Fokus von Glasrose (das Ziel verfehlt) ================================================================================ Kapitel 7: tidy --------------- Sie hatte sich mit Absicht fünf Minuten mehr Zeit gelassen, um nicht genauso verzweifelt zu wirken, wie sie sich fühlte. Obwohl sie mit großer Wahrscheinlichkeit die Einzige war, die sich über ihre Wirkung den Kopf zerbrach. Sie war von Natur aus schon nicht imstande mit gutem Gewissen ‚Nein‘ zu sagen und dann fragte auch noch die eine Person, von der sie immer dachte, dass es nicht einmal die Möglichkeit geben würde, überhaupt eine Frage gestellt zu bekommen, nach einem kleinen bisschen Zeit. Mit ihr. Zu behaupten die extra fünf Minuten seien im Flug vergangen, wäre eine glatte, schamlose Lüge. Selten hatte sich die Zeit so träge angefühlt. Nun war die zehnte Minute angebrochen, sie klingelte nach fünf tiefen Atemzügen am Tor und bat freundlich, trotz Überforderung, weil sie unerwartet eine weibliche Stimme an der Sprechanlage vernahm, um Einlass. Das Surren des Schlosses ließ sie gegen das kalte Metall drücken und langsamen Schrittes eintreten. Noch ein paar beruhigende Atemzüge. Der Weg zur Haustür war ungewöhnlich kurz für diese Wohngegend, aber trotzdem von viel Grün umgeben. Schlicht, bescheiden und wohnlich. In der Tür sah sie bereits den Grund für ihr lautstark pochendes Herz stehen, der sich hinter dem Kopf kratzte und die andere Hand zum Gruß hob. All der eingeatmete Sauerstoff brachte nicht länger die erhoffte Wirkung. Ihr Herz sprang, während ihre Beine den langsamen, flüssigen Gang verlässlich fortsetzten. „Sorry, Hinata, meine Alte war schneller.“ „Wie bitte?!“, schrie jemand dumpf im Hintergrund. Zweifelsohne die Stimme, die sie an der Sprechanlage begrüßt hatte, zwei Spuren unfreundlicher. „Nichts!“, rief er ins Haus zurück, dabei einen Moment den Blick von Hinata abgewandt, die diesen nutzte, um sich zum gefühlt zwanzigsten Mal zu sammeln, „Komm schon rein, nicht dass du mir da draußen erfrierst.“ „Danke.“ Sie beugte sich zum Dank ein Stück nach vorn und entledigte sich ihrer Stiefel während Naruto die Tür hinter ihr lautstark in die Angel fallen ließ, was sie aus dem Gleichgewicht brachte. Hätte sie nicht einen unbeholfenen niedrigen Hüpfer auf einem Bein gemacht, wäre sie auf ihm gelandet. Unangenehm. Der Gedanke an das mögliche Missgeschick ließ sie zu Boden sehen und ihre Zehen beobachten, wie sie in den weißen Socken auf und ab wippten. Von der Umgebung bekam sie nicht viel mit, immer noch gedankenverloren daran, dass sie sich soeben blamiert haben könnte. Treppenstufen, orangene Stufenmatten, Narutos weiße Socken mit angedunkelter Sohle und dann standen sie auch schon vor seiner vermeintlichen Tür. Endlich traute sich Hinata den Blick wieder zu heben und sah glückliche Gesichter an beigegehaltenen Wänden, bevor ihre Aufmerksamkeit wieder auf den attraktiven Mann vor ihr gelenkt wurde. Er hielt die Türklinke in der Hand, obwohl er sie bereits nach unten gedrückt hatte. Es fehlte nur noch, dass er die Holztür öffnete. Wüsste sie es nicht besser, hätte sie vermutet, er sei genauso nervös wie sie selbst. Unvorstellbar. Sonnenschein, Selbstbewusstsein in Person Naruto war sicher nicht nervös, weil er Hinata in sein Zimmer führte. Kleine Stoßgebete drehten sich darum, dass er mehr als einen Raum für sich hatte. Sie fühlte sich nicht wohl dabei, im Schlafzimmer eines Mannes zu stehen. Auch wenn es der Mann war, mit dem sie ihr eigenes teilen würde. Wenn er wüsste. Wenn sie mutig wäre.  „Ich hatte keine Zeit aufzuräumen“, brachte er zwischen einem Lachen hervor, stieß im selben Moment endlich die Tür zu seinem Reich auf. Er kratzte sich wieder den Hinterkopf und wartete auf ihre Reaktion. Aufgeräumt war tatsächlich nicht, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass er das gröbste Chaos beseitigt hatte, bevor er sie zu sich eingeladen hatte. Kein dreckiges Geschirr und zumindest keine benutzte Unterwäsche konnte sie auf den ersten Blick entdecken. „Das macht doch nicht, solange auf dem Tisch genug Platz ist“, erwiderte sie mit einer abwinkenden Geste auf Höhe ihrer Brust. Ihr lag nichts fernen, als ihn in eine unangenehme Lage zu bringen. Es reichte, wenn sie sich in ihrer eigenen Misere befand. Und so war es ihr sogar möglich nicht zu stottern, wenn sie sich auf sein Zimmer statt ihn konzentrierte. Der Sessel in der Ecke, auf dem sich Kleidung häufte, war in diesem Moment sehr interessant. Interessanter als das Bett, dass frontal in ihrem Sichtfeld stand und kurzerhand ignoriert wurde. Es nutzte nichts, sie war bereits rot angelaufen. Ihr Vater hatte ihr stetig eingebläut, dass sie das Schlafzimmer eines Mannes erst dann betreten solle, wenn er seinen Segen abgegeben hatte. Dabei spielte es keine Rolle in welcher Beziehung sie zu dem anderen Geschlecht stand, auch nicht mit wie vielen Menschen sie sich im Raum befand. Es zierte sich einfach nicht. Und ihren Vater zu verärgern lag ihr noch ferner, als Naruto in Verlegenheit zu bringen.  Jetzt konnte sie es nicht mehr ändern, nur noch dafür sorgen, dass ihr Vater es nicht erfahren würde. Und die Existenz von Narutos Bett ignorieren. Naruto, der ihrem Blick gefolgt war, blockierte kurzerhand ihre Sicht auf seinen Wäscheberg und wies mit seinem Arm in Richtung Couch, die in der saubersten Ecke des Zimmers stand. Während sie sich die Haarsträhnen hinters Ohr strich, die ihr beim Abwärtsblicken ins Gesicht gefallen waren, schlich sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen. Er war doch nicht immer so unbeschwert und selbstsicher, wie er immer schien. Sie hätte schwören können, sie hätte ein gemurmeltes ‚Sorry‘, als er die orangene Stoffcouch ansteuerte. „Danke, dass du gekommen bist, ich kann mich viel besser konzentrieren, wenn du da bist, echt jetzt!“ Er hätte so viel sagen können, auf das sie eine gefasste Antwort parat hatte. So viel und doch sagte er etwas, das sie so weit in die Verlegenheit zurückstieß, dass ihr der Mut fehlte auch nur zu einer Antwort anzusetzen. Nicht nur die Worte verleiteten sie die Finger nervös ineinander zu verschränken. Die Geschwindigkeit, in der er das Gesagte vorgebracht hatte, machte der ihres Herzschlages Konkurrenz. Statt einer Antwort, einem simplen Ausspruch, einem Zuspruch, dass es ihr keine Umstände bereitete, presste sie ihre Lippen aufeinander, als wolle sie Worte am herauskommen hindern. Als sei es nötig. Es folgte eine unangenehme Stille, die auch nicht dadurch erträglicher wurde, dass Hinata den Inhalt ihrer Tasche feinsäuberlich auf dem Couchtisch verteilte. Die Hände zu beschäftigen half nicht ihren Herzschlag zu verlangsamen. Ihm nicht in die Augen zu sehen, ließ die Farbe aus ihrem Gesicht ebenso wenig schwinden. Naruto hatte vermutlich nicht vor genau das zu sagen, was er in diesem Moment gedacht hatte. Er war aber nicht bekannt dafür, die Schwere seiner Worte vorher abzuwägen. Warum die Frau auf seinem Sofa ihn nun aber anschwieg, konnte er auch nach sichtlich intensivem Nachdenken nicht nachvollziehen. Reden konnte er, also tat er es. „Oh, willst du was trinken? Ganz vergessen zu fragen.“ „G-Geht schon.“ Hinata hatte die Worte hinauspressen müssen, ihre Lippen trennen, die sie beinahe schmerzhaft aufeinandergelegt hatte. Keine fünf Minuten hätten sie auf die nächsten zwei Stunden vorbereiten können. Keine Zehn. Nicht mit ihm. Nicht in seinem Zimmer. Ihr trockener Hals, ließ sie einmal kurz husten. Verriet ihren Durst, den sie selbst nicht bemerkt hatte. „Ich hol dir was!“, erwiderte Naruto energisch, nachdem er ihr Hüsteln bemerkt hatte, „Wasser, Kaffee, Tee?“ „Wasser, bitte.“ „Kaffee? Klasse! Ich mach uns eine Kanne.“ Es war als rede sie gegen eine Wand. Als höre er ihr gar nicht zu. Er hatte ihr den Rücken zugedreht und schlenderte locker über den Parkettboden. „N-Naruto, mach dir keine Umstände!“, widersprach sie ihm zu ihrer eigenen Überraschung laut, „Wir haben doch gar nicht so viel Zeit“, murmelte sie noch, als sich die Tür hinter ihm schloss. Sie fühlte sich, als sei er davongelaufen. Mit zittrigen Händen öffnete sie eines der Bücher, das sie mitbringen sollte und lenkte sich mit dem Inhalt ab. Mit dem immer ruhiger werdenden Zeigefinger zog sie Zeile für Zeile entlang und beendete jeden Satz mit einem Ausatmen. Die ersten Male schloss sie dabei die Augen. Nach der ersten Seite hielt sie die Lider geschlossen. Er konnte sich in ihrer Anwesenheit besser konzentrieren und sie verlor jeglichen Faden in ihrem Kopf, wenn sie auch nur einen Gedanken auf seine blauen Augen richtete. Sie tat sich hiermit selbst keinen Gefallen. Besser sich selbst die Steine in den Weg legen. Seine lautstarken Schritte weckten ihre schweren Lider, die flatterten, als sei sie aus einem Schlummer erwacht. Schlummer voller Gedankenwirrwarr. Er kam mit einer Kanne und einer Tasse zurück, ließ sich nachdem er beides auf dem Tisch abgestellt hatte, schnaubend auf dem anderen Ende der Couch nieder. „Wie kann man so viel reden?“, sprach er eher zu sich selbst als zu Hinata. Diese wusste zwar nicht, wen er damit meinte, fragte aber nicht nach. „Oh, brauchst du Milch und Zucker?“ Er war schon wieder aufgesprungen, bevor sie sich selbst zu einem Widerspruch überredet hatte. Er flüchtete schon wieder. Hinata suchte nach dem Warum während sie gebannt auf die eine weiße Tasse starrte, die er für sie bereitgestellt hatte. Das konnte nicht sein Ernst sein. „Naruto, ich kann keine ganze Kanne trinken.“ Den Satz hatte sie sich zurechtgelegt, während er beides aus der Küche besorgt hatte. Sie klopfte sich innerlich auf die Schulter. Kein Stottern. „Zu zweit schaffen wir das schon!“ Sie war wieder zu keiner Antwort fähig, besah die einzige Tasse, die auf dem Tisch stand mit geweiteten Augen und schluckte. Andere Häuser, andere Sitten, aber aus derselben Tasse zu trinken, das kannte sie nicht. Das wäre beinahe wie Küssen. Das würde sie nicht stotterfrei überstehen. Narutos Stirnfalte glättete sich, als er Hinatas Blick folgte. Seine Hand traf seine Stirn mit einem dumpfen Knall, der sie aus ihrer Starre zucken ließ. „Sorry, ich hab die zweite Tasse vergessen.“ Er beendete seinen letzten Gang in die Küche mit einem entschuldigenden Grinsen im Türrahmen. „Jetzt aber!“ Er klatschte erst in die Hände, als er beide Tassen mit der dunkelbraunen, dampfenden Flüssigkeit gefüllt hatte. Mit jedem Schluck Kaffee und jeder erklärenden Schilderung wurden Hinatas Worte gefestigter. Kontrollierter. Als die zwei Stunden sich dem Ende nahten, konnte sie in seine Augen sehen, ohne ihre durchdachten Sätze zu vergessen oder zu stammeln. Damit war es vorbei, als sich die Tür zu seinem Zimmer mit einem Ruck öffnete. „Wie oft soll ich dir eigentlich noch sagen, dass du deinen Mist nicht überall rumliegen lassen sollst?“, begann Narutos Mutter, eine Tüte in der rechten Hand, einen schwarzen Kleidersack in der Linken, „Und hab ich dir nicht gesagt, dass du ein dunkelgrünes Einstecktuch kaufen sollst? Hört mir eigentlich irgendjemand in diesem Haus auch mal zu?“ Sie blies sich eine rote Strähne aus dem Gesicht, machte einige Schritte in das Zimmer, ohne zu berücksichtigen, dass ihr Sohn Besuch hatte und hing den Kleidersack in seinen Schrank, griff dann in die Tüte, um ein dunkelblaues Tuch herauszuziehen. „Reicht, dass dein Vater Rot und Orange nicht auseinanderhalten kann. Und Du! Sieht das etwa aus wie dunkelgrün?“ „Grün steht mir nicht“, antwortete er wie ein patziges Kind, nachdem er von der Couch aufgesprungen war, um seiner Mutter beides aus den Händen zu nehmen. In der Hoffnung sie würde wieder verschwinden. „Es geht aber nicht um dich!“ „Sondern?“ „Wie oft soll ich dir das eigentlich noch erklären?“ Sie füllte ihre Brust mit Luft, ließ diese aber nach einer kurzen Pause wieder aus, als ihr Blick auf Hinata fiel, die mit gefalteten Händen im Schoß und gesenktem Kopf aussah wie ein verängstigter Welpen. „Hinata, du bist es.“ „Können wir das später ausdiskutieren, Hinata muss gleich gehen und ich hab eine Prüfung zu bestehen.“ Er schob seine Mutter aus dem Raum, die vorher noch einen sanften Blick auf Hinata warf. „Alles in Ordnung?“ „Ach, die Alte will, dass ich mich voll auf die Tochter von Sunas Bürgermeister abstimme“, sagte er mit verärgerter Miene, „total unnötig. Mich interessiert dieses Partnerstadtgehabe keinen Meter. Jetzt muss ich ernsthaft bis zum Schluss bleiben. Das wird so öde, echt jetzt!“ „Wird es bestimmt nicht.“ „Doch!“, rief er sowohl energisch als auch verzweifelt aus. Der Grund für seine Verzweiflung wurde mit jedem weiteren Wort verständlicher. „Das Buffet macht es sonst immer erträglich, aber der Drache hat mir mit Hausverbot bei Ichiraku gedroht, wenn ich mehr als einmal Nachschlag hole.“ Der Drache war Kushina. Auch wenn Hinata diese Beschreibungen gegenüber Elternteilen selbst nicht schätzte. Es war respektlos. Aber Naruto hatte einen Grund und meinte es nur halbherzig. Das konnte sie vorhin an den freudebringenden Familienfotos an der Wand erkennen. Ichiraku war der beste Nudelsuppenimbiss der Stadt. Mit Abstand. Und Naruto war mit Abstand der loyalste Kunde. Manchmal träumte Hinata davon dort mit ihm allein zu essen und nicht immer nur in Begleitung irgendwelcher Freunde. Wenn sie aufwachte hatte sie immerzu Hunger. Auf Nudelsuppe und auf Narutos Zuneigung. „Kommst du auch?“, unterbrach er ihre Sehnsüchte. „Sicher.“ Ein unsicherer Blick auf den das Stück Stoff, das er seiner Mutter abgenommen hatte, bevor er sie aus seinem Zimmer geworfen hatte. Sie mochte die Farbe, die er gewählt hatte. „Du hast’s gut, kannst einfach ohne Begleitung hin“, murrte er. „Ich geh mit Neji“, erwiderte sie, „und Ten steht hinter der Bar.“ „Cool, dann kommt ihr alle schön mit zu meiner Afterparty!“ Mit einem dunkelroten Kopfnicken nahm sie seine Einladung an und packte gleichzeitig ihre Bücher zusammen. Der Blick auf die Uhr um ihr linkes Handgelenk, machte ihr klar, dass sie nur noch eine viertel Stunde bis zu ihrer Verabredung mit Tenten hatte. In ihrer Welt war sie bereits zu spät. Als sie das Grundstück der Uzumakis verließ, drehten sich ihre Gedanken nur noch um die Farbe des Einstecktuches. Mitternachtsblau.   „Definitiv beige, weiß“, Ino war gerade dabei alle Farben aufzuzählen, die ihrer Meinung nach Sakuras Teint am besten zur Geltung brachten, „champagner, silber, mintgrün, helles türkis und auf gar keinen Fall schwarz, du hast alle Blicke auf dich zu ziehen.“ Sie waren noch nicht einmal im ersten Geschäft angekommen und Ino war schon zur Gänze in ihrem Element. Seit Sakura sie vor zwei Tagen mit der Bitte, ihr bei der Kleiderwahl zu helfen, angerufen hatte, gab es kein Thema mehr, das die Aufmerksamkeit der blonden Modeliebhaberin längere Zeit in Anspruch nehmen konnte. Nicht einmal Männer. „Ich will, dass du das Erste bist, was man sieht, wenn man diesen gottverdammten Saal betritt“, hatte sie ihr an diesem Tag lautstark zur Begrüßung verkündet. Hätte sie nicht ihr Handy in einer Hand gehalten und die andere um Sakuras Schulter gelegt, hätte sie sich definitiv die Hände vor Vorfreude gerieben. Die Freude hielt sich bei Sakura im Hintergrund, bereit sich hervorkitzeln zu lassen. Nicht dass sie die gemeinsame Zeit mit ihrer besten Freundin nicht genießen würde, das war es nicht. Sie wollte der Gefahr aus dem Weg gehen, mit der Auswahl daneben zu liegen und direkt um Itachis Rat fragen. Der hatte sich auch nach weiteren Überredungsversuchen quer gestellt. Nichts hatte Wirkung gezeigt. An Kreativität hatte es nicht gemangelt, die Umsetzung war ebenfalls fehlerlos, das hatte selbst der Sturkopf zugegeben. Nichts half. Also musste Ino helfen. Der letzte und erfolgversprechendste Ausweg. „Mom hat mir diesen süßen Italiener empfohlen, der müsste hier irgendwo sein.“ Sie gestikulierte und zeigte auf diverse Gebäude, tippte dann auf ihrem Mobiltelefon herum, um Besagte noch einmal nach der genauen Adresse zu fragen. Sie befanden sich in einer wenig befahrenen Seitenstraße, nicht weit entfernt vom Einkaufszentrum und eher unscheinbar. Ein Café und sonst nur Reihenhäuser. Sakura zweifelte genauso an der Wegbeschreibung von Inos Mutter, wie die Blonde selbst, was sie auch während des Telefonats lautstark zum Ausdruck brachte. Nach zehn ‚Ok‘ und fünf ‚Ja, mach ich‘, drehte sich Ino, die sich üblicherweise zum Telefonieren, warum auch immer, immer mit dem Rücken zu ihrer Begleitung stellte, wieder in ihre Richtung und strahlte ihr entgegen. Sie waren wohl doch nicht so falsch. „So, Süße, jetzt geht’s los!“ Die blitzende Begeisterung war ansteckend. Sie war bereit. Mit oder ohne Itachi. Ino war wie ein Virus. Innerhalb einer Minute standen sie vor einem äußerlich unscheinbaren Geschäft, in dessen Schaufenster man etliche Kleider hängen sah. Auswahl war vorhanden. Sie hatten beschlossen, falls sie hier nicht fündig werden würden, noch im Einkaufszentrum Halt zu machen. Hoffnung keimte auf. Motivation ebenfalls. Fehlte nur noch das perfekte Kleid, um sie äußerlich und innerlich zum Strahlen zu bringen. Ino war wie ein nicht mehr zu stoppendes Energiebündel auf die erste Kleiderstange zugegangen, da war die Eingangsglocke noch nicht gänzlich verstummt. „34 oder hast du wieder unverhofft zugenommen?“ „Sieht es so aus?“ „Das hab ich nicht gesagt“, flötete ihre helle Stimme durch das Geschäft. Wie Inos Mutter vorausgesagt hatte, eilte eine Frau mittleren Alters auf die beiden zu und begrüßte sie freundlich mit der Frage, ob sie ihnen behilflich sein könne. Sakura war in Versuchung abzulehnen, wurde jedoch beim Ansatz loszusprechen von ihrer Freundin unterbrochen. „Die bezaubernde Dame braucht ein Kleid, mit dem sie bei Hyuugas Gala allen anderen die Show stiehlt, haben Sie sowas?“ In den Augen der Verkäuferin war nun genau dasselbe herausfordernde Glänzen aufgetaucht, wie in Inos. Ein hochansteckender Virus, diese Frau. Sie klatschte in ihre Hände und lächelte vielversprechend. „Irgendwelche Vorlieben für Farben und Schnitte?“ „Überraschen Sie mich!“, rief Ino ihr zu. Bestätigte Sakura damit, dass sie selbst am wenigsten Mitspracherecht bei der Auswahl haben würde. Sie atmete, sich selbst beruhigend, aus. Das war nichts Schlechtes. Fühlte sich nur beschissen an. „Kleidergröße 34 nehme ich an?“ „Exakt, ich bitte um wenig Zurückhaltung.“ Sakura bekam nicht einmal die Chance sich zu äußern, nahm es nun schulterzuckend hin und strich sich eine Strähne hinter ihr Ohr. Währenddessen hatte sich die Verkäuferin in ein Hinterzimmer verzogen und kam wenige Momente später mit zwei sprudelnden Sektgläsern zurück, die sie sogleich auf einer Anrichte abstellte. „Ein kleines Schlückchen Motivation für die Damen“, zwinkerte sie ihnen zu und begann dann zielstrebig Kleider von den Stangen zu nehmen, „ich hänge schon einmal ein paar in die Kabine.“ Es folgte eine künstlerische Pause, nach der sie Inos Farbpalette fast vollständig rezitierte und dafür ein anerkennendes Glucksen zur Antwort erhielt. „Oh Süße, ich seh uns schon siegreich hier rauslaufen.“ „Ino, das ist kein Krieg.“ „Das sagen nur Unwissende“, erwiderte sie mit einem Kopfschütteln und nippte an ihrem Sekt, „ich hab den Sieg soeben auf meiner Zunge kribbeln gespürt.“ Die Antwort war ein ehrliches Lachen. Mehr brauchte es nicht. Sakura hatte sich vorgenommen, sich nicht aktiv umzusehen, um Ino das Erfolgserlebnis nicht zu nehmen, wenn sie das Gewinnerkleid aussuchen würde. Wenn ihr etwas gefiel, sorgte sie dafür, dass Ino es bemerkte und ihr das Kleid aufschwatzte. Mit ihrem Glas in der Hand, lief sie verträumt an den Kleiderstangen vorbei, berührte mit den Fingerspitzen einige der Stoffe und nippte am sprudelnden Getränk. Jegliche Gedanken an schwarzhaarige Männer lagen beiseitegefegt in der Ecke. Das regelmäßige freudige Seufzen ihrer Freundin versicherte ihr, dass diese Entscheidung die richtige war. In Gedanken stellte sie schon das Abendessen auf die Beine, welches sie Frau Yamanaka und ihrem produzierten Virus zum Dank bereiten würde. „Wollen Sie schon mal ein paar anprobieren?“, wurde sie von der Verkäuferin aus ihren Plänen gerissen und nickte dann freudig. „Ino, ich spiel schonmal Barbie, kommst du dann?“ „Jaja, ich bin sofort bei dir!“   „Lang, kurz, schlicht, Jumpsuits, ich habe Ihnen so viel Auswahl wie möglich gelassen“, wies die Dame sie ein, als sie vor der Umkleidekabine zum Stehen kamen, „die Schuhe sollten zu allem passen, sagen Sie Bescheid, wenn sie eine andere Größe brauchen.“ Mit den Worten war sie auch schon wieder umgekehrt, ließ Sakura mit einem überwältigenden ersten Eindruck und hautfarbenen Pumps zurück. Die Frau hatte weder gelogen, noch untertrieben. Vor ihr hing alles, was in ihrem Wunschkleiderschrank fehlte. Die junge Frau hatte durchaus Kleider zu Hause, nur wurde ihr von klein auf eingeredet, es sei mandatorisch für jeden offiziellen Anlass ein Kleid zu tragen, in dem sie sich vorher noch nie gezeigt hatte. Immer wenn sie in Versuchung kam ein Älteres anzuziehen, hörte sie die strenge Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf.   Die Umkleidekabinen befanden sich in einem hinteren Teil des Geschäfts, der vom Eingang aus überhaupt nicht zu sehen war. Sie war erst so abgelenkt vom Inhalt ihrer Kabine, dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass noch eine weitere besetzt war. Es fiel ihr erst auf, als sie eine bekannte Stimme neben sich vernahm. „Hinata, komm da raus, ich schau dir nichts weg.“ „Das kann ich nicht anziehen.“ „Das entscheidest du nicht“, kam es bestimmt zurück, „zumindest nicht allein und jetzt zeig dich.“ Es war kurz still. Das kurze Rascheln eines Vorhangs. „Perfekt, wie angegossen. Wenn du das allein wieder ausziehen musst, ist er definitiv falsch gepolt.“ „Tenten!“, rief die andere Frau ihr aus der Kabine entgegen. „Tenten, hey“, entkam es Sakura, die ihre Stimme gefunden hatte. Sie war sich nicht sicher, ob sie auf die andere Frau zugehen sollte. Hatte sich bisher noch nicht getraut ihr eine Nachricht zu schreiben. Irgendwie war es ihr nicht angenehm sagen zu müssen, von wem sie die Nummer hatte. Einer weiteren komischen Situation wollte sie eigentlich aus dem Weg gehen. Ihre Bedenken waren unbegründet. Die Brünette war von ihrem Sessel aufgestanden und hatte sie kurzerhand in die Arme geschlossen. „Sakura“, wurde sie ohne ablehnenden Unterton gegrüßt, „kannst du meiner atemberaubenden Begleitung sagen, dass sie schärfer aussieht als sie sich fühlt?“ Tenten hatte sie an der Hand vor die benachbarte Kabine gezogen und ihr einen Blick auf eine zierliche Frau offenbart. Sie trug ein Kleid mit schwindelerregendem Ausschnitt, den sie versuchte mit ihren kleinen Händen zu verdecken. „Scharf, aber sie fühlt sich nicht wohl“, gab sie mit einem schüchternen Kichern zurück, „das verdirbt ihr vielleicht den Abend.“ „Danke!“, atmete Hinata aus und senkte ihre Schultern und Arme, bot damit wieder einen ansehnlichen Ausblick. „Du solltest sie zeigen“, zeigte sie mit einem Zwinkern auf ihr Dekolletee, nachdem sie einen guten Blick darauf werfen konnte. Die Antwort darauf war ein bestimmtes ‚Nein‘ und ein zugezogener Vorhang. „Einen Versuch war es wert, danke.“ „Kein Thema, ich mach mich dann selbst mal an die Arbeit.“ „Deinen charmanten Mann nicht dabei?“ Dass es ironisch gemeint und nur ausgesprochen wurde, um sich in Sicherheit zu wissen, konnte Sakura daran sehen, dass Tenten sich in ihrem Sessel zurückgelehnt und ihre Arme vor der Brust verschränkt hatte. Sie sah im Gesicht immer noch entspannt aus, davon ließ die Rosahaarige sich aber nicht täuschen. Sakura hatte Itachi mehrere Male gefragt, warum er einen so enormen Groll gegen Tenten hegte und dieser hatte darauf immer nur dasselbe geantwortet. Sie verleite Sasuke dazu, die schlechteste Version von sich selbst zu offenbaren. Was auch immer das zu bedeuten hatte. Und wie auch immer das eine Frau mit einem sturen Bock wie Sasuke das bewerkstelligen sollte. In Sakuras Vorstellung waren die Brüder beide unantastbar. Seit der letzten Woche, wusste sie, dass weder der eine noch der andere unfehlbar war. Ihr Freund war in der Nacht des Abendessens, an dem er sich verhalten hatte, wie jemand, den sie nicht kannte, erst weit nach ihr zu Bett gegangen. War dem Gesprächsthema aktiv aus dem Weg gegangen, genau wie am darauffolgenden Tag. Und dem danach. „Ach was“, winkte sie ab, „und Ino ist viel charmanter.“ „Das geht?“ Kopfschüttelnd zog sie sich zurück und hielt sich das erste Kleidungsstück gegen den Körper. Strich mit ihren Fingern über den altrosa Stoff, der Ino nicht im Ansatz gefallen würde.   „Süße, wenn du auch nur auf die Idee kommst, mir nicht jedes einzelne zu zeigen, waren wir die längste Zeit befreundet!“, konnte sie die Stimme ihrer besten Freundin in nächster Nähe vernehmen. Diese streckte sogleich ihren Kopf durch den Vorhang und beurteilte stumm die Auswahl mit einem Kopfnicken und reichte ihr ihre Eigene. Das altrosa Kleid in Sakuras Händen beäugte sie eine längere Zeit skeptisch „Jedes einzelne“, betonte sie erneut und ließ sich dann lautstark auf einem der Sessel neben Tenten nieder. Die beiden kannten sich nicht, doch kamen ins Gespräch als sich der Vorhang vor Hinatas Kabine wieder zur Seite schob. Ino kommentierte gemeinsam mit Tenten und entlockte der schüchternen Hyuuga damit noch mehr Gestammel als beim letzten Kleid. „Geht nicht auch weniger Ausschnitt?“ Einstimmig wurde abgelehnt. Sakura strich das samtige Kleid an ihrer Hüfte glatt und zog dann ebenfalls den Vorhang zur Seite. „Zu schlicht, nächstes!“ Sie konnte hören, wie zwei Gläser aneinander klirrten. Lachen folgte. Die beiden Frauen unterhielten sich nicht gerade lautstark, sodass Sakura nur Gesprächsfetzen aufschnappen konnte. Es ging um den Anlass, Hinatas Schwärmerei, Sakuras Kleiderdilemma und als das Thema zum jüngeren Uchiha schwenkte, von dessen Hinterteil Ino schwärmte, folgte keine Erwiderung mehr. Deeskalation, so schnell wie möglich. Sie zog in einem Rück den Reißverschluss ihrer nächsten Auswahl zu und trat nach draußen, ohne sich noch einmal selbst im Spiegel zu betrachten. „Uhlala, Sakura, ich wusste gar nicht, dass dir sowas steht.“ Vorerst ignorierte sie die Aussage und besah sich Tentens Miene, die mehr verstimmt als traurig wirkte und atmete dann hörbar aus. Es schien als sei sie direkt in Phase zwei übergegangen. Wut. War es ihr zu verübeln, wenn sich ihr Freund nicht für sie einsetzte und stattdessen die Schuld in ihre eigenen Schuhe schob? Sakura versuchte sich selbst in Tentens Lage zu sehen. Wie sie reagieren würde, würde Itachi sie in der Weise beiseiteschieben. Sie besah sich nach einer negativen Erkenntnis lieber selbst im großen Spiegel an der Wand zu ihrer Rechten. Sie musste Ino zustimmen, in so ein Kleid hatte sie sich vorher noch nie hineinfantasiert. „Wow, da hat dein Macho einen Hauptgewinn gezogen“, entkam es auch Tenten. Sakura hatte die Brünette nicht als so mädchenhaft eingeschätzt, dass sie sich von so einem Kleid begeistern ließ. Sie hatte falsch gelegen. Wie so oft. „Hinata, vielleicht kommst du auch noch relativ bedeckt davon, Sakura zeigt, dass es machbar ist.“ Hinter dem Vorhang konnte man ein erleichtertes Seufzen vernehmen. „Sicher nicht!“, wandte Ino ein, „solche Prachtstücke brauchen frische Luft.“ „Tenten!“, suchte Hinata nach Zuspruch. „Endlich eine Verbündete.“ Und wurde enttäuscht. „Sakura, willst du die anderen noch anprobieren?“, fragte Ino wieder an ihre Freundin gewandt, „wir bleiben sowieso bis der schüchterne Spatz was akzeptables gefunden hat.“ Der Beginn einer weiteren Mission.   Nichts, in dem sie sich selbst wohlfühlte, gefiel ihrer Jury. Nichts, was ihrer Jury gefiel, gab ihr ein Gefühl der Sicherheit, das sie so dringend brauchte. Zu geschlossen. Zu prüde. Zu schlicht. Zu alt. ‚Überhaupt nicht deine Farbe‘. Zum wiederholten Male fragte sich Hinata, welche genau ihre Farbe war. Sie selbst hatte seit dem Mittag eine relativ verlässliche Vorstellung davon, welche Farbe ihre war. „Können wir nicht einfach nach Hause gehen?“ „Nein“, war die einstimmige Antwort, die sie zurück in die Kabine trieb. Tenten hatte sich zu ihr hineingedrängt und auffordernd ein Glas vor Hinatas Gesicht gehalten. Der stillen Aufforderung hatte sie folge geleistet und das Glas in einem Zug geleert. Mit einer Prise Selbstbeherrschung konnte sie ein Husten unterdrücken. Die übrige Prise Hoffnung, die ihr noch geblieben war, steckte sie voll und ganz in das letzte Kleid, das noch auf seinem Bügel neben ihr in der Kabine hing. Es war Liebe auf den ersten Blick in den Spiegel. Ihre Liebe war Mitternachtsblau.   Es goss in Strömen, als wolle der Himmel verhindern, dass die Frauen das Gebäude verließen. Ino war vor einigen Minuten mit den Worten, ihre Mission sei abgeschlossen, der Krieg gewonnen und sie habe es eilig in den Regen verschwunden, während der Rest der Gruppe nur über die Straße in ein kleines Café gegangen war. In der Zwischenzeit hatte die Intensität des Niederschlags weiter zugenommen und der Plan, den Regen auszuharren, wurde immer unbrauchbarer. „Kannst du mich aus der Stadt abholen?“ Sakura hatte als erstes zum Handy gegriffen, um ihren Freund um Hilfe zu bitten. Erfolgreich hörte sich anders an. Tenten atmete aus und hoffte, dass Hinata bei Hanabi eine bessere Chance hatte. Neji brauchte sie nicht anrufen, die Uhr verriet ihr, dass er gerade mit Lee trainierte. „Oh, ok dann kein Thema. Nein, mach dir keine Umstände, bitte.“ Eine kurze Pause. „Das ist keine gute Idee.“ Sie hatte aufgelegt und sah ihre beiden Begleitungen entschuldigend an. „Wir werden abgeholt“, sagte sie nach zwei tiefen Atemzügen. „Gott sei Dank, Hanabi kann auch nicht.“ „Wieso siehst du dann aus, als säßen wir hier noch zwei Stunden fest“, warf Tenten ein und begegnete mit suchenden Augen einem entschuldigenden Ausdruck. „Itachi kann uns nicht holen.“ Die braunen Augen suchten immer noch nach Antworten. „Mikoto auch nicht.“ Augenbrauen zogen sich zusammen. „Aber sie schickt Sasuke.“ Seine Mutter war wohl immer noch besessen davon, den Abend wieder gut zu machen und Sasuke davon seine Mutter zufrieden zu stellen. Tentens Kehle entwich ein abschätziges Schnauben. „Dann bringt er hoffentlich einen Extra-Regenschirm, da steig ich nicht in den Wagen.“ „Habt ihr immer noch nicht miteinander gesprochen?“ „Nein.“ Sie hatte seine zwei Nachrichten genauso konsequent ignoriert, wie er die Tatsache, dass sie Grund zur Wut hatte. Wer sich auf Nachrichten wie: ‚Hast du dich endlich beruhigt‘ eine Antwort erhoffte, die ansatzweise positiv ausfiel, war definitiv kein Frauenversteher. „Dann ignorier ihn einfach.“ „Bin dabei und habe nicht vor damit aufzuhören.“ „Dann passts das doch.“ „Ich bin nicht inkonsequent.“ „Nein, du bist kindisch“, schnitt ihr Hinata ins Wort und damit ins Gespräch, bevor sie noch etwas erwidern konnte, „aber wie du möchtest. Dann fahr ich aber auch mit der Bahn.“ „Ich muss sowieso nach Hause“, sagte Tenten, um ihre beste Freundin wieder von der Idee abzubringen sich mit ihr bis auf die Unterwäsche durchnässen zu lassen. Hinata war fokussiert, wenn es darum ging Solidarität zu beweisen. Es war in Situationen wie diesen grauenhaft. In allen anderen liebenswert und wertvoll. „Lüg mich nicht an. Komm schon, ich hab das Kleid gekauft und dafür fährst du mit.“ „Keiner zwingt dich, mit ihm zu reden“, versuchte Sakura weiter zu bestärken, die Hände auf dem Tisch zu Fäusten geballt. „Sehen wir dann.“   Er hatte nicht erwartet, mehr als eine Person abzuholen und sie hier zu sehen. Das konnte sie an seinen leicht zusammengepressten Lippen erkennen, als er im Eingang des kleinen Cafés Stand und seinen Schirm einklappte. Es war der letzte Blick, den sie ihm widmete, den er verdiente, bevor sie sich wieder Hinata zuwandte. „Sakura.“ Den Rest übersah er gekonnt, das Ignoranztalent der Uchiha zur Schau stellend. „Hallo Sasuke, setz dich, ich geb dir für deine Heldentat was aus“, zwinkerte Besagte mit dem Kinn auf ihren Händen zu und erhielt einen unausgesprochenen Fluch von Tenten für ihre Höflichkeit. Sie hatten es nicht eilig nach Hause zu kommen, doch sie konnte sich wünschenswertere Gesellschaft vorstellen. Selbst Itachi war angenehmer. Ihm war wenigstens bewusst, dass er ein verdammtes Arschloch war. Von außen wirkte es, als säßen zwei unterschiedliche Paare an einem Tisch. Als sei an keinem anderen Tisch ein Platz frei, mit dem Fehler, dass genug Stühle zur offenen Auswahl standen. Während Hinata von ihrem Vormittag mit Naruto erzählte, wunderte sich Tenten, seit wann Sasuke freiwillig mehr als zwei Sätze mit der Frau ihm gegenüber wechselte. Ihr letzter Stand war überschwängliche Antipathie von seiner Seite und ermüdende Hartnäckigkeit von ihrer. Aktiv hörte sie den beiden nicht zu, versuchte hin und wieder Hinatas Erzählung zu kommentieren und nippte an ihrem lauwarmen Kaffee. Insgeheim war sie froh, dass es nicht zu unangenehmer Stille am Tisch gekommen war. Andererseits machte sie Sasukes unbeschwerte Art nervös, machte ihre Hände schwitzig und verleitete sie dazu ihre Handflächen an der Hose abzuwischen. Er hatte etwas vor. Nicht unbedingt mit ihr, aber sein ungewöhnliches Verhalten ließ alle Alarmglocken in ihrem Hirn aufkreischen. Sie hatte sich kurz entschuldigt und war ins Badezimmer verschwunden, um sich kaltes Wasser über die Handgelenke laufen zu lassen. Die Wut war Veschwörungsgedanken gewichen. Tenten musste sich bemühen, dem Gespräch zwischen Sakura und Sasuke nicht interessiert zu lauschen. Sie war nicht gut darin, unauffällig zu sein, was so etwas betraf. Sasuke würde es merken und so kindisch es klang, sie konnte ihn im Moment nicht gewinnen lassen. Sobald sie die Ignoranz aufgeben würde, hätte er wieder die Macht über ihre Freundschaft und das konnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht zulassen. Sie würde ihm zwangsläufig verzeihen. Das wusste er aber nicht. Noch nicht. Sie konnte Sakura lachen hören und fing ihren Blick auf, beantwortete ihn mit einer bittenden Falte zwischen den Augenbrauen und erhielt ein kaum merkliches Nicken. Natürlich bemerkte er es, drehte seinen Kopf zur Seite und sah ihr an diesem Tag das erste Mal wirklich in die Augen. Sie schüttelte den Kopf und bedeutete der Bedienung, dass sie zahlen wollten, setzte sich danach ohne ein Wort zurück auf ihren Platz gegenüber ihrer besten Freundin. Diese hatte besorgt ihre Stirn krausgezogen und spielte mit einer ihrer dunklen Haarsträhnen. Sasuke war aufgestanden, um das Auto schon einmal vorzufahren. Sakura hatte ihn selbstredend freudig begleitet. „Da ist was faul.“ „Was meinst du?“ „Der hat was vor.“ „Ten, ich hab noch nicht gelernt deine Gedanken zu lesen. Kannst du ein bisschen genauer werden?“ „Vergiss es, lass uns gehen.“ Ein entschuldigender Händedruck reichte, um Hinata sanft zu stimmen. Da war immer noch Hoffnung, dass die Autofahrt Klarheit schaffen konnte. 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