Love until the death von Schwabbelpuk (Liebe bis zum Tod) ================================================================================ Kapitel 28: feelings (Gefühle) ------------------------------ Sie wurde erneut den langen Gang entlang gezogen. Ihre Hand lag fest in der seinen. Schweigend sah er nach vorne und schien völlig in Gedanken versunken zu sein. Auch sie hing ihren Gedanken hinterher. In ihrem Kopf herrschte eine bedrückende Leere. Als hätte jemand etwas daraus gestohlen und sie hätte es nicht mitbekommen. Die Begegnung mit Satoru hatte sie aufgewühlt und doch wusste sie nicht genau, woher sie diesen Mann kannte. Instinktiv hatte sie seinen Namen gerufen, sein Gesicht war ihr so vertraut, als würde sie ihn schon ewig kennen. Und doch konnte sie ihm keine Erinnerungen zuordnen. Seit sie mit der brennenden Kehle und den unstillbaren Durst nach Tsuyoshis Blut aufgewacht war, kam es ihr so vor, als wäre sie in einem Traum gefangen. Alles kam ihr unwirklich vor und doch spürte sie, wie real alles war. Sie kannte Tsuyoshi, sie wusste genau, wer er war und wie wichtig er ihr war. Viel zu lange war sie von ihm getrennt, aber sie wusste nicht einmal wieso. Schweigend lief sie weiter hinter ihm her und merkte nun, dass er auf dem Weg zu seinem Zimmer war. Wortlos trat er ein und schloss die Tür hinter ihnen. Neugierig sah Natsuko sich im Raum um, war sie schließlich bisher nur in einer kleinen Kammer untergebracht und von der hatte sie dank ihrer Fieberträume auch nicht besonders viel mitbekommen. "Nun erzähl mir mal, warum du eingegriffen hast, Natsuko?", Tsuyoshi hatte sich mit verschränkten Armen gegen die Tür gelehnt und strafte Natsuko mit einem leicht tadelnden Blick. Seelenruhig drehte sie sich um und sah ihm direkt in die Augen. Keine Spur von Furcht verspürte sie gegenüber diesen Mann, obwohl er sich vor kurzem noch so grausam gezeigt hatte. "Du hättest ihn umgebracht, oder nicht?", mit festen Schritten ging sie auf ihn zu und blieb direkt vor ihm stehen, "ich meine, wenn ich nicht eingeschritten hätte." Tsuyoshi schaute sie einen Moment verdutzt an, ehe er scheinbar nachdachte. "Vermutlich...", murmelte er dann kaum hörbar und Natsuko legte ihre Stirn in Falten. Auch wenn sie das Gefühl hatte, Tsuyoshi schon ewig zu kennen, so erschreckte seine Grausamkeit sie doch immer noch. Sie stieß einen leisen Seufzer aus und wand sich wieder von Tsuyoshi ab. Aber noch ehe sie weggehen konnte, hatte Tsuyoshi die Arme schon von hinten um sie geschlungen und fest an sich gedrückt. "Hasse mich nicht...was hätte ich denn tun sollen...", ein seltsamer, schwacher Stimmenklang hatte sich über Tsuyoshis sonst so starken und kalten gelegt und Natsuko wagte es gar nicht, ihn abzuschütteln. Sie alleine wusste, wie fragil dieser Mann war und zu was er in der Lage war bei seinen Stimmungsschwankungen. Beruhigend legte sie eine Hand auf seinen Arm und schloss langsam die Augen, während sie seine Wärme an ihrem Rücken spürte. "Ich hasse dich nicht, Tsuyoshi. Du weißt genau, dass ich das nie könnte...", flüsterte sie leise und drehte sich langsam zu ihm um. Seine verletzten Augen trafen direkt die ihren und brachen ihr fast das Herz. Woher nahm dieser bildschöne Mann nur all diesen Schmerz? Wovor fürchtete er sich so, obwohl tausende ihn wahrscheinlich viel mehr fürchteten? Er war ein lebender Widerspruch und Natsuko wusste, dass er ohne sie verloren war. Behutsam nahm sie ihn in die Arme und er ließ es anstandslos gewähren. Leise seufzend legte er seinen Kopf auf ihre Schultern, wofür er sich tief herunterbeugen musste. Natsuko indessen versank in Gedanken. Bei Satoru waren noch zwei weitere Personen gewesen und egal, wie sehr sich auch zu erinnern versuchte, sie konnte ihnen keine Namen zuordnen. Sie war sich sicher, sie schon einmal gesehen zu haben, aber sobald sie weiter in ihren Erinnerungen wühlte, umso mehr schmerzte ihr Kopf und schließlich gab sie auf. Besonders der junge Mann mit dem schwarzen Haar, den Tsuyoshi so sehr zugesetzt hatte, ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie war sich sicher, dass sie ihn zuvor getroffen hatte. Darüber hinaus spürte sie sogar eine tiefe Verbundenheit ihm gegenüber, konnte sich aber nicht erklären, woher diese kam. Sie hätte am liebsten Tsuyoshi gefragt, aber in seinem jetzigen Zustand hätte sie keine Antwort bekommen. Ihr Verlobter konnte der grausamste und brutalste Mann sein, den sie je getroffen hatte und im nächsten Moment brach er fast unter ihr zusammen. Die tausend Jahre, die er nun schon lebte, hatten ihn zerstört, wie so viele Vampire, die eine solch gewaltige Lebensspanne erreicht hatten. Zärtlich strich sie ihm über den Rücken und allmählich schien er sich zu entspannen. Obwohl es ihr wie Verrat vorkam, so hingen ihre Gedanken doch bei dem schwarzhaarigen Jungen. Seiji war auf seinem Zimmer, seine Gedanken kreisten um Natsuko, aber auch um Tsuyoshi. Noch nie stand er einem so übermächtigen Gegner gegenüber und er hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte. Eines war ihm allerdings klar und zwar, dass nur er wusste, wo sich Natsuko aufhielt und so blieb ihm gar nichts anderes über, als nochmal zu ihm zu gehen. Er musste es schaffen, es dieses Mal alleine zu schaffen. Die Tatsache, dass Satoru zurückgeblieben war und mittlerweile wahrscheinlich nicht mehr lebte, machte ihm zu schaffen. Auch wenn er ihn nicht wirklich kannte, so hinterließ es einen bitteren Nachgeschmack, wenn andere für ihn ihr Leben ließen. Besonders, wenn es ein seltenes Reinblut war, wo die gesamte Vampirwelt trauern würde und ihn ihren geballten Hass spüren lassen würden. So sehr er auch die Reinblüter und ihre Fähigkeiten hasste, so spürte er, dass Satoru anders gewesen war. Er hatte sein Leben für andere gegeben, nicht zuletzt auch, um Natsuko zu finden und dafür hatte er auf ewig Seijis Dankbarkeit. Die Tatsache, dass ein anderes Reinblut allerdings auch keine Chance gegen Tsuyoshi hatte, entmutigen ihn auch ungemein. Wie sollte er dann überhaupt etwas ausrichten können? Laut seufzend ließ er sich auf das Bett fallen und dachte nach. Es musste einen Weg geben, irgendeinen. Plötzlich setze er sich kerzengerade im Bett auf und starrte sprachlos gegen die Wand. Und wenn er DAS einsetzen würde? Sein Mund wurde mit einem Mal staubtrocken und er schluckte ein paar mal heftig. Wäre er bereit, soweit zu gehen? Er fuhr sich aufgebracht durch die Haare, starrte geistesabwesend auf die Lacken des Bettes. Innerlich wusste er nun, was er zu tun hatte. Beniko saß mit herangezogenen Beinen auf der Bank in Ichiros Zimmer. Dieser stand gedankenverloren an dem großen Fenster und schien sie gar nicht zu beachten. Ihre Gedanken hingen an Satoru. Sein erschrockenes Gesicht, das pure Entsetzen, dass sie darin erkennen konnte, hatte sie bis ins Mark erschüttert. Obwohl sie ihn hassen wollte und eigentlich auch musste, war ihr Herz in diesem Moment zersprungen. Und nun war er dort und sie würde ihn wohl nie mehr wiedersehen. Heiße Tränen stiegen ihr in die Augen und sie hatte auch keine Chance, diese zu stoppen. Hemmungslos fing sie an zu schluchzen, schlang die Arme fester um ihre Beine und legte ihren Kopf auf ihre Knie. Erinnerungen aus der Vergangenheit holten sie ein und weitere Schluchzer schüttelten sie heftig. Warum schaffte sie es nicht, ihn zu hassen? Warum tat es so schrecklich weh? Obwohl er ihr das alles angetan hatte, konnte sie nicht anders, als an ihn zu denken. Der Gedanke, dass er dort alleine starb, mit der Gewissheit, dass sie ihn hassen würde, tat mehr weh, als alle Qualen, die er ihr angetan hatte. Halbherzig spürte sie eine Hand, die ihr fast schon zärtlich über den Rücken strich und merkte kurz darauf, wie sich jemand neben ihr setzte. Sie wagte es nicht, aufzusehen, wusste sie schon, wer es nur sein konnte. "Beniko...", Ichiros sonst so harte, herrische Stimme, war nur mehr ein Flüstern und er schien nicht die richtigen Worte zu finden. Mit diesem Ausbruch der Gefühle kam er nicht klar und auch verstand er ihn nicht. Hatte er bisher das Gefühl, Beniko hatte nur Angst vor Satoru, so überraschten ihn ihre Gefühle nun sehr. Schweigend strich er ihr also weiter über den Rücken und sah nachdenklich in den Raum. Der Verlust eines Reinblutes traf die Vampirwelt hart, auch wenn es sich um Satoru handelte. Ichiro wusste von Satorus Lustlosigkeit am Leben und doch konnte er sich vorstellen, dass er sich solch ein Ende nicht gewünscht hätte. Zumal er sich denken konnte, was für Gefühle er nach wie vor für Beniko empfand. Sein Blick wanderte wieder zu dem schluchzenden Wesen neben ihm und nun nahm er sie behutsam in den Arm. Sie verkrampfte sie schlagartig, wehrte sich aber nicht. Auch wenn er ihre Gefühle nicht verstand, so tat es ihm doch in der Seele weh, seine lieb gewonnene Dienerin so leiden zu sehen. Er fühlte sich an den Tag zurückversetzt, als er sie gefunden hatte, wie er sie gerettet hatte. Ihre Tränen behangenen, blauen Augen, hatten sein Herz für den Bruchteil einer Sekunde erstarren lassen. Nie würde er diesen Tag vergessen, nie würde er bereuen, was er an diesem Tag getan hatte. Er drückte sie fester an sich und auch, wenn er nicht der richtige war, um ihre Tränen zu trocknen, so wünschte er sich, dass er ihr in diesem Moment zumindest ein wenig helfen konnte. Grade, als sie sich ein wenig zu beruhigen schien, wurde ruckartig die Tür aufgeschlagen und ein Vampir in einer Art Rüstung trat ein. Missmutig warf Ichiro dem jungen Vampir einen vernichtenden Blick zu, der sich augenblicklich aufgebracht entschuldigte, aber keinen Millimeter zurückschreckte. "Fürst Ichiro!", setze er nun aufgebracht an und nahm seinen ganzen Mut zusammen, um ihm direkt in die Augen zu sehen, "es geht um Lord Satoru...er..." Noch ehe der junge Vampir Soldat seinen Satz beenden konnte, hatte Beniko schon aufgesehen. Mit aufgerissenen Augen sprang sie regelrecht auf, entzog sich so Ichiros Umarmung und rannte an dem jungen Vampir vorbei in den Gang. Sie konnte ganz deutlich sein Blut riechen und seine Aura schwach in der Ferne spüren. Hastig sprang sie die große Treppe im Eingangsbereich runter und sah schon eine Schar von Vampiren, die sich dort versammelten hatten. Grob stieß sie einige von ihnen beiseite und bahnte sich so einen Weg zum Zentrum der Ansammlung. Dort sah sie das, was sie bereits erwartet hatte und stürmte eilig darauf zu. Grob ließ sie sich auf die Knie fallen und beugte sich zu dem regungslosen Körper runter. Schluchzend ließ sie sich auf seine Brust fallen und ignorierte die verwirrten und vorwurfsvollen Blicke der anderen Vampire. Der Geruch seines Blutes raubte ihr fast den Atem, vermischt mit dem Geruch seines Körpers, den sie in- und auswendig kannte. Tränen rollten ihr über das Gesicht und sie krallte sich in das blutgetränkte Oberteil, dass ihn nur noch in Fetzen am Körper hing. Ein Vampir versuchte sie beiseite zu schieben, sie von ihm wegzubringen, aber sie schlug seine Hand nur zornig beiseite. Dann merkte sie etwas, dass ihr Herz zum Erstarren brachte. Seine Brust hob und sank sich, wenn auch nur sehr schwach. Mit aufgerissenen Augen sah sie ihm nun in sein Gesicht und sah ihn an, als sei er ein Geist. Sie konnte es für einen Moment nicht begreifen, bis er schwach die Augen aufschlug und direkt in ihre sah. "Beniko...", seine Stimme war heiser, kaum hörbar und doch brach in ihr alles zusammen. Erneut kamen ihr die Tränen und sie fiel ihm laut schluchzend um den Hals. Ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen, bis seine Augen wieder zufielen und erneut alles um ihn schwarz wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)