Kopf zerbrochen, wie ich es am blödesten mache. Mittlerweile lässt sich die Story hier nämlich kaum noch mit der Ursprungsstory unter einen Hut bringen.
Mein Zeitplan ist ein wenig im Arsch, ich weiß. Hab unglaublich wenig Zeit momentan, aber das wird bald besser. :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hab gemerkt, wie schlecht ich bei Kampfszenen bin...xD Ups. Wenn ich alles nochmal durchgehe, muss ich das wohl nochmal etwas besser überdenken. Mir persönlich brach das Herz bei den ganzen Satoru Szenen, mein armer Kleiner. Ein kleiner Vorgeschmack auf Natsuko ist auch schon da. ;) Na? Schon Vermutungen?

Ich habe soo viele Ideen momentan im Kopf...q.q' Ich könnte direkt 2 weitere FF schreiben, aber ich hab hier und mit der Nebenstory noch genug zu tun. xD Schenkt mir Zeit! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Bevor es mit der Story richtig weitergeht und allmählich auch zu Ende, gibt es ein kleines "Gedanken-Kapitel". Ich hoffe, es gefällt und bringt vielleicht ein wenig Klarheit in der ein oder anderen Angelegenheit. ^^

Kurze Info: Die Uploads werden nun nicht mehr täglich sein (was ja in letzter Zeit auch nicht mehr wirklich geklappt hat), sondern so mind. 1-2 die Woche. Der Grund ist eigentlich ganz einfach und zwar habe ich meine 2. Leidenschaft, das Zocken, wieder aufgenommen. Mit täglichen Uploads schaffe ich das natürlich nicht. Hoffe, dass ist okay so und vielleicht gönne ich euch so auch ein wenig Ruhe vor der teilweisen "Flut", die hier angespült wurde. ^^

Die nächsten Kapitel werden dann, hoffentlich, auch wieder länger. Ich habe nach wie vor Lust und Motivation, keine Sorge! ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Okay, ja...steinigt mich nicht, ich weiß, die Story sollte langsam vorran getrieben werden und was gebe ich euch? Einen Rückblick! xD Es kam mir aber wichtig vor und ehrlich gesagt, könnte ich eine weitere Sidestory zu Tsuyoshi und Natsuko schreiben. Bestände daran Interesse? Eher nicht, oder? xD
Danach geht's aber wirklich auf das Finale zu, obwohl ich noch soo viel erzählen möchte. ^^ Benikos unterwürfiger Charakter fängt an zu bröckeln und dürfte dem ein oder anderen Leser der Sidestory bereits bekannt vorkommen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Passend zu Ostern gibt's das 30. Kapitel für euch! ;) Hätte nicht gedacht, dass es so viele werden...xD Die ursprüngliche FF hat mit dem 1. Teil nicht die 30 geknackt...

Tatsächlich ist der Part mit Ichiro und Satoru länger geworden, als es geplant war, aber die Idee kam mir mitten in der Nacht und ich wollte sie dann doch irgendwie umsetzen. ^^' Hoffe, es wird mir nicht übel genommen.

Für aufmerksame Leser wird nun natürlich klar, was im nächsten Kapitel kommt und dass es sich somit langsam den Ende nähert.

Und natürlich wünsche ich allen noch schöne Ostern und erholsame Feiertage! (und ganz viel Schokolade ;P) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Okay, noch 2-3 Kapitel, dann ist es denke ich vorbei...^^' Puh, ich werd fast ein wenig traurig.
Das war ein ziemlich Tsuyoshi-lastiges Kapitel, oder? Hoffe, er wird jetzt einigen Lesern etwas klarer...^^'
Viel gibts aber auch nicht zu sagen...munter weiter zum Ende! ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ach ja, was gibt es da groß zu sagen. Ich konnte nicht schlafen und habe dann geschrieben. Es tut immer in der Seele weh, die eigenen Charaktere sterben zu lassen, aber naja...
Und ja, Koharus Tod mag nicht so tragisch sein, da sie bisher kaum aufgetreten ist. Das werde ich in der Überarbeitung berücksichtigen oder es wird aus Rückblicken ersichtlich, die noch folgen...^^'
Und...1 Kapitel kommt noch, dann ist es vorbei. Haltet noch ein wenig durch~ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Puh, that's it!
Der Epilog ist ein leiser Teaser für Staffel 2, wenn man es so formulieren möchte. ^^' (Also, ja, für diejenigen, die es bisher nicht mitbekommen haben, es geht noch weiter.)

Bevor ich jetzt große Reden schwinge, möchte ich mich zuerst bei allen Lesern bedanken! Unglaubliche 14 Favoriten konnte ich hier sammeln, was mich zutiefst ehrt. 2 liebe Menschen, die so fleißig Kommentare geschrieben haben und mir damit nicht nur immer wieder neue Motivation gegeben haben, sondern auch sehr hilfreiche Kritik. Ich danke euch Beiden! Natürlich auch ein Dankeschön an die lieben "stillen Leser", die das Ganze mit verfolgt haben. Ich freue mich sehr darüber. ^^

Wie geht es nun weiter?
Zunächst werde ich das Ganze hier komplett korrigieren, werde mir die Kritiken zu Herzen nehmen und noch etwas hier und da verbessern.
Danach werde ich zahlreiche Nebengeschichten veröffentlichen, die in der Hauptstory keinen Platz mehr hatte. Das werde ich dann wohl extra anlegen, damit es nicht zu Verwirrungen kommt. Falls da jemand Interesse dran hat, ich würde mich sehr freuen! :P (Da geht es dann z.B. um das Kennenlernen von Natsuko & Seiji, um Seijis Vergangenheit oder auch Tsuyoshis Vergangenheit bzw. sein Kennenlernen mit Natsuko und noch vieles, vieles mehr...xD)
Wenn ich das alles geschafft habe, liegen hier bereits 3 Projekte rum, die ich starten könnte. Darunter dann auch die Vorsetzung von "Love until the death". Ich weiß nicht, ob ich 3 Projekte gleichzeitig stemmen kann, aber mal schauen. ^^ (Bin bald in der Prüfungszeit...)

Najaaa....lange Rede, kurzer Sinn!
Vielen Dank für das Interesse und vielleicht sogar bis bald! ;) Komplett anzeigen

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Von:  Desty_Nova
2019-04-30T10:49:25+00:00 30.04.2019 12:49
Ich möchte mal meine generellen Feststellungen festhalten:
Da du dich vor allem auf deine Handlung konzentrieren musstest, ist die Atmosphäre an mancher Stelle etwas liegen geblieben - inklusive mancher Charaktere. Es wird wohl daher kommen, dass du einen Prequel, Sequel und auch Spin-Offs schreiben möchtest. Dort wirst du mehr Zeit für die jetzigen Nebencharaktere reservieren.

Ich schätze ein Light-Novel hat weitaus mehr Ähnlichkeiten zum Theater als zu einem Film und deshalb ist es wohl eine Gewöhnungssache. Vor allem für mich. Zu Beginn hatte ich ehrlich gesagt gewisse vorbehalte, da ich Vampir-Geschichten inzwischen für ziemlich "verbraucht" halte. Doch ich muss sagen, dass deine Geschichte sich zwar am klassischen Vampirbild orientiert, aber durchaus interessante Aspekte hinzugefügt worden sind. Alles in allem war es durchaus interessant. Ich möchte hier noch ein persönliches Charakter-Ranking aufführen:

Letzter Platz: Natsuko - ich würde sie gerne beleidigen, möchte aber meine Haltung wahren -_-
Obwohl sie die Protagonistin deiner Geschichte ist, konnte ich meine Antipathie gegenüber ihr nie wirklich ablegen. Aus meiner Sicht ist und bleibt sie sowohl in menschlicher als auch in vampirischer Form eine sehr schwache Person. Abgesehen davon, dass wegen ihr ein Reinblut und ein Halbblut sterben mussten. In dem Sinne bin ich am zweiten Staffel eher weniger interessiert.

Vorletzter Platz: Seiji
Als linker Mörder von Kurono-Chan ist es wohl keine Überraschung. Jähzornig, unbeherrscht, eingebildet und unreif wie er ist, konnte ich auch für ihn kaum eine Sympathie entwickeln. Seine Aufopferungsbereitschaft hat ihn nur vor dem letzten Platz bewahrt.

Vierter Platz: Satoru - Rotschopf-Dandy
Ich kann nicht allzu Negatives über ihn sagen, aber auch kaum positives. So manipulativ wie er am Anfang erschien, war er am Ende doch nicht. Sprich er ist mehr ein Schaf im Wolfspelz. Ich kann nur mit seiner melancholischen Natur etwas anfangen. Zu mehr reicht es auch nicht.

Dritter Platz: Beniko
Vielleicht die Einzige im Werk, die eine nachvollziehbare Entwicklung durchlebt. Am Ende der Geschichte war ich von ihr wirklich positiv überrascht. Aber, dass sie Tsuyoshi mit einem Schwert durchstoßen hat, kann ich ihr einfach nicht verzeihen.

Undankbarer Platz: Ichiro
Der Mann ist so fertig entwickelt und reif, dass sogar die Zeit sich ihm beugen muss. Durch und durch stringent, so wie ich Menschen, sorry Vampire, auch wirklich mag. Irgendwo ist er auch ein tragischer Charakter, da er die Aufgabe, seinen geliebten kleinen Bruder zu schützen, nicht erfüllen konnte. Einzig seinen Rassismus gegenüber Menschen kann ich ihm nur ankreiden. Mehr auch nicht.

Erster Platz: Tsuyoshi-Sama - warum musstest du nur sterben ToT
Schätze diese Platzierung war zu erwarten. Schließlich hat er mich sogar für eine Ballade inspiriert. Mehr brauche ich wohl nicht zu sagen.

Special mention: Koharu
Sie folgte ihrem Meister bis in den Tod ohne sich auf nervige Art und Weise in seine Kämpfe einzumischen. Also dafür zolle ich mein Respekt.

Ich kann mich meiner Mitkommentatorin nur anschließen. Nimm dir ruhig Zeit und gehe alles in guter Sorgfalt an.

Wünsche dir viel Erfolg bei deinen Prüfungen und viel Inspiration für deine Geschichten.

Bin auf jeden Fall gespannt auf den Tsuyoshi-Spin-Off. (Gib mir bitte einfach Bescheid, wenn du damit anfängst.)
Antwort von:  Schwabbelpuk
30.04.2019 19:50
Heilige...bin kurz erschlagen von der Masse des Kommentars...xD

Ja, die Atmosphäre hatte zu Leiden. Liegt einerseits daran, dass ich kein Händchen hab, Hintergründe und/oder Details zu beschreiben. Werde das aber bei der Korrektur beachten, falls es mir möglich ist.

Ich finde auch, dass Vampir-Geschichten sehr verbraucht sind und war mir daher selber nicht ganz sicher, ob ich echt noch eine in die Welt setzen soll. Schlussendlich liebe ich diese Wesen aber und kann mich sicher auch in Zukunft nicht von ihnen trennen. Dass du trotzdem so Spaß an so viel Klischees hattest, freut mich natürlich sehr.
Und ja, Light-Novels kommen natürlich nie an die Komplexität eines Romans ran, aber normalerweise werden sie auch mit Illustrationen unterstützt, wo mein Zeichentalent mich leider verlässt. ^^'

Gut, die letzten Plätze bei dir waren mir irgendwie klar. xD Natsuko ist (leider) zu einem typischen, weiblichen Hauptcharakter verkommen, wie er mir selber oft auch negativ auffällt. Warum ich sie dann so gemacht habe? Gute Frage. Vielleicht da ich generell Nebencharaktere mehr mag. Aber vielleicht sehe ich in den Korrekturen Potenzial, sie irgendwie zu...retten? Naja, ihr Charakter ist nun mal ihr Charakter. ^^'
Seiji mag ich (auch wenn es blöd klingt) als Single mehr, aber das erfährt man in der Nebengeschichte dann eher, die du wahrscheinlich eher weniger liest. xD

Ach ja, Satoru und Beniko. Du weißt ja um meine besondere Liebe zu den Beiden, von daher. Man muss diese nicht teilen, aber ich freue mich, dass sie dennoch nicht auf den letzten Plätzen bei dir gelandet sind.

"Undankbarer Platz"...xD Haha. Dachte erst, Ichiro geht am Ende unter, da er nicht mehr so präsent war, aber ich freue mich, dass du ihn auch erwähnst und ich finde deine Beschreibung sehr passend und stimmig. So sollte er auch werden und offenbar kommt er auch so rüber.

Und der erste Platz, keine Überraschung. xD Ich weiß, du hast einen Narren an Tsuyoshi gefressen und ich mag ihn ja auch sehr und habe ewig überlegt, ob er am Ende wirklich dieses Ende haben sollte. Ich werd's auch vermissen, ihn zu schreiben, aber umso mehr freue ich mich auf seine Sidestory. ;)

Soo...und zu guter Letzt: Vielen, vielen Dank auch dir nochmal persönlich für die sehr vielen Kommentare, die immer hilfreiche Kritik (die ich sicher gut einbauen kann bei der Korrektur), das Tsuyoshi-Gedicht und natürlich dein Interesse und deine Zeit.
Und natürlich Danke für die Prüfungen und anderen Wünsche. :3
(Und ja, ich sage Bescheid, wenn Tsuyoshi wieder einen Auftritt bekommt xD)
Von:  Elnaro
2019-04-29T21:19:20+00:00 29.04.2019 23:19
Hab ich gern getan, auch wenn du es mit mir nicht immer leicht hattest xD
Ich habe mich immer sehr auf das nächste Kapitel gefreut, aber nimm dir jetzt schön Zeit alles ordentlich zu überarbeiten, wie du es dir vorgenommen hast.
Aus meiner Sicht sind drei Parallelprojekte zu viel. Ich war immer sehr gestresst, wenn ich nur zwei gleichzeitig hatte, aber du musst das ja besser kennen als ich, schließlich schreibst du die ganze Zeit auch an "My Light".
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung und die ganzen Nebenplots.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei den Prüfungen. Die haben Prio! ;)
Antwort von:  Schwabbelpuk
30.04.2019 00:59
Ach, ich habe lieber mehr Kritik, als Lob. Das bringt mir und der Story am Ende am Meisten. (Nicht, dass ich dein Lob nicht auch sehr geschätzt habe...xD)
Jap, ich werd mir jetzt erstmal gaaanz in Ruhe die Überarbeitung und Vollendung der anderen Storys vornehmen, ehe ich was neues starte. (auch wenn es mich schon in den Fingern juckt...)
Stimmt, 3 Projekte sind echt viel...xD Muss schauen, welches ich dann auf die Wartebank stecke, hm...
2 Projekte müssten machtbar sein, wenn die Leser geduldig sind. ;)
Ich würd mich riesig freuen, wenn du bei den anderen Projekten auch kurz reinschauen würdest! (Kommt auch nochmal Tsuyoshi ;P)
Nochmal persönlich tausend Dank, dass du bis zum Ende durchgehalten hast und immer so fleißige und hilfreiche Kommentare da gelassen hast. Das bedeutet mir sehr viel! :3 (Und danke wegen der Prüfungen xD)
Antwort von:  Schwabbelpuk
30.04.2019 01:00
*Es kommt noch ganz viel Seiji, wollte ich natürlich schreiben. xD Argh! Zu viele Charaktere...
Von:  Elnaro
2019-04-29T21:09:49+00:00 29.04.2019 23:09
Das war ein sehr rundes und würdiges Ende für deine Geschichte, auch wenn man bei sehr vielen Dingen weiterhin im Unklaren gelassen wird. Ist aber auch logisch, wenn es noch weitergehen soll.
Dafür, dass eigentlich Natsuko die Hauptfigur war, hat sich Beniko ab dem zweiten Teil der Geschichte sehr in den Vordergrund gedrängt. Find ich nicht schlimm, weil ich sie total gern mag und größeres Interesse an ihr habe als an Natsuko ^^
Antwort von:  Schwabbelpuk
30.04.2019 00:55
Oh, vielen Dank! Hatte Sorge, dass das Ende nicht ganz stimmig war, da freu ich mich umso mehr über deine Worte. Ja, viele Dinge sind noch unklar und die Erklärungen habe ich mir extra aufgehoben. Soll ja im weiteren Verlauf noch was zu erzählen geben. ;)
Stimmt, Beniko hat sich ein wenig in den Vordergrund gedrängt, was irgendwie so kommen musste, da sich Natsuko irgendwann von der Gruppe abgespalten hat und ich (wahrscheinlich unbewusst) dann die andere weibliche Figur für den anderen Strang benutzt habe. Bin aber beruhigt, dass dich das nicht so stört...xD
Von:  Elnaro
2019-04-26T12:50:39+00:00 26.04.2019 14:50
Hat Tsuyoshi nun noch was geflüstert oder nicht? Ich bin ein wenig verwirrt.
Diesen neuen Charakter Koharu hätte es aus meiner Sicht gar nicht gebraucht.
Ohh, wie kommt Beniko jetzt über die Schlucht?
Antwort von:  Schwabbelpuk
26.04.2019 16:12
Das "Geflüster" war in dem Fall auf das bezogen, was er Beniko zuvor ins Ohr geflüstert hatte. Ob da noch mehr war, lass ich an der Stelle erstmal deiner Fantasie. ^^

Schon beim Schreiben ist mir aufgefallen, dass der Zugang zu Koharu fehlt. Dieser wird wohl erst nach meiner Korrektur ersichtlich oder spätestens in der Sidestory zu Tsuyoshi, wo man die Gute besser kennenlernt. Ich musste sie trotzdem hier einarbeiten, da sie nunmal auch Teil der Hauptstory ist oder besser ihre Geschichte hier endet. ^^'

Ich liebe es, dass dir immer die kleinsten Logiklöcher auffallen. ( Obwohl hier noch kein Loch entsteht, aber das wirst du im nächsten Kapitel merken...xD) Sei gespannt, wie sie das wohl schaffen könnte~

Und wie immer, danke für deinen Kommentar! :3
Von:  Elnaro
2019-04-26T12:35:20+00:00 26.04.2019 14:35
Dass Seiji scheinbar wirklich nichts über Natsukos Vergangenheit weiß, katapultiert ihn in meiner Beliebtheitsskala ein ganzes Stück nach oben. Über ihn würde ich total gerne eine Sidestory lesen. Ich liebe es, wenn er solo unterwegs ist.
Antwort von:  Schwabbelpuk
26.04.2019 16:03
Haha, danke. ^^ Mit ihm sind auch welche geplant, ja. Vielleicht erfüllt sich also sogar dein Wunsch~
Von:  Desty_Nova
2019-04-26T11:06:30+00:00 26.04.2019 13:06
Asche zu Asche; Staub zu Staub...

Mal schauen, ob du Seiji auf wundersame Weise auferstehen lässt oder er wirklich ein für alle Mal gestorben ist. Mir persönlich würde es mehr gefallen, wenn er auch stirbt. Zwar wäre es damit kein Happy-End (die ich generell zu kitschig finde), aber der Tod von Kurono-Chan wäre damit gewissermaßen gesühnt.

Übrigens ist Beniko in den letzten Kapiteln über sich hinaus gewachsen. Diese Entwicklung hat mich wirklich beeindruckt. So sehr, dass sie Natsuko fast schon überflügelt hat. Aber ich würde dir empfehlen ihren allerersten Auftritt (Müsste Kapitel 2 oder 3 gewesen sein) zu korrigieren, da der erste Eindruck sie dem Leser sehr unzugänglich macht. Zumindest war es bei mir so.

Ansonsten bin ich gespannt auf den letzten Kapitel mit den Antworten auf die ganzen Fragen.


Antwort von:  Schwabbelpuk
26.04.2019 16:08
Was mit Seiji passiert, kann ich natürlich nicht sagen, aber es ist ja nur noch ein Kapitel, bis die Antwort kommt. ;) (Ich mag Bad-Ends übrigens auch lieber als Happy-Ends)

Freut mich, dass dir Benikos Entwicklung aufgefallen ist. Das war von Anfang an geplant und bin sehr glücklich, dass es mir offenbar gelungen ist. Ich werde ihren ersten Auftritt noch einmal überarbeiten, danke für den Hinweis! ^^

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar und auf zum Ende!
Von:  Desty_Nova
2019-04-25T11:11:42+00:00 25.04.2019 13:11
Ach, diese Überheblichkeit kostet einfach allen Bösewichten das Leben...
Er hatte so viele Gelegenheiten Seiji auszuschalten und dann...
Nun es war abzusehen und doch werde ich seinen Verlust nur sehr schwer ertragen können. Ruhe in Chaos Kurono-Chan.

Hier eine Ode für meinen tragischen Antagonisten:

Ballade des Tsuyoshi

Ein Moment ohne sie unzählig Äonen währt
Tausend Jahre mit ihr so kurz wie Sekunden
Was ist ein Leben ohne die Liebste Wert?
Der Reinblut ist ihr bis zum Tod gebunden

Einst vereint im edelsten Bund des Bluts
Glück wurde durch Schicksal überwunden
Getrennt vom Schwert des Akasawa Bruts
Der Reinblut ist ihr bis zum Tod gebunden

Der Verstand ist nur ein geringer Preis
Der Körper nur Fleisch übersät mit Wunden
Nur eine Wahrheit flüstert Tsuyoshi leis'
Der Reinblut ist ihr bis zum Tod verbunden

Und hier noch ein mahnendes Vierzeiler für dich:

Ich schätze du warst ziemlich in Hast
als du dieses Kapitel geschrieben hast.
Lese bitte deshalb nochmals deine Zeilen,
um Wiederholungen möglichst zu meiden.

Antwort von:  Desty_Nova
25.04.2019 13:17
Sorry das letzte Word im dritten Vers der Ballade sollte natürlich auch gebunden heißen und nicht verbunden ^_^°
Antwort von:  Schwabbelpuk
25.04.2019 16:05
Wow, ich bin grade echt...baff. o.o'
Du hast eine Ballade extra für Tsuyoshi geschrieben? Das ehrt mich unglaublich und ich freue mich riesig! Dazu ist es noch so unglaublich gut und vorallem passend geworden! Mir fehlen ein wenig die Worte...
Tausend Dank dafür!

Und lieben Dank für den Hinweis! Ich gehe am Ende ohnehin alle Kapitel nochmal in Kleinstarbeit durch und werde dann jede Kritik stark berücksichtigen. :)
Antwort von:  Desty_Nova
25.04.2019 19:49
Ich weiß auch nicht warum, aber in dem Moment war ich so inspiriert, dass ich das Gedicht innerhalb weniger Minuten niedergeschrieben hatte. Es freut mich, dass die Ballade dir gefällt. Wenn ich die Zeit und eine gute Story hätte, würde ich dich glatt um die Erlaubnis für einen Tsuyoshi-Spin-Off bitten. Aber genug Fanboytum für heute ^_^°
Antwort von:  Schwabbelpuk
25.04.2019 20:06
Tatsächlich kommt noch eine Tsuyoshi Sidestory, aber meine Erlaubnis für eine Eigeninterpretation hast du natürlich~ ^^ Wäre echt spannend, was daraus entstehen würde. Hätte nicht gedacht, dass der Charakter mal solche Wellen schlagen würde...xD
Von:  Desty_Nova
2019-04-22T04:15:36+00:00 22.04.2019 06:15
Ichiro und Satoru erinnern mich an alte Kameraden, die aufgrund von Beniko aneinander geraten sind. Aber über die beiden möchte ich nicht allzu lange sinnieren.

Seiji hatte ja im letzten Kapitel bereits beschlossen etwas riskantes zu Unternehmen. Womöglich hat er eine Art Siegel brechen müssen, um an Schwert und Element-Fähigkeit heranzukommen. Ich schätze, dass sein Vater ihm etwas vererbt hat, was er nur in äußersten Notfällen benutzen soll und dies höchstwahrscheinlich nur für eine begrenzte Zeit. Ich schätze der Kampf mit Natsuko wird sehr interessant werden. Also hier finde ich den Cliffhanger etwas deplatziert.
Ich schätze dieser Kapitel dient vor allem der Überbrückung, denn wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich direkt mitten im Kampf von Kurono-Chan angefangen.
Übeigens missfällt es mir wirklich sehr, dass er jedes mal Verbrennungen davonträgt und dann von Natsuko gerettet werden muss. Sein Image bekommt schon Risse aus meiner Sicht. Bin schon gespannt was du dir noch einfallen lässt.
Antwort von:  Schwabbelpuk
22.04.2019 16:32
Alte Kamerade trifft es schon ganz gut, kennen sie sich ja wirklich schon eine halbe Ewigkeit.

Interessante Überlegungen und erfreulich, wie gut du bisher aufgepasst hast. ^^ Ich werde natürlich nichts verraten, aber deine Gedankengänge sind wirklich gut.
Jetzt, wo du es ansprichst, ist der Cliffhanger wirklich etwas ungünstig, aber ich muss auch ehrlich gestehen, ich hätte nicht gewusst, wo er sonst hin sollte. Später wäre er tatsächlich noch ungeeigneter gewesen und somit wahrscheinlich ganz rausgefallen. ^^'

Ja, ich weiß, du magst es nicht, wenn Kurono Schwäche zeigt, obwohl er jedem überlegen ist und Natsuko dann immer eingreift. Kurze Erklärungsversuche: Kurono weicht prinzipell wenig aus und spielt mit seinen Gegnern, da seine Wunden eh im Nu wieder heilen. Dass ihn das manchmal schwach wirken lässt, war mir vorher gar nicht so klar. Natsuko hingegen kann Situationen ganz schlecht einschätzen und greift daher andauernd ein, weil sie Angst um Kurono hat. In ihrem Kopf ist momentan ziemlicher Matsch und Kuronos Kräfte ihr daher nicht immer ersichtlich.

Naja, ich hoffe, dass die nächsten Kapitel trotzdem noch spannend für dich bleiben, auch wenn die Wendungen evtl. in eine Richtung gehen, die dir nicht ganz zusagen...^^'
Vielen lieben Dank aufjedenfall für deinen Kommentar!
Von:  Elnaro
2019-04-21T17:55:14+00:00 21.04.2019 19:55
Satoru hat klar abgelehnt, doch Ichiro hat das ignoriert, also kann Satoru auch die Vertragsbedingungen ignorieren. Ichiro hat rein gar nichts gegen Satoru in der Hand, aber irgendwas muss er sich ja daraus versprechen. Kommt mir wie eine Verzweiflungstat rüber, weil er gegen Satoru so dermaßen abstinkt.
Kann es sein, dass Ichiro diese Altersproblemchen nicht hat? Er kommt erstaunlich gut klar.

Bin ja gespannt, warum Seiji bisher nicht gezeigt hat, was er kann. Man lässt sich ja nicht ohne Grund von allen fertigmachen, wenn man noch ein Ass im Ärmel hat. Vielleicht saugt ihm diese Fähigkeit die Lebenskraft aus und er muss nach dem Einsatz sterben? O_o
Mir geht die Fantasie durch.
Antwort von:  Schwabbelpuk
21.04.2019 23:18
Ja, klar. Wenn man mit Verstand rangeht, kann Ichiro ihm natürlich nichts, außer ihn fangen und foltern...xD Nicht besonders aussichtsreich. Verzweiflung trifft es doch ganz gut, denn gegen Satoru kommt er ja wirklich nicht gegen an, wenn es um Beniko geht...^^
Ichiro ist tatsächlich ziemlich klar im Kopf, dafür dass er schon so alt ist. Ein wenig sadistisch war er schon immer...xD Es ist ja nur ein Phänomen, das oft auftritt, aber nicht zwingend sein muss.

Hehe, da lass ich deiner Fantasie mal freien Lauf. ^^ Ich werd natürlich nichts sagen~

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! :3
Von:  Elnaro
2019-04-16T21:09:41+00:00 16.04.2019 23:09
Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich den Streit zwischen Beniko und Seiji genossen habe. Der war richtig super aufgebaut. Der arme Seiji steht echt ganz unten in der Nahrungskette xD
Natsukos Gefühle, als sie Tsuyoshi das erste Mal traf, klangen fast genauso, wie ihre Beschreibung über Seiji ganz am Anfang. Darauf würde ich mir entnehmen, dass sie wohl doch noch irgendwie dieselbe ist. Hier erscheint sie mir dadurch aber recht oberflächlich und Tsuyoshi genauso.
Ich wäre sehr interessiert an einem weiteren Rückblickskapitel. :)
Dieses hier war einfach wunderbar <3

Antwort von:  Schwabbelpuk
17.04.2019 03:23
Haha, freut mich. xD Seiji musste nun echt mal ein wenig der Kopf gewaschen werden, so wie er den Obermacker raushängen lässt und doch nichts alleine hinbekommt. ;)

Stimmt, die Beschreibungen sind sehr ähnlich. Sicherlich, weil sie sozusagen zweimal ihren zukünftigen getroffen hat und sich die Gefühle daher stark ähneln. Dadurch wirkt sie wirklich etwas oberflächlich, hast schon recht...xD Aber im Prinzip ist sie sehr unerfahren und ähnelt eher einem Teenager, als einer erwachsenen Frauen. Und wie Teenager so sind, schwärmen sie halt für gutaussehende Männer, die nett zu ihnen sind. Zumindest manche von ihnen. ^^'

Werd mir den Rückblick aufjedenfall vermerken, wenn ich die Bonuskapitel im Anschluss schreibe. Mag Tsuyoshi recht gerne und mit Natsuko zusammen sowieso. Auch wenn das immer etwas kontraproduktiv ist, da ja eigentlich SeijixNatsuko das Paaring ist...haha...xD

Vielen lieben Dank! ^^


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