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Monster rumble

von

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Creatures of death


 

1
 

Dieser erste Dezember beginnt mit einer ungemütlichen, kalten Nacht, wird später zu einem noch ungemütlicheren Tag werden und anschließend in einer noch kälteren Nacht enden, doch das interessiert Douglass Norris kein bisschen, als er sein geheimes Labor in einem verwitterten, alten Container am Hafen betritt. In seinem selbstgebauten Refugium hat er alles, was er braucht und frieren muss er hier schon gar nicht. Das ist ausgesprochen wichtig, da seine Experimente sehr empfindlich sind und auch schon ohne das Zutun von Witterungseinflüssen alles andere als beständig sind. Doch Doug ist es gewohnt Fehlschläge hinzunehmen. Sein Leben ist praktisch damit gepflastert und dennoch ist er immer wieder aufgestanden und hat es erneut versucht. Was bleibt einem oftmals auch schon anderes übrig, solange man noch ein Fünkchen Leben in sich verspürt?
 

Jetzt ist er sich allerdings sicher, dass er endlich die richtige Formel gefunden hat. Nach hundertsiebenundachtzig Fehlschlägen musste es nun wirklich einmal so weit sein – es musste! Daher ist es auch nur noch eine Frage der Zeit, bis Gotham schmerzhaft erfahren wird, dass man sich nicht ungestraft mit Doctor Prodigium anlegt, ohne die Rechnung dafür zu bezahlen! All diese dummen Ignoranten haben ihn lange genug ausgelacht, seine Wissenschaft nicht ernst genommen und ihn grundlos verstoßen. Doch damit ist jetzt endgültig Schluss! In wenigen Tagen wird es so weit sein, dass seine wundervollen Schauergestalten dieses gottlose Stück Land übernehmen und jeden, der es auch nur wagt einen Pieps von sich zu geben, einem schmerzhaften, langsamen und unaussprechlichen Tod zuführen werden.
 

Schon allein beim Gedanken daran wie diese selbstgefälligen Trottel um Gnade winseln, während sich ihre dampfenden Eingeweide auf den kalten Straßen dieser verfluchten Stadt ergießen, bereitet ihm eine solche Erregung, dass er es nicht einmal in Worte fassen kann. Ein verräterisches Ziehen durchquert seinen Unterleib. Mit sichtlicher Überraschung blickt er an sich hinab und entdeckt die schnell anschwellende Beule in seinem Schritt. Und er hat auch einiges in der Hose, viel zu bieten, aber das hat er nie groß genutzt. Frauen sind im Grunde nur niedere Wesen und zu Loyalität nicht fähig. Sie laugen einen Mann schlichtweg nur aus. Hindern ihn am Denken. In der hintersten Kammer seines kranken Hirns, dort, wo selbst sein Wahnsinn nur noch Methode ist, hält Norris Sex grundsätzlich für abartig. Selbst, wenn er zu Fortpflanzungszwecken betrieben wird, kommt dabei doch normalerweise nur ein weiterer Tumor mit Gehirn heraus, der sich von einem räudigen Straßenköter nicht groß unterscheidet. Ein Grund mehr, warum er den Bewohnern dieser verkommenen Stadt beweisen will, dass seine Forschung die einzig wahre Zukunft für Gotham ist!
 

Ein wildes Lachen entkommt seiner Kehle und scheucht die unheilvollen Wesen in den Käfigen hinter sich auf. Ihre grotesken Schatten bewegen sich zwischen den Gitterstäben wie Ausgeburten der Hölle und irgendwie sind sie das ja auch. Einst war Norris ein genialer Genwissenschaftler, dem es gelungen war dutzende Krankheiten zu heilen. Doch bekam er dafür irgendeinen Dank? Anerkennung? Irgendetwas dergleichen? Nein! Stets haben andere den Ruhm eingesackt und er ging leer aus. Musste sich der Gemeinschaft beugen, obwohl er den Löwenanteil der Arbeit ganz allein gemacht hat. Aber so ist die Gesellschaft nun einmal – es gibt kein Ich, sondern immer nur ein Wir. Damit ist es jetzt aber vorbei und nur sein Name wird letztendlich in den Geschichtsbüchern dieser Welt stehen, als der Mann, der Gotham von all dem schlechten Einfluss befreit hat. Der den Reichen und Schönen vor Augen führt, dass sie auch nur Menschen sind, die sich beim Kacken aufs Klo setzen und dabei ganz sicher keine Goldklumpen zum Vorschein kommen, ganz genauso wie jeder andere auch!
 

Oh ja, sie werden begreifen, früher oder später werden sie begreifen und seine Arbeit anerkennen. Nicht so wie diese Vollidioten, die ihn auf die Straße gesetzt haben, weil sie mit seinen Forschungsmethoden nicht klar kamen. Und dabei wollte er dieser verruchten Stadt doch nur einen Gefallen tun. Sie von Schmerzen, Krankheiten und Angst befreien, in dem er etwas Neues aus ihnen macht. Jahrelang hat er mit der DNA von Menschen und Tieren experimentiert, um den perfekten Hybriden zu entwickeln. Stark, schnell, animalisch, schlau, robust, angriffslustig – ja, genau das sollte er werden, der neue Mensch. „Aber was ist denn mit der Ethik?“, haben ihn seine damaligen Vorgesetzten gefragt. „Man kann doch nicht einfach so in die Natur eingreifen, ohne zu wissen, was danach kommt. Was für Folgen das alles für Mensch und Natur haben könnte...“
 

Grundsätzlich gar keine schlechten Einwände. Aber der Mensch wäre im Laufe seiner Evolution garantiert nicht so erfolgreich geworden, wenn er sich nicht immer wieder mit der Gefahr und dem Neuen angefreundet und arrangiert hätte. Nur das hat uns so erfolgreich gemacht. Stets haben die überlebt und sich fortgepflanzt, die aus der Norm gefallen sind und daraus wurde etwas Besseres. Das nennt man natürliche Auslese! Douglass will dem Ganzen nur etwas auf die Sprünge helfen. Schließlich sind Mensch und Tier unter allgemeinen Bedingungen nicht in der Lage sich gemeinsam zu vermehren, doch die Geschichte hat gezeigt, dass es genau solche unabsichtlichen, zufälligen Kreuzungen sind, die ganz erstaunliche Arten hervorgebracht haben. Das Weltbild umkrempelten und den Kosmos neu anordneten und somit die Schwächeren zum Aussterben verurteilt waren.
 

Dummerweise haben diese Hohlköpfe das ja nicht begreifen wollen und nun hat der Schwarzhaarige seine Forschung halt umgestellt, um ihnen endgültig zu beweisen, wer hier das Sagen hat. Er ist schon längst nicht mehr daran interessiert die Welt mit seinen Kreationen zu verbessern, zu heilen, oh nein! Diese schauerlichen Missgeburten in den Käfigen sollen ihm stattdessen helfen diese Stadt zu Fall zu bringen, damit er ihr alleiniger Herrscher werden kann! Dann hat auch keiner mehr das Recht über ihn zu lachen. Sie werden sich nicht einmal mehr trauen Luft zu holen, wenn er es ihnen nicht gestattet. Welch glanzvolle Vorstellung das doch ist und nichts und niemand kann ihn jetzt noch daran hindern. Das ist das Allerbeste!
 

Ein vorfreudiges Seufzen verlässt seine Lippen. Konzentriert widmet er sich wieder seinem Tisch zu. Überladen von hunderten Unterlagen wirkt er so, als würde er jeden Moment unter seiner Last zusammenbrechen. Doch das ist nicht weiter schlimm. Doug findet schnell, was er sucht und nimmt seine Arbeit wieder auf.
 


 

2
 

Die Zeit vergeht und die Nacht neigt sich ihrem Ende, doch Norris ist noch immer vertieft in sein Tun. In dem Container, den er als Labor benutzt, gibt es eh keine Fenster oder dergleichen, weshalb er so oder so nicht merkt wie die Stunden vergehen. Doch das braucht er auch nicht, schließlich steht er so kurz vor der Vollendung allem, da kann er sich keinesfalls eine Pause erlauben.
 

Mit vor Erregung leicht zitternden Fingern zieht er das fertige Serum in eine Spitze und betrachtet die violett glühende Flüssigkeit kurz im Schein seiner Arbeitslampe. In dieser kleinen Kanüle befindet sich alles, wofür er fast sein ganzes Leben lang gearbeitet hat und dennoch kann er es kaum fassen. Eine Art unbekannte Ehrfurcht ergreift den Wissenschaftler eine Sekunde lang, dann ist er wieder hochkonzentriert. „Nun denn, Gotham! Gleich wirst du deinem Schöpfer einen Schritt näher sein!“, verkündet Douglass mit düsterem Lachen und wendet sich dem Käfig mit seiner letzten, noch unvollendeten Kreatur zu.
 

Die im Schatten lauernde Gestalt erwartet ihn mit zornigem Blick. Nur zu gut kann sich Norris vorstellen, dass ihn diese Wesen am liebsten zerfleischen wollen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Doch dazu wird es der Schwarzhaarige selbstverständlich nicht kommen lassen. Wenn er diese letzte Spritze verabreicht hat, bekommen alle seine Kreationen noch etwas injiziert, das ihm die völlige Kontrolle über sie geben wird und dann sind sie endlich bereit ihren Rachefeldzug über Gotham zu beginnen!
 

Doug ahnt allerdings nicht, dass seine Schöpfungen schon seit einer Weile ein gewisses Eigenleben entwickelt haben und ihnen daher bewusst ist, dass sie nichts weiter als Marionetten in seinem kranken Spiel sind. Verständlicherweise wollen sie sich so etwas nicht länger bieten lassen. Wollen frei sein und ihren natürlichen Trieben folgen. Diese unterscheiden sich aber nicht sonderlich von den Befehlen, die der Professor ihnen zuteil werden lassen würde. Das kümmert die Gestalten jedoch nicht. Tatsache ist, dass sie selbst entscheiden wollen, wen sie wann umbringen und was sie sonst noch tun möchten. Niemand soll ihnen befehlen und sie zu irgendetwas zwingen können. Sie haben einen eigenen Willen und setzen alles daran, diesen auch durchsetzen zu können – koste es, was es wolle!
 

Mit ein paar Schwierigkeiten gelingt es Douglass die Spritze zu setzen und seine Kreation zu vollenden. Er hat die Nadel noch gar nicht aus dem Fleisch der Bestie entfernt, da fällt auf einmal der Strom in dem Container aus. Ein Ärgernis, mit dem der Verrückte schon öfter kämpfen musste – ist halt alles nur behelfsmäßig zusammengewürfelt hier, da kann so etwas schon mal vorkommen. Er ahnt jedoch nicht, dass dieses Mal nicht die schlecht verkabelten Leitungen dafür verantwortlich sind, sondern seine wild entschlossenen Schöpfungen.
 

In der angebrochenen Finsternis glühen ihre zornigen Augen auf wie Taschenlampen. Dann packt Norris eine grabeskalte Pranke am Arm und zerrt ihn gegen die Gitterstäbe des Käfigs. „Nein!“, entkommt es dem Schwarzhaarigen in einer Mischung aus Angst und Unglauben. Tiefes Knurren erfüllt den Container; Krallen, die quietschend über Metall kratzen; Stahl, der sich kreischend verbiegt. Das Herz des Doktors beginnt heftig zu schlagen und doch ahnt er nicht, was ihn gleich erwartet.
 

Die Pranke hält ihn weiterhin fest. Plötzlich zuckt ein elektrischer Blitz durch den Raum. Das Licht geht wieder an und beginnt dann unkontrolliert zu blicken und zu zucken. Es gleicht einem billigen Horrorfilm. Norris kann sehen, wie seine Kreaturen auf fast schon magische Weise ihre Käfige verlassen und todbringend auf ihn zuhalten. Panisch versucht er sich loszureißen, doch es gelingt ihm nicht, eine schier unmenschliche Kraft hält ihn zurück.
 

Eigentlich haben die Wesen vor ihn qualvoll zu töten und dann in die Freiheit zu entfliehen, doch es kommt anders. Ein achtlos von der Decke hängendes Kabel löst sich auf einmal aus seiner Halterung und stürzt in einem Funkenregen herab. Das nackte Ende landet mitten auf dem Käfig, an dem Norris von dieser Bestie festgehalten wird. Eine heftige, elektrische Ladung jagt durch den Stahl und setzt sowohl Doug, als auch die Kreatur unter Strom. Erschrocken weichen die anderen Wesen zurück. Betrachten fassungslos wie ihr Schöpfer und ihr noch immer gefangener Mitstreiter von der Ladung nahezu untrennbar miteinander verbunden werden – praktisch miteinander verschmelzen.
 

Nach endlosen Sekunden rutscht das nackte Kabelende schließlich vom Käfig herab und stellt keine Gefahr mehr dar. Douglass und seine Schöpfung brechen qualmend auf dem Boden zusammen. Von dem Wissenschaftler ist praktisch nichts mehr übrig, als eine verkohlte Leiche. Das Wesen in dem Käfig scheint das Ganze aber besser weggesteckt zu haben. Nach ein paar Augenblicken rührt es sich wieder. Stöhnend kommt es auf die Füße und schüttelt sich den Dreck ab. Orientierungslos blickt es sich um, erkennt dann aber seine Freunde.
 

Diese sind von einer Art primitiver Erleichterung ergriffen und nähern sich vorsichtig wieder. Gemeinsam gelingt es ihnen, ihren Kollegen aus dem Käfig zu befreien. Doch jetzt heißt es Abschied nehmen. Sie sind einfach zu verschieden, um den Weg gemeinsam zu gehen und dessen sind sie sich überdeutlich bewusst. Mit einem letzten Blick auf die verkohlte Leiche ihres Schöpfers treten sie in die eisige Nacht hinaus und zerstreuen sich in alle Winde...
 


 

3
 

Auf der anderen Seite der Stadt endet in diesem Moment eine stundenlange Verfolgungsjagd und ein heftiger Kampf, der den beiden Kontrahenten alles abverlangt hat. Doch Batman und der Joker sind hart im Nehmen und miteinander auch weit Schlimmeres gewohnt. Doch die schneidende Kälter dieser Nacht macht es ihnen schwer Ausdauer und Konzentration zu bewahren. Vielleicht ist es aber auch etwas Anderes, denn immerhin trägt der Clownprinz niemals Schuhe, auch nicht bei diesen Temperaturen, von daher wäre es doch recht verwunderlich, wenn ihn nur die Kälte in die Knie zwingen würde. Irgendetwas ist es jedenfalls und so lässt er sich von dem Mitternachtsdetektiven mehr oder weniger bereitwillig festnehmen. Der Grünhaarige weiß, dass er von dem Maskierten wieder zurück nach Arkham gebracht werden wird. Entgegen jeder Meinung kümmert es den Verbrecher allerdings wenig – schon bald wird er wieder ausbrechen und neue Schandtaten verüben. Bis es soweit ist kann er aber eine Spritztour im Batmobil genießen und das kann nun wirklich nicht jeder von sich behaupten.
 

Unsanft wird er von dem Schwarzgekleideten auf den Beifahrersitz verfrachtet. Mit speziellen Handschellen fesselt Batman ihn ans Armaturenbrett. Eine weitere Sicherung erhält der Verrückte durch eine kurze Kette, die ebenfalls am Armaturenbrett befestigt wird. Das andere Ende hakt der Dunkle Ritter mit einer ausgeklügelten Sicherung in der Öse ein, die sich am Hals des Clowns befindet. Zum unverwechselbaren Kostüm des Spinners – das ironischerweise eine bunte Zwangsjacke darstellt – gehört auch eine Art Hundehalsband und genau an diesem befindet sich die besagte Öse.
 

„Oh Batsy, du weißt genau wie du mich anpacken musst, nicht wahr, mein Großer?“, kommt es in einem süffisanten Tonfall von dem blassen Mann. Der Angesprochene gibt aber lediglich ein Schnauben als Antwort von sich und zieht die Kette dann noch strammer. Dies entlockt dem Joker nur noch mehr verzückende Laute, die Batman fast in den Wahnsinn treiben. Vehement versucht er die Neckereien dieses Spinners zu ignorieren, doch mit jeder Nacht, die sie aneinandergeraten, wird es schwieriger. Der Dunkle Ritter ist sich bewusst, dass ihre beiden Schicksale untrennbar miteinander verbunden ist und sie allein schon deswegen immer die Nähe des anderen suchen, bis es einem von ihnen irgendwann gelingen wird den anderen zu töten. Allerdings hat er nicht erst seit gestern das Gefühl, dass Joker von ihm eine ganz andere Nähe zu erzwingen versucht und das behagt ihm gar nicht. Im Grunde hat Bruce kein Problem mit Männern, steht dem Thema sehr offen gegenüber, doch der Clown wäre der Letzte auf der Welt mit dem er so eine Verbindung eingehen wollen würde.
 

„Ja, zieh die Kette noch ein bisschen strammer!“, jauchzt der Grünhaarige vergnügt. Brummend entfernt sich der Detektiv von ihm, umrundet den Wagen und lässt sich dann hinter das Lenkrad sinken. Müde lässt er den Motor aufheulen und gibt ein erschöpftes Seufzen von sich. „Sei einfach still, Joker, und tu uns beiden damit einen Gefallen...“, erwidert er matt und tritt aufs Gas. Das Batmobil setzt sich gehorsam in Bewegung und legt schnell an Tempo zu. Zielsicher jagt es durch die nächtlichen Straßen Gothams seinem Bestimmungsort entgegen.
 

„Nun sei doch nicht immer so ein Spielverderber!“ schmollt der Jüngere in sich hinein. „Lach doch einfach mal! Das würde dir sicher sehr gut tun.“ „Batman lacht nicht und erst recht nicht über deinen Unsinn.“, gibt der Schwarzgekleidete zur Ruhe bemüht zurück und konzentriert sich vehement auf die Straße, was bei der jetzigen Geschwindigkeit des Wagens auch eine sehr gute Idee ist. „Ach nun hör doch auf! Es gibt sicher auch etwas, worüber sich der hochgeschätzte Batman vor Lachen ausschütten kann! Ich habe nur noch nicht herausgefunden, was das ist...“ „Da kannst du lange nachdenken und wirst doch nichts finden. Aber in Arkham hast du sicher viel Zeit dafür.“
 

Schmollend schiebt Joker die Unterlippe vor und versucht beleidigt die Arme vor der schmalen Brust zu verschränken. Schnell merkt er jedoch, dass ihm das wegen der Handschellen nicht gelingt. „Tse! Manchmal frage ich mich, ob du schon als Miesepeter auf die Welt gekommen bist...“, schnaubt er und versucht die Fesseln unauffällig zu lösen. „Nein, bin ich nicht. Aber du hast einen großen Beitrag dazu geleistet mich so werden zu lassen und jetzt sitz endlich still und hör auf an den Handschellen rum zufummeln! Denkst du etwa ich merke das nicht?“, erzürnt wendet Batman ihm einen Moment das Gesicht zu. Joker sieht ihn jedoch völlig unschuldig an und lässt die Hände dann in den Schoß sinken.
 


 

4
 

Ein paar Augenblicke herrscht tatsächlich Ruhe und der Maskierte beginnt schon zu hoffen den Rest des Weges ohne Schwierigkeiten hinter sich bringen zu können. Doch Joker wäre ganz sicher nicht Joker, wenn er das zulassen würde. Er beginnt nämlich erneut an den Handschellen zu arbeiten. Da seine Hände nun aber in seinem Schoß liegen, kann Batman sie nicht mehr ganz so gut beobachten und gleichzeitig die Straße im Auge haben. Doch um ganz sicher zu gehen, sollte der Clown das Gespräch mit seinem trübsinnigen Gegenüber wieder aufnehmen, damit er auch weiterhin abgelenkt wird. Ein kleines Grinsen huscht über sein bemaltes Gesicht hinweg. „Hey Batsy, wo ist eigentlich das Radio in deiner schicken Karre?“
 

Innerlich verdreht der Angesprochene nur die Augen und beißt sich schon beinahe auf die Zunge, um dem nicht nachzugeben. Letztendlich antwortet er ihm aber doch. „Hier gibt es kein Radio...“ gespielt empört blickt ihn der Joker an. „Nicht? Das Ding kann während der Fahrt doch praktisch deine Steuererklärung freihändig machen und hat dann noch nicht mal ein billiges Radio? Das ist wirklich enttäuschend!“ Bruce seufzt nur tief in sich hinein, doch aus irgendeinem Grund gelingt es ihm heute Nacht einfach nicht den Unfug dieses Verrückten zu ignorieren. Irgendetwas liegt in der Luft, er kann es spüren, doch er weiß einfach nicht, was es ist. Allerdings wäre es sicher ratsam es schnellstmöglich herauszufinden, bevor er sich noch mit dem Wahnsinn dieses Verbrechers ansteckt.
 

„Batman braucht kein Radio und auch keine Steuererklärung.“, gibt er möglichst ruhig von sich, auch wenn es ihm schon sichtlich schwer fällt. „Oh doch! Auch ein Batman braucht ganz sicher mal so etwas wie Aufmunterungsmusik oder etwas Wildes, um sich auf einen Kampf vorzubereiten...“ Joker hat den Satz noch nicht einmal ganz beendet, da fällt der Maskierte ihm auch schon etwas ungehaltener ins Wort. „Nein, ganz sicher nicht! Ich brauche einfach nur meine Ruhe! Und wenn du nicht endlich still bist, dann stopfe ich dir den vorlautes M...“ Der Dunkle Ritter kann seine Drohung nicht mehr vollenden, da reißt der Grünhaarige plötzlich wie von Sinnen die Augen auf und starrt aus der Windschutzscheibe.
 

Batman hatte sich ihm zugewandt, um seinen Worten Nachdruck verleihen zu können und so sieht er nun auch nicht, was der Joker gerade sieht. Das Nächste passiert innerhalb eines Sekundenbruchteils, sodass der Detektiv nicht mehr reagieren kann. Dennoch kommt es ihm so vor, als wäre er in einer Zeitlupenaufnahme gefangen, die den Wahnsinnigen neben ihm aber nicht betrifft. Überrascht sieht Bruce mit an, wie der Jüngere schier völlig leicht die spezial angefertigten Handschellen zu Boden fallen lässt. Klirrend landen sie vor den blanken Füßen des Kriminellen. Noch ehe das Geräusch versiegt, greift sich der Joker in den Nacken und löst die Schnalle seines Halsbands mit einer einzigen fließenden Bewegung.
 

„Pass auf!“, gebärt sich der selbsternannte Prinz auf einmal. Im selben Atemzug wirft er sich Batman entgegen und stößt diese beiden Worte aus. Der Mitternachtsdetektiv fürchtet einen hinterhältigen Angriff seines Gegenübers und versucht noch zurückzuweichen. Doch diese schreckliche Langsamkeit hält ihn auch weiterhin gefangen und so realisiert er viel zu spät, dass der bleiche Mann neben ihm keinen Angriff ausführt, sondern nach dem Lenkrad des Batmobils greift. Mit einem erstaunlich kraftvollen Ruck reißt er es scharf nach rechts, was der Wagen mit kreischenden Reifen kommentiert, dem Befehl aber widerstandslos folgt. Das schwer gepanzerte Fahrzeug geht scharf in die Kurve und hält dabei direkt auf einen Brückenpfeiler zu.
 

Endlich, nun endlich löst sich diese verdammte Zeitlupe und Batman kann reagieren. Grob packt er Joker am Kragen und wirft ihn praktisch in dessen Sitz zurück. „Spinnst du jetzt völlig?“, giftet er wütend, während er selbst wieder das Lenkrad ergreift und den Wagen herumzureißen versucht, bevor sie gegen den heranrasenden Betonpfeiler krachen. Das Batmobil würde dem Aufprall zwar ziemlich gut standhalten, seine Insassen zwar durchgeschüttelt, aber den Aufprall sicher halbwegs unbeschadet überstehen, dennoch kann Bruce diesem Reflex nichts entgegensetzen. Das Fahrzeug gerät ins Schlingern, dreht sich zweimal um die eigene Achse und kommt dann endlich zum Stehen.
 

Für eine Sekunde ist nur Batmans hektischer Atem zu hören, dann schluckt er hart und findet seine Stimme wieder. „Was sollte das denn? Willst du uns etwa beide umbringen, du verrückter Spinner?“, blafft er den Clown zornig an und ballt drohend die Fäuste. Der Grünhaarige hockt noch immer auf dem Sitz, wie Batman ihn dort hineinbefördert hat und blickt ihn nun wieder schmollend an. „Ich bin nicht verrückt...“, gibt er wie ein trotziges Kind von sich. Batman fehlen schlichtweg die Worte bei diesem Ausspruch, weiß er doch nur zu gut, wie sehr das Genie neben ihm vom Wahnsinn zerfressen ist. Doch scheinbar nimmt Joker diese Tatsache selbst nicht mehr wahr oder will sie einfach nicht akzeptieren.
 

„Was sollte das denn dann?“, hakt Wayne erneut nach. „Da war ein Monster direkt vor uns!“, platzt es schließlich aus dem Jüngeren heraus. Kraftlos lässt der Maskierte die Fäuste sinken. „Du bist doch völlig verr...“, setzt er an, wird aber augenblicklich von seinem Gegenüber unterbrochen. „Ich bin nicht verrückt!“, gebärt er sich wütend und knirscht bedrohlich mit den Zähnen. Innerlich schlägt sich der Schwarzgekleidete die Hand vor die Stirn. Diese Diskussion führt doch einfach zu nichts. Er muss sich dringend beruhigen, wenn er eine Antwort von diesem Spinner haben will, denn immerhin scheint Joker vollkommen von seinen Worten überzeugt zu sein und plant nicht doch noch einen fiesen Angriff.
 

„Schön, dann verrate mir doch mal, was das für ein Monster gewesen sein soll!“, fordert er nachdrücklich. „Ein großes, mit Flügeln wie eine riesige...“, setzt der Clown ein. „Eine riesige Fledermaus? Seit wann erschreckst du dich denn so vor Man-Bat?“ Nun ist es der Grünhaarige, der die Augen verdreht. „Das war nicht Man-Bat und das wollte ich auch gar nicht sagen, verflucht! Das Ding so aus wie eine riesige, mutierte Motte!“ Finster funkelt er den Älteren an. Unwillkürlich beginnt Batmans Mundwinkel zu zucken. „Eine Motte, ja? Du hast mich vorhin gefragt, was Batman zum Lachen bringt und da hast du deine Antwort! Eine mutierte Motte! So etwas Albernes habe ich ja noch nie gehört!“ Entgegen seinen Worten lacht Bruce jedoch nicht – zumindest nicht äußerlich – stattdessen erwidert er den finsteren Ausdruck des Jokers.
 

„Du Mistkerl! Es ist aber wahr! Und wenn du mir nicht glaubst, dann sieh doch selbst nach!“, blafft der selbsternannte Prinz rückt und verschränkt nun schmollen die Arme vor der Brust. „Eigentlich müsstest du mir dankbar sein. Immerhin habe ich deinen hübschen Arsch gerettet!“ „Du hättest uns fast gegen einen Brückenpfeiler gefahren, weiter nichts! Also bilde dir bloß nichts darauf ein!“, kontert der Maskierte wütend. Dennoch öffnet er das Dach, steht auf und blickt sich um. Nichts, wie er es schon vermutet hat. Seufzend setzt er sich wieder hin, startet den Motor und bringt das Batmobil zurück auf die Straße. Ehe er den Weg fortsetzt, wirft er dem Mann neben sich noch einmal einen strengen Blick zu, sieht jedoch davon ab ihm wieder Handschellen anlegen zu wollen. Der Kriminelle sieht im Moment eh nicht so aus, als würde er noch irgendetwas versuchen wollen, sitzt stattdessen nur schmollend da und starrt aus dem Beifahrerfenster.
 

Das Ganze hat ihn offenbar ziemlich mitgenommen, sodass Bruce schon beinahe Mitleid mit ihm hat. Aber vielleicht kann er so die restliche Wegstrecke friedlich hinter sich bringen ohne, dass dieser Wahnsinnige noch einmal so einen Unsinn abzieht?
 


 

5
 

Eine halbe Stunde später erreicht das Batmobil schließlich die Mauern des Arkham Asylum. Zwei Pfleger erwarten sie schon am offenen Tor, doch Batman fährt nicht hindurch, sondern wendet sich seinem Beifahrer zu. Eindringlich mustert er den Clown, der immer noch mit verschränkten Armen auf seinem Sitz hockt. „Ich werde großzügig über diesen Zwischenfall hinwegsehen, doch dafür will ich, dass du wenigstens mal einen Monat in deiner Zelle bleibst, verstanden?“ Der Angesprochene gibt ein Schnauben von sich. Dann beugt er sich hinab, hebt sein Halsband auf, befreit es überraschend leicht von der Kette und legt es dann wieder an. „Du kannst mich mal!“, gibt er dem Detektiv trotzig zu verstehen.
 

Ehe der Maskierte etwas erwidern kann, öffnet Joker die eigentlich noch verriegelte Beifahrertür und steigt aus. Mit erstauntem Blick verfolgt Bruce, wie der Clown sich dann den beiden Pflegern nähert, die schussbereit ihre Waffen auf den Grünhaarigen richten. „Halt! Keinen Schritt näher!“, bringt der eine unsicher hervor. Entgegen aller Annahme bleibt der Kriminelle tatsächlich stehen. „Macht euch nicht in die Hosen, Jungs! War ein mieser Tag, also macht schon, ehe ich es mir anders überlege...“, verkündet er seufzend und streckt bereitwillig die Arme aus. Irritiert sehen sich die beiden Pfleger an und werfen dann einen Blick zum Batmobil, von dessen Dachklappe aus Bruce das Ganze nicht minder verwundert beobachtet. Er zuckt lediglich mit den Schultern, um den beiden zu verdeutlichen, dass auch er keine Ahnung hat, was mit dem sonst so aufmüpfigen Joker los ist.
 

„Ich warte nicht gern, wisst ihr?“, meint der Grünhaarige schließlich. Dann endlich bewegen sich die beiden Pfleger und legen ihm Handschellen an. Er wehrt sich nicht, wirft nur einen letzten, trotzigen Blick zu Batman hinüber, ehe sie das Tor wieder schließen und ihn in seine Zelle bringen. Der Dunkle Ritter bleibt ratlos allein zurück. Ist der Joker wirklich so sehr von dem überzeugt, was er gesehen haben will, dass er es Batman nun allen Ernstes übel nimmt, dass er ihm nicht glaubt? Der Maskierte weiß nicht recht, was er davon halten soll und tut das Ganze daher als schlechten Scherz ab. Etwas Anderes bleibt ihm in Moment wohl auch nicht übrig, denn er hat ja keinen Beweis für die Behauptung des Clowns. So setzt er sich wieder hinters Steuer und fährt nun endlich nach Hause. Dennoch lassen ihm die Worte des Jokers nicht ganz los: Eine riesige, mutierte Motte...

Moth in the spotlight


 

1
 

Es ist nur drei Tage her, seit Batman den Joker zurück nach Arkham gebracht hat und schon hat er den nächsten Flüchtigen auf seinem Beifahrersitz hocken. Der Riddler ist jedoch ein weit angenehmerer Zeitgenosse, als dieser verrückte Clown, weshalb die Fahrt zur Anstalt doch eher friedlich verläuft. Normalerweise ist der Rätselmeister zwar eine echt nervige Quasselstrippe, die ohne Punkt und Komma immerzu reden kann, doch das kühle Wesen des Detektivs hat ihm mehr als deutlich gezeigt, dass er hier nur seinen Atem verschwendet. Daher sitzt der Brünette mit hängenden Schultern erstaunlich schweigsam neben dem selbsternannten Ritter und grübelt über einem neuen Plan, wie er Arkham schnellstmöglich wieder verlassen kann. Dieser Ort ist einfach nichts für ihn, weshalb er nicht länger als irgend nötig dort verweilen will. Diese Ansicht teilen wahrscheinlich alle Insassen, aber nur sehr wenigen gelingt es auch dergleichen in die Tat umzusetzen. Dafür haben sie einfach nicht die nötige Intelligenz. Der wirkliche Trick an der Sache ist es aber, Batman anschließend nicht gleich wieder in die Arme zu laufen und das ist sein Problem. Egal, wie er es auch dreht und wendet, ihm fällt nicht ein, wie er den Rächer abermals überlisten könnte, um sich etwas dauerhafteren Ausgang zu verschaffen. Aber er wäre nicht der Herr der Rätsel, wenn ihm dazu nicht früher oder später etwas einfallen würde.
 

Bescheidener Weise hält das gepanzerte Fahrzeug des Maskierten in diesem Moment vor den schmiedeeiserenen Toren der Anstalt und schon ist es auch vorbei mit dem Frieden und dem Nachdenken. „Das kann doch einfach nicht wahr sein...“, entkommt es Batman mit einem Anflug von Zorn. Leise knurrt er in sich hinein und starrt durch die Windschutzscheibe. Edward wird dadurch aus seinen Gedanken gerissen und versucht herauszufinden, was den Schwarzgekleideten so aufregt. Als er die Ursache dafür erblickt, weiß er nicht recht, ob er nun schmunzeln oder sich ebenfalls ärgern soll. Es ist der Joker, der dort gerade das Tor emporklettert und mal wieder dabei ist auszubrechen. Innerlich verdreht Ed nur die Augen. Dieser Clown ist doch einfach unfassbar. Wie schafft er das nur immer wieder? Doch vielleicht hat er ja Glück und Joker entwischt Batman, dann hätte er wenigstens seine Ruhe und müsste sich von dem Grünhaarigen nicht immer anmachen lassen? Gut möglich, dass er dann sogar ein Weilchen länger in Arkham verweilt und den Frieden genießt, der dann jedes Mal eintritt, wenn der König der Spinner wieder einmal abgehauen ist. Joker schafft es nämlich regelmäßig die anderen Insassen dermaßen verrückt zu machen, dass nur noch Chaos herrscht und das macht das ohnehin schon nicht gerade rosige Leben in dem Schuppen zu einer echten Zerreißprobe. Wer hier landet und auch nur noch einen winzigen Funken Klarheit im Verstand trägt, wird dank dieses Idioten definitiv völlig Gaga und das kann sich der Riddler nun wirklich nicht leisten.
 

So teilt er also Batmans Unmut über diesen Anblick. Gleichzeitig kann er sich ein Schmunzeln aber dennoch kaum verkneifen, denn niemand tanzt dem Mitternachtsdetektiven so schön auf der Nase herum wie der Joker. Und wer weiß, vielleicht ergibt sich dabei ja sogar die Chance zur Flucht? Plötzlich weiten sich Edwards Augen. Das ist doch die Idee! Soll sich der Rächer doch mit diesem Spinner herumärgern, dann kann er das Weite suchen und ist sie beide wieder für eine Weile los. Es muss ihm nur gelingen diese Handschellen loszuwerden. Allerdings dürfte das kein allzu großes Problem sein. Während sich die beiden miteinander anlegen, hat er in jedem Fall genug Zeit dafür. Da stört ihn noch nicht einmal die Tatsache, dass Batman sich seit seiner letzten Gefangennahme eine neue Konstruktion dafür hat einfallen lassen.
 


 

2
 

Der Riddler versucht sich gerade mit dem Gebilde vertraut zu machen, da öffnet sich die Beifahrertür und Batman erscheint neben ihm. Etwas überrascht registriert Edward, dass der Dunkle Ritter die Verbindung kappt und ihn dann aus dem Wagen herauszerrt, statt sich gleich auf den Joker zu stürzen. „Hey, langsam! Musst du nicht erst...“, setzt Riddler etwas überfordert an und kommt dann unsanft neben dem Wagen im festen Griff seines Widersachers und der Handschellen zum Stehen. „Ich muss gar nichts...“, kommt knapp die Antwort des anderen, während er seinen Gefangenen in Richtung Tor zu schieben beginnt. „Halt, mein Stab!“, fällt es Ed wieder ein, hatte Batman ihm den doch abgenommen und auf den Rücksitz geworfen. Nun hält ihm der Rächer genau diesen aber direkt vor die Nase. Da seine Hände allerdings immer noch gefesselt sind, leider außer Reichweite. „Keine Sorge, du bekommst ihn schon wieder.“, erwidert Batman etwas trotzig und schiebt ihn weiter vor sich her.
 

„Was ist mit dem Joker?“, fragt der Brünette schließlich und deutet zu dem Clown hinüber, der nun mit seinen nackten Füßen wie ein Affe über das Tor zu turnen beginnt, dabei geschickt den langen, spitzen Lanzen ausweicht, die sich über den oberen Bogen ziehen. „Lass das mal meine Sorge sein.“, brummt der Maskierte ihm zu. Betrübt lässt Riddler erneut die Schultern hängen. So viel zu seinem schönen Plan. Wieder einmal ruiniert, dank dieses Spinners. Wirklich herrlich...
 

Grob zerrt Batman ihn weiter, bis sie in sicherem Abstand vor dem Tor zum Stehen kommen. Unbehagen durchflutet den Rätselmeister. In der Nähe des Jokers fühlt er sich immer irgendwie so, gleichzeitig kann er sich jedoch hervorragend in diesen Verrückten hineinversetzen. Es ist ein echtes Dilemma. Absichtlich hält er daher den Blick gesenkt, in der vagen Hoffnung, dass der Grünhaarige ihn nicht beachtet und keinen Unfug von sich gibt, der ihrer beider Lage nur noch verschlechtert. Zu seiner Überraschung ist es jedoch der Dunkle Ritter, der zuerst das Wort ergreift.
 

„Hattest du mir nicht versprochen einen Monat lang nicht auszubrechen, wenn ich dir den Blödsinn mit diesem Monster abkaufe?“, brummt er mit tiefer Stimme. Ein Blitz jagt durch Riddlers Gedanken. ‚Ein Monster? Was denn für ein Monster?‘ Plötzlich ist sein Interesse geweckt, dennoch hält er den Blick gesenkt. Der Angesprochene gibt ein herablassendes Lachen von sich. „Netter Versuch, Batsy! Doch du hast mir ja nicht geglaubt, dass ich diese mutierte Motte gesehen habe. Warum also sollte ich dir dann den Gefallen tun und mich hier langweilen?“ ‚Das Monster ist eine Motte?‘, geht es Ed zweifelnd durch den Kopf. ‚Was, um Himmels willen, stimmt jetzt nur wieder nicht mit dem Joker?‘ Das Ganze will einfach nicht in seinen Kopf, doch etwas tief in ihm schreit geradezu danach dieses Rätsel zu lösen, so dämlich es vielleicht auch sein mag. Er hat bei seiner geistigen Verfassung schlichtweg auch keine Kontrolle über dieses unstillbare Verlangen, was ihn schlussendlich damals nach Arkham gebracht hat.
 

Erstaunlich geschickt hangelt sich der Joker nun an dem Tor der Anstalt entlang, allerdings immer darauf bedacht außerhalb von Batmans Reichweite zu sein. Doch in Anbetracht der Tatsache, dass der Ritter den Riddler festhalten muss, wohl eine unbegründete Vorsichtsmaßnahme. Somit gleicht das Ganze eher einem Verspotten des Helden, was dieser ganz und gar nicht leiden kann. Ein Knurren verlässt die Kehle des Maskierten und er ringt sichtlich um Fassung. Dennoch scheint er nicht gewillt zu sein seine Fäuste gegen den Clown einzusetzen. So entbrennt zwischen den beiden stattdessen eine heftige Diskussion. Schnell beginnt sie Edward allerdings zu ermüden, da er keine brauchbaren Fakten zur Lösung dieses Rätsels darin finden kann.
 

So wendet er seinen Blick von den Streitenden ab und blickt einen Moment durch das Tor auf den Hof der Anstalt. Eigentlich hätten schon längst jede Menge Wachmänner hier auftauchen müssen, um den Joker wieder in seine Zelle zu verfrachten oder Batmans Ankunft entgegen zukommen. Das ganze Gelände wimmelt immerhin nur so von Kameras und moderner Technik, die einen Ausbruch eigentlich unmöglich machen sollen. Die Betonung liegt dabei auf eigentlich, denn einigen der Dauerinhaftierten gelingt es ja schließlich immer wieder auszubrechen und das nicht unbedingt sehr mühevoll oder einfallsreich. Für Ed war es ein Kinderspiel die verborgenen Sicherheitslücken der Anstalt zu finden und zu seinem Vorteil zu nutzen und das ganz ohne den Zugang zu irgendwelcher Technik zu haben. Für den Joker ist es nicht minder schwer gewesen, marschiert er doch praktisch hier ein und aus, wie es ihm gerade passt, sodass die anderen Insassen schon scherzhaft sagen, er hätte einen Schlüssel für das Haupttor, und der verrückte Clown hat es nicht wirklich mit Technik. Er ist eher ein Freund von traditionellen Methoden, wie: Platz da, ich komme! oder Augen zu und ab durch die Mitte. Hauptsache es knallt ordentlich und es herrscht Chaos.
 

Das Ausbleiben der Wachen verdeutlicht Riddler aber, dass der Grünhaarige da ganz sicher seine Finger im Spiel gehabt hat. Vermutlich hat er sie alle mit irgendetwas betäubt oder die ganze Anstalt liegt voller Leichen. Zutrauen würde er ihm in jedem Fall beides und es wäre leider auch nicht das erste Mal, dass dem wirklich so ist. Unter diesen Umständen zieht es der Herr der Rätsel erst recht vor die Flucht zu ergreifen. Doch wie soll er das nur anstellen? Ihm muss eine Lösung einfallen und das am Besten noch, bevor diese beiden Hitzköpfe ihren Streit beendet haben. Langsam lässt er den Blick von der erschreckend stillen Anstalt wandern und besieht sich die nähere Umgebung. Viel gibt es jedoch nicht wirklich zu sehen. Arkham Asylum wurde auf einer Insel errichtet, um es den Insassen erst recht schwer zu machen von hier zu fliehen. Es gibt zwar mehrere Zugänge in Form von Brücken zum Festland, doch diese werden extrem scharf bewacht und sind nur schwer zu überwinden. Trotzdem gelingt auch dies vielen, was Batmans Arbeitseifer beweist.
 

Der Rest der Insel besteht nur aus undurchdringlichem Wald und Ödnis. Nichts, wo man sich lange aufhalten kann, erst recht, da es auch hier hunderte Kameras und Fallen gibt, die den Insassen die Flucht verwehren sollen. Doch Schlupflöcher gibt es überall, man muss sie nur kennen. Allerdings hilft das Riddler im Moment auch nicht weiter. Unruhig machen seine Augen weiterhin die Runde und plötzlich nimmt er eine Bewegung am Himmel wahr. Der Luftraum über Arkham ist mindestens genauso streng bewacht, wie der Rest der Anstalt und ohne Genehmigung kommt man nicht einmal in die Nähe dessen, bevor man ohne Vorwarnung abgeschossen wird.
 

Was also hat er da gerade gesehen? Schwer zu sagen. Die Nacht liegt schon lange über Gotham, auch wenn die Anstalt taghell erleuchtet ist. Neugierig sucht Ed den Himmel ab, während der Streit zwischen dem Detektiv und dem Geisteskranken weiter fortschreitet. Der Brünette fürchtet schon nichts mehr zu sehen zu bekommen, da entdeckt er den seltsamen Schatten wieder. Dabei handelt es sich eindeutig nicht um ein Flugzeug oder dergleichen. Es wirkt eher wie ein Lebewesen. Doch es scheint riesig zu sein. Ungläubig versucht Edward die Gestalt zu fixieren, bis sie schließlich in den Lichtkegel über der Anstalt eintaucht und ihr ganzes Ausmaß präsentiert. Schlagartig entgleiten dem Rätselmeister alle Gesichtszüge. Was er dort am Himmel sieht, gleicht einer Motte? – einer riesigen, grausig mutierten Motte!?
 

War es das, was der Joker gemeint hat? Ganz unzweifelhaft ja. Doch was in aller Welt ist das? Wo kommt es her und was will es hier? Fragen über Fragen, die Ed einfach nicht beantworten kann. Ihm platzt fast der Kopf und er kann nicht begreifen, was er dort sieht. Es ist einfach nur unmöglich. Ungewollt werden ihm die Knie weich und er sackt förmlich in Batmans Griff zusammen. Der Dunkle Ritter blickt ihn verwundert an und versucht ihn wieder auf die Füße zu ziehen. Da bemerkt er die schreckgeweiteten Augen des anderen Mannes, sein bleiches Gesicht und der Mund, der ihm mit zitternden Lippen offen steht und doch kein Wort herausbringt. „Was hast du?“, fragt Batman mit einer Mischung aus Zorn und Sorge.
 

Der Brünette ist jedoch wie erstarrt. Zum ersten Mal in seinem Leben – zumindest so lange er sich zurückerinnern kann – ist er wahrlich sprachlos und unfähig etwas dagegen zu unternehmen. Für gewöhnlich rettet er sich sonst selbst mit einem Rätsel aus einer für ihn unlösbaren Situation, einfach nur, um etwas zu sagen, seinen Gegner zu verwirren und sich somit etwas Zeit zum Nachdenken zu verschaffen. Doch diesmal will es Edward einfach nicht gelingen. Er versteht nicht einmal wieso. Seit er vor etlichen Jahren auf die schiefe Bahn geraten und dadurch Batman begegnet ist, sind ihm schon allerhand Monster und Schreckgestalten über den Weg gelaufen, von denen er nie gedacht hätte sie jemals zu Gesicht zu bekommen. Aber irgendetwas an diesem Wesen – dieser Motte? – macht ihm dermaßen Angst, dass es nahezu allumfassend ist und ihn immer tiefer in sich hineinsaugt. Es gleicht einer schrecklichen Vorahnung, der er nichts entgegenbringen kann, nur darauf wartet, dass der große Knall erfolgt und alles endet. Ed kann es sich nicht erklären und ihm bleibt auch gar nicht die Chance dazu.
 

Stattdessen bleibt ihm nahezu die Luft weg und er beginnt hilflos und halb erstickt zu röcheln. Der Dunkle Ritter ist sich nicht ganz sicher, was er von alledem halten soll. Ist das Ganze wohlmöglich nur ein mieser Trick, der ihn verwirren soll, damit Joker abhauen kann? Stecken die beiden Spinner vielleicht also unter einer Decke? Allein das Ausmaß dieser Vorstellung will sich Batman gar nicht ausmalen. Allerdings beginnt er sich zu fragen, was für Vorteile so eine Zusammenarbeit für die zwei haben könnte, wo jeder von ihnen doch sonst lieber allein handelt und höchstens irgendwelchen Untergebenen kurzweilige Daseinsberechtigungen anbietet, nur um sie zumeist anschließend hinzurichten, damit sie nichts verraten können.
 

Während der Schwarzgekleidete noch darüber nachdenkt, bemerkt auch der Joker das irgendetwas mit Riddler nicht zu stimmen scheint. Allerdings sieht er darin keineswegs einen Trick. „Eds!“, entkommt es ihm erschrocken und er hangelt sich geschwind vom Tor herunter. Eilig kommt er hinüber gelaufen. Deutlich ist dabei die Sorge in seinem blassgeschminkten Gesicht zu erkennen. Erneut ist der Mitternachtsdetektiv verwirrt. Wenn das wirklich eine Show sein soll, ist sie erstaunlich realistisch rüber gebracht. „Bleib weg von ihm!“, harscht er den Clown nun an, da er dennoch einen Trick dahinter fürchtet. Der Grünhaarige reagiert jedoch nicht auf seine Worte. Stattdessen streckt er die Hände noch dem Rätselmeister aus. Batman versucht ihn auf Abstand zu halten, was Joker aber keineswegs passt. Dann spürt er, wie der Körper in seinem Griff immer mehr an Standhaftigkeit verliert und kaum mehr noch als das Weiße in den Augen des anderen Mannes sichtbar ist. Kann das wirklich noch gespielt sein?
 

Der Maskierte findet die Antwort darauf zu spät, da packt Joker seinen Kameraden schon am Kragen und stößt den Detektiven erstaunlich grob zur Seite. „Warum tust du denn nichts? Merkst du denn nicht, dass er erstickt?“, blafft ihn der Clown praktisch schon im selben Moment an. Ungelenk sinken die beiden Kriminellen neben ihm auf die Knie. „Eds?!“, redet der Joker auf den Brünetten ein und zerrt dabei heftig an dessen Krawattenknoten. Verwundert steht Batman nur daneben und begreift allmählich, dass das Ganze wohl doch kein Trick ist. Vorsichtig geht er ebenfalls in die Knie und beobachtet aufmerksam Jokers Vorgehensweise. „Hat er etwa Asthma?“, fragt der Maskierte etwas unbeholfen, da er so eine Tatsache noch nicht gewusst hat. „Schwachsinn! Ist nur irgendein Schock...“, gibt der Grünhaarige verstimmt zurück und schafft es endlich die Krawatte zu lösen. Abgehakt kommt Riddler wieder zu Atem.
 

„Verdammt, Eds!“, entkommt es dem Clown und im selben Moment wendet der Angesprochene ihm ruckartig das Gesicht zu. „Nenn – mich nicht so! Ich – hasse das!“, presst Edward angestrengt hervor und windet sich unwirsch aus dem Griff des Anderen. Der Grünhaarige lässt ihn etwas missmutig gewähren, doch in seinen brauen Augen liegt eine deutliche Erleichterung, die auch dem Dunklen Ritter nicht entgeht. Riddler scheint zwar keineswegs dankbar für die Hilfe zu sein, aber Joker ist dennoch sehr beruhigt, dass es ihm wieder besser geht.
 

„Was sollte das gerade?“, fragt der Maskierte schließlich, nachdem Nigma sich wieder etwas gefangen hat. Der Angesprochene antwortet ihm jedoch nicht, sondern sucht stattdessen den nächtlichen Himmel ab. „Wo ist das Biest?“, fragt Ed mehr zu sich selbst. „Ich rede mit dir!“, fährt Batman ihn an, wird jedoch nur verständnislos von den beiden Kriminellen angesehen. Dann wendet sich Edward an Joker. „Du hast vorhin von einer mutierten Motte geredet, die du gesehen hast?“ „Ja! Ein Riesenvieh! Doch Batsy glaubt mir ja nicht.“; vorwurfsvoll blickt er den Detektiven an. „Ich habe das Biest auch gerade gesehen! Es flog direkt über die Anstalt hinweg.“ „Echt?“, suchend richtet der Clown seinen Blick in den Himmel und Riddler deutet ihm die Stelle an.
 

Der Schwarzgekleidete kann bei diesem neuerlichen Unsinn nur die Augen verdrehen. Jetzt fangen sie auch noch beide mit so etwas an. Das kann ja noch heiter werden. „Hört endlich mit dem Mist auf!“, weist er die zwei an, doch sie reagieren gar nicht. „Da!“, entkommt es Riddler plötzlich und er deutet mit zitterndem Finger in den Himmel. „Heilige Scheiße...“, kommentiert Joker das Ganze und nun sieht auch der Rächer endlich nach oben. Was er dort allerdings erblickt, entzieht sich all seiner Vorstellung. Im ersten Moment fällt ihm erneut Man-Bat ein, doch die zahlreichen Scheinwerfer um Arkham zeigen ihm etwas Anderes. Es sieht tatsächlich eher wie eine mutierte Motte aus. Aber das kann doch nicht möglich sein. Sollte dieser verrückte Clown wirklich die Wahrheit gesagt haben?
 

Lange kann sich der selbsternannte Held aber keine Gedanken darüber machen, da gibt dieses Ding einen ohrenbetäubenden Schrei von sich und hält dann im Sturzflug direkt auf die drei zu. Die glühend roten Augen des Wesens bohren sich regelrecht in ihren Geist. Scharfe Zähne funkeln bedrohlich im Schein der Lampen und lange Krallen an den Füßen – gleich denen eines Raubvogels – schimmern wie blank polierte Klingen. „Runter!“, weist der Joker sie alle an und wirft sich auf den Boden. Die beiden anderen folgen seinem Beispiel und so werden sie nur ganz knapp von dem Mutanten verfehlt. Kreischend jagt die Bestie über sie hinweg und steigt dann wieder in den Himmel empor. Kurz darauf greift sie ein weiteres Mal an, erwischt aber erneut niemanden. Eine Art primitiver Wutschrei entkommt ihrer Kehle, dann verschwindet sie wieder aus dem Sichtfeld der Anwesenden.
 


 

3
 

„Glaubst du mir jetzt endlich?“, harscht Joker Batman an, während sie sich alle wieder aufsetzen. „Ja, aber das rechtfertigt noch lange nichts.“, erwidert der Rächer nach einer Weile nachdenklichen Schweigens. „Was soll das heißen?“, will der Grünhaarige wissen. „Das heißt, dass ihr beide jetzt nach Arkham zurückgeht, damit ich mich um dieses Ding kümmern kann.“ Etwas pikiert erhebt sich Riddler und nimmt seinen Stab wieder an sich. Herablassend wirft er Batman dabei die geknackten Handschellen entgegen. „Also ich für meinen Teil werde mich lieber in Sicherheit bringen, solange dieses Untier hier frei rumläuft.“, meint er knapp und wendet sich zum Gehen. Kaum eine Sekunde später legt sich jedoch gewichtig die Hand des Maskierten auf seine Schulter und zieht ihn grob zurück. „Du bleibst schön hier! In Arkham seid ihr beide sicher vor dieser Bestie, also keine Mätzchen mehr!“
 

Riddler wirft ihm einen nahezu gelangweilten Seitenblick zu. „Wer hat stets ein Auge auf des Königs Schlaf, kann uns jedoch nicht halten?“, kommt es leicht keck von dem Rätselmeister zurück, der langsam seine Gewandtheit wiederfindet. Batmans Kopf ruckt zum Gelände der Anstalt hinüber und plötzlich wird es ihm klar. In der ganzen Aufregung ist es ihm gar nicht aufgefallen, doch sie sind immer noch allein. „Was hast du mit den Wachmännern gemacht?“, wendet er sich nun drohend an Joker. Der Clown grinst nichtssagend über das ganze Gesicht. „Die werden noch ein paar Stunden schlafen und alle anderen auch. Aber als kleine Wiedergutmachung könntest du uns doch mitnehmen, wenn du diesem Vieh hinterherjagst.“ „Das werde ich ganz sicher nicht tun!“ „War einen Versuch wert. Aber dann sind wir ganz unbewacht in Arkham und wenn die Insassen aufwachen, wird es ein herrliches Gemetzel geben, das kann ich dir sagen!“
 

„Da hat er nicht ganz unrecht.“, meldet sich Ed zu Wort. Streng mustert Batman die beiden. „Soll das etwa eine Drohung sein?“ „Nein, nur eine Vorwarnung.“, kommt es schulterzuckend von dem Clown zurück. Der Rächer will sich auf so etwas aber keinesfalls einlassen. Er kann nicht mit ihnen zusammenarbeiten, zu groß wäre die Befürchtung, dass sie ihm in den Rücken fallen oder einfach abhauen. Das kann er nicht verantworten. Er muss sie einfach hier einsperren. Vielleicht gelingt es ihm ja die Substanz, mit der der Joker die Wachen betäubt hat, zu neutralisieren? Dann hätte er sicher noch genug Zeit, um diesem Mutanten hinterherzujagen. „Ihr geht nach Arkham und wenn ich euch höchstpersönlich bewachen muss!“, teilt er den beiden daher streng mit. „Und was ist dann mit Gotham? Denkst du nicht, dieses Biest wird den Menschen Angst einjagen? Oder wohlmöglich Schlimmeres? Kannst du das wirklich verantworten?“, mischt sich Edward wieder ein.
 

Der Dunkle Ritter hat jedoch absolut keinen Nerv mehr für dieses Spielchen. Er umfasst Riddlers Schulter fester und packt nun auch Joker am Kragen. „Schluss jetzt!“, harscht er die beiden Kriminellen an und drängt sie Richtung Tor. Die zwei sehen sich schon wieder hinter Schloss und Riegel, da ertönt von neuem der unmenschliche Schrei der riesigen Motte. Sie muss sich ihnen unbemerkt während ihrer Diskussion genähert haben, sodass sie nun schon viel zu dicht ist, um ihr noch rechtzeitig ausweichen zu können. Einen Augenblick später treffen Batman die messerscharfen Klauen der Bestie mitten im Rücken. Er kann von Glück sagen, dass sein Cape und sein Anzug so stabil sind, dass er keine nennenswerten Verletzungen davon trägt. Doch die geballte Wucht des Angriffs schleudert ihn hart gegen das Eisentor. Für einen Moment sieht er nur noch Sterne, merkt gar nicht, wie sich Joker und Riddler aus seinem Griff befreien können. Dann packt die Motte kreischend fester zu und hebt den Detektiven mit sich in die Luft.
 

Mit offenem Mund verfolgen die zwei Verbrecher das Ganze. Halb benommen hängt der Schwarzgekleidete in den Fängen der Bestie, die immer höher in den Himmel hinaufsteigt. Umständlich versucht sich Batman aus dem Griff zu befreien. Allerdings dröhnt ihm vom ersten Angriff gewaltig der Kopf und das laute Kreischen der Motte lässt ihn keinen klaren Gedanken fassen. Plötzlich setzt das Biest wieder zum Sturzflug an und hält auf die zwei Gauner zu, die völlig perplex vor dem Tor stehen. Bevor es jedoch zum vernichtenden Zusammenstoß kommt, gelingt es dem Rächer endlich sich zu befreien. Aber der Abstand ist schon zu gering, sodass er mit voller Wucht in das Tor der Anstalt knallt. Joker und Riddler können sich gerade noch so aus dem Weg bringen. Die Motte schafft es aber abzubremsen. Blitzschnell wendet sie sich um und versucht nun auf Edward los zugehen.
 

Im ersten Moment gelingt es dem Rätselmeister auszuweichen. Beim zweiten Mal reißt er schnell seinen Stab in die Luft und betätigt einen versteckten Schalter. Aus der unteren Spitze des goldenen Gehstocks in Form eines Fragezeichens, schießt eine lange Klinge hervor und bohrt sich in den Fuß der Motte. Diese gibt einen ohrenbetäubenden Schmerzensschrei von sich und wendet sich ab. Kurz darauf ist sie wieder verschwunden. Mit pochendem Herzen lässt sich Edward auf die Knie zurücksinken und klammert sich leicht zitternd an seinen Stab. An der Messerklinge entdeckt er das Blut des Mutanten; es hat eine seltsam blaugrüne Farbe und verströmt einen bestialischen Gestank, gleich einem offenen Sarg in praller Sonne. Allerdings hat er jetzt keine Zeit, um sich darum zu kümmern, also lässt er die Klinge einfach wieder im Stab verschwinden und wendet sich zum Joker um.
 

Dieser hockt neben Batman, der regungslos am Boden liegt. Wacklig kommt Riddler wieder auf die Füße. „Ist er...?“ „Nee, aber er ist vollkommen weggetreten. Das Biest hat ihn ganz schön erwischt. Hat sich mächtig den Schädel angestoßen.“, berichtet der Clown und betastet ungeschickt die stetig anwachsende Beule, die sich unter der Maske des Schwarzgekleideten aufwölbt. Nervös sucht Ed den Himmel ab. „Egal. Ich werde jetzt auf jeden Fall verschwinden, ehe dieses Ding wiederkommt!“, meint er gehetzt und wendet sich abermals zum Gehen. „Nein, du bleibst hier!“, tönt Jokers Stimme erstaunlich scharf. Innerlich zuckt der Brünette leicht zusammen. Diese Tonlage ist doch etwas sehr ungewohnt und er selbst zu fertig und von Natur aus eher sensibel gestrickt, um sie zu ignorieren.
 

„Aber wenn das Vieh wiederkommt?“, hält er dagegen. „Dann sind wir längst weg. Also hilf mir jetzt mal mit unserem Kumpel hier.“, weist er ihn an und schiebt Batman die Hände unter die Achseln, um ihn hochzuziehen. „Was soll das werden?“, fragt Ed und rührt sich nicht. „Ganz einfach: Wir verfrachten Batsy zurück in seine schicke Karre und düsen in Sicherheit. Und dann muss er uns dankbar sein, dass wir seinen Knackarsch gerettet haben, verstehst du? Dann wird er einsehen, dass er bei diesem Mist hier unsere Hilfe braucht.“ Langsam schüttelt der Riddler den Kopf. „Das wird er ganz sicher nicht zulassen. Allein schon, wenn wir seinen Wagen nehmen, wird er uns den Hals umdrehen. Wozu also die Mühe?“ „Vielleicht springt ja etwas für uns dabei heraus? Mildernde Umstände oder so? Was weiß ich. Ich lasse meine Stadt aber auf keinen Fall von so einem übergroßen Insekt in Schutt du Asche legen! Da bleibt ja für mich nichts mehr zum Kaputtmachen übrig. Außerdem bin ich der Einzige, der Batsy eines Tages zur Strecke bringen darf und ganz sicher nicht so ein hässliches Untier!“
 

Durchdringend sehen sich die beiden Männer an. Riddler weiß wirklich nicht, was das für einen Sinn haben soll, auch wenn Joker nicht ganz unrecht hat. Aber er bezweifelt doch stark, dass Batman das gut heißen wird. Sobald er wieder wach ist, wird er sie zurück nach Arkham bringen und das war es dann. Egal, was sie für ihn getan haben oder auch nicht. Allerdings ist dort etwas in den braunen Augen des Clowns, das ihm sagt, dass da mehr dahintersteckt. Der Rätselmeister gibt ein tiefes Seufzen von sich. „Also schön. Aber wenn das Ganze nicht klappt, bist du schuld!“ Ein Grinsen schleicht sich auf Jokers Gesicht. „Von mir aus. Aber ich fahre!“, flötet er aufgeregt wie ein Teenager mit seinem ersten eignen Auto. Zweifelnd blickt Edward zu dem schwer gepanzerten Wagen des Rächers hinüber. „Soll mir recht sein...“
 


 

4
 

Einige Minuten später liegt Batman noch immer bewusstlos auf der Rückbank seines Wagens, während Joker hinter dem Steuer hockt und Riddler den Clown zweifelnd vom Beifahrersitz betrachtet. „Weißt du überhaupt, wie man das Ding bedient?“, fragt der Ältere schließlich, nachdem der Grünhaarige den Bordcomputer zerstört hat, weil dieser sich beschwerte, dass er nicht Batman sei und daher nichts auf diesem Sitz zu suchen hätte. Funkensprühend steckt das Messer noch immer in der Konsole, doch der Bildschirm darauf ist dunkel geworden und glücklicherweise wurde dabei auch kein sichtbarer Alarm oder Ähnliches ausgelöst. „Unter all dem Schnickschnack ist es doch bloß ein verdammtes Auto, also warte – gleich...“ Der Clown zerrt ein paar Kabel unter dem Armaturenbrett hervor und probiert sie durch. Beim dritten Versuch heult der Motor plötzlich lautstark auf. Grinsend sieht der Jüngere zu ihm hinüber. „Wirklich beeindruckend.“, lässt der Herr der Rätsel verlauten.
 

„Schön, die Karre läuft. Aber wo willst du eigentlich hin, wenn ich fragen darf?“ „Wohin wohl? Zum sichersten Ort in ganz Gotham: Der Bat-Höhle natürlich!“, erwidert der Clown in einem so nebensächlichen Ton, als wäre es wirklich völlig eindeutig gewesen. Dabei spielt sein nackter Fuß probeweise mit dem Gaspedal, was den Motor laut in die Nacht hinein röhren lässt. Schließlich setzt sich der Wagen in Bewegung und steuert die Brücke zum Festland an. Derweilen entgleiten Edward sämtliche Gesichtszüge. „Zur Bat-Höhle? Aber woher...“, setzt er verstört an. Der Mann auf dem Fahrersitz grinst nur wieder. „Tja, Eds. Ich bin vielleicht kein so geniales Computergenie wie du, aber ich habe meine Mittel und Wege. Und im Zuge dessen bin ich irgendwann dahintergekommen, wo sich die Höhle befindet und wer sich somit hinter der Maske versteckt. Ich weiß das schon eine ganze Weile, habe es aber für mich behalten. Auf den richtigen Moment gewartet, um es Batsy unter die Nase zu reiben und ich denke, jetzt ist da der günstigste Augenblick.“
 

„Du verarscht mich doch!?“, wirft Ed ihm vor. In all den Jahren ist er nicht einmal in die Nähe gekommen das Geheimnis hinter der Maske zu lüften und er hat es weiß Gott oft genug versucht. Das bedeutsamste Rätsel in seinem Leben, von dem er immer dachte, dass er darin seine Nemesis gefunden hat. Das er wohlmöglich irgendwann sterben wird, ohne die Lösung zu kennen. Und jetzt behauptet dieser durchgeknallte Clown doch alles Ernstes, dass er die Antwort schon eine ganze Weile kennt, ohne sie ihm je verraten zu haben? Das kann doch einfach nicht wahr sein! Was ist heute Nacht nur los? „Durchaus nicht, Eds. Doch noch hast du die Chance selbst die Lösung zu finden. Wir müssen noch ein gutes Stück fahren. Und wenn du Glück hast, schläft unser Fledermäuschen auch solange.“ Damit beendet Joker das Gespräch und konzentriert sich darauf, das Schlachtschiff von einem Wagen durch die verschlafenen Straßen Gothams zu lenken.
 


 

5
 

Die Fahrt dauert tatsächlich eine ganze Weile, was auch daran liegt, dass Joker nicht mit Hyperspeed durch die Gegend brettert, wofür der Riddler doch sehr dankbar ist. Sollte dieser Spinner die Kontrolle über den Wagen verlieren, dann sind sie beide geliefert. Allerdings entgeht dem Brünetten nicht, wie sehr es dem Clown eigentlich in den Fingern juckt das Gas voll durchzudrücken und die Tatsache auszukosten, dass er am Steuer des berühmten Batmobils sitzen kann. Umso mehr beeindruckt es ihn, dass Joker zu dieser Beherrschung überhaupt fähig ist, wo so etwas für ihn doch sonst einem Fremdwort gleicht. So bleibt ihm also genug Zeit, um die Lösung des Rätsels zu finden. In sich gekehrt grübelt Ed nach, ruft sich jede seiner Begegnungen mit dem Dunklen Ritter ins Gedächtnis, jeden Zeitungsartikel und jedes noch so unbedeutende Gerücht. All das muss in eine Gleichung passen, die ihm am Ende verrät, wer hinter der Maske steckt.
 

Neben Rätseln ist Mathe eines seiner großen Schwächen, doch die Gleichung beinhaltet zu viele Variablen und Unbekannte, als das er je auf eine sinnvolle Lösung kommen könnte. Unweigerlich spürt Edward, wie sich tief in seinem Kopf ein stechender Schmerz ausbreitet, weil er viel zu intensiv darüber nachdenkt. Stöhnend massiert er sich die pochenden Schläfen, doch es nutzt nichts. Wenn er noch einen weiteren Gedanken an die Findung der Lösung verschwendet, erleidet sein Hirn einen Blackout. Verärgert knirscht er mit den Zähnen, als sich auf einmal eine Hand auf seinen Oberschenkel legt. Überrascht blickt er zu dem Grünhaarigen hinüber, der weiterhin stur durch die Windschutzscheibe blickt, als wäre nichts gewesen. „Darf ich fragen, was deine Hand dort macht? Ich bin nämlich nicht der Schaltknüppel.“, kommt es in einem leicht scharfen Ton vom Rätselmeister.
 

Der Clownprinz gibt ein Kichern von sich und zieht seine Hand dann wieder zurück – mit Unwillen, wie es Edward scheint. „Weiß ich doch, Eds. Wollte auch nur verhindern, dass dir dein hübscher Schädel platzt. Bei der Sauerei könnte ich die Straßen dann nämlich nicht mehr sehen und würde mit diesem Ungetüm einen Unfall bauen.“ Entgegen des vorangegangenen Kicherns klingt die Stimme des Jüngeren schon beinahe besorgt. Ungewollt huscht ein roter Schimmer über die Wangen des Brünetten hinweg und er wendet leicht den Blick ab, damit der andere es nicht sieht. „Schon gut, es geht schon wieder.“, versichert er seinem Sitznachbarn. „Und? Hast du jetzt eine Lösung?“ „Sah das für dich gerade etwa so aus?“, kommt es etwas patzig zurück. Wieder dieses Kichern. „Eher nicht. Aber deine Qualen haben nun ein Ende, mein Freund, denn wir sind da.“
 

Ungläubig sieht Riddler aus dem Fenster. Sie befinden sich irgendwo tief in einem Waldstück am nördlichen Ende von Gotham, mehr kann er nicht feststellen. In ein paar Metern Entfernung erhebt sich ein großer Felsbrocken aus der Landschaft, der vor einen kleinen Berg thront, sonst sind nur Bäume zu sehen. „Wo sind wir?“ „In Bristol County.“, kommt es knapp zurück. Edward legt die Stirn in Falten. „Und wie soll mir das bei der Lösung helfen?“ „Sieh durch die Bäume! Dort hinten steht ein großes Herrenhaus, in dem unser Flattermann wohnt und jetzt denk noch einmal darüber nach.“, fordert ihn der Clown auf. Angestrengt blickt Ed durch die eng stehenden Bäume und in der Ferne ist tatsächlich ein Gebäude zu erkennen. Es thront einsam auf einem weitläufigen Hügel, umgeben von einer kaum enden wollenden Wiese. In der Dunkelheit kann er jedoch nicht viel von dem Anwesen erkennen, weshalb er schon fragen will, was ihm das bringen soll. Dann jedoch scheinen sich zwei Drähte in seinem Kopf zu berühren und ein Geistesblitz jagt durch seinen Schädel. Plötzlich sieht er einen Namen vor seinen Augen, doch das kann unmöglich sein.
 

„Ist das etwa – Wayne Manor? Du willst mich doch veralbern!“ Eindringlich sieht der Herr der Rätsel zu dem Grünhaarigen hinüber. In seinen Augen liegt die tiefe Bitte dieses Martyrium endlich zu beenden. „Nein, es ist mein voller Ernst, Eds. Keine Scherze, keine Streiche, nichts. – Hinter Batmans Maske steckt kein Geringerer als der gut betuchte Bruce Wayne höchstpersönlich!“ Die braunen Augen erwidern seinen Blick und Riddler hat noch nie so viel ungetrübte Ehrlichkeit in ihnen gesehen, wie in diesem Moment. „Bruce Wayne...!“, flüstert der Brünette noch immer voller Unglauben. Einerseits ist es so unlogisch, warum jemand so Berühmtes und Wohlhabendes sich dazu erniedrigen sollte, sich Nacht für Nacht mit dem Abschaum der Stadt rum zuärgern. Andererseits ist es die einzig logische Erklärung, da kein anderer die finanziellen Mittel dafür hätte und so abgeschieden lebt, wie Bruce Wayne. Er ist ein Rätsel für sich, immer beschäftigt, schwer erreichbar und doch immer da, ein perfektes Alibi.
 

„Ich fasse das einfach nicht. – Und gleichzeitig scheint es keine Alternative dafür zu geben. – Wie konnte sich mir das nur all die Jahre entziehen? – Bruce Wayne...“, kommt es nach einer Weile sichtlich mitgenommen von Nigma. Noch immer unwillig es wirklich zu glauben, dreht er sich auf dem Sitz herum und streckt die Hand nach dem bewusstlosen Batman aus. Doch Joker hält ihn zurück. „Warte bis wir drinnen sind! Das Auto ist zu eng für einen Kampf, falls er aufwachen sollte.“ Da hat er nicht ganz unrecht, dennoch dreht sich Ed nur widerwillig wieder herum.
 

„Ich nehme an, der Stein ist so eine Art geheimer Zugang zur Bat-Höhle, oder? Doch wie sollen wir da reinkommen?“ Suchend sieht sich der Clown im Cockpit um. „Hier muss es irgendwo einen Schalter oder so geben. Eine Art Fernbedienung, um den Durchgang zu öffnen...“ „Woher weißt du so was denn nur?“ „Tu ich gar nicht, ich vermute es einfach...“, gibt er zurück und tastet alle möglichen Stellen ab. „Du vermutest es? Und was ist, wenn du dich irrst? Was ist, wenn das gar nicht der Eingang ist, sondern nur ein simpler Felsen und wir hier unsere Zeit vergeuden, während dieses Biest frei in der Stadt umherschwirrt und Batman jeden Moment aufwachen könnte?“, pflaumt Edward ihn etwas ungehalten an. „Nun mach dir mal nicht gleich in den Anzug. Wo sollte der Eingang denn sonst sein? Oder denkst du etwas, er fährt mit der Karre einfach mal durchs Haupttor, wo es jeder sehen könnte?“ „Ganz sicher nicht. Aber vielleicht liegst du ja auch mit deiner Behauptung falsch und Bruce Wayne ist nicht Batman!“ Wieder dieses Kichern. „Ich liege nicht falsch, mein Hübscher!“, kommt selbstsicher die Antwort und dann drückt er aufs Gerade wohl einen Knopf neben der Dachluke.
 

Einem Reflex folgend kneift Edward fest die Augen zusammen, da er fürchtet, dass dieser Knopf für irgendeine Waffe bestimmt sein könnte und hier gleich alles in die Luft fliegen wird. Doch nichts dergleichen passiert. Stattdessen bewegt sich doch tatsächlich dieser große Felsbrocken zur Seite, als würde er rein gar nichts wiegen. Dahinter erstreckt sich ein dunkler Tunnel, in dem nun rasch einige Lampen aufflammen. Mit großen Augen und offenem Mund betrachtet der Ältere das Ganze und kann es dennoch kaum glauben. „Unfassbar...“, gibt er lediglich von sich. Zu mehr ist er einfach nicht im Stande. Der Clownprinz neben ihm verfällt in ein selbstzufriedenes Grinsen und setzt den Wagen langsam wieder in Bewegung.
 


 

6
 

Der lange Tunnel, an dessen Ende sich die Bat-Höhle befindet, verschluckt den schwer gepanzerten Wagen förmlich und kaum, dass sie den Eingang passiert haben, schließt sich hinter ihnen der gewaltige Felsen wieder lautlos. Edward nimmt das Ganze mit einem gewissen Unbehagen hin. Zwar hat er sich wie wahrscheinlich jeder Gangster in Gotham schon einmal gefragt, wie es wohl in dem berüchtigten Unterschlupf des Dunklen Ritters aussehen könnte, doch jetzt, wo er kurz davor steht es herauszufinden, ist er sich nicht mehr so sicher, ob dieser Wunsch nicht nur schrecklich töricht von ihm war. Immerhin weiß er ja nicht, was sie erwarten wird, wenn der Wagen das Ende des Tunnels erreicht. Vielleicht gibt es ein aufwendiges Sicherheitssystem, das sie augenblicklich erschießen wird, sobald sie ankommen? Ganz so krass ist es wohlmöglich doch nicht, da Batman ja dafür bekannt ist, dass er sich gegen das Töten entschieden hat, aber denkbar wäre etwas Ähnliches durchaus. Schließlich war das Batmobil auch nicht gerade erfreut darüber, dass sich Joker hinter das Lenkrad gesetzt hat. Der Bordcomputer hat zwar darauf verzichtet ihm irgendwie zu schaden, vielleicht aber auch nur, weil es dem Clown vorher gelungen ist das Ding zu zerstören. Dennoch können sie nicht ausschließen, dass eine unsichtbare Nachricht an die Bat-Höhle geschickt wurde, die nun ihr unbefugtes Kommen ankündigt.
 

Seufzend lehnt sich der Riddler im Sitz zurück und versucht diese Schreckensvorstellungen zu unterdrücken, was ihm aber nicht sonderlich gut gelingt. Er kann sein Denken nun einmal nicht abschalten und grübelt ständig über dergleichen nach. Nicht zum ersten Mal wünscht er sich, er könnte in dieser Hinsicht mehr wie der Grünhaarige sein. Nur aus dem Bauch heraus entscheiden, spontan sein und von einer Sekunde auf die nächste einfach alles umstellen und sich der neuen Situation unerschrocken entgegenstellen. Doch das kann er nicht. Er lebt einzig und allein durch seine präzisen Vorbereitungen und das Vorhersehbare. Plant alles genau durch, um keine bösen Überraschungen zu erleben und für jede mögliche Situation gewappnet zu sein. Passiert etwas, dass er nicht vorher geplant oder durchdacht hat, ist er hilflos verloren, kommt nicht mehr weiter und meistens fehlt ihm dann jeglicher Wille weiterzumachen, da er keinen Ausweg mehr sieht. Nicht selten hat er sich Batman daher einfach kampflos ergeben und sich von ihm nach Arkham zurückbringen lassen. Für gewöhnlich sehen seine Pläne eh so aus, dass der Detektiv sie früher oder später durchschauen und lösen kann und der Riddler am Ende wieder in seiner Zelle hockt. Doch das macht Ed nichts aus. Er genießt den kurzen Moment von Freiheit und Überlegenheit, aber weit mehr genießt er es seinen Gegenspieler mit seinen Rätseln und Aufgaben zu fordern. Zu beobachten, wie er daran vielleicht verzweifelt, nur um im letzten Augenblick doch noch die Lösung zu finden. Das allein hält Edwards verbliebene geistige Gesundheit am Laufen. Er will die Stadt nicht zerstören oder unterwerfen, er will nur einen ebenbürtigen Rivalen in Batman haben.
 

Sein Sitznachbar sieht das da völlig anders. Sehnt sich nach Zerstörung und Chaos, nur um Batman leiden zu sehen, ihn aus seinem Kokon herauszulocken und zu Dingen zu treiben, denen er sich eigentlich abgeschworen hat. Jokers Ziel ist es, die Bestie in dem Ritter zu erwecken, sodass der Clown eines Tages durch seine Hand sterben kann – die Erlösung in der Genugtuung findet, ihn gebrochen zu haben. Daher verbietet er es praktisch jedem anderen Gauner in der Stadt Batman auf diese Weise zu schaden, da er selbst es gleichermaßen sein will, der den Maskierten irgendwann in einer letzten, alles entscheidenden Schlacht tötet. Das Ganze gleicht einem unausgesprochenen Schwur zwischen den beiden, den doch jeder kennt und in Anbetracht der Gefährlichkeit des Jokers auch weitgehend respektiert. Denn diesen verrückten Clown will man nun wirklich nicht als Feind haben...
 

Ein Grund mehr, warum Riddler sein Unbehagen nur schwer unterdrücken kann, immerhin ist er gezwungen mit dem Clownprinzen zusammenzuarbeiten. Zwar hegt er auch eine gewisse Sympathie für den Jüngeren, aber seine unberechenbare Art macht es nur schwer mit ihm klar zukommen. Erst recht, da sie beide so grundverschiedene Ansichten von allem haben. Zudem ist sich der Brünette auch nicht sicher, was für Gefühle da vielleicht im Spiel sind. Joker ist da nur schlecht einzuschätzen, weil er praktisch mit jedem zu schäkern scheint und man nie weiß, was wirklich dahintersteckt. Das er einen Narren an Batman gefressen hat, ist allgemein bekannt, doch Ed gegenüber treibt er es zumal noch übertriebener, sodass sich der Rätselmeister nicht sicher ist, ob da nicht mehr dahintersteckt, als der Clown sagen will. Andererseits stellt sich die Frage, ob er dazu überhaupt mehr sagen muss, da seine Annäherungen doch nur allzu offensichtlich ihm gegenüber sind, er sie nur zu verdrängen scheint, da er sich nun mal nicht gerade zu diesem Spinner hingezogen fühlt. Oder etwa doch? Edward beißt sich heftig auf die Unterlippe. Was für Gedanken kommen ihm da nur gerade? Als hätte er im Moment nicht schon genug Dinge, die ihn überfordern, da muss er nun wirklich nicht auch noch über so etwas nachdenken, zumal er das auch gar nicht will. Nicht, dass er Probleme mit Männern hätte, dass gewiss nicht. Es ist nur... Weiter kommt er in seinem Denken nicht, da taucht das Ende des Tunnels in einem dezenten Lichtkugel auf und er hält den Atem an, als sie ins Unbekannte hineintauchen.
 


 

7
 

Das Dunkel des Tunnels erlischt im gleißenden Licht einiger starker Strahler, die eine Art Plattform ausleuchten, auf der das Batmobil für gewöhnlich zu parken scheint. Der Grünhaarige lenkt den Wagen auf diese Stelle und kurz darauf erstirbt der Motor und die Türen öffnen sich. Besorgt durch das lange Fernbleiben und die nicht vorhandene Kommunikation Batmans, nähert sich Alfred rasch dem Fahrzeug, in der Hoffnung eine Erklärung dafür zu erhalten. Als sich jedoch die Türen zu beiden Seiten öffnen und dort keineswegs Batman und einer seiner ausgeflogenen Zöglinge aussteigen, bleibt dem Butler die Luft weg. „Willkommen zurück, Master...“, kann er gerade noch ansetzen, dann erheben sich vor ihm die beiden Ganoven und jedes weitere Wort geht in einem so heftigen Zittern unter, dass der Grauhaarige fast auf die Knie sinkt. Doch diesem Luxus kann er sich nicht hingeben, immerhin stehen die zwei gefährlichsten Widersacher seines Herrn direkt vor ihm. Doch warum? Was ist passiert? Wo ist Batman? Und noch viel wichtiger: Warum saß der Joker am Steuer des Batmobils? All diese Fragen jagen blitzartig durch Alfreds Gedanken und dennoch findet er keine Antwort und auch keinen Atem, um sie überhaupt zu stellen. Er klammert sich nur daran, nicht ohnmächtig zu werden und diesen beiden Wahnsinnigen dann hilflos ausgeliefert zu sein.
 

Die zwei Männer betrachten ihn nicht minder überrascht. Stumm mustern sie ihn für einen Moment mit großen Augen, da sie scheinbar nicht erwartet haben, dass ihnen jemand entgegenkommt. Diese Tatsache scheint ihnen sichtlich unangenehm zu sein. Kurzes Schweigen legt sich über die drei, wie ein nasses Grabtuch, dann findet der Butler endlich genug Luft. „Oh mein Gott...“, bringt er stockend hervor und tritt wackelig einen Schritt zurück. „Was – was habt ihr nur getan?“, setzt er erneut an und tritt einen weiteren Schritt zurück. „Nicht das, was du wahrscheinlich glaubst.“, erwidert Joker schließlich schulterzuckend. Perplex sieht ihn der Butler an und versucht sich wohl einen Reim auf das alles zu machen. Langsam kommt Edward nun die Erkenntnis. „Sie sind – Alfred, nicht wahr? Der Butler der Waynes?“, fragt er mit sanfter Stimme, da er sein Gegenüber nicht noch mehr verschrecken will. Mit großen Augen mustert ihn der Grauhaarige und lässt dann betrübt die Schultern hängen. Wozu etwas verheimlichen, was die beiden scheinbar eh schon wissen.
 

„So ist es. – Doch wie haben Sie die Höhle gefunden? Woher wissen Sie das alles und noch viel wichtiger: Wo ist Batman?“, kommt es nun weit sicherer von dem Ältesten. Bevor Ed das Ganze erklären kann, mischt sich der Clownprinz wieder ein, was ein sichtliches Unbehagen in dem Butler auslöst, das Riddler doch etwas geknickt zur Kenntnis nimmt. Andererseits hat er auch nichts anderes erwartet, schließlich steht der Joker höchstpersönlich vor ihm, da ist es nur allzu verständlich, wenn Alfred angst hat. „Mach dir mal nicht ins Hemd, alter Mann. Nicht, dass du uns noch umkippst. Wir brauchen dich ganz sicher noch. Und die Höhle zu finden war nicht so schwer, wenn man nur lange genug mit Batsy zusammenkommt. Der Rest ergibt sich von ganz allein. Aber keine Panik! Dein Kumpel liegt auf dem Rücksitz und macht ein Nickerchen.“ Ein leicht durchtriebenes Grinsen huscht über seine Züge hinweg, das den Grauhaarigen keineswegs beruhigt, befürchtet er doch das Schlimmste.
 

Entgeistert sehen den Joker daher sowohl Alfred, als auch Edward an. Der Grünhaarige versteht den Ausdruck jedoch nicht wirklich. „Was ist?“, fragt er daher etwas irritiert und zuckt wieder mit den Schultern. „Das war doch etwas sehr taktlos, will ich meinen.“, klärt Riddler ihn daher auf, doch der selbsternannte Prinz des Verbrechens scheint seinen Fehltritt nicht wahrzunehmen. „War doch die Wahrheit.“, gibt er daher zurück. „Ja, schon. Aber es gibt die Wahrheit und die Wahrheit.“, setzt der Brünette an. Das Ganze steigert sich in eine richtige Diskussion und Alfred fürchtet schon, nie zu erfahren, was hier eigentlich los ist. „Bitte, die Herren! Was ist nun mit Batman?“, unterbricht er die beiden mit leichtem Nachdruck. Ihre Augen richten sich auf den zusehends verzweifelten Butler aus und ehe der Grünhaarige wieder etwas Unpassendes sagen kann, fällt Riddler ihm ins Wort. Die ganze Situation ist ohnehin schon schwierig genug und er will sich gar nicht ausmalen, was passiert, wenn der Dunkle Ritter wieder aufwacht und sie hier vorfindet. Von daher empfindet er es als das Beste, wenn er selbst das Reden übernimmt und den Clown etwas ausbremst, auch wenn er das später wohlmöglich bereuen wird – doch schlimmer als Batmans Zorn kann es sicher nicht werden...
 

Der Joker zuckt nur wieder mit den Schultern und wendet sich dann erst einmal von den beiden ab. Neugierig schlendert er auf seinen nackten Füßen durch die Höhle und betrachtet die vielen Maschinen, Rüstungen, Fahrzeuge und anderen Dinge, die der Detektiv im Laufe der Jahre angesammelt hat. Der Grauhaarige will dazu schon etwas sagen, doch dann spricht ihn der Rätselmeister an und seine Aufmerksamkeit gilt ab dann ganz ihm. „Hören Sie, Alfred. Sie müssen sich wirklich keine Gedanken machen – denke ich zumindest. Wir sind nicht hier, um Chaos zu stiften oder auch nur irgendetwas Schlechtes zu tun. – Vielmehr sind wir hier um – zu helfen? – möchte ich sagen. Das klingt nun vielleicht unglaubwürdig, erst recht in Anbetracht unseres Status Batman gegenüber, aber ich versichere Ihnen, es ist uns durchaus ernst.“ Überrascht betrachtet der Ältere den Brünetten. Mit so viel sanftmütiger Ehrlichkeit hat er nun wirklich nicht gerechnet. Doch allein aus den Erzählungen seines Herrn weiß er, dass der Riddler im Grunde ein sehr sensibler Mensch ist, der Niemandem wirklich Schaden will, solange es sich irgendwie vermeiden lässt, sondern nur jemanden sucht, der ihm geistig ebenbürtig ist.
 

„Ich bewundere Ihre Offenheit, Mister – Riddler? –, doch ...“ „Ich denke, Sie wissen, dass mein Name Edward Nigma ist und in Anbetracht der Tatsache, dass ich Ihren kenne, können Sie ihn auch gern benutzen, wenn Sie sich dann wohler in meiner Gegenwart fühlen. Denn ich denke, wir werden noch eine Weile miteinander auskommen müssen.“, unterbricht ihn sein Gegenüber erneut erstaunlich sanft. Im selben Moment nimmt Riddler den Hut ab, deutet eine kurze Verbeugung an und lässt dann auch noch seine Augenmaske in der Tasche seines Jacketts verschwinden. Abermals ist der Butler sichtlich überrascht. Selbstverständlich kannte er den Namen des Brünetten aus Batmans Akten und auch sein Gesicht; ihm nun jedoch so bereitwillig in die überaus intelligenten, grünen Augen blicken zu können, ist allerdings eine Sache, die er nie für möglich gehalten hat – erst recht nicht hier in der Bat-Höhle. Für eine Sekunde zuckt daher ein winziges Lächeln an seinem rechten Mundwinkel empor. Es erstirbt jedoch schnell wieder, als er sich zu fragen beginnt, wie es Ed nur in Gegenwart dieses wahnsinnigen Clowns aushalten kann, ohne selbst so verrückt zu werden. Hat der Joker wohlmöglich auch so eine sanfte Seite, die er nur besser verbergen kann, als der Rätselmeister? Alfred will sich so etwas gar nicht vorstellen, weshalb er sich verhalten räuspert.
 

„Ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte, Mister Nigma. – Aber Sie verstehen sicher, dass das für mich alles sehr schwer zu begreifen ist, weshalb ich eine gewisse Abwehrhaltung auch nicht vollständig aufgeben werde.“ „Nur allzu verständlich. Und solange Sie nicht versuchen uns den Schädel mit dieser Tasse einzuschlagen, sehen wir uns auch nicht gezwungen derartige Methoden an den Tag zu legen.“ Prüfend wirft er einen Blick zu Joker, der noch immer wie ein Kind im Spielwarenladen durch die Höhle schleicht, und er hofft, dass der Clown es ebenso sieht. Erst mit diesen Worten wird Alfred aber bewusst, dass er tatsächlich eine Tasse in der Hand hält. Der Kaffee darin, den er Bruce nach dieser anstrengenden Nacht bringen wollte, als er das Batmobil auf dem Monitor erblickte, ist inzwischen schon kalt geworden, doch er umklammert den Henkel seit Auftauchen der beiden Schurken so fest, dass seine Finger mittlerweile völlig verkrampft sind und er sie nur schwerlich wieder öffnen kann. Für einen Butler sehr ungeschickt stellt er nun die Tasse auf einem kleinen Tisch neben sich ab und wendet sich wieder dem Riddler zu.
 

„Ich denke nicht, dass ich das tun würde. Aber glauben Sie nicht, dass ich nicht kampferprobt wäre!“ Nun huscht ein Schmunzeln über Edwards Lippen hinweg. „Etwas anderes hätte ich vom Butler des berühmten Batman auch gar nicht erwartet. – Aber zurück zum Thema. Ich denke, Sie sind in gewisser Weise mit seinen Fällen vertraut und wissen daher vielleicht auch, dass Joker bei seiner letzten Einlieferung nach Arkham ein Monster am Himmel gesehen haben will.“ „Master Bruce erwähnte es. Er war ziemlich angefressen deswegen, weil er es für Unsinn hielt und nicht dahinterkam, was der Joker damit bezwecken wollte.“, erläutert der Grauhaarige und offenbart seinem Gegenüber dabei unbewusst den Namen des Dunklen Ritters, was Nigma jedoch unkommentiert hinnimmt. „Kann ich mir vorstellen. Ich hätte es selbst nicht geglaubt, wenn ich es heute Nacht nicht mit eigenen Augen gesehen hätte! – Diese Tatsache führt uns auch hierher. Wir drei wurden nämlich von diesem Ding angegriffen, direkt vor dem Arkham Asylum! Batman hat dabei ordentlich was auf den Schädel bekommen und ist seither ohnmächtig. Joker hatte die fixe Idee, Batman bei diesem Fall helfen zu wollen, was dieser aber nicht wollte, was ich nur zu gut nachvollziehen kann. Joker befürchtet allerdings, dass hinter diesem Monster weit mehr steckt, als wir denken und das ganz Gotham davon betroffen sein könnte. Von ihm kam auch der Vorschlag, Batman hierher zu bringen, damit er wieder auf die Beine kommt und wir uns gemeinsam um dieses Ding kümmern können. Schließlich liegt uns Gotham mindestens genauso sehr am Herzen, wie Batman und wir können schlecht zulassen, dass so ein Untier alles zerstört, was eines Tages doch uns gehören sollte. – Das Ganze ist also eine Art Feuerpause, eine kurzzeitige Zusammenarbeit, bis das alles überstanden ist, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
 

„Das verstehe ich durchaus, auch wenn ich es kaum glauben kann. Schon gar nicht, dass die Idee vom Joker kommen soll. Aber man lernt ja bekanntlich nie aus. Also werde ich es hinnehmen, wenn sich Master Bruce damit anfreunden kann. Und ich möchte erwähnen, dass ich es sehr lobenswert von Ihnen beiden finde, dass Sie sich so für Gotham einzusetzen versuchen, wenn auch aus nicht unbedingt so noblen Gründen. – Aber vergessen wir das doch einmal für den Augenblick. Sie sagten, Sie wurden angegriffen und Batman hätte es erwischt?“ „Ganz recht. Und wie Joker es schon so unschön ausgedrückt hat, liegt der ehrenwerte Ritter in nicht ganz so süßen Träumen auf der Rückbank...“, ein gewisses Bedauern schwingt in seiner Stimme mit, das Alfred nicht genau einordnen kann. „In Ordnung. Ich danke Ihnen beiden dafür, dass Sie ihn hergebracht haben und ich werde sehen, was ich für ihn tun kann, damit Sie sich schnellstmöglich um dieses – Monster? – kümmern können.“, versichert der Butler und geht festen Schrittes auf das Batmobil zu. In gewissem Abstand folgt ihm der Rätselmeister und auch Joker beendet seinen Rundgang und stößt zu ihnen.
 


 

8
 

Mit vereinten Kräften hieven die drei Batman aus dem Wagen und legen ihn auf eine Bahre. Schweigend lässt Alfred einen Moment den Blick über seinen Herrn gleiten und versucht mögliche Verletzungen zu entdecken. Im Gegensatz zu seinem sonstigen Zustand, wenn er von einer Mission nach Hause kommt, sieht er heute allerdings ziemlich unversehrt aus. Edward meinte jedoch, dass Bruce ziemlich was auf den Schädel bekommen hat. Diese Annahme scheint sich zu bestätigen, kann der Butler doch die große Beule erkennen, die sich unter der Maske des Rächers erhebt. Pflichtbewusst will der Grauhaarige ihm die Maske abnehmen, um sich das Ganze anzusehen. Seine Hände verharren jedoch ruckartig über dem Gesicht des Ritters, als ihm bewusst wird, dass er hier nicht wie gewöhnlich allein oder unter Verbündeten ist. Mit prüfendem Zweifel sieht er zu den beiden Kriminellen auf, die ihn abwartend und fragend mustern. Der Älteste stößt ein zitterndes Seufzen aus. Seine Sorgen sind unbegründet, scheinen die beiden doch mehr über Batman zu wissen, als ihm lieb ist. Zudem hat er selbst unbewusst Bruce´ Namen vorhin schon ausgesprochen, da braucht er sich jetzt auch keine Gedanken mehr um das Geheimnis zu machen. Er hofft nur, dass der Schwarzhaarige das alles verstehen und akzeptieren wird, wenn er aufwacht.
 

Langsam zieht er seinem Schützling also die Maske vom Gesicht und offenbart das gesamte Ausmaß seiner Kopfverletzung. Die dick angeschwollene Beule sitzt genau auf der linken Schläfe und färbt sich bereits in einem intensiven Purpur-blau, was die lange Ohnmacht gut erklärt. Vermutlich hat er auch noch eine Gehirnerschütterung. Vorsichtig betastet Alfred die Stelle und prüft dabei auch gleich nach, ob Batman Fieber hat, was seine Vermutung einer Gehirnerschütterung bestätigen würde. Von der großen Beule strahlt jedoch so viel Wärme aus, dass er das nicht mit Sicherheit sagen kann. Eine genauere Untersuchung wird daher von Nöten sein. „Oh Mann, sieht echt übel aus. Hier gibt es nicht zufällig so was wie ein MRT-Gerät?“, ertönt plötzlich Jokers Stimme und alle Augen richten sich auf ihn. „Doch, das gibt es und daran dachte ich auch gerade...“, erwidert Alfred, jedoch nicht ohne sichtliches Unbehagen dem Clown gegenüber. Ed nimmt das Ganze hin, überlegt aber schon, wie er es für den Butler einfacher machen könnte, da es sicher nicht hilfreich ist, wenn dieser die ganze Zeit Panik wegen dem selbsternannten Prinzen schiebt.
 

„Kennst du dich etwa mit Medizin aus?“, fragt er Joker schließlich, während sich der Grauhaarige abwendet, um das Gerät heranzurollen. „Etwas. War zumindest oft genug in so einer Röhre, wenn mein Vater mal wieder ausgerastet ist und mich ins Krankenhaus geprügelt hat...“, gibt der Jüngere mit leichtem Knurren zurück und Riddler begreift, dass er gerade etwas erfahren hat, dass er vorher über seinen ungewollten Verbündeten noch nicht wusste. Joker hält sich bei so etwas sonst eher sehr bedeckt. Ed wusste lediglich, dass der Clown eine nicht gerade schöne Kindheit hatte – wie es vielem Kriminellen gemein ist –, weil sein Vater ein Trinker war und ihm gern mal die Hand ausgerutscht ist. Doch wie schlimm es scheinbar war, wusste er nicht. Es macht ihm aber klar, warum Joker wohlmöglich so ist, wie er ist. Wenn man ständig eins über den Schädel bekommt, ist irgendwann nichts mehr da, wo es eigentlich hingehört und man verfällt dem Wahnsinn, wenn einem niemand hilft. Edward bedauert diese Tatsache ziemlich, doch es ist schon lange zu spät, dem etwas entgegenzubringen. Der geistige Zustand des Clowns ist unheilbar im Nirwana verschwunden. Manchmal allerdings hat er das Gefühl, dass es wache Momente für den Grünhaarigen gibt, in denen er regelrecht normal wirkt und sich sogar um andere sorgt – so wie vorhin, als er ihm die Krawatte gelöst oder ihm im Wagen die Hand auf den Oberschenkel gelegt hat.
 

Diese Dinge wird Alfred aber wahrscheinlich nicht sehen oder sie nicht sehen wollen, weshalb sich Nigma etwas anderes überlegen muss, damit dies hier möglichst friedlich vonstatten geht. Er weiß selbst nicht, warum er so versessen darauf ist den Frieden zu bewahren, wo er doch sonst eher das Chaos vorzieht. Aber das hier ist ja auch keine alltägliche Situation für sie alle und da helfen dann auch nur ungewöhnliche Methoden. So greift der Rätselmeister nach einem Handtuch, das auf einem Tisch liegt und reicht es nun dem Clown. Dieser sieht ihn fragend, ja geradezu verständnislos an. „Meinst du nicht, du solltest dich etwas waschen, wenn wir hier rumdoktern?“, fragt ihn Nigma schon fast nebensächlich. „Schon möglich...“, erwidert der Jüngere und nimmt das Handtuch entgegen.
 


 

9
 

Zwei Minuten später schiebt Alfred das mobile MRT-Gerät heran und versucht es über Batmans Kopf zu platzieren. Allein will es ihm aber nicht so recht gelingen, da das Gerät doch ein ziemliches Gewicht hat und sich nur schwer bewegen lässt. Überrascht sieht er allerdings auf, als sich zwei erfahrene Hände dazu gesellen und ihm helfen. Seine Überraschung steigert sich aber noch um ein Vielfaches, als er sieht, wer ihm da hilft. Im ersten Moment kann er den jungen Mann überhaupt nicht einordnen, doch dann wird es ihm klar: Es ist der Joker. Oder er war es bis eben noch. Jetzt ist sein Gesicht allerdings sauber und zeigt die Ausmaße seiner Misshandlung, die er halbherzig unter der bunten Schminke zu verbergen versucht. Abgesehen von den grässlichen Narben auf seinen Wangen, wirkt sein Gesicht nun erstaunlich weich, jungenhaft, nahezu unschuldig, seine tiefen, braunen Augen dagegen schrecklich traurig. Es kommt dem Butler so vor, als hätte der Clown mit der Schminke auch einen Teil seines Wahnsinns abgewaschen, wirkt er doch jetzt regelrecht normal, menschlich und verwundbar. Hinzu kommt noch, dass sich der junge Mann die schulterlangen, grünen Locken mit einem Band im Nacken zusammengebunden hat und jetzt nur noch zwei schmale Strähnen sein ausgezehrtes Gesicht umrahmen. Zu guter Letzt hat er sich auch noch die Zwangsjacke seines unvergleichlichen Kostüms ausgezogen, weil ihn die überlangen Ärmel ganz sicher bei der Arbeit behindern. Er trägt jetzt nur ein schlichtes, weißes T-Shirt. Wüsste Alfred nicht, dass vor ihm der Joker steht, so würde er es nicht glauben können und kann es auch jetzt kaum.
 

Eine gewisse Dankbarkeit legt sich daher in seine blauen Augen und ein großer Teil seiner Furcht diesem Mann gegenüber scheint mit der Schminke weggewaschen zu sein. Dies erleichtert auch Riddler sichtlich. Mit einem leichten Seufzen – das diesen Anflug von Zufriedenheit ausdrücken soll – platziert sich der Rätselmeister am anderen Ende des Tisches und dirigiert die beiden an die richtige Stelle. Abermals empfindet er dabei Bewunderung für den sonst so durchgeknallten Clown. Wie zuvor Alfred, kommt auch Ed der Gedanke, dass Joker einen großen Teil seines Wahnsinns mit der Schminke fort gewaschen hat, hat er den Spinner doch noch nie so gewissenhaft, schweigsam und teamfähig erlebt. Bedeutet das vielleicht, dass die Gefühle des Grünhaarigen für den selbsternannten Rächer stärker sind, als man vermuten würde und seine vorwitzigen Äußerungen und Annäherungen doch nicht nur gespielt sind, um Batman aus der Fassung zu bringen? Eine Frage, die Edward nicht beantworten kann. Allerdings kommt ihm der Gedanke, dass nicht Batmans Identität das größte Rätsel in seinem Leben darstellen könnte, sondern die Ergründung des Wesens des Jokers und damit zusammenhängende Gefühle. Allein diese Überlegung löst im Riddler einen seltsamen Funken an Eifersucht aus, den er sich beim besten Willen nicht erklären kann. Diese ganze Sache beginnt ihm ziemlich an die Nieren zu gehen und er wünscht sich, er hätte die Biege gemacht, bevor das alles so weit kommen konnte. Doch jetzt gibt es kein Zurück mehr. Jetzt ist er hier und muss das Beste daraus machen, ob er nun will oder nicht.
 

Wieder entkommt ihm ein Seufzen, diesmal ist er jedoch eher genervt von all den Gedanken, die ihm ungewollt durch den Kopf schwirren. Leicht fragend sehen ihn derweilen Alfred und Joker an. Nigma erwidert ihren Blick einen Moment, dann besinnt er sich wieder auf das vor ihnen Liegende. „Ein ganz kleines Stück noch nach links – ja, so passt es!“, findet er schließlich den Faden wieder. Der Butler kommt um den Tisch herum und besieht sich das Ergebnis auch noch einmal. Er scheint zufrieden und beginnt dann damit das Programm auf dem Bildschirm einzurichten. „Ok, der Scan läuft.“, verkündet er nach einigen Klicks und das Gerät beginnt mit seiner Arbeit.
 


 

10
 

Nur noch wenige Sekunden trennen die drei vom Ergebnis, da geht plötzlich ein Zucken durch den Körper des Ritters. Ein Stöhnen verlässt seine Kehle. „Er wird wach!“, entkommt es Ed, da reißt Batman auch schon die Augen auf. In einem Anflug von Panik beginnt er sich heftig in der engen Röhre zu bewegen, woraufhin das Programm einen Warnton ausstößt, da die Messung unterbrochen wurde. Geistesgegenwärtig eilt der Prinz des Verbrechens um den Tisch herum und fixiert den Kopf des Maskierten. „Halt still, Batsy! Sonst platzt dir noch der Schädel!“, gibt er dem Schwarzgekleideten in seiner gewohnt frechen Manier zu verstehen. Verständlicherweise findet der Angesprochene das nicht sonderlich lustig und wehrt sich nur noch heftiger. „Nimm sofort deine Pfoten von mir!“, gebärt er sich. „Bitte, Master Bruce, so halten Sie doch still! Wir müssen die Untersuchung erst beenden!“, dringt eine sehr vertraute Stimme an sein Ohr. „Alfred?“ „Ja, Master Bruce. Bleiben Sie ruhig liegen, damit der junge Mann die Hände aus der Röhre nehmen kann. Sonst kann der Scan nicht beginnen.“ Bewusst vermeidet der Grauhaarige es den Namen des Jokers zu erwähnen, was diesem nur ganz recht ist. Langsam zieht der Clown die Hände zurück. Dabei erhascht Bruce einen Blick auf ihn, versteht jedoch nicht, wer dort vor ihm steht, hatte er die Stimme doch für die des Jokers gehalten. Scheinbar hat er sich das wohl aber nur eingebildet.
 

Widerwillig verharrt der Dunkle Rächer in der Röhre, bis die Messung beendet ist. „Wie fühlen Sie sich, Master Bruce?“, fragt Alfred, als das Gerät zur Seite gerollt wird. Der Schwarzhaarige gibt ein gequältes Stöhnen von sich und hält sich den pochenden Kopf, findet dabei nur allzu schnell die dicke Beule an seiner Schläfe. Ungeschickt versucht er sich aufzusetzen, was ihm aber erst gelingt, als ihm jemand dabei hilft. „Mir brummt der Schädel. – Schlecht ist mir auch. – Was ist eigentlich passiert?“, stellt Batman in den Raum und blickt sich nach der Person um, die ihm geholfen hat, da es augenscheinlich nicht Alfred war. Dieser steht direkt vor ihm und studiert das Ergebnis des Scans. Als er jedoch sieht, wer neben ihm steht und ihn stützt, traut er seinen Augen kaum. „Was zum? – Nigma? – Was...“, setzt er überrascht an. Seine Augen huschen hektisch durch die Gegend und er stellt mit Schrecken fest, dass er sich in der Bat-Höhle befindet – mit dem Riddler und das auch noch demaskiert! „Ganz recht. Doch du solltest dich nicht so ruckartig bewegen, sonst musst du dich noch übergeben.“, teilt ihm der Brünette mit leichter Sorge in der Stimme mit. Verstört hält er dem Blick des Rätselmeisters stand und versucht zu begreifen, was hier vor sich geht. Grob reißt er sich von ihm los und bereut es im selben Moment auch schon wieder, als sein Magen einen gewaltigen Sprung macht und sich regelrecht zu überschlagen scheint.
 

„Tief durchatmen, Batsy! Leg dich lieber wieder hin, bevor du hier noch alles vollkotzt.“, kommt es leicht mahnend von dem jungen Mann. Als dieser nun an ihn heraustritt, um ihn zum Hinlegen zu bewegen, kann Batman ihn genauer betrachten. Er sieht so fremd aus, so anders, und doch scheint kein Zweifel zu bestehen, es ist der Joker! „Was zur Hölle geht hier eigentlich vor?“, platzt es aus dem Rächer heraus und er versucht sich gegen den Griff der beiden Kriminellen zu wehren. „Du hast mächtig eins auf die Nuss gekriegt, von dieser blöden Motte.“, erläutert der Clown. „Das stimmt. Du warst ewig ohnmächtig.“, kommt es vom Riddler. „Wir haben dich in deine Höhle gebracht, damit Alfred dich wieder zusammenflickt.“, führt Joker weiter aus. „Alles ist in Ordnung, also reg dich nicht so auf. Spar dir deine Kräfte für dieses Monster auf!“, mahnt ihn Ed nun auch noch. Völlig perplex geht Batmans Blick zwischen seinen beiden größten Widersachern hin und her und dennoch begreift er nicht, was sie ihm sagen wollen. Sie können doch unmöglich so selbstlos gewesen sein und ihn in seine Höhle gebracht haben. Zumal sie gar nicht wissen können, wo besagte Höhle sich befindet. Oder etwa doch? Hat sie der Computer im Batmobil etwa direkt hierher gebracht? Aber das ist ganz unmöglich, er gehorcht nur ihm allein. Was wird hier also gespielt?
 

Zornig sieht sich Bruce nach Alfred um, in der Hoffnung, von ihm eine brauchbare Erklärung zu bekommen. Dieser lässt mit einem erleichterten Laut den Ausdruck des Scans sinken. „Die beiden Herren sprechen – so weit ich das beurteilen kann – die Wahrheit. Sie scheinen Ihres Zustands wegen ehrlich in Sorge und haben mir bei der Untersuchung geholfen, Master Bruce. – Mit Bedauern muss ich Ihnen aber leider mitteilen, dass Ihr Geheimnis wohl keines mehr ist, da die Herren den Weg ganz allein hierher gefunden haben. Ich bin untröstlich deswegen. Doch irgendwann musste es ja passieren und ich bin froh, dass dazu kein Angriff von Nöten war. Und ich bin auch froh, dass Sie nur eine leichte Gehirnerschütterung haben und nicht ernsthaft verletzt wurden.“ Batman traut seinen Ohren kaum. Joker und Riddler haben tatsächlich von allein den Weg zur Bat-Höhle gefunden und somit sein lang gehütetes Geheimnis gelüftet!? Und als wenn das nicht schon schwer genug zu begreifen wäre, sollen sie ihm auch noch völlig selbstlos geholfen haben?! Das ist einfach zu viel auf einmal. „Das ist ganz sicher nur ein Albtraum. – Oder ich bin immer noch ohnmächtig. – Ich muss einfach nur aufwachen...“, gibt der Ritter stöhnend von sich.
 

„Das ist kein Traum und du bist wach, Batsy! Sie es ein! Heb dir deine Wunschvorstellungen lieber für dieses Motten-Monster auf, das da draußen frei rumläuft!“, harscht Joker ihn grinsend an. „Halt endlich die Klappe! Mir platzt fast der Kopf...“, brummt der Angesprochene schwach zurück. Als Alfred sich anschließend um seine Beule zu kümmern beginnt, fallen Bruce aber auch schon wieder die Augen zu und er versinkt in einem ohnmachtartigen Schlaf.
 


 

11
 

Es ist bereits Mittag, als Bruce aus seinem Schlaf erwacht. Erstaunt stellt er fest, dass er sich nun in seinem Schlafzimmer befindet und nichts weiter, als eine Boxershorts trägt. Lediglich ein feuchter Lappen liegt auf seiner Stirn, der ihm nun in den Schoß fällt, als er sich mühsam aufsetzt. Die Kopfschmerzen sind inzwischen fast verklungen, die Übelkeit fürs erste ebenfalls, nur die Beule an seiner Schläfe pocht leise und dumpf unter einem Pflaster vor sich hin. Schwerfällig und noch etwas wacklig erhebt er sich aus dem Bett und tritt auf den Flur hinaus. Dunkel erinnert er sich daran, wie er in der Bat-Höhle zu sich gekommen ist und das er glaubte, dort dem Joker und dem Riddler begegnet zu sein. Völlig wirre Gedanken. Ein Albtraum seines mitgenommenen Geistes. Das kann also in keinem Fall stimmen. Aber vielleicht weiß Alfred ja, was vorgefallen ist?
 

Langsam tapst er durch sein großes Anwesen in Richtung Küche. Von dort vernimmt er den einladenden Duft von deftigem Essen. Bei diesem Geruch beginn sogar sein Magen erwartungsvoll zu knurren, was sonst nie der Fall ist, wenn er sich in seine Arbeit stürzt. Nicht selten kocht der fleißige Butler vollkommen umsonst für ihn und ermahnt ihn nur zu gern, wie ungesund es ist ständig nichts zu sich zu nehmen. Doch wenn er mitten in einer wichtigen Mission steckt, kann er einfach nicht an so belanglose Dinge wie Essen denken. Doch jetzt – was auch immer letzte Nacht alles vorgefallen sein mag, er kann sich nur noch daran erinnern, den Riddler nach Arkham gebracht zu haben – scheint sein Körper doch der Ansicht zu sein, er solle sich etwas Ruhe und insbesondere etwas zu Essen gönnen.
 

Mit schweren Schritten erreicht er die Küche und verharrt einen Moment unschlüssig davor. Von drinnen kann er gedämpft Stimmen hören. Hat Alfred etwa Besuch? Verwundert tritt er durch die Tür und erstarrt auch sogleich. „Hey, Schlafmütze!“, begrüßt ihn ein junger Mann mit grün gefärbten Haaren, den er erst auf den zweiten Blick als den Joker identifizieren kann. Ganz sicher ist er sich jedoch nicht – ohne seine Schminke sieht er einfach zu anders aus –, doch die Stimme ist ganz unzweifelhaft die seine und die Zwangsjacke ebenfalls. Als wäre dieser Schreck nicht schon schlimm genug, sitzt neben dem Clown auch noch der Riddler. Die beiden Kriminellen hocken dort ganz einträchtig am Tisch zusammen mit Alfred, als wären sie alte Freunde und scheinen gerade mit dem Mittagessen begonnen zu haben. Dieses Bild will nun wirklich nicht in seinen Kopf. Er muss schlichtweg noch träumen. Eine andere Erklärung kann es nicht geben. Dafür wirken die drei auch zu friedlich miteinander.
 

„Ich glaube, es geht ihm noch nicht so gut. Er ist ganz blass um die Nase...“, ertönt es nun vom Brünetten, der ihn leicht besorgt über sein Glas hinweg anschaut. „Kipp uns nicht wieder um, Batsy!“, kommt es mahnend vom Joker, der sein Besteck zurück auf den Teller legt, als wolle er gleich aufspringen, um genau das zu verhindern. „Master Bruce, ist Ihnen nicht wohl?“, fragt nun auch Alfred sorgenvoll. „Wie in aller Welt sollte mir auch wohl sein, wenn ich scheinbar träume? Anders kann es doch gar nicht sein, wenn du zusammen mit diesen zwei Spinnern fröhlich an einem Tisch sitzt!“, erwidert der Schwarzhaarige leicht gereizt. „Keine Sorge, mein Hübscher, du träumst nicht!“, grinst der Clown in sich hinein. „Ich denke nicht, dass das hilfreich war...“, fährt ihn Ed leicht an. Der Jüngste grinst nur wieder und zuckt mit den Schultern. Edward schüttelt leicht den Kopf über das Benehmen seinen Kollegen und erläutert dann dem sichtlich verwirrten Bruce, was letzte Nacht vorgefallen ist. Zwischendrin wirft der selbsternannte Prinz immer wieder etwas ein, was Riddler mehr oder weniger hinnimmt oder ihn wegen seiner unflätigen Ausdrucksweise rügt. Doch letzten Endes decken sich ihre Aussagen und Alfred bestätigt schließlich, was alles in der Bat-Höhle passiert ist. Dennoch kann Bruce es kaum glauben.
 


 

12
 

Eine Stunde später ist das Mittagessen beendet und Bruce hockt wieder in der Bat-Höhle. Inzwischen ist er allerdings zurück in die Rolle des Dunklen Rächers geschlüpft. Seine Maske hängt jedoch ungenutzt in seinem Nacken, auch wenn es ihm noch sichtlich schwerfällt sich an die Tatsache zu gewöhnen, dass seine beiden größten Widersacher sein wahres Gesicht kennen. Nicht auszudenken, was für Schlingen sie ihm damit um den Hals legen könnten. Der Schwarzhaarige will sich das gar nicht vorstellen, weshalb er sich schweren Herzens für eine Zusammenarbeit mit den beiden entscheidet, in der Hoffnung, es nicht bereuen zu müssen.
 

Noch einmal erzählen ihm Alfred und die vorübergehend auf freiem Fuß befindlichen Insassen der Arkham Anstalt, was letzte Nacht vorgefallen ist. Tief geht Wayne dabei in sich und versucht sich zu erinnern und alles in eine für ihn logische Reihenfolge zu bringen. Als ihm das endlich gelingt, seufzt er tief auf. Fest sieht er die zwei Halunken vor sich an, versucht herauszufinden, ob sie irgendetwas planen oder wirklich Interesse daran haben, ihm und Gotham etwas Gutes zu tun. Vielleicht liegt es noch an den Nachwirkungen der Gehirnerschütterung, vielleicht aber auch nicht, doch er ist der festen Überzeugung, dass sowohl Riddler, als auch Joker die Wahrheit sprechen. Akzeptieren will er es zwar nicht wirklich, muss es aber wohl, denn allein scheint er es nicht mit diesem Vieh aufnehmen zu können. Es ist ja nicht so, dass sich Batman generell gegen Hilfe verweigert – obwohl er natürlich lieber allein arbeitet, schon aus dem einfachen Grund heraus, dass dann kein anderer für seine Fehler bezahlen muss – aber, dass er einmal so tief sinken würde und die Hilfe von ausgerechnet diesen beiden annehmen muss, dass ist der absolute Tiefpunkt seines Daseins.
 

Seine Vorurteile muss er jetzt allerdings beiseite schieben, schließlich braucht Gotham ihn. Mit einem weiteren Seufzen erhebt sich Batman von seinem Stuhl und hält auf sein Auto zu. „Wenn ihr wirklich helfen wollt, dann trödelt nicht!“, fährt er seine unfreiwilligen Mitstreiter an. „Mein Erstes, das ist nicht die Sonne. Mein Zweites bringt Wahres nicht ans Licht. Drum geb` ich oft nur trügerische Wonne und stets ein ungewisses Licht.“, ertönt plötzlich Riddlers Stimme in seiner gewohnt gewandt-kecken Rätselmanier hinter ihm. „Wie bitte?“, wendet sich der Detektiv etwas angesäuert um. Nicht gerade erfreut stellt er dabei fest, dass die zwei sich nicht einmal von ihren Plätzen erhoben haben. So viel also zur Hilfe. Innerlich könnte sich Batman selbst ohrfeigen, dass er auch nur einen Gedanken daran verschwendet hat, dass sie wirklich etwas Nützliches hätten tun wollen. Stattdessen sitzt der Brünette mit überschlagenen Beinen und leicht trotzig verschränkten Armen da, gleich einer schadenfrohen Ehefrau, und grinst in sich hinein. Doch entgegen Bruce` Annahme ist es kein fröhliches Lächeln, nicht einmal herausfordernd. Es ist ernst und abwartend, durchdringend und irgendwie zweifelnd.
 

„Könnte es Mondschein sein?“, fragt der Butler auf einmal. Etwas zornig mustert der Ritter ihn. „Unterstütz diesen Unfug nicht auch noch!“, fährt er Alfred dann auch noch an. Dieser wendet seinem Herrn nur kurz den Blick zu und schaut dann wieder zum Riddler. „Mach dir mal nicht in dein schickes Cape, Batsy!“, erwidert Joker kichernd, aber dennoch erstaunlich ernst. „Dem kann ich nur zustimmen und dein Butler hat ebenfalls recht. Die Antwort ist Mondschein.“, kommt es vom Rätselmeister. „Und was soll mir das jetzt sagen?“, verlangt der Schwarzhaarige zu wissen. „Du bist doch sonst immer so ein schlauer Junge. Kommst du wirklich nicht drauf?“, neckt ihn der Clown zweifelnd. Missmutig funkelt ihn der Angesprochene an. „Vielleicht ist sein Kopf noch etwas mitgenommen? – Aber wie dem auch sei. Tatsache ist, Motten sind nachtaktiv, weshalb ich bezweifle, dass wir jetzt irgendetwas finden werden.“, erklärt sich Nigma schließlich. Resignierend lässt Wayne die Schultern hängen. Daran hat er wirklich nicht gedacht. Wohl möglich ist er wirklich noch nicht wieder so fit, wie er dachte. Doch das will er sich keinesfalls von diesen zwei Spinnern unter die Nase reiben lassen.
 

„Schön. Aber was ist, wenn ihr euch irrt und dieses Vieh in Wirklichkeit keine Motte ist? Wenn es jetzt dort draußen die Stadt terrorisiert?“, hakt er nach. Etwas unschlüssig sehen sich Joker und Riddler an. „Hast du nicht einen Alarm für so was?“, fragt der Grünhaarige unschuldig. „Oder den Polizeifunk?“, wirft Edward ein. Wieder lässt der Dunkle Ritter resignierend die Schultern hängen. Die beiden scheinen ihn wirklich erschreckend gut zu kennen. Es ist zum Haare raufen. „Sicher, aber so was schlägt erst an, wenn schon etwas passiert ist.“, versucht sich Batman zu verteidigen. „Klar. Aber es bringt ja auch nichts, wenn wir ziellos durch die Stadt hetzen, um irgendeinen Hinweis zu finden, oder?“ „Was schlägst du denn dann stattdessen vor, Joker?“, will Bruce nun wissen. „Tja, mein Hübscher. Du hast hier diesen gewaltigen Computer, mit sicherlich den besten Programmen, die man sich nur vorstellen kann. Irgendeins davon ist sicher auch zum Recherchieren gut, nehme ich mal an.“ „Selbstverständlich. Doch wonach willst du bitte suchen?“ Lässig zuckt der Clown mit den Schultern. „Vielleicht hat außer uns ja ebenfalls jemand das Biest gesehen und es irgendwo gemeldet oder geschrieben? Das Internet ist doch voll von mitteilungsbedürftigen Leuten, die nichts besseres zutun haben, als anderen mit ihrem Blödsinn Angst einzujagen. Denk nur mal an die ganzen Verschwörungstheorien.“
 

„Da muss ich dir ausnahmsweise einmal zustimmen. Doch das Meiste davon ist schlichtweg erfunden, gerade weil die Leute so viel Langeweile haben und anderen zum Spaß Angst einjagen wollen. Das müsstet ihr zwei doch verstehen.“ „Nun aber mal langsam, ja? Wenn wir schon jemandem Angst einjagen wollen, dann ganz sicher nicht so und schon gar nicht aus Langeweile. Schließlich sind wir Profis und keine blutigen Anfänger!“, versucht sich Ed zu rechtfertigen. „Abgesehen von dir vielleicht, mein Hübscher!“, kichert der Clown in sich hinein. Batman wirft ihm einen finsteren Blick zu, wendet sich dann aber doch dem Batcomputer zu.
 


 

13
 

Nicht lange später findet die Suchmaschine auch schon einige Einträge. Allerdings sind sie weder aus Gotham, noch aus diesen Tagen. Dennoch wecken sie das Interesse der Anwesenden. Eine neue Seite baut sich auf dem riesigen Monitor auf und enthüllt einen langen, ziemlich detaillierten Bericht:
 

Es ist der 15. November 1966, 23.30 Uhr. In jener kalten, klaren Nacht fährt ein Auto mit vier Personen durch eine ziemlich abgelegene Ecke in West Virginia. Point Pleasant heißt der nächste Ort. Die jungen Leute in ihren tollkühnen Kisten sind es aber nicht, die den Insassen des Fahrzeugs plötzlich einen gehörigen Schrecken einjagen. Sondern ein Wesen, das sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Nach der Schilderung von Linda sahen sie plötzlich vor dem gegenüberliegenden alten Kraftwerksgebäude eine furchteinflößende, menschenähnliche Gestalt von etwa 2 m Größe, mit großen Engelsflügeln von 3 m Spannweite. Das Wesen habe große runde, rot leuchtende und hypnotisierend wirkende Augen von etwa 5 cm Durchmesser gehabt. Offenbar hat sich einer seiner Flügel in einem Draht verfangen und das Wesen versucht sich daraus zu befreien. Als es ihm schließlich gelingt, steigt es flügelschlagend auf in die Luft, Staubwolken aufwirbelnd, und dem Auto hinterher, in dem die Zeugen des Monsters panisch flüchten. Sogar im Inneren des Fahrzeugs ist das Schlagen der gigantischen Flügel deutlich zu hören. Noch in derselben Nacht melden die Zeugen den Vorfall dem örtlichen Sheriff, der gegen 2 Uhr das Gelände absucht, aber nichts Auffälliges finden kann.
 

Schon nach der ersten Veröffentlichung wird das Monster von vielen Menschen gesichtet. Mit der Anzahl der Sichtungen wird das Bild vom sogenannten Mothman konkreter. So soll er scharfe Krallen an den Füßen haben, von dunkelbrauner Hautfarbe sein und die Fähigkeit haben, sich plötzlich zu materialisieren und wieder zu verschwinden. Richtig gruselig wird die Geschichte schließlich, als exakt 13 Monate nach der ersten Mothman-Sichtung, am Samstag, dem 15. Dezember 1967, die Silver Bridge zwischen den Orten Point Pleasant und Kanauga zusammenkracht. 31 Fahrzeuge stürzen in den Ohio River, 46 Menschen ertrinken. Zwar wird der Mothman nicht an der Brücke gesichtet, aber dennoch mit deren Kollabieren in Verbindung gebracht. Denn in einer Sage der indigenen Ureinwohner war das Erscheinen eines ähnlich beschriebenen Wesens Vorbote für Unglück und Not. Die Sichtung des Mothmans habe den Brückeneinsturz angekündigt. Vermutlich ist das Erscheinen des Mothman auf einen Fluch zurückzuführen, den Häuptling Cornstal, der im Jahr 1777 im Fort Randolph bei Point Pleasant ermordet worden war, verhängt haben soll. Vor dieser menschengroßen Gestalt mit riesigen Flügeln und leuchtend roten Augen fürchten sich die Menschen viel weniger wegen seiner Gestalt, sondern vielmehr wegen dem, was passiert, wenn er wieder geht. Denn der Mothman gilt als Prophet des Unglücks. Seit den 1960er-Jahren wurde er angeblich hundertfach gesehen, vor allem in Point Pleasant in West Virginia. Auch außerhalb der Vereinigten Staaten soll der Mothman Katastrophen angekündigt haben: in Tschernobyl, bevor das Kernkraftwerk explodierte und in China, bevor der Banqiao-Damm brach.
 

Als der Artikel zu Ende ist, erscheint ein Bild der Bestie unter dem Text – nur eine Art Phantomzeichnung, aber so realistisch, dass Joker hörbar die Luft einsaugt. „Das ist das Vieh, ganz eindeutig!“, gebärt er sich aufgeregt und deutet wie ein kleines Kind mit dem Finger auf das Bild. „Oh Himmel...“, gibt Edward erschüttert von sich. Ein Schauer jagt seinen Rücken hinab und lässt ihn kurz erzittern. Nicht minder erschrocken, obwohl er das Wesen nie zu Gesicht bekommen hat, hält sich auch Alfred die Hand vor den Mund und stützt sich an einem kleinen Tisch in der Nähe ab. Einzig Batman wirkt unbeeindruckt, doch das ist nur äußerlich. In dem kurzen Kampf mit diesem Ungetüm konnte er nicht viel von seiner Gestalt erkennen. Nun ein solches Bild vor sich zu haben, dem Feind praktisch in die Augen sehen zu können, stimmt ihn schon etwas zuversichtlicher, das Ganze lösen zu können. Seine Erschütterung hält sich jedoch in Grenzen. Bruce ist von Natur aus sehr skeptisch und obwohl er es schon mit allerhand seltsamen Gestalten zutun hatte, glaubt er dennoch nicht an deren Existenz, bis er nicht hinter des Rätsels Lösung gekommen ist. Dennoch stimmt ihn der Anblick dieses Wesens nicht gerade mit Wohlbefinden. Die wilden Schilderungen in dem Bericht lassen ihn aber an dessen Glaubwürdigkeit zweifeln. Dieses Untier mag vielleicht wirklich existieren – nicht ohne Grund hat er jetzt Kopfschmerzen und muss sich mit diesen beiden Verrückten rumärgern – doch er bezweifelt stark, dass es die Macht hat ein Unglück herbeizuführen, nur weil man es vor irgendwelchen Katastrophen gesehen haben will. Die Leute suchen schlichtweg nach etwas, das ihre Seele beruhigt; nach einer Erklärung für diese Unglücke, weil sie sich nicht eingestehen wollen, dass sie vielleicht nur auf menschliches Versagen zurückzuführen sind.
 

Einen langen Moment legt sich Schweigen über die kleine Truppe und ein jeder versucht das Alles mit sich in Einklang zu bringen. Das gibt Batman etwas Zeit zum Nachdenken. Allerdings befürchtet er, dass seine weitere Vorgehensweise wieder von den beiden Gaunern infrage gestellt werden könnte, weshalb er sich zuerst anhören will, was seine unfreiwilligen Mitstreiter dazu zu sagen haben. „Also gut, wir haben unser Monster gefunden. Was unternehmen wir jetzt eurer Meinung nach dagegen?“ Missmutig und herausfordernd wendet er sich an die beiden Ex-Sträflinge. Edward wirkt sichtlich blass um die Nase, scheint sich das Ganze sehr nahe gehen zu lassen, was vielleicht auch kein Wunder ist, wo er selbst von diesem Ding angegriffen wurde. Der Joker hingegen wirkt nach dem ersten Schreck schon wieder entspannt, wirft stattdessen einen leicht besorgten Blick zu seinem Kollegen. Vielleicht fürchtet er, dass der Riddler einen erneuten Anfall erleiden könnte, wie beim ersten Anblick der Bestie vor der Arkham Anstalt? Schließlich schleicht sich seine Hand nicht unbedingt unauffällig auf die des Brünetten und hält sie einen Moment lang ganz fest umschlossen. Ed entzieht sich ihm aber schnell wieder und räuspert sich stattdessen etwas angestrengt. Der Dunkle Ritter kann jedoch einen Hauch von Bedauern in den grünen Augen erkennen. Wayne ist sich nicht sicher, doch wenn die beiden Ganoven allein wären, würde sich der Rätselmeister dann vielleicht sogar von dem ausgeflippten Clown trösten lassen – auf welche Weise auch immer? Eine bizarre Vorstellung für den Detektiven und unter anderen Umständen ganz sicher auch nicht das, was Edward bevorzugen würde, aber bei den jetzigen Gegebenheiten durchaus denkbar.
 

„Also – ich will ehrlich sein. Mich beunruhigt dieser Bericht doch ziemlich. – Ich kann mir zwar beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieser sogenannte Mothman wirklich für diese Unglücke verantwortlich ist, aber das ändert nichts an seiner Gefährlichkeit, wie wir schließlich am eigenen Leib erfahren haben. – Allerdings macht es mich stutzig, dass die Geschehnisse schon so lange zurückliegen. Die beschriebene Sichtung war immerhin 1966, was schon fast vierzig Jahre zurückliegt. Das Reaktorunglück in Tschernobyl war 1986 und der Zusammenbruch des Staudamms in China war meines Wissens 1975. – Sichtungen von jüngerer Zeit haben wir nicht gefunden, sodass das letzte Mal auch schon fast zwanzig Jahre zurückliegt. Mir stellt sich also die Frage: Was hat dieses Wesen – wenn es sich dabei wirklich um ein und dasselbe handelt – in dieser langen Zeit gemacht und warum taucht es ausgerechnet jetzt hier in Gotham wieder auf? Und wenn man diesem Aberglauben Beachtung schenken mag: Was für ein Unglück erwartet uns in naher Zukunft?“, bringt Nigma schließlich hervor, was sie sich alle irgendwie schon gedacht haben.
 

„Da hast du nicht ganz Unrecht, Eds. Es ist wirklich merkwürdig, dass das Biest nach seinem ersten Auftauchen hunderte Mal gesehen wurde, dafür in den letzten zwanzig Jahren aber gar nicht mehr. Ist das Vieh inzwischen vielleicht sogar verreckt und wir haben es hier mit seiner Nachkommenschaft zutun, oder hatte es einfach keine Lust mehr auf Zerstörung? War der Mist, den wir Menschen in die Natur geworfen haben, nicht mehr gut genug für seine Ansprüche oder vielleicht sogar zu gut, sodass seine Kraft nicht mehr ausreichte, um eine erneute Katastrophe auszulösen?“, wirft Joker in den Raum. „Vielleicht ist aber auch einfach der Aberglaube in unserer modernen Zeit daran verloren gegangen? In den 1950ern und 60ern waren die Menschen von solchen Dingen noch sehr schnell eingenommen und glaubten so gut wie alles. Denken Sie nur einmal an den angeblichen Ufoabsturz 1947 in Roswell. So was hat die Angst in den Leuten geschürt und danach wurden allerhand komischer Wesen gesichtet, die sich später zum größten Teil jedoch als Fälschung oder Irrtum herausstellten. Damals verbreiteten sich Nachrichten auch noch nicht so schnell wie heute, weshalb es wohl auch eine Weile gedauert hat, bis das ganze über den See nach Asien kam. Dort sind die Menschen auch heute noch sehr abergläubisch, weshalb ich es nur allzu verständlich finde, dass die letzten Sichtungen dort stattgefunden haben. Bei uns geriet das in der Zwischenzeit alles in Vergessenheit, was wohl die lange Ruheperiode erklären könnte. Wahrscheinlich hat es also einen ganz anderen Hintergrund, warum dieses Wesen jetzt wiederauftaucht. Und so verwunderlich finde ich es auch nicht, dass dies hier in Gotham passiert. Unsere bedauernswerte Stadt ist schließlich leider Gottes weithin dafür bekannt, Unglück und alles Schlechte regelrecht wie ein Magnet anzuziehen.“, kommt es bedauerlich von Alfred.
 

Nachdenklich hört sich Batman alles an und in seinen Augen hat ein jeder von ihnen recht. Es ist wirklich sehr seltsam, dass so lange Ruhe herrschte. Das erklärt aber noch lange nicht, was sie jetzt tun sollen, denn immerhin gibt es dieses Wesen ja, was jeder schmerzende Knochen in seinem Körper bezeugen kann. „Meiner Meinung nach spielt es keine so große Rolle, ob es sich hierbei nun um ein und dasselbe Wesen handelt oder nicht. Wichtig ist nur, dass wir einen Namen dafür haben und zumindest etwas einschätzen können, was uns erwartet. Mehr können wir im Moment wohl eh nicht erwarten, solange wir das Wesen nicht noch einmal getroffen und weitere Daten gesammelt haben. Wir können allerdings zurück nach Arkham fahren und sehen, ob wir dort irgendetwas finden, das vom Kampf zurückgeblieben ist...“, meldet sich nun endlich der Rächer zu Wort.
 

„Nein!“, wirft Edward jedoch ein kaum, dass Bruce den Satz beendet hat. In einer erstaunlich schnellen und fließenden Bewegung hebt er seinen Gehstock an und lässt die versteckte Klinge darin direkt vor Batmans Nase hervorschnellen. Der Butler gibt einen erstickten Schrei von sich und jeder Muskel im Körper des selbsternannten Ritters spannt sich kampfbereit hat, fürchten doch beide nun den schon vermuteten Hinterhalt. Joker hingegen zuckt nicht einmal zusammen. Stattdessen schleicht sich abermals dieses undefinierbare Grinsen auf sein Gesicht und ein seltsames Funkeln huscht über seine braunen Augen hinweg. „Das ist die Idee, Eds!“, flötet der Clown dann begeistert. Der Angesprochene verdreht nur genervt die Augen. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst mich nicht so nennen!“, pikiert sich Nigma angesäuert. Auf diesen Moment hat Batman nur gewartet. Geschickt stößt er die auf ihn gerichtete Klinge zur Seite, erhebt sich schnell, dreht den Arm des abgelenkten Riddlers grob auf dessen Rücken herum, sodass er den Stab mit meinem Schmerzenslaut zu Boden fallen lässt, und wirft ihn dann bäuchlings regelrecht auf die Tischplatte, an der Alfred vorhin gelehnt hat.
 

Ein weiterer Schmerzlaut verlässt Edwards Kehle. „Ich wusste doch, dass ich euch nicht trauen kann!“, zischt Batman ihm düster ins Ohr und verstärkt seinen Griff noch mehr. Riddler stöhnt gequält auf, wehrt sich jedoch nicht gegen die Misshandlung. Joker hingegen scheint aufgewacht zu sein. Wie schon vor der Arkham Anstalt, stürzt er nun nach vorn, um seinem Kollegen beizustehen. Grob packt er Bruce am Oberarm und versucht ihn von dem Brünetten wegzuziehen. „Lass ihn verdammt noch mal los, Batsy! Du verstehst das völlig falsch!“, knurrt der Grünhaarige überraschend nachdrücklich. „Was gibt es da schon falsch zu verstehen?“, fordert der Schwarzgekleidete zu wissen. „An – an der – Klinge – klebt Blut – von dem Vieh...!“, presst Edward keuchend hervor. Ruckartig hebt Batman den Kopf und starrt zu seinem Butler hinüber, der so weitsichtig war, den Stab an sich zu nehmen, nachdem er zu Boden gefallen war. Im Licht der Deckenbeleuchtung kann er nun eine blaugrüne Substanz erkennen, die mehr als die Hälfte der gut zwanzig Zentimeter langen Klinge bedeckt. Dabei könnte es sich aber um einfach alles handeln, insbesondere um Gift. Allerdings ist Riddler absolut nicht der Typ für so etwas.
 

Skeptisch betrachtet Bruce das Ganze. Grob schüttelt er schließlich den Joker von sich ab, sodass dieser unsanft auf seinen vier Buchstaben landet. „Du rührst dich nicht von der Stelle!“, befiehlt ihm der Rächer. „Ach ja? Und wenn doch?“, kommt es prompt von dem Verrückten. Nun präsentiert ihm der Dunkle Ritter seinerseits ein Messer, das er dem Jüngsten aus der Tasche entwendet hat, bevor er ihn zu Boden stieß. Zielstrebig richtet er die Spitze der Klinge nun auf Riddlers Hinterkopf. „Wenn du dich bewegst, wird er dafür büßen müssen!“, mahnt er den selbsternannten Prinzen. „Das machst du eh nicht!“, höhnt dieser allerdings. „Töten werde ich ihn nicht. Nein. Ihn wird der Blutverlust dahinraffen und du wirst zusehen!“ Finster funkelt Joker ihn an. „Arschloch...“ „Heb die Hände, damit ich sie sehen kann!“ Widerwillig kommt der Angesprochene dem Befehl nach und Batman kann in seinen braunen Augen deutlich sehen, wie sehr ihn das alles mitzunehmen scheint. Welche Gefühle hegt er wohl wirklich für den Riddler? Doch darüber kann er jetzt nicht nachdenken. „Alfred! Nimm eine Probe von dieser Substanz und jag sie durch das Analyseprogramm. Es dauert nur ein paar Momente, dann werde ich wissen, ob du die Wahrheit gesagt hast und erst dann dürft ihr zwei euch wieder bewegen!“, bestimmt Wayne nachdrücklich und der Butler setzt sich augenblicklich in Bewegung.
 


 

14
 

Unfreiwillig verharren die beiden Verbrecher im festen Blick von Batman, während Alfred die Analyse durchführt. Schon kurze Zeit später liegt das Ergebnis vor. „Master Bruce, ich denke, Sie können Mister Nigma wieder loslassen. Bei der Substanz handelt es sich tatsächlich um Blut – irgendwie jedenfalls...“, gibt der Grauhaarige schließlich von sich und blickt seinen Herrn etwas unsicher an. „Was meinst du mit irgendwie?“, hakt der Dunkle Ritter nach und drückt Riddler noch etwas fester auf den Tisch. Dieser gibt abermals ein klägliches Stöhnen von sich, sieht jedoch weiterhin davon ab sich zur Wehr zu setzen – er hätte eh nicht die Kraft dazu. Joker knurrt derweilen drohend in sich hinein und scheint nur auf einen geeigneten Augenblick zu warten, um Batman dafür büßen zu lassen. „Naja, es ist kein gewöhnliches Blut. Ehrlich gesagt, habe ich so etwas noch nie gesehen...“, entgegnet der Butler und hält dem anderen den Ausdruck entgegen.
 

Nur widerwillig löst Bruce seinen Griff von dem Rätselmeister und nimmt die Seiten entgegen. Mit einem weiteren Stöhnen sinkt Edward auf die Knie und massiert sich seine überdehnten Arme. Der Clown will schon zu ihm, doch der Rächer wirft ihm einen mahnenden Blick zu, woraufhin er schmollend und mit erhobenen Händen auf seinem Platz verharrt. Resignierend betrachten sich die beiden Ex-Insassen, während Wayne das Dokument studiert. „Du hast recht, es ist tatsächlich Blut. – Doch es stammt sowohl von einem Menschen, als auch von mindestens einem Tier. Es ist ein heilloser Mischmasch, ohne erkennbaren Hintergrund...“ „Heißt das, dass unser Monster künstlich erschaffen wurde?“, fragt Ed und erhebt sich ganz langsam wieder. Joker tut es ihm gleich, da Batman abgelenkt genug zu sein scheint. „So ist es. Das Wesen wurde mithilfe komplizierter DNA-Vermischungen im Reagenzglas erzeugt. Wie mir scheint, hat jemand versucht die vorteilhaftesten Eigenschaften aller einfließenden Komponenten hervorzuheben, sie in einem neuen Körper zu vereinen und herausgekommen ist dieser Mothman.“ „Was für eine Vergewaltigung an der Natur...“, gibt der selbsternannt Prinz des Verbrechens von sich und verzieht angewidert das Gesicht.
 

„Doch das ist noch nicht alles. Wenn die Messung stimmt, dann existiert dieses Wesen erst seit ein paar Monaten. Und vor nicht einmal einer Woche wurde ihm das letzte Mal etwas injiziert, um die Mutation zu stabilisieren.“ „Also läuft dort draußen irgendwo ein verrückter Wissenschaftler herum, der grausige Monster züchtet?“, fragt Alfred unsicher. „Wahrscheinlich. Doch ich hoffe mal, dass dieses Vieh seine einzige, lebensfähige Kreation ist.“, erwidert Batman ernst, doch er soll sich gewaltig täuschen...
 

„Dann ist hier wohl mal eine Entschuldigung angebracht, nicht wahr, Batsy?“, fordert der Jüngste nun streng. Verständnislos mustert ihn der Angesprochene. „In wie fern?“ „Musst du das wirklich noch fragen? Du hättest Eds fast die Arme gebrochen, nur weil du vor dich hin fantasierst! Ist es wirklich so schwer zu akzeptieren, dass wir nur helfen wollen, verdammt?“, gebärt sich der Grünhaarige aufgebracht, als hätte diese Misshandlung an ihm stattgefunden und nicht an seinem Kollegen. Bruce mustert ihn noch einen Moment, dann wendet er den Blick Nigma zu. „Ich war vielleicht wirklich etwas zu grob und voreingenommen. Aber ihr wisst beide sehr genau, dass es nicht gerade einfach ist, euch zu vertrauen nachdem, was wir alles schon durchhaben.“, versucht sich der Ritter halbherzig zu rechtfertigen. „Mehr kann ich als Entschuldigung wohl nicht erwarten, wie? – Aber ich gebe zu, meine Vorgehensweise diesbezüglich war auch nicht gerade geschickt gewählt. Hätte ich dir die Klinge nicht direkt vor die Nase gehalten, hättest du auch keinen Grund gehabt, mich so anzupacken.“, kommt es resignierend vom Riddler und damit scheint sich die Sache zwischen ihnen geklärt zu haben, auch wenn Joker da vielleicht anderer Meinung ist.
 


 

15
 

„Kommen wir doch jetzt mal wieder zum Wesentlichen zurück. Was unternehmen wir gegen dieses Monster?“, unterbricht Alfred sie ungeschickt. Nachdenkliches Schweigen legt sich über die drei. „Wir müssen es in jedem Fall finden und unschädlich machen, damit es keinem mehr schaden kann und dann sollten wir uns überlegen, wer für so etwas infrage kommt. – Diese Herstellungsmethode, wenn ich das mal so bezeichnen kann, kommt mir jedoch nicht mal ansatzweise bekannt vor, weshalb wir es aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer mir noch unbekannten Person zu tun haben.“, erwidert Wayne. „Es wird langsam dunkel...“, wirft der Grünhaarige ein. „Ja, wir sollten bald aufbrechen und hoffen, dass wir das Vieh finden. Vielleicht trägt es ja einen Hinweis bei sich, der uns verraten kann, wer sein Schöpfer ist?“, stimmt der Brünette zu. „Der Gedanke kam mir auch schon. Alfred, versuch die Analyse noch etwas zu vertiefen. Vielleicht bekommst du heraus, welchen Ursprung die einzelnen Komponenten haben und wer sie sich beschafft haben könnte.“ „Sehr wohl, Sir.“, erwidert der Butler pflichtbewusst. „Und ihr zwei kommt mit mir. Aber wenn ich auch nur einen Mucks von euch höre, wandert ihr wieder zurück nach Arkham!“ „Das werden wir ja sehen, Bruce.“, entgegnet ihm Edward mit einem schiefen Grinsen, in das sein Kollege auch sogleich mit einstimmt.
 

Für den Moment hatte Batman diese Tatsache schon fast wieder vergessen. Verstimmt zieht er sich seine Maske auf und gibt ein Grummeln von sich. Sie haben ihn in der Hand und er hat praktisch nichts mehr, dass er ihnen entgegenbringen kann. Seine jahrelang mühevoll aufgebaute Mauer zerbröselt einfach so vor seinen Augen und er kann nichts dagegen unternehmen, nur hoffen, dass die beiden dichthalten und dieses Wissen nicht irgendwann gegen ihn verwenden. Doch damit das funktioniert, sollte er auch an sich selbst arbeiten und ihnen – so schwer es ihm im Moment auch noch fällt – Vertrauen entgegenbringen. Bei dieser Sache müssen sie sich praktisch blind auf einander verlassen können, sonst steht er am Ende völlig allein da, während die zwei Verrückten zusammen mit dem Mothman die Stadt in Schutt und Asche legen.
 

Der Dunkle Ritter gibt ein Seufzen von sich und wendet sich dann dem Batmobil zu. Schweigend folgen ihm seine ungewollten Helfer. „Ihr zwei steigt vorne ein. Nigma, du fährst.“, legt der Schwarzhaarige fest. „Was? Wieso denn ich?“, kommt es doch etwas entgeistert von dem Rätselmeister. „Ich will euch im Auge behalten, darum.“ „Aber Joker hat uns her gefahren...“ Skeptisch mustert Bruce den Clown, der ihn herausfordernd angrinst. „Das hätte ich zwar nicht vermutet, aber ich bleibe dabei, du fährst. Der Bengel ist mir viel zu aufgedreht fürs Steuer.“ „Hey, jetzt mal halblang! Ich bin ein verdammt guter Fahrer!“, mischt sich der Jüngste nun entschieden ein. Zweifelnd hebt Batman eine Augenbraue. Das kann man zwar unter seiner Maske nicht ausmachen, doch es ist seinem Gesicht dennoch anzusehen. „Er hat recht. Er ist sehr vorbildlich gefahren. Hätte dir nicht einmal einen Strafzettel für Geschwindigkeitsübertretung eingebracht.“, hält Edward dagegen. Wieder hebt sich Batmans Augenbraue. „Beim nächsten Mal vielleicht. Jetzt fährst du. Und keine Widerworte mehr, wir haben nicht die ganze Nacht für solch sinnlose Diskussionen Zeit!“
 

Resignierend lässt sich Ed auf den Fahrersitz fallen, während Joker neben ihm Platz nimmt und Bruce auf der Rückbank. In Anbetracht der vielen Schalter und Knöpfe vor sich, schluckt der Brünette leicht überfordert. Etwas unsicher betrachtet er das Loch im Bordcomputer, das Jokers Messer hinterlassen hat. ‚Vielleicht ist das auch der wahre Grund, warum ich fahren soll? Er riecht förmlich, wer von uns beiden den Schaden angerichtet hat...‘, geht es Nigma durch den Kopf. Nach einem Moment hat er sich einen halbherzigen Überblick verschafft und es gelingt ihm das Batmobil in Schwung zu bringen. Zum Glück hatte er den Grünhaarigen vorhin bei seinen Bemühungen beobachtet, denn von Wayne kommen keinerlei Anweisungen, was er tun soll. Er hat ihm lediglich den Schlüssel in die Hand gedrückt, sodass Ed zumindest nicht nach dem richtigen Paar Kabel fummeln muss. Etwas holprig steuert er den Wagen auf den Tunnel zu und kurz darauf verlassen sie die Höhle. „Dieses Schlachtschiff ist wirklich ätzend...“, kommentiert der Brünette das Ganze und fühlt sich alles andere als sicher hinter dem Steuer des schwer gepanzerten Fahrzeugs. Wayne äußert sich dazu allerdings nicht, sondern lässt ihn weitermachen. So geht es zwar nicht unbedingt schnell voran, dafür aber mit einem besseren Gefühl für den Detektiven.
 


 

16
 

An einer der Brücken, die nach Arkham führen, stoppt Edward den Wagen plötzlich. „Warum hellst du an?“, will sein Sitznachbar irritiert wissen. „Ich bin nicht sicher. – Irgendwie habe ich ein komisches Gefühl...“, gesteht er und blickt nervös in die dunkle Nacht hinaus. „Hm...“, macht der Grünhaarige. „Jetzt wo du es sagst. Irgendetwas liegt in der Luft...“ Von der Rückbank ertönt ein ungeduldiger Laut. Doch noch ehe Batman etwas sagen kann, durchbricht ein unmenschlicher Laut die Stille der Insel und lässt sie alle unfreiwillig zusammenzucken. Soll sich der Instinkt der beiden Kriminellen also bewahrheiten? Kurz darauf überfliegt der Mothman auch schon die Anstalt in einem hohen Bogen und hält direkt auf das Batmobil zu. Seine scharfen Krallen schlagen mit unglaublicher Wucht und einem widerlich hohen Kratzgeräusch auf die verstärkte Windschutzscheibe. Der ganze Wagen vibriert bei diesem Zusammenstoß. Dann verschwindet das Wesen wieder aus der Sicht der drei Insassen. Auf der Insel setzt derweilen Bewegung ein. Scheinbar sind die Wachen in der Zwischenzeit wieder zu sich gekommen und haben die Bestie ebenfalls entdeckt. Hektisch zucken die Suchscheinwerfer durch den nächtlichen Himmel, Alarmsirenen setzen ein und alles wird vorschriftsmäßig abgeriegelt. Der Dunkle Ritter betrachtet diese Vorsichtsmaßnahmen mit einer gewissen Erleichterung, scheint doch wenigstens dort wieder etwas Normalität eingekehrt zu sein und er muss sich um eine Sache weniger Gedanken machen.
 

Allerdings sieht es auch nicht so aus, als hätte die riesige Motte auch nur ansatzweise Interesse an der Anstalt und seinen unfreiwilligen Bewohnern. Stattdessen taucht das Wesen wieder in unmittelbarer Nähe des Batmobils auf und startet einen neuen Angriff. Sein ohrenbetäubender Schrei ist auch diesmal deutlich im Fahrzeug zu hören und schon kurz darauf schrammen seine langen Krallen über das Dach hinweg. „Das gibt Kratzer im Lack...“, kommentiert Joker ungewohnt nervös. Eigentlich will Batman ihm schon sagen, dass doch etwas mehr von Nöten ist, um seinem Wagen zu schaden, doch er verkneift es sich und harscht Nigma lieber an wegzufahren. „Wohin denn?“, fragt dieser der Panik nahe. „Völlig egal, nur weg von der Anstalt! Niemand soll zu Schaden kommen!“, erwidert der Schwarzgekleidete etwas ungehalten. „Und was ist mit uns?“, will Edward wissen, während er hektisch versucht den Wagen zu starten. Seine Finger zittern jedoch so stark, dass er es nicht schafft die Gangschaltung des Automatikgetriebes zu bedienen. Derweilen hält die Motte immer wieder auf sie zu und lässt das Fahrzeug unter ihren Angriffen heftig erzittern.
 

Bruce ist kurz davor den Riddler wegen seiner Konzentrationslosigkeit zu rügen, da fällt Joker ihm ins Wort. „Scheiß auf uns! Wir sind jetzt die verfluchten Ritter dieser gottverdammten Stadt, also reiß dich zusammen und gib Gas!“ „Ich – ich kann nicht...“, gesteht Ed sichtlich aufgelöst. Wieder ein heftiger Angriff, der den ganzen Wagen erzittern lässt. Der sensible Rätselmeister wird ganz blass, scheint sich seiner eignen Sterblichkeit gerade viel zu bewusst zu sein, um irgendetwas zu unternehmen. Er fühlt sich in diesem Wagen gefangen und sieht keinen Weg zu Flucht, die immer heftiger in ihm glüht wie das Feuer eines jeden Moment ausbrechenden Vulkans. Abgehackt beginnt er zu atmen und steht kurz vor einem erneuten Anfall. „Mach das nicht, mein Hübscher! Lass mich fahren!“, entgegnet ihm der Clown nun in einem überraschend sanften Befehlston. Ein Hauch von Dankbarkeit huscht durch die grünen Augen des Brünetten, doch nur für eine Sekunde, dann weiten sie sich mehr als überrascht, als sich der Grünhaarige einfach ungefragt auf seinen Schoß setzt, anstatt einfach mit ihm die Plätze zu tauschen. „Was...“, bringt er gerade noch hervor, dann tritt Joker das Gaspedal auch schon bis zum Boden durch. Das Batmobil macht einen überraschten Satz nach vorn und prescht dann mit ungeheurem Tempo davon.
 

Nahezu fassungslos betrachten Batman wie auch der Riddler das Ganze, völlig unfähig irgendetwas zu erwidern. Der Rächer fängt sich jedoch schnell wieder, ignoriert das, was auf dem Fahrersitz vor sich geht und blickt stattdessen aus dem Rückfenster. Dort kann er deutlich den Mothman erkennen, der ihnen hinterher fliegt. Kreischend verkürzt er immer weiter den Abstand zu ihnen. Seine großen, roten Augen fixieren den Wagen vor sich mit tödlicher Präzision und seine Wutschreie durchschneiden die Nacht wie ein scharfes Rasiermesser.
 

„Joker...“, presst Ed angestrengt hervor. „Ruhe, ich fahre!“, entgegnet der Angesprochene hochkonzentriert, während der Raketenmotor laut heulend die Nacht zerschneidet. „Dann sitz doch wenigstens still...“, bittet der Brünette überfordert. „Später, mein Hübscher...“, kommt es prompt als Antwort. Resignierend lässt Edward den Kopf gegen die Rückenlehne sinken, schließt die Augen und versucht das alles zu verdrängen. „Sobald du anhältst, drehe ich dir den Hals um...“, gibt er dem Clown zwischen zusammengepressten Zähnen zu verstehen. Ein Grinsen huscht über das Gesicht des Jüngsten. „Schön, aber anschließend wird gekuschelt!“, flötet er frech und geht dabei so heftig in die Kurve, dass Batman schon fürchtet, dass sich der Wagen überschlagen könnte. Nigma ist sichtlich fertig mit den Nerven, schwankt nur noch zwischen Wut, Übelkeit und Entsetzen. „Halt´s Maul...“, gibt er noch von sich, dann werden sie wieder von dem Monster gerammt. Prüfend sieht Batman wieder aus dem Rückfenster. Die Anstalt ist nicht mehr zu sehen. Mit einem nahezu erleichterten Gefühl sieht der selbsternannte Ritter aber, dass der ausgeflippte Clown sie in die Narrows gefahren hat – einer der heruntergekommensten Teile Gothams, der fast ausschließlich von Kriminellen bewohnt wird und an dem kaum noch ein Stein auf dem anderen steht. Falls es also zu einem Kampf kommen sollte, wird sich der Schaden hier in jedem Fall in Grenzen halten.
 

Mit quietschenden Reifen kommt das Batmobil schließlich auf einer Freifläche zum Stehen. Unter anderen Umständen würde Bruce hier ganz sicher nicht freiwillig parken, zu groß wäre seine Sorge sofort ins Visier sämtlicher Gauner zu gelangen, ist sein Wagen doch wohl das Auffälligste, was man sich vorstellen kann. Und ein jeder Bewohner der Narrows wartet nur darauf ihn in die Finger zu bekommen, um sich für all das erlittene Leid zu revanchieren. Im Moment würde er dem Joker allerdings schon beinahe ein Lob dafür aussprechen, dass er ausgerechnet hierher gefahren ist. Kaum ein Ort in Gotham wäre ihm für die bevorstehende Auseinandersetzung mit diesem Vieh lieber gewesen. Allerdings spart er sich seinen Atem und hält Ausschau nach dem Mothman.
 

Dieser hat jedoch seine anhaltenden Angriffe auf den Wagen beendet und kreist nun hoch in der Luft umher, wartet vermutlich darauf, dass die drei aussteigen und er ihnen ans Leder gehen kann. Diesen Gefallen werden sie ihm wohl auch tun müssen, wenn sie ihn zur Strecke bringen wollen. Fragt sich nur, ob seine beiden Mitstreiter dafür auch bereit sind. In den braunen Augen des Clowns kann er die Kampfeslust praktisch Funken sprühen sehen. Wie eine ausgehungerte Katze starrt er zum Fenster hinaus und verfolgt jede Bewegung des geflügelten Untiers genau. Edward hingegen scheint nicht mehr wirklich bei Sinnen zu sein. Er sitzt immer noch ziemlich apathisch da, wagt es nicht nach draußen zu sehen. Angestrengt versucht er mit geschlossenen Augen wieder halbwegs entspannt Luft zu holen. Ob allein der Mothman an seiner Verfassung schuld ist, oder aber auch Joker auf seinem Schoß seinen Betrag dazu leistet, will Batman nicht abstreiten. Er hofft nur, dass sich Nigma bald wieder fängt, damit er sich nicht auch noch um ihn Gedanken machen muss. Sollte der Rätselmeister in blinder Panik agieren, könnte alles Mögliche passieren und die ganze Mission im schlimmsten Fall gefährden...
 


 

17
 

Nur ein paar Momente später steigen Bruce und Joker aus dem Wagen, um sich der Bestie entgegenzustellen. Ed verharrt auf dem Fahrersitz und scheint das Verschwinden der beiden anderen gar nicht bemerkt zu haben. Sorgenvoll betrachtet der Schwarzgekleidete diese Reaktion. Aber vielleicht gelingt es ihm und dem verrückten Clown ja, das Biest so lange abzulenken, bis der Brünette wieder klar im Kopf ist? Zumindest so klar im Kopf, dass er den Wagen fahren kann und keinen undurchdachten Unfug anstellt. Der Grünhaarige folgt seinem Blick. „Gib ihm einen Augenblick, Batsy.“, bittet er sanftmütig. „Was anderes bleibt mir wohl kaum übrig, fürchte ich. – Hat er öfter solche Panikattacken?“ Der Jüngere zuckt nur mit den Schultern. „Sag du´s mir. Schließlich bist du hier derjenige, der Angst und Schrecken unter den Gesetzlosen verbreitet und nicht ich. Und vor mir hat er nun nicht gerade schiss.“ „Das ist keine hilfreiche Antwort. Doch so habe ich ihn noch nie erlebt, egal wie ausweglos seine Lage zu sein schein.“, kommt es leicht angesäuert von Batman. „Hab ihn auch noch nie so fertig erlebt. Allerdings ist das hier etwas ganz anderes, als ein Tänzchen mit dir, mein Hübscher. Schließlich bist du ja dafür bekannt niemanden zu töten, was man von diesem Vieh nicht gerade behaupten kann. – Ich denke mal, Eds hat deswegen so die Hosen voll, weil er Angst hat draufzugehen. Und das weder zu seinen Bedingungen, noch für ihn vorhersehbar oder auch nur ansatzweise ehrenvoll.“ „Ehrenvoll?“, hakt der Dunkle Ritter mit erhobener Augenbraue nach. „Ja, hast du ein Problem damit? Auch so jemand wie wir hat seinen Stolz, erst recht der Riddler. Und du weißt selbst, wie sehr es ihn belastet etwas nicht durchschauen und vorhersehen zu können. Immerhin wirft er sich dir ja nicht umsonst freiwillig vor die Füße, wenn er nicht mehr weiterweiß.“
 

Da hat Joker wohl nicht ganz unrecht. Immer, wenn Edward in einer Auseinandersetzung mit Batman mit dem Rücken zur Wand steht und keine Lösung mehr findet, ergibt er sich widerstandslos und lässt sich von ihm zurück nach Arkham bringen. Schon gut möglich, dass der Riddler unter anderen Umständen schreckliche Angst vorm Sterben hat. Allerdings hilft das jetzt nicht, da hier jede Hand gebraucht wird, um diesem Biest Einhalt zu gebieten. Seufzend wendet Wayne den Blick wieder in den Himmel. Innerlich wird er aber den Gedanken nicht los, wie unglaublich normal ihm Nigma in diesem Moment doch vorkommt. Seine Reaktion ist nur allzu verständlich. Der Brünette hat auf ihn schon immer ziemlich sensibel gewirkt, verletzlich, aber nie so menschlich, wie in diesem Augenblick. Er beginnt sich zu fragen, was er noch alles über seine beiden Rivalen herausfinden wird, bevor das Rätsel dieses Monsters gelöst ist. Ins geheim hofft er darauf, noch etliches freizulegen, immerhin ist es den beiden ja auch gelungen sein größtes Geheimnis aufzudecken, da wäre es nur fair, wenn er im Nachhinein auch etwas gegen sie in der Hand hat, damit die Fronten wieder ausgeglichen sind.
 

Der selbsternannte Rächer hat seinen Gedankengang kaum beendet, da gibt der Mothman wieder einen seiner ohrenbetäubenden Schreie von sich. Unwillkürlich zucken die beiden zusammen und Edward gibt auf dem Fahrersitz ein bedrücktes Stöhnen von sich, als wolle er sich jeden Moment zusammenrollen, sich die Hände auf die Ohren drücken, die Augen fest zusammenpressen und die ganze Welt versuchen auszusperren. Zum Glück sieht er aber davon ab und rührt sich nicht auf seinem Platz. Außerhalb des Batmobils setzt die Bestie nun wieder zu einem Sturzflug an. Die scharfen Krallen angriffslustig auf die beiden Männer gerichtet, die Zähne gebleckt und die Augen zwei wild funkelnde Rubine. „Was sollen wir jetzt machen?“, entkommt es Joker, wahrend er und Batman ausweichen. „Am besten überleben und ihn kampfunfähig machen.“ „Sollte gehen. Du hast aber nicht zufällig mein Messer oder so?“ „Nein, das liegt noch in der Höhle.“ „Hab ich befürchtet. Naja, egal, dann eben freihändig.“ Die Augen des Grünhaarigen beginnen zu funkeln. Die Intensität der Kampfeslust darin ist selbst für Batman neu und er ist schon etwas froh darüber, dass sie diesmal nicht ihm galt.
 

Die Motte rast wieder heran und diesmal gelingt es den beiden nur ganz knapp ihr zu entkommen. Die Abstände ihrer Angriffe werden immer kürzer und nehmen von Mal zu Mal an Heftigkeit zu. Die ungleichen Verbündeten schaffen es gar nicht erst überhaupt so nahe heranzukommen, um selbst einen Treffer zu landen. Wenn sie doch mal eine Lücke ausmachen, werden sie von den schweren Flügeln einfach so beiseite gewischt, als wären sie nur Pappfiguren im Wind. Ein heftiger Schlag trifft Batman frontal, ehe er ausweichen kann. Hart wird er gegen das nächste Gebäude geworfen. Dieses ist aber nur noch ein Schatten seiner selbst und so durchschlägt er die bröcklige Mauer und wird unter den Trümmern begraben. „Batsy!“, entkommt es dem Clown erschrocken. Als er Wayne zu Hilfe kommen will, erwischt ihn das Vieh aber. Mit unglaublicher Wucht wird der selbsternannte Prinz des Verbrechens rücklings zu Boden geworfen. Die kräftigen Beine des Wesens fixieren ihn, sodass er sich kaum rühren kann. Schrill kreischt der Mothman seinen Triumph in die Nacht hinein.
 

„Lass mich los, du stinkendes Mistvieh!“, gebärt sich der Joker und versucht sich irgendwie zu befreien. Es gelingt ihm jedoch nicht, da die Pranken immer fester zupacken und ihm jeglichen Spielraum nehmen. Der Mothman reißt weit das Maul auf und präsentiert seine langen, scharfen Zähne. Speichel glänzt silbrig im Schein einer einzig funktionsfähigen Laterne auf ihnen. Der Grünhaarige ist sich bewusst, dass die Bestie sich nun einen Happen von ihm gönnen wird. Ihn töten und ihm das zarte, blasse Fleisch von den Knochen nagen wird. Was für ein trostloses und insbesondere ehrloses Ende für den gefürchteten Prinz des Verbrechens. Doch das kann er einfach nicht zulassen. Batman ist und bleibt der Einzige, dem es gestattet ist, ihm den Gnadenstoß zu versetzen! Alles andere ist falsch, falsch, falsch! Aber was soll er nur machen, wenn er sich doch nicht einmal bewegen kann?
 

Fieberhaft beginnt es in seinem wirren Kopf zu arbeiten, nach einer Lösung zu graben. Unterbewusst nimmt er entfernt ein leises Kratzen und Scharren wahr – Batman, der sich langsam aus den Trümmern zu befreien versucht. Allerdings wird es viel zu lange dauern, bis ihm das gelingt, da hat das Biest schon ein gutes Stück vom Joker gekostet. Darauf kann er sich also nicht verlassen. Was dann? Ihm will einfach nichts einfallen, sein Kopf ist so seltsam leer, dass er keinen Gedanken darin ausmachen kann. Warum gerade jetzt? Warum kann diese Leere nicht kommen, wenn ihm vor lauter Gedanken der Kopf zu platzen droht und er nicht weiß, was er zuerst machen soll? Warum muss sie ausgerechnet jetzt kommen, wo er ums nackte Überleben kämpft?
 

Er schließt die braunen Augen, versucht diese grässlichen Schreie auszublenden, in der Hoffnung dann eine Lösung zu finden. Für einen Moment scheint es zu funktionieren und in seinem Kopf füllt sich die verhasste Leere allmählich wieder. Dann ein erneuter Schrei des Mothman. Diesmal klingt der Laut aber vollkommen anders. Nicht triumphierend und mordlustig, eher schmerzlich und überrascht. Etwas Warmes landet feucht auf seinem Hals und er blickt vorsichtig nach oben. Im ersten Moment begreift er nicht, was er dort sieht, dann wird es ihm klar. Riddler steht mit gespreizten Beinen über ihm, die lange Klinge seines goldenen Gehstocks bis zum Heft im Leib des Monsters. „Eds?!“, entkommt es ihm schwach, doch der Brünette achtet nicht auf ihn. Stattdessen versucht er die Klinge immer noch weiter in den zitternden Körper der Riesenmotte zu stoßen. Sein bis eben noch von Angst und Entsetzen gezeichnetes Gesicht ist nun zu einer Maske aus Wut und morbidem Mordvergnügen verzerrt und wirkt regelrecht fremd auf den Clown. Das Antlitz eines in die Ecke getriebenen Tieres, das schließlich um sich zu beißen beginnt.
 

Langsam löst sich der feste Griff um Jokers Körper und die Bestie beginnt zu schwanken. Blaugrünes Blut verteilt sich in Strömen auf dem Boden, verströmt dabei diesen widerlich verwesten Geruch, der einem die Tränen in die Augen treibt. Die Gegenwehr wird schwächer und dann gelingt es Nigma den Mothman zu Fall zu bringen. Hilflos zuckend windet sich das Wesen auf dem Boden, versucht sich ein letztes Mal zu befreien, doch Edward lässt ihm keine Chance. Ruckartig lässt er sich auf den zuckenden Leib sinken, reißt die Klinge aus dem dampfenden Fleisch heraus und fängt dann an in wilder Wut immer und immer wieder auf das Vieh einzustechen.
 


 

18
 

Er sieht nichts mehr, überhaupt nichts mehr. Nur dieses blaugrüne Blut – überall. Jeder Hieb seines Messers lässt den längt toten Körper erneut zucken und ihm einreden, dass immer noch Leben darin ist, obwohl der mutierte Leib kaum mehr noch ist, als eine feuchtwarme, undefinierbare Masse. Langsam richtet sich Joker wieder auf und wischt sich das Blut vom Hals. Mit großen Augen betrachtet er das Schauspiel, das ihm der Rätselmeister bietet. Er hat ihn noch nie so fern ab seiner selbst erlebt, so bösartig, rücksichtslos, animalisch und mordlüstern. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf seine Lippen – so gefällt ihm Ed noch viel besser! Er hat es scheinbar geschafft sich aus dem Kokon der Angst zu befreien, der ihn gefangen hielt. Hinter dem Clown ertönt ein erneutes Schaben und schließlich ist Batman kurz darauf neben ihm. „Um Himmels willen...“, bringt der Dunkle Ritter fassungslos hervor und blickt wie erstarrt auf den wild gewordenen Riddler, der ihm noch viel fremder erscheint, als er es schon für den Joker war.
 

Langsam setzt sich der Grünhaarige in Bewegung und geht zu seinem Kollegen hinüber. „Hey, Eds! Ich denke, du hast genug Hackfleisch aus dem Vieh gemacht...“, setzt er an und legt ihm eine Hand auf die Schulter. Heftig zuckt der Angesprochene zusammen. „Nein!“, brüllt er laut, erhebt sich erstaunlich schnell vom Leichnam des Mothman und schwingt seinen Gehstock. Im letzten Moment gelingt es dem Joker noch, der scharfen Klinge auszuweichen. Wie knapp es wirklich war, merkt er erst, als eine seiner Haarsträhnen zu Boden segelt. „Heilige Scheiße!“ Überrascht landet er auf seinen vier Buchstaben, während Nigma erneut die Klinge schwingt. Batman ist zu fassungslos, um sich auch nur bewegen zu können. Das alles ist so unwirklich, dass er es kaum begreifen kann. Zudem ist er noch zu mitgenommen von dem Angriff und dem Kampf aus den Trümmern.
 

Mit einem wilden Schrei lässt Edward die Klinge schließlich auf sein Gegenüber niedersausen. Plötzlich jedoch blickt er in die unglaublich sanften Augen des Clowns und stoppt seinen Angriff im allerletzten Moment. „Jo – Joker...?“, fragt er verwirrt und betrachtet das Messer seines Gehstocks, das nur wenige Millimeter vor der Nase des Jüngeren zum Stehen gekommen ist. „Hey, Eds!“, lächelt der blasse Mann ihm ungerührt entgegen, ganz so, als hätte der Brünette nicht gerade versucht ihn umzubringen, sondern ihn zärtlich aus dem Schlaf geweckt. „Was? – Was habe ich getan?“, fragt der Herr der Rätsel mit bebender Stimme. Klappernd landet sein Stock auf dem Boden neben ihm und er betrachtet seine blutgetränkten Hände. Es dauert eine ganze Weile, ehe er merkt, dass das Blut nicht rot ist, sondern blaugrün und dass Joker vollkommen unversehrt ist. „Du hast das Biest erledigt, Mann! Und zwar so richtig!“, grinst ihm der Clown strahlend entgegen.
 

Verständnislos und ungläubig betrachtet Edward ihn. Dann wendet er sich etwas um und entdeckt die völlig verstümmelten Überreste der Motte. „Oh Gott...“, gibt er würgend von sich, weil ihm beim Anblick schlagartig schlecht wird. Zitternd und blass sinkt er auf die Knie und versucht zu begreifen, was er gerade getan hat und was das bedeutet. „Es – es ist tot?! – Ich habe es getötet?!“ „Ja, mein Hübscher, das hast du!“ Wieder dieses überraschend sanfte Lächeln. Der liebevolle Ausdruck in den braunen Seelen treibt Ed ungewollt und hilflos die Tränen in die Augen. Er weiß selbst nicht wieso, doch er kann es nicht verhindern. Er ist völlig neben sich. „Es ist – überstanden! – Doch beinahe – hätte ich auch dich – verletzt...“, bringt er stockend hervor, während ihm heiße Tränen die blutverschmierten Wangen benetzen. Batman steht nur weiterhin daneben und kann es kaum glauben. Joker und Riddler sind im Grunde weder Freunde noch Feinde. Zumindest kamen sie ihm nie richtig so vor, haben sie doch stets versucht sich gegenseitig zu übertreffen, zu vernichten und zu helfen. Haben ausgefochten, wer von ihnen der Bessere ist, wer einmal der König von Gotham wird. Doch jetzt kommt es den Dunklen Rächer so vor, als wären sie kleine Kinder, die etwas Schreckliches erlebt haben und versuchen es gemeinsam zu verarbeiten.
 

Sie kamen ihm die ganze Zeit schon irgendwie viel vertrauter vor, als sonst. Was aber auch daran liegen könnte, dass er sie für gewöhnlich nicht zusammen bekämpfen musste und sich daher auch nicht sicher sein kann, was nun zwischen ihnen ist und was nicht. Doch irgendwie scheinen sie eine gewisse Nähe zueinander zu haben. Eine Art tiefgreifende Freundschaft, auch wenn Riddler das wohl niemals zugeben würde, Joker es hinter seinen zweideutigen Anspielungen versteckt und sie beide es in ihrer Rivalität verbergen. Doch in diesem Moment der Schwäche kommen alle Gefühle zumindest teilweise an die Oberfläche und offenbaren sich ihm.
 

„Hast du aber nicht, also mach dir mal keinen Kopf deswegen.“, erwidert der Grünhaarige sanft. Vorsichtig zieht er den aufgelösten Riddler in seine Arme und drückt ihn tröstend an sich. Für einen Moment lässt es sich der Brünette gefallen, schließt sogar die Augen und erwidert die Umarmung ungeschickt. Dann scheint ihm aufzugehen, was eigentlich los ist, wo sie hier sind, was sie tun wollten und dass sie nicht allein sind. Überrascht reißt er die Augen wieder auf und starrt zu Bruce hinüber, der sie beide stillschweigend und ausdruckslos mustert. Ruckartig trennt er sich von dem Jüngeren, schubst ihn regelrecht von sich weg. „Was soll der Mist? Fass mich gefälligst nicht an!“, faucht er leicht und kommt wacklig wieder auf die Beine. Trotzig wendet er sich um und wischt sich fahrig mit dem Ärmel seines Jacketts über die feuchten Augen. Joker nimmt das Ganze wortlos hin und steht ebenfalls auf.
 

Einen Moment gönnt Batman den beiden noch, dann erhebt er das Wort. „Wir sollten die Reste zusammensammeln und zur Höhle bringen. – Und ich denke, es wäre besser, wenn wir dann alle ein paar Stunden schlafen, um uns wieder zu beruhigen. Bis dahin hat Alfred vielleicht auch schon ein paar Ergebnisse...“ „Klingt nach einem guten Plan.“, meint der Clown tonlos. Bald darauf sitzen sie alle wieder im Batmobil, wobei Bruce nun selbst fährt. Im Augenblick denkt er nicht, dass von den zwei Kriminellen irgendeine Gefahr ausgeht.
 


 

19
 

Zwei Stunden später sind sie zurück im Geheimversteck des Dunklen Ritters und ein jeder liegt im Bett. Joker und Riddler teilen sich eines der vielen Gästezimmer in der Mansion, doch ähnlich wie Bruce fällt es den beiden schwer Schlaf zu finden. Die letzten Stunden waren einfach zu aufreibend, um sie einfach so unter den Teppich zu kehren.
 

Seufzend liegt Edward in dem viel zu großen Bett und starrt zur dunklen Decke empor. Er denkt nicht, dass er überhaupt jemals wieder einschlafen kann, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Diese lähmende Angst, die er die ganze Zeit über verspürt hat, lässt ihn nicht los. Zwar fürchtet er sich jetzt nicht mehr, wo der Mothman Geschichte ist, doch er war sich bisher nicht im Klaren darüber überhaupt so ein heftiges Gefühl der Hilflosigkeit empfinden zu können. Dem Tod so nahe zu sein. Das macht ihn sehr nachdenklich. Und dennoch hat er irgendwo tief in sich eine ungeahnte Kraft und Wut gefunden, um diesem Monster den Gar auszumachen. Diese Tatsache ist für ihn noch unbegreiflicher, als die Angst selbst. Langsam erkennt er, dass sein eigener Körper für ihn – zumindest im Moment – wohl das größte Rätsel darstellt und das gefällt ihm überhaupt nicht, hielt er sich stets doch immer für so beherrscht.
 

Missmutig dreht er sich auf die Seite und blickt aus dem Fenster. Milchig erhellt der Mond das Zimmer. Vereinzelte Sterne funkeln am kalten Dezemberhimmel. Hauchfeine Wolken schieben sich trägt über das Firmament. Der Anblick erinnert ihn an seine Zelle in Arkham, nur das dort dicke Gitter vor einer Panzerglasscheibe hocken. Was würde er nicht alles dafür geben, jetzt dort zu sein, in gewohnter Sicherheit. Doch das wird wohl eher ein Wunschtraum bleiben, bis sie hinter das alles gekommen sind. Dennoch fühlt er sich hier so schrecklich fehl am Platz, erst recht, wenn er wieder von so einer unkontrollierbaren Angst erfasst werden sollte. So ist er nicht wirklich eine Hilfe bei dieser Mission, ganz gleich, dass er das Monster vorhin zur Strecke gebracht hat. Aber eigentlich wollte er ja auch gar nicht hier sein – Joker hat ihn dazu überredet und dann gab es irgendwie kein Zurück mehr. Dieser verrückte Clown macht ihm auch nichts als Ärger!
 

Verstimmt über diese Tatsache grummelt er in sich hinein, als sich auf einmal die Matratze neben ihm bewegt. Ruckartig dreht er sich herum und blickt dann direkt in die braunen Augen des Grünhaarigen. „Was zur Hölle machst du hier?“, zischt er wütend. „Konnte nicht schlafen und hatte das Gefühl, dass es dir auch so geht.“, erwidert der andere locker. „Ja, schon. Das ist aber noch lange kein Grund, um zu mir ins Bett zu kommen!“, entgegnet Edward nachdrücklicher. Joker zuckt nur mit den Schultern. „Ich dachte, du könntest noch etwas Trost gebrauchen.“, meint er schlicht. „Von dir ganz sicher nicht, also mach, dass du wieder in dein Bett kommst!“ Knurrend wirft sich Nigma zurück auf die andere Seite, damit er den Jüngeren nicht mehr ansehen muss, und zieht sich die Decke fast bis über den Kopf.
 

Statt seinen Worten Folge zu leisten, rückt der Clown allerdings näher an ihn heran. So nah, dass es angezogen gar nicht mehr dichter geht. Sein warmer Körper schmiegt sich wohlwollend gegen den des Riddlers. Sanft umschlingen ihn die Arme des selbsternannten Prinzen und er bettet seinen Kopf auf der Schulter seines Vordermannes. „Was soll denn das jetzt wieder? Du sollst mich doch nicht anfassen!“, knurrt der Brünette, aber unter seinem angeblichen Zorn liegt ein Hauch von Resignation. Der Angesprochene ignoriert seine Worte jedoch. „Danke, dass du mir vorhin geholfen hast...“, haucht er ihm stattdessen warm ins Ohr. Ein Schauer gleitet Nigmas Rücken hinab. Das hier ist einfach nicht richtig.
 

„Schon gut...“, gibt er zurück, obwohl ihm die fiesesten Verwünschungen auf der Zunge liegen, die er dem anderen eigentlich um die Ohren hauen wollte. Doch irgendwie kann er sie nicht mehr aussprechen. So sehr er den Joker manchmal auch hasst, verachtet oder sogar etwas fürchtet, so wohltuend ist dessen Nähe gerade. Das Ganze würde sicherlich auch mit jeder anderen Person funktionieren, aber sonst ist ja niemand hier. Es ist nur einfach so seltsam. Sonst war ihm jede Berührung des Anderen immer zuwider. Aber jetzt, in der Stunde der unergründlichen Schwäche und Verwirrung, ist er sogar dankbar dafür. Er ist nur zu stolz es auch auszusprechen.
 

Einen Moment herrscht Schweigen zwischen ihnen. „Wir sollten jetzt versuchen zu schlafen. Morgen wartet sicher noch viel Arbeit auf uns...“, raunt Joker ihm dann warm ins Ohr. Allerdings erhält er keine Antwort mehr, denn Edward ist längst unbemerkt in seinen Armen ins Land der Träume abgedriftet. Mit einem sanften Schmunzeln schließt auch der Grünhaarige die Augen und folgt ihm kurze Zeit später.

Snake river


 

1
 

Am frühen Nachmittag scheint die Sonne in das Gästezimmer, das sich die beiden Kriminellen vorübergehend teilen. Nur sehr widerwillig schlägt Edward die Augen auf, als ihn das Licht zu blenden beginnt. Nach allem, was in den letzten zwei Tagen passiert ist, denkt er gar nicht daran aufstehen zu wollen. Zudem ist die Sonne nur trügerisch, denn dieser sechste Dezember ist klirrend kalt, aber erstaunlich klar. Kein Grund also ein so schön warmes Bett zu verlassen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Mit einem müden Brummen dreht er sich umständlich auf die andere Seite und will weiterschlafen. Allerdings stellt er dabei fest, dass er gar nicht allein im Bett liegt. Sein mitgenommener Verstand hat diese Tatsache anscheinend erfolgreich verdrängt, was ihn beinahe aus allen Wolken fallen lässt, als er nun in das schlafende Gesicht des Jokers blickt. Ein leichter Schreck fährt durch seine Glieder und er will Abstand zu dem verrückten Clown gewinnen. Doch irgendwie kommt er nicht weg. Erst einen Moment später bemerkt er, dass der Jüngere die Arme um ihn geschlungen hat. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, kuschelt sich der Grünhaarige nun auch noch an seine nackte Brust heran und gibt einen wohligen Laut von sich, der einem Schnurren gleichkommt.
 

„Das kann doch alles nicht wahr sein...“, jammert Nigma theatralisch in sich hinein. Dann kommt langsam die Erinnerung an letzte Nacht hervor. Wie er in einem völligen Blutrausch gefangen und jenseits seines Verstandes diese Riesenmotte erledigt hat. Als sie wieder auf Wayne Manor waren, hat er sich gefühlte hundert Mal gewaschen, um diesen widerwärtigen Gestank loszuwerden, doch es hat nicht viel genutzt. Dann lag er ewig wach in diesem fremden Zimmer in diesem fremden Bett und trotz vollkommener Erschöpfung konnte er einfach nicht einschlafen. Irgendwann ist dann Joker in sein Bett gekommen und ab da weiß er nichts mehr. Plötzlich beschleicht ihn ein sehr ungutes Gefühl. Was ist passiert, nachdem sein Kopf scheinbar abgeschaltet hat? Er will es sich gar nicht vorstellen, nicht mit dem Joker... ‚Oh Himmel, bitte nicht...!‘ Ed steht kurz davor völlig die Nerven zu verlieren, dann merkt er jedoch, dass sie beide noch ihre Unterhosen anhaben und auch alles andere sich normal – unberührt könnte man sagen – anfühlt. Erleichtert stößt er ein Seufzen aus. Das wäre nun wirklich zu viel für ihn, wäre es anders gewesen. Dennoch kann er sich nicht damit anfreunden, dass ihm dieser durchgeknallte Clown so nahe ist. Ganz hinten in seinem Kopf flüstert ihm eine leise, kaum hörbare Stimme zu, dass er gestern Nacht die Nähe des anderen durchaus begrüßt hat und er nur deswegen überhaupt einschlafen konnte. Kann so etwas denn sein? Der Rätselmeister will sich das gar nicht vorstellen, allerdings fürchtet er, dass diese kleine Stimme recht hat.
 

Erneut seufzt er in sich hinein. Das hier sollte definitiv enden, ehe es noch weiter ausartet. Vorsichtig versucht sich der Brünette daher aus dem Griff des anderen zu befreien. Der Jüngere hält ihn aber erstaunlich besitzergreifend an sich gedrückt, sodass sich Nigma schon wie ein übergroßer Teddybär vorkommt. Sein Unbehagen wächst. Ihm kommt der Gedanke, den anderen Mann einfach grob von sich wegzustoßen, doch dann würde er sicher aufwachen und eine Erklärung verlangen oder im schlimmsten Fall sogar zurückschlagen. Aber Edward hat absolut keinen Nerv mehr dafür. Irgendetwas muss er aber tun, denn langsam bekommt er in dieser ungewollten Stellung einen schmerzhaften Krampf im Rücken. Zudem meldet sich nun auch noch seine volle Blase, von daher sollte ihm wirklich schnell etwas einfallen. Energischer als zuvor versucht er sich also aus seiner Lage zu befreien und dann passiert das, was er eigentlich vermeiden wollte: Der Joker wacht auf.
 

Blinzelnd und verschlafen öffnet er die Augen. Ein herzhaftes Gähnen verlässt seinen Mund. Kurz darauf scheint er aber schon wieder einschlafen zu wollen. Das kann Ed nun wirklich nicht zulassen, sonst macht er jeden Moment wie ein kleines Kind ins Bett. „Bleib gefälligst wach! Hörst du?“, fährt er den selbsternannten Prinzen ungehalten an. „Wasis...?“, fragt dieser nuschelnd und sieht langsam zu ihm auf. „Eds?“, kommt es dann verwundert von ihm. „Ja, aber nenn mich nicht immer so! Ich hasse das! Und würdest du mich jetzt langsam mal loslassen? Ich muss dringend auf die Toilette!“ Es dauert eine Weile, ehe der Clown zu verstehen scheint, was sein Gegenüber von ihm möchte, dann rückt er aber gnädiger Weise etwas zur Seite und öffnet seine Arme. Erleichtert stürzt der Rätselmeister regelrecht aus dem Bett und in das angrenzende Bad.
 


 

2
 

Wenn er schon mal hier ist, könnte er ja auch gleich noch mal duschen. Vielleicht verschwindet dann dieser Gestank endlich mal? Ed hat den Gedanken kaum beendet und betätigt gerade die Spülung, als sich auch schon die Tür öffnet. Sich kindlich mit der Faust die Augen reibend, tapst der Joker ins Bad und Edward verflucht sich tausend Mal, dass er sich nicht noch die Zeit genommen hat, um den Riegel vorzulegen. „Sag mal, kannst du nicht warten, bis ich fertig bin?“, fragt er den anderen Mann etwas ungehalten. Noch halb im Schlaf gefangen blickt ihn der Grünhaarige verständnislos an. „Ich hab doch gewartet, bis du gespült hast. Außerdem hast du nicht abgeschlossen. Was regst du dich also so auf?“ Der Riddler rollt nur genervt mit den Augen. „Ich lasse mich ganz sicher nicht auf so ein Niveau hinab und erkläre dir, dass man nicht einfach ins Bad geht, wenn ein anderer es gerade benutzt, völlig egal, ob die Tür verschlossen ist oder nicht!“ Wieder dieser verständnislose Blick. Langsam beginnt sich der Brünette zu fragen, welche Art von Erziehung sein Gegenüber wohl genossen haben mag – abgesehen von den Misshandlungen seines Vaters natürlich. Die einfachsten Benimmregeln scheinen ihm fremd zu sein. Wahrscheinlich kann Ed sogar froh sein, dass Joker überhaupt das Bad benutzt und nicht wie ein Tier einfach in irgendeine Ecke macht.
 

Ehe er sich dahingehend aber noch weitere, ungewollte Gedanken machen kann, klopft es plötzlich an der Zimmertür. ‚So viel zu meiner Dusche...‘, denkt sich Nigma angesäuert. „Mach, was du willst. Ich sehe nach, wer das ist.“, fährt er den selbsternannten Prinzen schließlich an und verlässt das Bad wieder. Etwas ungehalten öffnet er die Tür. Davor steht Alfred, doch etwas überrascht von der harschen Begrüßung. „Ist alles in Ordnung, Mister Nigma?“ Der Angesprochene gibt ein leises Knurren von sich und versucht dann seine Fassung wiederzufinden. „Alles bestens, danke der Nachfrage. Es ist nur nicht so leicht, sich ein Zimmer mit diesem Clown zu teilen...“, seufzt er schwer. „Das kann ich mir vorstellen. Aber vielleicht können Sie heute ja getrennt schlafen, sollten Sie hier noch weiter nächtigen.“, kommt es mitfühlend von dem Butler. „Das wäre wirklich herzerwärmend. – Doch das ist sicher nicht der Grund Ihres Besuchs.“ „Durchaus nicht. Doch Master Bruce bat mich, Sie beide zu holen. In der Höhle steht etwas zu essen für Sie bereit und die Untersuchungen sind jeden Moment abgeschlossen, sodass wir mit den Ermittlungen fortfahren können.“ „Das ist doch schon mal was Gutes. Wir kommen gleich runter.“, verspricht Ed und schließt die Tür wieder. Vom Gedanken an seine Dusche verabschiedet er sich endgültig, doch sein Magen beginnt erwartungsvoll zu knurren, wenn er daran denkt, wie gut Alfred doch kochen kann.
 


 

3
 

Gut eine Stunde später ist das Essen Vergangenheit und die vier ungleichen Verbündeten hocken grübelnd über den Ergebnissen der Analyse. Der Butler hat sich in der Zwischenzeit doch erstaunlich gut mit der Tatsache angefreundet, die beiden Ganoven hier zu beherbergen, schreckt ihn doch die Anwesenheit des Jokers kaum mehr. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass der Clown seit seiner Ankunft darauf verzichtet hat, sich das Gesicht zu dieser skurrilen Maske zu schminken. So nackt wirkt er einfach viel harmloser, auch wenn er es definitiv nicht ist. Bruce wünschte, er könnte das Ganze auch so locker sehen, wie sein langjähriger Freund. Doch es fällt ihm noch immer unglaublich schwer zu akzeptieren, dass der Joker und der Riddler hier in seinem Haus verweilen und zudem auch noch sein Geheimnis kennen. Da ist es völlig egal, wie sehr sich die beiden doch zu bemühen versuchen, ihm bei diesem Fall zu helfen. Er wird den Gedanken einfach nicht los, dass die zwei irgendetwas planen, um ihn ins Messer laufen zu lassen. Dass sie sich nur so friedlich geben, um den richtigen Moment für ihren Vernichtungsschlag abzuwarten.
 

Allerdings ist jetzt keine Zeit für seine tiefsitzenden Befürchtungen, schließlich muss er eine Stadt beschützen, ganz gleich, ob er dazu die Hilfe dieser beiden Spinner braucht oder nicht. Mit einem ratlosen Brummen studiert Wayne noch einmal den Ausdruck der Analyse. Der Mothman war eine genetische Verschmelzung eines vor zwei Monaten verstorbenen Mannes und, wie vermutet, einer Motte. Mit diesen Ergebnissen wenden sich die vier dem großen Computer zu, um weitere Recherchen durchzuführen. Laut genetischem Fingerabdruck handelt es sich bei der Motte um einen Eichenspinner – eine ziemlich große Nachtfalterart, die vorwiegend in Europa vorkommt. „Mann, was für ein Riesenvieh!“, gibt der Clown mit einem anerkennenden Pfeifen von sich, als das Bild der Motte eins zu eins auf dem Monitor erscheint. „Europa ist ganz schön weit weg von hier.“, wirft Edward in den Raum. „Das stimmt. Aber wahrscheinlich hat sich der Täter eine der Motten aus dem Nachttierhaus im Zoo besorgt. Da gibt es eine ganze Abteilung für nachtaktive Insekten. – Alfred, sei doch so gut und ruf im Zoo an. Frag nach, ob sie dort auch Eichenspinner haben und ob es ihnen möglich ist herauszufinden, ob ihnen ein oder mehrere Exemplare fehlen.“, erwidert Bruce. „Sehr wohl, Sir.“, kommt es von dem Grauhaarigen und schon einen Moment später begibt er sich nach oben, um den Anruf auszuführen.
 

Derweilen lädt Batman das DNA-Profil des Verstorbenen in den Computer. Tatsächlich wird das Programm fündig und ruft einen Bericht der Polizei auf. Bei dem Mann handelt es sich um Donald Miller. Er starb vor gut zwei Monaten bei einem Flugzeugabsturz. Der Unfallbericht ist ebenfalls in der Akte einzusehen. „Hm, es muss einen Grund geben, dass der Täter ausgerechnet diesen Mann für sein Experiment ausgesucht hat...“, murmelt der Schwarzhaarige vor sich hin. „Tagein, Tagaus tue ich es und doch setze ich mich irgendwann zur Ruhe. Genieße den Moment, in dem andere dasselbe für mich tun und ich die Welt von oben sehen kann. Doch die Verantwortung ist dann nicht mehr die meine.“, kommt es keck vom Riddler. „Ein Pilot!“, platzt es aus dem Grünhaarigen heraus und er deutet auf das Ende des Polizeiberichts. „Ja, genau. Dieser Miller war Pilot bei der Luftwaffe.“, erwidert Edward. Dann sieht es auch der Dunkle Ritter. Der Polizeibericht beinhaltet nicht nur den Unfallhergang, sondern auch die Tatsache, dass Donald Miller bei ihnen aktenkundig war. Er war ein sehr guter Pilot, doch auch sehr eigenwillig und kämpferisch. Wiederholt wurde er angeklagt, weil er mit seinem Kampfflugzeug ohne ersichtlichen Grund zu tief geflogen ist oder durch Bereiche, die für derartigen Flugverkehr gesperrt sind. Er galt es Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und des Luftraums. Hinzu kommt eine ganze Liste an Befehlsverweigerungen. Sein Tod bildet da die Krönung, denn er wurde abgeschossen, als er ein Gebiet überflog, das strengster Bewachung unterliegt und man ihn wiederholt aufgefordert hat abzudrehen. Er weigerte sich jedoch, was als Angriff gewertet wurde. Dies bestätigte sich später auch noch, da er über diesem Gebiet eine Bombe abwerfen wollte. Dies hatte er allerdings aus eigenem Interesse tun wollen und hat sich gegen die Befehle seines Truppenleiters gewandt, den Funkkontakt abgebrochen. Dies hätte ihm eine unehrenhafte Entlassung eingebracht, wäre er bei dem Absturz nicht uns Leben gekommen.
 

„Kein so unbeschriebenes Blatt, der Kerl.“, wirft Joker ein. „Vielleicht ist das auch ein Hinweis? Aber das werden wir sicher noch herausfinden. Doch die Tatsache, dass er Pilot war, passt denke ich zu der Motte, mit der seine DNA vermischt wurde. Beide waren fürs Fliegen wie geschaffen. Und das unbeherrschte Temperament von Miller war sicher auch ausschlaggebend für die Kampfbereitschaft des Mothman.“, führt Batman aus. Dann betritt Alfred wieder die Höhle. „Master Bruce? Im Nachttierhaus des Zoos gibt es tatsächlich diese Falterart. Ihnen fehlen jedoch keine Exemplare. Der Pfleger meinte aber, dass vor einer Weile ein Mann zu ihnen gekommen sei, der fragte, was mit den toten Insekten passiert. Der Pfleger habe ihm erklärt, dass diese zumeist an Echsen, Schlangen und dergleichen verfüttert werden. Nur giftige Tiere würden sie aus Sicherheitsgründen verbrennen müssen. Der Mann fragte dann, ob es jüngst verstorbene Motten gäbe, die noch nicht verfüttert wären und der Pfleger meinte, er hätte an diesem Morgen erst ein paar von diesen Eichenspinnern eingesammelt. Der Mann sei hellauf begeistert gewesen und fragte, ob er sie mitnehmen könne, weil er angeblich Insekten studiere und die Falter gern untersuchen und präparieren würde. Der Pfleger hat sie ihm dann überlassen.“ „Wirklich gute Arbeit, Alfred. Und ich denke nicht, dass das ein Zufall war. Das war unser Täter. Der Pfleger wusste nicht zufällig auch den Namen des Mannes?“ „Erfreulicher Weise schon, denn er bat den Mann eine Art Quittung zu unterzeichnen, dass er die Falter erhalten habe und im Gegenzug dafür eine kleine Spende an den Zoo zu zahlen. Der Mann unterschrieb mit Professor Douglass Norris.“, liest der Grauhaarige von einem kleinen Zettel ab.
 

„Ist sicher ein falscher Name, wäre doch sonst viel zu einfach...“, kommentiert der selbsternannte Prinz das Ganze. Dennoch gibt Bruce den Namen in die Suchmaschine ein. Und es gibt entgegen aller Annahme einen Treffer. „Wie mir scheint, ist der Name echt. Hier steht, dass dieser Norris ein angesehener Genwissenschaftler ist, der an allerhand wichtigen Projekten beteiligt war, bis er unehrenhaft entlassen wurde, weil seine Methoden unethisch waren. – Sieht mir also nach einem Volltreffer aus.“, entgegnet der Schwarzgekleidete siegessicher. „Schön, ein Zufall oder der Typ ist nicht der Hellste, wenn er solche Dinge unter seinem eigenen Namen macht.“, kommt es schulterzuckend von dem Jüngsten. „Vielleicht will er aber auch auf sich aufmerksam machen? Sicher wurde er ja nicht umsonst wegen unethischer Methoden entlassen.“, kontert Ed. „Das denke ich auch. Aber der Computer wird uns da sicher weiterhelfen.“, meint Wayne konzentriert und durchforstet die Einträge unter Norris´ Namen. Einiges zu seiner Forschung lässt sich finden, wobei er irgendwie immer nur die zweite Geige gespielt hat. Vermutet wird, dass er daher anfing in eigener Sache zu handeln, was schließlich zu seiner Entlassung geführt hat. Danach ist er dann untergetaucht und spurlos verschwunden. Er hat seine Wohnung und alles aufgegeben. Nirgends existiert mehr ein Eintrag zu seinem Aufenthaltsort oder dergleichen.
 

„Das wird wohl doch nicht so einfach, wie mir scheint...“, meldet sich Alfred zu Wort, was seinem Herrn ein verstimmtes Brummen entlockt. „Mist! Wir haben keine Zeit, um ewig nach ihm zu suchen. Was ist, wenn er noch mehr von diesen Motten freigelassen hat?“ Wütend schlägt er mit den Fäusten auf die Armlehnen seines Stuhls. „Sag bloß, du gibst schon auf, nur weil dir der Computer nicht seine Adresse ausspuckt?“, stichelt der Joker plötzlich. Der Rächer gibt ein erneutes Brummen von sich, erwidert aber nichts. Stattdessen lässt er noch eine Hand voll weiterer Programme nach dem Namen suchen. Sichtlich geht es ihm dabei gegen den Strich, so genau von den zwei Spinnern beobachtet zu werden. Wenn das hier vorbei ist, gibt es rein gar nichts mehr, was er ihnen voraushat, da sie ihn dann in- und auswendig kennen werden. Das wurmt ihn mehr, als dieser Fall. Erst recht, da sie ihm nichts Derartiges über sich preisgeben. Doch da soll sich der Beschützer Gothams noch irren...
 


 

4
 

Knurrend schlägt Bruce wieder mit den Fäusten auf den Stuhl. Keines seiner ausgeklügelten Programme ist in der Lage Norris aufzuspüren, als wäre er wie vom Erdboden verschluckt oder hätte nie wirklich existiert. „Das ist doch nicht möglich!“, brummt er zähneknirschend. Neben ihm ertönt ein gehässiges Kichern. „Echt goldig, Batsy, wie schön du dich darüber aufregst!“, grinst Joker in sich hinein. Ruckartig erhebt sich der Angesprochene von seinem Platz und baut sich drohend von dem Grünhaarigen auf. „Halt endlich dein Schandmaul, wenn du nichts Sinnvolles zu sagen hast! Das hilft uns nämlich kein Stück weiter!“, blafft er den Jüngeren streng an und ballt vielsagend die Fäuste. „Bitte, Master Bruce, nun regen Sie sich doch nicht so auf! Ich bin sicher, Sie finden die Lösung noch rechtzeitig.“, versucht Alfred ihn zu beruhigen. Aufgebracht wendet sich Batman wieder um. „Sicher werde ich irgendwann die Lösung finden, aber nicht, wenn mir diese beiden Verrückten ständig dazwischenfunken!“ „Ich bin nicht verrückt...!“, kommt es nachdrücklich von dem Clownprinzen. „Das kannst du dir schenken! Die Ärzte in Arkham sind da nämlich ganz anderer Meinung!“, motzt der Ältere zurück. „Ach ja? Die sind vielleicht verrückt, aber ich ganz sicher nicht!“, hält der Gauner dagegen.
 

Die beiden wirken, als würden sie sich jeden Moment anfangen zu prügeln. Seufzend betrachtet Alfred das Ganze, gleichwohl der Riddler. „Ist er immer so reizbar, wenn es nicht so läuft, wie er es gern hätte?“, fragt der Brünette über den anschwellenden Lärm der Streitenden hinweg. „Durchaus. Manchmal ist es noch schlimmer. Doch zumeist hat er niemanden mit dem er streiten kann und schimpft einfach nur in die Höhle hinein. Ich habe längst aufgegeben dann mit ihm zu reden. Es bringt nichts, solange er sich nicht wieder von selbst beruhigt...“, gesteht der Butler leidvoll. Zustimmend nickt Nigma. „Das habe ich mir schon gedacht. Manchmal schien er mir schon eine ziemlich kurze Lunte zu haben. – Bei Joker ist es nicht viel besser. Für gewöhnlich bringt ihn nichts so schnell aus der Fassung. Doch sobald ihn jemand als verrückt bezeichnet, brennen bei ihm förmlich die Sicherungen durch und er flippt völlig aus. Dabei lässt sein geistiger Zustand gar keine andere Diagnose zu, er will sie scheinbar nur nicht wahrhaben, was ich aber ganz gut nachvollziehen kann. In Anbetracht, was sonst noch so für Leute in Arkham eingewiesen werden, sind wir beide aber doch eher der Inbegriff an geistiger Gesundheit...“ Leicht argwöhnisch mustert ihn der Grauhaarige. Letztendlich stimmt er ihm aber stumm zu, wenn er an die Berichte denkt, die er schon alle gesehen hat.
 

„Was denken Sie, können wir tun, damit sie sich wieder beruhigen, Mister Nigma?“ „Nicht viel. Sie sind beide schreckliche Dickköpfe und uneinsichtig bis zum bitteren Ende, wenn es sein muss. Von daher können wir nur abwarten, dass einer von ihnen nachgibt, oder das Richtige sagt, um den anderen abzulenken.“ Seufzend mustern sie die Streitenden und hoffen, dass es bald zu einem Ende kommt. Zum Glück werden sie nicht enttäuscht. „Wenn du angeblich so schlau bist, dann such du doch nach dem Aufenthaltsort dieses Professors, dann werden wir ja sehen, ob ich dann auch mal ein bisschen über dein Versagen lachen kann!“, gebärt sich Batman stocksauer. „Kein Problem! Doch ich sage dir, dass du gar keine Luft haben wirst zum Lachen, weil sie dir nämlich vor lauter Staunen wegbleiben wird!“, plustert sich der Clown weiterhin auf. „Das werden wir ja sehen!“, beendet der Ritter die Diskussion und schupst sein Gegenüber regelrecht auf den Stuhl vor dem Computer. „Fang an!“, knurrt er nachdrücklich.
 

Der Grünhaarige wirft ihm einen mahnenden Blick über die Schulter zu und wendet sich dann zum Bildschirm. „Ich weiß definitiv, wie ich den Kerl finden werde, aber ich hab´s nicht so mit Computern.“, gesteht er etwas kleinlaut. „Du bist nichts weiter, als ein Großmaul!“, gibt ihm Wayne zu verstehen. „Mag sein, aber immerhin weiß ich mir zu helfen.“, knurrt der Jüngere. „Eds, mein Hübscher, komm her und hilf mir, ja?“ Der Riddler verdreht leicht die Augen, dennoch kommt er zu ihm hinüber. „Unter einer Bedingung.“, fordert er. „Und die wäre?“ „Nenn mich verflucht noch mal bei meinem richtigen Namen!“, faucht der Ältere ihn leicht an. Schmollend schiebt Joker die Unterlippe vor, gleich einem kleinen Kind, das von seinem Vater ausgeschimpft wurde. „Würdest du mir wohl bitte helfen, Edward?“, kommt es trotzig von dem Sitzenden. „Warum denn nicht gleich so? Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum du immer diese kranke Abkürzung für mich benutzt. Kannst du mich nicht wenigstens nur Ed nennen? Oder wenn es sein muss auch Eddie? Aber doch nicht Eds, dass klingt wie eine Krankheit!“, pikiert sich der Brünette mit sichtlicher Abneigung. „Ich find´s hübsch.“, schmollt der Clown weiterhin und erhebt sich vom Stuhl.
 

„Ich nicht, aber das können wir auch noch später diskutieren.“, erwidert der Rätselmeister resignierend und nimmt vor dem Computer Platz. „Jaja. – Ich denke, du weißt, wonach mir der Sinn steht? Und ich glaube, den richtigen Browser für den Zugang vorhin auch schon gesehen zu haben.“ „Dem war mir auch so. Fragt sich nur, ob wir Zutritt von diesem Ungetüm bekommen oder ob die uns gleich vernichten...“, grübelt Edward und sucht nach dem richtigen Browser. „Was in aller Welt habt ihr eigentlich vor?“, mischt sich nun der Schwarzhaarige ein, da er fürchtet seinen Computer anschließend in die Tonne werfen zu können, wenn er den beiden daran freie Hand lässt. Mit verschränkten Armen sieht Joker zu ihm hinüber. „Sieh es als Ausgleich dafür, dass wir dein Geheimnis kennen, denn was jetzt kommt, wird dir deine Arbeit sicher sehr erleichtern.“ „Das stimmt. Es ist nämlich eines unserer größten Geheimnisse. Oder besser gesagt: Aller Ganoven in Gotham. Was du gleich sehen wirst, ist der Zugang zur versteckten Kommunikations- und Handelsbasis eines jeden Kriminellen, der auch nur entfernt eine Verbindung zum Internet hat.“, erläutert der Brünette. Fragend sieht Wayne die beiden an. „Das Darknet.“, kommt es schließlich vom Clown.
 

„Was zum...“, setzt Bruce schockiert an. Er hat zwar schon von der Existenz dessen gehört, doch verständlicherweise nicht das Verlangen dazu verspürt, sich dort hinzubegeben. Erst recht, weil er dieselben Befürchtungen hegt, wie Nigma. Gleichzeitig wird ihm bewusst, dass die beiden, wenn das hier wirklich funktioniert, ihm tatsächlich das wohl größte, kriminelle Geheimnis der Stadt verraten haben und sie damit sozusagen quitt sind. Fasziniert und fassungslos beobachtet er daher jeden Schritt genau, den Edward ausführt, um sich Zugang zum Dunklen Netz zu verschaffen. Er ist sichtlich überrascht und von Grund auf erschrocken, wie einfach es letztendlich doch zu sein scheint. „Ok, bin drin. Aber ich weiß nicht, wie lange wir uns hier unbemerkt bewegen können, ehe einer merkt, dass das nicht mein gewohnter Server ist.“ „Dann beeilen wir uns lieber.“, drängt ihn der Jüngste. Zustimmend nickt Ed und schon fliegen seine Finger nur so über die Tasten, tippen allerdings nur unverständliche Dinge. Batman ist schlichtweg beeindruckt von der Gewandtheit des Riddlers.
 

Es dauert nur wenige Augenblicke und der Bildschirm füllt sich mit allerhand Zeilen, die für den Dunklen Ritter im ersten Moment nichts weiter als sinnlose Binärbefehle zu sein scheinen, gleich dem, was der Rätselmeister gerade geschrieben hat. Obwohl Joker eben noch so hilflos gewirkt hat, huschen seine braunen Seelen nun wissend über die Zeilen und stoppen seinen Kollegen schließlich, der gleichmäßig das Rad der Maus abwärts dreht. „Da!“ Die Zeile, auf die er deutet, ist noch unleserlicher, als der Rest und dennoch stimmt Nigma ihm vielsagend zu. Einen Klick später baut sich eine neue Seite auf, die zum Glück weitaus verständlicher ist. Wayne tritt einen Schritt näher und betrachtet das Bild eines Mannes, das sich nun auf dem Monitor aufbaut. Unterzeichnet ist es mit Professor Douglass Norris – Genwissenschaftler. Darunter erstreckt sich eine Liste von Dingen, die er anscheinend bereit ist für andere zumachen beziehungsweise, die er in der Lage ist zu tun. Es folgen sein beruflicher Werdegang, seine Arbeitgeber, seiner letzten Auftraggeber im Darknet, die Gegenleistungen, die er standardmäßig verlangt, Bezahlmethoden und dergleichen. Ganz unten befindet sich allerdings wieder eine grausam verschlüsselte Zeile. „Was bedeutet das?“, will der selbsternannte Ritter wissen. „Da hinter stehen seine Kontaktdaten außerhalb des Darknets. Diese sind nur sehr ausgewählten Mitgliedern des Ganzen zugänglich, damit nicht jeder kleine Fisch einem auf die Nerven geht und ungefragt auf der Matte steht. Der Großteil der Kommunikation findet direkt über die Seite statt, wie bei einem Kontaktfeld im normalen Internet oder beim Chatten. Da kann dann ein Jeder Anfragen stellen und hoffen, dass die entsprechende Person ihm irgendwann antwortet. Die wirklich Einflussreichen der kriminellen Schicht haben jedoch einen speziellen Zugang, der es ihnen ermöglicht diese Kontaktdaten einzusehen. Dahinter verbergen sich zumeist eine Telefonnummer und ein Aufenthaltsort oder bevorzugter Treffpunkt.“, erläutert der Grünhaarige, während Edward ungerührt weitertippt.
 

Kurz darauf springt auf einmal der Drucker in der Nähe an und spuckt ein Blatt Papier aus. Der Brünette erhebt sich und nimmt es entgegen, reicht es an Batman weiter. „So, hier sind seine Daten. Vielleicht hebt das ja dein Vertrauen zu uns ein wenig?“, meint er schulterzuckend und setzt sich wieder. Wenige Sekunden später wird der Monitor des Computers plötzlich schwarz. „Was ist jetzt passiert?“, fragt der Rächer. „Oh, keine Sorge, das ist normal. Nach jeder Recherche oder Anfrage wird man automatisch vom Darknet getrennt und muss sich neu einwählen, aus Sicherheitsgründen. So etwas wie Passwörter gibt es dabei auch nicht, man weißt sich auf anderem Weg aus. Wie genau das funktioniert, steht unter auf dem Blatt in deiner Hand, in der Hoffnung, dass du uns daraus keinen Strick drehst. Oder eher mir, da Joker keinen Computer benutzt.“, erwidert Edward leicht augenrollend. „Muss ich auch nicht. Ich habe andere Mittel und Wege, um an Informationen zu kommen. Immerhin hat dir das Darknet auch nicht sagen können, wer Batsy wirklich ist, ich aber schon.“, entgegnet der Prinz des Verbrechens leicht trotzig und streckt dem Riddler kindisch die Zunge entgegen.
 


 

5
 

Als das Batmobil schließlich wieder die Höhle verlässt, stellen die drei Insassen doch etwas erstaunt fest, dass sich die Nacht schon langsam über Gotham ausbreitet. Der Horizont erstrahlt in einem stechenden Orangerot, durch das sich nahezu pechschwarze Wolken schieben. Die ersten Sterne erscheinen am eisigen Firmament und auch der knochenweiße Mond erhebt sich allmählich aus seinem Schlaf. Es ist bereits stockdunkel, als das Fahrzeug letztendlich sein Ziel – den Hafen in Chinatown – erreicht. Die Gegend wird von unzähligen alten und zum Teil sehr verfallenen Containern dominiert. Nur zwischendrin sind neuere Metallkästen sichtbar, die noch regelmäßig zum Frachttransport genutzt werden. Der Rest steht hier seit Jahren unbenutzt herum und dienst nicht selten Heimatlosen oder Kriminellen als Unterschlupf. Folglich genau der richtige Ort für ein geheimes Labor.
 

Diese Nacht ist klirrend kalt. Schnee liegt in der Luft, auch wenn es noch eine ganze Weile dauern wird, bis er zum ersten Mal in diesem Winter fallen wird. Und nicht zum ersten Mal bemerkt Riddler, dass der Joker ja gar keine Schuhe trägt. Seine nackten Füße tapsen jedoch ungerührt über den kalten, rissigen Beton des Piers und scheinen sich der Kälte gar nicht bewusst zu sein. Ed fragt sich unweigerlich, ob der Clown überhaupt noch irgendein Gefühl in seinen Füßen empfindet. Der Rest seines Körpers scheint die geringe Temperatur allerdings durchaus wahrzunehmen, schlingt sich der Grünhaarige doch augenblicklich nach dem Verlassen des Wagens die langen Ärmel seiner Zwangsjacke um den Leib, als wolle er sich damit selbst in eine tröstliche Umarmung ziehen. Seine blanken Füße allerdings rühren sich kein bisschen unbehaglich, verharren ungetrübt auf dem eisigen Beton, als wäre es warmer Sand an einem Strand. Schon beim Anblick des Ganzen wird es Edward nur noch kälter. Zitternd zieht er sich seinen Hut tiefer in die Stirn und stellt den Kragen seines Jacketts auf, damit er vom schneidenden Wind des Hafens keinen steifen Nacken bekommt. Zudem ist er mehr als froh, dass er immer Handschuhe trägt, auch wenn sie relativ dünn sind und es daher nicht lange dauern wird, bis er jegliches Gefühl in den Fingern verloren haben wird. Aber immer noch besser, als sie schutzlos der Kälte auszuliefern. Batman hingegen friert entweder gar nicht oder kann es ziemlich gut verbergen. Der Dunkle Ritter verzieht keine Miene, mustert nur durchdringend die Gegend mit seinen eisblauen Augen.
 

„Ich – kann laufen, aber nicht gehen – und wo – immer ich bin, folgst – du mir nach...“, kommt es bibbernd vom Rätselmeister. „Die Nase.“, entgegnet ihm Batman tonlos. „Ja – genau. – Also suchen wir den richtigen Container, ehe sie mir abfriert...“, erwidert Nigma zähneklappernd und gibt dann wie zur Bekräftigung ein hefiges Niesen von sich. Wortlos setzen sich die drei anschließend in Bewegung und durchkämmen das Labyrinth aus Containern suchend nach dem richtigen. Kleine Markierungen an den Metallwänden dienen als eine Art verschlüsselte Hausnummer, sodass man sich hier durchaus zurechtfinden kann, wenn man weiß, wonach man sucht. Die passende Symbolik ist glücklicherweise ebenfalls in den Kontaktdaten des Professors hinterlegt gewesen. Von daher sollte es nicht allzu schwer sein, das Labor zu finden.
 

Trotz alledem dauert es dennoch eine ganze Weile, bis sie sich durch den Dschungel aus Containern gekämpft haben. Entgegen der Kälte und des leicht unguten Gefühls an diesem Ort, verharren die ungleichen Verbündeten schließlich dennoch einen Moment vor dem Eingang, als wären sie unschlüssige Kinder vor einer Mutprobe. Diese Unschlüssigkeit wird von der simplen Tatsache hervorgerufen, dass die Tür des Containers offen steht. Aber nicht ganz einfach nur offen, weil sie jemand nicht sorgfältig genug verschlossen hat, oh nein. Sie ist schon beinahe aus ihren Angeln gerissen! Hängt nur noch an einem funktionsfähigen Scharnier und ist dermaßen verbogen, dass es unmöglich ein Mensch gewesen sein kann. Zudem entdecken sie tiefe Kratzspuren auf der Innenseite. „Wenn das wirklich der richtige Container ist, dann muss sein Experiment aber gründlich schiefgegangen sein...“, gibt der Jüngste mit einem Anflug von Hohn von sich. Der Rächer erwidert seine Vermutung mit einem grimmigen Brummen, während es Edward eiskalt den Rücken hinab läuft, als er die verbogene Tür und die Kratzer betrachtet.
 

Batman zieht eine kleine Taschenlampe aus seinem Gürtel und betritt das einstige Labor als erster, dicht gefolgt von den beiden Kriminellen. Sie sind noch nicht weit gekommen, da nehmen sie den leicht süßlichen Geruch von etwas Verwesendem wahr, unterschwellig gemischt mit etwas Verbranntem. Je weiter sie sich vorwagen, desto durchdringender werden die beiden Gerüche, bis sie schließlich im Labor stehen und den Grund dafür entdecken. Zwischen zerrissenen Stromkabeln, skurrilen Maschinen und riesigen Käfigen liegt eine Leiche auf dem blutverschmierten, von verschiedenen Pfotenabdrücken übersäten Boden. Ein paar Ratten, die sich an dem versengten Fleisch des Leichnams gütlich getan haben, ergreifen quiekend und schimpfend die Flucht, als sie der Schein der Taschenlampe trifft. „Oh Himmel...“, gibt Nigma erstickt von sich und versucht die nagende Übelkeit in sich zu unterdrücken. Nur der kalten Dezemberluft haben sie es zu verdanken, dass der Gestank hier drin nicht zum Schneiden dick ist und sie den Container überhaupt betreten können, dennoch macht es das Ganze nicht so viel besser.
 

Seinen zwei Begleitern scheint das alles weniger auszumachen. Joker geht ungerührt, ohne auch nur das Gesicht zu verziehen, neben der Leiche auf die Knie und dreht den Körper dann grob auf den Rücken. „Das ist er, oder eher, dass er war es.“, meint er in einem seltsamen Tonfall, der sich leicht belustigt anhört. Batman erwidert nur wieder mit einem Brummen und geht dann ebenfalls auf die Knie, um sich den toten Körper genauer zu betrachten. „Er ist schon seit ein paar Tagen tot, schon völlig steif gefroren.“, kommt es knapp von ihm. „Dann werden wir von ihm wohl keine Antworten mehr bekommen.“, entgegnet ihm der Joker schulterzuckend. „Zumindest nicht aus seinem Mund.“, meldet sich Nigma nun zu Wort, der sich ein Stück entfernt hat und das Chaos auf den Tischen betrachtet. Als er sich nun umwendet, hält er ein dickes Notizbuch in Händen. „Ich habe seine Aufzeichnungen gefunden.“
 


 

6
 

Die drei versammeln sich und werfen einen Blick in das Buch. Darin besteht jedoch ein heilloses Durcheinander an lose eingeschobenen Blättern, Notizen, Ergebnissen, Fehlschlägen und Verwerfungen. Wie Norris da durchgeblickt haben mag, ist ihnen völlig schleierhaft. Dennoch findet der Brünette nach kurzem Blättern einen Abschnitt mit Aufzeichnungen zum Mothman. Erstaunlich detailliert beschreibt Douglass darin, wie er Recherchen zu diesem Wesen angestellt hat, das ihm helfen sollte Gotham neu zu strukturieren. Dort befindet sich auch der Bericht, den die drei in der Bat-Höhle gelesen haben. Verschiedene Bilder reihen sich aneinander und gehen in seine möglichen Überlegungen über, wie man so ein Wesen sinnvoll erschaffen könnte. In einem Absatz macht er sich sogar über die Dummheit des Zoopflegers lustig, der ihm so bereitwillig die toten Motten ausgehändigt hat. Der Mothman schien demnach das erste Wesen zu sein, das er erschaffen hat. Dutzende Fehlschläge werden anschließend von ihm beschrieben und wie kurz er davor stand, alles zu verwerfen und seine Konzentration etwas Anderem zu widmen. Dann jedoch gelang ihm der Durchbruch – der Mothman war geboren. Weiterhin führt er aus, wie er versucht hat, die Kontrolle über seine Kreation zu erlangen, was ihm angeblich nach mehreren Fehlschlägen auch gelungen sein soll. „Das bezweifle ich doch mal ganz stark, so wie es hier aussieht...“, murmelt Nigma vor sich hin.
 

Leicht nervös blättert er dann weiter. Nun beginnt anscheinend ein neuer Bericht. Auf einem Bild ist eine Art Seeschlange zu sehen. Darunter erstreckt sich wie beim Mothman eine Beschreibung, die Norris höchstwahrscheinlich aus Vorlage für eine weitere Kreatur gedient hat.
 

Ogopogo: Kanadas Nessie soll bis zu 14 Meter lang sein, dunkelgrüne bis bräunlich-schwarze Haut, einen schlangenartigen Körper und einen Kopf wie ein Drache haben. Häufig wird auch von Höckern und einem gespaltenen Schwanz berichtet. Mit diesem Schwanz könne das Ogopogo Wellen höherschlagen und Boote kentern lassen. Ein einfacher Atemzug von ihm verursache einen Sturm. Das erste Mal beobachtet wurde das Ogopogo angeblich von Indianern im Okanagan-See in Kanada. Diese nannten es Naitaka (Seeschlange) und glaubten zunächst an einen Dämon. Wenn sie den See mit dem Kanu überquerten, warfen sie der Schlange zur Ablenkung lebendige Hühner zum Fraß vor. Ab den 1920er-Jahren wurden Sichtungen...
 

Die drei kommen nicht dazu den kurzen Rest des Berichts und die anschließenden Forschungen zu lesen, da ertönt von draußen ein ohrenbetäubender Lärm. Schreie werden laut und das Kreischen von Metall. Erschrocken lässt der Rätselmeister beinahe das Buch fallen, fängt sich jedoch erstaunlich schnell wieder und steckt es stattdessen ungesehen in sein Jackett. Einen Augenblick später stürmen die drei ungleichen Verbündeten auch schon aus dem Container, um dem Ganzen auf den Grund zu gehen.
 


 

7
 

Kaum, dass sie das ehemalige Labor verlassen haben, ertönt abermals ohrenbetäubender Lärm. Er kommt vom Wasser. Wie es aussieht, war ein großer Tanker gerade dabei mit seiner Fracht den Hafen anzusteuern, als er augenscheinlich von irgendetwas gerammt wurde. Das Schiff neigt sich bereits gefährlich zur Seite, wirkt dabei sinnloser weise wie das Spielzeug eines übergroßen Kindes in einer riesigen Badewanne; es scheint leckgeschlagen. Mit kräftigen Spritzern landet die Ladung nach und nach im eisigen Wasser und sinkt auf den Grund. Die Besatzung versucht sich noch vor diesem Schicksal zu bewahren. Wenn sie ins Wasser springen, wäre es allerdings nur eine Frage der Zeit, bis sie einer Unterkühlung erliegen, wenn sie überhaupt schwimmen können. Aber die Wahrscheinlichkeit scheint größer, dass sie vorher von dem Monster erwischt werden. In diesem Moment erhebt sich ein gewaltiger Kopf aus dem Wasser. Ein schlangenartiger Leib taucht in den kalten Tiefen auf, windet sich geschickt an dem sinkenden Schiff entlang und rammt es wieder und wieder. Der Tanker schwankt haltlos von einer Seite zur anderen, während die angsterfüllten Schreie der Besatzung durch die Nacht hallen wie schwache Sirenen bei einer Feuerübung. Es ist das Ogopogo!
 

Noch vor wenigen Sekunden haben die drei selbsternannten Beschützer Gothams über dieses Wesen gelesen und nun taucht es wie durch Zauberhand direkt vor ihren fassungslosen Augen auf. Unbehaglich sehen sich die beiden Kriminellen an. Sie haben denselben Gedanken. Im Bericht des Mothman hieß es, dass er der Vorbote von Unglücken sei. Wären die Ex-Sträflinge so abergläubisch, wie die Menschen von damals, würden sie dies tatsächlich als Zeichen sehen. Doch in ihrem verwirrten Geist keimt eher der Gedanke auf, dass der Mothman schlichtweg die Vorhut gebildet hat – dass er das erste einer ganzen Reihe furchterregender Kreaturen ist, die Gotham in naher Zukunft heimsuchen werden. Professor Norris mag seiner Forschung erlegen sein, doch sein Werk ist für die Nachwelt bestimmt!
 

Ganz hinten in Batmans Verstand entsteht eine ganz ähnliche Vorahnung, doch er unterdrückt sie vehement, da die Sicherheit der Besatzung für ihn im Moment an oberster Stelle steht und er sich so einen Luxus einfach nicht gönnen kann. Diese Menschen brauchen seine Hilfe, weiter nichts. Und im besten Fall gelingt es ihm auch, dieses Untier zu erledigen, damit es keinen weiteren Schaden anrichten kann. Fest entschlossen nähert er sich daher dem Ende des Stegs, wo keine hundert Meter entfernt die Besatzung versucht ihre Rettungsboote zu Wasser zu lassen. Die Betonung liegt dabei aber auf versucht, denn das Ogopogo nähert sich ihnen immer wieder oder schlägt mit seinem mächtigen Schwanz auf die Wasseroberfläche, sodass große Wellen das Schiff heftig zum Schwanken bringen und es nahezu unmöglich erscheint die Boote abzulassen.
 

Batman muss dringend auf diesen Tanker und das Vieh irgendwie ablenken, damit die Männer flüchten können. Schnell ergreift er die Pistole mit seinem Enterhaken und will sie auf das Schiff abfeuern. Da tauchen der Joker und der Riddler neben ihm auf. In ihren Gesichtern kann er lesen, dass sie seinen Plan durchschaut haben und nun wortlos bereit sind ihren Teil dazu beizutragen. Nigma wirkt zwar keineswegs so selbstsicher, wie er es sonst im Angesicht des Dunklen Ritters vorgeben mag, aber er sieht zumindest noch nicht so aus, als wolle er gleich die Flucht ergreifen oder abermals einem Anfall erliegen. Der Grünhaarige hingegen hat schon wieder diesen mordlüsternen Blick aufgesetzt, den er schon beim Mothman zur Schau getragen hat. Dahingehend braucht sich Bruce nun wirklich keine Sorgen zu machen. Der Joker ist einfach nicht der Typ, der sich mit eingezogenem Schwanz verkrümelt, völlig gleich, was ihn auch erwarten mag; dass erlaubt ihm schon allein sein Stolz nicht – er nennt sich ja schließlich nicht umsonst Prinz des Verbrechens. Wayne sorgt sich bei ihm eher darum, dass das Ganze irgendwie ausarten könnte, der Clown den Blick für die Wirklichkeit verliert und auf alles losgeht ohne nachzudenken, wie es Edward geistesabwesend bei der Riesenmotte gemacht hat. Nur, dass der Jüngste dann bewusster handelt und wohlmöglich auch ignoriert, wer ihm da vor die Flinte springt, wenn ihn einmal der Blutrausch gepackt hat...
 

„Wir müssen auf den Tanker.“, teilt der Schwarzgekleidete den beiden trotz ihrer gleichen Gedanken mit und zielt erneut mit dem Enterhaken. Die Kriminellen nicken nur stumm und als Bruce den Schuss abgefeuert hat, halten sie sich an ihm fest, damit sie gemeinsam auf das Schiff gezogen werden. Sie landen praktisch mitten zwischen der aufgewühlten Besatzung, die mittlerweile wie kopflose Hühner durch die Gegend rennt und keinen Ausweg mehr sieht. Ein dumpfer Knall ertönt, als das Ogopogo sich mit seiner gesamten Größe gegen den Rumpf wirft. Das leckgeschlagene Schiff schwankt so stark zur Seite, dass es fast umfällt. Nur eine zurückgeworfene Welle kann es noch daran hintern. Das Seemonster scheint sich daran aber nicht zu stören, spielt es doch förmlich mit dem Tanker. Dadurch ist die Panik aber nun auch perfekt. Ihm muss dringend etwas einfallen, denn lange wird die Kreatur sich sicher nicht mehr nur mit Spielen abfinden. Fieberhaft denkt der Dunkle Rächer nach. Die Menschen haben für ihn in jedem Fall Vorrang. „Versucht das Biest abzulenken, während ich die Besetzung an Land bringe!“, kommt es daher bestimmend von dem Ältesten.
 

Unschlüssig wenden ihm die Angesprochenen den Blick zu, doch Wayne achtet gar nicht auf sie. Er eilt zu den Rettungsbooten, vertraut den Gaunern zur Abwechslung einmal vollkommen blind und versucht die Leute zusammenzutreiben. „Was – was sollen wir denn machen?“, fragt Riddler stockend, als das Ogopogo wieder den Tanker rammt und sie beide unsanft von den Füßen holt. Nichtssagend zuckt Joker mit den Schultern und steht wieder auf. „Weiß auch nicht. Lass uns da hochklettern. Wenn wir das Vieh besser sehen können, fällt uns ja vielleicht was ein.“, meint er knapp und wendet sich zur Schnauze des Tankers, die inzwischen bedenklich in die Senkrechte aufragt. Unsicher folgt ihm Edward. Als sie am obersten Ende des Schiffes zum Stehen kommen und in die aufgewühlte See hinabblicken, überkommt den Rätselmeister ein ungutes Schwindelgefühl und er klammert sich hilflos an der Reling fest. „Du kippst mir doch hoffentlich nicht wieder um, Eds, oder?“, kommt es erstaunlich sorgenvoll von dem Grünhaarigen. „Nein, ich denke nicht. – Vorausgesetzt wir bringen das hier schnell hinter uns. Ansonsten kann ich für nichts mehr garantieren...“, erwidert der Brünette ziemlich ernsthaft.
 


 

8
 

Die Seeschlange erhebt sich bedrohlich aus dem Fluten und kommt den beiden dabei so nahe, dass sie schon die einzelnen, schillernden Schuppen auf seiner bräunlich-schwarzen Haut zählen können. Scharf zieht der Rätselmeister die Luft ein und klammert sich an seine schwindende Selbstbeherrschung. „Hast du deine Knarre dabei, Eds?“ Verwundert sieht ihn der Ältere an und findet wieder etwas zu sich. „Ich denke schon. Wieso?“ „Ich hab da eine Idee. Dafür brauch ich aber einen Moment. Also schieß dem Biest dann zwischen die Augen oder so, damit es nochmal so nahe an das Schiff rankommt.“ „Spinnst du? Wenn es uns noch einmal rammt, dann geht das verdammt Schiff mit Sicherheit unter!“, kommt es aufgewühlt vom Brünetten. „Das Risiko werden wir wohl eingehen müssen, mein Hübscher.“, gibt der Clown nicht sonderlich sorgenvoll zurück und entfernt sich dann ohne einen weiteren Kommentar ein Stück, um seinem Plan nachzugehen. Riddler sieht ihm nur fragend nach, bückt sich dann aber umständlich auf dem schwankenden Kahn und zieht seine Pistole aus dem Halfter, den er an seinem Knöchel befestigt hat.
 

Einer Vorahnung gleich prüft er die Trommel der 45. Magnum. Der Anblick stimmt ihn nicht gerade zuversichtlich. Für gewöhnlich braucht er die Waffe nur im äußersten Notfall, weshalb er mit ihr – entgegen seines sonst so perfekten und penibel durchdachten Handelns – eher schlampig umgeht. Doch jetzt könnte er sich für diese Nachlässigkeit definitiv selbst ohrfeigen, denn in den Kammern befindet sich nur noch eine einzige Kugel...
 

Resignierend seufzt er auf und klappt die Trommel wieder zu. Nachdenklich entsichert er die Waffe und sieht dann nach dem Joker. Dieser wendet ihm noch immer den Rücken zu, erhebt sich nun aber und steckt sich etwas in die Tasche. Ed kann nicht erkennen, worum es sich dabei handelt und ehrlich gesagt will er das auch gar nicht. Doch er hofft inständig, dass es verhindern kann, dass sie gleich im eisigen Wasser landen und wohlmöglich von diesem Vieh gefressen werden. Schließlich dreht sich der Grünhaarige herum und kommt wieder zu ihm hinüber. „Alles klar?“, fragt er locker heraus, als ginge es hier nicht um Leben und Tod. „Nicht wirklich. – Ich habe nur noch eine verdammte Kugel...“, gesteht der Ältere mit hängenden Schultern und wirkt dabei wie ein Kind, das befürchtet jeden Moment Ärger zu bekommen. Joker scheint diese Tatsache jedoch erstaunlich locker zu nehmen. Lässig legt er Edward einen Arm um den Nacken. „Tja. Halb so wild, mein Hübscher. Du bist doch ein ziemlich guter Schütze. Du packst das schon!“, lächelt er ihm aufmunternd und erschreckend zuversichtlich entgegen. Nigma fühlt sich im Moment aber ganz und gar nicht sicher. Wahrscheinlich könnte er nicht einmal den Mount Everest treffen, wenn er genau vor der Mündung seiner 45. stehen würde. Ist bestimmt mehr als übertrieben, aber genauso kommt es ihm gerade vor und Jokers Selbstsicherheit ist da kein bisschen hilfreich.
 

„Ja, schon, aber – unter diesen Umständen denke ich nicht, dass ich das schaffe. – Vielleicht solltest du lieber schießen?“ Ein nachsichtiges Grinsen breitet sich auf den missgestalteten Zügen des Clowns aus. „Geht nicht, dann verpasse ich meinen Einsatz und wir haben nur einen Versuch. – Aber ich glaube ganz fest daran, dass du es schaffst, mein Hübscher!“, sanft lächelt er ihm entgegen. Es hat etwas sehr Ermutigendes an sich und Riddler glaubt schon, dass er es doch schaffen könnte. Aber dann passiert für ihn etwas so Unvorhergesehenes, das schlagartig alles aus den Fugen gerät. Ed hat sich gerade mit dem Gedanken angefreundet, sein Ziel trotz alledem treffen zu wollen, da zieht Joker ihn noch dichter zu sich heran. Den Bruchteil einer Sekunde später drückt er dem völlig überrumpelten Rätselmeister die Lippen auf die seinen und verwickelt ihn in einen heftigen Kuss!
 

Nigma erstarrt praktisch augenblicklich zur Salzsäule und verkrampft sich vollkommen. Ungewollt krümmen sich seine Finger fester um die Pistole und betätigen plötzlich den Abzug. Der Knall der Waffe ist bei dem vorherrschenden Lärm kaum zu hören, doch Ed spürt ganz deutlich ihren kräftigen Rückstoß seinen ungespannten Arm hinaufjagen. Die Kugel schnellt aus dem Lauf heraus, trifft mit einem hohen Pling! die Reling, wird vor dort aus ihrer Bahn geworfen und zuckt dann pfeifend als Querschläger ins Wasser. Edward ist vollkommen fassungslos. Angewidert und außer sich vor Wut schupst er den Clown grob von sich weg. „Hast du sie noch alle?“, giftet er sein Gegenüber mit hochroten Wangen an und verdrängt für den Moment sogar die Tatsache, dass ihnen ein Seemonster nach dem Leben trachtet. Der Jüngere grinst nur wieder selbstzufrieden. „Wo denkst du hin? Aber ich mach so was doch nicht ohne einen Glückskuss!“, flötet er ungeniert.
 

Der Brünette will gerade etwas erwidern oder noch besser, ihm eine reinhauen, da erhebt sich hinter ihm wutschnaubend das Ogopogo aus dem Wasser. Zwischen den Augen des Wesens klafft eine kleine Wunde, aus der langsam das fast schwarze Blut der Seeschlange austritt. Die Kugel hat ihr Ziel anscheinend also doch getroffen. Mit offenem Mund starrt Edward die Kreatur an, völlig außer Stande zu begreifen, wie ihm das gelungen ist. Im nächsten Moment huscht der Joker blitzartig an ihm vorbei und springt über die Reling. „Wünsch mir Glück!“, ruft er noch, ehe er ungeschickt im dichten, gelben Nackenfell des Monsters landet. „Nein!“, entkommt es dem Rätselmeister erstickt. Kraftlos lässt er die Waffe fallen, die polternd die Planken entlangrutscht und dann platschend im Wasser landet. „Nein! Das ist doch Selbstmord!“, ruft er dem durchgeknallten Clown hinterher und beugt sich dabei so weit über die Reling, dass er selbst droht ins Wasser zu fallen.
 

Plötzlich umschlingen ihn zwei starke Arme und reißen ihn kräftig zurück, ehe die scharfen Zähne der Seeschlange ihn erreichen können. Unsanft landet er mit Batman auf dem Boden. „Wir – wir müssen ihm helfen!“, platzt es aus dem Brünetten heraus und er versucht wieder auf die Beine zu kommen. Doch der Dunkle Ritter packt ihn am Kragen, wirft ihn auf den Rücken und presst ihn nachdrücklich auf die Planken nieder. „Das ist völlig unmöglich!“, versucht ihm Bruce klar zumachen. „Aber...“, setzt Ed an. Dann bricht ihm die Stimme und heiße Tränen rinnen seine Wangen hinab, ohne das er es will oder, dass es ihm überhaupt bewusst ist. Wayne entgegnet dem nichts, hält ihn nur weiterhin am Boden. Versucht sogar halbherzig seinen Blick auf das wohlmöglich Folgende zu versperren...
 


 

9
 

In der Zwischenzeit versucht sich das Ogopogo wild gebärend von seinem ungewollten Anhängsel zu befreien. Heftig schüttelt die Seeschlange den gewaltigen Kopf hin und her. Allerdings hält sich der Grünhaarige mit aller Macht an dem Fellkragen fest, gräbt sich regelrecht hinein, bis er kaum noch zu sehen ist. Das Monster wird immer ungehaltener. Seine zornigen Rufe scheinen das eisige Wasser regelrecht zum Vibrieren zu bringen, so als würde es kurz davor stehen zu kochen. Knurrend und fauchend schlägt es den langen Schwanz auf die aufgewühlte Oberfläche, erzeugt Fontänen und Wellen, die das Schiff immer heftiger zum Schwanken bringen. Gleichzeitig ist der Frachtraum schon zu einem beträchtlichen Teil mit Wasser angefüllt, sodass es nur noch wenige Momente dauern wird, bis der ganze Tanker in den Fluten versinkt.
 

Batman bleibt keine Zeit mehr, um den Ausgang des Ganzen zu sehen. Er muss vom Schiff runter und zumindest den Riddler retten. Ruckartig erhebt er sich und zerrt Nigma mit sich. Von Joker ist nichts mehr zu sehen, weil er sich so tief in das lange Fell hinein gegraben hat. Die beiden Verbliebenden denken daher, dass er längt in den Fluten verschwunden ist – jede Rettung unmöglich. Wahrhaben will es jedoch keiner von ihnen. Bruce tut es in der Seele weh, den verrückten Clown so abtreten zu lassen, statt eines Tages durch seine eigene Hand, wie es ihnen vorherbestimmt zu sein scheint. Doch er kann es nicht ändern. Hier stehen zu viele Leben auf dem Spiel, als das er sich auf dieses eine versteifen könnte. Edward kann sich damit noch weit weniger anfreunden. Oftmals war ihm der Joker mehr lästig als alles andere, doch dieser Kuss eben hat in seinem Kopf einen Schalter umgelegt, dessen Existenz er bis heute gar nicht wahrgenommen hat und auch nie wahrnehmen wollte. Auch wenn sie nichts verbindet, so schossen in diesem Moment tausende Gefühle durch seinen überforderten Geist, die er nicht einfach ignorieren kann, obwohl er es verzweifelt versucht hat – es noch immer versucht. Es ist weit entfernt von irgend so etwas wie Liebe, dennoch ist es das Stärkste, das er seit langem empfunden hat und das kann er nicht so einfach wegwerfen!
 

Nahezu verzweifelt versucht er sich gegen den Griff des Dunklen Ritters zur Wehr zu setzen. Allerdings fehlt ihm schlichtweg die Kraft dazu, so sehr er sich auch bemüht. „Nein! Lass mich los! – Bitte, nicht...“, seine letzten Worte sind nur noch ein verzweifeltes Wimmern und gehen völlig in Tränen unter, die er selbst noch immer nicht bemerkt. Wayne hingegen sieht sie selbstverständlich, begreift sie aber nicht wirklich. Die Bindung der beiden Ganoven war nie so nennenswert, dass einer um den anderen hätte Weinen müssen, so kam es dem Schwarzhaarigen zumindest vor. Sie stritten mehr, als alles andere und der ausgeflippte Clown war stets nur darauf bedacht Edward auf die Nerven zu fallen. Warum also diese Tränen? Den Kuss hat der Beschützer Gothams nicht gesehen, sonst könnte er sich vielleicht einen Reim darauf machen. Von daher tut er das Ganze nur als eine weitere Überreaktion des hoch sensiblen Riddlers ab und setzt seinen Weg unbeirrt fort.
 

Gerade noch rechtzeitig gelingt es ihm Halt mit seinem Enterhaken auf dem Pier zu finden und sie beide etwas unsanft zurück an Land zu bringen. Dort angekommen, gibt er Nigma wieder frei – wenn auch etwas unwillig. Dieser springt augenblicklich auf und stürzt an den Rand des Anlegestegs. Mit fassungslos aufgerissenen Augen starrt er auf das Wasser und die tobende Seeschlange hinaus. Diese scheint endgültig genug von alledem zu haben, setzt zu seinem Sprung an, der sie über das sinkende Schiff befördert. Ihr fächerförmiger Schwanz reißt den Tanken schlussendlich in die Tiefe hinab, als das Wesen abtaucht und spurlos zu verschwinden scheint. „Nein...“, entkommt es Edward völlig aufgelöst. Kraftlos sinkt er auf die Knie hinab, stützt die Hände auf den rissigen Beton und drückt seine Stirn auf den Boden. „Nein...“, wimmert er und schlägt immer wieder mit der Faust auf den Grund. Betroffen wendet Batman den Blick ab. Seinen Rivalen so fertig zu sehen, bricht ihm auf seltsame Weise fast das Herz und der eisige Tod des Jokers noch viel mehr. Es war so unglaublich sinnlos...
 


 

10
 

Das Ganze ist nur wenige Sekunden her, dann beginnt das Wasser auf einmal wieder zu brodeln. Allerdings kündigt sich damit nicht das Auftauchen des Ogopogo an. Stattdessen erschüttert auf einmal eine gewaltige Explosion den Hafenabschnitt. Riesige Fontänen schießen in die Höhe, Wasser schwappt über die Kaimauer, spült Riddler und Batman mehrere Meter weit weg, und der ganze Boden zittert, wie bei einem Erdbeben. Der ersten Explosion folgt kurz danach eine zweite noch heftigere. Dabei wird das Ogopogo regelrecht aus dem Wasser herausgeschleudert. Es zerreißt den langen Körper der Seeschlange nur einen Wimpernschlag später mit einer dritten Detonation in hundert kleine Teile, die als eine Art makabrer Regen im Hafen niedergehen.
 

„Was zum...?“, entkommt es Bruce atemlos, dennoch will das alles nicht ganz in seinen Kopf hinein. Was ist da gerade nur passiert? Neben ihm setzt sich Ed stöhnend wieder aufrecht hin und sieht auch nicht viel schlauer aus. Vom Ogopogo ist nichts geblieben, als ein paar dampfende Haufen toten Fleisches auf dem Beton. Der Tanker ist vollständig gesunken und das Wasser hat sich wieder beruhigt. Liegt als kalter, dunkler Spiegel im Hafen, als wäre nie dergleichen vorgefallen. Doch die Seeleute haben definitiv eine aufregende Geschichte zu erzählen, die ihnen vermutlich niemand glauben wird.
 

Die zwei Verbliebenen haben es noch nicht wieder geschafft auf die Füße zu kommen, da zieht sich eine Gestalt die Kaimauer hinauf und landet als nasses Bündel kraftlos auf dem rissigen Beton. Es ist der Joker! Reglos liegt er in der immer größer werdenden Pfütze, die sich rasch unter ihm ausbreitet. „Oh Gott!“, presst der Rätselmeister hervor. Schneller als Batman gucken kann, erhebt sich der Brünette auf einmal und rennt schon fast zu seinem Kollegen hinüber. Er lässt sich ruckartig neben ihm auf den Boden sinken, dass der Dunkle Ritter das Knirschen seiner Kniescheiben auf dem harten Beton bis zu seinem Standpunkt hören kann. Ungeschickt zerrt Nigma den Clown herum und auf seinen Schoß. „Joker? Hörst du mich? Antworte doch! Joker?“ Wieder brennen Tränen in seinen Augen, doch diesmal kann man sie nicht sehen, da er von der Flutwelle der Explosion eh schon tropfnass ist.
 

Für seine Verhältnisse erstaunlich zögerlich nähert sich der Rächer den beiden. Versucht tröstend legt er Edward eine Hand auf die bebenden Schultern. Der Rätselmeister sieht ihn nicht an, ruft nur weiterhin Jokers Namen. Schließlich geht Bruce in die Knie und besieht sich den Jüngsten. Hoffnungsvoll wendet Nigma ihm dann doch das Gesicht zu. „Er scheint nur ohnmächtig zu sein. Doch wir sollten ihn schnell zurück zur Höhle bringen, damit er nicht unterkühlt.“, teilt er seinem Gegenüber ernst mit. Keine Minute später rast das Batmobil durch die nächtlichen Straßen Gothams in Richtung Wayne Manor.
 


 

11
 

Zwei Stunden später sitzt Edward in sich gekehrt vor dem großen Bett, indem der Joker noch immer besinnungslos liegt. Seine Gedanken sind völlig wirr und er weiß nicht, was er überhaupt noch fühlen soll. Es ist alles so schwer. Zum wiederholten Mal wünscht er sich, er wäre damals einfach abgehauen, anstatt sich von dem Grünhaarigen zu diesem Trip überreden zu lassen. Wäre er gegangen, wäre ihm das alles erspart geblieben und er würde jetzt nicht in seiner Verzweiflung vergehen. Was, wenn Joker doch noch stirbt? Er kann diese Frage nicht beantworten, traut es sich gar nicht erst, zu undurchsichtig sind seine Emotionen derzeitig.
 

Diese Ungewissheit raubt ihm noch das letzte bisschen seines ohnehin nicht ganz funktionsfähigen Verstandes. Schwerfällig erhebt er sich daher und wankt zum Badezimmer hinüber. Vielleicht gelingt es ihm ja, seinen misshandelten Geist mit einer heißen Dusche wieder frei zu spülen? Und wenn nicht, entspannt es in jedem Fall seinen geschundenen und noch immer leicht frierenden Körper. Einen letzten Blick lässt er dem Jüngeren noch zuteil werden, dann verschwindet er. Ed macht sich jedoch gar nicht erst die Mühe die Tür zu verriegeln. Warum auch?
 

Verkrampft schält er sich aus den Sachen, die ihm Alfred netterweise gegeben hat, bis seine eignen wieder trocken sind. Achtlos lässt er sie zu Boden fallen und betritt dann die große, ebenerdige Dusche. In der geräumigen Kabine fühlt er sich plötzlich viel zu klein und gleichzeitig schrecklich erdrückt. Es ist wirklich merkwürdig. Nach der Vernichtung des Mothman hat er so oft geduscht und nie dieses Gefühl gehabt. Was ist nur los? Er begreift das alles nicht mehr. Ein paar Stunden Schlaf werden ihm hoffentlich darüber hinweghelfen, denn er befürchtet, dass sie noch lange nicht das Ende dieser Misere erreicht haben.
 

Mit kraftlosen Fingern dreht er das Wasser auf, das sich sogleich wohlig warm über seinen Körper ergießt, ihn in eine sanfte, tröstliche Umarmung zu ziehen scheint. Ein Seufzen verlässt seine Lippen. Unbewusst hebt er die Hand und streicht über eben diese. Für einen Moment hatte er das Gefühl, als könne er immer noch den Joker darauf spüren. Den harschen, fordernden Druck, der er ausgeübt hat und der Edward schlichtweg um den Verstand zu bringen drohte. Den irgendwie süßlichen Geschmack seines Atems, seine warme Hand in seinem Nacken und die stechend braunen Augen, die so tief in die seinen geblickt haben. Ein Schauer gleitet seinen blanken Rücken hinab und lässt ihn kurz erzittern. Ed sollte diese Szene wirklich vergessen. Immerhin war es nur wieder Unfug von diesem durchgeknallten Clown und ganz sicher nichts, was der Rätselmeister bevorzugen würde. Frauen sind ihm weit lieber und daran wird sich auch nichts ändern, nur weil dieser Spinner seine Finger nicht bei sich behalten kann!
 

Vehement klammert er sich an diese Vorstellung. Zumindest bis er sich herumdreht, um nach dem Duschgel zu greifen. Erschrocken zuckt Nigma zusammen und starrt den jungen Mann vor sich mit großen Augen und offenem Mund an. Der Grünhaarige steht hier in der Dusche, nackt wie Gott ihn schuf und so dermaßen bemitleidenswert fertig, dass es kaum in Worte zu fassen ist. Im ersten Moment hält der Riddler das Ganze für schlichte Einbildung, weil er so in Sorge um den Jüngeren ist. Aber dann streckt er langsam die Hand auf und berührt die zernarbte Wange des anderen. Schwach drückt der Clown sein Gesicht gegen seine Finger. „Oh Gott...“, entkommt es dem Brünetten überrascht. „Du – du bist tatsächlich wach!?“, Unglauben schwingt in seiner Stimme mit und lässt sie um einiges höher klingen, als gewöhnlich. Der Angesprochene ringt sich ein Lächeln ab, das einfach nur ausgezehrt wirkt. „So schnell haut mich nichts um.“, erwidert er fast flüsternd, sodass Ed beinahe Mühe hat, es über das Rauschen des Wassers zu verstehen.
 

Einen Moment herrscht Schweigen zwischen ihnen, während das warme Wasser von ihrer Haut perlt. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“, gesteht Nigma schließlich. „Tu das nicht.“, meint Joker, doch es klingt irgendwie entschuldigend. „Dann mach du nie wieder so einen Mist.“, mahnt ihn der Ältere halbherzig, obwohl er weiß, dass er ihm nichts befehlen kann. Darauf erwidert sein Gegenüber auch nichts. Erneutes Schweigen tritt ein und dauert um einiges länger. „Ach scheiß drauf!“, kommt es dann von Ed. Ehe Joker fragen kann, was er damit meint, zieht dieser ihn plötzlich in seine Arme und drückt ihn ganz fest an sich, ignoriert die Tatsache, dass sich ihre nackten Körper nun berühren können. Der Clown wirkt einen Moment überrascht, entspannt sich jedoch schnell wieder und legt ebenfalls die Arme um den anderen. So stehen sie noch eine ganze Weile im prasselnden, warmen Wasser, schweigend, nur die Nähe des anderen in sich aufnehmend...

The death worm


 

1
 

Etwas Zeit ist ins Land gezogen und Batman hegt schon die leise Hoffnung, dass diese beiden Monster die einzigen sind, mit denen sie es zutun bekommen, doch er soll sich schwer irren... Lediglich eine kurze Pause wird den drei unfreiwilligen Verbündeten gegönnt. Trotz der Tatsache, dass sich Bruce wünscht, es wäre vorbei, beherbergt er die beiden Kriminellen noch immer bei sich. Oberflächlich weiß er nicht einmal wieso er das tut – vielleicht um etwas mehr Kontrolle über sie zu haben? Vielleicht auch aus so etwas wie Dankbarkeit für ihre Hilfe? – innerlich quält ihn jedoch unbewusst die Sorge, dass er noch immer auf sie angewiesen sein könnte. Den beiden kann es in jedem Fall recht sein, schließlich haben sie hier auf Wayne Manor ein schön warmes Plätzchen und mehr Essen, als sie sich nur vorstellen können. Selbst Alfred freut sich regelrecht über ihre Anwesenheit, ist es doch schon Jahre her, dass seine mühevoll zubereiteten Mahlzeiten so viel Bewunderung empfangen haben.
 

Die Nacht auf den zehnten Dezember ist gerade einmal eine Stunde alt, als der Dunkle Ritter aus seinen Gedanken gerissen wird. Hochkonzentriert sitzt er gerade vor seinem Computer und ist dabei die Daten über Norris und seine beiden Monster in einer Akte zu vervollständigen, da tritt der Butler sorgenvoll an ihn heran. „Master Bruce, ihr Typ wird verlangt.“, teilt er dem Schwarzgekleideten schlicht mit. Der Angesprochene lässt sich nicht von seiner Arbeit abbringen, erwidert seine Worte anfangs nur mit einem Brummen. „Habe ich wieder einen Termin versäumt?“, fragt er schließlich, da er sich ganz sicher ist, dass Bruce Wayne erneut zu irgendeiner Besprechung oder dergleichen hätte anwesend sein müssen, er es aber wegen dieses Falles vergessen hat – wie so oft. „Ob Sie es glauben oder nicht, aber nein. Diesmal nicht. Ihr Alter Ego wird allerdings verlangt. Vor ein paar Minuten erschien das Bat-Signal am Himmel.“, berichtet der Grauhaarige. Etwas widerwillig löst sich der selbsternannte Rächer von seinem Computer und wendet sich um. „Gordon braucht mich also? Schön, ich gehe gleich. Vielleicht kann mich der Commissioner ja etwas von diesem verrückten Professor ablenken? – Tu mir doch in der Zwischenzeit den Gefallen und hab ein Auge auf unsere beiden Gäste.“ „Immer noch so argwöhnisch, Master Bruce?“ „Ja, etwas. Ich kann es einfach nicht ändern, auch wenn es nicht so scheint, dass sie irgendwas ausbrüten. Aber das Ganze ist so skurril, dass ich mich nicht damit anfreunden kann, zumindest nicht vollständig.“, gesteht der Dunkle Ritter und erhebt sich.
 


 

2
 

Derweilen steht ein Mann auf dem Dach der Polizeistation. Neben ihm ein großer Scheinwerfer mit einer schwarzen Fledermaus auf dem Glas. Ein steifer Wind weht dem Commissioner um die Ohren, zerzaust ihm das langsam ergrauende Haar. Murrend stellt er den Kragen seines Trenchcoats auf und versucht dann beinahe vergebens sich eine Zigarette anzuzünden. Gordon ist kurz davor es aufzugeben, da fängt das Papier doch endlich Feuer und er kann den scharfen Rauch in seine Lungen einsaugen. Für einen Augenblick füllt sich sein Kopf mit etwas Leichtigkeit und er entspannt sich merklich. Doch schon beim zweiten Zug gewinnt sein jahrelanger Nikotinmissbrauch zu greifen und die Sorgenfalten schleichen sich wieder in sein Gesicht. Allerdings nur kurz, dann hat er das unzweifelhafte Gefühl beobachtet zu werden, obwohl augenscheinlich außer ihm niemand hier auf dem Dach ist. „Hättest du nicht ein besseres Wetter mitbringen können? Obwohl es schon ziemlich gut zu dir passt, muss ich sagen. Fehlen nur noch Blitze und unheilvoller Donner.“, beginnt er sein scheinbares Selbstgespräch, bis sich ein Schatten aus der Dunkelheit löst und den Scheinwerfer abschaltet.
 

„Wollten Sie nicht das Rauchen aufgeben?“, erwidert ihm eine tiefe Stimme. Ein resignierendes Lächeln huscht über die Züge des Commissioners. „Ich schätze, dann sind wir beide ja schwer beschäftigt.“, meint er trocken, lässt den Rest seiner Zigarette zu Boden fallen und erstickt die Glut mit dem Haken seines Schuhs. „Was gibt es?“, fragt Batman und löst sich nun vollends aus dem Schatten, damit der andere Mann von Angesicht zu Angesicht mit ihm reden kann. Missmutig dreht sich Gordon zu ihm herum, greift in die Tasche seines Trenchcoats und reicht ihm dann ein Bild. Es handelt sich um den vergrößerten Ausdruck einer nicht gerade guten Fotografie. Darauf ist verschwommen ein seltsames Wesen zu erkennen, das einem übergroßen Wurm zu ähneln scheint. Anders als der gewöhnliche Regenwurm, hat dieses Ding jedoch ein großes Maul, gespickt mit langen, gebogenen Zähnen, die ihm mehr Ähnlichkeit mit einem Wesen aus einem Sciencefiction-Film geben, als einem friedlichen Gartenbewohner. Der Rächer glaubt sogar Blut an den Zähnen erkennen zu können und er muss sofort wieder an Norris´ Experimente denken. Er gibt ein unzufriedenes Brummen von sich. So viel also zur Ablenkung durch etwas anderes.
 

„Dieses Ding wurde seit gestern Nacht mehrfach gesehen. Es scheint durch den Robinson Park zu schleichen. Meine Männer konnten aber nichts finden und das Veterinäramt ebenfalls nicht. Doch ein Kerl hat zufällig dieses Foto gemacht, nachdem sein Freund von diesem Etwas angegriffen wurde. Hat ihn übel an der Wade erwischt und ein beachtliches Stück davon raus gebissen. Sieht aus, als wäre ein Wolf über ihn hergefallen – Seitdem gehen immer mehr Berichte bei uns ein, doch wir sind machtlos. – Vor ein paar Stunden haben wir den Park allerdings weiträumig abgeriegelt, nachdem wieder jemand angefallen wurde. Diesmal ein kleines Mädchen. – Das Mistvieh hat ihr die linke Hand abgebissen! Kannst du dir das vorstellen? Einfach so aus heiterem Himmel taucht das Biest auf und beißt ihr die ganze Hand ab!“, von fassungslosem Zorn erfüllt blickt Gordon ihn an. Batman verzieht keine Miene, innerlich ist er aber schwer getroffen von dieser Tatsache. „Wirklich schrecklich. Wird sie es überleben?“, fragt er trotz seines nicht vorhandenen Mienenspiels ehrlich betroffen. „Ja, höchstwahrscheinlich schon. Aber sie wird den Rest ihres Lebens darunter leiden, allein schon unter dem Schock. Herr Gott, sie ist erst vier Jahre alt!“, vor Wut zitternd schlägt der Ältere die geballte Faust auf den Sockel des Scheinwerfers. Bruce kann sich nur zu gut vorstellen, dass ihm das sehr nahe geht, ist Gordon doch selbst Vater einer Tochter.
 

„Das Ganze hat oberste Priorität, aber das muss ich dir wohl nicht erst sagen, oder?“, fügt James nach einem Moment hinzu, nachdem er sich wieder etwas beruhigt hat. Er bekommt jedoch keine Antwort. Als er sich umwendet, ist er wieder allein auf dem Dach. Stumm mustert er die Leere vor sich und zündet sich schwerlich eine neue Zigarette an. „Ich hasse es, wenn er das macht...“, murmelt er vor sich hin und begibt sich langsam wieder nach drinnen. Noch im selben Moment vernimmt er allerdings das laute Aufheulen eines Motors unten auf der Straße und weiß, dass er diesen Fall heute Nacht wohl noch abschließen kann.
 


 

3
 

Mit gewichtigem Röhren jagt das Batmobil durch die dunklen Straßen Gothams, auf dem Weg zum Robinson Park. Dabei betrachtet der Schwarzgekleidete immer wieder das Foto. Es ist jedoch so schlecht, dass Bruce unmöglich sagen kann, wie groß dieser Wurm nun eigentlich ist. Doch wenn es diesem Ding gelungen ist, einem Kind einfach mal so die ganze Hand abzubeißen, wird es sich wohl kaum um einen schlichten Angelköder handeln – außer man will einen Haifisch ködern. Daher befürchtet er das Schlimmste. Seine wage Hoffnung mit Norris abzuschließen, schwindet mit jedem Meter mehr, den sein Gefährt zurücklegt und er versucht sich damit anzufreunden, dass das hier noch lange nicht ausgestanden ist. Missmutig betätigt er einen Knopf an dem inzwischen reparierten Bordcomputer und nimmt Kontakt zur Höhle auf. Kurz darauf meldet sich Alfred auch schon. „Sir? Was hatte Mister Gordon zu berichten?“ „Nichts Gutes. Ein weiters Monster ist anscheinend aufgetaucht und hat mehrere Menschen angefallen. Mindestens zwei wurden schwer verletzt. Darunter ein kleines Mädchen...“, berichtet Wayne möglichst ruhig, doch sein alter Freund merkt sofort, wie aufgewühlt sein Gegenüber deswegen ist.
 

„Das ist ja schrecklich!“, erwidert er daher unsicher. „Du sagst es. Es soll sich im Robinson Park rumtreiben. Gordon hat das Gebiet abgeriegelt, von daher hoffe ich, dass es dort bleibt. – Was machen die beiden Spinner?“ „Als ich nach Ihrer Abfahrt nach ihnen gesehen habe, schliefen sie scheinbar noch.“ „Dann weck sie unverzüglich! Schick sie sofort zum Park. Vermutlich werde ich ihre Hilfe brauchen...“, der letzte Satz klingt ziemlich trübsinnig, was der Butler aber ignoriert. „Sehr wohl, Sir. Seien Sie vorsichtig, Master Bruce.“, bittet Alfred noch, doch da hat Batman die Verbindung schon unterbrochen.
 


 

4
 

In der Zwischenzeit erwacht Riddler langsam. Irgendetwas drückt ihm auf die Brust und erschwert ihm somit ein wenig das Atmen. Im ersten Moment denkt er noch, dass er einfach nur ungewohnter Weise auf dem Bauch liegt und es deswegen etwas umständlich ist Luft zu bekommen. Doch als er die Augen öffnet, kann er in der vorherrschenden Dunkelheit die Schatten des Kronleuchters an der Decke erkennen. Von daher kommt nur eines in Frage: Joker. Mit Widerwillen lässt der Rätselmeister den Blick sinken und tatsächlich liegt der Clown schlafend auf seiner blanken Brust und hat die Arme um ihn gelegt, wie ein verliebter Teenager in einem kitschigen Film. Wiederholt kommt sich Edward daher wie ein übergroßer Teddybär vor. Nach Jokers unfreiwilligem Bad im eisigen Wasser des Hafens und dem vorangegangenen Kuss, hat Nigma darauf verzichtet in ein eigenes Zimmer umzuziehen, obwohl Alfred es ihm mehrfach angeboten hat. Allerdings weiß der Brünette selbst nicht, warum er das getan hat. Seine Sorgen waren ja unbegründet und der Grünhaarige hat das Ganze locker weggesteckt. Doch dieser Kuss – so sehr er den Gedanken daran auch verabscheut – bringt ihn noch immer durcheinander. Sollte das Ganze nur wieder einer seiner Scherze sein oder steckt vielleicht mehr dahinter?
 

Als der Jüngere nach seiner Ohnmacht bei ihm in der Dusche auftauchte und Ed den unbändigen, aber nicht erklärbaren Drang verspürte ihn zu umarmen, ist nichts weiter passiert und auch die letzten Tage hat jeder von ihnen im eigenen Bett verbracht. Aber jetzt muss er sich wieder mit dem Gedanken rumschlagen, dass ihm dieser verrückte Clown ungefragt so nah kommt und das gefällt ihm gar nicht. Er will diese ganzen Sachen vergessen, verdrängen, sonst wird es ihn noch völlig um den Verstand bringen. Joker hat allerdings diese erschreckend einnehmende Art an sich, die es Riddler geradezu unmöglich macht, sich ihm zu widersetzen und das passt ihm überhaupt nicht. Wo soll das denn bitte enden? Er mag gar nicht darüber nachdenken, wird sich damit aber früher oder später auseinandersetzten müssen.
 

Während Nigma noch seinen Gedanken nachhängt, beginnt sich der Grünhaarige allmählich zu regen. Schmatzend schmiegt er sich noch enger an den warmen Körper in seinen Armen und gibt ein seliges Seufzen von sich. Unwillig beobachtet ihn der Ältere dabei. Der selbsternannte Prinz wirkt im Schlaf so erstaunlich friedlich und normal, ja geradezu unschuldig. Leicht schüttelt Edward den Kopf über diese Vorstellung – der Joker und unschuldig? Zwei Dinge, die verschiedener nicht sein könnten. Dennoch wirkt es so auf ihn. Unschlüssig fragt er sich, ob er ihn wecken oder ihn einfach von sich runterschieben soll. Nicht das es unbequem wäre, ihm gefällt nur die Tatsache an sich nicht, einem anderen Mann auf diese Weise nahe zukommen, schon gar nicht diesem Verrückten und dann auch noch ungefragt. Allerdings bezweifelt er stark, dass es ihm gelingen wird, den anderen loszuwerden, ohne ihn aufzuwecken. Aber eigentlich würde er gern noch die Ruhe genießen, die gerade herrscht. Er steckt also in einer Zwickmühle.
 

Ein erneutes Schmatzen ertönt von dem Schlafenden und dann wendet Joker ihm auf einmal das missgestaltete Gesicht zu. Mit halb offenen Augen blinzelt er dem Rätselmeister entgegen und versucht scheinbar wach zu werden. „Morgen...“, nuschelt er schließlich. Ed hebt eine Augenbraue. „Ich würde eher sagen Abend, aber okay.“ Gleichgültig zuckt der Angesprochene mit den Schultern. Etwas umständlich dreht er sich auf die Seite, rückt etwas von der Brust des anderen runter, sodass er nun auf dessen Arm zum Liegen kommt, und sich seitlich an ihn herankuschelt. „Sag mal, fällt es dir eigentlich irgendwie schwer allein zu schlafen, oder warum missbrauchst du mich ständig als ungefragt Kuscheltier?“, fragt der Brünette anschließend. Joker grinst in sich hinein. „Nein, nur wenn du in der Nähe bist, mein Hübscher!“, raunt er und drückt sanft seine Lippen gegen Eds Hals. Den Älteren überkommt ein unschöner Schauer. Geht das schon wieder los? „Lass das, sonst schmeiß ich dich hochkant aus dem Bett!“, warnt er den Clown.
 

Dieser grinst nur wieder. „Warum so zickig, Eds?“, fragt er belustigt. „Weil ich so viel Nähe von einem anderen Kerl nicht ertrage und, weil ich diesen Namen noch viel weniger ertrage!“, entgegnet ihm der Rätselmeister mit einem Anflug von Zorn. Leicht stützt sich der Joker auf einen Ellenbogen, um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Was ist dein Problem, mein Hübscher? Fürchtest du, dass ich dich bespringen könnte, wie ein notgeiler Schuljunge?“, kommt es erstaunlich ernsthaft von ihm. Unweigerlich scheißt Edward bei diesen Worten die Röte ins Gesicht und er wendet leicht den Blick ab. „So ungefähr könnte man es wohl ausdrücken...“, gesteht er schließlich. Sein Gegenüber gibt ein helles Kichern von sich, wird dann aber wieder ernst. „Das liegt ganz sicher nicht in meinem Interesse. So was würde ich daher nie machen, außer du willst es...“ „Nein!“, fällt Ed ihm schlagartig ins Wort. „Ich kann es aber auch langsam angehen und wir sehen, was daraus wird...“, erwidert der Grünhaarige. Ehe Riddler etwas entgegnen kann, spürt er auch schon die Hand des anderen fordernd zwischen seine Beine gleiten.
 

Scharf zieht der Brünette die Luft ein, verkrampft sich augenblicklich und packt die Hand des anderen, um sie von sich zu schieben. „Hast du jetzt völlig den Verstand verloren!?“, platzt es aufgebracht aus dem Rätselmeister heraus. Die Röte kehrt auf seine Wangen zurück, so kräftig, dass es fast wie Farbe wirkt. Joker erwidert darauf nichts, stattdessen beginnen sich seine Finger erfahren zu bewegen und die Männlichkeit des anderen durch den dünnen Stoff der Shorts hindurch zu erkunden. Vehement versucht Nigma ihn loszuwerden, doch die Kraft, die ihm der Jüngere entgegenbringt, ist schlichtweg erschreckend. „Nimm sofort deine Hände von mir!“, faucht Edward mit hochroten Wangen und einen Hauch Panik in der Stimme. „Entspann dich...“, raunt ihm der Grünhaarige nur zu. „Ganz mit Sicherheit nicht!“, giftet der Liegende zurück. Der Druck der tastenden Finger nimmt zu und der Ältere weiß nicht, wie lange er dem noch ungerührt standhalten kann. Jede Regung dahingehend würde Joker aber nur als Bestätigung seines Wahnsinns erkennen und dann wäre alles zu spät.
 

Plötzlich klopft es allerdings an der Tür und schreckt sie beide in ihrem Tun auf. Der selbsternannte Prinz wendet kurz den Blick zum Eingang, mehr aber auch nicht. Ed hofft jedoch, dass das seine Rettung ist. „Lass mich endlich los und geh an die verdammte Tür!“, kommt es ungehalten von ihm. Endlich gelingt es ihm auch, den anderen von sich zu schupsen. „Na schön...“, erwidert der Jüngere locker, doch in seinen braunen Augen kann Nigma eine vielsagende Enttäuschung und Verletztheit sehen, was ihm im Moment aber scheißegal ist. Er ist nur heilfroh, dass es ein Ende hat, bevor er völlig die Selbstbeherrschung verloren hat.
 


 

5
 

Vor der Tür steht Alfred und teilt ihnen mit, was Batman von ihnen verlangt. „...Aus diesem Grund würde ich Sie bitten, sich schnellstmöglich fertigzumachen und in die Höhle zu kommen.“, endet der Butler schließlich. Die Dringlichkeit steht ihm deutlich in den blassblauen Augen. Joker gibt ein leichtes Seufzen von sich und wendet kurz den Blick zu seinem Partner. Ed steht ein Stück weit hinter ihm, mit verschränkten Armen, versteinerter Miene, noch leicht roten Wangen und einem Rest Zorn in den grünen Seelen. „Wir kommen sofort...“, entgegnet der Grünhaarige mit einem weiteren Seufzen und schließt die Tür wieder. Einen Moment verweilt Alfred noch davor und fragt sich, was die Haltung des Riddlers ausgelöst haben könnte. Diese seltsame Anspannung und unterdrückte Wut. Haben sich die beiden vielleicht gerade gestritten, als er klopfte? Eine gute Frage, doch er hat im Moment keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen. Er hofft nur, dass das, was im Augenblick zwischen ihnen zu stehen scheint, die Mission nicht gefährdet. Mit einem resignierenden Laut lässt er die Schultern hängen und begibt sich wieder hinab in die Höhle, um die letzten Vorbereitungen zu treffen.
 

Kaum fünf Minuten später stoßen die beiden Verbrecher zu ihm. Die Luft zwischen ihnen scheint aber noch genauso angespannt wie eben zu sein. Der Butler ignoriert diese Tatsache jedoch erst einmal und führt die zwei ein Stück tiefer in die Höhle. Mit einem kräftigen Ruck zieht er dann eine dünne Plane zur Seite und enthüllt darunter ein zweisitziges Motorrad. Der Jüngste macht sofort große Augen. „Heilige Scheiße! Sieh sich nur mal einer das verschärfte Ding an!“ „Das ist das Batcycle. Mit ihm kommen Sie zum Robinson Park.“, erläutert der Grauhaarige und überreicht Edward die Schlüssel. „Viel Erfolg.“, fügt er noch hinzu und wendet sich dann ab.
 

Etwas unschlüssig verweilen die beiden Gauner vor dem mattschwarz lackierten Bike, dann drückt Nigma seinem Kollegen die Schlüssel in die Hand. Fragend sieht der Größere ihn an. „Ich kann nicht Motorrad fahren, also mach du es.“, erklärt sich der Brünette kurz angebunden. „Ich kann es dir zeigen...“, setzt sein Gegenüber an, wird jedoch sogleich wieder von ihm unterbrochen. Theatralisch legt sich Ed zwei Finger an die rechte Schläfe, als hätte er plötzlich starke Kopfschmerzen. „Ich kann fahren! Das war nur eine Notlüge, weil ich nicht will, dass du hinter mir sitzt!“, knurrt er leicht unterdrückt. Verwundert legt Joker die Stirn in Falten. „Wieso denn?“, fragt er unschuldig. Nun legt sich Ed die Finger an die linke Schläfe, als sei der Schmerz in seinem Kopf zur anderen Seite gewandert. „Tu nicht so!“, zischt er. „Nachdem, was du gerade im Schlafzimmer abgezogen hast, glaubt du doch wohl nicht allen Ernstes, dass ich mich dir auch noch so schutzlos präsentiere!“ Der Angesprochene scheint tatsächlich einen Moment darüber nachzudenken. Dann zuckt er gleichgültig mit den Schultern. „Wenn du meinst...“ „Spiel das nicht so herunter! Es ist mir völlig ernst! Fass mich nicht noch mal so an, klar?“ „Okay...“, kommt es leicht augenrollend von dem Grünhaarige, während er sich auf den vorderen Sitz schwingt. „Glaub ja nicht, dass es damit schon getan ist! Sobald wir in diesem dämlichen Park sind, verpass ich dir eine!“, kommt es leicht ungehalten vom Rätselmeister, der drohend die Fäuste ballt, sich aber gleichzeitig nervös umsieht, ob Alfred noch in Hörweite sein könnte. Der Clown zuckt nur wieder mit den Schultern. Allerdings kann Ed diesmal auch nicht die tiefe Verletztheit in seinen braunen Augen sehen. „Wenn es dir dann besser geht...“, entgegnet er dem Älteren knapp und zieht sich den Helm auf.
 

„Das wird sich zeigen...“, beendet Nigma die Diskussion erst einmal, setzt sich umständlich hinter den Joker und zieht den anderen Helm auf. Kurz darauf erwacht der V4-Motor mit einem lauten Röhren unter ihnen zum Leben. Ein Schauer jagt durch den Körper des Rätselmeisters, als die leistungsstarke Maschine warm und wohlig zwischen seinen Beinen zu vibrieren beginnt. Etwas unsicher beißt er sich auf die Unterlippe und versucht die aufkommende Unruhe in sich zu unterdrücken. ‚Das ist alles nur die Schuld dieses verdammten Clowns...‘, geht es ihm durch den Kopf. „Heilige Scheiße...!“, gibt dieser praktisch im selben Atemzug von sich und schreckt augenblicklich kerzengerade hoch. Ein merkliches Zittern jagt seinen schmalen Rücken hinunter, weshalb Nigma die Stirn in Falten legt. „Was ist los?“, fragt er, obwohl er denkt, die Antwort zu kennen, geht es ihm doch nicht viel besser. „Alles – gut. – Gib mir – einen Moment, ja, mein Hübscher...?“, kommt es in einem seltsamen Tonfall von dem Grünhaarigen. Für Edward hört es sich so an, als versuche er fieberhaft zu verbergen, wie sehr ihn das unerwartet heftige Aufflammen des Motors doch erregt hat, um sich nicht noch mehr Zorn seines Kollegen aufzuhalsen. Der Angesprochene rollt nur leicht angeekelt mit den Augen und erwidert dem nichts.
 

Einige Sekunden verstreichen, dann entspannt sich der Jüngere wieder und spielt probeweise mit dem Gas. „Okay, festhalten!“ Nur widerwillig legt ihm der Brünette die Hände um die Brust. Die Berührung ist auch nur so dezent, dass es einem Wunder gleichkommen würde, wenn Nigma so nicht in voller Fahrt vom Sitz geworfen wird. Der selbsternannte Prinz lässt das Ganze jedoch unkommentiert, betätigt stattdessen die Kupplung und donnert dann auf den Ausgang der Höhle zu. In diesem Moment klammert sich Edward dann aber doch nahezu panisch an ihm fest und schimpft sich selbst einen Trottel, weil er nicht bedacht hat, dass Joker unter normalen Umständen Benzin im Blut zu haben scheint und das hier immerhin Batmans Bike ist, von dem jeder Tuningfan reihenweise feuchte Träume bekommen würde.
 


 

6
 

Daher dauert es auch nicht lange, da kommt auch schon der Park in Sicht. Unweit davon können die beiden das Batmobil parken sehen. Nahezu ungeduldig lehnt der Dunkle Ritter an der Motorhaube und wartet mit verschränkten Armen auf sie. Mit einer Staubwolke steigt der Fahrer des Motorrads in die Eisen und kommt ruckartig keine zwei Zentimeter neben dem Schwarzgekleideten zum Stehen. Bruce wirkt doch etwas angesäuert, als er sieht, dass der Joker am Steuer sitzt, hatte er Alfred doch gebeten, Nigma die Schlüssel zu geben. „Warum bist du nicht gefahren, Riddler?“, harscht er den Brünetten auch sogleich an. Dieser erwidert jedoch nichts, zieht sich nur den Helm ab, setzt seinen Hut wieder auf und steigt vom Bike. Dann wartet er einen Moment, bis Joker ebenfalls so weit ist. Wayne will seine Frage gerade nach einmal stellen, da holt Ed auch schon aus. Seine geballte Faust trifft den Clown völlig unvorbereitet mitten auf die Nase. Durch die Wucht des Schlages landet der Jüngste unsanft auf seinen vier Buchstaben und blickt mit großen Augen zu seinem Gegenüber empor, während ihm warmes Blut am Kinn hinab läuft und sich auf der Vorderseite seiner Zwangsjacke sammelt.
 

„Sofort aufhören!“, geht der Beschützer Gothams dazwischen, doch Edward wendet sich schon wieder ab und reibt sich seine schmerzenden Fingerknöchel. „Was sollte das?“, hakt Batman dann nach. „Frag ihn – oder besser, tu es nicht! Das würde eh nichts bringen.“, entgegnet ihm der Rätselmeister angefressen und verschränkt abwehrend die Arme vor der Brust. Deutlich kann der Schwarzhaarige verletzten Stolz in den grünen Augen seines Gegenübers erkennen. Irgendetwas ist also zwischen ihnen vorgefallen. Der Ritter wüsste zu gern, was es ist und ob es die Mission gefährden könnte. Andererseits liest er in Riddlers Blick aber, dass es wirklich besser wäre, es nicht zu wissen und das erscheint ihm auch als eine gute Idee. Immerhin ist schon eine ganze Menge nötig, um den sonst so friedfertigen Brünetten dermaßen aus der Fassung zu bringen, dass er mit bloßen Fäusten auf jemanden losgeht, statt sich erhaben hinter seinen Rätseln zu verstecken und sich später still und heimlich für sich allein zu ärgern.
 

Forschend sieht er zu Joker hinüber, der mit hängenden Schultern und niedergeschlagenen Augen auf dem Boden sitzt und geräuschvoll das Blut hochzieht, ehe er es fahrig mit dem überlangen Ärmel seines Oberteils wegwischt und sich wieder erhebt. „Geht´s dir jetzt besser?“, kommt es nasal von dem Grünhaarigen. Pikiert dreht sich Edward zu ihm herum und verzieht verärgert das Gesicht. „Etwas! Doch ich hätte nicht übel Lust es noch einmal zu machen! Also sei froh, dass ich sie dir nicht gebrochen habe!“, zischt er angefressen zurück. „Mach was du willst, wäre eh nicht das erste Mal...“, entgegnet ihm der Clown, betastet dabei vorsichtig seine lädierte Nase, verzieht leicht schmerzlich das Gesicht und wirft dann Batman einen vielsagenden Blick zu. Dieser hält der stummen Anschuldigung jedoch ungetrübt stand. „Seid ihr jetzt fertig? Wenn wegen eurem Kindergartenunsinn noch mehr Menschen verletzt werden, dann ist eine gebrochene Nase noch euer geringstes Problem!“, knurrt er seinen beiden unfreiwilligen Helfern zu und beendet damit die Diskussion.
 


 

7
 

„Denkst du, dass das noch so ein Monster von diesem selten dämlichen Professor ist, Batsy?“, fragt Joker beim Betrachten des Fotos. „Genau das denke ich und es scheint sehr angriffslustig zu sein, wie mir Commissioner Gordon berichtet hat.“, erwidert dieser. „Hm...“, kommt es nachdenklich von Nigma, dann greift er in die Innentasche seines Jacketts. „Ich habe das Vieh schon mal gesehen...“, meint er knapp und zieht ein Buch hervor. „Ist das etwas das Notizbuch von Norris?!“, kommt es forsch von Batman. Besitzergreifend legt Edward die Arme darum und tritt einen Schritt zurück – gleich einem kleinen Mädchen, das die Geheimnisse seines Tagebuchs zu verbergen versucht. „Und wenn dem so wäre?“ „Gib es sofort her!“, fordert der Dunkle Ritter schroff. „Ich habe Milliarden Augen und lebe doch in der Dunkelheit. Ich habe Milliarden Ohren, doch nur zwei Lappen. Ich habe keine Muskeln, bin aber trotzdem der Herrscher über zwei Halbkugeln!“, erwidert der Rätselmeister keck. Bruce gibt nur ein verstimmtes Brummen von sich. „Das Gehirn.“, gibt Joker die Lösung schließlich preis. „Genau! Also glaub ja nicht, dass ich auf den Kopf gefallen wäre, Batman! Dieses Buch ist sozusagen meine Lebensversicherung und du wirst es ganz sicher nicht bekommen!“ Trotzig mustern sich die beiden Männer. „Schön, dann eben nicht. Dann sieh nach, ob dieser Wurm da drin beschrieben ist, damit wir endlich weiterkommen!“, resigniert Wayne schlussendlich.
 

Riddler schenkt ihm ein siegreiches – nahezu herablassendes, aber definitiv überlegenes – Lächeln und lässt seine behandschuhten Finger dann durch die Seiten gleiten. Nach einem Moment hält er inne, blickt prüfend auf das Foto und nickt dann. Mit angespannter Stimme beginnt er den Artikel vor zu lesen, den Norris aus Vorlage für sein Wesen benutzt zu haben scheint.
 

„Glaubt man den zahlreichen Schilderungen der mongolischen Nomaden, so hat der Mongolischer Todeswurm einen wurmförmigen, über einen halben Meter langen weichen Körper und eine glatte, leuchtend rote Haut. Der Wurm soll unter der Erde in der Wüste Gobi leben und nur von der Farbe Lila oder von feuchtem Boden an die Oberfläche gelockt werden. Deshalb soll er auch einen mongolischen Jungen getötet haben, der mit einer violetten Spielzeugkiste im Sand gespielt hatte...“
 

Abrupt hält Edward inne und wird sich überdeutlich bewusst, dass sowohl seine Handschuhe, als auch seine Krawatte lilafarben sind, und würde er sie jetzt noch tragen, ebenfalls seine Maske. Mit einem Anflug von Panik beginnt er damit sich die Handschuhe auszuziehen und die Krawatte zu lockern, stoppt dann aber, als er merkt wie Batman und Joker ihn fragend mustern. Seufzend lässt er seine Handschuhe dennoch in der Tasche seines Jacketts verschwinden und zieht die Krawatte halbherzig wieder fest. Es hätte mit Sicherheit eh keinen Sinn, nicht solange er in Jokers Nähe ist, der praktisch kaum eine andere Farbe an sich trägt. „Verzeihung...“, räuspert er sich nervös und schlägt das Buch wieder auf.
 

„Er soll dick wie der Arm eines Mannes sein. Er bewegt sich knapp unter der Erdoberfläche auf sein Opfer zu, streckt dann den Oberkörper an die Oberfläche und beginnt sich aufzublähen. Dadurch bilden sich viele kleine Blasen auf seiner Haut, aus denen ein Gift gespritzt wird, das so tödlich ist, dass es einen Mann und sogar ein Kamel bei bloßer Berührung sofort töten kann. Andere sprechen auch vom Tod durch elektrische Schläge, die es mit seiner Schwanzspitze austeilt...“
 

Damit beendet Ed den Bericht und blickt nervöser denn je zu seinen beiden Mitstreitern auf. „Das klingt heftig...“, pflichtet der Clown ihm zu. „Der Ansicht bin ich auch, von daher sollten wir sehr vorsichtig sein.“, entgegnet der Schwarzhaarige und lässt seinen Blick über den abgeriegelten, nur von einzelnen Laternen ausgeleuchteten Park wandern. Er lässt seinen beiden Begleitern noch einen mahnenden Blick zuteil werden, dann wenden sie sich gemeinsam um und betreten die ausgedehnte Grünanlage.
 


 

8
 

Der Park ist riesig, wie den dreien in diesem Moment erst so richtig bewusst wird. Von daher dürfte es nicht gerade einfach werden, diesen Todeswurm zu finden. Sie hoffen jedoch, dass es ihnen zuerst gelingen wird das Biest aufzuspüren, anstatt hinterrücks von ihm angefallen zu werden. Der Gedanke war allerdings zu schön, denn kaum, dass sie den Park betreten haben und das Batmobil und das Batcycle nur noch weit entfernten, dunklen Schatten gleichen, kommen sie sich seltsam beobachtet vor. Die Anspannung in ihren Körpern scheint beinahe greifbar, sind sie sich doch nur zu gut bewusst, welche Gefahr von diesem Wurm ausgeht. Gift, Elektroschocks, messerscharfe Zähne... Allein die Vorstellung jagt schon einen eisigen Schauer Riddlers Rücken hinunter. Mit Gift könnte er sich ja gerade noch anfreunden, immerhin benutzt auch Joker dergleichen und er ist da bei weitem nicht der einzige Schurke in Gotham. Wobei die Intensität des Gifts des Wurms wohl alles übersteigt, was ihm bisher untergekommen ist, wenn man der Legende in Norris´ Notizen Glauben schenken mag.
 

Elektroschocks sind da schon eine ganz andere Liga, auch wenn diese ebenfalls von einigen Schurken, der Polizei und sogar von einem von Batmans Sprösslingen benutzt werden. Nigma befürchtet jedoch, dass auch sie weit heftiger sein werden, als das ihm Bekannte und damit dem überaus tödlichen Gift gleichkommen werden. Über die Zähne muss Ed nun wirklich nicht lange nachdenken. Die halbe Schurkenschaft Gothams ist von überaus animalischer Natur und dahingehend sehr angriffslustig und überaus gut bestückt. Das Gift macht ihm aber dennoch am meisten Sorgen, da der Wurm es ja auch aus größerer Entfernung verspritzen kann. Um einen unter Strom zu setzen oder zu beißen, muss das Vieh aber ziemlich nahe an einen herankommen und das muss ihm erst einmal gelingen.
 

Die Sorge steht ihm dennoch deutlich ins Gesicht geschrieben. Seine Gedanken sind so sehr auf dieses Vieh ausgerichtet, dass er alles andere schlichtweg verdrängt. Plötzlich raschelt es in einem immergrünen Busch keine zwei Meter von ihnen entfernt. Edward durchfährt ein solch heftiger Schreck, dass er schon sein Ende vor Augen sieht, ehe klar ist, um was es sich überhaupt handelt. In diesem Moment reagiert er einfach nur rein instinktiv. Der Streit, den er von kaum zwei Stunden mit dem Joker hatte, ist wie weggeblasen, schlichtweg nicht mehr existent. So kommt es, dass sich Nigma wie eine verschreckte Katze herumdreht und sich gleich einem verängstigten Mädchen am Arm des Clowns festklammert. Ein viel zu hochtöniger Schrei verlässt seine Kehle und er presst die grünen Augen mit einem Zittern ruckartig zu, verbirgt sein Gesicht an Jokers Schulter. Der Grünhaarige wird dadurch in jeglicher Bewegung gestoppt und gemeinsam mit Batman betrachtet er das ausgelöste Verhalten des labilen Rätselmeisters mit erhobener Augenbraue. Ein paar Sekunden später erhebt sich schimpfend eine Eule aus dem Busch, die sich wohl von der Anwesenheit der drei bei ihrer Mahlzeit gestört fühlt. Beim Davonfliegen sieht man deutlich die fette Ratte in ihren scharfen Klauen.
 

Der Dunkle Ritter setzt zu einem Räuspern an, um den Brünetten wieder auf den Teppich zu holen, wird allerdings von Joker unterbrochen, der ihm andeutet zu schweigen. Mit einem verstimmten Brummen wendet sich der Mitternachtsdetektiv ab und blickt sich prüfend im Park um. Der Jüngste streicht derweilen beruhigend über Edwards Rücken. „Hey, mein Hübscher! Es war nur eine dämliche Eule.“, teilt er seinem sichtlich fertigen Kollegen mit. Dieser öffnet vorsichtig die Augen und sieht sich unschlüssig um. „Wirklich?“, fragt er zaghaft. Nichts deutet mehr auf seinen wütenden Ausbruch von eben hin, wo er seine Faust gegen den Größeren eingesetzt hat. „Ja, wirklich. – Geht´s wieder, oder soll ich nachhelfen?“, raunt ihm der Clown mit anrüchiger Stimme entgegen. Etwas überfordert hebt Ed erneut den Kopf und blickt ihm direkt in den brauen Augen, die vor Hitze geradezu überzulaufen scheinen. Ein Hauch Rot huscht über die Wangen des Brünetten hinweg und dann wird ihm schlagartig klar, was hier eigentlich los ist. ‚Wie kann dieser Wahnsinnige nur in dieser Situation an so etwas denken?‘, geht es dem Brünetten zornig durch den Kopf.
 

Seine grünen Seelen weiten sich daher überrascht und er stößt den anderen erstaunlich kraftvoll von sich weg. „Lass endlich den Scheiß!“, faucht er ihm entgegen und entfernt sich noch zwei Schritte. Angestrengt räuspert er sich und richtet sich geschäftig die Krawatte, um seine Unsicherheit zu überspielen. Der Angesprochene grinst nur in sich hinein und zuckt mit den Schultern. „Wie du meinst. Obwohl du echt süß bist, wenn du Angst hast!“, flötet er kichernd. Auf Eds Wangen bildet sich wieder ein roter Schimmer, diesmal aber vor Wut. „Ich bin ganz sicher nicht süß und angst hatte ich erst recht nicht! Also erzähl nicht solchen Mist! – Ich habe mich nur erschreckt, weiter nichts...“, schmollend verschränkt er die Arme vor der Brust und wendet pikiert den Blick ab. Wieder dieses Kichern. „Wenn du meinst, Eds. Komm jetzt lieber, ehe Batsy noch durchdreht!“, erwidert der Clown glucksend und setzt sich in Bewegung. Ein gutes Stück entfernt wartet Batman nämlich schon ungeduldig auf die beiden und er ist keineswegs angetan von dem neuerlichen Unfug seiner beiden unfreiwilligen Helfer. „Konzentriert euch endlich, um Himmels willen!“, lässt er ihnen mahnend zuteil werden.
 


 

9
 

Nach diesem ersten Schrecken geht es etwas besser. Nigma hat seine Fassung zum Großteil wiedergefunden und zieht es nun vor etwas mehr Abstand zwischen sich und diesen anhänglichen Clown zu bringen, weshalb er sich zur anderen Seite begeben hat, sodass Batman nun zwischen ihnen geht. Dem Rächer gefällt diese Entwicklung nicht sonderlich, hat er doch schon wieder das nagende Gefühl, dass die zwei etwas aushecken könnten und diese Sticheleien und Streitereien nur eine gut inszenierte Show sind.
 

Mittlerweile haben sie aber fast die Mitte des Parks erreicht und noch immer keine Spur von diesem Wurm. Allmählich beginnen sie sich zu fragen, ob sie ihn überhaupt finden werden oder, ob er vielleicht schon woanders hin ist. Diese Vorstellung gefällt Bruce überhaupt nicht und er denkt fieberhaft an eine andere Lösung. „Was ist das?“, reißt der Grünhaarige ihn auf einmal aus seinen Gedanken. Etwa zehn Meter von ihnen entfernt, direkt unter einer Laterne, liegt ein rosaroter Klumpen, der Ähnlichkeit mit einem zusammengerollten Gartenschlauch oder einer Schlange hat. Beim Klang seiner Stimme, fängt der Klumpen an sich zu bewegen. Zuerst nur ein Zucken, dann entrollt er sich langsam. Zwei Paar kleiner, schwarzer Knopfaugen mustern die Menschen durchdringend. Dann reißt der Todeswurm fauchend das Maul auf und präsentiert seine langen, gebogenen Zähne. Seine dünne, blaue Zunge zuckt dabei in seinem Rachen herum, wie die einer zischenden Schlange. Das Fauchen hat etwas unglaublich Fremdartiges, als komme es nicht von dieser Welt und irgendwie ist es ja auch so. Das Geräusch mausert sich zu einem wütenden Zischen und dann richtet sich der Allghoi zu seiner vollen Größe auf, was ihm mehr denn je Ähnlichkeit mit einer dicken Schlange verleiht.
 

„Das – ist er...“, presst Nigma wieder sichtlich nervös hervor. Seine Worte animieren das Wesen zu einem neuerlichen Fauchen und dann prescht es auf einmal blitzschnell vorwärts. Angespannt bereiten sich die drei auf sein Kommen vor. Allerdings scheint der Wurm sie nicht angreifen zu wollen. Stattdessen springt er knapp vor ihnen ein Stück in die Luft und vergräbt sich dann so dermaßen schnell im hartgefrorenen Boden, dass es kaum denkbar ist. Eine Staubwolke erfüllt die eisige Luft für einen Moment, dann ist nur noch das Loch sichtbar, in das sich der Allghoi zurückgezogen hat. „Er ist weg...“, kommt es irritiert vom Joker, der sich kindlich hingehockt hat, um das Loch genauer zu betrachten. „Ja, aber sicher nur für einen Moment. In dem Bericht hieß es doch, dass er sich unter der Oberfläche bewegt und von dort angreift. Also seid wachsam!“, erinnert sie Batman und lässt wieder den Blick schweifen.
 

Nur ein paar Augenblicke vergehen, in denen sich die drei ungleichen Beschützer Gothams gerade wieder in Bewegung gesetzt haben, da durchstößt der Todeswurm die Erde. Mit einem wilden Fauchen flutscht er aus dem Loch heraus, das er sich gemacht hat, springt erneut in die Höhe. Sein Maul ist weit aufgerissen und so hält er direkt auf den Joker zu. Überrascht weicht der Grünhaarige nach hinten aus. Der Allghoi bekommt jedoch das Ende seines lilagestreiften, linken Ärmels zu fassen und beißt sich daran fest. „Was zum...?“, entkommt es dem Kriminellen verwundert. „Lass los, du Mistvieh!“, gebärt er sich und beginnt den Ärmel heftig zu schütteln. Das scheint dem Todeswurm aber nichts auszumachen. Stattdessen kaut er sich rasch an dem gestreiften Stoff hinauf und kommt dabei dem Arm seines Opfers immer näher. Jeder andere würde jetzt mit Sicherheit in Panik verfallen, doch nicht der Joker. In seinem Gesicht schlägt sich nur Zorn nieder. „Ich sagte: Lass los!“, brüllt er dem Wurm entgegen und holt dann weit aus. Das gut fünfzig Zentimeter lange Wesen fliegt regelrecht durch die Luft, denkt aber gar nicht daran seine Bemühungen einzustellen. Zu nahe ist es schon dem warmen, zarten Fleisch gekommen. Dann jedoch knallt es krachend gegen einen Baum.
 

Mit einem überrascht-benommenen Laut lässt sich der Allghoi endlich fallen. Etwas taumelnd schwingt er hin und her, schüttelt schließlich den Kopf, gibt ein neuerliches Fauchen von sich und vergräbt sich mit einem gekonnten Sprung abermals in der Erde. Verärgert betrachtet der Clown nun seinen zerfetzten Ärmel. Nur wenige Zentimeter haben noch gefehlt, dann hätte der Todeswurm ihm die Finger abgebissen. „Schöne Scheiße...“, mault er leicht in sich hinein, als er den anderen Ärmel betrachtet, der noch immer fast bis zum Boden reicht. Auf seltsame Weise wirkt der zerfetzte Stoff seiner Linken im Einklang mit dem Rest seines Kostüms noch viel passender – verleiht ihm noch einen Hauch mehr Wahnsinn.
 


 

10
 

Nach diesem ersten Angriff entscheiden sich die drei dafür an Ort und Stelle zu verweilen und die Augen offen zuhalten. Das nächste Erscheinen des Wurms lässt auch nicht lange auf sich warten. Diesmal scheint er sich jedoch den Rätselmeister ausgesucht zu haben. Zischend springt er direkt vor ihm aus dem Boden und hält mit gebleckten Zähnen auf ihn zu. In letzter Sekunde kann sich Ed noch zur Seite drehen. Fauchend wendet sich das Monster herum und versucht es erneut. Der Panik nahe bekommt Nigma gerade noch seinen Gehstock zu fassen, lässt die Klinge herausschnellen und schlitzt dem Vieh damit die Seite auf. Wage Hoffnung keimt in ihm auf, als er spürt, wie die Haut des Wurms unter dem scharf geschliffenen Metall aufplatzt. Doch er freut sich zu früh. Der Schnitt ist nur oberflächlich oder die Haut einfach zu dick, jedenfalls fließt nicht einmal Blut. Dafür ist er Allghoi jetzt aber richtig wütend. Unheilvoll zischend beginnt er seinen Schwanz zu schwingen. Edward versucht das Ganze erneut mit seinem Stock abzuwehren, sodass es wirkt, als würde er mit diesem Vieh einen Fechtkampf austragen.
 

Zu spät wird den dreien bewusst, dass der Todeswurm über seine Schwanzspitze Elektroschocks austeilen kann und, dass der Gehstock des Brünetten komplett aus Metall gefertigt ist. Einen Wimpernschlag später trifft die Spitze genau auf die glänzende Klinge. Über das zähnefletschende Maul des Allghoi scheint sich ein gehässiges Grinsen zu schleichen. Im selben Moment jagt ein heftiger Stromstoß funkensprühend die Schneide hinauf, über den Griff des Stocks, durch die violetten Stoffhandschuhe, die sich Nigma der Kälte wegen doch wieder übergestreift hat, direkt in Edwards Körper hinein. Der Rätselmeister gibt einen überraschten Schrei von sich, indem deutlich der Schmerz herauszuhören ist. Der Hut fliegt ihm vom Kopf, die Haare stehen ihm zu Berge. Ein heftiges Zucken überkommt seinen Leib. Dann wird er nach hinten geworfen und landet unsanft rücklings auf dem hartgefrorenen Boden, während Ladungsblitze noch einen Moment über ihn hinweggleiten. Das Ganze dauert nur eine Sekunde und dennoch sehen es seine zwei Begleiter wie in Zeitlupe gefangen.
 

Reglos liegt Nigma am Boden, während der Wurm gierig auf ihn zuhält, um sich einen Happen von seinem saftigen Fleisch zu gönnen. „Nein!“, brüllt Joker aufgebracht. Hastig spurtet er auf seinen nackten Füßen vor, ergreift in einer überaus fließenden Bewegung den Gehstock und rammt die Klinge in den dahingleitenden Wurm. Dummerweise trifft er dabei genau die Schwanzspitze. Ein Stromstoß jagt auch durch seinen Körper und schleudert ihn zu Boden. Allerdings war die Ladung weit weniger heftig, als bei dem Brünetten, sodass der Clown wieder aufsteht, kaum dass er den Grund überhaupt berührt hat. Überrascht stellen er und Batman allerdings fest, dass die Klinge dem Monster die Schwanzspitze abgetrennt hat. Funkensprühend und noch leicht zuckend windet sie sich auf dem Reif überzogenen Gras, liegt schließlich reglos da. Der Wurm gibt ein markerschütterndes Schreien von sich, dreht sich wild im Kreis, als könne er kaum glauben, was gerade passiert ist. Sein knallgelbes Blut zieht dabei eine Schliere hinter ihm her, die auch Honig hätte sein können, so dick ist es. Schmerz liegt auf seinem verzerrten Antlitz. Dann gräbt er sich wieder ein und Stille legt sich über den Park.
 

Einen Moment sehen ihm die beiden hinterher, dann wird dem Grünhaarigen bewusst, dass es seinen Partner erwischt hat. Mit schreckgeweiteten Augen lässt sich der Verrückte neben ihm auf die Knie fallen. „Eds, nun sag doch was!“, fordert Joker ihn wiederholt und verzweifelt auf, rüttelt dabei nachdrücklich an ihm. Schwach schlägt Riddler nach gefühlten Minuten schließlich die Augen auf und keucht schwer. „Nenn – mich nicht so! – Ich will nicht, – dass das die – letzten Worte sind, – die ich jemals – höre...“ Seine Stimme klingt brüchig und wie mit Spinnenweben überzogen, als wäre sie aus einem verstaubten Keller gekommen. Kaum, dass er sich dieser Worte erübrigt hat, fallen ihm auch schon wieder die Augen zu und er rührt sich nicht mehr.
 

„Eds! Nein!“, kommt es der Panik nahe von dem sonst so skrupellosen Clown. Batman betrachtet das Ganze nicht weniger betroffen, dennoch sehr aufmerksam. Hektisch wendet ihm der Grünhaarige das Gesicht zu. Ohne seine Schminke ist deutlich das Entsetzen in seinen missgestalteten Zügen zu sehen und lässt ihn so fast wie ein kleines Kind wirken. „Nun tu doch was! Wir müssen ihm helfen!“, fordert ihn der Jüngere vehement auf. Seine Haare sind vom Stromstoß ganz zerzaust und haben sich größtenteils aus dem Band gelöst, das sie bändigen sollte, was ihn auf seltsame Weise noch kindlicher wirken lässt. Seine Stimme zittert, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen und das macht dem Dunklen Ritter mehr als deutlich, dass Joker kein gefühlskalter Wahnsinniger ist, wie er ihn sonst gern sieht. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass er zum Riddler wohlmöglich eine engere Bindung hat, als beide es zugeben würden? ‚Diese ganze Nacht ist zwischen den beiden schon so komisch verlaufen...‘, geht es Bruce durch den Kopf. Allerdings will Batman nicht wirklich darüber nachdenken, stattdessen tritt er an die zwei heran und besieht sich den Schaden, den dieses Monster angerichtet hat.
 

Prüfend legt er ein Ohr auf Riddlers Brust und versucht herauszufinden, ob dessen Herz durch die Elektrizität aus dem Takt gebracht wurde. Doch er hört rein gar nichts. Knirschend beißt er die Zähne zusammen und unterdrückt ein nervöses Knurren. „Was ist?“, fragt der Grünhaarige völlig aufgelöst. „Er hat einen Herzstillstand...“, gesteht Wayne ihm. „Nein...“, entkommt es dem Jüngeren ungläubig und nun fließen hemmungslos Tränen über seine blassen Wangen. Fassungslos betrachtet der Dunkle Ritter dieses Schauspiel einen Moment. „Nein, bitte...“, presst der Joker erstickt hervor und holt Bruce wieder in die Wirklichkeit zurück. Er besinnt sich und beginnt damit den Rätselmeister zu reanimieren. Neben ihm weint der sonst so durchgeknallte Clown nur noch heftiger. Diese Tatsache jagt einen merkwürdigen Schauer über den Rücken des Ritters und er beginnt sich sinnloserweise zu fragen, ob der Grünhaarige auch so um ihn trauern würde.
 

Ehe er eine Antwort finden kann, geht ein kaum merkliches Zucken durch den Körper unter seinen Händen. Kurz darauf beginnt Nigma angestrengt zu husten und rollt sich schwerfällig auf die Seite. Abgehakt und keuchend holt er schließlich Luft und sieht dankbar zu Batman hinauf. Dessen Miene bleibt jedoch eine ausdruckslose Maske. Innerlich ist er aber mehr als erleichtert, nicht nur, weil er Edward das Leben gerettet hat, sondern auch, weil Joker jetzt keinen Grund mehr zum Weinen hat und sie diesen schrecklichen Wurm endlich erledigen können. Ed ist kaum aufgewacht und hat Bruce´ Blick gesucht, da fällt ihm der Jüngste auch schon in die Arme. „Oh, mein Gott, Eds! Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein!“, sprudelt es ungehalten und tränenreich aus ihm heraus. Der Brünette ist im ersten Moment nicht minder überrascht ihn weinen zu sehen, sodass er ihn nicht einmal wegen des verhassten Spitznamens rügen kann. Stattdessen breitet sich ein leicht überfordertes Lächeln auf seinen Zügen aus und er legt ungeschickt den Arm um die bebenden Schultern des anderen Mannes.
 

„War keine Absicht.“, teilt er ihm mit, wobei seine Stimme noch kaum mehr als ein Flüstern ist. Schluchzend sieht Joker ihm in die grünen Augen und ringt nach Beherrschung. Seine Tränen versiegen allmählich, doch das sanfte Lächeln auf Eds Zügen bleibt erhalten. Schniefend erwidert der Clown es wacklig, schließt ihn fest in seine Arme. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht...“, flüstert er dem Brünetten zu. Dann überwindet er den kurzen Abstand zwischen ihnen, blendet die Tatsache, dass Batman neben ihnen hockt völlig aus, und legt überschwänglich seine Lippe auf die des Älteren. Augenblicklich geht ein Zittern durch den mitgenommenen Körper des Rätselmeisters und er reißt erschrocken die Augen auf. Ihm ist sehr wohl bewusst, dass Wayne mehr als überrascht neben ihnen hockt und diesen Anblick zu begreifen versucht, weshalb Ed das Ganze schleunigst wieder beendet. Kraftlos schubst er Joker von sich weg und setzt ein angewidertes Gesicht auf. „Lass das, verdammt noch mal!“, harscht er den Clown wütend an, der ihn endlos verletzt betrachtet, sich dann abwendet und sich schniefend die letzten Tränen von den Wangen wischt. Innerlich tut es Nigma aber seltsamerweise ziemlich weh, ihn gerade von sich gestoßen zu haben. Er weiß selbst nicht warum, aber irgendwie hat sich dieser Kuss eben so anders angefühlt, als der unten am Hafen. So ehrlich und voller Gefühl, und Ed selbst hat eine ganz unbekannte Wärme durchströmt, sodass er kurz davor war den Kuss zu erwidern – wäre Batman nicht in der Nähe.
 

Der Dunkle Ritter lässt das alles wortlos an sich vorbeigehen, obwohl er nicht verhindern kann, dass sich wiederholt Gedanken über das Verhältnis der beiden Kriminellen in seinem Kopf formen, die er überhaupt nicht haben will. Schließlich räuspert er sich entschieden, um sie zu vertreiben und seinen unfreiwilligen Helfern anzudeuten, dass für so einen Unsinn keine Zeit ist – ganz egal, ob Nigma gerade mit einem Fuß im Grab stand oder nicht. Der Brünette wendet ihm den Blick zu, der selbsternannte Prinz jedoch nicht. Fahrig wischt er sich ein letztes Mal über die Augen und erhebt sich dann. Seine schrecklich traurigen Seelen wandern über den Park hinweg, würdigen seine Begleiter jedoch keines Blickes. „Wir sollten weitermachen. Kannst du aufstehen, Riddler?“, kommt es dann von Batman. „Ich weiß nicht, denke schon...“, gibt der Jüngere zurück und versucht es schwerlich. Bruce reicht ihm nach einem Moment die Hand, was Ed überrascht zur Kenntnis nimmt. Er beachtet sie allerdings nicht und kommt schließlich von selbst auf die Füße.
 


 

11
 

Es dauert eine ganze Weile, bis die drei den Wurm wieder zu Gesicht bekommen, was in ihnen schon die Hoffnung auslöst, dass das Biest wohlmöglich irgendwo unter der Erde verendet ist. Doch dem ist ganz und gar nicht so. Es lauert, wütender denn je darauf, dass sie nahe genug herankommen und es wieder zu Kräften kommt. Als der richtige Zeitpunkt gekommen ist, schlängelt es sich aus dem harten Boden empor und faucht sie zornig an. Kampfbereit stellen sich ihm die selbsternannten Retter Gothams entgegen. Anstatt aber erneut auf sie los zugehen, verharrt der Wurm halb in dem Loch und richtet sich kerzengerade auf. Dann beginnt sein Körper auf einmal anzuschwellen, als wäre er ein Ballon, in den man Luft pumpt. Verständnislos mustern seine drei Opfer ihn. Nach und nach bilden sich kleine Bläschen auf der rauen Haut des Allghoi. Sie werden schnell größer und scheinen sich mit einer neongrünen Flüssigkeit zu füllen. Ein durchtriebenes Grinsen schleicht sich wieder auf das grausige Gesicht des Todeswurms. „Gift!“, entkommt es Edward. Im selben Moment platzen die Blasen mit widerlich knallenden Geräuschen auf – ähnlich wie Luftpolsterfolie, die man mit den Fingern zerdrückt – und verspritzen die grüne Flüssigkeit in alle Himmelsrichtungen!
 

Edward hat unwahrscheinliches Glück nicht mehr in der Reichweite dessen zu stehen, sonst hätte wohl wirklich sein letztes Stündlein geschlagen. Batman ist so geistesgegenwärtig und wickelt sich geschwind in sein langes Cap ein. Nicht gerade erfreut stellt er allerdings fest, dass das Gift des Todeswurms auch unglaublich ätzend zu sein scheint. Obwohl sein Cap aus einem speziellen, sehr strapazierbaren Material gefertigt ist, das nahezu allem standhält – für eine gewisse Zeit zumindest – bilden sich fast sofort Löcher an den Stellen, wo die grüne Flüssigkeit es trifft. Doch er hat Glück nicht selbst getroffen zu werden. Auf seinem Kostüm würde sich das Zeug ganz sicher nicht gut machen, wenn dort ebenfalls Löcher eingebrannt würden und seine schutzlose Haut darunter angegriffen würde. Der Joker hingegen hat heute Nacht einfach kein Glück. Er befindet sich von allen am dichtesten an dem Wurm und bekommt daher den Großteil des Gifts ab.
 

Für einen Moment sieht er aus, als hätte man ihn mit grüner Farbe bespritzt, dann scheint die Flüssigkeit in seine Haut einzusickern, als würde sie von einem Schwamm aufgesaugt. Das scheint seltsamerweise jedoch keine ätzende Wirkung zu haben, so wie auf Batmans Cap. Stattdessen reißt der Clown plötzlich weit die Augen auf, greift sich röchelnd an den Hals, sinkt auf die Knie, während sein Gesicht schon eine ungesund bläuliche Farbe annimmt. Kurz darauf bricht er reglos auf dem hartgefrorenen Gras zusammen, während ihm dampfendes Blut aus Mund und Nase läuft. Fassungslos starren Bruce und Riddler zu ihm hinüber. Ein triumphierendes Fauchen reißt sie allerdings aus ihren Gedanken. Der Allghoi scheint sich sehr über seinen Treffer zu freuen. Ausgelassen dreht er sich in seinem Loch im Kreis. Das ist zu viel für den Rätselmeister. Vielleicht ist es aber auch nur eine verspätete Reaktion auf den heftigen Stromschlag? In jedem Fall sinkt er plötzlich kreidebleich auf die Knie und legt sich vielsagend die Hand auf das heftig schlagende Herz. Angestrengt schnappt er nach Luft. Zähneknirschend blickt Wayne zwischen Riddler, Joker und dem Allghoi hin und her. Es scheint ihm, als wäre er bei dieser Sache jetzt wohl auf sich allein gestellt.
 

Abermals amüsiert sich der Wurm, als er nun sieht, wie schlecht es Ed zu gehen scheint. Vergnügt dreht er sich wieder im Kreis. Doch seine Freude hält nicht lange an, da zischt etwas so knapp an ihm vorbei, dass seine dicke Haut einen tiefen Kratzer erfährt. Zornig blickt sich das Monster zum einzig Verbliebenen um. Angriffsbereit zieht der Dunkle Ritter einen weiteren Batarang aus seinem Gürtel. Fauchend springt der Wurm aus dem Loch heraus und nähert sich ihm mit unheimlicher Geschwindigkeit. Seine Kiefer schlagen dabei immer wieder Tod bringend aufeinander. Der schwarze Rächer beginnt zu laufen, schlägt Haken, zielt möglichst genau und wirft einen Batarang nach dem anderen. Die meisten treffen ihr Ziel tatsächlich, fügen dem Wurm aber kaum nennenswerten Schaden zu. Bruce muss sich wohl etwas anderes einfallen lassen.
 

Suchend greift er wieder an seinen Gürtel und umklammert dann den Griff seiner Enterhakenpistole ganz fest. Vielleicht gelingt es ihm ja? Doch dafür müsste der Wurm stoppen und sich wieder aufrichten, damit er ein möglichst großes Angriffsfeld hat. Doch wie soll er das anstellen? Hektisch blickt sich der Beschützer der Stadt um und sucht nach etwas, das ihm helfen könnte. Der Allghoi verringert derweilen immer mehr den Abstand zwischen ihnen. Nur wenige Zentimeter trennen ihn noch von Saum seines Caps. Plötzlich schlägt Batman noch einen Haken, ergreift einen niedrigen Ast und zieht sich schnell daran empor. Der Wurm huscht im ersten Moment an dem Baum vorbei, besinnt sich dann aber wieder und kehrt um. Fauchend stemmt er sich gegen die Rinde und versucht den Schwarzhaarigen zu erwischen. Allerdings scheint es Batman so, als könne das Monster nicht klettern. Stattdessen klammert es sich wie ein wütender Hund, der eine Katze auf den Baum gejagt hat, fauchend an die Rinde.
 

Das ist seine Chance. Fauchend schimpft ihn der Allghoi und Wayne richtet die Pistole auf ihn. „Friss das!“, kommt es mit dunkler Stimme von ihn und er drückt ab. Der Enterhaken schießt aus der Mündung hervor, genau in dem Augenblick, in dem der Wurm zähnefletschend das Maul aufreißt und nach dem Zipfel seines Caps schnappt. Der scharf geschliffene Haken stößt in seinen Schlund hinein, zerreißt das Monster mit seiner Geschwindigkeit von innen heraus und knallt dann mit einem dumpfen Laut auf den gefrorenen Boden. Als der Rächer das Seil langsam wieder einholt, hängt der Wurm aufgespießt auf dem Enterhaken, wie ein übergroßer Angelköder. Doch er lebt noch. Zuckt wild und schmerzverzerrt an der Falle hin und her. Allerdings kann er sich wohl nicht befreien. Der Schwarzgekleidete will da aber kein Risiko eingehen. Eilig springt er von dem Baum hinunter, nachdem er das Seil am Ast festgebunden hat, und läuft zu Edward hinüber.
 

Dieser hat sich inzwischen erschöpft hingesetzt und seine Bemühungen beobachtet. Er wirkt jedoch schon wieder viel besser. „Ich leih mir den mal eben aus!“, teilt Batman ihm mit und schnappt sich im Vorbeilaufen den fragezeichenförmigen Gehstock des Rätselmeisters. Riddler winkt nur ab und blickt ihm müde nach, wie er zu dem Wurm zurückrennt. Wie ein Katana reißt Batman die Klinge des Stocks in die Höhe und zerschneidet den Allghoi dann der Länge nach von oben nach unten in zwei Hälften. Dampfend landen die Reste auf dem geeisten Gras, verteilen ihr gelbes, dickflüssiges Blut auf dem kalten Grün. Tropfend baumelt der Enterhaken vom Ast herab. Auch ihn schneidet Bruce mit der Klinge ab, sodass das blutverschmierte Teil zu Boden fällt. Sicherheitshalber wird er ihn entsorgen, wer weiß schon, welche Wirkung das Blut haben könnte? Die Reste des Wurms sollte er in jedem Fall auch einsammeln. Diesem Gedanken folgend wendet er sich um, um ein Behältnis aus dem Batmobil zu holen.
 


 

12
 

„Was ist – mit Joker?“, fragt ihn Edward, als er an diesem vorbeigehen will. Etwas überrascht bleibt der Angesprochene stehen. Den Clown hatte er ehrlich gesagt gerade völlig vergessen. Zuerst wirft Wayne aber einen Blick zu Nigma, mustert ihn eingehend. Dieser versucht gerade wieder aufzustehen. Einem Impuls folgend reicht Batman ihm abermals die Hand und diesmal nimmt der andere Mann sie sogar an. Wacklig steht Ed danach auf den Füßen und stützt sich am Stamm eines Baumes ab, bis der selbsternannte Ritter ihm seinen Stock zurückgibt. „Geht´s?“, will Wayne wissen. „Ja, ich denke schon.“
 

Der Brünette hat seinen Satz gerade beendet, da ertönt auf einmal ein heftiges Husten hinter den beiden. Als sie sich umdrehen, sehen sie den Joker. Schwerlich stützt er sich auf Hände und Knie. Kurz darauf geht das Husten in ein ersticktes Würgen über. Sekunden später erbricht sich der selbsternannte Prinz hilflos und scheinbar unter heftigen Krämpfen auf das wintertote Gras. Was dabei zum Vorschein kommt, hat dieselbe widerwärtig grellgrüne Farbe wie das Gift des Wurms, durchzogen von einzelnen Strengen seines eigenen, halbgetrockneten Blutes. Ein zweiter und dritten Schwall folgen dem ersten, begleitet von einem starken Zittern, das den schmächtigen Körper des Clowns erbeben lässt, dann scheint es überstanden zu sein. Abgehakt keuchend lässt sich Joker auf seine vier Buchstaben nieder, schließt einen Moment die Augen und versucht wieder zu Atem zu kommen.
 

Nach ein paar Augenblicken erhebt er sich schließlich schwankend und bemerkt, dass er verwundert von Batman und Riddler angestarrt wird. „Was ist?“, fragt er leicht gereizt, ist ihm die Anstrengung der Übelkeit noch anzusehen. „Warum lebst du noch? Das Gift hätte dich doch töten müssen?“, will Nigma wissen. In seiner Stimme mischen sich Sorge und Erleichterung, was dem Grünhaarigen nun einen verwunderten Blick entlockt, war Ed die ganze Zeit über doch nicht gerade angetan von ihm. „Ich hab genug mit Gift gearbeitet, wie du weißt. Das hat mich immun gegen so gut wie alles gemacht. – Das Zeug war echt die Härte, sag ich dir. Daher hat es etwas gedauert, bis mein Körper es neutralisiert hat.“, entgegnet er ihm und wischt sich angewidert mit dem Ärmel über den Mund.
 


 

13
 

Zwei Stunden später sind sie wieder zurück in der Bat-Höhle und sehnen sich alle nur noch nach Ruhe. Völlig fertig liegt Edward in seinem Bett und starrt zur Decke empor. Eigentlich ist er schrecklich müde, doch irgendwie findet er keinen Schlaf. Erleichterung durchflutet noch leicht seinen Körper, hat Alfred ihm doch gesagt, dass sich sein Herzrhythmus wieder normalisiert hat und er keine Schäden befürchten muss. Der kurzzeitige Anfall praktisch alles wieder ins Lot gebracht hat. Dennoch nagt etwas an ihm, etwas, dass er nicht greifen kann. Er befürchtet, dass es sich dabei um den Joker handelt. Die ganze Nacht war wirklich verrückt und er musste sich seinetwegen immer wieder aufregen. Allerdings war da trotzdem dieses warme Gefühl, als der aufgelöste Clown ihn weinend geküsst hat. Allein sich daran zu erinnern, erfüllt Nigma mit einer schieren Ungläubigkeit, die kaum zu begreifen ist. Der Joker hat doch tatsächlich geweint – bitterlich geweint, wie ein kleines Kind – und das einzig und allein wegen ihm?! Ed kann es nicht fassen.
 

War das Ganze nur aus der Not heraus geboren, weil er fürchtete ihn zu verlieren. Oder stecken dort wirklich tiefe Gefühle dahinter? Eine Frage, die der Rätselmeister nur zu gern beantwortet hätte. Doch er weigert sich strickt, den Jüngeren zur Rede zu stellen. Aber warum eigentlich? Ganz einfach: Weil er sich vor der Antwort fürchtet! Ja, genau. Er fürchtet, dass dieser Spinner ihm offenbaren könnte, dass er tatsächlich etwas für ihn empfindet – etwas, das weit über den Ansatz von Freundschaft hinausgeht, die sie irgendwie miteinander teilen. Bis zu diesem ganzen Mist mit den Monstern hätte Edward allerdings nicht mal im Traum geglaubt, dass sie eine Art Freundschaft teilen würden. Für ihn war es immer nur so etwas wie ein Dulden, oder eine Zweckgemeinschaft, manchmal sogar Feindschaft. Je nachdem wie das Gemüt der beiden Seiten gerade war. Für den Joker war es wohl aber immer ein bisschen anders, hat er doch ständig an ihm herumgebaggert. Allerdings war auch das nicht gerade so durchschaubar, da er das auch gemacht hat, wenn er genervt oder sauer mit Ed war. Zudem macht er es praktisch bei jedem zweiten Kerl, der ihm begegnet, allen voran Batman. Es gehört einfach zu seiner Ausdrucksweise dazu, vermutet der Brünette. Wenn er nicht gut auf ihn zu sprechen war, hat sich das lediglich darin geäußert, dass er ihm dann nicht so aufdringlich nahe gekommen ist, dennoch blieb zumeist seine Floskel: mein Hübscher.
 

Das Ganze bereitet ihm Kopfschmerzen und er weiß nicht recht, wie er damit umgehen soll, da er selbst schon ganz durcheinander ist. Dieses Gefühl, so warm und irgendwie wunderbar... Aber was denkt er da nur? Er steht nicht auf Männer und schon gar nicht auf diesen durchgeknallten Clown!
 

Wütend dreht er sich auf die Seite und will das alles nur noch vergessen. Vielleicht sollte er einfach versuchen abzuhauen? Unbemerkt, solange die anderen noch schlafen? Scheiß auf die Monster! Und scheiß auf Batman und ganz besonders scheiß auf den Joker! Irgendwie wird er es schon schaffen dem zu entkommen. Und dann versteckt er sich irgendwo, bis Gras über die Sache gewachsen ist und Batman ihn wieder nach Arkham bringt. Der Gedanke versucht sich gerade in seinem Hirn so richtig zu formen, da bemerkt er, dass Joker neben seinem Bett steht und ihn anstarrt. Leicht zuckt Edward zusammen und fühlt sich auf einmal schrecklich ertappt. „Was willst du?“, fragt er den Jüngeren möglichst ernst.
 

Einen Moment herrscht Schweigen. „Mich entschuldigen...“, bringt der Grünhaarige dann leise hervor. Überrascht weiten sich Nigmas Augen und er setzt sich aufrecht hin. „Wie bitte?“, hakt er ungläubig nach. Verlegen versucht der Angesprochene seinem durchdringenden Blick auszuweichen. „Es – es war falsch, dich ungefragt anzufassen. – Und – ich hätte dich auch nicht vor Batman küssen dürfen. – Ich weiß auch nicht. – Es kam einfach so über mich, weil – weil ich mir solche Sorgen gemacht hab. – Immerhin warst du ja praktisch tot...“, erklärt er sich hilflos. Seine Stimme zittert dabei immer stärker und der Ältere merkt, dass es seinem Gegenüber schwerfällt die Tränen zurückzuhalten. Die Worte des Verrückten überraschen ihn aber viel mehr. Dennoch versucht der Brünette seine Fassade erst einmal aufrecht zu halten.
 

„Danke. Schön, dass du doch noch zur Einsicht gekommen bist und mich ab jetzt hoffentlich in Frieden lässt.“, entgegnet er ihm daher ungerührt. Im selben Moment kann er sehen, wie etwas in den braunen Augen zu zerbrechen scheint und es tut ihm schon leid, dass er so abweisend auf die Entschuldigung reagiert hat. „Okay...“, kommt es halb erstickt von dem Jüngeren und er wendet sich ab. Allerdings kann Ed deutlich sehen, wie ihm dabei schon die ersten Tränen kommen. ‚Verdammt...‘, geht es dem Rätselmeister durch den Kopf und er seufzt innerlich schwer auf. Der Anblick des Jüngeren ist für ihn seltsamerweise kaum zu ertragen – ja, es bricht ihm fast das Herz, könnte man sagen.
 

Ehe Joker wieder zu seinem Bett gehen kann, streckt Edward die Hand aus und ergreift die seinige. Überrascht blickt sich Joker nach ihn um. „Nun weine doch nicht! Wie sieht das denn aus?“ Der selbsternannte Prinz erwidert darauf nichts, schnieft nur unmelodisch. Sanft zieht Ed ihn zu sich heran, sodass er auf der Matratze zum Sitzen kommt. Er weiß selbst nicht, was er als nächstes Tun wird, zu merkwürdig ist das alles, zu durcheinander seine eigne Gefühlswelt. Daher ist er schon ziemlich überrascht über seine Worte. „Ist schon in Ordnung. – Ich hab – auch etwas heftig reagiert bei dem Kuss. – Und den Rest vergessen wir einfach mal, okay?“ Joker erwidert wieder nichts darauf, sitzt nur mit hängenden Schultern und niedergeschlagenen Augen da. Kurzes Schweigen legt sich über das Zimmer. „Sei ehrlich zu mir! Was soll das alles? Was fühlst du wirklich?“, kommt es schließlich beinahe schneidend von Nigma. Er braucht endlich Gewissheit, sonst verfällt er wirklich noch unheilbar dem Wahnsinn!
 

Sichtbar zuckt der Jüngere zusammen. Edward hat ihn noch nie so verschüchtert, verletzlich und in sich gekehrt erlebt, wie in diesem Augenblick, und das macht ihm irgendwie schon klar, was die Wahrheit ist, völlig egal, was Joker ihm auch sagen mag. „Ich – ich – kann es dir nicht sagen...“ „Ich denke schon, dass du das kannst.“ „Nein – ich – ich...“, zitternd holt er Luft und hat in diesem Moment noch nie so wenig wie der berüchtigte Joker ausgesehen. „...ich – mag dich...“, flüstert er schließlich. Ed schluckt schwer, doch das kann einfach noch nicht alles sein. „Ich denke, dass weiß ich. Aber da ist noch mehr, stimmt´s?“ „Mag sein. – Aber du willst es doch gar nicht hören...“, wirft Joker ihm dann vor und irgendwie hat er da auch recht. Riddler fürchtet sich richtiggehend vor dem Gedanken. Seufzend rutscht er neben den Kriminellen. „Im Moment ist egal, was ich hören will oder nicht. Aber ich muss es wissen, weil ich sonst noch den Verstand verliere!“ „Ich hab so was noch nie zu jemandem gesagt...“ Etwas überrascht mustert Nigma ihn, aber irgendwie kann er es sich auch vorstellen. Ohne seine Schminke ist er zwar schon beinahe niedlich, aber wer hat ihn schon jemals so gesehen? Und dann sein ausgemachter Wahnsinn, der jeden schönen Moment mit einem Wimpernschlag in die reinste Hölle verwandeln kann. Das hält niemand lange aus. Abgesehen vielleicht von jemandem, der ebenso verrückt ist.
 

„Versuch es doch!“ „Du darfst mir aber im Nachhinein nicht böse sein!“, fordert der selbsternannte Prinz und blickt ihn durchdringend an. „Ich habe nachgebohrt, also habe ich gar nicht das Recht dazu, dir böse zu sein, selbst wenn mir die Antwort nicht gefallen sollte.“, versichert ihm der Brünette sanft lächelnd. Dieses Lächeln scheint den Anstoß zu geben. „Ich – ich hab dich lieb...“, flüstert der Jüngere kaum hörbar. Etwas unbeholfen zieht Edward ihn in seine Arme und streicht ihm sanft über den Rücken. „Danke, dass du es gesagt hast. Jetzt weiß ich wenigstens, was mit dir los ist, auch wenn ich es nicht erwidern kann.“ „Ist nicht schlimm...“, versichert ihm der Joker, doch seine Augen sagen etwas ganz anderes...

The amazon monster


 

1
 

Abermals legt sich trügerische Stille über Gotham, doch diesmal weckt sie keine Hoffnung in den drei ungleichen Rächern, denn sie wissen mittlerweile nur zu gut, dass es noch etliche Seiten in dem Notizbuch des verrückten Professors gibt, die weitere Wesenheiten enthüllen, die die Stadt möglicherweise auch noch heimsuchen werden. Schließlich weiß keiner von ihnen, ob es Norris gelungen ist all diesen Schauergestalten Leben einzuhauchen oder nicht, von daher glauben sie erst an ihren Erfolg, wenn sie nach jedem dieser Monster Ausschau gehalten haben. Die zwischenzeitliche Friedlichkeit macht sie daher nur noch nervöser, dass sie etwas übersehen haben könnten und ein weiterer Angriff jeden Augenblick passieren kann. Batman stürzt sich daher voll und ganz in diese Arbeit und lässt nicht locker, ehe er seine Stadt in Sicherheit weiß. Seine Bemühungen werden allerdings etwas erschwert, da sich der Riddler vehement weigert ihm das Notizbuch auszuhändigen und er so nicht weiß, wonach er eigentlich suchen muss. Bruce sieht jedoch davon ab, ihn zur Kooperation zu zwingen, es wäre nur verschwendete Energie und würde die beiden wohlmöglich erst recht gegen ihn aufhetzen. Deshalb lauscht er umso aufmerksamer in Gothams aufgewühlten Herzschlag hinein, um die kleinste Unregelmäßigkeit auszumachen, die auf eine weitere Bestie hindeuten könnte.
 


 

2
 

Nigma hat das Buch derweilen wieder und wieder gelesen, sodass er es praktisch schon auswendig kann, dennoch schweifen seine Gedanken immer öfter ab. Seine Unterhaltung mit dem Joker vor drei Tagen lässt ihn einfach nicht mehr los, hat der Clown ihm doch gesagt, dass er tiefe Gefühle für ihn hegt. Einerseits bereitet ihm das Sorgen, kann er doch mit Männern nichts wirklich anfangen – der Ansicht war er zumindest bis zu dieser schicksalhaften Nacht, in der Batman ihn nach Arkham bringen wollte und dieses ganze Chaos seinen Lauf nahm. Andererseits ist er sich seiner eigenen Gefühle gar nicht mehr so sicher. Zuviel ist mittlerweile zwischen ihnen passiert, was er sich nie hätte vorstellen wollen. Edward hat kaum noch Kontrolle über sein Empfinden, wird immer wieder eines Besseren belehrt, wenn er den Grünhaarigen doch eigentlich rügen will. Wenn sich ihre Blicke treffen, ist es, als würde ein unsichtbarer Funke überspringen und ihn daran hindern einen klaren Gedanken zu fassen, sodass er dem selbsternannten Prinzen nicht mehr den Zorn entgegenbringen kann, den er ihm eigentlich zuteil werden lassen wollte. Stattdessen empfindet er nicht selten ein ihm so unbekanntes Mitgefühl und eine nahezu tiefgreifende Zuneigung, die er dachte für immer verloren zu haben, nachdem er das erste Mal das Arkham Asylum von innen gesehen hat und die dort angewandten – zum Teil überaus fragwürdigen – Heilungsmethoden über sich ergehen lassen musste, die seinen beginnenden Wahnsinn nur weiter anfachten, als ihn zu behandeln.
 

Stunde um Stunde hat er sich darüber Gedanken gemacht und doch keine Lösung gefunden. Ed denkt jedoch, dass die ungewohnten Umstände dafür verantwortlich sein könnten. Schließlich hat er noch nie so viel Zeit mit dem Clown verbracht, so viele Gespräche geführt, die nicht Batman als Hauptthema hatten, nie auf so engem Raum mit ihm gehaust. In Arkham lagen ihre Zellen so weit von einander entfernt, wie es nur möglich war. Wegen des mitreißenden Wahnsinns und der unberechenbaren Gefahr, die nach Meinung der Psychologen vom Joker ausgehen, hatte der Spinner einen speziellen Trakt für sich ganz allein, wo ihm der Kontakt zu anderen Insassen streng untersagt war. Damals fand der Rätselmeister das ausgesprochen gut, war ihm der Grünhaarige doch nie wirklich geheuer. Nur selten sind sie sich auf freiem Fuß begegnet und haben miteinander interagiert. Hinzu kommt die unumgängliche Tatsache, dass sie mit jedem neuen Monster ihr Leben aufs Spiel setzen und das macht Riddler noch immer schreckliche Angst. Ihm ist klar, dass er eines Tages sterben wird – auf welche Weise auch immer – doch es lähmt regelrecht sein gesamtes Denken, wenn er sich auch nur vorzustellen versucht, dass das durch so ein grausiges Wesen herbeigeführt werden könnte. So unehrenhaft, grausam und nicht vorhersehbar. Dinge, die ihn schon unter normalen Umständen aus der Fassung bringen. Von daher ist es irgendwie nur logisch, dass sein überstrapazierter Geist ihn auf andere Bahnen zu führen versucht, um die wenige Zeit, die ihm möglicherweise noch bleibt, so weit auszukosten, wie es nur geht. Und wenn er sich dafür auf den Joker einlassen muss, weil sonst niemand anderer verfügbar ist, dann ist das nun einmal so!
 

Doch stimmt das wirklich? Kann er so etwas wie eine Beziehung zu diesem durchgeknallten Bengel aufbauen, die über Freundschaft hinausgeht und sei es nur aus der Not heraus geboren? Um für ein paar Stunden die Wärme und Nähe eines anderen Menschen zu spüren, seine innige Zuneigung, eine Befriedigung, die er bis dato nicht kannte und vielleicht nie wieder erleben wird? Kann er das wirklich? Oder anders ausgedrückt: Hat er denn eine andere Wahl? Der Brünette hat nie zu den Männern gezählt, die sich jede Nacht mit irgendwelchen Weibern vergnügen müssen. Ganz im Gegenteil hielt sich dieses Verlangen bei ihm eher zurück. Andere Dinge hatten bei ihm halt Vorrang. Dennoch kann Riddler nicht abstreiten, dass es etwas sehr Verlockendes an sich hat, das nagende Gefühl seiner vernachlässigten Lenden ein letztes Mal auf ungewohnte und verrückte Weise zu befriedigen, bevor er wohlmöglich auf sehr plötzliche und überaus grausame Weise von dieser Erde getilgt wird. Zwar könnte er auch rausgehen und sich ein Mädel dafür suchen, zieht es aber vor, lieber hierzubleiben. Ed ist hier auf Wayne Manor zwar kein Gefangener, trotzdem kommt er sich irgendwie so vor, da der Dunkle Ritter es doch vorzieht, genau zu wissen wo sich die beiden herumtreiben und sie griffbereit zu haben, wenn der nächste Angriff droht. Daher ist es eine trügerische Sicherheit, die diese Mauern ihm versprechen.
 

Aber deswegen gleich mit dem Joker ins Bett gehen? Edward ist sich da sehr unschlüssig. Allein schon, weil er ja eigentlich kein Interesse am eigenen Geschlecht hegt. Und das dann gleich noch mit dem Clown entweihen zu sollen, schürt sein Unbehagen nur noch mehr. Aber stimmt das wirklich? Seine Gefühle sind so durcheinander. Was aber nicht bedeutet, dass er sich von diesem grünhaarigen Spinner wortwörtlich aufs Kreuz legen lassen will. Andererseits bezweifelt er irgendwie, dass der Jüngere sich ihm unterwerfen würde. Eine weitere Sackgasse, die ihm Kopfzerbrechen bereitet. Womöglich wäre es einfach besser, das Ganze irgendwie auf sich zukommen zu lassen, ohne groß darüber nachzudenken? Das Problem dabei ist nur, dass Edward ständig über alles nachdenkt und es auch nicht abschalten kann, wie der andere, der immerzu nur aus dem Bauch heraus entscheidet, ohne sich darüber Gedanken zu machen, was für Konsequenzen sein Handeln haben könnte.
 


 

3
 

Seufzend schlägt Nigma das Notizbuch wieder zu und blickt aus dem Fenster. Der Sonnenuntergang erstrahlt in einem atemberaubenden Schauspiel aus Rot, Orange und Gelb, durchzogen von einigen tiefschwarzen Wolken, die einen Hauch Schnee versprechen könnten. Die klirrende Kälte dieses dreizehnten Dezembers lässt die Farben noch weit intensiver wirken, als der Rätselmeister sie in Erinnerung hat. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass er schon lange nicht mehr die Gelegenheit dazu hatte, sich einen Sonnenuntergang in Ruhe anzusehen? Bewusst anzusehen. Zudem liegt das Anwesen fern ab der smogverseuchten, zugebauten Innenstadt und lässt alles daher sowieso viel klarer erscheinen, viel natürlicher. Ein schneidender Wind fegt außerdem über das weitläufige Gelände hinweg und lässt die gefühlte Temperatur noch viel weiter sinken. Es ist, als würden draußen hunderte kleiner Messer umherfliegen, die den Frost direkt in einen hineintreiben. Verspielte Eisblume ranken sich das Glas der Scheibe hinauf und wirken dabei wie ein kunstvolles Mosaik. Ein Schauer überfällt seinen Körper und er mag sich gar nicht vorstellen, dort raus zu müssen. Dennoch wird es mit Sicherheit noch früh genug dazu kommen.
 

Geistesabwesend wirft er einen Blick zu seinem Bett hinüber, indem der Joker eingekuschelt wie eine Raupe im Kokon noch immer liegt und schläft. Ed kann einfach nicht begreifen, wie der Grünhaarige bei diesen Temperaturen auch weiterhin ohne Schuhe und Socken herumlaufen kann und das draußen, sich hier drin aber dennoch einkuschelt, als wäre ihm schrecklich kalt. Ja, der Clown liegt in seinem Bett. Diese Tatsache stört Nigma mittlerweile nicht mehr wirklich, da er seine Hände bei sich behält und den von Ed geforderten Abstand zu ihm einhält. Und der Brünette muss zugeben, dass es sich wirklich etwas besser schläft, wenn man nicht allein in so einem großen Bett liegen muss, indem er sich irgendwie verloren vorkommt. Andererseits macht es ihn auch nervös, da seine eigenen Gefühle ständig in seine Richtung abzuschweifen scheinen und er sich nicht sicher ist, wie lange das noch gut geht. Der Jüngere riecht es förmlich, wenn Eds Gedanken dahingehend abdriften und bedenkt ihn dann immer mit diesem ganz speziellen Blick. Einem Blick, als wolle er sagen: Los doch, Tiger! Mit ein Grund dafür, dass der Brünette nun hier am Fenster sitzt, statt zu schlafen, bis die Nacht wirklich erwacht ist und sie mit ihrer Arbeit fortfahren.
 

Erneut entkommt ihm ein Seufzen und er wendet den Blick ab, um weiter in dem Notizbuch zu lesen – seine Gedanken zu ordnen. Weit kommt es allerdings nicht, da vernimmt er einen Laut von seinem Zimmergenossen. Es klang fast wie ein Schnurren und er könnte schwören, dass Joker seinen Namen im Schlaf gemurmelt hat. Jedoch nicht dieses von dem Grünhaarigen so heißgeliebte Eds, dass Nigma regelrecht in den Wahnsinn treibt, nein. Er sagte Edward, ganz eindeutig. Der Rätselmeister hätte nie gedacht, das jemals zu erleben. Dennoch hält er nicht viel darauf. Im Traum tut man die merkwürdigsten Dinge, die man sonst nie machen würde. Also Schwamm drüber. Andererseits hat es sich so zufrieden angehört, so warm und sanft. Eine Tonlage, die er von seinem Gegenüber noch nie gehört hat oder sie bewusst verdrängte, weil sie ihm zu weit ging. Nun scheint sie ihn aber regelrecht magisch anzuziehen und er wüsste nur zu gern, wovon der andere gerade träumt.
 

Leise schließt er das Notizbuch wieder, steht auf und geht zum Bett hinüber. Vorsichtig setzt er sich auf die Matratze und betrachtet das schlafende Gesicht des Clowns. Nicht zum ersten Mal geht ihm dabei durch den Kopf, wie unschuldig, richtiggehend niedlich der junge Mann doch aussieht – wenn man sich die grausigen Narben in seinem Antlitz weg denkt selbstverständlich. So oberflächlich ist Edward aber nicht. Er sieht lediglich das wahre, unangetastete Gesicht des Schlafenden, auch ohne diese sinnlose Fantasie. Langsam streckt er die Hand aus – ohne, dass es ihm selbst wirklich bewusst ist – und streicht eine verirrte Strähne zur Seite, die Joker mitten im Gesicht liegt. Der Jüngere regt sich daraufhin leicht und ein flüchtiges Lächeln huscht über seine Lippen hinweg. In diesem Moment wird Nigma klar, was er da gerade getan hat und er zieht schnell die Hand wieder zurück.
 

Unschlüssig betrachtet er dann seine Finger, als könnten sie ihm sagen, was das gerade sollte. Als er den Blick schließlich wieder hebt, sieht er direkt in Jokers braune Augen. Leicht erschrocken zuckt der Ältere zusammen, fühlt sich irgendwie ertappt – doch die ausgeglichenen Seelen bedenken ihn auch weiterhin mit ungetrübter Friedlichkeit. „Verzeihung. Ich wollte dich nicht wecken...“, entkommt es dem Brünetten, während er sich etwas verlegen räuspert. „Hast du nicht.“, ist die völlig ruhige Antwort. Unverwandt sehen ihn diese schokoladenfarbenen Seen weiterhin an, bis Ed schließlich den Blick abwenden muss, weil er die verborgene Traurigkeit darin nicht mehr ertragen kann. „Konntest du nicht schlafen?“, fragt der Clown nach einer Weile. „Ja, ich habe nachgedacht und das hat mich wachgehalten.“ „Worüber?“, will er nun wissen. Langsam sieht der Rätselmeister ihn wieder an. „Über die Monster...“, erwidert der Brünette, doch selbst er hört, wie schlecht diese Lüge vorgebracht wurde. Dennoch gibt sich sein Gegenüber damit zufrieden und nickt leicht, hakt nicht weiter nach.
 

Allmählich wünscht sich Ed, er wäre einfach am Fenster sitzengeblieben. Stattdessen legt er sich etwas unbeholfen neben den Jüngeren. Schweigend sehen sie sich eine ganze Weile einfach nur in die Augen. Ohne, dass er es will, beginnt Edwards Herz schneller zu schlagen und mit einem Anflug von Nervosität schluckt er hart. Joker mustert ihn leicht irritiert. „Wer – hat keine Freunde und trotzdem kennt man sie gut? – Wer macht sich lieber Feinde? Wer frisst am liebsten Mut? – Wen kann keiner leiden, doch sie hat jeden gern? – Wer kennt auch jeden Menschen, ganz egal ob nah, ob fern?“, kommt es etwas wackelig von dem Brünetten. „Du hast Angst?“, fragt Joker verwundert. „Ich mach mir gleich in die Hosen...“, gesteht der Ältere zögerlich. „Wovor?“ „Ist das nicht offensichtlich? Vor dir natürlich!“ Überrascht weiten sich die Augen des Größeren. „Warum denn? Ich hab doch gar nichts gemacht!“, versucht sich der Angesprochene betroffen zu rechtfertigen. „Ich weiß. – So war das auch gar nicht gemeint. – Ich fürchte mich vor dem, was passieren könnte – zwischen uns...“
 

„Was soll denn schon passieren? Ich weiß doch, dass du es nicht willst...“ Wieder diese tiefgreifende Traurigkeit in den braunen Augen, die so erschütterlich ist, als würde der junge Mann nicht neben ihm liegen, sondern in einem Krankenzimmer sitzen und mit einem im Sterben liegenden Verwandten reden. Ed entkommt ein schweres Seufzen. „Ist mir klar. – Aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob dem wirklich so ist. – Ob ich nicht vielleicht doch...“, er beendet den Satz nicht, aber die Röte auf seinen Wangen verrät dem Grünhaarigen ganz deutlich, was er nicht aussprechen kann. Ein überaus sanftes Lächeln huscht über die missgestalteten Züge hinweg. „Oh, Edward...“, wispert er. Nun weiten sich die grünen Augen überrascht. „Wie hast du mich gerade genannt?“ „Edward...?“, fragt Joker irritiert. Der Angesprochene schluckt hart. Dieses Wort, sein richtiger Name, klang so – verführerisch? Ja, das beschreibt es wohl noch am Ehesten. „Was hast du?“, will der Jüngere wissen. „Sag es noch mal! Meinen Namen, genauso wie eben!“, fordert ihn der Brünette auf – die Wangen röter denn je. „...Edward...“, raunt der junge Mann vor ihm mit sichtlicher Hingabe.
 

Nigma gleitet ein Schauer den Rücken hinab, doch diesmal fühlt er sich ziemlich gut. „Das – klingt wirklich schön...“, gesteht er. „Findest du?“ „Ja. – Sei jetzt still, bitte...“ Der Clown kommt seinem Wunsch nach, auch wenn er nicht ganz weiß wieso. Seine unausgesprochene Frage erübrigt sich aber, als der Brünette ganz langsam und mit Bedacht den Abstand zwischen ihnen schrumpfen lässt. Ungläubig weiten sich Jokers Augen ein weiteres Mal und das Herz schlägt den beiden laut wie Buschtrommeln in den Ohren...
 


 

4
 

...Nur ein Millimeter trennt sie noch voneinander. Sie können schon den süßen Atem das anderen auf ihren Lippen schmecken. Langsam schließen sie die Augen und dann ... klopft es plötzlich lautstark an der Zimmertür. Heftig zucken die beiden Kriminellen zusammen. Das, was zwischen ihnen aufgekeimt ist, erstickt brutal in diesem Geräusch. Hektisch und mit hochroten Wangen richtet sich der Rätselmeister wieder auf, verlässt das Bett fast schon panikartig, und lässt den Clown ungeküsst zurück. Erneut klopft es nachdrücklich an der Tür. „Steht sofort auf, ihr beiden! Es gibt Arbeit!“, dringt eine dunkle Stimme etwas ungehalten durch das Holz. „Das ist Batsy...!“, gibt der Grünhaarige leicht verärgert von sich und unterstreicht das Ganze noch mit seinem fast schon oscarreifen, trotzigen Schmollen. „Geh bitte an die Tür, bevor er sie noch aufbricht.“, kommt es noch etwas mitgenommen vom Älteren. Joker wirft ihm einen prüfenden Blick zu und öffnet die Tür dann genau in dem Moment, als Batman abermals klopfen will.
 

„Was gib´s, mein Großer?“, fragt der Gauner möglichst beiläufig und keck. Trotz dieses Versuchs mustert Bruce ihn eingehend einen Moment, stellt fest, dass Joker nur in Shorts vor ihm steht, was er schon beinahe naserümpfend zur Kenntnis nimmt, und schaut dann an ihm vorbei, um einen Blick auf Riddler zu werfen. Dieser ist zwar schon angezogen, dreht ihm allerdings noch den Rücken zu und kommt erst einen Moment später an die Tür. „Wie ich schon sagte, es gibt Arbeit. Im Aparo Park soll sich etwas Komisches herumtreiben und ich fürchte, es handelt sich dabei um ein weiteres Monster.“, führt Batman kurz angebunden aus. „Das liegt doch in den Gotham Heights, richtig?“, fragt der Grünhaarige. „So ist es. Hast du ein Problem damit?“, mustert ihn der Dunkle Ritter mit wenig Geduld. „Nein, aber du vielleicht! Immerhin liegt es unmittelbar neben den Narrows und ist daher nicht sonderlich einladend für kleine Fledermäuse.“, zieht ihn der Jüngere grinsend auf. Batman verzieht kaum eine Miene. Wie der Name vielleicht vermuten lässt, bestehen die Gotham Heights aus ziemlich hügligem, eher verlassenem Gelände, in dem sich nicht viele Leute herumtreiben und wenn, dann um zwielichtige Geschäfte zu tätigen. Der Park gleicht einem Urwald und wurde jahrzehntelang sich selbst überlassen, nachdem dieser Stadtteil nicht mehr offiziell als bewohnbar eingestuft wurde.
 

Schließlich gibt der Rächer ein verstimmtes Brummen von sich und wendet sich um. „In fünf Minuten fahren wir los, also beeilt euch!“, verkündet er noch, ehe er wieder verschwindet. Ungesehen streckt ihm der Clown die Zunge heraus. „Spielverderber...“, flüstert er kaum hörbar und schließt dann die Tür. Als er sich herumdreht, sieht er, dass Edward schon alles für ihren Aufbruch vorbereitet. Ein Seufzen entkommt ihm, war er doch eben so nah dran gewesen, zu dem Rätselmeister durchzudringen. Diese Chance ist nun verstrichen und er bezweifelt, dass er so schnell eine neue bekommen wird, wenn er nicht selbst wieder die Initiative ergreift. Doch bisher hat das den Brünetten immer verschreckt. Verärgert ballt er eine Hand zur Faust und kann ein Knurren gerade noch unterdrücken. Verdammt aber auch! Hätte Batman nicht ein paar Minuten später auftauchen können? Dann wüsste er jetzt, wie süß Ed wirklich schmeckt, wenn nicht gar noch mehr. Allein die Vorstellung bringt ihn schlichtweg um den Verstand und er fixiert den anderen Mann vor sich so intensiv, dass sich all seine Muskeln in völliger Erwartung anspannen, nur auf ihren Einsatz warten.
 

Als sich Nigma schließlich umdreht und ihn leicht verwirrt ansieht, wird Joker erst bewusst, wie er in diesem Moment aussehen muss. „Stimmt etwas nicht?“, fragt der Rätselmeister etwas angespannt. „Doch, alles bestens. – Es regt mich nur auf, dass Batsy ausgerechnet jetzt auftauchen musste...“, grummelt er in sich hinein. Ed lächelt ihn verständnisvoll an, dennoch ist er innerlich ganz froh über die Unterbrechung. Er dachte zwar, dass er das mal so eben locker durchziehen könnte, doch in seinem Kopf sind so viele Widersprüche aufeinander getroffen, dass er den Jüngeren am liebsten von sich gestoßen hätte, hätte es nicht an der Tür geklopft. Ein bisschen schämt er sich für diesen Gedanken, doch er kann einfach nichts dagegen tun.
 


 

5
 

Etwa eine Stunde später nähert sich das Batmobil ungewohnt langsam und vorsichtig seinem Bestimmungsort. Der Park liegt in perfekte Dunkelheit gehüllt als schwarzer Haufen undefinierbarer Schatten vor ihnen. Völlig verwildert wuchert er auf die Straße und lässt keinen ersichtlichen Eingang mehr erkennen. Ein undurchdringlicher Dschungel, indem man sich nur allzu leicht verlaufen kann. Plötzlich erfüllt ein tiefes, lautes Röhren die Luft, woraufhin sich die drei wissend und etwas nervös ansehen. Es klingt wie eine Mischung aus einem brunftigen Hirsch und einem aufgemotzten, aber schlecht gewarteten Motorrad; hat etwas erschreckend Animalisches an sich und klingt dennoch wie nicht von dieser Welt. Dann verstummt das Geräusch wieder und erstickende Stille legt sich über den Park. „Ich denke, wir sind hier richtig...“, entkommt es Edward nervös. Allerdings erhält er keine Antwort. Seine zwei Begleiter setzen sich stattdessen ungerührt in Bewegung und betreten das Grün. Fast schon erschrocken eilt Nigma ihnen hinterher.
 

Kaum, dass sie von der erdrückenden Enge des Parks eingenommen wurden, ertönt wieder dieses Röhren. Unweigerlich läuft jedem von ihnen ein eisiger Schauer den Rücken hinab. „Klingt verdammt groß...“, kommt es fast schon flüsternd vom Joker. Dennoch wirkt seine Stimme in der plötzlich wieder eintretenden Stille vollkommen fehl am Platz, viel zu laut. Als wolle er ihn für diesen Lärm rügen, wendet sich Batman zu ihm herum und mustert ihn mit finsterer Miene. „Was denn? Als wenn dieses Ding nicht wüsste, dass wir hier sind.“, erwidert ihm der Jüngere schnippisch und schiebt schmollend die Unterlippe vor. Der Schwarzgekleidete gibt lediglich eine Mischung aus Seufzen und Brummen von sich und wendet sich dann wieder zum Gehen. Augenrollend sieht sich der Clown nach Edward um, der nur mit dem Schultern zuckt und dann instinktiv die Hand auf die linke Seite seiner Brust drückt. Dort befindet sich in der Innentasche seines Jacketts das Notizbuch des Dr. Norris. Es verschafft ihm immerhin etwas Sicherheit. Andererseits bereitet ihm das, was er darin gelesen hat, schlaflose Nächte.
 


 

6
 

Eine nahezu beängstigende Weile herrscht vollkommene Stille. Niemand sagt etwas und auch das Wesen zieht es vor unentdeckt zu bleiben. Sein lautes Röhren scheint darüber hinaus aber auch alle anderen nächtlichen Tiere des Parks vertrieben zu haben. Nirgends raschelt auch nur ein Blatt, kein noch so kleiner, trockener Ast, der unter dem Gewicht von schleichenden Pfoten zerbricht, nichts. Die angespannte Nervosität der drei ungleichen Rächer ist nahezu greifbar. In diesem Moment manifestiert sie sich regelrecht, als ein gewaltiger Schatten aus den Tiefen der Grünanlage zum Vorschein kommt. Im spärlichen Licht des knochenweißen Wintermondes tritt ein Wesen zwischen den Bäumen hervor, das jegliche Vorstellungskraft übersteigt. Unweigerlich muss der Dunkle Ritter an alte, griechische Sagen denken, die er als Kind gern gelesen hat, denn das, was nun auf sie zukommt, hat Ähnlichkeit mit einem Zyklopen. Und es ist gewaltig. Bruce schätzt es auf mindestens sechs Meter und jeder seiner riesigen Füße lässt die Erde unter ihnen erzittern. Vollkommen unbegreiflich, wie es sich dennoch unbemerkt so dicht heranschleichen konnte. Ein übelriechender Gestank geht mit dem Monster einher, der an eine Mischung aus faulig-feuchtem Moos, Sumpfgas und Verwesung erinnert. Er ist so durchdringend, dass die drei beim besten Willen nicht begreifen können, warum er ihnen erst jetzt entgegen schlägt und nicht den ganzen Park überzieht wie eine Dunstglocke.
 

Der Zyklop hat eine grünlich-braune Haut, scheint aber kein Fell oder dergleichen zu haben. Seine riesigen Hände enden in messerscharfen Klauen, mit denen es locker einen Baum mit nur einem Hieb zu Fall bringen kann. Seine langen Beine gleichen Baumstämmen, haben keine erkennbaren Zehen oder Füße. Das einsame Auge, das anstelle eines Kopfes direkt auf seinen Schultern thront, hat die Größe eines Medizinballs, ist leuchtend gelb und erinnert mit der schmalen Pupille in der Mitte an das Auge einer Katze. Der Raum, der bei normalen Lebewesen von Zwerchfell und Bauch eingenommen wird, füllt diese Kreatur mit einem sagenhaften Maul aus. Kaum, dass es sich ihnen gezeigt hat, reißt es besagtes Maul auch schon auf und stößt dieses ohrenbetäubende Röhren aus. Dabei präsentiert es ein Arsenal langer, gebogener Zähne. Aus der endlosen Dunkelheit seiner Kehle windet sich eine Zunge hervor, mindestens drei Meter lang und an ihrem Ursprung dick wie ein Baumstamm. Dampfender Speichel tropft davon auf das steif gefrorene Gras und erzeugt dabei ein Zischen, als wäre es Säure.
 

„Ach du heilige Scheiße...!“, platzt es aus dem Grünhaarigen heraus und damit spricht er genau das aus, was auch im Kopf seiner zwei Begleiter vorgeht. Erschüttert weicht Riddler einen Schritt zurück, sodass es wirkt, als wolle er sich hinter Joker verstecken. Tatsächlich ist ihm das Herz auch gerade in die Hose gerutscht, dennoch folgt er einem letzten Funken Logik in seinem überforderten Geist und greift nach dem Notizbuch. Hektisch beginnt er darin zu blättern. Im schwachen Mondlicht starrt ihn die Bestie schließlich von den Seiten herauf an. Mit bebender Stimme beginnt er zu lesen, während das Wesen die drei Fremden geduldig mit seinem riesigen Auge mustert.
 

„Der Mapinguari ist einem Mythos der Cario-Indianer zufolge ein Ungeheuer, das in einer Höhle auf ihrem Stammesgebiet im brasilianischen Regenwald lebt, etwa 2300 km entfernt von der Mündung des Amazonas. Die Kreatur soll nur nachts aktiv sein. Aus Angst vor dem mysteriösen Tier ist sogar schon mal ein ganzes Dorf umgezogen. Denn das angeblich bis zu 270 Kilogramm schwere Ungeheuer fresse neben Pflanzen wohl auch Tiere und Menschen. Die Kreatur sei zudem übelriechend und unverwundbar, Gewehrkugeln prallten einfach an ihrem Körper ab. Wer sich nachts an den Amazonas traut, kann das bis zu sechs Meter große Untier kaum überhören, denn sein lautstarkes Röhren bringt alles auf die Bäume, was Beine hat...“
 

Nicht gerade begeistert lauschen ihm Batman und Joker. „Unverwundbar...“, kommt es Wayne über die Lippen. Wie zur Bestätigung dessen, gibt der Mapinguari ein weiteres Röhren von sich und scheint sie mit seinem gewaltigen, Zähne besetzten Maul anzugrinsen. „Das hat uns gerade noch gefehlt...“, mault der Jüngste der Truppe theatralisch und lässt die Schultern hängen. Nigma schluckt nur schwer und steckt das Buch wieder weg. „Uns wird schon etwas einfallen. Außerdem sind das alles nur Legenden. Vielleicht ist das Wesen gar nicht unverwundbar?“, stellt Batman in den Raum. Er versucht zuversichtlich zu klingen, aber so ganz mag es ihm nicht gelingen, stimmte doch bisher immer alles, was in diesem Buch über das besagte Wesen zu finden war. Trotzdem zieht er einen Batarang hervor und wirft ihn gezielt auf das Monster. Dieses macht sich gar nicht erst die Mühe auszuweichen. Stattdessen verharrt es ungerührt. Das scharf geschliffene Metall trifft es direkt unter dem Auge. Der Aufprall erzeugt ein seltsames Geräusch, fast so, als wäre die Waffe selbst auf Metall getroffen. Dann springt der Batarang vom Körper des Zyklopen zurück und landet schließlich in einem Busch. Missgünstig verzeiht Bruce das Gesicht. Irgendwas stimmt da nicht.
 

Das Monster scheint erneut zu Grinsen und beobachtet dann ganz genau, wie sich der Rächer daran macht sein Wurfgeschoss wiederzufinden. Als der Schwarzhaarige es in Händen hält, traut er seinen Augen kaum. Die scharf geschliffene Klinge an den Flügelkanten ist gebrochen. Es sieht aus, als hätte jemand ein Stück heraus gebissen. Batman begreift es kaum, handelt es sich hierbei doch um einen nahezu unverwüstlichen Spezialwerkstoff. „Lass mich mal, Batsy!“, gibt der Joker dann zum Besten. Flink rennt er auf seinen nackten Füßen durch das tote Gas, zieht sein Messer aus der Tasche und setzt mit einem wilden Schrei zum Angriff an. Der Mapinguari rührt sich auch diesmal nicht, beobachtet nur. Er scheint abzuschätzen, was ihm diese kleinen Wesen alles entgegenbringen können. Insgeheim wirkt es aber so, als hätte er sie schon für völlig ungefährlich eingestuft, belustigt sich nur an ihnen, bevor es sie vernichtet.
 

Der messerschwingende Clown rammt seine Waffe direkt in den Unterschenkel des Wesens oder besser gesagt er versucht es. Allerdings trifft er auf unerwartet harten Widerstand. Der Mapinguari bewegt sich kein Stück, ist völlig ungerührt von dem beinahe kläglichen Versuch des Verrückten. Die Messerspitze gibt bei Kontakt ein helles Pling von sich und schon einen Sekundenbruchteil später zerbricht sie brutal in mehrere Einzelteile, als wäre sie nichts weiter als ein rohes Ei. Joker ging das Ganze aber mit solcher Überzeugung an, dass hinter seinem Angriff ziemlich viel Kraft steckte. Der Bruch des Messers kommt daher so plötzlich, dass er nicht mehr reagieren kann und seine Hand mit voller Wucht gegen den seltsam harten Körper des Monsters prallt. Der Grünhaarige gibt einen überraschten Schmerzlaut von sich, lässt das verbliebene Heft der Klinge ungelenk fallen und hält sich dann das langsam anschwellende Handgelenk an die Brust gedrückt. „Scheiße...“, schimpft er wehklagend in sich hinein. Der Zyklop scheint ihn daraufhin auch noch auszulachen, was dem Joker gar nicht passt. Wütend setzt er dazu an, dem Wesen ein paar Schläge verabreichen zu wollen und das auch noch mit seiner verletzten Hand.
 

Diese Vorstellung scheint dem Monster nicht sonderlich zu behagen, vielleicht hat es aber auch einfach keine Lust mehr auf die Spielchen dieser kleinen Gestalten. In jedem Fall hebt es seine riesige Pranke und holt aus. Im letzten Moment gelingt es Batman den Grünhaarigen zur Seite zu stoßen, bevor die Klauen Hackfleisch aus ihm machen können. Stattdessen treffen sie einen Baum in der Nähe, fegen einen Großteil des Stammes einfach mal so weg. Einen Moment schwankt das ganze Gebilde bedenklich, dann fällt der Baum auch schon krachend auf den hartgefrorenen Boden und lässt alles um sich herum erzittern. Beim Anblick dessen schluckt Joker hart und greift sich an den Hals, als hätte das Wesen ihn selbst dort getroffen. „Reiß dich zusammen!“, zischt Bruce ihm zu, zerrt ihn grob wieder auf die Beine und drängt ihn einige Meter zurück.
 


 

7
 

Nach dieser tragischen Zurschaustellung der Unverwundbarkeit des Mapinguari, sieht Edward von jeglichem Versuch ab, der ihm durch den Kopf gegangen ist. Wenn er ehrlich ist, ist ihm allerdings nichts dergleichen auch nur ansatzweise in den Sinn gekommen. Ist schließlich mehr als lebensmüde, so ein Riesenvieh aus nächster Nähe anzugreifen. In jedem Fall muss ihnen etwas anderes einfallen und zwar schnell, denn der Zyklop scheint seine gute Laune verloren zu haben. „Das Biest ist echt stahlhart...“, kommentiert der Jüngste das Ganze und reibt sich unentwegt seine geschwollene Hand. „Es muss aber einen Weg geben, es zu besiegen, es muss einfach!“, harscht Batman seine beiden unfreiwilligen Helfer an. Der Clown scheint seinen Worten keinerlei Beachtung zu schenken. „Sein ganzer Körper ist mit irgendetwas überzogen. – Kam mir fast vor wie kleine Knochenplatten oder so was.“, berichtet er Ed. Der Brünette zieht langsam seine violette Augenmaske aus der Tasche, die er seit beginn des Ganzen Alfred zu liebe abgenommen hatte, und bindet sie dann behutsam um das inzwischen ziemlich klobige Ding, das sein Kollege vor wenigen Augenblicken noch seine Hand genannt hat.
 

Leicht zuckt der Größere dabei zusammen, sieht den anderen aber sehr dankbar an. „Das kann schon möglich sein. – Du hast Glück gehabt, dass sie nicht gebrochen ist.“, rügt er sein Gegenüber halbherzig. „Jaja, scheiß drauf. Was machen wir wegen unserem Freund hier?“, erwidert Joker herablassend. Wayne kommt sich langsam etwas ignoriert vor, gibt daher ein tiefes Brummen von sich und beobachtet dann wieder die Bestie, während die zwei sich weiter unterhalten. Sie haben jedoch nicht die Möglichkeit viel zu reden, da entscheidet sich der Mapinguari zu einem neuerlichen Angriff. Mit lautem Röhren stampft er vorwärts, dass der ganze Boden unter seiner imposanten Erscheinung erbebt und holt aus. Weitere Bäume fallen seinen Klauen zum Opfer, wie Streichhölzer im Wind scheinen sie abzuknicken. Nur mühevoll gelingt es den drei Rächern dem auszuweichen. Allerdings fallen die Bäume in so unvorhersehbaren Mustern um, dass es nahezu unmöglich erscheint, dem allzu lange zu entkommen.
 

So kommt es schließlich, wie es kommen muss. Es gibt kein Entrinnen mehr. Der Dunkle Ritter sieht den Baum noch auf sich zufallen, doch er kann nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Mit einem Sprung versucht er noch das Schlimmste zu vermeiden; denkt, dass er es doch noch schafft, dann plötzlich der rasende Schmerz, der sein Bein so heftig wie eine Gewehrkugel emporschießt. Schlagartig geht er zu Boden und kann einen Schmerzlaut nicht mehr unterdrücken. Mühsam wendet er sich um und sieht, dass sein linkes Bein unter dem umgestürzten Baum eingeklemmt ist. Umständlich versucht sich der Dunkle Rächer zu befreien, doch es gelingt ihm nicht, der Stamm ist viel zu schwer. Zudem schlägt der Mapinguari immer noch wütend um sich, sodass nun große und kleine Äste um Batman herum zu Boden gehen. Nicht wenige streifen ihn auch oder treffen ihn sogar ganz.
 

Es dauert eine Weile, doch dann bahnen sich Riddler und Joker einen Weg zu ihm. Gemeinsam gelingt es den beiden Kriminellen sein Bein zu befreien. Schwerlich helfen sie ihm auf und versuchen ihn aus der Schussbahn zu bringen, was aber leichter gesagt, als getan ist. Weitere Äste regnen herab und streifen sie alle äußerst unsanft. Keiner von ihnen wird diese Nacht ohne einen Haufen blauer Flecken nach Hause kommen – falls sie alle diese Nacht überhaupt überleben heißt das. Vor ihnen tut sich ein halbwegs geschütztes Plätzchen auf. Geradewegs steuern sie darauf zu. Als sie es fast erreicht haben, geht eine neue Ladung Äste auf sie hernieder. Ein ziemlich großer trifft Batman mitten auf den Hinterkopf, sodass er die Besinnung verliert und in den Armen der beiden Ex-Häftlinge zusammenbricht. So haben sie noch mehr Mühe ihn in Sicherheit zu bringen. Letztendlich gelingt es ihnen aber und so verschaffen sie sich eine kurze Verschnaufpause, da der Mapinguari nicht gesehen hat, wo genau sie hin sind.
 

Zusammengekauert hocken Joker und Edward in dem behelfsmäßigen Versteck, den bewusstlosen Batman wie eine übergroße Stoffpuppe zwischen sich. „Schöne Scheiße...“, flüstert der Clown angesäuert. „Die Fledermaus können wir wohl vergessen, hm?“, erwidert ihm der Brünette und kontrolliert halbherzig den Puls des Schwarzhaarigen. „Sehe ich auch so. Also muss uns wohl eine Lösung für dieses Riesenproblem einfallen...“ Grübelnd schweigen die beiden eine Weile und beobachten, wie sich der Zyklop etwas zurückzieht und beruhigt. „Von außen können wir ihn scheinbar nicht angreifen...“, setzt Ed an. „Höchstens mit einer Atombombe vielleicht...“, kommt es missgünstig als Antwort. Schlagartig weiten sich die grünen Seelen des Rätselmeisters. „Aber wohlmöglich von innen!? Hast du noch etwas von deinem Dynamit?“, fragt Nigma hoffnungsvoll. Der Angesprochene sieht ihn belustigt an, doch in seinen braunen Augen dominiert der Ernst. „Du bist witzig. Das hab ich alles in diese verdammte Seeschlange reingepumpt...“ Gleichzeitig seufzen die beiden auf. „Wäre auch zu einfach gewesen...“, gibt Edward dann zurück.
 

„Vielleicht kann es das auch wieder werden?“ „Wie meinst du das?“, fragt der Rätselmeister verwundert. Joker antwortet ihm allerdings nicht gleich, sondern fummelt an Batmans Gürtel herum. Nach ein paar Sekunden zieht er verschiedene Sachen daraus hervor. „Wir bauen einfach selbst eine Bombe. Dazu brauchen wir kein Dynamit. Und dann sprengen wir das Vieh wie die Schlange in die Luft!“, grinst ihm der Clown mit so einem wahnsinnigen Ausdruck im Gesicht entgegen, dass es Ed eiskalt den Rücken hinab läuft. Nun wirkt er ganz so wie der Joker, vor dem sich die ganze Stadt fürchtet; so wie Nigma ihn in Erinnerung oder ihn sich immer vorgestellt hat. „Muss mir das gefallen?“, fragt er daher vorsichtig. „Natürlich! Ich brauche schließlich deine Hilfe, oder meinst du etwa mit der Hand kann ich mit instabilen Chemikalien herumspielen?“ „Ich würde dir noch ganz andere Sachen zutrauen...“, erwidert der Brünette unbehaglich. Abschätzend mustert ihn der Jüngere. „Nett von dir. Aber reiß dich bitte mal zusammen, wenn du die Nacht nicht mit einem gespaltenen Schädel unter einen Baum verbringen willst.“ Allein die Vorstellung beschert dem Älteren wieder einen unangenehmen Schauer.
 

„Okay, schon gut. Was hast du vor?“ Lehrerhaft hält der Grünhaarige ihm den ersten Gegenstand vor die Nase. „Das ist eine Rauchgranate. Ihr Hauptbestandteil ist weißer Phosphor. Richtig fieses Zeug, wie du sicher weißt. Die Granate explodiert jedoch nicht, sondern der Phosphor entzündet sich bei Kontakt mit der Luft. Brennt also kontrolliert mit starker Rauchentwicklung ab.“ Dann hält er ihm den anderen Gegenstand vor die Nase. „Das ist eine Blendgranate. Sie erzeugt einen sehr lauten Knall und gleißendes Licht, um den Gegner orientierungslos zu machen. Sie explodiert bei Zündung tatsächlich, allerdings splitterfrei. Ihr Hauptbestandteil ist Magnesium. Na, klingelt´s?“ „Warte, lass mich nachdenken. – Magnesium brennt auch unter Wasser, weshalb man es für Fackeln benutzt. Dabei entsteht Wasserstoff. – Weißer Phosphor kann sich an Luft selbst entzünden, so war mir. Zusammen mit Wasser bildet es hochgiftige Verbindungen und explosionsfreudige Oxide. Diese Reaktion leuchtet, glaub ich sogar blau...“
 

„Stimmt alles. Die Selbstentzündung von weißem Phosphor liegt bei vierunddreißig Grad. Und wenn ich mich nicht irre, ist unser Monster ein Warmblüter, also heiß genug dafür. Wir werden daher die Inhaltsstoffe der beiden Granaten mischen und somit die ultimative Bombe bauen, die von nichts in ihrer Reaktion gestoppt werden kann, solange brennbares Material in der Nähe ist und davon haben wir hier nun wirklich mehr als genug.“ Mit großen Augen sieht Nigma ihn an. „Und das klappt wirklich?“, fragt er skeptisch. „Und ob! Nichts leichter als das. Ich brauche nur eine helfende Hand.“, versichert ihm der Grünhaarige. „Ist das nicht echt gefährlich? Was ist, wenn sich der Phosphor selbst entzündet, bevor wir fertig sind?“ „Das wird er nicht. Nicht bei fünf Grad minus. Außerdem ist er in der Granate gekapselt, damit das nicht ungewollt passieren kann. Solange kein Funken überspringt, ist alles harmlos. Von daher warte mit der Siegeszigarre lieber, bis wir fertig sind, mein Hübscher.“, beruhigt ihn der Clown.
 

„Woher weißt du so etwas nur?“, fragt Riddler und ignoriert seinen letzten Satz, da er weder eine Zigarre bei sich hat, noch überhaupt raucht. „Ich habe zwölf Semester Chemie studiert, bevor mit mir alles den Bach runter ging. Schon als Kind wollte ich immer zum Sprengstoffkommando.“ „Zur Polizei? Kaum zu fassen und jetzt baust du selbst Bomben, die wohl außer Batman keiner entschärfen kann. Wirklich clever. – Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass du eine Universität besucht hast...“, mitleidig betrachtet ihn der Brünette, beziehungsweise die überdeutlich sichtbaren Narben in seinem Gesicht. „Es war ein Fernstudium, okay? Doch das tut überhaupt nichts zur Sache. Bei meinem labilen Zustand hätten die mich eh nicht zur Polizei gelassen und zur Bombenentschärfung erst recht nicht. – Jetzt wird es uns aber hoffentlich den Arsch retten, also tu genau, was ich dir sagen, dann passiert auch nichts Unschönes...“ Mit zitternden Fingern kommt Nigma seinen Anweisungen nach. In seiner kriminellen Karriere hat er zwar schon selbst die ein oder andere Bombe gebaut, doch zumeist waren es nur Täuschungsmanöver oder Platzpatronen, die lediglich ablenken sollten. Er hatte nie vor jemanden zu verletzten. Dennoch gab es ein oder zwei ernstgemeinte Konstruktionen, wobei er sich aber auf klassisches Dynamit verlassen hat. Das funktioniert immer und ist leicht zu handhaben und noch leichter zu beschaffen. Joker kommt ihm hingegen gerade wie ein amoklaufender MacGyver vor, der aus einem Kaugummi und einer Briefmarke versucht eine Bombe zu bauen und es so aussieht, als würde es auch noch funktionieren...
 


 

8
 

Nur langsam kommt Batman wieder zu sich. Nach und nach klärt sich das Bild vor seinen Augen und er erkennt seine beiden ungewollten Helfer. Es dauert einen Moment, bis er merkt, was sie dort tun. Nein, das stimmt nicht. Er erkennt nicht, was sie dort machen, allerdings aber schon, dass sie seine Ausrüstung dafür missbrauchen. Ein Knurren entkommt seiner Kehle. Er hat es gewusst, hat es die ganze Zeit über gewusst. Diese Verrückten haben tatsächlich nur auf den richtigen Augenblick gewartet, um ihm in den Rücken zu fallen und jetzt hat er sie auf frischer Tat dabei ertappt! Angestrengt versucht Bruce auf die Füße zu kommen, wird aber nur kurze Zeit später äußerst schmerzhaft daran erinnert, dass er sich das linke Bein böse gequetscht hat, wenn nicht gar den Knöchel gebrochen. Der lange Schaft seines Stiefels ist vom anschwellenden Fleisch so dermaßen ausgebeult, dass Wayne das Gefühl hat, das dicke Leder jeden Moment mit einem widerlichen Reißen aufplatzen sehen zu können. Ein weiteres Knurren verlässt seine Kehle und er überlegt fieberhaft, wie er sich im Ernstfall gegen die zwei Spinner zu Wehr setzen könnte, ohne dafür sein Bein benutzen zu müssen. Fast eine Minute lang frisst sich dieser paranoide Gedanke in seinen Kopf hinein, dann wird er vom lauten Röhren des Mapinguari in die Wirklichkeit zurückgeholt.
 

Das Monster scheint inzwischen genug vom Versteckspiel der niederen Menschen zu haben und stampft nun wieder tobend durch die Baumreihen, sodass der Boden bedenklich unter Riddler und Joker zu beben beginnt. Erschrocken zieht der Rätselmeister scharf die Luft ein und verschüttet dabei fast etwas von dem weißen Phosphor, dessen Kapsel er für die Mischung gerade aufgebrochen hat. Mit aufgerissenen Augen starrt er seine zitternden Hände an und versucht sich zur Ruhe zu zwingen, auch wenn die bedrohlichen Laute immer näherkommen. Dann jedoch legt sich die Hand des Grünhaarigen auf die seine. Überrascht sieht er auf. Der Jüngere lächelt ihm beruhigend und zuversichtlich entgegen. „Tief durchatmen, mein Hübscher!“ „Geht schon wieder...“, versichert ihm der andere und führt seine Arbeit langsam fort. Nun endlich erkennt der Dunkle Ritter, was die beiden dort scheinbar machen, aber entspannter ist er dennoch nicht. Immerhin ist es ziemlich gefährlich und zudem auch noch äußerst fraglich, ob es überhaupt funktioniert. Ungelenk schafft er es doch noch irgendwie auf die Füße und humpelt zu ihnen hinüber.
 

„Was in aller Welt macht ihr da?“, fragt er die zwei überaus streng, auch wenn ihm inzwischen klar ist, was sie vorhaben. „Batsy! Hast du dein Nickerchen endlich beendet?“, entgegnet ihm der ausgeflippte Clown grinsend. „Beantworte meine Frage!“, fordert dieser nur nachdrücklich. „Wir bauen eine Bombe, sieht man doch. Oder eher Eds baut sie, weil das mit meiner Hand doch etwas schlecht geht.“ In den braunen Augen kann Bruce ziemlich deutlich sehen, dass es Joker erheblich ärgert, dass er dieses schöne Spielchen nicht selbst machen kann, doch das breite Grinsen in seinem Gesicht ist dennoch voll ehrlicher Begeisterung. „Ich versuche es zumindest. Von daher wäre es förderlich, wenn ihr still sein könntet!“, zischt Edward nervös. Erst nach mehreren Anläufen gelingt es ihm die Granate wieder zu verschließen und die Arbeit somit zu beenden. Trotz der klirrenden Kälte stehen ihm dicke Schweißperlen auf der Stirn und seine sonst so ordentlichen Haare hängen ihm in fettigen Strähnen, wie die Schwänze toter Ratten, ins Gesicht. Sein Hut liegt irgendwo vergessen neben ihm. Batman wird bewusst, dass er Nigma nur in ganz wenigen Momenten ihrer Zusammenkunft bisher jemals so fertig, angespannt und aufgelöst erlebt hat. Gleichzeitig wird ihm bewusst, dass sich die meisten dieser Momente während der Monsterjagd ereignet haben. Das er die Abgründe ihrer beiden Seelen während dieser unfreiwilligen Zusammenarbeit weit mehr ergründen konnte, als in all den Jahren ihrer wilden Hetzjagd.
 

„Okay, ich denke, ich bin fertig?“, wendet er seine Frage an sein Gegenüber. Zufrieden nickt der Joker, nimmt die Granate in die Hand und betrachtet sie noch einmal prüfend. „Ja, sieht ziemlich gut aus. Gratuliere, mein Hübscher!“, flötet er mit einem Anflug von Stolz, der Ed einen zarten Rotschimmer über die Wangen jagt. „Dir ist schon klar, dass die Sprengwirkung bei den geringen Mengen nicht sonderlich groß ist?“, hakt Wayne verstimmt nach. Nahezu entsetzt sieht Nigma ihn an und dann zu Joker. Dieser lässt sich davon aber nicht beirren. „Das habe ich mit einberechnet, keine Sorge. Von daher müssen wir dieses Baby ja auch in das Vieh bekommen. Nur so klappt es.“ „Wie soll das funktionieren? Du musst schließlich erst den Zünder betätigen und das Ding dann werfen. Dafür musst du viel zu dicht an das Biest heran.“, mahnt Batman ihn auch weiterhin. Leicht rollt der Jüngste mit den Augen. „Denkst du, ich wüsste das nicht? Doch es gibt noch einen anderen Weg. Gib mir deine Enterhakenpistole!“, fordert er den Dunklen Rächer auf.
 

Überaus argwöhnisch mustert ihn der Ältere und greift dann ziemlich widerwillig nach der Waffe. „Mit der Hand kannst du unmöglich schießen.“, brummt er ihm dabei entgegen. „Ich hatte auch nicht vor zu schießen, Dummerchen. Eds wird es machen.“, meint er locker, während er den Haken aus der Pistole entfernt und mit ein paar weiteren Handgriffen gegen die Granate ersetzt. Trotz seiner verletzten Hand wirken seine Bewegungen dabei so selbstsicher, als hätte er so etwas schon tausendmal gemacht. Dem Brünetten entgleiten währenddessen sämtliche Gesichtszüge. „Wie bitte?“, fragt er schockiert. „Na, was dachtest du denn? Ich kann mit der Hand nicht schießen und Batsy kann sich kaum auf den Beinen halten. Außerdem kannst du von uns immer noch am besten schießen, dass hab ich dir doch schon mal gesagt.“, hält Joker dagegen. Mit großen Augen sieht ihn Nigma an, unfähig das alles so einfach zu begreifen. „Aber...“, setzt er an, verstummt dann jedoch wieder und blickt auf seine zitternden Hände. „Du schaffst das schon.“, lächelt ihm der Grünhaarige aufmunternd entgegen. „Du musst es schaffen, es gibt nur diesen einen Versuch!“, kommt es wenig hilfreich von Batman. Trotzig blickt der Brünette zu ihm auf und schluckt schwer. „Du weißt wirklich, wie man jemanden aufbaut, dass muss ich dir lassen!“, zischt Edward sarkastisch, nimmt die Granatpistole und steht wieder auf.
 


 

9
 

„Geh lieben in Deckung, Batsy. Wir machen das schon.“, grinst ihn der Clown schelmisch an. Batman behagt diese Vorstellung absolut nicht, aber recht hat er dennoch. Als der Dunkle Ritter hinter ein paar Bäumen in Deckung gegangen ist, wendet sich Ed an Joker. „Wie hast du dir das Ganze eigentlich vorgestellt?“ „Ganz einfach, mein Hübscher. Wir klettern auf diesen Baum hier, locken das Mistvieh zu uns und sobald es das Maul aufmacht, schießt du ihm das Törtchen hier in den Hals und dann kabumm!“ „Klingt einleuchtend...“, meint der Rätselmeister, er wirkt aber ganz und gar nicht überzeugt davon. Etwas ungelenk erklimmen die beiden den nächsten Baum, der dem Mapinguari noch nicht zum Opfer gefallen ist, und setzen sich auf einen dicken Ast, der etwa auf Augenhöhe dieses Zyklopen liegt. „Dir ist bewusst, dass du nicht viel Zeit zum Zielen hast, wenn das Ding scharf ist, oder?“, „Ja, das weiß ich und genau das macht mir Angst...“ „Glaub ich dir. Aber sieh es mal positiv: Das Vieh ist so groß, da kann man kaum danebenschießen!“ „Das sagst du so leicht. Aber du musst es ja auch nicht machen und selbst wenn, würdest du nicht zittern wie ein verschrecktes Schulmädchen...“, erwidert Edward betrübt und lässt die Schultern hängen. „Mach dir doch nicht immer so viele Gedanken, mein Hübscher!“ Warm legt sich Jokers Hand auf seinen Oberschenkel, ganz ähnlich wie damals im Batmobil, als Nigma fast einen Nervenzusammenbruch wegen Batmans ungelöster Identität hatte. Diesmal empfindet Edward es aber nicht als störend. Im Gegenteil, ein angenehmes Kribbeln breitet sich davon in seinen ganzen Körper aus. Sein Herz schlägt schneller und er erinnert sich an heute Abend, als sie zusammen im Bett lagen und ganz kurz davor waren sich zu küssen.
 

Prüfend wirft der Rätselmeister einen Blick nach hinten, doch Batman ist nicht zu sehen. Gut. Tief atmet er durch, dann wendet er sich wieder zu dem Grünhaarigen um, der ihn völlig geduldig betrachtet, als hätten sie alle Zeit der Welt. Noch einmal atmet er tief durch, dann legt er Joker zögerlich die freie Hand in den Nacken und zieht ihn näher zu sich heran. Der Jüngere lässt es geschehen, doch seine Augen weiten sich überrascht und erwartungsvoll. „Ich gebe es nicht gern zu, doch bei dir schien es das letzte Mal zu funktionieren. – Vielleicht hilft es mir jetzt auch...?“, raunt der Brünette und dabei an ihrer ersten – wenn auch ungeplanten – Kuss, bevor der Grünhaarige sich in die Fluten stürzte, um die Seeschlange zu töten. Ehe sein Gegenüber etwas erwidern kann, drückt Edward zaghaft die Lippen auf die seinen. Augenblicklich scheint alle Anspannung von dem Clown abzufallen, die er bis dato gut verborgen hat und er lässt sich regelrecht in die Berührung fallen. Es dauert daher nur einen Wimpernschlag, dann erwidert er den Kuss mit derartigem Hunger, dass Ed seine Entscheidung schon wieder bereut. Doch jetzt gibt es kein Zurück mehr, nun muss er das durchziehen! Und komischerweise ist es gar nicht so schlimm und abstoßend, wie er es sich die ganze Zeit über eingeredet hat. Der beinahe forsche Druck von Jokers doch erstaunlich weichen Lippen, die prickelnde Hitze, die sich zwischen ihnen ausbreitet, diese samtig-weiche Haut unter seinen Fingern, der herbe Duft des jungen Mannes vor sich. All das verdreht dem Rätselmeister völlig den Kopf. Er weiß gar nicht, wie ihm eigentlich geschieht. Sind all diese Gefühle nun echt, oder nur der bevorstehenden Gefahr zu verdanken? Eine Art Kurzschlussreaktion? Darauf findet er auch keine Antwort, will auch keine haben, sondern nur diese seltsam wohltuende Nähe genießen.
 

Die Zeit scheint um sie herum vollkommen stillzustehen und Edward kommt sich wie in einem kitschigen Film vor. Dennoch kann er erstaunlicherweise nichts Schlechtes mehr an alledem finden. Für einen Moment ist sogar seine Angst vor dem Sterben völlig verschwunden, ebenfalls das Monster, das tobend durch die Baumreihen stampft. Kein Batman, keine Sorgen, kein gar nichts. Es ist wie Magie, die ihn beflügelt und sein gesamtes Denken für eine Weile auslöscht. Nahezu widerwillig trennen sie sich schließlich wieder voneinander, sehen sich tief in die Augen. Auf Jokers blassen Wangen steht deutlich die Röte geschrieben, seine braunen Seelen funkeln wie frisch geschmolzene Schokolade, sein Atem kommt stoßweise. Wäre es Nigma möglich, könnte er schwören den heftigen Herzschlag des Clowns wummern zu hören. Er kann es jedoch nicht, allerdings reicht ihm der ungewohnte Anblick seines Gegenübers vollkommen aus, um es zu wissen. Der Grünhaarige empfindet nicht anders. Auch die Wangen des Brünetten sind in ein dunkles Rot getaucht und seine grünen Augen erinnern ihn an blankpolierte Jade. Die Erregung in dem Jüngeren sprudelt regelrecht über vor Glück und er würde jetzt nichts lieber tun, als sich mit dem Rätselmeister irgendwohin verdrücken und dem noch weit entfernten Morgengrauen tief vereint entgegenzusehnen.
 

„Oh, Edward...“, kommt es ihm lustverhangen über die Lippen. Den Angesprochenen überkommt ein heftiger Schauer. Es klingt so unglaublich verrucht und stimulierend seinen Namen von dem Jüngeren in dieser Form zu hören. Schwerlich wird Ed allerdings bewusst, dass sie hier noch etwas zu erledigen haben. Als sich Joker wieder vorbeugt, um ihn erneut in einen tiefen Kuss hineinzuziehen, drückt Nigma ihn sanft, aber bestimmend etwas von sich weg. Der junge Mann vor ihm verkrampft sich daraufhin merklich. Als sich ihre Blicke treffen, bricht es dem Rätselmeister fast das Herz. Diese endlose, gequälte Traurigkeit liegt abermals in den schokoladenfarbenen Seen. Der Anblick ist wie ein Faustschlag in die Magengrube. Dennoch muss es weitergehen. „Sieh mich bitte nich so an, dass ertrage ich nicht länger...“ „Edward...?“ „Versteh mich nicht falsch, okay? – Der Kuss war – erstaunlich und schöner, als ich es mir je vorstellen konnte. – Mein Name auf deinen Lippen – zum Verrücktwerden. Doch – wir müssen das jetzt seinlassen! Wir haben noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen und wenn wir uns noch einmal küssen, bezweifle ich, dass ich noch in der Lage sein werde diese Waffe abzufeuern. Verstehst du?“, teilt er ihm schweren Herzens mit. Betroffen lässt der Clown die Schultern hängen, denkt kurz darüber nach und nickt dann langsam. Dabei wirkt er wie ein kleines Kind, das gerade ausgeschimpft wurde und ist so weit von dem bombenbauenden Irren entfernt, der er vor wenigen Augenblicken noch gewesen ist, dass es für Nigma ein echtes Rätsel ist, wie diese so dermaßen unterschiedlichen Erscheinungen jemals in Einklang zu bringen sind.
 

„Du hast recht. Lass uns das fertigmachen...“, kommt es schließlich erstaunlich gefasst von dem Grünhaarigen. Fahrig dreht er sich wieder in Richtung des Mapinguari und studiert kurz die Lage. Edward tut es ihm gleich und prüft noch einmal die zweckentfremdete Pistole in seiner Hand. „Bereit?“, fragt der Clown. „Ich denke schon.“ Der Brünette hat die Worte kaum ausgesprochen, da lässt sein Kollege auch schon einen schrillen, lauten Pfeifton erklingen, der sich wie ein Glasschneider in die Ohren des Älteren frisst. „HEY, DU HÄSSLICHES MISTVIEH! KOMM HER UND HOL DIR DEIN LECKERLI!“, brüllt der selbsternannte Prinz dann auch schon. Der Zyklop antwortet ihm mit einem wütenden Röhren und setzt sich dann stampfend in Bewegung. Aufgebracht wirft er jeden Baum um, der ihm im Weg steht. Der Boden erzittert unter ihnen. Als das Biest nur noch wenige Meter von ihrem Standpunkt entfernt ist, ergreift Joker plötzlich Riddlers Hand. Überrascht blickt ihn der Ältere an, doch der Clown hat die Augen starr auf das näherkommende Monster gerichtet.
 

Edward konzentriert sich, hebt die Waffe, atmet einmal tief durch. Dann reißt der Mapinguari röhrend das gewaltige Maul auf. Sein Stichwort! Beinahe grob befreit sich Ed von der Hand des anderen, macht die Granate dann scharf, richtet die Waffe auf die düstere Kehle der Bestie, deren Zunge sich wild windend daraus hervorschlängelt, schließt die Augen und zieht dann blind den Abzug durch...
 


 

10
 

Mit einem leichten Funkenregen schießt die präparierte Granate aus dem Lauf heraus, trudelt etwas unsicher durch die Luft, während sich bereits feine Rauchfäden um ihre Oberfläche wickeln. Der Mapinguari reißt das Maul noch weiter auf und schnappt doch tatsächlich nach dem Geschoss, wie ein Hund nach einer Frisbee-Scheibe. Gebannt starren ihn die beiden Ganoven an. Doch zu erst scheint nichts zu passieren. Das Monster schluckt die Granate lediglich herunter und das war es. „Was ist los? Es passiert gar nichts!“, entkommt es Edward der Hysterie nahe. „Ich weiß nicht...“, entgegnet ihm sein Nachbar fassungslos. Ein breites Grinsen bildet sich auf den Zügen des Zyklopen aus und dann verringert er den Abstand zu den beiden.
 

„Wir müssen weg hier!“, platzt es panisch aus Nigma heraus und nun klammert er sich an Jokers Hand fest. „Scheiße...!“, knurrt der Grünhaarige wirr, steht ungelenk auf und dann klettern sie schnell den Baum wieder hinab. Der Mapinguari gibt ein wildes Röhren von sich, erreicht nur wenige Augenblicke später den Baum und schlägt ihn mit einem einzigen Hieb zu Boden. Gehetzt erreichen die zwei Batmans Versteck. Der Dunkle Ritter steht wacklig wie ein Storch auf einem Bein dort und beobachtet das Drama mit entsetzter Miene. Als die beiden ihn erreichen, greift Nigma ihm fahrig unter die Arme, um ihm zu helfen, was Bruce widerwillig über sich ergehen lässt. Er hasst nichts mehr als solch eine Hilflosigkeit, erst recht, wenn sein Helfer auch noch einer der meist gesuchten Verbrecher Gothams ist. Der Grünhaarige hingegen stellt sich schützend vor sie und schirmt sie so gut es geht vor dem Monster ab.
 

Unaufhaltsam kommt das Wesen immer näher, grinsend wie die Katze aus Alice im Wunderland. Vollkommen von seinem Sieg überzeugt. Fieberhaft beginnt Wayne nachzudenken. Es muss einfach noch eine andere Möglichkeit geben, um dieses Biest zu besiegen. Warum nur hat er mit dieser Überlegung so lange gewartet? Wie konnte er sich nur darauf verlassen, dass diese zwei Spinner etwas Sinnvolles auf die Reihe kriegen? Er war geblendet, er war dumm, und nur seinetwegen werden sie jetzt alle sterben! Wird Gotham sterben! Der einst so stolze Ritter droht in ein bodenloses Loch der Verzweiflung zu stürzen. Das aller schlimmste Szenario, das er sich vorstellen kann, ist tatsächlich eingetreten und das nur, weil er dem Feind sein Vertrauen geschenkt hat. Wie konnte es nur so weit kommen? Er begreift es einfach nicht. Grob stößt er Edward schließlich von sich weg. Mit einem überraschten Laut landet dieser auf seinem Hosenboden, doch Batman achtet nicht auf ihn. Er will nur noch einen letzten Versuch wagen das Unabwendbare doch noch abzuwenden.
 

Er kommt jedoch nicht dazu, da stößt Joker ihn seinerseits zu Boden. „Runter!“, teilt er ihm und Riddler noch hektisch mit. Dann sehen es die anderen beiden auch. Der Mapinguari ist abrupt stehengeblieben und sieht sich unbehaglich um. Zwischen seinen grinsend zusammengebissenen Zähnen quillt dicker Rauch hervor. Unwohl verdreht er sein einzelnes Auge soweit nach oben, dass nur noch das Gelbe zu sehen ist. In seinem Magen – wo auch immer sich dieser genau befindet – ertönt ein gedämpfter Knall. Der Zyklop verzieht das Gesicht, als wäre ihm schlecht. Ein weiterer Knall ertönt – viel lauter und heftiger, als der erste – und reißt das Wesen dann so schlagartig auseinander, dass die dabei entstehende Druckwelle die drei ungleichen Ritter der Stadt regelrecht in den hartgefrorenen Boden hineingedrückt werden.
 

Bäume in der Nähe knicken wie Streichhölzer um, eine gewaltige Hitze strömt über den Park hinweg, taut den winterkalten Boden zentimetertief wieder auf, der dunkle Himmel wird taghell erleuchtet und eine gewaltige, grellblaue Feuersäule erhebt sich beinahe hundert Meter in die Luft – ist weithin deutlich zu sehen.
 


 

11
 

Als das Schlimmste vorüber zu seien scheint, öffnen die drei langsam wieder die Augen und stemmen sich schwerlich hoch. Suchend blicken sie sich nach dem Monster um, doch mehr als ein paar Haufen brennenden Fleisches ist nicht mehr davon zu sehen. Dafür steht der Wald um sie herum in unnatürlich blauen Flammen und das Feuer breitet sich mit bedächtiger Geschwindigkeit weiter aus. „Wir – haben es geschafft...?“, kommt es ungläubig vom Joker. „Sieht ganz so aus...“, erwidert ihm Ed nicht minder überrascht. „Wir haben es geschafft!“, platzt es dann begeistert aus dem Clown heraus und er fällt seinem Kollegen ungehalten in die Arme. Etwas überfordert hält Nigma ihn fest. Überschwänglich drückt der Grünhaarige die Lippen auf die seinen, wie damals, als er so erleichtert war, dass Edward noch lebt. Doch im Gegensatz zu damals stößt der Brünette ihn diesmal nicht zornig von sich, sondern schließt ihn fester in die Arme und erwidert den Kuss etwas ungeschickt.
 

Der selbsternannte Ritter traut seinen Augen kaum. Das Monster ist tatsächlich besiegt und das auch noch dank dieser beiden Spinner. Und als wäre das nicht schon schwer genug zu glauben, sitzen besagte Spinner nun auch noch direkt vor seiner Nase und küssen sich?! Diese Nacht ist wirklich jenseits von allem, was man nur glauben kann und Batman ist heilfroh, wenn sie endlich zu Ende ist. Mit einer Mischung aus Scham und Ekel wendet der Schwarzhaarige den Blick ab und besieht sich den Schaden im Park. Es sieht nicht aus, als wäre hier noch viel zu retten. Es gleicht eher einem Hölleninferno, auch wenn die blauen Flammen er sehr künstlich aussehen lassen. Doch wenigstens wurden keine Unbeteiligten verletzt.
 

Kurze Zeit später wird die kalte, flimmernde Luft von einer anschwellenden Sirene ausgefüllt. Erschrocken trennen sich die zwei Gauner wieder voneinander – realisieren erst jetzt, dass sie die ganze Zeit über ja gar nicht allein waren – und sehen zu Batman hinüber, der es schwerlich geschafft hat wieder auf die Füße zu kommen. „Die Polizei.“, brummt er ihnen lediglich zu. Ein bekannter Ausdruck schleicht sich in die Augen seiner ungewollten Helfer – eine Mischung aus unterdrückter Furcht vor einer möglichen Festnahme und aufkeimendem Misstrauen dem Schwarzgekleideten gegenüber. Einen Moment hadert Bruce mit sich, dann seufzt er. „Versteckt euch!“, teilt er den beiden dann kurz angebunden mit, wobei das Blaulicht des heranrasenden Polizeiwagens schon zwischen den Bäumen sichtbar wird. Hastig erheben sich die beiden und verkriechen sich irgendwo in der Nähe.
 

Wenig später hält der Polizeiwagen mit quietschenden Reifen neben dem Batmobil und Gordon steigt aus. Mit offenem Mund betrachtet er das ungewöhnliche Flammeninferno im Park. „Ach du heilige Scheiße...“, gibt er atemlos von sich. Ungelenk beugt er sich wieder in den Wagen und ruft über Funk nach einem Spezial-Löschfahrzeug. „Wird auch ein Krankenwagen benötigt?“, fragt die Stimme sorgenvoll am anderen Ende. In diesem Moment tritt Batman umständlich hinkend auf einen großen Ast gestützt zwischen den Bäumen hervor. James mustert ihn eingehend. Bruce hält seinem Blick ungetrübt stand. „Nein, niemand verletzt. Schickt aber lieber gleich ein paar mehr von diesen Spezial-Löschwagen. Der ganze verdammte Park brennt wie Zunder.“ „Sie können nicht zufällig sagen, worum es sich bei dem Brandauslöser handelt?“, fragt die Stimme am anderen Ende. „Nein, nur das es blaue Flammen sind...“, setzt er ungeduldig an. „Es ist weißer Phosphor und Magnesium.“, unterbricht ihn Batman nachdrücklich. Einen Moment mustert ihn Gordon verwirrt, dann richtet er seine Aufmerksamkeit wieder auf das Funkgerät. „Es ist weißer Phosphor und Magnesium.“, endet er und hängt das Funkgerät wieder ein, ehe die Person auf der anderen Seite fragen kann, woher er das so plötzlich weiß.
 

„Siehst ja reichlich mitgenommen aus, alter Freund.“, lässt der Commissioner ihm anschließend zuteil werden, während er sich eine Zigarette anzündet. „Halb so wild.“, brummt Batman und stützt sich an das Batmobil. „Was ist passiert? Irgendwas Brauchbares, das ich in meinen Bericht schreiben kann?“, hakt der Rothaarige nach. „Denke nicht, außer Sie wollen eine weitere Monstergeschichte hören.“ „Verschon mich bloß damit! Deswegen habe ich schon genug Ärger. Aber sag mal, wie viele von den Biestern laufen denn noch hier rum? Langsam wird es nämlich schwer, dass irgendwie zu verbergen.“ „Ich weiß es wirklich nicht. – Immer, wenn ich denke, es ist sicher das Letzte, taucht wieder eins auf.“, kommt es ehrlich niedergeschlagen von dem Rächer. „Schöner Mist, dass dieser Professor tot ist...“, pflichtet Gordon ihm genervt bei. Darauf hat der Dunkle Ritter nur ein Brummen als Antwort.
 

Einen Moment herrscht Schweigen zwischen ihnen, während weit in der Ferne die ersten Sirenen der Löschfahrzeuge laut werden. „Was werden Sie in den Bericht schreiben?“, fragt Batman schließlich. „Bin mir noch nicht sicher. Wahrscheinlich, dass ein paar Vandalen hier mit Chemikalien herumexperimentiert haben oder dergleichen. Die Explosion hat man bis sonst so gesehen.“ „Kann ich mir vorstellen. Dennoch waren Sie ganz schön schnell hier.“, hakt der Schwarzhaarige nach. „Das stimmt. War aber nur Zufall. In den Narrows gab es mal wieder Ärger und ich war gerade auf dem Rückweg, als ich die Feuersäule gesehen und den Knall gehört hab. Hast du das Biest etwa in die Luft gesprengt oder was?“ „Ja.“, ist die knappe Antwort und James will es auch gar nicht genauer wissen. Ihm schüttelt es nur, wenn er daran denkt, was er noch aus dem Chemieunterricht von weißen Phosphor und Magnesium weiß.
 

Wieder ein Moment Schweigen, das diesmal der Commissioner durchbricht. „Hast du in letzter Zeit zufällig etwas vom Joker oder vom Riddler gehört? Seit dieser ganze Mist mit den Monstern angefangen hat, sind sie wie vom Erdboden verschluckt...“ Ernst mustert ihn der Rothaarige. Bruce wirft einen nichtssagenden Blick in die blaug lühenden Flammen, hinter denen sich die beiden Gauner noch immer verstecken. Einen Augenblick hadert er mit sich. Soll er die beiden verpfeifen, damit er endlich ohne Sorge diese Mission hinter sich bringen kann, oder soll er noch darauf vertrauen, dass sie ihm nicht doch in den Rücken fallen? Die Antwort gibt ihm letztendlich sein verletzter Fuß, als er im Gedanken ausversehen das Gewicht darauf verlagert. Leicht zuckt er unter dem stechenden Schmerz zusammen. Vermutlich wäre es besser, die beiden zumindest solange bei sich zu wissen, bis er sicher sein kann, dass er das nächste Monster wieder voll einsatzfähig bekämpfen kann. Er gibt es nicht gern zu, doch wenn er Pech hat wird er sich ein paar Tage im Hintergrund halten müssen, bis es seinem Bein wieder besser geht und dann braucht er die Hilfe der beiden Spinner, ob er sie will oder nicht.
 

„Nein, seit sie mir vor Arkham entwischt sind, habe ich nichts mehr von ihnen gehört. Ich hatte auch nicht wirklich die Zeit mich darum zu kümmern. Doch anscheinend ziehen sie es vor, sich irgendwo zu verstecken und das Ganze auszusitzen.“, erwidert er letztlich. „Dem scheint mir auch so. Ich denke, dass ist auch endlich mal eine gute Idee von diesen Spinnern. Noch mehr Ärger können wir uns im Moment gar nicht erlauben. Die Leute sind schon nervös genug durch die paar Angriffe, die an die Öffentlichkeit gekommen sind. Da brauchen sie wirklich nicht auch noch das. Zudem scheint sich der Rest deiner anhänglichen Bande ebenfalls zurückgezogen zu haben, zumindest die, die sich gerade auf freiem Fuß befinden. Von keinem hört man irgendetwas.“ „Ja, manchmal sind sie doch nicht ganz so dämlich. Ich kann mir gut vorstellen, dass zu ihnen mehr durchgedrungen ist, als zur Öffentlichkeit und das einige von ihnen sicher auch Angst haben, sich deswegen verstecken. – Aber wie dem auch sei, sind wir froh darüber und hoffen, dass es noch eine Weile anhält.“, meint Bruce und lässt sich umständlich hinter das Lenkrad gleiten. Im Augenwinkel nimmt er hinter sich eine Bewegung wahr – Joker und Riddler ist es doch tatsächlich gelungen, sich unbemerkt ins Batmobil zu schleichen, während er sich mit Gordon unterhalten hat. Bei der tosenden Feuersbrunst und den näherkommenden Sirenen vermutlich auch kein allzu großes Kunststück.
 

„Das stimmt. Manchmal beweisen diese Verrückten doch etwas Hirn. – Denkst du denn, dass du das weiterhin durchstehst?“, fragt James etwas sorgenvoll und deutet auf Waynes angeschwollenen Fuß. „Muss ich wohl...“, entgegnet ihm der Ritter trocken. „Ich meine ja nur, wir könnten das auch übernehmen, denke ich...“, setzt der Rothaarige nicht sonderlich überzeugt an. „Danke, nicht nötig. Bringen Sie ihre Männer nicht unnötig in so eine Gefahr. Die Stadt braucht Sie, den Rest bekomme ich schon hin. „Wie du meinst. Doch wenn du es dir doch noch anders ü...“, versucht es der Commissioner noch einmal. Allerdings wird er vom aufheulenden Motor des Batmobils unterbrochen. Ohne ein weiteres Wort setzt sich der Wagen in Bewegung und donnert in die Nacht hinein, während von der anderen Seite der Straße endlich die Löschfahrzeuge einbiegen.

Bloody railway bed

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Blood-thirsty


 

1
 

Wohlig in die warmen Laken eingekuschelt dreht sich Edward schwerfällig auf die andere Seite. Die Müdigkeit zerrt noch heftig an ihm und er lässt sie nur allzu gern ihre schlanken, äußerst nachdrücklichen Finger nach ihm ausstrecken. Warum auch nicht? Die langsam anbrechende Nacht dieses siebzehnten Dezembers ist mehr als ungemütlich. Den ganzen Tag über fiel ein klirrendkalter Eisregen vom durchgehend dunkelgrauen Himmel, der keinem noch so kleinen Strahl Sonne auch nur halbwegs eine Chance gelassen hat, und überzog Gotham mit einer tückischen Schicht aus Glatteis, sodass der Verkehr gezwungenermaßen zum Großteil zum Erliegen gekommen ist und die sonst so geschäftige Stadt in ihren Weihnachtsvorbereitungen einen herben Dämpfer verpasst bekommen hat. Davon weiß Nigma glücklicherweise noch nichts, wird es aber schon bald erfahren, denn das Wetter wird nun mit jedem Tag zusehends ein bisschen ungemütlicher...
 

Seufzend kuschelt er sich tiefer in die wohlige Wärme hinein und könnte gut und gerne noch viele Stunden so vor sich hinträumen, wäre da nicht eine Tatsache, die ihn bedächtig davon abzuhalten versucht. Angestrengt öffnet er ganz langsam die Augen und blickt dann direkt in die braunen Seelen des Jokers vor sich. Unweigerlich zuckt der Rätselmeister unter diesem seltsam durchdringenden Blick zusammen, was seine Müdigkeit zu einem beachtlichen Teil einfach ins Nirvana verschwinden lässt. Auf nimmer Wiedersehen, Geliebte, es war wirklich schön mit dir... „Beobachtest du mich etwa?“, fragt er den Clown mit noch leicht belegter Zunge. „Nur ein bisschen.“, kommt es sanft zurück. Edward will ihn schon bitten damit aufzuhören, damit er doch noch etwas weiterschlafen kann, aber da stehlen sich schon die Finger des Jüngeren unter der Decke hervor und streichen dem Brünetten eine verirrte Strähne auf dem Gesicht. Dabei liegt ein so liebevoller Ausdruck in den schokoladenfarbenen Augen, dass der Ältere unweigerlich schlucken muss und leicht rot anläuft.
 

Fast schon bestimmend ergreift Ed daraufhin die Hand seines Gegenübers, ehe sie fortfahren kann. Eigentlich denkt er, dass Joker jetzt vielleicht enttäuscht sein müsste, doch dem scheint nicht so. Der Grünhaarige lächelt nur wieder so ungewohnt sanft und überwindet dann den kurzen Abstand zu seinem Partner. Bevor Nigma sich ganz von dem Gedanken verabschiedet hat, doch nicht mehr einschlafen zu dürfen, erwidert er schon den innigen Kuss des Grünhaarigen und eine neue, mindestens genauso wohlige Wärme breitet sich in seinem Körper aus. Eine, die durchaus mehr verlangen könnte, und genau darin scheint auch die Absicht des Jüngeren zu liegen. Noch im Kuss gefangen spürt der Herr der Rätsel wie sein Gegenüber näher an ihn heranrückt, bis sich ihr Unterleib berühren kann, und seine Hand zärtlich über seine blanke Brust zu streichen beginnt. Wirklich etwas dagegen hat der Brünette nicht. Inzwischen hat er sich ziemlich gut mit dem Gedanken angefreundet auch noch die letzte Hürde mit ihm zu nehmen. Zudem wurmt es ihn selbst ein bisschen, dass sie neulich im Batmobil nicht beenden konnten, was sie begonnen haben, hatte er doch endlich genug Mut dafür aufbringen können. Doch das, was bis dahin zwischen ihnen war, erfüllt ihn mittlerweile mit einer schon beinahe nagenden Neugierde auf das, was noch kommen mag, sodass er all seine Bedenken und Ängste unter den Teppich kehren möchte.
 

„Willst du...“, setzt er möglichst lässig dazu an sich Klarheit zu verschaffen. „Ja, unbedingt! – Wenn du es auch willst, meine ich natürlich...“, entgegnet ihm der Grünhaarige erfreut und etwas unsicher. Riddler ringt sich ein kleines Lächeln ab. „Jetzt oder nie, würde ich mal sagen! Nicht das uns der Flattermann wieder dazwischenfunkt...“ Aus dem kleinen Lächeln wird schon fast ein keckes Grinsen, das begeistert vom Joker erwidert wird. „Das sollten wir auf keinen Fall zulassen!“, grinst er frech. Schon eine Sekunde später findet sich Edward auf dem Rücken liegend wieder, der Clown über ihn gebeugt auf seinen Oberschenkeln sitzend und einen erneuten Kuss von ihm stibitzend. Etwas überrumpelt geht der Ältere darauf ein. Ist sich der scheinbaren Dominanz des anderen jedoch einmal mehr überdeutlich bewusst, was ihn aber wieder ungewollt etwas nervös macht. Allerdings kommt er im Moment nicht dazu seine möglichen Bedenken zu äußern, denn der selbsternannte Prinz ändert seine Position ein wenig, sodass ihre langsam erweckten Erregungen nun nachdrücklich aneinander reiben. Ein sichtliches Verlangen breitet sich in Edward aus und verdrängt den Großteil seiner störenden Gedanken erst einmal.
 

Stattdessen vertieft er den Kuss etwas ungeschickt, legt dem Joker die Hände in den Nacken und zieht ihn noch etwas dichter zu sich heran. Das verstärkt sogar noch die Reibwirkung zwischen ihnen, sodass sie beide leicht in den Kuss hinein keuchen. Fahrig gleiten die Finger des selbsternannten Prinzen über die straffe Brust seines Partners. Erkunden dort jeden Winkel, jeden Muskel und die ein oder andere hauchfeine Narbe, die ein Überbleibsel irgendeines Kampfes mit Batman sein mag. Edward hält ihn erst einmal einfach nur fest und lässt ihn machen. Die Finger den Jüngeren verstärken ihre Bemühungen nun allmählich, setzen sich an den beiden Knospen fest und locken sie aus ihrem Schlaf. Hart strecken sie sich daraufhin den Störenfrieden entgegen und ernten dafür nur noch mehr Aufmerksamkeit. Ungeschickt beendet Nigma den Kuss schließlich und keucht. Daher machen sich die Lippen des Clowns nun an seinem Hals zu schaffen und jagen ihm einen erregten Schauer über den Rücken. Das Ganze fühlt sich gar nicht mal so schlecht an. Dunkel erinnert sich der Rätselmeister wie er einmal mit einer Dame zusammen war, die es ziemlich gut verstand ihn genau auf dieselbe Weise aufzuwecken, um ihm ihr Anliegen begreiflich zu machen. Ein kleines Lächeln huscht über seine Züge hinweg, wenn er daran denkt. Ja, das waren wirklich schöne Zeiten gewesen. Damals gab es noch keinen Batman, zumindest nicht für Edward Nigma. Da gab es auch noch keinen Riddler, obwohl sich der unbändige Drang bereits nachdrücklich in ihm zu formen begonnen hatte und nur noch von einer hauchfeinen Membran zurückgehalten wurde.
 

Schließlich gewann der unvermeidliche Realitätsverlust in seinem durcheinandergeratenen Geist die Oberhand, machte ihn zu dem zwangsgestörten Rätselmeister, der er heute ist, und beendete damit die Beziehung praktisch über Nacht. Es war die letzte, feste Bindung, die er seitdem zustande gebracht hat. Fortan konzentrierte er sich auf seiner Meinung nach wichtigere Dinge und stillte ein möglich aufkommendes Verlangen dahingehend, wenn überhaupt, nur mit irgendwelchen fragwürdigen Frauen von der Straße, die ein paar Stunden Befriedigung im Tausch für Geld versprechen konnten, ohne lästige Fragen zu stellen, sich über seine Marotten aufzuregen oder ihm im schlimmsten Fall Gefühle zu entlocken, die nichts weiter als hinderlich sind. Damals empfand er das gar nicht mal als so schlimm, obwohl er diese Frau eigentlich sehr geliebt hatte und etliche Jahre seines Lebens mit ihr verbrachte. Doch der Riddler in ihm hatte dafür keine Verwendung und reduzierte sein Denken stetig immer weiter auf das Wesentliche. Jetzt, wo ein Anderer ganz ähnliche Gefühle in ihm zu erwecken versucht, tut es ihm schon etwas leid, wie barsch er seine Freundin damals vor die Tür gesetzt hat, ohne mit der Wimper zu zucken oder ihr auch nur eine Träne nachzuweinen. Doch selbst wenn er es wollt hätte, könnte er es nicht mehr ändern, denn nur wenige Monate nach ihrer Trennung hat Edward erfahren, dass sie an einer Überdosis gestorben ist, und damit war dieses Kapitel für ihn endgültig abgeschlossen und unwiderruflich begraben.
 

Langsam verdrängt der Brünette diese unschönen Erinnerungen, denen er nie hinterher getrauert hat, und konzentriert sich wieder auf das Hier und Jetzt. Ihm entkommt ein weiteres Keuchen, als sich der Unterleib des Grünhaarigen heiß und verlangend gegen den seinen reibt. In diesem Augenblick erstirbt die letzte Erinnerung an seine Freundin endgültig mit ungeahnter Heftigkeit, weil er sich schlagartig bewusst wird, dass dort keine agile, junge Frau auf ihm hockt und ihn heiß zu machen versucht, sondern ein Mann! Um genau zu sein: Ein völlig durchgeknallter und unberechenbarer Irrer, der bewusst oder nicht unnachgiebig die Kontrolle über ihn zu erlangen versucht! Ein Schreck jagt durch seinen Körper und er schluckt angestrengt. Der Gedanke an die irgendwie überausgeprägte Dominanz des Jokers, der es laut eigener Aussage aber angeblich vorzieht sich einem anderen zu unterwerfen, schlägt regelrecht auf ihn ein und weckt neuerliche Zweifel in ihm. Ein Gefühl der Hilflosigkeit macht sich vehement in ihm breit, versucht ihn in Panik zu versetzen. Was ist, wenn der verrückte Clown gelogen hat? Was ist, wenn er ihn nur in Sicherheit wiegen wollte, damit er sein krankes Spiel brav mitspielt? Wenn es sich Edward so recht bedenkt hatte ihr Treiben auf der Rückbank des Batmobils rein gar nichts Ergebenes seitens des Jüngeren an sich. Im Gegenteil, Joker hat praktisch alles eigenmächtig bestimmt und sich nur leicht oder sogar widerwillig etwas von ihm ausbremsen lassen!
 

Was nun, wenn es diesmal genauso ist und er ihn einfach überrumpelt, sich nimmt, wonach ihm unzweifelhaft und überdeutlich der Sinn steht? Immerhin ist der Grünhaarige um einiges stärker als er und es dürfte daher nicht sonderlich schwer für ihn sein Nigma zu überwältigen. Zumal sich der Rätselmeister ja eh schon von ihm hat überrumpeln lassen, sodass er es in dieser Stellung schwer hätte den anderen loszuwerden, wenn dieser beschließen sollte wirklich ernst zu machen. Nun steigt doch Panik in ihm auf und alles schreit geradezu danach das Ganze entweder schnellstmöglich zu beenden oder zu seinen Gunsten zu ändern. „Joker – ah – warte...!“, bringt er keuchend hervor, während der Angesprochene gerade die Hand in seine ausgebeulte Shorts schiebt. Verwundert sieht ihn der Grünhaarige an. „Was ist?“ Verlegen senkt Riddler den Blick. Bei einer Frau bräuchte er sich in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen, ihr einfach geradeheraus zu sagen, was ihm nicht passt, ohne dabei schwach zu wirken, aber bei einem Mann ist das etwas anderes, und daher hat er irgendwie ein wenig Hemmungen ihm seine Bedenken so direkt ins Gesicht zu sagen, damit er auch versteht, was ihn bedrückt. „Können wir bitte die – die Stellung wechseln? Das macht mich etwas nervös...“ Mit leicht schiefgelegtem Kopf mustert ihn der andere, hatten sie im Batmobil doch eine ganz ähnliche Stellung. „Was denn? Ich hab doch gar nichts gemacht...“, kommt es etwas schmollend von dem Jüngeren.
 

Das hat Ed schon befürchtet. Joker versteht seine Miesere wieder nicht so richtig und er will ihm jetzt auch nicht erneut vorwerfen zu dominant zu sein. Das wäre schon ziemlich gemein, wo er doch wirklich noch nichts gemacht hat. Unsicher beißt sich Nigma auf die Unterlippe und denkt nach, wie er es ihm am besten beibringen kann, und dass möglichst ohne seine Gefühle zu verletzen oder ihn unnötig aufzuregen. Argwöhnisch beobachtet ihn der Clown währenddessen. Dann reißt er auf einmal die Augen auf und scheint zu begreifen, was sein Kollege für ein Problem hat. „Du hast schiss, dass ich dich doch aufs Kreuz legen könnte, hab ich recht?“, fragt er mit einem leicht kecken Grinsen gerade heraus. Dieses vergeht allerdings schnell wieder, als er den betroffenen Blick im Gesicht des Brünetten sieht. Sanft drückt er seine Stirn daraufhin gegen die des Rätselmeisters und legt ihm die Hände auf die erhitzen Wangen. „Jetzt guck doch nicht so! Ich habe dir doch schon gesagt, dass das absolut nicht in meiner Absicht liegt, völlig egal, wie ich vielleicht auf dich wirken mag. Ich will doch nur, dass du dich dabei auch wohlfühlst...“ Zärtlich haucht er ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und setzt sich dann neben ihn aufs Bett.
 

„Tut mir leid. – Das ist echt dämlich und das ist mir durchaus bewusst. Aber ich kann dagegen nun einmal nichts machen. Es ist so unglaublich fremd und ich ertrage für mich so undurchschaubare Situationen halt nicht besonders gut...“, versucht sich der Ältere etwas zu rechtfertigen. Joker lächelt nur wieder sanft, was ihn einmal mehr wie einen völlig normalen Menschen wirken lässt und nicht wie den geisteskranken Wahnsinnigen, den er sonst mimt. „Mach dir da mal keinen Kopf, mein Hübscher! Komm lieber her und zeig mir, was du kannst!“, winkt er schlicht ab und zieht ihn etwas stürmisch zu einem Kuss heran, auf den Ed wesentlich erleichterter eingeht und ihn nun seinerseits ins Laken drückt.
 


 

2
 

Nun hat er den aufgedrehten Clown unter sich, hat sozusagen die Kontrolle, und was fängt er damit jetzt an? Etwas grübelnd geht Riddler in sich und versucht einen geeigneten Ansatzpunkt für etwas zu finden, das ihm völlig neu ist. Ein Rätsel, dessen Lösung er eigentlich nie freiwillig finden wollte. Zudem mit einer Person, die ihn bis vor kurzem nur in Angst oder Rage versetzt hat und der er nachts allein nicht gern über den Weg gelaufen wäre. Es ist alles so unglaublich verwirrend und dennoch ist er in Begriff es zu tun. Sich Klarheit zu verschaffen, bevor einer von ihnen das Zeitliche segnet und das Rätsel endgültig mit ihm zu Grunde geht. Etwas ratlos stößt er ein Seufzen aus, was seinem Partner einen fragenden Gesichtsausdruck auflegen lässt. Dem Brünetten entkommt ein leicht nervöses Lachen. „Ich komme mir wirklich ein bisschen dumm vor, denn ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich das Ganze anstellen soll...“, bringt er schließlich über die Lippen, während sich ein sattes Rot über seine Wangen zieht.
 

Innerlich wappnet er sich schon dafür, dass Joker ihn auslacht, doch nichts dergleichen passiert. Stattdessen schlägt sich ein mitfühlender Ausdruck in den braunen Seelen nieder und er legt ihm wieder die Hände auf die Wangen. „Warum machst du es nicht einfach so, wie du es mit einer Frau gemacht hast?“ Der Angesprochene gibt ein schon fast verächtliches Schnauben von sich. „Aus dem ganz einfachen Grund, dass ich die meisten Frauen immer dafür bezahlt habe es mir zu machen, damit ich mir über so etwas nicht auch noch Gedanken machen muss.“, bringt er in einem Tonfall heraus, als wolle er sagen, dass das in seiner Position innerhalb der Gesellschaft doch völlig offensichtlich ist und somit Jokers Frage überflüssig. „Hattest du denn nie eine richtige Freundin?“, will der Jüngere daraufhin wissen. Für einen Moment schlägt Nigma die Augen nieder und erinnert sich ein letztes Mal an Sofia. „Doch, aber sie war dir in dieser Hinsicht ziemlich ähnlich und ich habe sie einfach machen lassen. – Ich habe ehrlich gesagt nie zu der Art Jungs gehört, die alles besprungen haben, was nicht bei drei auf dem Baum war. Der Gedanke an Sex kam mir zumeist irgendwie immer erst währenddessen, hatte ich das Gefühl...“ Langsam hebt sich die Augenbraue des Liegenden. „Irgendwie erkenne ich da ein Muster deiner Vorlieben, kann das sein?“ „Vielleicht...“, gesteht der Ältere leicht verlegen. „Aber obwohl du dich gern von einer Frau zu allem möglichen hinreißen lassen würdest, dich von ihr praktisch dominieren lässt, hast du dennoch schiss, dass ich etwas machen könnte, das du nicht willst, nur weil du vielleicht unter mir liegst?“, hakt der Grünhaarige noch einmal nach. „Ja, aus dem einfachen Grund, dass du keine Frau bist! Zudem bist du größer und stärker als ich, sodass du mich locker wieder abwerfen und in die Matratze drücken könntest, wenn dir das doch alles zu blöd wird, und du mich dann...“, Edward beendet den Satz nicht, doch seine Bedenken schlagen sich so überdeutlich in seinem Gesicht nieder, sodass der Rest keinerlei Worte bedarf.
 

Überraschend gelassen mustert ihn der selbsternannte Prinz. Trotz des nagenden Verlangens in ihm scheint er doch eine unglaubliche Ruhe mit dem Rätselmeister zu haben, was Ed irgendwie erstaunt wie auch bewundert, wo er doch sonst so ungestüm ist. „Du weißt doch, dass ich das niemals tun würde.“, seine Worte gleichen schon fast einer Frage und er blickt sein Gegenüber dabei fest an. „Ja schon, aber es könnte doch sein, dass ich hier noch eine Stunde vor mich hin grüble und doch nichts zustande bringe, und ich denke nicht, dass du so lange warten willst.“ „Glaub mir, ich habe schon länger auf manch anderes warten müssen und bin dennoch nicht gleich so durchgedreht, wie du es dir in deinem süßen Köpfchen zusammenreimen magst. So weit wird es also schon nicht kommen, mein Hübscher! Und selbst wenn, wäre das noch lange kein Grund für mich, dich einfach ins Kissen zu werfen und dich mir zu willen zu machen.“ Etwas hoffnungsvoller sieht der Brünette ihn an. „Aber das heißt ja nicht, dass ich dir nicht etwas unter die Arme greifen kann, wenn du nicht weiterkommst, oder?“, endet Joker schließlich, zieht vorsichtig sein Knie an und reibt damit nachdrücklich über die Erregung des Älteren hinweg. Ed bringt ein angestrengtes Keuchen hervor und sieht ihn wieder unschlüssig an. Ganz geheuer erscheint ihm diese Hilfestellung eher nicht.
 

„Warum machst du nicht einfach das, was ich gemacht habe? Dann hast du doch schon mal einen guten Ansatzpunkt und irgendwann geht der Rest dann von ganz allein.“, rät ihm der Prinz dann. Einen Augenblick scheint Riddler darüber nachzudenken und dann nickt er langsam. „Ich kann es ja mal versuchen...“, gibt er unsicher zurück und lässt sich von dem Liegenden dann zu einem Kuss verführen. Der Clown spreizt die Beine auseinander und Nigma lässt sich vorsichtig in den Zwischenraum gleiten. Als sich ihre heißen Erregungen erneut berühren, nur von zwei hauchfeinen Lagen Stoff getrennt, gleicht es schon fast einem Stromschlag, doch er zieht sich nicht wieder zurück. Er muss das jetzt einfach durchziehen, sonst macht es ihn noch völlig wahnsinnig!
 

Langsam trennen sie den Kuss und Edward legt die Lippen an den Hals seines Partners. Seine Hände platzieren sich derweilen auf der blassen Brust des Jüngeren, werden sich einen Augenblick darüber im Klaren, dass es sich hierbei nicht um den wohlgeformt Busen einer Frau handelt, ignorieren diese Tatsache jedoch vehement, gleiten dann sanft darüber hinweg und locken schließlich auch seine Knospen aus ihrem Schlaf. Als sich seine Finger ungeschickt daran zu schaffen machen, gibt der Grünhaarige ein wohliges Keuchen von sich und fährt ziellos mit den Händen durch Nigmas braune Strähnen. „Gefällt – dir das?“, kommt es unsicher von dem Rätselmeister. Joker stößt ein leichtes Kichern aus. „Frag mich doch so etwas nicht! Mach einfach, was du für richtig hälst!“, gluckst er. Unweigerlich fragt sich der Ältere, wie wohl die anderen Bekanntschaften des selbsternannten Prinzen in dieser Hinsicht so waren. Irgendwie vermutet er, dass sie noch weit dominanter gewesen sein müssen, als der Clown ihm selbst erscheint. Ruppig, streng, vielleicht sogar brutal? Einfach ungeachtet von allem eine schnelle Nummer schieben wollten, ohne Tamtam, Vorspiel, Gefühl, Rücksicht oder gar Verantwortung? Es muss daher sehr komisch für den Jüngeren sein jetzt so unerfahren, sanft und zaghaft-besorgt berührt zu werden. Riddler kommt sogar der Gedanke, dass er sich hier so viel anstrengen kann, wie er will und doch nichts Befriedigendes für den anderen zustande bringen wird. Das betrübt ihn zu tiefst, will er doch, dass es für sie beide schön wird, damit sie eine gute Erinnerung an den anderen haben, wenn einer von ihnen womöglich nicht mehr da ist oder sie das alles im Nachhinein entzweit...
 

Ganz hinten in seinem Kopf formt sich sogar der absurde Gedanke den anderen zu fragen, mit wie vielen Männern er schon das Bett geteilt hat. Ob es alles nur irgendwelche namenlosen Burschen von der Straße waren oder, ob es da auch etwas Dauerhafteres gab? Aber irgendwie bezweifelt Nigma das, hatte Joker ihm doch gesagt, dass es vorher noch nie jemanden gegeben hat, den er liebte. Schwamm drüber! Wichtiger ist nur das Rätsel, was diese Kerle letztendlich getan haben, um ihn haltlos über die Klippe zu werfen. Was nötig war, damit er zitternd vor Erregung unter ihnen erbebt ist. Ihre Namen hemmungslos in die Nacht hinausgeschrien hat. Andererseits will er das auch überhaupt nicht wissen, da er es nie mit diesen Typen aufnehmen könnte, wahrscheinlich nicht einmal außerhalb des Schlafzimmers, da er irgendwie der festen Überzeugung ist, dass es sich dabei um Männer handeln muss, die von Natur aus schon überausgeprägt maskulin rüberkommen, also eher so wie Batman. Ungezügelt, grob, mit wenig Geduld, einem aufgeblähten Ego und sehr von sich selbst überzeugt. Was also findet Joker dann nur an ihm? Immerhin ist Edward praktisch das tausendprozentige Gegenteil davon. Unsicher, viel zu nachdenklich, nervös, teilweise hypersensibel, ja geradezu ängstlich und kraftlos. Alles, was ihm einem anderen gegenüber nicht überlegen erscheinen lässt – was sich fast ausschließlich auf die geistige Ebene bezieht – macht ihn völlig fertig und lässt ihn haltlos an sich selbst zweifeln. Was könnte er also an sich haben, dass den Jüngeren so dermaßen an ihm reizt? Hat er vielleicht sogar die Nase voll von solchen Typen und sucht nun nach etwas Ernsterem, Sanfterem? Sucht er wahrhaftig nach wahrer Liebe und hofft sie bei Edward zu finden? Nigma kann sich nicht vorstellen, dass er ein solches Gefühl aus so einem brutalen Kerl herauskitzeln kann, dass das daher alles bisher nichts weiter als ein wildes Abenteuer für ihr war, um sich die Hörner abzustoßen, wie man so schön sagt. Und, dass er nun genug davon hat und irgendwie sesshaft werden will.
 

Diese Vorstellung gefällt dem Brünetten irgendwie. Andererseits macht es ihn fast rasend, wenn er sich vorzustellen versucht mit welcher Art Männer Joker bisher verkehrt hat. Es weckt eine primitive, fast schon animalische Art von Eifersucht in ihm, sie um jeden Preis auszustechen. Sich selbst zu beweisen, dass er ihnen in nichts nachsteht, auch wenn seine Methode bei weitem eine andere ist. Eine weißglühende Entschlossenheit macht sich nun in ihm breit, verbrennt ihn nahezu, doch sie dringt noch längst nicht an die Oberfläche. Dieser Platz wird noch vehement von der Unsicherheit in Anspruch genommen, was seine nächsten Worte deutlich beweisen. „Okay. – Aber du musst mir sagen, wenn du etwas nicht willst, ja?“ Kichernd haucht Joker ihm einen Kuss auf die Wange. „In Ordnung, auch wenn ich sehr bezweifle, dass du auch nur irgendetwas machen wirst, das mein Missfallen wecken könnte.“ Das Grinsen des Jüngeren hat in Eds Augen schon fast etwas Belustigtes an sich und in ihm flammt erneut der Gedanke auf, dass er den Verflossenen des Clowns nicht einmal ansatzweise das Wasser reichen könnte. Er einfach zu schwach ist, um ihm irgendwie wehtun zu können, nicht einmal ausversehen. Zu einfach gestrickt ist, um auf etwas so dermaßen Abwegiges zu kommen, das den Grünhaarige in eine prekäre Lage bringen würde, der er sich schleunigst entziehen möchte. Das Joker praktisch an der Mannhaftigkeit seines Gegenübers zweifelt, solange er nicht in irgendeiner Weise vom Gegenteil überzeugt wird. Kurz gesagt er Edward völlig offen heraus für einen Schlappschwanz hält – was auf die ein oder andere Weise sicher ziemlich viele Leute in Gotham tun, geht vom Riddler im Allgemeinen doch eher wenig Gefahr aus, was aber dennoch nicht verhindert, dass er neben dem Clown zu den gefürchtetsten Gegners Batmans zählt – und sich daran erst etwas ändern wird, wenn es Ed gelingt ihn völlig mit einer Technik zu überraschen.
 

Seltsamer Weise weckt das nicht nur erneut Eifersucht in ihm, sondern auch einen beachtlichen Funken Wut, von dem er gar nicht recht wusste, dass er ihn überhaupt empfinden könnte, wenn sich Batman nicht gerade über ihn lustig macht. Hält Joker ihn also wirklich für so schwach und wohlgesittet? Traut er ihm keine abstoßenden Fantasien zu? Wenn es sich Riddler so recht bedenkt, würde er sich selbst nicht einmal so etwas zutrauen, wodurch die Annahmen des Jüngeren also berechtigt wären. Das verletzt seinen Stolz auf eine ganz neue Weise, wie er plötzlich feststellt. Das heißt aber noch lange nicht, dass er schwach ist und sich nicht durchsetzen kann! Es dauert zwar eine Weile, bis er diesen Punkt erreicht hat und sein Denken weit genug aussetzt, aber er ist sicher, dass er es schaffen kann und dann wird Joker zitternd unter ihm liegen und um Erlösung betteln! Diese Vorstellung jagt einen zu tiefst erregten Schauer über seinen Rücken hinweg, eine Art Machtgefühl, das ihm bis dato völlig unbekannt war, und somit setzt er sich genau das für sein weiteres Vorgehen als Ziel. Soll der Jüngere doch von ihm denken, was er will. Umso überraschster wird er im Nachhinein sein!
 


 

3
 

Erneut fährt er mit den Händen über die Brust des Prinzen und mit den Lippen über dessen Hals. Dabei bildet er sich ein, eine leichte Ungeduld in seinem Partner spüren zu können. Kein Wunder wahrscheinlich. Seine vorherigen Bekanntschaften haben sich sicher nicht mit irgendeiner Art von Vorspiel abgegeben, sondern das Ganze einfach nur hart und schnell hinter sich gebracht. Mit einem völlig untypischen unterdrückten Knurren versucht Nigma das alles aus seinem Kopf zu bekommen, was ihm jedoch nicht gelingt, sodass es nur noch schlimmer wird. „Was hast du?“, fragt ihn der Clown daraufhin verwirrt. „Sei still!“, bekommt er erschreckend nachdrücklich die Antwort. Nigmas Gedanken nehmen immer bizarrere Formen an und hindern jegliche Vernunft in ihm. Bringen eine Seite zum Vorschein, die er selbst bis eben nicht kannte. Doch etwas ungläubig betrachtet der Jüngere dann, wie sich Nigma ein Stück entfernt, um sich seiner Shorts zu entledigen und ihm die seine auch zu entwenden. Entschlossenheit funkelt in den grünen Augen auf, wie sie der Irre noch nie bei ihm gesehen hat. „Ed, was...“, setzt er an, kann den Satz jedoch nicht zu Ende bringen. „Kannst du nicht endlich still sein!“, fährt ihn der Ältere auf einmal erstaunlich harsch an, sodass er sichtlich zusammenzuckt. Kurz darauf packt ihn der Rätselmeister an der Schulter und dreht ihn fast schon grob auf den Bauch, drückt sich keuchend und mit einem weiteren Knurren gegen ihn.
 

Ein sichtbares Unbehagen überkommt den einst so dominanten Clown auf einmal und er versteht überhaupt nicht mehr, was eigentlich los ist. Auf irgendeine ihm unbewusste Weise muss er einen Schalter in dem Brünetten betätigt haben, der ihn jetzt völlig austicken lässt. So spürt er, wie sich Riddler immer nachdrücklicher gegen ihn drängt, um sich Zugang zu ihm zu verschaffen. Doch das ist falsch! Das ist vollkommen falsch! Das ist nicht Nigma, wie er ihn kennen und lieben gelernt hat! Dieser Gedanke rast durch den mitgenommenen Kopf des Grünhaarigen, gleich einem ungebremsten Wagen auf einer Schnellstraße. „Ed, nicht!“, bringt er schwerlich hervor und ein ungewolltes Zittern gleitet über seinen Körper hinweg. Plötzlich hält der Brünette abrupt inne und wird sich bewusst, was er da gerade in Begriff war zu tun. Unsanft setzt er sich nach hinten auf die Matratze und starrt den anderen beinahe fassungslos an. Der Jüngere dreht sich vorsichtig wieder herum und sucht etwas scheu seinen Blick. Ein Gefühl, das vielleicht entfernt angst sein könnte, huscht dabei über seine braunen Augen hinweg. Für den Älteren ist es wie ein Schlag in die Magengrube. „Es – es tut mir leid...“, bringt Riddler fassungslos und den Tränen nahe hervor. „Schon gut. Aber was ist denn auf einmal los mit dir?“, kommt es unsicher zurück.
 

Der Angesprochene schweigt eine ganze Weile und sucht nach den richtigen Worten. Schließlich seufzt er schwer. „Ich – bin mir nicht ganz sicher. – Ich habe mir auf einmal ungewollt all die Männer vorgestellt, mit denen du schon im Bett gewesen sein könntest. – Und, dass ich ihnen völlig unterlegen bin. – Das ich mich allen Ernstes frage, was du eigentlich an mir findest, wo ich dir doch nicht einmal ansatzweise das bieten kann, was sie konnten...“, gesteht er mit hängenden Schultern. Der Clown sitzt ihm mit offenem Mund gegenüber und versucht das alles zu begreifen. „Wie bitte? – Du hast dir die Typen vorgestellt, mit denen ich Sex hatte, echt jetzt? Warum tust du denn nur so etwas?“ Riddler schweigt. Joker gibt ein resignierendes Seufzen von sich. „Versuch dir so etwas nicht vorzustellen, bitte! – Es mag für dich vielleicht nicht ersichtlich sein, aber ich bin nicht gerade stolz auf diesen Teil meiner Geschichte...“ Überrascht hebt Edward den Kopf und blickt ihn leicht argwöhnisch an.
 

„Sieh mich nicht so an, es ist so! Du magst mich vielleicht als dominant empfinden, weil dir schlichtweg in dieser Hinsicht die Erfahrung fehlt, doch für mich das ist eher eine Art Selbstschutz, ein Verdrängungsmechanismus. – Viele Erfahrungen habe ich nämlich nicht gerade freiwillig gesammelt! – Ich habe schlichtweg nur versucht der Einsamkeit zu entkommen. Nur für einen kurzen Moment einem anderen Menschen nahe sein zu können, dem es egal ist, wie ich aussehe, was ich gemacht habe oder was in meinem Kopf alles nicht stimmt. – Dafür habe ich einiges in Kauf genommen, von dem ich nie dachte, dass ich es ertragen könnte. Doch ich habe es ertragen, habe es sogar manches Mal gebraucht oder auf primitive Weise genossen. Doch es erfüllte mich nicht wie erhofft und ich war im Nachhinein jedes Mal zutiefst angeekelt von mir selbst und heilfroh wieder allein zu sein...“, betroffen schlägt Joker die Augen nieder und Nigma bricht es das Herz, dass ungewollt in ihm ausgelöst zu haben, hatte er doch keine Ahnung, wo ihm der Clown immer so entschlossen, selbstsicher und vorlaut erscheint.
 

„Du hast mich gefragt, was ich an dir finde. – Die Antwort ist, dass ich dich liebe! Wirklich von ganzem Herzen liebe! – Ein Gefühl, das ich bisher für niemanden so empfunden habe! Und ich will nicht, dass es kaputtgeht, nur weil du dir die triebgesteuerten Volltrottel vorstellst, die mich gedemütigt und in die Knie gezwungen haben, und dass nur weil ich vor Einsamkeit wahnsinnig geworden bin!“, heiße Tränen rinnen seine Wangen hinab und lassen seine aufgebrachte Stimme schließlich brechen. „Ich – ich hatte ja keine Ahnung...“, gesteht der Rätselmeister schließlich betroffen. „Jetzt hast du sie! Bist du nun zufrieden!“, faucht sein Gegenüber in Tränen erstickt. „Nein, weil ich dich nicht verletzen wollte und es jetzt doch getan habe...“, erwidert ihm der Ältere ehrlich und versucht ihn unbeholfen in die Arme zu nehmen, damit er ihn trösten kann. Doch Jokers Körper versteift sich nur und dann stößt ihn der Jüngere sogar kraftlos aber nachdrücklich von sich weg. Ein Klopfen ertönt von der Tür, doch der Brünette ignoriert es zuerst. „Es tut mir so leid...“, bringt er stattdessen ein weiteres Mal hervor. Mit einem unmelodischen Schniefen wischt sich der Grünhaarige fahrig über die feuchten Wangen und ringt sich ein schwaches Lächeln ab. „Schon gut. Es ist ja nicht deine Schuld, mein Hübscher. – Würdest du jetzt bitte an die Tür gehen?“ Mit einem betroffenen Nicken erhebt sich der Ältere, streift sich die Shorts wieder über und sieht nach, wer sie nun schon wieder stört, auch wenn dafür ja nur zwei Personen infrage kommen.
 


 

4
 

Man hätte es ahnen können, denn es ist Alfred mit der Nachricht, dass ein weiteres Monster aufgetaucht ist und Bruce diesbezüglich gerade den Polizeifunk abhört. In der Stadt sind wohl schon mehrere Leichen gefunden worden. Edward dankt ihm für diese Mitteilung und schon fünf Minuten später stehen die beiden Kriminellen angezogen in der Bathöhle. Eingehend mustert Bruce den Joker, ehe er zu seinem Bericht ansetzt. Nigma vermutet, dass es für den Detektiven nicht zu übersehen ist, dass der ausgeflippte Clown geweint hat, und der Jüngere gibt sich auch nicht sonderlich viel Mühe es zu verbergen, was ohne seine Schminke eh etwas schwer ist. Schließlich wird dem Grünhaarigen diese Beschauung zu viel, sodass er schmollend die Unterlippe vorschiebt und die Arme vor der schmalen Brust verschränkt. „Was glotzt du denn so?“, motzt er den Schwarzhaarigen an. Der Dunkle Ritter betrachtet ihn noch einen Moment schweigend, denkt sich vermutlich seinen Teil, dann beginnt er seinen Bericht.
 

„Letzte Nacht wurden drei Leichen gefunden, zwei in Crest Hill und eine in Gotham Village. Alle wiesen dieselben Merkmale auf: Zwei bis drei kleine Löcher am Hals. Ihre Körper waren vollkommen blutleer, sonst fehlte ihnen aber augenscheinlich nichts. Der abschließende Autopsiebericht steht allerdings noch aus. Vor einer Stunde wurde dann eine weitere Leiche mit demselben Muster in Robbinsville gefunden. Einige Leute werden langsam unruhig und fangen an wilde Geschichten von irgendeinem schaurigen Wesen zu erzählen, das sie des nachts gesehen haben wollen...“, verkündet Batman geschäftig und blättert dabei durch die wenigen Aufzeichnungen, die er bisher anfertigen konnte. „Sag nicht, wir jagen jetzt einen Vampir!“, entkommt es dem Joker mit einer Mischung aus Belustigung und leicht erschrockenem Unglauben. Sein auch ohne die Schminke schon blasses Gesicht zeigt nun keine verräterischen Spuren seines Gefühlsausbruchs mehr, sondern hat die ungesunde Farbe von kindlicher Furcht angenommen, die bei ihm so völlig fehl am Platz wirkt, wie ein Haifisch in einer Badewanne. Bei den Worten des Grünhaarigen fasst sich Riddler unbehaglich an den Hals, spürt dabei die tröstende Glätte seines Hemdkragens und der Krawatte, doch beruhigen tut es ihn keineswegs. Er schluckt schwer und ist mindestens genauso blass wie sein Kollege.
 

Bruce hebt lediglich ungläubig eine Augenbraue. „Ich denke nicht, dass es sich dabei um einen echten Vampir handelt.“ „Wie kannst du dir da so sicher sein? Denk doch nur mal an all die Schauergestalten, die wir schon zur Strecke gebracht haben!“, erinnert ihn Nigma fast schon hysterisch. „Es passt einfach nicht ins Muster dieses Professors.“, gibt der Detektiv erstaunlich ruhig zurück. „Wie meinen Sie das, Sir?“, will Alfred nun wissen und nimmt den beiden Ganoven damit das Wort aus dem Mund. „Ganz einfach: Ein Vampir wäre zu offensichtlich und zu bekannt. Denkt doch mal an die Wesen, denen wir gegenüberstanden. Habt ihr je zuvor von auch nur einem davon gehört?“, eindringlich betrachtet sich Wayne seine Mitstreiter. Diese schütteln schließlich stumm den Kopf. „Und das ist der Punkt! Norris bediente sich stets völlig unbekannter Wesen, die zumeist auch noch auf anderen Kontinenten heimisch waren und dessen Existenz schon an sich so unglaubwürdig war, dass sich der Irrglaube daran kaum über die Landesgrenzen hinaus verbreitet hat. Außerdem würde ein Vampir nicht ins allgemeine Bild passen, da er zu menschlich erscheint...“ „Was ist mit der Teketeke vom letzten Mal? Fällt die auch raus? Immerhin war sie laut seinen Aufzeichnungen sogar mal ein richtiger Mensch.“, wirft der Clown plötzlich ein und bringt den selbsternannten Rächer damit kurzzeitig aus der Fassung.
 

Bruce gibt ein verstimmtes Brummen von sich. „Da ist schon etwas dran, dennoch glaube ich nicht, dass wir jetzt einen echten Vampir jagen.“, beharrt er weiterhin etwas stur. „Einen Chupacabra.“, kommt es plötzlich von Edward, der die Nase tief ins Notizbuch des Professors vergraben hat. „Was für ein Wonderbra?“, fragt Joker irritiert. „Chupacabra.“, wiederholt es der Rätselmeister noch einmal langsam und deutlich und ignoriert dabei die Anstößigkeit in dem, was sein Kollege verstanden haben will. Fragend sehen ihn die anderen an. Der Brünette atmet tief durch und beginnt dann den niedergeschriebenen Text vorzulesen:
 

„Zu den bevorzugten Opfern des Chupacabra gehören Ziegen, Schafe, aber auch Federvieh und andere Tiere. Alle angeblich von der Kreatur getöteten Tiere weisen zwei oder drei kleine Bisslöcher auf, und die Kadaver sind blutleer. Einige Zeugen berichteten von einem entsetzlichen Gestank nach Schwefel, andere von Batteriesäure und Urin. Die Beschreibungen des Ungeheuers haben sich jedoch über die Jahre gewandelt: Von reptilienähnlichen Wesen zu haarlosen, hundeähnlichen Kreaturen mit langen Vampirzähnen. Seitdem ist der Chupacabra unter anderem in Mexiko, Chile, Nicaragua und Argentinien aufgetaucht, aber auch in diversen Bundesstaaten der USA – eigentlich immer dann, wenn Farmtiere unter rätselhaften und ungeklärten Umständen zu Tode kamen. Der Chupacabra soll etwa 1 – 1,5 m groß sein und auf seinem Rücken Stacheln tragen, die er nach Bedarf einziehen kann. Wie ein Chamäleon soll er seine Farbe beliebig an Hintergrund und Stimmung anpassen können.“
 

Unwohl blickt der Herr der Rätsel wieder zu den anderen auf und klappt das Buch zu. Das Geräusch, das dabei entsteht, wirkt in der erdrückenden Stille der Höhle viel zu laut und zu endgültig. „Klingt ja wirklich einladend. Da wäre mir ein Vampir schon fast lieber...“, meint der selbsternannte Prinz verstimmt. Einen Moment später erhebt sich Batman von seinem Stuhl. Inzwischen geht es seinem verletzten Bein schon wieder viel besser und er kann sich weitgehend ohne Schmerzen bewegen. Doch dieser Einsatz wird sicher nicht sonderlich gut für die restliche Heilung sein, weil er sich da keinesfalls vorsichtig und mit Bedacht bewegen kann. Aber das ist unwichtig, völlig unwichtig. Gotham braucht ihn, die Menschen brauchen ihn und da kann er keine Rücksicht auf seinen eignen Körper nehmen! Zudem will er die beiden Spinner nicht wieder allein losschicken, nicht nach dem erneut zerstörten Bordmonitor und schon gar nicht bei diesem Wetter und möglichen weiteren Todesopfern. Und am wenigsten nach dem, was scheinbar vorgefallen sein muss, da Joker ganz sicher nicht aus heiterem Himmel angefangen hat zu weinen – irgendetwas stimmt also nicht zwischen den beiden und da kann und will er einfach kein Risiko eingehen. Nicht, dass sich die beiden noch an die Gurgel springen, statt sich um dieses Vieh zu kümmern oder schlimmer noch, sich wieder streiten und jeder seiner Wege zieht. Es dürfen nicht noch mehr Leute einen grausamen und sinnlosen Tod sterben, nur wegen dieses geisteskranken Wissenschaftlers und der möglichen Unfähigkeit seiner beiden Helfer! „Wir müssen uns beeilen!“, gibt er daher leicht gehetzt von sich und mustert seine zwei unfreiwilligen Begleiter eingehend. Stumm folgen sie ihm schließlich zum Batmobil.
 

„Du fährst!“, entkommt es ihm dann zur großen Überraschung der beiden, während er Joker die Schlüssel zuwirft. Verwirrt blickt ihn der Clown über das Wagendach hinweg an. „Bist du sicher, dass du nicht Eds meinst?“, hakt der Jüngste irritiert nach, da er bisher ja noch nie aus Bruce´ eigenem Willen heraus fahren durfte. „Nein, ich meine dich! Wir müssen schnell dorthin und ich will mein Bein so lange wie möglich schonen. Zudem sind die Straßenverhältnisse heute Nacht nicht sonderlich einladend, von daher denke ich, dass du am besten damit klarkommen wirst.“, erklärt sich der Schwarzhaarige zur Abwechslung einmal erstaunlich weitläufig. Blinzelnd sieht Joker zu seinem Partner hinüber, der nur mit den Schultern zuckt. „Was meinst du denn damit, dass die Straßenverhältnisse nicht sonderlich gut sind?“, will Riddler dann doch wissen, da er schon unter günstigen Bedingungen der Ansicht ist, dass der Clown in einem früheren Leben Kamikaze- oder Stuntfahrer gewesen sein muss, und ihm bei der Vorstellung, dass die Straßenverhältnisse zu Wünschen übriglassen und der Grünhaarige dann am Steuer sitzt, das Herz in die Hose rutscht.
 

„Den Tag über gab es fast ununterbrochen Eisregen. Die Temperatur liegt jetzt bei minus zwölf Grad und praktisch ganz Gotham ist von einer dicken, spielglatten Eischicht überzogen, die das normale Leben förmlich zum Erliegen gebracht hat. Seit heute Mittag fahren keine Züge mehr, Autos wenn überhaupt nur mit Schneeketten und im Schritttempo. Fußgängern wird geraten Zuhause zu bleiben, aber die Leichen beweisen, dass sich nicht sonderlich viele Leute daranhalten, was im Vorweihnachtsgeschäft vielleicht verständlich sein mag.“ Mit offenem Mund hört Nigma ihm zu. „Und dann willst du allen Ernstes, dass er fährt? Das ist doch glatter Selbstmord!“, platzt es praktisch aus ihm heraus. Dafür erntet er einen verächtlichen Blick seitens des selbsternannten Prinzen, den er aber ignoriert. Er weiß selbst, wie fies das gerade klang, aber gegen seine Bedenken und bisherigen Erfahrungen in dieser Hinsicht kann er nun einmal nichts machen. Batmans Antwort überrascht ihn daher doch ziemlich. „Selbstverständlich ist es Selbstmord, aber etwas anderes bleibt uns nicht übrig. Außerdem ist das Batmobil schließlich kein gewöhnliches Auto und kommt mit so etwas bestens klar.“ Damit ist die Diskussion beendet und der Dunkle Ritter setzt sich auf den Beifahrersitz, um ihm Ernstfall vielleicht doch eingreifen zu können.
 


 

5
 

Mit heulendem Motor jagt das gepanzerte Fahrzeug aus der Höhle heraus und durch den angrenzenden Wald. Die engstehenden Bäume und der unebene Untergrund haben dem Eisregen hier aber nicht viel Angriffsfläche geboten, sodass die Reifen problemlos greifen, ohne auch nur den Ansatz von irgendetwas Komischem erkennen zu lassen. Das ändert sich jedoch schlagartig, als das Batmobil die Robert Kane Memorial Bridge erreicht. Die Brücke ist seit dem Mittag für den Verkehr gesperrt, da die Fahrbahn einem einzigen Spiegel gleichkommt, obwohl sie für gewöhnlich doch recht rege benutzt wird. Sichtbar ist die Sperrung der Überführung aber auch nur durch eine blinkende Anzeige über der Einfahrt zur Brücke, die auf die bescheidenen Straßenverhältnisse hinweist. Es gibt keine Blockade oder dergleichen, die jemand Tollkühnen daran hindern würde sie zu benutzen. Der Anblick der spiegelnden Oberfläche reicht scheinbar schon aus, um dem gesunden Menschenverstand klarzumachen, dass es sinnvoller wäre hier nicht langfahren zu wollen. Das vereinfacht es Joker allerdings, nun praktisch ungebremst auf die Brücke zu zusteuern.
 

Kaum, dass die breiten Reifen die spiegelnde Fahrbahn berühren, bricht auch schon das Heck des Wagens ruckartig aus und droht das ganze Gefährt im Kreis herumzuschleudern. So viel zum Thema, dass das Batmobil doch etwas Besonders ist und bestens damit klarkommen wird... Mit einem Anflug von Panik krallt sich Riddler regelrecht in das Poster der Rückbank und zieht mit zitternden Fingern seinen Gurt straffer. Der Clown auf dem Fahrersitz gibt ein fast schon überraschtes Knurren von sich und versucht vehement das Ausbrechen des Batmobils zu verhindern. Dabei wirkt er dennoch so ruhig und gefasst, als würde er stattdessen in einem Cabrio eine entspannte Spritztour machen, statt womöglich einem schmerzhaften, wenn nicht gar tödlichen Zusammenstoß mit einem Brückenpfeiler entgegen zu schlittern. Auch der Dunkle Ritter verzieht kaum eine Miene, als würde er Joker zur Abwechslung wirklich einmal blind vertrauen. Diese Tatsache schockiert den Brünetten noch weit mehr, als die Fahrbahnverhältnisse, und er ist sich sicher in einem Albtraum gefangen zu sein. Das er vorhin gar nicht von dem Grünhaarigen geweckt wurde, keinen ungewollten Streit mit ihm angefangen hat, nichts dergleichen. Sondern, dass er von seinem wohligen Schlaf aus ihm völlig unerfindlichen Gründen in einen entsetzlichen Albtraum gestürzt ist, der vielleicht sogar die bevorstehende Zukunft zeigt. Ihm zeigt, wie er wirklich sterben wird. Nicht durch die Hand eines dieser grausigen Monster, sondern durch die Hand des geisteskranken Clowns hinter dem Steuer des Batmobils, und das auch noch während der edle Ritter persönlich ungerührt neben ihm sitzt und keinen Finger rührt, um dem entgegenzuwirken!
 

Nigma schließt schon mit seinem Leben ab – der Brückenpfeiler kommt unaufhaltsam näher – da rührt sich Bruce scheinbar doch noch. Aber bevor seine Finger den womöglich rettenden Knopf am Armaturenbrett erreichen können, kommt Joker ihm zuvor. Der Clown reißt das Steuer ein letztes Mal gewaltsam entgegen der Drehrichtung des Wagens und schlägt dann praktisch blind mit der geballten Faust auf denselben Knopf, den sein Sitznachbar gerade betätigen wollte. Ein holpriger Ruck gleitet unter dem Fahrzeug hinweg und scheint es irgendwie anzuheben, dann folgt ein anhaltend knirschender Laut, als sich die ausgefahrenen Metallsporne um die vier Reifen in das Eis hineinbohren. Ein kreischendes Schaben ertönt, während die Dornen das schwere Batmobil an der Rotation zu hindern versuchen. Der gepanzerte Wagen ist noch gar nicht ganz aus seiner Kreisbewegung heraus, da tritt der Grünhaarige auch schon das Gaspedal voll durch. Batman gibt ein verstimmtes Brummen von sich, hat er sich das Ganze wohl doch nicht so vorgestellt. Für einen erschreckenden Augenblick kommt der Brückenpfeiler wieder furchteinflößend und vernichtend näher, sodass Edward schon schützend die Hände vors Gesicht hebt. Die Vorderachse holpert unmelodisch polternd über den schmalen Bordstein vor dem Pfeiler und dann richtet sich die Schnauze des Wagens wieder in Fahrrichtung aus. Die gespornten Reifen greifen mit einem hohen Quietschen, fressen sich dann ins Eis hinein und schieben das Gefährt schließlich ordnungsgemäß über die Brücke, als wäre nichts gewesen.
 

„Ha!“, kommt es triumphierend vom selbsternannten Prinzen. Vorsichtig öffnet Ed daraufhin die Augen und blickt auf die Straße hinaus. Dabei kann er gerade noch das winzige, aber irgendwie zufriedene Schmunzeln auf Waynes Lippen erkennen. Scheinbar hat ihn sein Instinkt, was Jokers Fahrkünste betrifft, doch nicht ganz im Stich gelassen. Riddler ist davon jedoch keineswegs angetan. Wie schon bei seiner letzten Fahr mit dem Verrücken ist ihm auch jetzt wieder kotzübel und er ist sehr froh, dass sie keine Zeit mehr zum Essen hatten. Zudem ist er heilfroh, dass er vor dem schon fast überstürzten Aufbruch darauf bestanden hat noch einmal aufs Klo gehen zu dürfen, sonst hätte er sich jetzt definitiv in die Hosen gemacht. „Alles klar, mein Hübscher?“, fragt der Jüngste schließlich grinsend. Der Brünette straft ihn mit einem zornigen Blick, der den anderen aber keinesfalls zu kümmern scheint. „Ich hasse dich!“, knurrt er zwischen zusammengebissenen Zähnen und unterdrückter Übelkeit hervor und hofft inständig, dass der andere nicht hört, wie sehr seine Stimme dabei noch flattert. Jokers Grinsen wird noch einen Schlag breiter. „Ich liebe dich auch!“, flötet er ausgelassen zurück, während die Brücke hinter ihnen verschwindet und sie nach Crest Hill einfahren. Allmählich kommt dem Rätselmeister der Gedanke, dass der Grünhaarige das alles vielleicht auch zu einem gewissen Teil mit Absicht gemacht hat, um sich für den unschönen Streit von vorhin zu rächen. Edward kann es ihm nicht einmal verübeln, das war wirklich mehr als dämlich. Wie konnte er auch nur auf so hirnlose Fantasien kommen? Er findet keine Lösung, versteht sich selbst in diesem Fall nicht einmal. Und so verzieht sich die Wut über dieses halsbrecherische Manöver wieder aus seinen grünen Augen und er denkt stattdessen darüber nach, wie er es wiedergutmachen könnte.
 

Derweilen weist Bruce den Jüngsten an welchen Weg er einschlagen soll, damit sie sich die Fundorte der Leichen anschauen können. Viel finden sie an den entsprechenden Plätzen aber nicht mehr, die Spurensicherung war trotz des grauenhaften Wetters ungewohnt gründlich. Das heißt aber auch, dass sie nicht wirklich einen Anhaltspunkt haben, um dieses Biest zu finden. Fast schon ziellos bewegt sich das Batmobil daher durch die erdrückende Dunkelheit, während seine drei Insassen die Augen nach jeder noch so kleinen Ungewöhnlichkeit offenhalten.
 


 

6
 

Sichtbar zuckt der Schwarzhaarige irgendwann auf seinem Sitz zusammen und wendet beinahe hastig den Blick von der Straße ab. „Fahr sofort zurück nach Robbinsville!“, lässt er verlauten. Verwundert blickt ihn der Joker von der Seite an. „Was? Warum?“ „Frag nicht, tu es einfach!“, kommt es unmissverständlich von dem Dunklen Ritter zurück. Statt seiner Forderung nachzukommen, mustert der Clown ihn argwöhnisch. „Warte...“, grübelt er nach. „Nein! Tu, was ich dir gesagt habe!“, erwidert Batman jetzt äußerst ungehalten. Ein Funken der Erkenntnis huscht daraufhin über die braunen Augen hinweg. „Hier in der Nähe ist es passiert, stimmst? Crime Alley! Hier wurden deine Eltern ermordet!“, kommt es dem Grünhaarigen dann über die Lippen. Plötzlich fällt es auch Edward ein. Jetzt, wo er weiß wer hinter Batmans Maske steckt, erinnert er sich an die endlosen Berichte in den Zeitungen von damals. Selbstverständlich war er vor so vielen Jahren selbst noch ein kleines Kind und hat sie daher gar nicht wahrgenommen, doch jetzt leuchten sie praktisch in seinem Kopf auf wie Neonreklamen. Allerdings hat er nicht die Zeit sie genauer zu ergründen, denn Bruce verliert deswegen schlichtweg die Beherrschung.
 

Grob packt er den Clown am Kragen und drückt ihn gegen die Fahrertür, ungeachtet der Tatsache, dass Jokers Fuß noch auf dem Gaspedal liegt und er die Hände nicht mehr am Lenkrad hat. „Sei endlich still!“, faucht der selbsternannte Rächer und droht seinem Gegenüber mit der geballten Faust. Nigma ist von der heftigen Reaktion des Dunklen Ritters doch ziemlich überrascht, wirkt Batman doch sonst immer schon fast unmenschlich gefasst – zumindest unter normalen Umständen, die seit ihrer ungewollten Zusammenarbeit völlig außer Kraft gesetzt scheinen –, andererseits kann er sie auch irgendwie nachvollziehen, auch wenn sie im Moment mehr als unangebracht ist. Dennoch ist es eine ganz schlechte Idee seinem tiefsitzenden Kummer ausgerechnet bei voller Fahrt freien Lauf zu lassen, erst recht bei diesen Witterungsverhältnissen! „Hey, ganz ruhig, Batsy!“, versucht sich Joker halbherzig aus seinem Klammergriff zu befreien. Der Angesprochene gibt nur ein wütendes Knurren von sich, packt den Kragen des Clowns fester und drückt ihn so sehr gegen die Fahrertür, dass er sich kaum noch bewegen kann. Unglücklicherweise rutscht Jokers Fuß dabei vom Gaspedal und sein Knie stößt gegen das Lenkrad. Dieses schlägt dadurch eine andere Richtung ein und bringt den schweren Wagen trotz der Dornen an den Reifen erneut vom Kurs ab, sodass er wieder zu schlingern beginnt. Das alles scheinen die beiden Streitenden gar nicht mitzubekommen, Edward jedoch schon. Dennoch kann er nicht wirklich etwas dagegen tun. Mit schreckgeweiteten Augen starrt er durch die Windschutzscheibe, sieht wie sie holpernd über den Bordstein fahren, und dann taucht der dunkle Umriss eines Opernhauses vor ihnen auf – genau das Opernhaus, das die Familie Wayne vor der Tragödie noch besucht hatte!
 

Nicht mehr lange und sie werden unweigerlich mit diesem Bauwerk kollidieren. „Hört sofort auf damit!“, gebärt sich Nigma hysterisch, doch er trifft nur auf taube Ohren wie es scheint. Bruce hebt erneut die Faust und diesmal holt er auch aus. „Oh, nein! So haben wir nicht gewettet, Großer!“, knurrt der Grünhaarige. Während das Opernhaus schon die gesamte Größe der Windschutzscheibe eingenommen hat und es nur noch Sekunden bis zum unvermeidlichen Zusammenstoß sind, zieht der Jüngere plötzlich das Bein hoch. Es gleicht einer schwierigen Zirkusnummer, so verrenkt wirkt das Ganze in der Enge des Wagens und der Nähe der beiden Männer. Dennoch gelingt es Joker erstaunlich leicht und so drückt er seinen nackten Fuß gegen Batmans Brust und stößt ihn dann kraftvoll von sich weg. Überrumpelt knallt der Mitternachtsdetektiv gegen die Tür auf der Beifahrerseite, wirkt einen Moment benommen, sodass sich der selbsternannte Prinz wieder vernünftig hinsetzen kann. Gerade, als er jedoch das Lenkrad ergreift und den kurzbevorstehenden Zusammenstoß verhindern will, rappelt sich Bruce wieder auf und versucht erneut auf ihn loszugehen. Der Verrückte reißt allerdings grob das Lenkrad herum, streift die Stufen des Opernhauses ganz knapp, sodass ein kreischendes Geräusch vom Unterboden der Karosserie aufsteigt und seine Mitfahrer heftig in die Sitze hineingedrückt werden.
 

Der schwere Wagen beschreibt trotz der spitzen Dornen eine volle Drehung auf dem Eis, bevor er schließlich zum Stehen kommt. „Du verfluchter...“, setzt Wayne an, um seiner blinden Wut Luft zu machen, doch weiter kommt er nicht. Überrascht erstarrt er in seiner Bewegung und blickt dabei mit großen Augen in die dunkle Mündung einer Waffe! Er braucht einen Moment, um festzustellen, dass es sich dabei um seine eigene Enterhakenpistole handelt, die nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht schwebt. Mit angehaltenem Atem verfolgt Riddler die Szene. Erneut ist er nahezu fassungslos, hat er doch gar nicht mitbekommen, wie Joker an die Waffe herangekommen ist. Über die Mündung hinweg sehen sich die beiden Kontrahenten in die Augen, wobei regelrecht Funken zwischen ihnen zu sprühen scheinen. „Schluss jetzt, verdammt noch mal! Allmählich hat meine Gutmütigkeit mit dir auch mal ein Ende! Denn ich habe keine Lust als tiefgefrorene Straßenpizza zu enden, nur weil du nicht darüber hinwegkommst, dass dich Mami und Daddy verlassen haben! – Scheiße, sei doch froh, dass du so großartige Eltern hattest! Immerhin haben sie alles für dich getan, dich geliebt! Ich habe mir Tag für Tag auch nur ein winziges Stück von diesem Glück gewünscht! Doch stattdessen wurde meine Mutter vor meinen Augen von meinem eigenen Vater im Vollrausch erstochen! Und als wenn das nicht schon schlimm genug gewesen wäre, fiel er danach auch noch über mich her! Und jetzt sieh es dir an, dieses kranke Grinsen in meinem Gesicht, das ich nur ihm zu verdanken habe! Also komm endlich runter von deinem beschissen Ego-Gefühlstripp und akzeptiere, dass es anderen auch nicht besser ergangen ist! Sonst schwöre ich dir beim Grab meiner Mutter, stirbst du heute Nacht noch und dass ganz sicher nicht wegen so einem räudigen Vieh!“
 

Heftig zitternd liegt der Finger des Jokers auf dem Abzug der Waffe. Seine Wangen glühen aufgebracht, seine Stimme so schrill, dass sie einem die Trommelfelle zu zerreißen droht, und heiße Tränen rinnen an seinen Wangen herab wie Sturzbäche. Seine braunen Augen haben wieder dieses grausige Schwarz angenommen, das Nigma schon beim Kampf gegen die Teketeke bei ihm gesehen hat. Dem Brünetten wird daher klar, wie ernst es der Jüngste also meint. Wieder findet er es nur allzu verständlich nach allem, was sie schon durchgemacht haben – was Joker selbst schon durchmachen musste. Riddler vermutet sogar, dass Joker das alles bisher niemandem erzählt hat – Ed hat es bis eben jedenfalls nicht gewusst und in den Arkham-Akten steht davon auch nichts –, er hat es vermutlich schlichtweg ebenso verdrängt wie seinen eigenen Namen, aus dem einfachen Grund sich das letzte bisschen seines Verstandes noch irgendwo zu bewahren, statt vom Wahnsinn zerfressen die ganze Stadt niederzumetzeln und doch keinen Trost für seinen Schmerz und seine Einsamkeit zu finden. Doch jetzt ist es einfach aus ihm herausgebrochen, weil er Batmans Macken nicht mehr standhalten konnte, ebenso wie der Dunkle Ritter es nicht ertragen kann ungewollt zu dem Ort zu kommen, an dem seine Eltern vor seinen Augen so grausam aus seinem Leben gerissen wurden. In diesem Moment sind sich die beiden Rivalen auf unheimliche Weise völlig eins – vereint in Schmerz und Wahnsinn – und sie werden nicht eher Ruhe geben, bis nicht einer von ihnen den letzten Atemzug macht!
 

Nicht sonderlich überrascht registriert der Rätselmeister aber, dass Bruce die Worte des Clowns nur trotzig hinzunehmen scheint. Keinerlei Regung schlägt sich in seinem Gesicht nieder, abgesehen von der tiefen Verletztheit durch den Tod seiner Eltern. Es scheint ihn überhaupt nicht zu kümmern, dass Joker ebenfalls Schreckliches – sogar Schlimmeres – durchgemacht hat und ihm gerade praktisch erzählt hat, was ihn letztendlich zum Joker gemacht hat, da er niemanden hatte, der ihm in dieser schweren Zeit beigestanden hat, im Gegensatz zu Bruce, der immerhin Alfred hatte – und eine ganze Stadt, die stets hinter ihm stand, ob er es nun wollte oder nicht. „Dann drück doch endlich ab, du verrücktes Großmaul!“, knurrt Batman schließlich und das bringt das Fass endgültig zum Überlaufen. Das Gesicht des Jüngsten verzieht sich zu einer abgrundtief zornigen Fratze, seine Augen gleichen glänzendem Teer. Sein Finger krümmt sich ruckartig um den Abzug... „Nein!“, entkommt es Edward atemlos. Geistesgegenwertig ergreift er die Hand seines Kollegen in genau dem Moment, indem sich der tödliche Schuss löst. Ein kaum hörbarer Knall und eine kleine Qualmwolke breiten sich im Innenraum des Wagens aus, und als sich der weiße Nebel wieder auflöst, steckt der Enterhaken tief in der Dachverkleidung des Batmobils, statt in der Brust des Schwarzhaarigen. Mit leeren Augen starren sich die beiden Rivalen einfach nur an, versuchen zu begreifen, was gerade passiert ist.
 

Vorsichtig windet Ed dem Prinzen die Waffe aus der Hand und lässt sie ungeachtet zu Boden fallen. „Joker? Ist alles in Ordnung? – Vielleicht sollte ich lieber weiterfahren...“, setzt der Rätselmeister an, wobei seine Stimme erstaunlich ruhig klingt, es in ihm aber noch förmlich vor Panik schreit. Der Angesprochene erwidert ihm nichts, wendet sich aber fast wie ferngesteuert zur Tür um und steigt aus, während Bruce unablässig den Blick auf ihn richtet, als fürchte er einen erneuten Ausbruch. Kurz sucht Nigma Batmans Augen, kann darin aber nur wieder Abscheu und Misstrauen ihnen gegenüber erkennen, und steigt dann ebenfalls aus.
 

Das Eis ist von der wilden Fahrt des gespornten Wagens so aufgerissen, dass es ihm nicht einmal schwerfällt sicher darauf zu stehen. Dem Clown scheint es ebenso zu gehen, obwohl er ja nicht einmal Schuhe anhat. Er steht dort vor ihm, mit hängenden Schultern, tränenfeuchten Wangen, die sich in der beißenden Kälte zu brüchigen Spiegeln verwandeln und damit der Straße nur allzu ähnlichsehen. Etwas unschlüssig verweilt Nigma, weiß nicht recht, was er jetzt tun soll. In keinem Fall will er den Verrückten jedoch dazu antreiben sich wieder in den Wagen zu setzen, damit sie weiterfahren können. Das wäre in jedem Fall ein tödlicher Fehler...
 

Das Denken wird ihm jedoch schon kurz darauf abgenommen, als ein heftiges Zucken durch den schmächtigen Körper des Prinzen geht. Einen Moment später zieht ihn der Jüngere so fest und plötzlich in seine Arme, sodass mehrere von Eds Rückerwirbeln ein überfordertes Knacken von sich geben. Instinktiv wehrt sich Riddler jedoch nicht dagegen. „Danke...“, haucht ihm sein Gegenüber dann mit belegter Stimme ins Ohr. Nigma weiß, dass es eigentlich Jokers innigster Wunsch ist Batman eines Tages zu töten, doch nicht heute Nacht – nicht aus so einem dummen Grund. Er will die Angst, die Resignation und das nackte Entsetzen in den blauen Augen des Dunklen Ritters sehen können, wenn er ihm den Gnadenstoß verabreicht. Sich daran ergötzen, wie er schwach und blutüberströmt um Gnade winselt, und das soll ganz sicher nicht aus einem so kindlichen Streit resultieren, wo Bruce sich förmlich auch noch über ihn lustig macht, weil er weiß, dass Joker zwar abdrücken würde, Riddler es aber unter diesen Umständen niemals zugelassen hätte, dass die Waffe auch ihr Ziel findet. Mehr als nur perfide und selbstsicher von dem selbsternannten Rächer, wie der Rätselmeister zugeben muss, aber im Endeffekt hat er ja recht damit gehabt. Andererseits hätte Ed es nur zu gern gesehen, wie der Haken Wayne durchbohrt, nach allem was schon zwischen ihnen war, und erst recht nachdem sein inzwischen geliebter Partner so am Boden zerstört ist. Doch die Vernunft in dem Brünetten hat gesiegt und der Rächer sollte ihm dafür eigentlich dankbar sein.
 

Vorsichtig hebt Edward die Arme und legt sie nun seinerseits um den jungen Mann, erwidert seine Berührung. „Jeder Zeit, mein Hübscher...“, entgegnet er ihm nach einer Weile mit dessen eigener Floskel und drückt ihm tröstend einen Kuss auf die linke Schläfe. Prüfend wirft er dabei einen Blick ins Batmobil zu Wayne, der sie beobachtet, als wären sie nichts weiter als geisteskranke Massenmörder – vielleicht sogar die Mörder seiner Eltern, auch wenn das völlig unmöglich ist...
 

Riddler lässt ihm einen zutiefst wütenden Blick zuteilwerden und hält den Clown noch einen Augenblick tröstend in seinen Armen. Während sich der Jüngere noch sammelt, schaut sich Nigma ein wenig um. Die Oper neben ihnen liegt völlig im Dunkeln, weil wegen des Wetters keine Shows stattfinden. Der Weg davor ist jedoch ausreichend von einigen Laternen erhellt, sodass er ziemlich gut das Funkeln der tückischen Eisschicht auf dem Bürgersteig erkennen kann. Doch irgendetwas trügt die perfekt glatte Oberfläche – es sind jedoch nicht die tiefen Rillen, die die außer Kontrolle geratenen, gespornten Reifen des Batmobils hinterlassen haben.
 

Etwas nachdrücklich trennt sich der Rätselmeister von dem Clown, da er fürchtet zu wissen, um was es sich handelt, doch er muss es sich erst näher betrachten. „Ed?“, fragt der Grünhaarige verwirrt und sieht ihm nach. Der Ältere geht ganz langsam ein paar Schritte, um nicht doch noch auszurutschen, und kniet sich dann vorsichtig hin. Seine behandschuhten Finger gleiten über einen dunklen Fleck auf dem Eis hinweg. Doch die Flüssigkeit ist längst mit der Oberfläche verschmolzen. Als er den Blick die Straße hinunter wandern lässt, entdeckt er allerdings noch mehr von diesen Flecken, was seine Vermutung nur noch bestätigt. „Ed?“, ertönt es jetzt direkt hinter ihm. „Blut...“, antwortet er schlicht und erblickt dann am Eingang der Sackgasse neben der Oper einen dunklen Schatten, an dem die roten Flecken zu enden scheinen...
 


 

7
 

Batman ist noch immer in seiner Wut auf die beiden Kriminellen gefangen, kann ihnen das eben einfach nicht verzeihen, am wenigsten dem Joker, dennoch schlägt in seinem Kopf lauthals eine Alarmglocke los – sein unstillbarer Drang nach Gerechtigkeit –, als er Nigma das Wort Blut aussprechen hört. Langsam steigt er aus dem Wagen aus und versucht dabei vehement die Oper zu verdrängen, die er mit seinen Eltern so ausgelassen besuchte, bevor sie so überaus grausam und sinnlos aus seinem Leben gerissen wurden. Mit einem tiefen Knurren besinnt er sich auf die Aufgabe, die nun eigentlich an diesem Ort auf ihn wartet, und geht bedächtig zu den Ex-Sträflingen hinüber. Wayne lässt ihnen kein Wort zuteilwerden, was die zwei wahrscheinlich zum jetzigen Zeitpunkt überaus begrüßen, doch er stimmt ihnen stumm zu, als er sich die dunklen Flecken auf dem Eis betrachtet. Es ist ganz unzweifelhaft Blut.
 

Ungewollt kommen die Bilder dieser traumatischen Nacht in Bruce wieder hoch. Das Blut auf der Straße erinnert ihn mit solcher Heftigkeit an das Blut seiner ermordeten Eltern, dass ihm fast der Kopf platzt. Zähneknirschend und mit geballten Fäusten steht er da und versucht nicht in dieses bodenlose Loch zu fallen, das ihn seit diesem schicksalhaften Erlebnis immerzu zu verschlingen versucht. Er muss sich konzentrieren, darf nicht sein Ziel vor Augen verlieren. Wenn er es doch tut, werden noch mehr unschuldige Menschen heute Nacht den Tod finden und das könnte er sich niemals verzeihen! Steifbeinig setzt er einen Fuß vor den anderen und nähert sich wieder seinen ungewollten Mitstreitern, die nun neben dem letzten Opfer des Chupacabra hocken. Dabei verkneift er sich allerdings weiterhin jedes Wort. Die Luft zwischen ihnen ist derzeit so dermaßen angespannt, dass er nicht richtig einordnen kann, was als Nächstes passiert. Von Joker ist er ja nichts anderes gewohnt. Der Clown neigt ständig zu unkontrollierten Gefühlsausbrüchen. Bei Nigma ist das etwas anderes. Für gewöhnlich ist er handzahm oder einfach nur verzweifelt und hilflos, sodass Batman normalerweise kein nennenswertes Problem mit ihm hat. Allerdings hat er das beunruhigende Gefühl, dass das ständige Zusammensein der beiden Gauner einen ziemlichen Einfluss auf den Rätselmeister hat. Die einstigen und zum Teil sehr heftigen Angstzustände scheinen kaum noch vorhanden, zumindest derzeitig, dafür scheint er sich mehr und mehr dem Chaos des Jokers anzupassen und neigt ebenso zu Gefühlsschwankungen, die ihn Batman gegenüber fast schon fremd erscheinen lassen. Der Wahnsinn des irren Clowns scheint buchstäblich auf den sensiblen Brünetten überzuspringen und Seiten in ihm zu erwecken, die Bruce keineswegs gefallen. Daher sollte er dringend auf der Hut sein. Das zarte Band des Vertrauens, das irgendwie zwischen ihnen bestanden hat, steht ganz kurz vor dem Zerreißen, wenn es nicht sogar schon durchtrennt ist. Im Ernstfall ist dieses blutrünstige Wesen also heute Nacht nicht sein einziger Gegner, dessen sollte er sich nun stets bewusst sein...
 

Die beiden Kriminellen würdigen ihn auch weiterhin keines Blickes. Stattdessen untersucht Nigma die Leiche der jungen Frau mit spitzen Fingern und entdeckt dabei die Löcher an ihrem Hals, die das Wesen ganz unzweifelhaft dort hinterlassen hat. „Wir sind auf der richtigen Spur, wie mir scheint.“, teilt er dem Clown neben sich mit. Dieser streckt langsam die Hand aus und tastet einige Stellen an der Leiche ab. „Noch warm. Das Biest muss also noch ganz in der...“, er kann den Satz nicht mehr beenden, da beginnen sämtlich Laternen im Umkreis auf einmal zu flackern. Ein Großteil von ihnen versagt kurz darauf ihren Dienst und lässt die drei ungleichen Rächer in trügerischer Dunkelheit zurück. Nur Sekunden später ertönt ein erstickter Schrei nicht weit von ihnen, gefolgt von einer Art triumphierendem Bellen. „Was in aller Welt ist das nur für ein Vieh?“, entkommt es Joker fassungslos beim Klang dieses animalischen Lautes. Sein Gesicht ist dabei nicht viel mehr, als ein undeutlicher, heller Klecks in der Dunkelheit der defekten Straßenlaternen.
 

Niemand antwortet ihm, stattdessen gehen sie kurze Zeit später weiter und versuchen den Aufenthaltsort des Lautes zu finden. Die Dunkelheit – diese gottverdammte Dunkelheit! Als hätten die Hälfte aller Laternen Gothams sich plötzlich gegen sie verschworen und gemeinsam beschlossen, sich diesem fremden Wesen unterzuordnen, ihm zu helfen seine Opfer zu finden. Batman hat das Gefühl, als wären er und seine zwei unfreiwilligen Begleiter darin lebendig begraben – eingemauert – der Willkür dieses Wesens ausgeliefert. Die Morgendämmerung scheint noch hundert Jahre entfernt zu sein. Wenn sie nichts unternehmen, werden viele sie nicht mehr zu sehen bekommen. Die Sonne auch nicht. Das darf nicht passieren, unter keinen Umständen! Keine Toten mehr heute Nacht!
 

Doch der Gedanke ist zu schön, denn schon in der nächsten Seitenstraße finden sie eine weitere Leiche... Mit grausigem Entsetzen muss Batman feststellen, dass es sich dabei um genau dieselbe Gasse handelt, in der seine Eltern ermordet wurden. Fassungslos bleibt er daher am Eingang stehen, ignoriert die sechste Leiche und den durchdringenden Geruch von frisch vergossenem Blut, und droht erneut in das bodenlose Loch zu fallen. Diesmal ist es jedoch weit schlimmer, als noch gerade eben. Eine noch kläglich flackernde Laterne offenbart ihm nämlich etwas, das er ganz und gar nicht sehen wollte: Die einzelne rote Rose, die er jedes Jahr am Todestag seiner Eltern hier in der Seitenstraße an der Stelle niederlegt, an der sie gestorben sind. Sie ist über die Zeit längst verwelkt, ihre Farbe mittlerweile völlig braun, ihrer zarten Schönheit beraubt und in der Kälte steifgefroren, doch das ist es nicht, was ihn am meisten daran stört. Es ist die Tatsache, dass die Rose in einer Blutlache liegt und damit die Erinnerung an seine Eltern nur noch verschlimmert. Am liebsten würde er jetzt die Leiche des alten Mannes daneben packen, durchschütteln, ihn fragen, was er sich bei dieser Respektlosigkeit überhaupt gedacht hat und ihn dann einfach in den nächsten Müllcontainer werfen, so sehr nimmt ihn der Anblick gerade mit. Doch das kann er nicht tun – er ist Batman, der Beschützer der Stadt, und das darf er niemals vergessen!
 

Tief atmet er durch und versucht wieder zu sich zu finden. Allerdings ist das einfacher gesagt, als getan, denn die Anspannung in dieser Gasse ist zum Greifen dick angeschwollen. Sein nervöses Atmen – gleichermaßen das seiner ungewollten Verbündeten – scheint der einzige Laut in der ganzen verdammten Stadt zu sein. Dennoch bildet sich der Dunkle Ritter ein sein Herz wummern zu hören. Ein fast schon zitternder Laut, der sich unweigerlich auch mit dem Herzschlag der Gauner mischt, mit ihm anschwillt, bis das Geräusch so laut zu seien scheint, dass ihm fast der Kopf platzt. Für einen Moment bildet er sich sogar ein wieder zurückversetzt zu dieser verhängnisvollen Nacht zu sein. Joker und Riddler existieren nicht – noch nicht –, dafür sieht er seine Eltern dort stehen, wo eigentlich die beiden Verrückten stehen. Und auch Batman existiert nicht – noch nicht –, sondern nur der kleine Bruce, der zu begreifen versucht, was gerade passiert ist, während irgendwo in ganz weiter Ferne Sirenen zu heulen beginnen. Auf einmal geben seine Beine nach und er sinkt langsam auf die Knie. „Nein...“, kommt es fast kaum hörbar geflüstert von dem sonst so stolzen Rächer. Alles scheint sich endlos zu wiederholen, bis er selbst dem unheilbaren Wahnsinn verfallen wird, dem er sich bis jetzt so vehement wiedersetzt hat.
 

Bevor es jedoch dazu kommt, erfüllt ein dunkles Knurren die Gasse und holt ihn langsam wieder in die Wirklichkeit zurück, denn dieses Geräusch gab es damals einfach nicht. Angestrengt hebt er den Kopf und versucht im zappelnden Schein der hilflos kämpfenden Laterne etwas in den Schatten auszumachen. „Es ist hier...“, entkommt es dem Brünetten stockend. Von seiner vorherigen Gefasstheit scheint nichts mehr übrig zu seien, wirkt er auf Batman doch jetzt wieder genauso labil und furchtsam, wie er es von ihm erwarten würde. Umständlich weicht der Rätselmeister auf dem glatten Untergrund ein paar Schritte zurück und sucht hektisch mit den geweiteten Augen die Gegend ab. Auch Joker scheint wieder mehr zu sich gefunden zu haben, wirkt er nun wieder ganz wie der mordlüsterne Irre, der er eigentlich doch ist. Mit nahezu gefletschten Zähnen, einem wahnsinnigen Grinsen im missgestalteten Gesicht, und beinahe pechschwarzen Augen sieht er sich um und stellt sich dabei schützend vor seinen Kollegen, der das sichtlich mit Erleichterung zur Kenntnis nimmt. „Bereit, mein Hübscher?“, fragt der Clown fast schon nebensächlich und lässt ein Schnappmesser aus seinem Ärmel gleiten. Bedrohlich funkelt die herausspringende Klinge im zitternden Licht der einzelnen Laterne. „Muss ich wohl...“, schluckt Riddler nervös, umklammert seinen Gehstock fester und lässt ebenfalls die Klinge daraus hervorschnellen.
 

Auch Wayne besinnt sich seiner Aufgabe, erhebt sich bedächtig, greift nach einem Batarang und wartet auf einen möglichen Angriff. Ganz hinten in seinem Kopf erblüht ein kleiner Funken Dankbarkeit, dass die beiden Gauner noch hier sind, zum Kampf bereit, statt nach diesem unschönen Streit einfach das Weite zu suchen, wie er es eigentlich von ihnen erwartet hätte. Das vermittelt ihm ein kleines Gefühl von Zuversicht und seltsamer Sicherheit. Allerdings wird er dieses Gefühl am Ende der Nacht nicht mehr haben...
 


 

8
 

Ein weiteres Knurren erfüllt die Gasse, hallt von den Wänden wider und verwandelt diesen Ort in eine erdrückende Enge, die einem jegliche Luft aus den Lungen zu saugen scheint. Doch diesem Trugbild dürfen sie sich nicht hingeben. „Zeig dich endlich, du hässliche Missgeburt!“, brüllt der Joker dann auf einmal los, sodass seine schrille Stimme gefühlt tausendfach in der langen, schmalen Gasse zurückgeworfen wird, was sich mindestens genauso unheimlich anhört, wie das Knurren des Chupacabra. „Oh, Himmel...“, presst Edward daraufhin hervor und Batman würde diesem irren Clown dafür am liebsten den Hals umdrehen. Doch dazu kommt es nicht. Nach einem erdrückenden Moment völliger Stille ertönt wieder das Knurren. Etwas bewegt sich im Schatten der an den Wänden aufgereihten Müllcontainer. Jeder Muskel spannt sich an. Der Grünhaarige umklammert das Heft des Messers so fest, dass die Sehnen an seiner dürren Hand deutlich hervortreten. Seine mordlustig schwarzverfärbten Augen funkeln im Schein der flackernden Laterne wie blankpolierte Opale. Sein Grinsen ist so irre, das es einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, und doch klammert sich Riddler fast schon wie ein Ertrinkender an seinem anderen Arm fest. Hektisch atmet der Rätselmeister, während ein Zittern über seinen angespannten Körper hinweggleitet. Seine eigentlich sattgrünen Augen sind vor schrecklicher Erwartung weit aufgerissen und so blass, dass sie mehr denn je an rohe Jade erinnern. Es kommt einem so vor, als würden sie jedem Moment verblassen und völlig weiß werden, wenn seine Anspannung auch nur noch um ein weiteres Grad zunehmen sollte.
 

Bruce kommt bei seinem Anblick sogar der Gedanke, dass der Riddler vielleicht sogar ohnmächtig werden könnte, sobald sein Blick den des Chupacabra findet. Doch darauf kann er jetzt keine Rücksicht nehmen. Er muss auf sich selbst achten, damit es ihn nicht völlig fertigmacht an dem Ort gegen diese Bestie kämpfen zu müssen, der ihm noch immer ungeahntes Leid zufügt, dem er sich einfach nicht entziehen kann.
 

Mit einem weiteren dunklen Knurren zeigt sich der Chupacabra dann schließlich. Was dort aber auf sie zukommt, hat mehr Ähnlichkeit mit einem missglückten Experiment, als alle anderen Gestalten des Dr. Norris zusammen. Das Wesen hat etwa die Höhe eines großen Hundes – vielleicht eines Rottweilers –, doch seine Körperhaltung erinnert eher an eine Hyäne. Er wirkt unglaublich abgemagert und die nur vereinzelten Haarbüschel auf seinem sonst nackten Leib verleihen ihm das Aussehen eines schwer an Räude erkrankten Vierbeiners. Sein langer, dünner Schwanz schlägt angriffslustig von einer Seite auf die andere und wirkt fast wie der eines Löwen. Seine Beine sind von prallen Muskeln durchzogen, die verdeutlichen wie viel Kraft das Wesen haben muss. Seine mit scharfen Krallen besetzten Hinterläufe wirken wie Pfoten, seine ebenfalls krallenbesetzten Vorderläufe dagegen eher wie die Beine einer Echse, mit langen, abgespreizten Zehen. Seine spitzen Ohren wirken für den Rest seines Körpers irgendwie zu groß – eher wie bei einer Fledermaus – und bewegen sich unentwegt lauschend nach allen Seiten. Die großen Augen des Chupacabra sind leuchtend gelb und werden von einer schmalen, schwarzen Pupille durchzogen, die ihm ein schlangenhaftes Aussehen verleihen. Diese Vorstellung wird noch durch die lange, schmale Zunge unterstützt, die aus seinem riesigen Maul herauszuckt und suchend die Luft abzutasten scheint. Auf seinem Rücken wachsen einige spitze Stacheln, doch in einem schmalen Kamm aus Haaren sind sie dort kaum zu sehen. Das Groteskeste an seiner Erscheinung sind aber in jedem Fall die Zähne. Sein weit aufgerissenes Maul ist von unzähligen, scharfen, kleinen Nadeln gespickt, die bei seiner Größe schon fast wieder lächerlich wirken. Doch die Waffen, mit denen er seine Beute schlägt, sind so groß und absurd, dass es kaum zu beschreiben ist. Dem Oberkiefer entspringen zwei gewaltige Zähne, die so riesig sind, dass man dabei unweigerlich an einen Säbelzahntiger denken muss. Sie stehen jedoch so eng beieinander, dass zwischen ihnen keine weiteren Zähne mehr wachsen. Dennoch bilden sie in ihrer Lücke die Aufnahme für den Zahn im Unterkiefer. Er sitzt genau in der Mitte an der Spitze, ist genauso groß wie seine beiden Kollegen, aber völlig allein und wirkt damit mehr als nur fehl am Platz. Als der Chupacabra für einen Moment das Maul schließt und sie durchdringend mustert, schiebt sich dieser einzelne Zahn zwischen seinen beiden Gefährten im Oberkiefer hindurch, an den grausig zurückgezogenen Lefzen vorbei und endet schließlich an einem Punkt genau zwischen den Augen des Wesens. Wäre er auch nur ein paar Zentimeter länger, würde er dem Untier direkt ins Hirn wachsen.
 

Einen Moment mustern sich die beiden Seiten schweigend, dann fängt Joker auf einmal wild an zu lachen. „Das ist es? Das ist das Vieh, das all die Leute abgemurkst hat? Echt jetzt? Das ist doch lächerlich!“, platzt es aus ihm heraus. Den Gedanken scheint auch Edward zu haben, da er sich merklich entspannt und den verkrampften Griff um den Arm seines Kollegen löst. Auch Batman ist etwas verwundert, nimmt das Ganze deswegen aber noch lange nicht auf die leichte Schulter. „Na los doch, komm her, du räudige Töle, und hol dir ein Stück von mir!“, grinst der Grünhaarige in sich hinein, woraufhin ihm der Chupacabra mit einem hungrigen Knurren zu antworten scheint. Was als Nächstes passiert entzieht sich jedoch völlig dem Denken der drei. Mit einem fauchenden Laut reißt das Vieh das Maul wieder auf und rennt dann mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf sie zu. Wild schlägt es Haken von einer Seite der Gasse zur anderen. Mit ungeheurer Leichtigkeit springt es schließlich auf einen der Müllcontainer und setzt von dort zum Angriff an. Als es hoch in die Luft springt und damit genau auf die beiden Gauner zuhält, ändert sich plötzlich seine Farbe. Sein zuvor rötlichbrauner Körper wird auf einmal pechschwarz und damit kaum mehr in der zitternden Dunkelheit zu sehen. Unsicher erinnert sich Nigma daran, dass so etwas im Notizbuch des Dr. Norris stand – das der Chupacabra seine Farbe je nach Stimmung und Hintergrund ändern könnte wie ein Chamäleon. Ein heftiger Schreck durchfährt seinen Körper, doch er kommt nicht mehr dazu seine Befürchtungen auszusprechen, da schupst Joker ihn auch schon kraftvoll zur Seite. Hart landet er auf seinen vier Buchstaben, während der Jüngere gewaltsam zu Boden gerissen wird, scheinbar von nichts und aus heiterem Himmel.
 

Doch dem ist natürlich nicht so, denn jetzt zeigt sich die Bestie wieder. Die lange Zunge schnell hervor, als wolle sie prüfen, ob der verrückte Clown auch wirklich so lecker ist wie er aussieht. Dann reißt der Chupacabra das Maul weit auf und versucht seine Zähne in den blassen Hals seines Opfers zu schlagen. Der Grünhaarige findet das aber verständlicherweise nicht sonderlich komisch und er versucht ihn von sich runterzustoßen. „Vergiss es, Mistvieh!“, knurrt er, während ihm ein Übelkeit erregender Schwefelgestank in die Nase steigt, gefolgt vom heißen Atem der Bestie auf seiner blanken Haut und dampfendem Speichel. Die Krallen des Köters bohren sich in das Hemd des jungen Mannes und graben hässliche Löcher in den Stoff. Dann endlich gelingt es dem Wahnsinnigen sein Messer zu heben. Allerdings schafft er es nicht, es dem Vieh wie geplant in den Hals zu bohren, sondern streift nur seine Schulter. Dennoch reicht es aus das Wesen zu erschrecken und etwas Blut fließen zu lassen. In diesem Moment findet Nigma wieder zu sich und holt weit mit einem Stab aus. Doch nicht mit der Klinge, sondern mit dem schweren, vergoldeten Fragezeichen am oberen Ende. Das kunstvoll gefertigte Gebilde trifft das überraschte Untier mit einem dumpfen, hohlen Knallen seitlich am Kopf. „Weg mit dir!“, gebärt sich der Rätselmeister und mit einem schmerzlichen Heulen entfernt sich das Biest verwirrt und hastig, versteckt sich wieder im Schatten eines Müllcontainers am anderen Ende der Gasse.
 

„Ist alles in Ordnung?“, fragt der Brünette und reicht seinem Partner sorgenvoll die Hand. „Jaja, aber die Töle hat´s echt drauf, sag ich dir...“, kommt es etwas angeschlagen von dem Jüngeren, ehe er sich aufhelfen lässt. „Es ist auf jeden Fall ganz schön schnell...“, meint Ed nervös und sieht sich suchend um. Batman hat dem ganzen stumm beigewohnt, in der Hoffnung etwas mehr über dieses Wesen in Erfahrung zu bringen, um schnellstmöglich einen geeigneten Plan zu entwickeln es fertigzumachen. Allerdings bereiten ihm die Geschwindigkeit und das Tarnvermögen des Chupacabra einiges an Sorgen. Theoretisch kann das Biest jederzeit ungesehen angreifen und das macht es schwer sich dem entgegenzustellen. Dennoch muss es ihm gelingen.
 


 

9
 

Eine Weile passiert nichts mehr, doch das schürt nur die Anspannung. Jedes noch so leise Geräusch lässt die drei förmlich zusammenzucken, doch es ist immer nur ein Fehlalarm. Als der nächste Angriff tatsächlich folgt, ist er so lautlos und schnell, dass es nicht einmal Bruce begreifen kann. Abermals reißt es den Clownprinzen aus heiterem Himmel von den Füßen – scheinbar hat der Chupacabra ihn wortwörtlich zum Fressen gern. Diesmal ist der Zusammenstoß aber weit heftiger und Joker schlägt hart mit dem Kopf gegen eine Backsteinmauer. Benommen sinkt er unter dem Gewicht des missgestalteten Hundes zusammen, während sein Messer irgendwo in der Dunkelheit verschwindet. Ungelenk geht er zu Boden und ehe einer der anderen reagieren kann, rammt das Wesen seine riesigen Zähne in den Hals des ohnmächtigen Mannes. Wild mit dem Schwanz wedelnd kostet es von seinem heißen Blut, labt sich an dieser süßen Köstlichkeit. „Oh Gott, nein!“, entkommt es Riddler entsetzt und er läuft los, um dem Vieh wieder eins mit seinem Stab überzuziehen.
 

Bevor er jedoch nahe genug herankommt, verzieht der Chupacabra angewidert das Gesicht und entfernt sich leicht würgend von seinem Opfer. Scheinbar schmeckt ihm irgendetwas doch nicht so gut am Blut des durchgeknallten Clowns. Angewidert schüttelt sich das Untier, realisiert dann aber, dass es jeden Moment angegriffen wird. Knurrend duckt es sich unter dem heranschnellenden Stock hinweg und setzt dann blitzartig zum Sprung an. Nun ist es Edward, der von dem Vieh zu Boden gerissen wird und einen heftigen Kampf mit ihm ausfechtet. Entsetzte Panik schlägt sich in dem erblassten Gesicht des Rätselmeisters nieder, doch es gelingt ihm, seinen Stab zwischen sich und das Vieh zu bringen. Kräftig presst er die vergoldeten Stock gegen die Kehle der Töle und versucht ihn von sich zu schieben, während das Biest wie wildgeworden nach ihm schnappt.
 

Nahezu ungerührt beobachtet Batman das Schauspiel einen Moment, dann entschließt er sich doch dafür Edward zur Hilfe zu kommen. Allerdings ist er noch keine fünf Schritte gegangen, da gelingt es dem Jüngeren seinen Fuß in den Bauch des Chupacabra zu drücken und ihn somit von sich zu schleudern. Die Bestie fliegt ein kleines Stück durch die Luft, knallt dann gegen einen der Müllcontainer, geht zu Boden, richtet sich aber fast augenblicklich wieder auf und verschwindet erneut im Schatten.
 

Schwer atmend kommt Nigma wieder auf die Beine und wendet sich kurz zu Bruce herum. In seinen grünen Augen liegt ein undefinierbarer Ausdruck. Der Schwarzhaarige vermutet jedoch, dass es so etwas wie enttäuschte Wut sein muss. Warum hast du mir nicht geholfen, du bist doch Batman, verflucht!, scheinen diese Augen zu sagen. Dann wendet sich der Kriminelle mit einem Schnauben ab und eilt zu seinem Partner hinüber. Für einen Moment trifft der enttäuschte Ausdruck Wayne schon ein wenig und Nigma hat auch alles Recht ihn so anzusehen. Doch irgendetwas hat den Dunklen Ritter gehemmt ihm zu helfen. Nagt womöglich immer noch dieser Ort an ihm? Das, was hier passiert ist? Was ihn letztendlich zu Batman gemacht hat? Oder war es der Streit, indem Joker ihn fast mit seiner eigenen Waffe erschossen hätte, wenn Riddler ihn nicht davon abgehalten hätte? Er kann es nicht sagen, doch er fürchtet, dass sein Nichteingreifen eben noch weitreichende Folgen haben könnte...
 


 

10
 

Als sich Edward gerade zu seinem gefallenen Kameraden knien will, spürt er auf einmal einen Luftzug vor sich. Eine Sekunde später taucht der angriffslustige Chupacabra wieder auf. Er steht direkt auf Jokers Rücken und drückt drohend seine Krallen in den Stoff der Zwangsjacke, als wolle er seine Beute verteidigen, was seltsam ironisch ist, wo ihm der Clown doch nicht zu schmecken schien. Erschrocken zuckt der Brünette zurück, doch nur einen Moment, dann hebt er wütend seinen Stab und schlägt damit nach dem Vieh. „Geh weg von ihm, du Missgeburt!“, brüllt er erstaunlich nachdrücklich und ohne, dass Bruce die altbekannte und so typische Angst in seiner Stimme erkennen kann. Es gleicht schon fast einem Wunder. Allerdings verfehlt er das Wesen in seinem blinden Anflug von Wut zwei Mal, ehe es zurückschlägt und ihn wieder von den Füßen holt. Diesmal gelingt es dem jungen Mann jedoch nicht den Stab zur Abwehr zu benutzen. Stattdessen wird er ihm regelrecht aus der Hand gerissen und so scheint er der Bestie hilflos ausgeliefert. Er schafft es jedoch sich das Vieh halbwegs mit dem linken Arm vom Leib zu halten, während er blind mit der anderen Hand den Boden nach irgendetwas abtastet, womit er sich helfen kann.
 

Die speicheltropfenden Zähne kommen ihm dabei immer näher und die scharfen Krallen reißen ihm das Hemd auf, zerkratzen seine Brust wie eine wildgewordene Katze. Ed sieht schon sein Ende vor Augen, erwartet gar keine Hilfe mehr. Batman scheint heute Nacht eh nicht wirklich in der Stimmung dazu zu sein. Ein winziger Teil von Riddler kann das sogar verstehen, doch neunundneunzig Prozent seines Geistes pochen darauf, dass er nun einmal der Rächer dieser Stadt ist und es nicht einfach zulassen kann, dass jemand sinnlos getötet wird – nicht einmal ein Verbrecher. Das war schon immer so und hat es gefälligst auch immer so zu bleiben! Als hätte Wayne seine Gedanken aufgefangen, setzt er sich nun endlich doch in Bewegung. Seine halbherzige Bemühung trägt jedoch keine Früchte, da Edward in diesem Moment etwas zu fassen bekommt – das Schnappmesser seines Prinzen! In einem letzten Anflug von verzweifelter Panik stößt er einen erstaunlich kräftigen Schrei aus und rammt die lange Klinge bis zum Heft in die Schulter des Wesens.
 

Dieses heult schmerzgeplagt laut auf, sodass es dem Brünetten endlich gelingt es zur Seite zu stoßen. Mit einem getroffenen Winseln rutscht der Chupacabra ein Stück über den vereisten Boden und zieht eine stinkende Blutspur hinter sich her. Jaulend hebt er die verletzte Pfote an, während das Messer in seiner Schulter bei jeder Bewegung zuckt und frisches Blut hervorquellen lässt. Schwerfällig kommt der Rätselmeister wieder auf die Beine, ergreift seinen Stab und holt aus. Wieder trifft er das Untier nicht, doch es reicht aus, es ein weiteres Mal zu verscheuchen.
 


 

11
 

Ed unternimmt einen erneuten Versuch vor Joker in die Knie zu gehen, doch da taucht Batman hinter ihm auf. Nigma erstarrt einen Moment in der Bewegung, umklammert mit stummem Knurren seinen Stab, dreht sich dann erstaunlich schnell herum und holt aus. Gekonnt fängt der Dunkle Ritter den Angriff mit seinem Unterarm ab und blickt dann trotzig in das wutverzerrte Gesicht des Jüngeren. „Komm mir ja nicht zu nahe! Und Joker erst recht nicht!“, platzt es zornig aus ihm heraus. „Er braucht Hilfe...“, setzt der Schwarzhaarige nichtssagend an. Seine Stimme klingt dabei so ruhig und teilnahmslos, wie es die Gaunerwelt in Gotham nur allzu gut kennt. Keine nennenswerte Regung ziert sein Gesicht, auch wenn seine Gedanken einer Achterbahn gleichen. „Oh, keine Sorge, die wird er bekommen! Aber ganz sicher nicht von dir, Freundchen!“, gibt Ed zurück und setzt zu einem neuen, aber kraftlosen Angriff an, den Batman wieder locker abwehrt. „Lass das!“, fordert er den Kleineren auf. „Vergiss es! Es reicht endgültig! Es ist vorbei und das hast du dir selbst zu zuschreiben!“ Ein dritter Angriff folgt, doch er verfehlt sein Ziel schon völlig, sodass sich Wayne nicht einmal mehr Mühe geben muss ihn abzuwehren.
 

„Ich kann verstehen, dass du sauer bist...“, setzt er an, wird aber sogleich von seinem Gegenüber unterbrochen. „Ach ja? Ist ja mal was ganz Neues! Was bildest du dir eigentlich ein, zum Teufel? Benimmst dich wie ein kleines Kind, das Angst hat in den Keller zu gehen! Joker hat völlig recht! Reiß dich doch mal zusammen! Außer dir gibt es noch andere Leute, die Probleme haben und denen niemand hilft! Und dennoch reißen sie sich den Arsch auf, um das Beste daraus zu machen! – Herr Gott nach mal, du bist Batman, verflucht! Batman! Der Retter der Stadt! Also spring über deinen Schatten und tu, wofür du hier bist und lass deine Verlustängste nicht ständig an uns aus! Schließlich sind wir hier, um dir zu helfen! Setzten Nacht für Nacht selbstlos unser Leben aufs Spiel, damit du gut dastehst...“ „Riddler...“, setzt der Schwarzhaarige an. „Schnauze! Jetzt rede ich und ich lasse mir nicht mehr den Mund von dir verbieten! Diese Zeiten sind endgültig vorbei! Du kannst sehen, wie du diesen ganzen Scheiß ab jetzt allein auf die Reihe kriegst, doch uns wirst du so schnell nicht mehr wiedersehen!“
 

„Wenn ihr aussteigen wollt, muss ich euch zurück nach Arkham bringen!“, erwidert Bruce streng, in der Hoffnung ihn damit wieder zu Vernunft zu bringen. Dann folgt etwas, womit er im jetzigen Zustand des Riddlers nie gerechnet hätte – um ehrlich zu sein auch nicht in irgendeinem anderen Zustand des Brünetten. Die grünen Augen verfinstern sich, bis sie selbst fast so schwarz und wahnsinnig aussehen, wie die des Jokers vorhin. „Nur über meine Leiche!“, knurrt er so unnatürlich bedrohlich, dass es dem Dunklen Ritter eiskalt den Rücken herunterläuft. Das da vor ihm ist nicht mehr der ängstliche und sensible Rätselmeister, der sich ihm jahrelang in seiner Verzweiflung ergeben hat, wenn er nicht mehr weiterwusste. Nein, jetzt wirkt er erschreckend selbstbewusst und durchsetzungsfähig – wie ein grünes Ebenbild des Jokers; ertrunken im ansteckenden Wahnsinn des irren Clowns! Nigma hat die Worte kaum ausgesprochen, da holt er aus und tritt Bruce mit aller Kraft gegen dessen immer noch angeschlagenes Bein. Mit einem überraschten Laut geht der Ältere in die Knie und hält sich den geschwollenen Knöchel, der nun wieder in diesem markerschütternden Ziehen zu pochen beginnt.
 

Mit zusammengebissenen Zähnen sieht Batman zu ihm auf, da richtet sich auch schon die gefährlich scharfe Klinge seines Gehstocks direkt auf seine Nase. „Ich warne dich nur ein einziges Mal, Bruce, wage es nie wieder Hand an mich zu legen und erst recht nicht an meinen Gefährten, oder du wirst deinen letzten Atemzug machen!“, kommt es so kalt von dem Brünetten, dass es gar nicht in Waynes Kopf hinein will. „Das machst du eh nicht!“, kontert er dennoch trotzig, da er genau weiß, dass Riddler niemanden jemals absichtlich töten würde. Schon gar nicht Batman, weil er sonst mächtig Ärger mit dem Joker bekommen würde. In einer erstaunlich fließenden Bewegung lässt Edward seinen Stab allerdings niedersausen, sodass die Klinge nur wenige Millimeter neben Batmans verletztem Bein in den Boden einschlägt. Doch es war weit knapper, als der Ritter gedacht hat, denn seinen Stiefel ziert nun ein tiefer Schnitt. „An dieser Stelle würde ich nicht darum wetten! Ich habe dem Tod in letzter Zeit so oft in die Augen gesehen, ich habe keine Angst mehr vor dir! Und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um das zu verteidigen, was mir wichtig ist!“ Damit beendet Nigma die Diskussion vorerst und wendet sich nun endlich dem Joker zu.
 

Leicht zuckt er allerdings zusammen, als er den Grünhaarigen ansieht. Dieser sitzt nämlich an die Wand gelehnt da und betrachtet ihn mit großen, überraschten Augen, die wirken, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. „Scheiße, Ed...!“, kommt es flüsternd von ihm. „Um Himmels willen, Joker!“, platzt es aus dem Älteren heraus. Kraftlos lässt er seinen Stab fallen, der klappernd zu Boden segelt, geht in die Knie und zieht den Grünhaarigen fest in seine Arme. „Ich hatte solche Angst um dich...“, teilt er ihm erstickt mit. „Und ich bin echt stolz auf dich!“, meint der Clown nur grinsend. Im ersten Moment weiß Nigma gar nichts damit anzufangen, dann fällt es ihm ein. „Du – du hast das mitbekommen?!“ „Ja, zumindest den letzten Teil, Gefährte.“ Ein heftiger Rotschimmer zieht sich über die Wangen des Rätselmeisters und er räuspert sich verhalten. „Ähm, okay. – Geht´s dir gut? Kannst du aufstehen?“ „Das klappt schon...“, kommt es noch etwas erschöpft von dem Jüngeren und Ed hilft ihm dann vorsichtig auf die Beine. „Lass uns verschwinden, ehe dieses Vieh wiederkommt.“, meint er dann und mustert Batman eingehend.
 

Dieser hockt noch immer ungerührt am Boden, hält sich seinen schmerzenden Knöcheln und versucht zu begreifen, was gerade passiert ist. Er lässt die beiden aber schließlich wortlos ziehen, es hätte eh keinen Sinn mehr, sich ihnen in den Weg zu stellen. Und er hat auch nicht vor ihnen zu folgen oder dergleichen. Wahrscheinlich ist es besser erst einmal etwas Gras über die Sache wachsen zu lassen und dann zu versuchen sie wieder nach Arkham zu schaffen – wenn dieser ganze Monsterscheiß vorbei ist, versteht sich. Dennoch kommt er nicht umhin ihnen solange nachzusehen, wie es ihm möglich ist, was allerdings nicht allzu lange ist, da sie nach Verlassen der Gasse nach links abbiegen und somit aus seiner Sicht verschwinden. So bleibt der Dunkle Ritter gebrochen allein zurück und beginnt damit über seinen Fehler nachzudenken, der vermutlich schon damit begonnen hat, dass er die Hilfe der beiden überhaupt angenommen hat.
 

Viel Zeit bleibt ihn jedoch nicht sich darüber im Klaren zu werden, was alles schiefgelaufen ist, da spürt er wieder den durchdringenden Blick der Bestie auf sich. Erst in diesem Moment wird ihm bewusst, dass das Ganze hier ja noch gar nicht ausgestanden ist und die zwei Verrückten ihm einfach seinem Schicksal überlassen haben! Wie soll er sich mit seinem verletzten Bein bloß sinnvoll gegen dieses Ding zur Wehr setzen, das praktisch einem Torpedo auf vier Beinen gleicht? Das Knurren des Chupacabra wird laut, doch es klingt längst nicht mehr so bedrohlich wie vorher, hat Riddler ihm doch scheinbar sehr zugesetzt. Vielleicht hat Bruce somit doch noch eine Chance. Schwerfällig zieht er sich an dem Müllcontainer neben sich hoch und wartet auf den Angriff. Dieser lässt auch nicht lange auf sich warten, das Biest taucht nämlich genau neben ihm auf dem Deckel des Containers auf! Überrascht versucht Batman noch zurückzuweichen, wird dann aber schon grob von dem Untier zu Boden geworfen.
 

Wirsch beginnen die beiden miteinander zu rangeln, wobei ihm die gebleckten Zähne immer und immer wieder gefährlich nahekommen. Es scheint eine Ewigkeit zu vergehen, dann gelingt es dem Dunklen Ritter endlich einen guten Ansatzpunkt zu finden. Wie Schraubstöcke umklammern seine Hände den Hals des Wesens, ringen es schließlich zu Boden, fixieren es dort und mit einem letzten, kraftvollen Ruck und einem widerlich knirschenden Geräusch bricht er dem Chupacabra das Genick. Schwer atmend bleibt er noch eine Weile auf dem Tier hocken, um sich zu vergewissern, dass es auch wirklich tot ist. Batman gönnt sich noch eine Atempause, dann steht er auf, packt den Leichnam und hinkt zu seinem Wagen zurück. Nachdem er sich schwerfällig auf den Sitz hat fallen lassen, verständigt er Gordon und berichtet ihm von den letzten beiden Leichen und dass er das Biest erledigt hat. Der Rothaarige wirkt sichtlich erleichtert. Immerhin einer heute Nacht. Kurz darauf macht sich der selbsternannte Rächer auf den Weg zur Bat-Höhle. Ein schon fast ungutes Gefühl beschleicht ihn dabei, als er die in letzter Zeit so ungewohnt leeren Sitze um sich herum betrachtet, und er beginnt sich zu fragen, wo die beiden Kriminellen sich wohl verkrochen haben mögen und ob er sie wiedersehen wird, bevor das hier alles zu Ende ist. Immerhin kennt nur Edward die Antwort auf die brennende Frage in ihm, wie viele Monster Gotham noch heimsuchen werden...
 


 

12
 

Während sich der Dunkle Ritter über all das den Kopf zerbricht, erreichen die beiden Kriminellen ein Motel, das erst seit kurzem verlassen daliegt, sodass es dort noch Licht und fließend Wasser gibt. Als Heizung steht ein kümmerlicher Kamin in jedem Zimmer zur Verfügung, mit dem sich nun Joker auseinandersetzt, um etwas Wärme in diesen Schuhkarton zu bekommen. Edward besieht sich derweilen die Dusche, denn das ist etwas, was er jetzt wirklich ganz dringend braucht – eine schöne, lange und vor allen Dingen heiße Dusche.
 

Seufzend steht er eine ganze Weile unter den wärmenden Wasserstrahlen und versucht irgendwie zu begreifen, wie es ihm scheinbar so locker gelungen ist den stolzen Ritter in die Knie zu zwingen. Ihm mal so richtig die Meinung zu geigen. Etwas, dass ihm schon seit Jahren auf der Zunge liegt, er nur nie den Mut hatte es auch auszusprechen. So ganz will es noch immer nicht in seinen Kopf hinein, doch er ist unglaublich froh es geschafft zu haben. Nach allem, was allein heute Nacht los war, hätte er es keinen Tag länger mehr mit diesem kostümierten Spinner ausgehalten.
 

Langsam, fast schon penibel, beginnt er damit sich einzuseifen. Betrachtet dabei stumm und nachdenklich die vielen blauen Flecken und Kratzer, die seinen Körper zieren und Überbleibsel dieser widerlichen Monster sind. Darunter, ein Anbetracht der frischen Wunden eigentlich kaum erwähnenswert, die feinen Narben, die er den jahrelangen Auseinandersetzungen mit dem Schwarzgekleideten zu verdanken hat. Der Gedanke an Batman weckt abermals einen Zorn ihm, der so völlig untypisch für sein sonst so friedliches Wesen ist, dass er es einfach nicht begreifen kann. Die letzten Wochen haben einiges in Edward verändert, dass er nie für möglich gehalten hätte. Dennoch ist er froh darüber. Froh, nicht mehr herumgeschubst zu werden, wie es vorher fester Bestandteil seines bisherigen Lebens war. Froh, dass Joker in dieser ungewissen Zeit an seiner Seite ist und ihm auf seltsame Weise aus seinem Schneckenhaus herausholt. Und dennoch hat diese Veränderung auch dazu geführt, dass sie sich zu Beginn dieser Nacht so schrecklich und sinnlos gestritten haben. Nigma könnte sich selbst ohrfeigen, wenn er daran zurückdenkt. Wie konnte er nur auf so abwegige Dinge kommen?
 

Kraftlos schlägt er mit der geballten Faust gegen die gekachelte Wand vor sich und seufzt schwer. Solche Gedanken sollte er einfach nicht haben, will sie gar nicht haben. Aber vielleicht hat er ja Glück und der Abstand zu Batman, den er ihnen so nachdrücklich verschafft hat, hilft ihm wieder klar zu denken und sich für all das bei dem Clown zu entschuldigen. Er würde sich nichts mehr wünschen. Seine Gefühle überschlagen sich regelrecht, haben es schon getan, als er dem Dunklen Ritter so tollkühn die Stirn geboten hat, und ihm wird immer mehr bewusst, dass das, was er für den Joker empfindet, tatsächlich Liebe sein könnte, und das er nur deswegen so reagiert hat, weil er gefürchtet hat ihn wieder verlieren zu können, bevor er ihn überhaupt wirklich hat. Warum nur ist das alles so schwer? Er findet keine Antwort. Doch ein paar Stunden Schlaf, etwas Ruhe werden seinen aufgewühlten Geist sicher wieder auf die richtige Bahn führen und dann wird alles besser, ganz sicher. Ein letztes Mal hebt er sein Gesicht in den wohltuenden Wasserstrahl und träumt ein wenig vor sich hin.
 

Allerdings hält die zaghaft eintretende Ruhe in ihm nur kurz, dann merkt er, wie sich ihm jemand von hinter nähert. Der kühle, nackte Körper des Grünhaarigen schmiegt sich gegen ihn, seine Arme schlingen sich um Edwards Bauch, seine Lippen gleiten hauchzart über die verspannten Schultern des Älteren. Fast schon einem Instinkt folgend legt Ed den Kopf auf die Seite, damit Joker besser an seinen Hals herankommt, schließt die Augen und gibt ein wohliges Seufzen von sich. „Ich habe den verdammten Kamin in Gang gekriegt.“, haucht ihm der Jüngere entgegen, lässt seine Zähne dabei sanft über das empfindliche Ohrläppchen seines Vordermannes gleiten, während seine Hände sich langsam abwärts bewegen. „Wundervoll...“, raunt der Rätselmeister und drückt sich ihm schon fast unbewusst entgegen. „Das war so genial wie du Batsy fertiggemacht hast!“, kommt es kichernd zurück und Edward kann deutlich spüren, wie allein schon die Vorstellung Joker zu tiefst erregt. Fast beinahe keuchend presst er sich gegen den Po des Brünetten. „Ach ja?“, erwidert er ihm nicht minder erregt und beißt sich verlangend auf die Unterlippe.
 

„Oh, ja! Das verdient eine ganz besondere Belohnung...“, dringt die verruchte Stimme des Jüngeren dann an sein Ohr, während er sich noch nachdrücklicher gegen ihn presst, seine Zähne sich über die bebenden Schultern des Älteren bewegen und seine Hand zwischen Eds Beine greift. Leicht zuckt der Brünette unter all diesen Berührungen zusammen, während sich eine ungeahnte Lust in ihm anstaut. Die Empfindung hält aber nur einen Moment, dann wird dem Rätselmeister ihre Stellung bewusst. Er schluckt schwer und versucht zu verdrängen, dass es sich so einfach falsch anfühlt. Versucht diese Angst in sich zu unterdrücken, dass der andere doch etwas gegen seinen Willen tun könnte. Er vertraut ihm doch, ja, er liebt ihn schon fast. Es fehlt nur noch so ein kleines Stückchen! Warum wird er dann nur nicht diese nagende Angst los? Ein Zittern gleitet seinen Körper hinab, aber diesmal fühlt es sich kein bisschen angenehm an. „Joker...“, presst er angestrengt hervor und dreht sich dann umständlich aber bestimmend zu ihm herum.
 

Ein beachtlicher Teil von ihm fürchtet nun wieder alles kaputtgemacht zu haben. Doch nur kurz, dann schmiegt sich der Jüngere ungerührt wieder gegen ihn und verführt ihn zu einem wilden Kuss. Etwas überrascht geht Nigma darauf ein und spürt dabei, wie die aufkommende Anspannung etwas nachlässt. Dennoch scheint der Clown seine Bedenken zu spüren. Beruhigend lächelt er ihm entgegen, nachdem sie den Kuss beendet haben, doch seine braunen Augen laufen geradezu über vor erwartungsvoller Lust. Erneut schluckt Ed nervös und sucht nach den richtigen Worten. „Du denkst zu viel, mein Hübscher!“, kommt Joker ihm zuvor. Leicht resignierend schlägt der Angesprochene die Augen nieder. „Ich weiß...“ „Keine Bange, ich werde schon dafür sorgen, dass du an rein gar nichts mehr denken kannst!“, raunt er ihm mit tief erregter Stimme entgegen.
 

Fragend sieht der Rätselmeister ihn an. „Wie willst du das denn anstellen?“ Vielsagend grinst ihn der Clown an und geht dann vor ihm auf die Knie. „Ich werde dir einfach dein Hirn rausblasen!“, meint er keck. Überrascht weiten sich Edwards Augen. „Nein, nicht...“, platzt es aus ihm heraus. Verwundert legt der Jüngere die Stirn in Falten. „Warum nicht?“ Peinlich berührt wendet Nigma den Blick von ihm ab. „Weil – weil ich das – unhygienisch finde...“, murmelt er schließlich. „Echt jetzt? Willst du mir damit etwa sagen, dass das noch nie einer bei dir gemacht hat? Nicht mal deine Straßenmietzen?“, kommt es belustigt von dem Knieenden. „Na und?“, fragt Ed fast schon schnippisch und hält auch weiterhin den Blick von ihm abgewandt. „Die Vorstellung ist völlig sinnlos und ich denke, du weißt das auch. Immerhin will ich es doch bei dir machen und zwinge dich nicht es mir zu machen. Von daher kannst du es doch gar nicht unhygienisch finden, oder? Außerdem stehst du hier unter der Dusche und hast dich sicher sehr gründlich gewaschen, stimmt´s nicht?“ Langsam wendet ihm der Brünette wieder das Gesicht zu. „Ja, schon...“, meint er schließlich seufzend. „Na siehst du! Also entspann dich einfach, während ich deinem überstrapazierten Hirn das Licht ausblase!“
 

Ed erwidert nichts, beobachtet nur, wie sich der Clown in eine bessere Position bringt und seinem besten Stück einen regelrecht hungrigen Blick zuteilwerden lässt. „Hallo, mein Hübscher!“, raunt er heiß gegen die angespannte Haut und haucht dann einen zarten Kuss genau auf die mit Wasserperlen bedeckte Spitze. Scharf zieht der Rätselmeister die Luft ein. Allein diese Tat hat schon etwas so Verdorbenes, dass ihm fast der Schädel platzt, erst recht wegen des Spitznamens. Lächelnd blickt der Grünhaarige noch einmal zu ihm nach oben. Nigma kann ihn nur mit offenem Mund und tellergroßen Augen anstarren. Ein weiterer Kuss landet auf der Spitze seiner Männlichkeit und dann schließen sich sanft die langen, schlanken Finger des Prinzen um den strammen Schaft. Der Brünette beißt sich wieder auf die Unterlippe und versucht irgendwie Ruhe zu bewahren. Joker wirft dem pochenden Organ einen so dermaßen liebevollen Blick zu, als würde er ein schlafendes Baby betrachten. Als er nun den Mund öffnet und ihn langsam über die harte Länge schiebt, bleibt dem Älteren fast die Luft weg und er muss sich unglaublich zusammenreißen, um den anderen nicht einfach grob von sich wegzustoßen.
 

Stattdessen klammert sich seine linke Hand wie die eines Ertrinkenden an die Aufhängung der Dusche, während sich seine Rechte zitternd in die feuchten, grünen Locken des jungen Mannes vor sich wühlt. Schwerfällig legt er den Kopf in den Nacken, schließt die Augen und ein fast schon wimmerndes Stöhnen verlässt seine bebenden Lippen. Der heißte Mund des anderen bringt ihn fast um den Verstand. Seine vorwitzige Zunge, die immer wieder über seine Erregung streift, seine rhythmisch pulsierenden Lippen und seine Hand, die stetig wechselnden Druck ausübt. Es scheint alles so unwirklich zu seien und dennoch fragt sich Edward von Sekunde zu Sekunde mehr, warum er sich die ganze Zeit nur so vehement gegen diese Sache gewehrt hat, wenn es sich doch so unglaublich gut anfühlt. Vielleicht, weil er einfach auf den Richtigen gewartet hat? Dem er voll und ganz vertrauen kann? Der genau zu wissen scheint, was seine innigsten und unausgesprochensten Fantasien sind?
 

Lange kann er sich damit aber nicht befassen, denn sein Hirn scheint sich wahrhaftig immer mehr ins Nirvana zu verabschieden. Sämtlich Nervenbahnen, auf denen sonst hektisch und funkensprühend seine Rätsel entstehen, die sein Leben so tiefgreifend bestimmen wie sein eigener Herzschlag, scheinen regelrecht zu zerreißen, je mehr Joker seine Bemühungen vertieft. Laut hallt sein Stöhnen von den gekachelten Wänden wider, wird zwischendrin nur notdürftig von seinen angestrengten und überaus abgehakten Atemzügen unterbrochen. Ihm zittern die Knie und ihm ist schrecklich schwindlig. Sein in Wallung geratenes Blut rauscht so laut in seinen Ohren, das es die Laute des immer noch fließenden Wassers völlig zu ersticken scheint. Sein Herz rast nur so dahin, scheint zwischendurch regelrecht zu stolpern, auszusetzen, nur um dann mit noch mehr Tempo schmerzhaft gegen seine Rippen zu hämmern. Ed weiß überhaupt nicht wie ihm geschieht und plötzlich ist sein Kopf tatsächlich vollkommen leer. Für einen Moment scheint die ganze Welt um hin herum zu schweben, jegliche Substanz verloren zu haben. Nur der animalische Trieb seines bevorstehenden Höhepunkts flackert wie eine Sirene in seinem leergefegten Schädel.
 

Er wünscht sich so sehr Erlösung. Dieser intuitive Gedanke lässt allerdings ungewollt ein Licht in seinen dunklen Gedankengängen aufflammen, das ihm die Tatsache, was gleich passieren wird, erst so richtig vor Augen führt. „Joker, warte...“, bringt er noch keuchend hervor, doch es bist bereits zu spät. Der Clown vollführt eine letzte Bewegung, die Ed den Atem stocken lässt, ehe er den Kopf in den Nacken wirft und einen erstickten Schrei ausstößt. Sein Hirn explodiert regelrecht, ebenso wie sein Körper, der seine heiße Botschaft ungebremst in die Welt hinausstößt – oder eher in den Mund des Grünhaarigen. „Oh Gott...“, entkommt es Nigma flüsternd, während er versucht irgendwie auf den Beinen zu bleiben.
 

Einen Moment später spürt er die kräftigen Arme des Jokers, die ihn am Fallen hindern und sanft zurück gegen die Wand drücken. „Du schmeckst unglaublich gut, Edward...“, haucht ihm der Jüngere ungezwungen entgegen und leckt sich dabei die letzten Reste seiner Lust von den Lippen, ehe sie vom warmen Wasser fortgespült werden. Fast schon verständnislos blicken ihn die vernebelten, grünen Augen an. Nur langsam setzt sein Denken wieder ein und vermittelt ihm die Bedeutung dieser Worte. Als er sie endlich begreift, färben sich seine hitzigen Wangen tief rot und er wendet peinlich berührt den Blick ab. „Nicht doch...“, kommt es ergeben vom Rätselmeister, während er das zufriedene Lächeln des Jüngeren auf sich spürt.
 

„Ich liebe dich...“, raunt der Clown ihm warm ins Ohr, bevor er ihn zu einem Kuss heranzieht, auf den Nigma erstaunlich wehrlos und ausgehungert eingeht. Bitter kann er dabei noch die Reste seiner Hinterlassenschaft auf der Zunge des jungen Mannes schmecken, doch er lässt sich diese Vorstellung nicht festsetzen. Und das ist auch gut so, denn seine wieder anwachsende Erregung übernimmt langsam aber sicher doch die Führung und macht ihm nur allzu deutlich, dass es noch nicht vorbei ist. Diesmal wird er es durchziehen, definitiv, und niemand, absolut niemand wird sie dabei unterbrechen können! Dieser Gedanke beflügelt ihn regelrecht und weckt ein bisher verborgenes Gefühl von Dominanz in ihm. Er will es, er will es so sehr! Er will sich den Joker zu eigen machen und nichts wird ihm davon abhalten!
 

Langsam beenden sie den Kuss und Edward sieht ihm tief in die Augen. „Ich – liebe dich auch...“, gesteht er schließlich, sich endlich seiner Gefühle völlig im Klaren, woraufhin ihn der Prinz mit einer Mischung aus leichtem Unglauben, heißer Erregung und tiefgreifender Freude anstarrt. „Oh, Edward...!“, haucht er beinahe fassungslos. „Sei still!“, kommt es mit leichtem Nachdruck von dem Rätselmeister, der sich vorsichtig aus der Umarmung seines Gegenübers befreit. Etwas verwundert mustert ihn Joker und lässt sich dann wie ferngesteuert von ihm bäuchlings gegen die Wand drücken. „Wirklich?“, fragt der Clown mit einem Anflug von hoffungsvoller Erwartung. „Nichts könnte mich davon abhalten!“, erwidert ihm der Brünette erregt und drückt sich gegen ihn.
 

Schon einen Moment später spürt der Verrückte die harte Erregung des anderen an seinem Eingang. Nun ist er es, der sich wie ein Ertrinkender in der Aufhängung der Dusche festklammert, während sich das langersehnte Organ in ihn hineinzwängt. Tiefes Stöhnen erfüllt daraufhin den kleinen Raum. Ihre Verbindung wird immer inniger, droht Ed fast schon zu erdrücken, doch er könnte sich kaum ein schöneres Gefühl vorstellen. Jede seiner Bewegungen wirkt fahrig und ungeduldig, und doch entlockt sie ihnen beiden immer angestrengteres Stöhnen. Der schmächtige Körper vor ihm erzittert immer heftiger in freudiger Erwartung und Nigma hat nicht vor ihn zu enttäuschen oder auch nur einen Moment länger warten zu lassen. Es fehlen auch nur noch wenige kräftige Stöße und die eben so alles auslöschende Explosion in seinem überforderten Kopf setzt wieder ein, fegt alles hinfort, sodass er nur noch Augen für den jungen Mann vor sich hat, den er auf so unglaubliche Weise lieben gelernt hat, und den seine Gefühle in dieser Sekunde ebenfalls überwältigen. Mit einem tiefvereinten, letzten Aufstöhnen ergeben sich die beiden gleichzeitig ihrem mitreißenden Höhepunkt und besiegeln damit ihre neugewonnene Verbindung endgültig.
 


 

13
 

Eine ganze Weile vergeht, in der sich die beiden schweigend und zufrieden ihrer Erschöpfung hingeben, unter dem warmen Strahl der Dusche sitzen, mit leeren Augen auf die gekachelte Wand starren und Händchenhalten wie frisch verliebte Teenager. Irgendwann, Ed kann beim besten Willen nicht sagen wann oder wie, finden sich die zwei im Bett wieder. Wohlig eingekuschelt in ein paar Decken, begleitet vom sanften Prasseln des Feuers im Kamin. Eng an einander geschmiegt liegen sie zusammen und lassen den letzten Hauch ihres gemeinsamen Abenteuers ausklingen. „Ich liebe dich...“, flüstert Joker kaum hörbar über das Knistern der Flammen hinweg. „Ich liebe dich auch...“, erwidert Edward mit einem zufriedenen Lächeln, doch da sind dem Jüngeren schon die Augen zugefallen. Schmunzelnd streicht ihm der Brünette eine noch feuchte Strähne aus dem Gesicht, haucht ihm einen Kuss auf die Stirn und driftet dann ebenfalls in die Traumwelt ab...

Armitage’s King


 

1
 

Zwei Tage sind vergangen, seit Riddler ihm die Meinung gegeigt hat und dann mit dem Joker auf nimmer Wiedersehen verschwunden ist. Batman hatte in dieser Zeit wenigstens die Chance sich vom fiesen Angriff des Brünetten zu erholen, was seine Laune aber nicht sonderlich gehoben hat. Zwar ist er äußerlich ganz froh die beiden Spinner wieder los zu sein, innerlich ist er aber schrecklich aufgewühlt und versucht zu verdrängen, was diese Irren anstellen könnten, wenn er kein Auge auf sie haben kann. Ob sie ihre neugewonnene Freiheit ausnutzen und ihm nun tatsächlich in den Rücken fallen könnten, wie er es die ganze Zeit über schon befürchtet. Immerhin war der Rätselmeister in dieser Nacht alles andere als angetan, was ja schlussendlich zu diesem unvorhergesehenen Ausbruch geführt hat. Das hätte Bruce ihm nun wirklich nicht zugetraut. Der verrückte Clown hat einen ganz schlechten Einfluss auf den eigentlich sonst so handzahmen Nigma und das gefällt dem Dunklen Ritter immer weniger. Kein Wunder also, dass sein Gemüt gleich dem Wetter einem einzigen Chaos entspricht. Dieser neunzehnte Dezember ist geprägt von einem schneidenden Wind, der die gefühlte Temperatur weit unter minus fünfzehn Grad fallen lässt.
 

Mit einem tiefen Grummeln sitzt Batman nun vor seinem riesigen Computer und versucht systematisch alles durchzugehen, was bisher passiert ist, um sich vielleicht doch einen Reim darauf zu machen, was als Nächstes kommen könnte. Er ist sich bewusst, dass das Ganze noch längst nicht ausgestanden ist, doch nur Edward kann ihm sagen, wie viele Monster noch frei rumlaufen könnten. Bei diesem Gedanken verstärkt sich sein Grummeln nur noch, sodass Alfred das Gefühl bekommt in den Käfig eines überlaunigen Panthers getreten zu seien, statt in die ihm wohlvertraute Bathöhle. Er unterdrückt ein schweres Seufzen und nähert sich seinem Herrn dann möglichst locker. Demonstrativ stellt er die Tasse Kaffee neben ihm ab und betrachtet kurz die Aufzeichnungen auf dem Monitor. „Master Bruce, denken Sie wirklich, dass Sie allein damit weiterkommen?“ „Was bleibt mir schon anderes übrig?“ „Vielleicht sollten Sie die beiden suchen und sich entschuldigen? Vielleicht gibt Mister Nigma Ihnen dann wenigstens die Notizen?“ „Und riskieren, dass der durchgeknallte Clown wieder eine Waffe auf mich richtet und Nigma ihm inzwischen so hörig ist, dass er wie ein tollwütiger Hund auf mich losgeht, sobald der Spinner mit den Fingern schnippt? Nein, danke...“ Ein erneutes Seufzen vom Butler. „Denken Sie nicht, dass das nur eine einmalige Sache war? Eine stressbedingte Kurzschlussreaktion von Mister Nigma?“ „Das würde ich nur zu gern glauben. Doch es ist einiges zwischen den beiden vorgefallen, das sie enger als je zuvor zusammen gebracht hat. Der Riddler ist deswegen nicht mehr er selbst und ich kann ihn nicht mehr so einfach unterwerfen, wie früher immer. – Das macht mir sogar schon mehr Sorgen als diese Monster. Er ist regelrecht unberechenbar geworden...“
 

„Denken Sie denn, dass sich die beiden nun endgültig verbündet haben?“, fragt der Grauhaarige etwas unbehaglich, da er sich nicht ausmalen will, was zwischen den beiden vorgefallen sein könnte. „Schon möglich. Aber da ist noch etwas anderes. Es scheint direkt vor meiner Nase zu sein und dennoch komme ich nicht drauf, was es genau ist, oder will es schlichtweg nicht wahrhaben, weil es die zwei betrifft. Doch es schweißt die beiden enger zusammen, als mir lieb ist...“ Ganz hinten in seinem Kopf formt sich die Erinnerung an den ein oder anderen Kuss, den die beiden geteilt haben und er beginnt sich zu fragen, ob die zwei womöglich eine Art Affäre miteinander begonnen haben und sich Ed deswegen so auf die Hinterbeine stellt. Er schlichtweg verteidigen will, was er sich so hart erarbeitet hat. Batman will es nicht, doch er beginnt sich ebenfalls zu fragen, was oben hinter der verschlossen Tür des Gästezimmers alles passiert sein mag, das die beiden so viele Tage und Nächte miteinander geteilt haben. Allein die vage Vorstellung widert ihn an, obwohl er für gewöhnlich kein bisschen homophob oder dergleichen ist. Doch das ist einfach nur abartig, erst recht diese beiden und dann auch noch in seinem Haus – praktisch vor seiner Nase! Heftig schüttelt er den Kopf und erhebt sich dann ruckartig. „Sir?“, entkommt es Alfred verwundert. „Ich brauche die beiden nicht, weder jetzt noch irgendwann sonst! Ich kann das Ganze immer noch auf die altmodische Weise machen...“, endet der Schwarzhaarige entschlossen, springt ins Batmobil und macht sich zu seiner nächtlichen Patrouille auf.
 


 

2
 

Die Nacht neigt sich schon fast ihrem Ende und verlief für Batmans Verhältnisse bisher nahezu erschreckend friedlich. Keine Spur von irgendwelchen Monstern oder gar dem Riddler und dem Joker. Brummend hadert Bruce mit sich es für Heute gut sein zu lassen. Es bringt einfach nichts ohne einen Anhaltspunkt durch die Stadt zu fahren. Gerade als er betrübt umkehren will, beginnt der Polizeifunk aufgebracht zu knistern. Der Dunkle Ritter schenkt dem Ganzen jedoch nicht wirklich Beachtung und wendet den Wagen Richtung Heimat. Allerdings stoppt er dann abrupt, als er die fast schon hektische Stimme aus dem Mikro dringen hört. Es ist Gordon und ein Knacken im Gerät verrät Wayne, dass der Commissioner auf eine andere Frequenz gewechselt hat, um nach einigen Ankündigungen für seine Männer nun persönlich mit Batman reden zu können. Also muss etwas vorgefallen sein, dass sein Eingreifen nötig macht. Vielleicht sind Riddler und Joker doch wiederaufgetaucht und laufen jetzt irgendwo Amok? Bei der Vorstellung und seinen ungewollten Gedanken vorhin, muss er irgendwie an das Gangsterpärchen Bonny und Clyde denken, wobei er sich nicht ganz sicher ist, wer von beiden Bonny und wer Clyde sein soll. Doch er schüttelt den Gedanken schnell wieder ab und fährt stattdessen rechts ran.
 

„Bist du da?“, schallt es auch schon aus dem Mikro. „Ja.“, brummt Bruce nichtssagend zurück. Obwohl sie auf einer eigenen, geheimen Frequenz miteinander reden, beschränken sie aus Sicherheitsgründen ihre Gespräche nur auf das Wesentliche und vermeiden unnötige Informationen oder Namen, benutzen zumeist auch nur einen Code, den sie sich gemeinsam ausgedacht haben und der mit dem Polizeicode nichts gemein hat. Man weiß ja nie, wer sich vielleicht doch irgendwo mit einklinkt. „Es gibt Unruhe in BG.“, teilt ihm der Rothaarige angespannt mit. BG steht dabei für das Blackgate Gefängnis ganz im Süden Gothams. Ganz ähnlich wie das Arkham Asylum wurde auch es auf einer Insel errichtet, um es möglichst ausbruchsicher zu machen, was aber nur bedingt funktioniert. „Wieder ein Code A?“, fragt Wayne nach, obwohl sich Gordons Stimme seiner Meinung nach für einen schlichten Ausbruch zu angespannt anhört. „Negativ. – Ich fürchte es ist ein Code M...“, kommt die Antwort nun merklich nervös. Bis vor einem Monat gab es noch gar keinen Code M zwischen ihnen, es steht nämlich für den Angriff eines weiteren Monsters von Norris. Kein Wunder also, dass der Commissioner so aufgewühlt klingt. Immerhin bewohnen Blackgate hunderte zum Teil überaus gefährliche Straftäter und mindestens genauso viele sind für ihre Bewachung zuständig. Wenn dort wirklich ein Monster aufgetaucht sein sollte, ist das alles andere als gut.
 

„Verstanden. Irgendwelche Sichtungen?“ Am anderen Ende herrscht so lange Schweigen, dass Batman schon fürchtet, dass die Verbindung unterbrochen wurde. Gerade als er nach Gordon rufen will, meldet sich dieser allerdings zurück. „Ich – weiß beim besten Willen nicht, wie ich das formulieren soll, damit es zwischen uns bleibt...“, gesteht er schließlich. Der Schwarzgekleidete ahnt Schlimmes und beginnt sich richtiggehend zu ärgern, dass Riddler und Joker einfach so abgehauen sind und ihn nun mit all dem Scheiß sitzen lassen. Gordon ist mit einigen Wassern gewaschen, erst recht seit er mit Batman zusammenarbeitet. Ihn jetzt so nervös zu hören, macht dem selbsternannten Rächer klar wie ernst die Lage womöglich sein muss und, dass er das vermutlich nicht allein schaffen wird. Schwerlich unterdrückt er ein Zähneknirschen. „Sagen Sie es einfach gerade heraus. Es würde sicher eh keiner glauben.“ „Vermutlich. Ich glaube es ja selbst kaum. – Angeblich soll sich nämlich ein Drache im Keller befinden! – Zumindest hat der Kerl, der ihn gesehen haben will, ihn als Drachen beschrieben. Es könnte aber auch ein großes Krokodil oder dergleichen sein...“ Nun ist es Batman, der schweigt. „Hallo, bist du noch da?“ „Ja, bin ich. Und ich habe verstanden. Ich fahre rüber und sehe mir das Ganze mal an. Sorgen Sie nur dafür, dass möglichst keine Panik ausbricht. Ich beeile mich.“ Und damit beendet der Ritter das Gespräch und jagt mit dem gepanzerten Wagen Richtung Blackgate.
 


 

3
 

Der Weg dorthin ist ziemlich weit, da sich Bruce praktisch gerade am ganz anderen Ende von Gotham befindet, aber es kümmert ihn wenig. Mit seinem Hyperspeed fliegen die Meilen nur so an ihm vorbei. Dennoch hat er genug Zeit, um sich ungewollt Gedanken zu machen. Diesem Monster – wenn es sich denn wirklich um eines handelt – muss er sich diesmal ganz allein entgegenstellen. Im Grunde hat er damit überhaupt kein Problem, arbeitet er doch sowieso viel lieber solo. Dennoch bedrückt ihn die Tatsache, nicht mehr auf seine beiden durchgeknallten Helfer zurückgreifen zu können. Es wurmt ihn sehr, daran denken zu müssen, wie abhängig er schon beinahe von diesen zwei Spinnern war, erst recht als sein Fuß nicht mitgemacht hatte. Doch das ist Geschichte und Batman wieder genesen und der einsame Jäger, der er ursprünglich immer gewesen ist. Trotzdem lässt es ihn nicht los. Was, wenn er diesem Drachen oder was immer es auch sein mag, einfach nicht gewachsen ist und Blackgate seines Versagens wegen im Chaos versinkt? Und nicht nur das. Sobald das Gefängnis fällt, steht Gotham ein Unheil nach dem anderen bevor und es ist nur eine Frage der Zeit bis seine geliebte Stadt kläglich zu Grunde gehen wird...
 

Knurrend umfasst er das Lenkrad fester und seine eisblauen Augen bohren sich regelrecht in die Straße vor dem Batmobil. Er hat erst gut die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht und ist schon jetzt völlig fertig seiner Gedanken und Bedenken wegen. Vor ihm breitet sich gerade Little Italy aus, mit seinen unzähligen, aufwendig geschmückten Lebensmittel- und Weingeschäften und seiner südländischen Herzlichkeit. Bei Tag in jedem Fall immer einen Besuch wert, doch Wayne hat kein Auge dafür – weder bei Tag noch bei Nacht. Auch nicht für die weithin berühmte Pizza von Luigi´s, die ihren köstlichen Duft auch die ganze Nacht lang durch die Straßen wallen lässt und Leute von weit herkommen, um sie zu genießen. Der Dunkle Ritter ist gerade erst an dem Laden vorbei, da steigt er plötzlich heftig in die Eisen und fährt rückwärts zurück. Nun parkt er direkt vor dem Geschäft, das nicht nur ein beliebter Ausflugspunkt für Touristen ist, da es das Familiengeschäft schon seit fast hundert Jahren hier an dieser Stelle gibt, und schon viele Berühmtheiten aus aller Welt hier eingekehrt sind, nein, es ist besonders nachts auch ein sehr gefragter Treffpunkt für die kriminelle Schicht der Stadt. Ganoven und Gauner jeder Klasse finden sich hier ein und sitzen über alle Grenzen hinweg erstaunlich friedlich zusammen, ob sie nun verfeindet sind oder nicht. Luigi´s scheint so etwas wie ein neutraler Ort zu sein, an dem alle Menschen tatsächlich gleich sind, völlig egal was sie sonst entzweit. Eine Art magischer Bannkreis, der jeglichen Gesetzen der Natur und des Rechts zu trotzen scheint. Tritt man hier durch die Tür, ist man regelrecht ein unbekannter Niemand und keiner dreht sich furchtsam oder angriffslustig nach einem um.
 

In diesem eigenartigen Kosmos scheint es nur eine Abweichung zu geben, wie Batman unweigerlich feststellt, als er festen Schrittes durch die Tür tritt. Und diese Abweichung besteht in seiner Person selbst. Als der Blick des Kassierers, der sich gerade angeregt mit zwei Männern am Tresen unterhalten hat, auf ihn fällt, klappt ihm erschrocken der Mund auf und er bekommt kein Wort mehr heraus. Der Bäcker, der gerade die Bestellung der beiden Männer nach vorn bringt und beim Ertönen der kleinen Glocke über der Tür unwillkürlich freundlich lächelnd hinübersieht, lässt beim Anblick des Mitternachtsdetektiven beinahe die dampfenden Kartons fallen. Es gelingt ihm gerade noch so sie auf dem Tresen abzustellen und dann huscht er fast schon panisch zurück in die Küche. „Wir – wir nix wollen Ärger!“, stammelt der Kassierer nervös und verzieht sich dann ebenfalls in die Küche. Nun sind nur noch die beiden Männer da, die wehmütig die dampfenden Kartons mit Pizza vor sich betrachten. So viel wohl zum gemütlichen Essen...
 

„Spürst du auch diesen eisigen Luftzug? Ich frage mich, wo der so plötzlich herkommt.“, meint der Jüngere der beiden Männer augenrollend, ohne den Blick von seinem Kollegen abzuwenden. Dieser gibt ein erstaunlich missgünstiges Seufzen von sich und funkelt Bruce dann mit einem Anflug von Zorn an. Seine stechend grünen Augen kann der Rächer dabei zwar nicht sehen, da der brünette Mann eine lilafarbene Maske davor trägt, aber das muss er auch gar nicht. Das Missfallen des Riddlers ist für ihn unübersehbar. „Welch unerfreuliche Ehre dich hier anzutreffen, Batman.“, lässt ihm der Rätselmeister zuteilwerden. Nun wendet sich auch der Jüngere zu ihm herum und Wayne stellt nicht sonderlich überrascht fest, dass sich der Joker wieder das Gesicht geschminkt hat. „Wie schaffst du es nur einem selbst die Lust auf Pizza zu verderben, Batsy?“, fragt er den Ritter mit einem theatralisch ausladenden Tonfall. „Ich will nur reden.“, brummt Batman. Gleichzeitig fangen die beiden Verbrecher ernst an zu lachen. „Das sag mal den beiden Itaka, die sich da hinten deinetwegen in die Hosen machen.“, gluckst der Clown, doch es klingt keinesfalls fröhlich.
 

Flüchtig wirft der Schwarzhaarige einen Blick Richtung Küche, doch die Tür ist verschlossen und niemand ist zu sehen, weshalb er wohl halbwegs offen sprechen kann. „Ich will nur reden.“, wiederholt er, diesmal aber etwas ruhiger, obwohl ihm der Zeitdruck deutlich im Nacken sitzt. „Schön, dann tu es doch! Vielleicht hören wir dir sogar zu, mein Großer.“, kommentiert der Grünhaarige sichtlich gelangweilt und versucht derweilen einen der Pizzakartons zu öffnen, um ein Stück zu stibitzen. Allerdings legt Nigma bestimmend die Hand auf den Deckel und zieht die Schachteln dann sogar aus der Reichweite des Jüngeren, was dieser mit leichtem Schmollen und einem nicht gerade leisen Magenknurren hinnimmt. Der Brünette ignoriert es jedoch. „Wir werden zuhören, aber du musst dort an der Tür stehenbleiben und wage es ja nicht laut zu werden, sonst ist dieses Gespräch sofort vorbei und wir verschwinden.“, meint der Rätselmeister in diesem neuen, erstaunlich selbstsicheren Tonfall, den er sich dank des Jokers angewöhnt zu haben scheint und der Batman nicht gerade ein gutes Gefühl gibt. Dennoch fügt er sich seinen Worten und bleibt unter der Türzarge stehen.
 

Einen Moment herrscht Stille, wobei Batman tief in sich geht und schließlich mit einem schweren Seufzen endet. „Ich denke, es wäre angebracht zu sagen, dass es mir leidtut, wie es beim letzten Mal gelaufen ist...“, setzt der ach so stolze Beschützer der Stadt fast schon kleinlaut an. „Oh, warte! Hat er das wirklich gerade gesagt oder werden mir die Knie etwa deinetwegen so weich, mein Hübscher?“, kommt es nahezu süffisant vom Joker, der seinem Partner fahrig die Hand auf den Oberschenkel legt und sich vielsagend auf die Unterlippe beißt. Überraschend lässig nimmt Riddler das Ganze hin und legt sogar seine eigene Hand auf die des anderen, statt sie wegzuschieben, wie Batman es eigentlich von ihm erwartet hätte. „Zu freundlich. Doch du willst uns doch nicht etwa erzählen, dass du nur deswegen durch die ganze Stadt gedüst bist.“, will der Brünette wissen. Der Schwarzgekleidete gibt ein leichtes Brummen von sich. „Eigentlich bin ich euch nur rein zufällig begegnet, da ich gerade auf dem Weg nach Blackgate war. Dort soll nämlich ein weiteres Monster aufgetaucht sein.“
 

„Ha! Ich hätte es mir denken können! Du bist nur so nett, weil du schiss hast das Ganze allein zu machen, hab ich recht?“, platzt es aus dem Clown heraus. Verräterisch wendet Bruce unbewusst einen Moment den Blick ab und bestätigt somit die Worte des Verrückten. „Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn es anders wäre...“, seufzt Ed und umfasst die Hand seines Gefährten fester. Dieser wendet ihm kurz den Blick zu und sie scheinen sich stumm zu verständigen. „Werdet ihr mir nun helfen oder nicht?“, will Wayne nach einem Moment wissen, da ihm langsam die Zeit davonläuft. Er kann nicht ewig mit ihnen diskutieren und ihnen Honig ums Maul schmieren. „Im Grunde habe ich nichts gegen ein bisschen Action. Ist schon fast langweilig, wenn du nicht hinter uns her bist, mein Großer.“ So etwas wie Hoffnung huscht über das Gesicht des Maskierten, doch nur für den Bruchteil eines Augenblicks, dann betrachtet er Nigma, der hierbei das letzte Wort haben wird. „Sonderlich angetan bin ich davon nicht gerade, schon wieder mein Leben für so etwas aufs Spiel zu setzen. Doch Joker wird sich wohl nicht so leicht davon abbringen lassen. Der Junge braucht ganz dringend mal wieder etwas Auslauf und ich werde nicht zulassen, dass er das mit dir allein durchziehen muss. Das endet nur damit, dass ihr beiden Sturköpfe euch gegenseitig an die Gurgel springt. Doch ich rate dir dringend an unser letztes Gespräch zu denken, Batman! Erlaube dir auch nur einen Fehltritt und wir sind auf der Stelle verschwunden, egal wie bescheiden die Lage in diesem Moment auch immer sein mag.“
 

„Einverstanden.“, gibt Batman kurz angebunden von sich und wendet sich der Tür zu. Mit der Hand auf der Klinke meldet er sich allerdings noch einmal zu Wort. „Ich nehme an ihr habt ein Fahrzeug?“, fragt er, obwohl er schon bereit wäre sie in seinem Wagen mitzunehmen „Selbstverständlich!“, erwidert Joker keck, während draußen der Motor eines Bikes verstummt, als der Pizzabote zurückkommt. Bruce mustert die beiden noch einen Moment, dann tritt er nach draußen und versetzt dem Botenjungen ungewollt einen heftigen Schreck. „Himmel...!“, gibt dieser erstickt von sich, als sein Blick auf Batman fällt, und die beiden Ex-Sträflinge ebenfalls die Pizzeria verlassen. „Mister Joker, Mister Nigma, was ist hier los?“, fragt der Bote aufgelöst. „Keine Sorge, mein Junge, wir haben alles im Griff.“, beruhigt Edward ihn. Sonderlich zu funktionieren scheint es jedoch nicht. „Hey, Tony, wir borgen uns das mal aus, ja?“, flötet der Grünhaarige und schwingt sich im selben Moment auch schon auf die buntbeklebte, noch warme Honda, die kurz darauf wieder aufheult. „Aber...“, setzt der Junge zweifelnd an, während Riddler sich zu seinem Partner setzt. „Keine Sorge, wir bringen sie zurück.“, meint Nigma und zieht den Ersatzhelm auf. „Halt solange unsere Pizzen warm, Kleiner!“, zwinkert der Grünhaarige ihm zu, klappt dann das Visier des Helms runter und schon düst die Honda davon. „Aber...“, gibt Tony noch unsicher von sich, dann lässt er die Schultern hängen und verschwindet wieder nach drinnen.
 

Es dauert nur einen Moment, dann hat das Motorrad das Batmobil eingeholt und der Dunkle Ritter ist nicht wirklich überrascht zu sehen, dass es sich beim Fahrzeug der beiden Gauner um das Bike von Luigi´s handelt. Er hätte es sich auch denken können, da außer seinem eigenen Wagen kein anderes Gefährt in der Nähe der Pizzeria stand. Doch er sieht im Moment darüber hinweg und beschleunigt noch ein wenig. Etwas beruhigter stellt er fest, dass auch die Honda an Tempo zulegt und ihm praktisch an den Hinterreifen klebt, kurz darauf sogar neben ihm herfährt und sich das bis nach Blackgate auch nicht ändert.
 


 

4
 

Am Eingang der Schleusenbrücke, die nach Blackgate führt, stoppt das Batmobil schließlich. Mit etwas Abstand hält auch die Honda hinter dem gepanzerten Wagen. Mit leichtem Unbehagen beobachten Riddler und Joker, wie sich Gordon dem Wagen des Dunklen Ritters nähert und dabei einen unschlüssigen Blick zu ihnen nach hinten wirft – vielleicht um zu ergründen, wen Batman da wohl im Schlepptau hat. Doch das grelle Licht des Scheinwerfers der Maschine lässt ihn nicht genug erkennen, um sich Gedanken zu machen. Stattdessen beugt er sich zum offenen Fenster des Batmobils hinab. „Da bist du ja endlich.“, rügt er den Ritter ein bisschen. „Ich musste noch jemanden abholen.“, entgegnet Bruce und versucht damit halbherzig zu erklären, warum ihm das Motorrad folgt. Innerlich hofft er, dass Gordon nicht mitbekommt, um wen es sich dabei handelt, sonst wäre hier das reinste Chaos los und die Hilfe der beiden je dahin. Der Commissioner nickt verstehend und fragt zum Glück auch nicht weiter nach, denkt wahrscheinlich, dass es sich bei den beiden um welche von Batmans Mündel handelt.
 

„In Ordnung. In der Kürze der Zeit können wir die Insel selbstverständlich nicht evakuieren. Doch die Wachen versuchen die Häftlinge alle auf die andere Seite des Gefängnisses zu bringen, damit sie so weit wie möglich von diesem Ding weg sind. Das geht aber auch nicht sonderlich schnell. Wäre wahrscheinlich gut, wenn ihr da mit anpacken würdet, bevor ihr das Vieh aufs Korn nehmt.“ „Keine Sorge, ich kümmere mich darum. Riegeln Sie nur alles ab, sobald wir drin sind.“, endet Wayne und lässt den Motor wieder aufheulen. Gordon entfernt sich ein Stück und gibt den Wachmännern ein Zeichen, die daraufhin das große Tor zur Überfahrt öffnen. Einen Moment später ist das gepanzerte Fahrzeug hindurch, dicht gefolgt von der Honda. Verwundert legt der Rothaarige allerdings die Stirn in Falten. Das Bike ist eindeutig keines von Batmans. Zudem wirken die zwei Männer darauf nicht wie welche von seinen Schützlingen, fehlt ihnen doch das typische Kostüm. Stattdessen läuft James bei Anblick der Sachen ein kalter Schauer über den Rücken, war er doch sinnloserweise der Meinung, dass ihn das Zeug an den Riddler und den Joker erinnert. Doch das ist vollkommen unmöglich, regelrecht absurd! Was sollte Batman schließlich mit diesen zwei Spinnern wollen? Seine müden Augen müssen ihm schlichtweg einen Streich gespielt haben, geht ihm doch dieser ganze Monsterunsinn schon viel zu sehr an die Nieren.
 


 

5
 

Ohne die ganzen Wachleute, die geschäftig über den Hof das Gefängnisses patrouillieren, wirkt Blackgate regelrecht ausgestorben. Dennoch regt sich Unbehagen in den beiden Gaunern, wollten sie doch hier niemals freiwillig landen. Allerdings haben sie nicht viel Zeit sich darüber Gedanken zu machen, da wendet sich Batman auch schon an sie. „Laut eines Zeugen soll sich das Monster wohl im Keller befinden. Sucht es und überlegt euch, wie wir es zur Strecke bringen können! Ich werde mich in der Zwischenzeit um die Insassen und das Personal kümmern. – Doch reißt euch zusammen und erregt kein Aufsehen! Und noch viel wichtiger: Keine Toten!“, eindringlich mustert er die beiden. Stumm nicken sie unter ihren Helmen und kurz darauf trennen sich ihre Wege auch schon.
 

Langsam steigen die Ex-Häftlinge die lange Treppe in den dunklen Keller hinunter. Dabei scheinen sie von allen Seiten durchdringend beobachtet zu werden. „Diese vielen Kameras machen mich noch ganz wahnsinnig...“, gibt Edward schließlich von sich und sieht sich unbehaglich um. „Mich auch. Gib mir mal deinen Stab.“, entgegnet ihm der Joker sichtlich hibbelig. „Willst du die Kameras etwa damit abschlagen?“ „Natürlich, was dachtest du denn?“ Widerwillig reicht der Rätselmeister ihm seinen Stab, hält seinen Partner aber noch am Arm zurück. „Nimm lieber die Klinge, dass macht weniger Lärm. Nicht, dass du das Vieh noch auf uns aufmerksam machst.“, mahnt er ihn. Trotz des Helms kann Nigma sehen, dass der Grünhaarige viel lieber auf etwas einschlagen würde, sich etwas abreagieren – was Ed Batman gegenüber vorhin auch mit Auslauf meinte –, aber er beugt sich dennoch seinem Wunsch. „Na schön...“, meint er knapp, aber resignierend und huscht dann auf seinen nackten Füßen flink wie eine Maus von einer Kamera zur nächsten. Gleich einem Chirurgen stößt er die Klinge präzise von unten in jedes Gerät und deaktiviert es damit. Als alle Kameras tot sind, nehmen die zwei endlich die störenden Helme ab und beginnen mit der eigentlichen Suche.
 

Ungewohnt vorsichtig kontrollieren sie jeden Raum in diesem unterirdischen Labyrinth. „Ed! Komm schnell her!“, flüstert der Clown irgendwann unterdrückt und der Angesprochene schluckt hart, da er sich vorstellen kann, dass sein Kollege das Monster gefunden hat. Unsicher nähert sich ihm der Ältere und blickt dann ebenfalls durch den Türspalt. „Oh, Himmel...!“, gibt er erstickt von sich. Was dort vor ihnen im schemenhaften Licht einiger schwacher Lampen liegt, gleicht dem Wesen aus einem schaurigen Märchen. Genau so würde man sich wohl einen echten Drachen vorstellen. Das Tier ist geradezu riesig. Da es sich aber zusammengerollt hat, scheinbar schläft, ist es jedoch unmöglich zu sagen, wie groß es wirklich ist. Sein Körper ist dunkelgrün und von helleren Schuppen bedeckt. Ein schmaler Streifen orangeroten Fells schlängelt sich vom Kopf bis zur Schwanzspitze. Riesige Krallen funkeln im Schein der Lampen. Auf dem Kopf trägt das Wesen drei nach vorn gebogene Hörner. Sein gleichmäßiges Atmen gleicht einem tiefen Brummen und bläst den beiden Kriminellen bei jedem Ausstoßen einen heißen Schwall Luft um die Beine.
 

Bemüht leise schließt der Clown die Tür dann wieder und sie sehen sich etwas unschlüssig an. Schließlich zieht Edward das Notizbuch aus seinem Jackett und blättert darin herum. Irritiert kommt er allerdings bald am Ende der Aufzeichnungen an, ohne das Wesen gefunden zu haben. „Es – ist nicht hier drin...“, flüstert er erschrocken. „Unmöglich! Blätter noch mal zurück.“, fordert ihn der Jüngere auf und diesmal findet er es auch. Die entsprechenden Seiten klebten nur etwas zusammen, sodass er sie beim ersten Durchgang übersehen hat. „Da...“, meint der Rätselmeister schließlich, schluckt schwer und beginnt dann vorzulesen.
 

„Für unsere Ohren mag der Name niedlich klingen, doch bei den Einheimischen in Gambia löst er Angst und Schrecken aus: Ninki-Nanka heißt das Ungeheuer und wird als drachenähnliches Biest beschrieben. Das Fabelwesen soll den Körper eines Krokodils haben, den Hals einer Giraffe und den Kopf eines Pferdes mit drei Hörnern. Dabei soll es bis zu dreißig Meter lang werden. Armitage´s King, wie Ninki-Nanka 1922 nach dem britischen Gouverneur Cecil Hamilton Armitage auch benannt wurde, soll nach der Überlieferung in sumpfigen und in moorigen Landschaften Westafrikas zu finden sein. Im Kopf soll das Ninki-Nanka einen Drachenstein tragen, der ihm übernatürliche Kräfte, in Form von Unverwundbarkeit und Unsterblichkeit, verleiht. Ninki-Nanka schlüpfen angeblich aus Eiern, die in den Gelegen von Pythons auftauchen, ähnlich wie Basilisken aus Hahneneiern schlüpfen sollen.“
 

„So ein alberner Name!“, kommentiert Joker das Ganze. „Stimmt. Aber dieser komische Drachenstein macht mir Sorgen...“, erwidert Ed. „Ja, noch so ein angeblich unverwundbares Vieh...“, kommt es theatralisch von dem Grünhaarigen. „Ich bin sicher, wir finden einen Weg. Immerhin haben wir es auch bei dem Letzten geschafft.“, meint Nigma flüchtig und erinnert sich dabei noch ziemlich gut an die blaue Feuersäule, und noch weit besser an den ersten richtigen Kuss zwischen ihnen, sodass ihm kurz ein Hauch Rot über die Wangen hinweggleitet. „Ich fürchte nur, dass wir hier nichts in die Luft jagen können.“, meint der Jüngere mit hörbarem Bedauern. „Das sehe ich auch so. Aber vielleicht ist ja dieser Stein die Lösung des Problems? Wenn ich mich hier in einen Computer hacken kann, finde ich darüber womöglich etwas.“ „Ist einen Versuch wert. Lass uns wieder nach oben gehen und die Wärter mal ein bisschen erschrecken.“, grinst der Clown in sich hinein. Riddler will sich zwar nicht so ganz vorstellen, was genau er damit meinen könnte, dennoch folgt er ihm schweigend.
 


 

6
 

Ganz in der Nähe der Treppe zum Keller befindet sich ein Raum zur Überwachung der Kameras. Durch die Glasscheibe in der Tür können die zwei Verrückten einen einsamen Wachmann erkennen, der gewissenhaft etwas in einem Buch notiert und dabei die Monitore im Blick hat. Einige davon sind dunkel, weshalb es sich dabei wohl um die der kaputten Kameras im Keller handeln dürfte. Auf anderen ist zu sehen wie Batman und die Wachleute die Gefangenen zusammentreiben. Daneben gibt es aber auch einen richtigen Computer, den der Wachmann wohl aber gerade dazu missbraucht hat, um irgendein Spiel zu spielen, das noch bunt blinkend auf dem Bildschirm thront und darauf wartet, dass er fortfährt. „Ok, ich geh rein.“, meint Joker und zieht eine kleine, grüne Murmel aus seiner Tasche. „Warte! Du willst den Kerl doch wohl nicht mit deinem Gift umbringen?“, fährt Ed ihn an. „Und mir damit den Zorn unseres Fledermäuschens einhandeln? Heute nicht, mein Hübscher. Doch ob du es nun glaubst oder nicht, ich habe nicht nur tödliche Waffen bei mir. Das hier ist nämlich nur ein Betäubungsmittel.“, versichert er ihm. „Dann ist ja gut. Aber mach schnell, bevor...“, setzt Nigma unruhig an. Allerdings kann er den Satz nicht beenden, weil ihm der andere Mann einen Kuss auf die Lippen drückt. Überrascht sieht er ihn anschließend an. „Sei nicht so nervös, sonst wird das hier nichts!“ Der Angesprochene erwidert nichts, schlägt nur leicht verlegen die Augen nieder und atmet tief durch. Der riesige Drache dort unten im Keller weckt die altbekannte Angst vor dem Sterben in ihm und wirft ihn somit allmählich wieder in alte Verhaltensmuster zurück.
 

Derweilen wendet sich der Grünhaarige um und betritt den Raum. „Hallo.“, gibt er locker von sich. „Hi.“, murmelt der Wachmann konzentriert, dreht sich aber nicht zu ihm herum. „Ich soll dich hier ablösen.“, meint Joker. Etwas verwundert blickt der andere Mann auf seine Uhr. „Schon? Ist vielleicht auch ganz gut so, jetzt wo Batman hier rumgeistert. Der ist mir irgendwie unheimlich. Allerdings sind etliche Kameras im Keller ausgegangen. Meinst du, dass er das war?“, fragt der Wachmann und beendet seine Notizen. „Nein, das war ich.“, meint der Clown schlicht. „Du? Aber...“, setzt der andere an und nun dreht er sich auch herum. Perplex weiten sich seine Augen, als sein Blick auf den gemeingefährlichen Spinner vor sich fällt. „Scheiße...“, ist alles, was er noch sagen kann. Kurz darauf packt ihn der Kriminelle auch schon blitzschnell am Kragen. „Nachtinacht!“, flötet der Verrückte und drückt auf die kleine Murmel. Sie zerplatzt, wobei ein hauchfeines, gelbes Gas daraus hervortritt und mit dem nächsten Atemzug sackt der Wachmann auch schon zu Boden. Joker packt ihn unter den Armen und zieht ihn in eine Ecke des Raumes, dann gibt er Edward ein Zeichen reinzukommen.
 

Dieser schließt schnell die Tür hinter sich und lässt das Rollo vor der Scheibe herunter, damit sie möglichst ungestört arbeiten können. Schweigend setzt er sich vor den Computer und beginnt auch sogleich zu tippen, während sein Partner sich in dem kleinen Zimmer umsieht. „Wow, die haben hier sogar einen Kühlschrank!“, kommt es begeistert von ihm, wobei sein Magen wieder laut zu knurren beginnt. „Aha...“, gibt Ed geistesabwesend von sich, während seine Augen über den Bildschirm huschen und nach dem richtigen Ergebnis suchen. Der Jüngere lässt sich davon aber nicht den Spaß verderben, musste er doch schon seine Pizza liegenlassen. So macht er geschwind die Tür des Kühlschranks auf und betrachtet sich den Inhalt. Erfreut stellt er fest, dass nicht nur Getränke darin sind, sondern auch allerhand Dosen, Schachteln und in Folie verpackte Dinge – alle fein säuberlich mit dem Namen des jeweiligen Wachmannes beschriftet. Dem Clown läuft regelrecht das Wasser im Mund zusammen und er greift sich aufs geradewohl eine der Schachteln. Wie sich herausstellt genau die richtige, denn sie enthält ein überaus dickbelegtes Sandwich. „Sorry, Daniel, dass gehört jetzt mir. Aber du kannst deiner süßen Frau einen schönen Gruß dafür ausrichten, dass sie dieses Baby gezaubert hat!“, flötet er hin und weg, schlägt den bewusstlosen Wachmann – auf dessen Anstecker auf der Brust der Name Daniel Miller steht – neben sich freundschaftlich auf die Schulter und schlägt auch schon die Zähne hinein. „Hm...“, entgegnet ihm Nigma abwesend und klickt sich weiter durch die Ergebnisse. Somit sind beide mit genau der richtigen Sache beschäftigt.
 


 

7
 

Es dauert eine kleine Ewigkeit ehe sich der Rätselmeister in dem Stuhl zurücklehnt, ein erschöpftes Seufzen von sich gibt und sich die Augen reibt. Für einen Moment schließt er sie sogar und versucht alles zu verinnerlichen, was er gerade gelesen und notiert hat. Einfach wird es demnach ganz sicher nicht werden. Doch alle Seiten, die er diesbezüglich gefunden hat, schienen sich immerhin einig darin zu sein, wie der Drache am besten und sichersten zur Strecke gebracht werden kann, und das beruhigt den Brünetten zumindest etwas. Dennoch ist das Vieh riesig und somit auch die Gefahr, die von ihm ausgeht. Zumal dort im Keller auch nicht gerade viel Platz für einen Kampf ist, sollte es dazu kommen. Das macht ihm am meisten Sorgen. Diese nagende Angst vor dem Sterben stellt sich dadurch unweigerlich wieder bei ihm ein, wenn er auch nur ansatzweise daran denkt. Aber vielleicht hat das bald ein Ende? Vielleicht, wenn er diesen Drachenstein in die Hände bekommen kann...
 

Als sich dieser Gedenke gerade versucht zu vertiefen, ertönt hinter ihm ein Klirren und lautes Rascheln. Langsam öffnet Edward die Augen, wird sich wieder bewusst, wo er hier eigentlich ist, und wendet sich dann um. Dabei fällt sein Blick auf Joker, der wie ein kleines Kind vor einem Kühlschrank in der Ecke hockt und scheinbar alles aus dem Ding herausgeräumt hat. Um ihn herum stapeln sich schon fast unzählige Schachteln, Dosen und allerhand Folie. Zudem ein, zwei leere Flaschen. „Sag mal, was treibst du da eigentlich?“, fragt er den Jüngeren und reibt sich über die leicht pochenden Schläfen. Ungelenk dreht sich der Grünhaarige zu ihm herum und blickt ihn schmatzend an. Dabei scheint in seinem geschminkten Gesicht gefühlt der halbe Inhalt des Kühlschranks verschmiert zu sein. „Wasch?“, fragt der Jüngere mit vollem Mund und diesem unvergleichbaren Unschuldsblick, der auszudrücken versucht: Ganz egal, was ich gemacht habe, ich war es nicht! Unweigerlich hält sich Ed grinsend die Hand vor den Mund und versucht das aufkommende Kichern zu unterdrücken. In diesem Moment sieht der ach so gefürchtete Joker wie ein Waschbär aus, der sich durch eine volle Mülltonne gewühlt hat und nun in die zornigen Augen eines Wachhundes blickt.
 

Langsam erhebt sich der Ältere und kommt zu ihm hinüber. „Ich habe gefragt, was du da eigentlich machst.“, wiederholt er dabei. Der Verrückte erhebt sich vom Boden und schluckt den Brocken herunter, den er gerade gekaut hat. „Essen.“, antwortet er knapp und beißt schon das nächste Stück von etwas ab, das eine Hühnerkeule zu seien scheint. „Das sehe ich auch...“, erwidert ihm sein Gegenüber und betrachtet noch einmal die vielen leeren Dosen und Schachteln zu seinen Füßen. „Doch ich bekomme es einfach nicht in den Kopf, wie jemand, der so dünn, ja regelrecht mager ist, wie du, nur so viel essen kann. Wo futterst du das nur alles hin?“, fragt er zweifelnd und zieht dabei ein Taschentuch aus seinem Jackett. Gleich einer liebenden Mutter beginnt er damit dem Jüngeren all die Schmiere aus dem Gesicht zu wischen, die dieser dort so arglos in seinem Futterrausch verteilt hat – dabei verwischt er auch einen nicht gerade kleinen Teil der grotesken Schminke, die damit noch wilder auszusehen scheint. Joker lässt es sich jedoch gefallen und zuckt nur mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht ein Bandwurm?“, scherzt er ein bisschen und nagt das letzte Stück Fleisch vom Knochen, ehe er diesen achtlos hinter sich wirft, sodass er im Schoß des ohnmächtigen Wachmannes landet.
 

„Und nebenbei betrinkst du dich auch noch?“, kommt es nun fast schon schockiert und etwas tadelnd von dem Brünetten, als er die fast leere Flasche Whiskey in der anderen Hand des jungen Mannes entdeckt. „Ach, wo denkst du hin? Ich habe nur Cola getrunken. Die Flasche hier lag allerdings ganz hinten im Kühlschrank versteckt und ich dachte, du willst vielleicht einen Schluck davon, um die Nervosität etwas zu vertreiben.“, erläutert der Clown ernst, jedoch mit einem kecken, fast schon lockenden Unterton. Leicht angewidert verzieht Riddler das Gesicht, ist er doch so gar kein Freund von Whisky. Dennoch kann er nicht abstreiten, dass sein Gegenüber recht hat. „Her mit der Flasche!“, gebärt er sich schon fast aufgebracht und reißt sie dem anderen regelrecht aus der Hand. Seine Worte wirken tadelnd, als wäre er von der Idee seines Partners überhaupt nicht angetan. Zweifelnd betrachtet er den verbliebenen Rest in der Flasche einen Augenblick, dann gibt er sich einen Ruck und nimmt einen großen Schluck davon. „Bah...“, stöhnt er auf und schüttelt sich heftig, als die scharfe Flüssigkeit als brennender Fluss seine Kehle hinabgleitet.
 

Leicht fängt Joker an zu grinsen. „Na, besser?“, flackst er. „Nur bedingt. Aber zumindest bin ich jetzt wieder hellwach...“ Angewidert verzieht Nigma noch einmal das Gesicht und lässt die Flasche dann sinken, versucht den widerlichen Geschmack von der Zunge zu bekommen. „War einen Versuch wert. Aber vielleicht hilft dir das ja etwas mehr, mein Hübscher?“, haucht der Clown schnurrend. Kurz darauf rückt er dicht an ihn heran, legt ihm die Arme um den Nacken, zieht ihn zu sich heran und verführt ihn zu einem innigen Kuss. Kraftlos lässt sich Ed dazu hinreißen und streicht ihm dabei gedankenverloren mit der freien Hand über den Rücken. Eine Wärme, die der des Alkohols nicht unähnlich ist, breitet sich daraufhin in seiner Körpermitte aus und er stellt nicht sonderlich überrascht fest, dass er das Ganze jetzt liebend gern vertiefen würde. Ergeben seufzt er in den Kuss hinein und vergisst für einen Moment tatsächlich den todbringenden Drachen im Keller und sogar die Tatsache, dass sie sich hier in Blackgate befinden.
 

Allerdings wert der Augenblick nicht lange, dann öffnet sich auf einmal die Tür der Wache und Batman tritt herein. „Was in aller Welt treibt ihr hier eigentlich?“, fährt er die beiden auch schon an und versucht dabei das Bild zu begreifen, das sich ihm bietet. Erschrocken zucken die Gauner zusammen und Edward lässt sogar die Flasche fallen. Mit einem überraschend lauten Scheppern zerspringt sie auf dem Boden und der schwere, durchdringende Geruch des verbliebenen Whiskys verteilt sich schlagartig in dem kleinen Raum. „Wir feiern eine wilde Party, sieht man doch!“, kommt es frech und leicht genervt von dem Clown, während er sich unfreiwillig von seinem Gefährten trennt. Verstimmt verzieht Batman das Gesicht. „Was soll das?“, brummt er zornig und betrachtet die kaputte Flasche und den anderen Müll. „Mut antrinken, würde ich mal sagen. Denn was da im Keller hockt, ist einfach nur Horror...“, kommt es schließlich von Edward. Bruce´ Miene verfinstert sich noch etwas mehr, trotzdem kann er sehen, wie nervös der Rätselmeister schon wieder ist, weshalb seine Worte wahrscheinlich der Wahrheit entsprechen und er wohl froh sein kann, dass die beiden noch nicht das Weite gesucht haben. Über den anderen Blödsinn sieht er erst einmal großzügig hinweg – ist aber schon froh, dass er sie nicht bei etwas anderen überrascht hat...
 

„Jetzt konzentriert euch mal wieder! – Ihr habt das Biest also gefunden und weiter?“, hakt er dann nach, um wieder zum Thema zurückzukommen. Räuspernd nähert sich Riddler dem Computer und richtet sich dabei geschäftig die Krawatte. Dann zieht er Norris´ Notizbuch aus seinem Jackett und schlägt die entsprechende Seite auf. „Das Vieh nennt sich Ninki-Nanka. Angeblich soll es unverwundbar und unsterblich sein. Diese Fähigkeiten erhält es aber nur durch einen sogenannten Drachenstein, der in seinem Kopf sitzen soll.“ Kurz zeigt er dem Dunklen Ritter das Bild des Wesens, schlägt das Buch dann wieder zu und verstaut es in seiner Tasche. Anschließend setzt er sich auf den Stuhl und ruft am Computer eine der Seiten auf, die er bezüglich dieses Themas gefunden hat. „Ich habe das halbe Internet durchsucht und bin immer wieder über dieselben Ergebnisse gestolpert, weshalb ich denke, dass das die Lösung sein wird.“, führt er weiter aus und auf dem Bildschirm baut sich ein Text auf. Batman und Joker blicken ihm über die Schulter und Edward gibt ihnen kurz Zeit die Zeilen zu lesen.
 

Der Drachenstein sitzt nach den meisten Quellen im Kopf des Drachen und besitzt nur dann Zauberkräfte, wenn er einem lebenden Drachen abgenommen wurde. Jedoch muss laut einigen Legenden nach dem Diebstahl des Steins dem Drachen der Kopf abgeschlagen werden, da der Stein sonst keine Zauberkräfte besitzt. Die Inder sollen eine Möglichkeit gefunden haben, an die Drachensteine zu kommen. Sie benutzen Decken, die mit magischen Runen beschriftet sind. Diese legen sie vor die Drachenhöhlen, und wenn der Drache die Höhle verlässt, schläfert ihn der Zauber der Runen ein. Dann können die Jäger die Drachensteine aus dem Kopf des lebenden Drachen entfernen. Laut Theophrast ist der Stein leuchtend rot, gleicht jedoch einem Stück Kohle, wenn man ihn in die Sonne hält.
 

Als ein Brummen von dem Mitternachtsdetektiven ertönt, scrollt Nigma die Seite weiter runter. Seltsame Symbole dominieren nun den Bildschirm und reihen sich schier endlos aneinander. „Das sind die magischen Runen, die den Drachen schlafen legen sollen. Ich habe mir die Mühe gemacht, sie zu übersetzen, da ich befürchtet habe, es könnte Unsinn sein, der dort steht, wie es im Internet ja ziemlich verbreitet ist. Die Worte erscheinen mir jedoch schlüssig. Dort steht also: Magisches Wesen von heiliger Macht, beachte mich nicht in meiner Lumpentracht. Leg dich nieder hier, wo es weich und sacht, vergiss alles, hab keinen Bedacht. Schließe die Augen, atme tief ein, dann werden deine Träume stets schön sein. Eröffne mir dein Herz, doch spüre durch meine Hand keinen Schmerz. Lass mich ein in deine Gedanken, doch bringe mich nicht ins Wanken. Schlafe tief, schlafe lang und lass mich gehen, bevor der Morgen mich macht ganz bang.“, liest Edward vor, was er sich auf einem Stück Papier notiert hat. Prüfend blickt er seine beiden Mitstreiter an und wartet auf ihre Reaktion.
 

Der selbsternannte Rächer gibt nur wieder ein Brummen von sich, dem der Brünette entnimmt wie schwer es ihm doch fallen muss all das zu glauben. Auch Joker hat ungläubig eine Augenbraue erhoben und betrachtet unschlüssig die endlos aneinandergereihten Zeichen auf dem Monitor. „Haben wir eine andere Wahl?“, fragt er schließlich mit einem Seufzen. „Ich fürchte nicht...“, gesteht sein Freund wehmütig. „Na schön. Wer hatte die beste Note im Kunstunterricht?“, fragt der Clown mit einem Kichern, das aber ziemlich resignierend klingt.
 


 

8
 

Die drei brauchen fast eine Stunde, um die unzähligen Runen auf ein großes Banner zu malen, das Batman in einem angrenzenden Lagerraum gefunden hat. Sorgenvoll betrachtet der Ritter dabei die Uhr, der Morgen ist nicht mehr weit. Doch das lässt sich nun nicht mehr ändern. Dafür sollten sie den Rest aber möglichst schnell hinter sich bringen, damit wieder Normalität in das Gefängnis einkehren kann.
 

Erschöpft lehnen sich die ungleichen Verbündeten dennoch einen Moment zurück und sammeln sich, ehe sie das Banner zusammenrollen und sich auf den Weg in den Keller machen. Nervös verweilen die zwei Ganoven vor dem Raum, in dem sie das Ninki-Nanka entdeckt haben. „Jetzt gilt´s...“, gibt Joker von sich. Angespannt öffnet Bruce schließlich die Tür und wirft einen Blick auf das Wesen. Den Anflug von Entsetzen, den er beim Anblick des riesigen Etwas empfindet, kann er nicht ganz verbergen, dennoch bemüht er sich um Ruhe. Ohne das Wesen aus den Augen zu lassen, öffnet er die Tür soweit es geht und dann breiten Joker und Riddler das Runenbanner vor der Schwelle aus. „Jetzt wird es unschön...“, murmelt Nigma nervös. „Ach, Quatsch! Das ist doch noch der einfachste Teil!“, flötet sein Partner schon fast ausgelassen und stellt sich unter die Zarge. Und damit soll er auch recht behalten. Nigma und Wayne platzieren sich unterdes hinter der Tür, die glücklicherweise nach außen in den Flur hin aufgeht, und beobachten den Jüngsten. Dieser holt tief Luft. „Hey, du hässliche Handtasche! Wach auf und schieb deinen stinkenden Arsch hierher!“, brüllt er nahezu ausgelassen.
 

Kurz darauf geht ein Zucken durch den Drachen. Grummelnd stößt er lautstark Luft aus und hebt dann seinen gewaltigen Kopf an. Auf dem langen Hals thronend berühren seine Hörner schon die Decke und schrammen unmelodisch darüber, sodass feiner Putz zu Boden rieselt. Das Ninki-Nanka gibt ein missgünstiges Brummen von sich, blickt sich nach dem Störenfried um und erhebt sich dann zu seiner vollen Größe, wobei es den Kopf gesenkt halten muss, um nicht wieder mit der Decke zu kollidieren. Als es sich anschließend in Bewegung setzt, erzittert der ganze Boden unter seinen tonnenschweren Schritten. „Ach du Scheiße...“, kommt es atemlos vom Joker, der das näherkommende, gut dreißig Meter lange Wesen mit aufgerissenen Augen anstarrt, wie ein Reh das Scheinwerferlicht. „Weg da, verdammt!“, knurrt Batman, packt ihn am Kragen und zerrt ihn hinter die Tür. Dort stößt er ihn Edward praktisch schon in die Arme, der den Jüngeren erschrocken und schützend umklammert und damit seine eigene Angst zu kompensieren versucht.
 

Zornig stapft der Drache näher, duckt sich unter der Türzarge hindurch und verlässt den Raum. Dabei ist es wirklich erstaunlich, dass er mit seiner gewaltigen Größe überhaupt durch den schmalen Durchgang passt, ohne alles einzureißen. Mit angehaltener Luft verharren die drei Beschützer der Stadt hinter der dünnen Holztür zusammengepfercht und warten darauf, dass das Wesen wie geplant einschläft. Das Untier tritt mit seinen Pranken auch tatsächlich auf das Runenbanner, verweilt dort unschlüssig, sucht scheinbar nach dem Zwerg, der es gewagt hat ihn zu wecken. Schwerfällig dreht sich das Ninki-Nanka etwas im Kreis. Schnaubend ist sein Atem zu hören, während seine Schritte den Boden erbeben lassen. Dann folgt ein besonders heftiges Zittern, als sich das Wesen tatsächlich ungelenk auf die Runen legt.
 

Einen Moment warten die drei Krieger noch ab, dann spähen sie um die Tür. Dort liegt der Drache und schläft! Sie können es kaum fassen, allerdings sparen sie sich ihren Jubel für später auf. Wachsam nähern sie sich dem Wesen. Riddler hebt seinen Gehstock und stupst dem Untier damit kräftig gegen die Nase. Nichts geschieht. Einstimmig stoßen die drei seufzend die Luft aus und entspannen sich merklich. „Okay. Joker, hol diesen Stein aus seinem Schädel! Nigma, nimm deine Klinge und stell dich auf die andere Seite, damit wir ihm anschließend den Kopf abtrennen können.“, bestimmt Batman. Einen Augenblick später zieht er ein fast schon erschreckend großes Hackmesser hinter seinem Rücken hervor, das er aus der Gefängnisküche mitgenommen hat, und stellt sich dem Brünetten damit gegenüber, sodass der dicke Hals des Drachen zwischen ihnen liegt.
 

Etwas überfragt betrachtet der Clown derweilen den riesigen Kopf und sucht scheinbar nach einer guten Stelle, um dort hineinzukommen. Entgegen einer normalen Echse, die nur ein paar kleine Löcher an den Schädelseiten zum Hören besitzt, hat das Ninki-Nanka sichtbare Ohrmuscheln, die große Ähnlichkeit mit der Schwanzflosse eines Fisches haben. Dennoch ist der Eintritt in den Gehörgang so groß, dass der Grünhaarige seinen Arm hineinschieben kann. Und genau das tut er nun auch. Dabei gibt er ein angewidertes Geräusch von sich und Ed will sich gar nicht vorstellen, wie es sich dort drinnen anfühlen muss, wenn sein sonst so abgebrühter Partner solche Laute von sich gibt. Der Arm des Jüngsten ist schon bis zur Schulter im Schädel des Drachen verschwunden, dennoch scheint er nichts zu finden. „Hey, mein Hübscher, du weißt nicht zufällig wie groß dieser verdammte Stein sein soll? Ich kann hier nämlich nichts finden...“, kommt es angestrengt von dem Clown, der sich noch weiter in die Enge hineinzuschieben versucht. Zweifelnd betrachtet ihn der Rätselmeister. „Ich habe nicht die geringste Ahnung...“, gibt er schließlich zurück und beginnt sich dabei unweigerlich zu fragen, ob er sich mit alldem vielleicht sogar geirrt hat. Andererseits stand in Norris´ Aufzeichnungen doch etwas von diesem Drachenstein, was ihn ja erst dazu gebracht hat dem nachzugehen.
 

„Wäre ja auch zu – Halt! Moment, da ist doch was!“, setzt der Grünhaarige an, als seine Fingerspitzen plötzlich etwas Hartes berühren. Ehe er sich jedoch noch etwas strecken kann, um den Stein zu ergreifen, geht auf einmal ein heftiges Zucken durch den Körper des Ninki-Nanka. Schlagartig reißt das Wesen die Augen auf und stößt ein zorniges Fauchen aus. „Es wacht auf!“, kommt es überrascht von Batman, der ein paar Schritte zurücktritt. „Das ist völlig unmöglich...“, presst Edward stockend hervor und entfernt sich ebenfalls. „Scheiße...“, entkommt es dem selbsternannten Prinzen noch, dann hebt der Drache auch schon den Kopf, während der Arm des jungen Mannes noch immer in dessen Ohr steckt. Brüllend kommt das Untier auf die Beine und versucht sein Anhängsel abzuschütteln. Dabei verlässt es das Runenbanner endgültig. Es dauert eine Weile, wobei der Drache immer heftiger mit dem Kopf zu schütteln beginnt. Schlussendlich rammt er ihn sogar gegen die Wand, wodurch Joker endlich freikommt und bewusstlos zu Boden stürzt.
 

„Nein!“, entkommt es Ed aufgelöst und er will schon loslaufen. Allerdings hält Bruce ihn zurück und stößt ihn hart wieder hinter die Tür. „Nimm das Tuch! Ich hole ihn!“, weist er den entsetzen Mann an, ehe dieser protestieren kann. Der Brünette sieht ihn eine Sekunde lang völlig verständnislos an, dann nickt er allerdings heftig und zerrt das Runenbanner unter der Tür durch. Während das Ninki-Nanka wildgeworden durch den schmalen Flur stapft und seinen Unmut lauthals durch den Gang brüllt, rennt der Dunkle Ritter geschwind an ihm vorbei. Grob packt er den ohnmächtigen Clown, nutzt den Moment, in dem ihm der Drache den Rücken zukehrt und stürmt zurück zu Nigma. „Weg hier!“, teilt er dem Jüngeren mit. Der Brünette drückt sich verzweifelt das zusammengeknüllte Tuch an die Brust, folgt ihm aber wortlos, als Batman wieder losläuft. Das Untier bemerkt ihre Flucht jedoch schnell und stapft ihnen mit bebenden Schritten hinterher. Brüllend schlägt es dabei seinen Schwanz gegen die Wände, wodurch erneut Putz herabrieselt und auch der ein oder andere lockere Stein. Wütend faucht es und versucht dann sogar nach ihnen zu schnappen. Praktisch im letzten Augenblick erreichen die drei einen Raum am Ende des Flurs und verschanzen sich darin. Lange wird die Tür aber sicher nicht halten, auch wenn sie stabiler als die wirkt, hinter der das Ninki-Nanka gelegen hat...
 


 

9
 

Mit hektischem Atem und pochendem Herzen pressen sich die ungleichen Partner gegen die Innenseite der Tür. Das Holz erbebt einige Mal bedenklich, als der Drache wohl seine Hörner dagegen stößt, doch es hält und das Wesen stellt seine Bemühungen auch schnell wieder ein. Stapft stattdessen wieder knurrend durch den Flur. Kraftlos lässt Riddler das Tuch fallen und versucht die heißen Tränen der Angst zurückzuhalten. Es gelingt ihm aber nur, weil ihm wieder einfällt, dass Joker bewusstlos ist. Fahrig dreht er sich herum, um neben seinem Freund in die Knie zu gehen. Doch soweit kommt er nicht. Stattdessen packt Wayne ihn grob am Kragen und drückt ihn wuchtig gegen die nächste Wand. „Warum ist das Vieh aufgewacht? Sagtest du nicht, das sei unmöglich?“, faucht er den kleineren Mann an. Im ersten Moment ist Edward so hilflos eingeschüchtert, wie er es schon seit Jahren Batman gegenüber ist, dann besinnt er sich aber plötzlich. Zornig funkelt er sein Gegenüber an. „Woher soll ich das denn wissen?“, blafft er erstaunlich ungehalten zurück.
 

„Auf euch beide ist einfach kein Verlass!“, harscht der Dunkle Ritter weiter. Nun reicht es dem Rätselmeister aber endgültig. Immerhin hat bisher alles irgendwie funktioniert und sie weit mehr zustande gebracht als Batman selbst. „Nimm sofort deine dreckigen Pfoten von mir!“, keift der Brünette, was sein Gegenüber etwas in Erstaunen versetzt, dennoch hält er ihn auch weiterhin fest. „Hast du etwa unser kleines Gespräch neulich vergessen? Ich habe dir gesagt, du sollst mir nicht zu nahekommen und dennoch tust du es jetzt. Wenn du es unbedingt so haben willst, können Joker und ich auch jeden Moment verschwinden und dich hier allein mit diesem Vieh lassen!“ Von Bruce kommt nur ein verächtliches Geräusch. „Ihr könnt nicht von hier verschwinden! Dort draußen sind immer noch Wachleute, zudem Gordon. Sobald sie euch sehen, stecken sie euch in die nächstbeste Zelle und dann geht es wieder ab nach Arkham!“, erinnert ihn der Schwarzhaarige. „Immer noch besser, als den Rest der Nacht mit dir zu verbringen und womöglich von diesem Biest gefressen zu werden!“, hält Nigma aufgebracht dagegen.
 

„Aufhören...!“, ertönt es auf einmal schwach neben ihnen. Überrascht halten die beiden Streitenden inne und sehen sich um. Joker hat das Gesicht zu ihnen nach oben gewandt und blickt sie müde, aber durchdringend an. Ein frisches Rinnsal Blut läuft dabei an seiner linken Schläfe hinab. „Oh Gott, Joker!“, presst Ed hervor und schüttelt Wayne dann endlich grob von sich ab. Ungelenk geht der Brünette neben dem Jüngsten auf die Knie. „Ist alles in Ordnung?“, fragt er sorgenvoll und untersucht vorsichtig die Wunde an der Schläfe des anderen, doch es ist kaum mehr als ein großer Kratzer. „Alles gut. – Es hat nicht geklappt...“, meint der junge Mann, doch es klingt keineswegs vorwurfsvoll „Ich weiß, aber ich weiß nicht warum...“, gesteht Edward, während der Dunkle Ritter brummend hinter ihm steht. Etwas schwerfällig drückt sich der Clown an der Wand nach oben, um wieder auf die Füße zu kommen, wobei Nigma bereitsteht, um einzugreifen, sollte er doch nicht genug Kraft dafür haben.
 

„Vielleicht hat sich ja einer von uns verschrieben?“, meint der Grünhaarige schließlich, als er wieder sicher steht. Überrascht weiten sich die Augen des Älteren. Einen Moment später geht er so heftig wieder in die Knie, dass diese hörbar auf dem Steinboden aufschlagen, und breitet das Runenbanner vor sich aus. Zittrig zieht er den Zettel mit seiner Übersetzung aus der Tasche, wobei auch alle Schriftzeichen darauf notiert sind. Mit nachdenklich in Falten gelegter Stirn fährt er gewissenhaft jede Rune einzeln mit dem Finger ab und vergleicht sie mit dem Text auf dem Blatt. Er ist schon fast am unteren Ende des Tuchs angekommen, da stoppt er plötzlich. „Du hast recht!“, entkommt es ihm erstickt. „Das Wort hier ergibt überhaupt keinen Sinn, weil bei dem Symbol zwei Striche fehlen!“ Joker hockt sich zu ihm und betrachtet das Ganze ebenfalls, während der Dunkle Ritter zur Tür geht und vorsichtig nachsieht, was der Drache macht. Dieser steht scheinbar lauernd in der Mitte des Flurs und wartet nur darauf, dass sie herauskommen.
 

Leicht verärgert, dass er so nachlässig war das Runentuch nicht noch einmal gründlich zu kontrollieren, nachdem sie es beschrieben hatten, tastet Ed nach einem Stift, doch er kann keinen finden. Suchend blickt er sich um und starrt dann den Clown neben sich an. Dieser will schon fragen, was los ist, als der Brünette seinen Handschuh auszieht und dann sanft mit dem Finger über die immer noch blutende Spur an dessen Schläfe fährt. Sein Finger färbt sich mit dem feuchten Rot, welches ihm nun als Tinte dient, um die fehlenden Striche des Symbols zu ergänzen. Kaum ist das geschehen, glühen auf einmal alle Runen auf dem Tuch kurz auf, als seien sie nun wahrhaftig mit Magie aufgeladen. „Wow...“, macht der Jüngste und Riddler nickt nur stumm. Gemeinsam breiten sie das Tuch vor der Türschwelle aus und stehen dem Drachen dann ein weiteres Mal gegenüber.
 


 

10
 

Das Ninki-Nanka lässt sich auch nicht zweimal bitten, als die Tür aufgeht und die drei Störenfriede darin zum Vorschein kommen. Aufgebracht stürmt es heran, sodass der Boden unter ihren Füßen einem Erdbebengebiet gleichkommt. Unweigerlich packt Riddler die Hand seines Gefährten ganz fest. „Ich hoffe, es funktioniert jetzt, ansonsten sind wir geliefert...“, gibt er erstickt zum Besten und damit hat er nicht ganz unrecht, da sie aus diesem Raum nicht mehr entkommen können – er nicht einmal ein winziges Fenster hat. Geschlossen treten die drei zurück, bis sie sich in der Mitte des Zimmers befinden. Kurz darauf tritt der Drache auf das Runentuch. Als seine vier Beine den Stoff berühren, glühen die Symbole erneut hell auf, umhüllen das Wesen regelrecht. Als das Leuchten nachlässt, liegt das Ninki-Nanka schlafend vor ihnen.
 

Ohne eine weitere Absprache nimmt jeder von ihnen wieder seinen Platz ein. Tief schiebt sich Jokers Arm erneut in den Kopf des Drachen hinein und tatet nach dem Stein. Diesmal muss er auch gar nicht so lange danach suchen, da er nun weiß, wo er sich befindet. Stattdessen verrenkt er sich fast, um an ihn heranzukommen. Schließlich umfassen seine Finger die warme und doch kühle Oberfläche und zerren daran. Der Clown zieht mit aller Kraft. Schlussendlich ertönt ein widerlich reißendes Geräusch und der Grünhaarige landet unsanft auf seinen vier Buchstaben – den Stein hat er jedoch in der Hand! Ungläubig betrachten die drei den Stein einen Moment, dessen Oberfläche von einer roten Farbe ist und dennoch wie ein Stück Kohle aussieht. Dann heben Bruce und Edward die Klingen und rammen sie in die dicke Haut des Drachen. Es kostet sie sichtlich Mühe, doch dann platzen die Schuppen auseinander und der scharfgeschliffene Stahl durchtrennt alles, was ihm darunter in den Weg kommt. Heißes, blaupulsierendes Blut ergießt sich in Strömen auf dem Boden. Das Ninki-Nanka gibt ein letztes Schnaufen von sich, dann rollt sein abgetrennter Schädel zur Seite.
 

Während die drei noch versuchen zu begreifen, dass sie es hinter sich haben, beginnt der Kadaver auf einmal zu rauchen. In einem hellen Lichtblitz verpufft er plötzlich und zurück bleibt nur ein Haufen grüner Asche und der abgetrennte Kopf, gleich einer grotesken, prähistorischen Trophäe. Einen Moment herrscht ehrfürchtige Stille, dann fängt Joker haltlos an zu kichern. „Drachentöter macht sich bestimmt gut in deinem Lebenslauf, Batsy!“, guckst er vergnügt und schlägt Batman dann ausgelassen auf die Schulter. Der Dunkle Ritter erwidert dem nichts, ergreift nur den abgetrennten Schädel an einem Horn und wendet sich der Tür zu.
 


 

11
 

Bevor die drei Blackgate verlassen, wendet sich Batman noch einmal an seine zwei Helfer. „Danke...“, brummt er nichtssagend und reicht Edward dann ein kleines Gerät. Es ist ein Pieper, wie dieser schnell feststellt. „Das war sicher noch nicht das letzte Monster. Vielleicht wollt ihr ja nochmal helfen, wenn ich euch rufe?“, fragt er nicht sonderlich hoffnungsvoll. „Vielleicht.“, erwidert der Brünette ebenso nichtssagend, steckt den Pieper aber in seine Tasche, was Bruce immerhin etwas Zuversicht empfinden lässt. „Ich rede mit Gordon und stelle das Batmobil dabei in die Schleuse der Brücke, dann könnt ihr ungehindert verschwinden.“, meint Wayne noch im Gehen, den Kopf des Drachen hinter sich her schleifend, wie der tapfere Held einer uralten Sage. Sein Cape, das sich im steifen Wind dieses anbrechenden Morgens hinter ihm aufbläht, verstärkt diesen Eindruck noch. „Hey, Drachentöter!“, gluckst ihm der Clown hinterher, was selbst Ed ein kleines Schmunzeln in das müde Gesicht zaubert. Batman bleibt jedoch nicht stehen, hebt zum Abschied aber grüßend die Hand.
 

Zwei Minuten später steht das Batmobil wie versprochen genau in der Schleuse, sodass sie nicht mehr geschlossen werden kann, und der Fahrer spricht mit Gordon, neben dessen Füßen der abgeschlagene Kopf des Drachen liegt. Einen Augenblick später röhrt der Motor der Honda auf und die beiden Kriminellen schlängeln sich geschickt durch die schmale Lücke an dem gepanzerten Wagen vorbei und verschwinden in dem langsam aufflammenden Sonnenaufgang.
 

Verwundert blickt ihnen der Rothaarige nach. „Du sag mal, waren das etwa Riddler und der J...“, setzt er an. „Nein! Wie kommen Sie nur auf so etwas Abwegiges?“, unterbricht ihn Batman fast schon harsch. „Ich weiß nicht. Sie sahen irgendwie ganz so aus...“, meint Gordon schulterzuckend. „Es war eine lange Nacht...“, meint Bruce nur, als könnte das alles erklären. „Das stimmt. Aber du verräts mir sicher nicht, wer die beiden Jungs waren, oder?“, kommt es mit wenig Hoffnung von dem Älteren und er wird auch nicht enttäuscht. „Nein, das werde ich Ihnen nicht sagen. Aber Joker und Riddler waren es jedenfalls nicht, so viel steht fest. Die sind immer noch spurlos verschwunden.“, lügt der Dunkle Ritter, auch wenn es ihm nicht gefällt seinen alten Freund anschwindeln zu müssen, hatte er doch jahrelang für ein bisschen Vertrauen zur Polizei gekämpft. „Dachte ich mir schon. – Na schön, gute Fahrt!“, meint Gordon schließlich und dann zieht auch Batman dem langsam errötenden Himmel entgegen.
 


 

12
 

Es dauert gar nicht lange, da kommen die beiden Gauner wieder bei Luigi´s Pizzeria an. Tony, der Botenjunge, steht schon wartend an der Tür, als er das vertraute Röhren seiner Maschine hört. „Wie versprochen, hier hast du dein Schmuckstück wieder, Kleiner!“, flötet der Clown. „Sie sind ein guter Mann, Mister Joker!“, freut sich der Junge sichtlich, war er sich doch nicht ganz sicher, ob er die Honda jemals wiedersehen wird und dann auch noch unversehrt. „Gewöhn dich nicht dran, außer du hast noch unsere Pizzen.“, erwidert der Grünhaarige. „Sicher, sicher!“, meint Tony, als wäre das doch völlig selbstverständlich gewesen, und holt die Schachteln auch sogleich aus dem Laden. Dann deutet er mit dem Finger auf eine lilalackierte Suzuki ganz in der Nähe. „Der Boss sagt, wenn ihr wirklich mein Bike zurückbringt, könnt ihr das da haben. Ist ein Geschenk, weil ihr uns die Fledermaus vom Leib gehalten habt.“ Die Augen des Verrückten weiten sich unverzüglich, wie bei einem Kind im Spielwarenladen. „Ich könnte dich küssen, Junge!“, gibt er entzückt zurück und huscht auch schon hinüber, um sich das neue Gefährt genauer anzusehen. „Das wäre doch aber nicht nötig gewesen.“, meint Edward stattdessen leicht überfordert, kommt es doch nun wirklich nicht alle Tage vor, dass ihnen jemand aus ehrlicher Dankbarkeit etwas schenkt. „Doch, doch! Batman ist nicht gut fürs Geschäft.“, versichert ihm Tony lächelnd.
 

„Wem sagst du das? – Aber dann bestehe ich wenigstens auf ein ordentliches Trinkgeld.“, hält Nigma dagegen und drückt dem Boten dann einen Fünfziger in die Hand. Diesem fallen beim Anblick des Scheins fast die Augen aus dem Kopf. „Das – das kann ich doch unmöglich annehmen, Mister Riddler!“, kommt es fast schon ängstlich zurück. „Ed! Nun komm endlich!“, ruft der Joker sichtlich aufgeregt hinüber. Der Rätselmeister tätschelt Tony die Schulter. „Sicher kannst du das annehmen, mein Junge. Ich muss jetzt los. Einen schönen Tag noch.“, versichert er ihm und einen Moment später sitzt er hinter dem Grünhaarigen auf der Suzuki und düst davon. Unschlüssig verweilt Tony noch einen Moment vor dem Laden. „Danke...“, murmelt er immer noch etwas fassungslos vor sich hin, bevor er hinein geht und endlich seine Schicht beendet.
 


 

13
 

Die aufgehende Sonne hat ihr Antlitz erst ein kleines Stück den Himmel hinauf gehoben, da kommen die beiden Ganoven auch schon an dem verlassenen Motel an, das sie die letzte Zeit über bewohnt haben. Zur Sicherheit – da er es immerhin selbst am besten weiß – will Joker die Suzuki in ihr Zimmer schieben, doch so weit kommt er gar nicht erst. Edward braucht nicht zu fragen, was nicht stimmt, denn er sieht es selbst ziemlich gut – die Tür steht offen! Etwas misstrauisch verharren die beiden vor dem Eingang. Selbstverständlich wurde jeder von ihnen auch schon mal beklaut – in einer Stadt wie Gotham nichts Ungewöhnliches, selbst nicht für die größten und gefürchtetsten unter ihnen – dennoch fühlt es sich irgendwie komisch an, stehen sie doch sonst eher auf der anderen Seite. „Du wartest hier...“, meint der Grünhaarige bestimmend und etwas skeptisch und tritt dann kampfbereit mit geballten Fäusten über die Schwelle. Nigma will ihm schon sagen, dass er ganz sicher nicht warten und zusehen wird, andererseits ist er auch nicht sonderlich scharf auf eine Auseinandersetzung und daher ganz froh, dass sein Partner so eine kämpferische Ader hat. Ungewollt kommt ihm dabei allerdings wieder der Gedanke wie dominant er den Joker doch stets empfunden hat und dass sich das bis heute noch immer nicht geändert hat, auch wenn er sich im Bett vom Rätselmeister willentlich aufs Kreuz legen lässt.
 

Langsam gleitet Nigmas Hand in seine Hosentasche und umklammert dort den Drachenstein, den er ungesehen eingesteckt hatte, während Joker und Batman verfolgt haben, wie sich der Körper des Ninki-Nanka aufgelöst und nur sein abgetrennter Kopf und ein Häufchen Asche zurückgeblieben sind. Die unförmige, kühle und dennoch warme Oberfläche dieses seltsamen Relikts verleiht ihm ein Gefühl von Sicherheit, und dennoch scheint sich dieses Gefühl nicht von dem zu unterscheiden, das er mittlerweile in der Nähe des Clowns empfindet. Es ist wirklich komisch. Unschlüssig zieht er seine Hand wieder zurück. Etwas nervös tapst der Brünette von einem Bein aufs andere. Er will schon fragen, ob die Luft rein ist, als er die zornige Stimme seines Gefährten vernimmt. „Verdammte Scheiße!“, dringt es zu ihm heraus. Beim Klang der Worte fällt jedoch sichtlich die Anspannung von Edward ab, hört es sich doch nicht so an, als würde ihnen Ärger oder gar eine Auseinandersetzung bevorstehen. „Joker...?“, fragt er dennoch etwas unwohl. Der Angesprochene tritt wieder aus dem Zimmer heraus und wirkt dabei alles andere als zufrieden. Fragend betrachtet ihn der Rätselmeister. „Alles hinüber! Irgendjemand hat sich dort drin so richtig ausgetobt! Hätte ich selbst nicht bessermachen können...“, schnaubt das Jüngere verächtlich.
 

Nigma kann seine Enttäuschung gut nachvollziehen. Sie hatten zwar nichts Persönliches in dem Zimmer, oder auch nur irgendetwas, das darauf hindeuten könnte, dass es noch in irgendeiner Form bewohnt wird, dennoch ist es ärgerlich. Das Motel hat ihnen ein Gefühl von Sicherheit, ja fast schon Geborgenheit gegeben, liegt es doch eher abseits und still. Und das alles Wichtigste: Fernab des Wissens von Batman. Verglichen mit dem, was sie in ihrem bisherigen Leben schon alles aufgeben und verloren haben, zwar nicht nennenswert, dennoch ein Dämpfer, auf den sie nach diesem Abenteuer gern hätten verzichten können. Sie sind müde und durchgefroren, wollen nur noch schlafen und dann das. Kein Wunder also, dass der Joker da sichtlich ungehalten wird. Wütend schlägt der Grünhaarige mit der geballten Faust gegen die Türzarge und gibt ein unterdrücktes Knurren von sich. „Hey, halb so wild! Wir nehmen uns einfach ein anderes Zimmer...“, versucht Ed ihn zu besänftigen.
 

Das ist allerdings leichter gesagt als getan, denn wer immer sich hier amüsiert hat, hat sich auch an allen anderen Zimmern des verlassenen Motels vergangen. Kein Raum ist auch nur noch halbwegs bewohnbar, nicht einmal mit Fantasie und den Erfahrungen, die die beiden schon durchgemacht haben. Unschlüssig, wütend und enttäuscht stehen die beiden schließlich in der verwüsteten Lobby und denken nach, was sie jetzt tun sollen. Viele Möglichkeiten bleiben ihnen nicht, die Kälte lässt es nicht zu, außerdem ist die Sonne inzwischen vollständig aufgegangen und sie somit ein leichtes Ziel, sollten sie sich vor die Tür wagen und die Stadt nach einer neuen Bleibe durchforsten. Sie könnten der Polizei praktisch jeden Moment in die Arme laufen und zurück nach Arkham wandern. Das will allerdings keiner von ihnen. Nicht solange es sich irgendwie vermeiden lässt und sei es nur, um noch ein paar Monster zur Strecke zu bringen.
 

Das ein oder andere Geheimversteck der zwei Kriminelle gibt es noch, doch dort hinzukommen wäre wieder ein Spiel mit dem Feuer, zudem ungewiss, ob es sich nicht schon ein anderer unter den Nagel gerissen hat oder es nicht doch schon von der Polizei oder Batman entdeckt und dichtgemacht wurde. Ungehalten schlägt der Joker mit der geballten Faust gegen das Brett mit den Zimmerschlüsseln. Allerdings hängen keine mehr daran. Einige wenige liegen auf dem Boden verstreut, die meisten sind jedoch weg oder wurden von den Vandalen benutzt, um in die Zimmer zu kommen. Verwundert blickt Edward das Board an. Eigentlich hätte der Schlag einen dumpfen Laut erzeugen müssen, er klang jedoch irgendwie hohl. Sein kindlich beseelter Kollege scheint das allerdings nicht mitbekommen zu haben und schlägt nur weiter fluchend mit der Faust dagegen. Geschwind überbrückt der Brünette den kurzen Abstand zu ihm und stoppt ihn, bevor er erneut zuschlagen kann. In seiner Aggression unterbrochen funkelt ihn der Joker erstaunlich wütend und trotzig an. Der Ältere versucht es zu ignorieren und klopft stattdessen mit dem Fingerknöchel gegen das Board.
 

„Was zur Hölle tust du da?“, fragt der Verrückte angesäuert und sucht schon nach etwas anderem, an dem er sich abreagieren kann. „Hinter dem Brett scheint die Wand hohl zu seien...“ „Na und?“, kommt es verständnislos zurück. Riddler antwortet ihm jedoch nicht. Dafür entdeckt er eine Art Eingriff an der Seite des Boards. Damit lässt sich das Schlüsselbrett an unsichtbaren Scharnieren zur Seite klappen, fast wie ein Fenster. Dahinter kommt eine in die Wand eingelassene Klinge zum Vorschein. „Was zum...?“, entkommt es dem Jüngeren irritiert und er entkrampft seine geballte Faust wieder. „Ich schätze mal, dahinter befinden sich die Privatzimmer des Besitzers.“, meint Edward erstaunt und etwas hoffnungsvoll. Langsam legt er die Hand auf die Klinge. Sie lässt sich problemlos niederdrücken und kurz darauf kann der Rätselmeister praktisch die halbe Wand zur Seite schieben. Dahinter kommt eine Tür zum Vorschein, die mit Privat beschriftet und zudem verriegelt ist.
 

„Lass mich mal.“, meint der Clown nur und schiebt seinen Kollegen einfach zu Seite. Es bedarf nur weniger Handgriffe und der Jüngere hat das Schloss geknackt. Hinter der Tür erstreckt sich ein kurzer Flur, der an einer weiteren Tür endet. Sie ist ebenfalls verschlossen, stellt aber für den selbsternannten Prinzen auch kein Hindernis dar. Als sie diese Tür öffnen, stehen sie plötzlich in einer Art Wohnzimmer. Die Einrichtung ist noch vollständig erhalten, lediglich die persönlichen Gegenstände hat der ehemalige Besitzer mitgenommen. Es wirkt, als hätte er das Motel erst gestern überstürzt verlassen und daher nur das Nötigste eingepackt. „Wow...“, kommt es sprachlos von dem Grünhaarigen. Auf Edwards Gesicht bildet sich ein Lächeln. „Sieht so aus, als hätten wir doch Glück.“ „Glück? Das ist der verdammte Jackpot!“, pflichtet ihm sein Partner aufgeregt bei.
 

An das Wohnzimmer grenzt ein Bad mit Dusche, eine komplette Küche mit Geschirr und sogar einigen Vorräten, ein großes Schlafzimmer, ein Arbeitsraum und eine Waschküche. Zudem gibt es ein weiteres verschlossenes Zimmer. Dieses hat es Joker verständlicherweise besonders angetan. Während er sich an dem doch etwas hartnäckigeren Schloss zu schaffen macht, rollt Edward die Suzuki ins Wohnzimmer und verschließt den Durchgang zu der Wohnung wieder, damit sie nicht erneut einem Verrückten zum Opfer fällt. Anschließend bringt er die Pizzen ins Schlafzimmer und macht das Bett für die Nacht zurecht. Mittlerweile hat er auch ganz schön Hunger bekommen und freut sich auf fettige Pizza und kühles Bier, das er im Vorratsraum der Küche gefunden hat. Doch sobald wird er nichts davon genießen können...
 


 

14
 

„Oh mein Gott, Ed...!“, stöhnt der Clown erstickt. Der Angesprochene zuckt leicht zusammen. Wüsste er es nicht besser, würde er denken, dass sein triebhafter Gefährte gerade einen feuchten Traum oder dergleichen hat, doch dem ist nicht so und das bereitet ihm Sorge. Ungeschickt lässt er die beiden noch verschlossene Bierflache aufs Bett fallen und stürzt in die Richtung, aus der er die Stimme des anderen vernommen hat. „Was ist?“, fragt er fast schon hektisch, als er den Jüngeren an der nun geöffneten Tür stehen sieht, an der sich der Clown bis eben noch vergangen hat. „Kneif mich mal! Das muss ein Traum sein...“, kommt ungläubig von dem Prinzen, woraufhin Nigma an ihm vorbei in den Raum hineinblickt. Allerdings kann er es selbst kaum glauben. Das Zimmer wird von einem riesigen Whirlpool dominiert! Wände, Decke und Fußboden sind so gehalten, als befände man sich in einem altrömischen Badehaus. Säulen und kunstvolle Figuren drapieren sich um den Pool. Daneben stehen ein paar Liegestühle und in der Ecke gibt es sogar eine Sauna!
 

Die beiden können es schlichtweg nicht begreifen. Im Vergleich zu diesem Raum, wirkt der ganze Rest den Motels und dieser Wohnung völlig runtergekommen und billig. Das Zimmer jedoch gleicht einem Palast und muss der ganze Stolz des ehemaligen Besitzers gewesen sein. Vollkommen unverständlich, dass er das alles einfach so aufgegeben hat und verschwunden ist.
 

Es dauert ein paar Minuten, ehe die zwei überhaupt wieder ein Wort zustande bringen. „Heilige Scheiße...“, kommt es noch immer flüsternd von dem Grünhaarigen. „Du sagst es. – Ob das Ding funktioniert?“, erwidert Nigma nicht weniger erstickt, aber mit hörbarer Hoffnung in der Stimme. „Gnade Gott, wenn nicht!“, meint der Jüngere und macht sich kurz darauf auch schon daran zu schaffen, während Riddler weiterhin alles im Schlafzimmer herrichtet.
 


 

15
 

„Oh, Edward!“, keucht der Prinz des Verbrechens. Wie sich herausgestellt hat, funktioniert der Whirlpool mehr als nur ausgezeichnet. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die beiden Kriminellen das ausgiebig auskosten. Stöhnend bewegt sich Joker rhythmisch auf Riddlers Schoß, gräbt seine Nägel in die Schulter des Älteren, während ihre bebenden Körper vom heißen Wasser umflossen werden und ihre erregten Stimmen durch den mit Dampfschwaden vernebelten Raum hallen. Ed kann es kaum fassen, was sie hier tun. Erst recht, dass sie nach dieser Nacht noch die Kraft dafür finden. „Mir – mir ist ganz schwindlig...“, teilt er seinem Gefährten keuchend mit. Dieser beugt sich stöhnend zu ihm hinab, ohne sein Tun zu unterbinden und raubt ihm fahrig einen Kuss. „Wart´s ab, gleich platzt dir der Kopf...!“, meint er nur und betätigt dann den Knopf, der das Wasser zum Blubbern bringt. Erstickt holt Edward Luft und drückt den anderen fester gegen sich. Ein heftiges Zucken gleitet daraufhin durch seinen Unterleib und er wirft den Kopf in den Nacken. Laut stöhnen die beiden, als sie von der Klippe springen. Die erhitzten Blasen und das warme Wasser um sie herum scheinen das Ganze schier endlos nachglühen zu lassen und wahrlich alle Lichter und Gedanken in ihren Köpfen ausgeblasen werden.
 


 

16
 

Gut zwei Stunden später erhebt sich Edward schwerlich aus dem Bett. Als er an der Tür zum Badezimmer steht, blickt er noch einmal zurück. Der Joker liegt bäuchlings auf den Laken, ein Arm hängt sogar von der Matratze herunter auf den Boden. Seine grüngefärbten Locken erinnern den Rätselmeister an einen buschigen Haufen junges Moos, so wirr und zerzaust liegen sie auf dem Kissen ausgebreitet. Die Decke hat er fast von sich getrampelt, obwohl es noch nicht sonderlich warm im Zimmer geworden ist, trotz dass die Heizung am Anschlag steht, und er splitternackt daliegt. Lediglich seine Kehrseite wird von der Decke verborgen. Am Fußende des Bettes liegen ein halbes Dutzend leerer Bierflaschen verstreut, die sie gemeinsam vernichtet haben, und dazwischen die beiden Pizzakartons. Ed kann es immer noch nicht fassen. Als sie ins Motel kamen, hatte er Hunger, nach dem aufreibenden Abenteuer im Whirlpool war der Großteil davon schon wieder verschwunden und sein Kopf von dieser merkwürdigen Leichtigkeit erfüllt, als wäre er schon angetrunken. Daher hat er nur ein paar Stücke essen können. Den Clown schien das alles nicht gestört zu haben und obwohl er ja schon sämtlich Vorräte der Wachmänner in Blackgate weggefuttert hatte, hat er es dennoch geschafft auch noch eineinhalb Pizzen zu essen, ohne auch noch ins Stocken zu geraten. Für den Riddler ist es immer noch unbegreiflich, wo er das alles hin futtert, wo er doch praktisch nur ein Strich in der Landschaft ist und wirkt, als wäre er eher magersüchtig als alles andere.
 

Leicht schüttelt Riddler über all das den Kopf und betritt dann das Bad. In seiner verkrampften Hand hält er wieder den Drachenstein. Eine ganze Weile betrachtet er dieses fremde Gebilde aus dem Schädel des Ninki-Nanka. Dabei bildet er sich sogar ein dessen mystische Kraft spüren zu können, ist die Oberfläche doch gleichermaßen warm wie kalt. ‚Unsterblichkeit...‘, geht es ihm immer wieder durch den Kopf. Dieser Stein könnte ihm tatsächlich Unsterblichkeit verleihen und somit müsste er nie wieder Angst haben draufzugehen, ohne dass er dafür bereit wäre. Doch wann ist man jemals für so etwas bereit? Andererseits...
 

Wehmütig wirft er einen Blick ins Schlafzimmer, wo der Joker tief gefangen in seligen Träumen leise etwas vor sich hinmurmelt und sich dann wie ein Embryo zusammenrollt. Ein sanftes, regelrecht fürsorgliches Lächeln huscht über Nigmas Züge, ganz so als würde er seinen eigenen, schlafenden Sohn betrachten, anstatt seines kindlichen Liebhabers. Ja, er hatte immer wahnsinnige Angst vor dem Sterben, doch wenn er den selbsternannten Prinzen so betrachtet – seinen Prinzen – kommt ihm dieser Gedanken schrecklich töricht vor. Solange er in der Nähe des durchgeknallten Clowns ist, braucht er sich vor rein gar nichts zu fürchten, hat er so das Gefühl. Wie ein Blitz jagt diese Vorstellung durch seinen mitgenommenen Schädel und macht ihm erst so richtig bewusst wie verbunden sie miteinander sind und dass sich daran mit Sicherheit auch so schnell nichts mehr ändern wird. Das er weder Tod noch Teufel fürchten muss, solange er die Liebe dieses jungen Mannes sein Eigen nennen darf.
 

Warum also unsterblich seien wollen, wenn er doch womöglich den Rest seiner Tage glücklich mit dem anderen verbringen kann? Die Antwort ist einfach: Es wäre sinnlos! Fest umfasst seine Hand den Drachenstein. Immer fester, bis er spürt, wie die kohleartige Oberfläche dem Druck langsam nachgibt. Seine Hand schmerzt schon, als sich die scharfen Kanten des Steins immer tiefer hineingraben, doch er drückt stetig weiter zu. Irgendwann gibt es ein knirschendes Geräusch und der Stein zerbröselt in seiner Faust. Als er sie öffnet, ist der bis eben noch rote Stein tatsächlich schwarz geworden und gleicht einem zerbröckelten Stück Kohle. Die Bruchstücke beginnen zu glühen. Das Ganze wirkt wie ein pulsierender Herzschlag, der allerdings immer schwächer wird. Schließlich erlischt das Licht wieder und eine feine, bläuliche Dunstwolke steigt daraus hervor. Nun scheint der Stein wirklich tot zu sein und seine magische Kraft verloren zu haben. Ohne die geringste Reue zu empfinden betrachtet Edward das verbliebene Häufchen in seiner Hand noch einen Moment. Dann klappt er den Klodeckel hoch und lässt den zerstörten Drachenstein hineinfallen. Als die Bruchstücke auf die Wasseroberfläche treffen geben sie ein scharfes Zischen von sich, als wären sie glühend heiß gewesen. Entschlossen betätigt er schlussendlich die Spülung und kehrt ins Schlafzimmer zurück.
 

Dort legt er sich wieder ins Bett und starrt einen Moment zur dunklen Decke empor, fast so als bereue er doch das eben getan zu haben. Dann allerdings wendet sich Joker zu ihm herum und kuschelt sich im Schlaf gefangen auf seine Brust. Schmunzelnd zieht Edward ihn in seine Arme und drückt ihn fest an sich. „Ich brauche keine Magie. Ich brauche nur dich...!“, flüstert er leise und haucht dem Clown dann einen sanften Kuss auf die verwundete Schläfe. Dieser regt sich etwas in seinen Armen, kuschelt sich noch etwas mehr an ihn und schmunzelt dann schmatzend in sich hinein, fast so als hätte er die Worte seines Gefährten gehört. Langsam fallen nun auch Riddler die Augen zu.

The Ghost in the woods


 

1
 

Heißer Atem streift sein Ohr, fordernde Finger gleiten seinen bebenden Körper entlang und drücken ihn fester in die Laken. Ein heiseres Keuchen verlässt seine zitternden Lippen. Kein noch so simples Rätsel scheint sich mehr in seinem vernebelten Kopf formen zu wollen. Denken ist schier unmöglich geworden, so sehr er sich auch versucht daran festzuklammern. „Joker...“, presst er angestrengt hervor. Der erregte Clown über ihm blickt ihn mit lustverhangenen Augen an, die vor Leidenschaft regelrecht überzulaufen drohen. Fahrig drückt ihm der Jüngere einen Kuss auf die Lippen, den der Riddler nur noch schwerlich erwidern kann. „Ja...“, raunt der Grünhaarige, entfernt sich dann ungelenk von ihm und lässt sich in die Laken neben ihn fallen. Nun stemmt sich Edward angestrengt hoch und beugt sich seinerseits über den Liegenden. Nur wenige Sekunden trennen die beiden noch von ihrer heißersehnten Vereinigung...
 

Doch ehe es dazu kommt, ertönt auf einmal ein durchdringendes Piepsen und lässt die Kriminellen leicht zusammenzucken. Es ist drei Tage her, seit Batman ihnen das kleine Kommunikationsgerät gegeben hat, und bisher hat es keinen Mucks gemacht. Doch ausgerechnet jetzt meldet es sich!? Ohne es wirklich zu wollen streckt Nigma die Hand nach dem kleinen Pieper aus, der auf dem Nachttisch neben ihm liegt. Allerdings schafft er es nicht, ihn auch zu fassen zu bekommen, sein Partner verfolgt nämlich verständlicherweise andere Pläne. „Vergiss es, Batsy!“, knurrt der Jüngere in sich hinein. Im selben Atemzug packt er den Riddler auch schon bei den Schultern und verfrachtet ihn wieder zurück auf die Matratze. Deutlich überrascht blicken ihn die grünen Augen daraufhin an. „Warte...“, gibt der Brünette erstickt von sich. „Träum weiter, mein Hübscher!“, keucht der Clown nachdrücklich und lässt sich dabei auch schon auf die wartende Erregung des anderen nieder. Während der Pieper weiterhin pflichtbewusst sein nervtötendes Geräusch von sich gibt, erfüllt das angestrengte Stöhnen der beiden Ex-Häftlinge nun immer ungebremster den Raum und nicht lange später auch ihr Höhepunkt.
 


 

2
 

Mit einem sehr mulmigen Gefühl sitzt der Dunkle Ritter im Batmobil. Er hat die Höhle gerade erst zu seiner nächtlichen Patrouille verlassen, als er von etwas erfasst wurde, das ihm fast die Luft abgeschnürt hat. Eigentlich kennt er den Wald, der an das Wayne Manor grenzt, schon seit Kindertagen in und auswendig, doch nun scheint nichts mehr zu stimmen. Das dichtbewachsene Gebiet scheint auf einmal viel größer zu sein, undurchdringlicher, regelrecht erdrückend, fesselnd...
 

Ihn überkommt das ungute Gefühl, dass er einem neuen Monster damit praktisch direkt in die Falle gelaufen ist, ohne sich dessen bewusst gewesen zu sein. Stumm rügt er sich selbst für diese Nachlässigkeit. Andererseits, wie hätte er damit auch rechnen sollen? Völlig unmöglich, ist die simple Antwort. Suchend huschen seine Augen durch die Gegend, erkennen jedoch rein gar nichts Vertrautes mehr. Geistesgegenwärtig ergreift er seinen Pieper, der das Gegenstück zu dem der beiden Gauner bildet, und schickt ihnen damit eine Nachricht, hofft, dass sie kommen und ihn unterstützen werden. Doch bis es soweit ist, muss er irgendwie durchhalten, auch wenn er nicht weiß, was ihn erwartet und ob die zwei überhaupt hier auftauchen werden.
 


 

3
 

Während sich Batman so seine Gedanken macht, endet das Treiben der Verrückten schließlich irgendwann. Der Pieper hat inzwischen seine Bemühungen eingestellt und schweigt gnädiger Weise. Vergessen ist er allerdings nicht. Geschickt gleiten die Finger des Jokers über den violetten Stoff und binden so die Krawatte seines Gefährten. Derweilen hält dieser den Pieper in der Hand und liest die wenigen Worte auf dem kleinen Display: Neues Monster...? Kommt zur Höhle! „Hört sich etwas unentschlossen an.“, meint der Jüngeren und zieht den Knoten fest. „Irgendwie schon. – Wer weiß, was er gesehen hat oder auch nicht.“, erwidert der Brünette überfragt. „Was meinst du? Sollen wir hinfahren?“, will der Rätselmeister nach einer kurzen Pause dann wissen. Der Grünhaarige zuckt nur nichtssagend mit den Schultern. „Von mir aus. – Oder aber wir verbringen den Rest der Nacht im Bett...“, versucht er sein Gegenüber zu locken, wobei seine Finger den frischgebundenen Krawattenknoten schon wieder lösen. Sanft hält Nigma ihn zurück und haucht ihm einen Kuss auf die Stirn.
 

Für ihn war das Ganze vorhin schon etwas zu überfordernd, erst recht die Tatsache, dass der Jüngere ihn einfach so überrumpelt und ungebremst weitergemacht hat. Nigma ist sich bewusst, dass Joker es damit ganz sicher nicht böse gemeint hat, war es doch wirklich ein sehr ungünstiger Zeitpunkt, in dem sich der Pieper gemeldet hat. Dennoch möchte er es nicht noch einmal so haben, wenn es sich vermeiden lässt. Er will nicht wieder gezwungen sein, an die in seinen Augen überausgeprägte Dominanz des Grünhaarigen zu denken und damit womöglich alles kaputtmachen, woran er sich doch inzwischen schon so schön gewöhnt hat. Außerdem hat es die letzten drei Tage fast ununterbrochen gehagelt, weshalb sie die Wohnung gar nicht erst verlassen haben. Doch seit ein paar Stunden ist es endlich vorbei und wieder klar. „Das klingt wirklich gut. Aber etwas frische Luft würde uns beiden sicher auch nicht schaden. Solange das Wetter noch halbwegs mitspielt sollten wir zumindest etwas Auslauf genießen.“ Einen Moment denkt der Clown darüber nach, dann nickt er. „Hast recht. Erst ein paar Monstern so richtig den Hintern versohlen und dann die Belohnung dafür kassieren!“, grinst er in sich hinein, was Ed nur lächelnd mit leichtem Kopfschütteln kommentiert.
 

Zwei Minuten später treten die beiden in die eisige Nacht dieses nicht mehr lange bestehenden zweiundzwanzigsten Dezembers hinaus. Das Röhren der aufflammenden Suzuki erfüllt die vorherrschende Stille des abgelegenen Motels. Kurz darauf zieht sich das Geräusch in die Länge und die Maschine schlängelt sich geschickt durch den nächtlichen Verkehr Gothams. Dadurch kommen die beiden schnell voran und das scheint auch das Monster zu wissen. Wartend hält es sich mit seinem Zauber zurück, bis die selbsternannten Rächer der Stadt alle versammelt an einem Ort sind, nur um sie dann in seine vernichtende Falle zu locken...
 


 

4
 

Mehr als angespannt sitzt Batman noch immer in seinem Wagen und fragt sich, ob die beiden Gauner überhaupt auftauchen werden. Nach allem, was zwischen ihnen vorgefallen ist, würde er es schon verstehen, wenn sie lieber bleiben würden, wo auch immer sie sich verkrochen haben. Andererseits waren sie bei der letzten Mission trotzdem bereit ihm zu helfen und das selbst noch, obwohl es in das für sie so verhasste Blackgate ging. Zum gefühlt tausendsten Mal blickt der Ritter auf die Uhr, doch es hilft ihm nicht viel, da er ja nicht weiß, von wo die beiden herkommen, folglich nicht einschätzen kann, wie lange sie bis hierher benötigen würden. Mal davon abgesehen, dass sie vielleicht auch gar nicht sofort aufbrechen. Vielleicht erst darüber beraten oder sonst was anstellen. Somit wäre es sehr ratsam sich zu beruhigen und ihnen noch etwas Zeit zu lassen. Doch wie lange soll er warten, bis er sich sicher sein kann, dass sie nicht mehr kommen werden? Diese Ungewissheit macht ihn noch ganz verrückt!
 

Ein wenig kann er sich mit der Tatsache trösten, dass noch nichts passiert ist. Zumindest nichts Nennenswertes. Der Wald um ihn herum wirkt zwar irgendwie anders, dennoch vermag er kaum zu sagen, was sich verändert hat oder ob ihm seine angespannten Sinne nur vorgaukeln, dass es anders ist. Im Dunkeln dieser Winternacht ist es auch ziemlich schwer zu sagen, was genau nicht stimmt. Die vorherrschenden Schatten sind hier schon unter normalen Umständen erdrückend, nahezu unheimlich. Für Gewöhnlich ist das ein echter Vorteil für den selbsternannten Rächer. Jetzt allerdings fühlt er sich richtiggehend davon erdrückt, wie ein kleines Kind, das sich nachts allein im Wald verirrt hat und hinter jedem knackenden Ast einen menschenfressenden Wolf vermutet. Oder aber...
 

Plötzlich flammt vor seinem inneren Auge ein Bild auf. Er selbst als kleiner Junge. Zu einer Zeit, in der seine Eltern noch lebten, auch wenn es da schon nicht mehr lange bis zu ihrem Ableben gedauert hat. Damals hat er hier im Wald gespielt, sich wilde Abenteuer ausgedacht, wie es kleine Jungs nun einmal tun. Ungeachtet rannte er durch die Schatten, die ihre kalten Finger nach ihm auszustrecken schienen. Auf einmal gab jedoch plötzlich der Boden unter seinen Füßen nach und er stürzte etliche Meter tief in ein Loch. Die letzten vier Tage hatte es anhaltend geregnet und die Erde war ziemlich aufgeweicht, was das Loch letztendlich wohl freigelegt hat. Er weiß nicht wie lange es gedauert hat, doch irgendwann ist er aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht, hatte schreckliche Angst, doch sonst ist ihm erstaunlicherweise nicht viel passiert. Verzweifelt hat er sich nach einem Ausweg umgesehen, traute sich aber kaum vom Fleck. Als ihm die Panik die Kehle zu zuschnüren drohte, begann er schließlich um Hilfe zu rufen. Verständlicherweise hat es natürlich ewig gedauert, bis ihn jemand gehört hat und er letztendlich gefunden wurde. Bis dahin war er schon fast dem Wahnsinn erlegen und der festen Überzeugung, dass er dort unten sterben würde. Durch seine verzweifelten Rufe kam zudem auch noch Leben in die Höhle. Unzählige Fledermäuse wurden durch den Lärm aufgeschreckt, kamen aus den Untiefen des angrenzenden Höhlensystems heraus und begannen hektisch um ihn herum zu flattern, was seine Angst und Panik nur noch verstärkt hat.
 

Etliche Jahre später, als er der festen Überzeugung war, den Mörder seiner Eltern selbst finden zu müssen, da die Polizei einfach nicht weiterkam, erinnerte er sich an dieses Erlebnis. Er ging los, um dieses Loch zu finden, stieg hinab und stellte sich der alles vernichtenden Angst, die er seither vor diesem Ort empfunden hatte. Erneut griffen ihn die hektischen Fledermäuse an und versetzten ihn in eisigen Schrecken. Doch er hielt durch und machte sich diese Furcht schließlich sogar zu Nutze. So entstand sein Alter Ego Batman. Mit neugefasstem Mut begann er das Loch anschließend zu erkunden und es stellte sich schnell heraus, dass es zu einem gewaltigen Höhlenkomplex unter dem Wayne Anwesen gehört, von dem niemand zu wissen schien. Dieses Unwissen machte sich der heranwachsende Held zu Nutze und verwandelte diesen Ort in seine ganz persönliche Fledermaushöhle.
 

Angestrengt schüttelt Bruce den Kopf und versucht diese Erinnerungen zu vertreiben. Er hat jetzt einfach keine Zeit dafür, sich davon ablenkten zu lassen. Dieser innere Konflikt sorgt jedoch dafür, dass sich das bedrückende Gefühl auflöst, das er schon die ganze Zeit über empfindet. Der Wald kommt ihm immer noch irgendwie fremdartig vor, doch er kann sich nun mehr ziemlich gut vorstellen, dass dafür das Monster verantwortlich sein muss. Es will, dass er Angst hat und einen womöglich tödlichen Fehler begeht. Er darf sich davon aber nicht einlullen lassen. „Ich habe keine Angst vor dir!“, knurrt er mit zusammengebissenen Zähnen. „Hörst du? Ich habe keine Angst!“, kommt es nun etwas lauter, sicherer. Wie um das zu bekräftigen, drückt er einem unbekannten Reflex folgend auf die Hupe, die ihr durchdringendes Quäken durch die Finsternis jagt. Er war sich dieser Tat gar nicht mal bewusst, sodass er leicht zusammenzuckt und ungläubig seine Hand betrachtet, die noch immer auf der Hupe liegt.
 

War das womöglich ein großer Fehler? Hat er das Wesen damit vielleicht erst recht auf sich aufmerksam gemacht? Innerlich könnte er sich selbst ohrfeigen, dass er etwas so Törichtes getan hat. Doch dazu kommt es nicht, da er auf einmal weit die Augen aufreißt und in die Dunkelheit vor sich starrt. In der Ferne flackert ein Licht auf. Schwillt rhythmisch an und ab, als würde das Monster Kontakt mit ihm aufnehmen wollen. Allerdings handelt es sich bei diesen Lichtsignalen nicht um Morsezeichen und auch um keinem anderen ihm bekannten Code. Unruhig verkrampft sich der Mitternachtsdetektiv hinter dem Lenkrad und betrachtet angespannt, wie das flackernde Licht immer näherkommt. Unwillkürlich wandert seine rechte Hand zu einem Knopf auf der Mittelkonsole, um im Falle eines Angriffs eine Rakete abzufeuern, die ihm Zeit zur Flucht ermöglicht. Allerdings zieht er die Hand etwas ungläubig wieder zurück. Ein Geräusch wird laut, das ihm irgendwie vertraut ist. Ja, es hört sich an wie – ein Motor!?
 

Wenig später wird ihm klar, dass das keine Lichtsignale sind, die er dort sieht, sondern ein Scheinwerfer, der sich durch die engstehenden Bäume schlängelt. Bald darauf ist das Brummen des Motorrads deutlich zu hören und schlussendlich hält eine violette Suzuki direkt neben dem Batmobil. Seine beiden Verbündeten sind doch noch eingetroffen und blicken sich nun etwas unbehaglich im Wald um. „Hier stimmt was nicht...“, lässt der Joker verlauten und hängt seinen Helm über den Lenker, während er sich mit der Aufmerksamkeit einer lauernden Raubkatze umsieht. „Wie kommst du bloß immer auf solche Abwegigkeiten...?“, fragt ihm der Riddler. Deutlich kann Batman dabei aber den furchtsamen Sarkasmus in seiner Stimme hören. Für den Dunklen Ritter ist es nicht zu übersehen, dass sich der Rätselmeister innständig wünscht, er wäre dortgeblieben, wo auch immer die zwei hergekommen sind. Und im Verlauf dieser Nacht wird sich seine Angst zu einer unumstößlichen Berechtigkeit aufblähen, die ihm das Leben kosten könnte...
 


 

5
 

Zielstrebig nähert sich der Dunkle Rächer den beiden, doch er kommt nicht dazu ein Wort zu sagen. Plötzlich poltert aus schier heiterem Himmel Donner los. Ein bläulich-weißer Blitz zerreißt den dunklen Horizont. Das angenehme Windsäuseln in den Bäumen verwandelt sich schlagartig in das wahnsinnige Heulen und Johlen von hunderten Geisterstimmen. Regen prasselt hart und eisigkalt auf sie hernieder und durchweicht die drei ungleichen Retter Gothams förmlich mit einem Wimpernschlag. Einen Moment später ist alles so schlagartig wieder vorbei, wie es angefangen hat. Der Sturm lässt nach, als hätte er nie existiert, der dunkle Himmel reißt auf und offenbart ein paar einzelne Wintersterne. Der Donner erstickt in einem leichten Grummeln. Sofort fällt allerdings unsagbare Hitze auf sie ein, die es den ganzen Tag lang nicht gegeben hat – immerhin ist Mitte Dezember und nicht Juli – sie ist jedoch feucht und nach der rauschenden Kälte des Windes fast unerträglich, fast wie in einem Tropenhaus. „So etwas habe ich ja noch nie erlebt...“, entkommt es Nigma stockend, während er mit zitternden Fingern das Regenwasser aus seiner Krawatte wringt. „Na, dann schau mal lieber nicht darüber...“, grinst ihm der Joker entgegen. Allerdings liegt keine Selbstsicherheit in seinem erbleichten Gesicht, sondern etwas, das Entsetzen sein könnte. Edward wendet sich um und auch Batman schaut in die angedeutete Richtung. Zwischen den dichten Bäumen, vom aufglimmenden Mondlicht erschreckend gut erhellt, kommt etwas hervor, das sie noch nie zuvor gesehen haben. Ein weiteres Wesen aus dem Raritätenfundus des Doktor Norris...
 

Das Ungeheuer gleicht einem uralten Riesen. Sein in die Länge gezogener Körper ist schmächtig, haarlos, unbekleidet und von einer seltsam blaugrünen Farbe. Es wirkt unglaublich menschlich und dennoch kommt es einem so vor, als wäre ein Baum plötzlich zum Leben erwacht. Das Wesen hat eine lange Haarmähne, die ihm weit bis auf den Rücken reicht, zudem einen Bart fast bis zu seinem nicht erkennbaren Bachnabel. Doch die wirren Büschel, die eine leicht bräunlich-grüne Farbe haben, sind keine Haare, sondern wild verzweigte und nach allen Seiten wachsende Äste, was ihm noch mehr das Aussehen eines lebendigen Baumes verleiht. Würde der Mond ihn nicht direkt von der Seite anstrahlen, könnte man das Monster in der Dunkelheit des Waldes überhaupt nicht sehen. Lediglich seine durchdringenden, allwissend wirkenden Augen würden ihn verraten. Seine Färbung in Verbindung mit den astartigen Haaren lässt ihn regelrecht mit dem dichten Bewuchs der Umgebung verschmelzen und Batman befürchtet, dass das Wesen so selbst bei Tageslicht im hellen Sonnenschein kaum auszumachen wäre.
 

Trotz seiner gewaltigen Größe scheint weder der Boden unter seinem Gewicht zu erzittern, noch sich überhaupt ein Blatt zu regen. Es wirkt, als wäre er ein Geist, der einfach so durch alles hindurch gleitet. Dennoch bewegt sich die wintertoten Blätter und Nadeln zu seinen Füßen, als er sich den Weg auf die kleine Lichtung bahnt, auf der die ungleichen Verbündeten wie erstarrt zu ihm hinübersehen. Doch das ist noch nicht alles. Als das Monster aus dem dickten Wald in ihr Blickfeld trat, war es gewaltig, sodass sein Kopf fast die Spitzen der Baumkronen gestreift hat. Nun allerdings scheint es mit jedem Schritt kleiner zu werden, direkt vor ihren Augen zu schrumpfen. Drei Meter von ihnen entfernt ist es kaum mehr größer als eine Katze.
 

Plötzlich rennt es dann jedoch auf einmal auf die verwunderten Männer zu und verschwindet einfach direkt vor ihren Augen, als hätte es sich in Luft aufgelöst! „Verdammt, wo ist es hin?“, entkommt es dem Clown völlig durcheinander. Hektisch dreht er sich im Kreis, um seine Augen praktisch überall gleichzeitig zu haben. Edward steht nur der Mund offen und er weiß beim besten Willen nicht, was er davon halten soll. Das Ganze kommt ihm wie ein schlimmer Traum vor oder ein schlecht gemachter Horrorfilm, indem das Monster zuerst auf einen zu hastet, dann plötzlich verschwindet, nur um schließlich wieder hinter dem nächsten Baum hervorzuspringen und einen hinterrücks abzumurksen. Unwillkürlich dreht auch er sich herum und versucht irgendetwas in dem undurchdringlichen Schwarz der Umgebung zu erkennen. Der selbsternannte Rächer ist ebenfalls verwirrt. Ihm kommt das alles jedoch wie eine Art Fata Morgana vor, eine schlichte Einbildung, die ihre überreizten Sinne ihnen vorgaukeln, weil sie so darauf fixiert waren etwas sehen zu wollen, dass ihr Hirn schlichtweg etwas erschaffen hat, nur um ihnen die Anspannung des ungewissen Wartens zu nehmen.
 

Unsicher überlegt Bruce, ob er diese Befürchtung aussprechen soll. Seine Bedenken werden ihm jedoch abgenommen, als Nigma an seiner Stelle das Wort erhebt. „Ihr – ihr habt das doch auch gerade gesehen, oder? – Ich meine – da kam eine Art Waldmensch zwischen den Bäumen hervor, der dann immer kleiner wurde und schließlich verschwunden ist?“ Sein blasses Gesicht trägt einen Ausdruck völliger Verwirrung und anwachsenden Wahnsinns zur Schau, wie Batman ihn das erste und einzige Mal bei ihm gesehen hat, als er ihm vor etlichen Jahren zum ersten Mal begegnet ist. Er hatte gerade eine Bank ausgeraubt und Geiseln genommen, um Batman in eine Falle zu locken. Der Schwarzhaarige schaffte es jedoch erstaunlich schnell, seine Rätsel zu lösen, sodass Edward es gar nicht recht begreifen konnte, schien er doch schlagartig wie erhofft in dem Dunklen Ritter seinen Meister gefunden zu haben. Völlig durcheinander und jenseits irgendwelchen vernünftigen Denkens und Begreifens, hat sich Nigma ihm schließlich ergeben und die Geiseln unangetastet freigelassen. Dennoch stellte er eine Gefahr für sich selbst und die Menschen um sich herum dar, sodass Wayne nichts anderen übrigblieb, als ihn nach Arkham zu bringen, wo er sich nach schrecklichen Experimenten schließlich selbst als Der Riddler bezeichnet hat und zu einem seiner erbittertsten Gegner wurde. Verständlicherweise ist sich der Mitternachtsdetektiv bei diesem Anblick daher nicht sicher, was er davon halten soll.
 

„Keine Bange, mein Hübscher, ich habe den Kerl auch gesehen, auch wenn ich es nicht glauben kann...“, versichert ihm dann allerdings der Joker, woraufhin ihn Edward mit einem so dankbaren und verzweifelten Blick betrachtet, dass es kaum zu begreifen ist. Der Grünhaarige wirkt nicht minder durcheinander und vermittelt Batman damit ebenfalls das Gefühl ihrer ersten Begegnung. Nur mit dem nicht zu verachtenden Unterschied, dass seine Hände damals mit Unmengen Blut getränkt waren, drei aufs Übelste verstümmelte Leichen zu seinen nackten Füßen lagen, er so irre gelacht hat, dass es Bruce jetzt noch kalt den Rücken hinabläuft, ihm gleichzeitig aber bittere Tränen die entstellten Wangen hinabliefen, konnte er doch einfach nicht begreifen, was auf einmal los war. Damals wirkte er wie ein in die Ecke getriebenes Tier, das in seiner Verzweiflung um sich beißt, obwohl er mitten auf einer sonst viel befahrenen Straße stand und die Leute panisch vor ihm flüchteten. Nach einer Ewigkeit gelang es Batman schließlich auch ihn nach Arkham zu bringen, doch damit nahm der nicht enden wollende Konflikt zwischen ihnen natürlich erst seinen Anfang.
 

Im Laufe der Jahre änderte sich vieles zwischen den dreien, nicht nur der Geisteszustand der beiden Verrückten schwankte wild auf und ab und schien doch entgegen aller Meinung zumindest in Batmans Augen irgendwie besser zu werden, berechnender. Während ihrer gemeinsamen Missionen jetzt, empfand Wayne die zwei schon manchmal als richtiggehend normal – zumindest im Verhältnis zu dem, was sie sonst so abziehen. Sie jetzt wieder so tief sinken zu sehen, versetzt ihn in helle Alarmbereitschaft und er ist hin- und hergerissen, ob er ihnen in diesem Fall überhaupt noch trauen kann...
 


 

6
 

Als nach ein paar Minuten nichts weiter passiert, entspannen sich die drei merklich, dennoch ist der Dunkle Rächer lieber auf der Hut und lässt die zwei nicht aus den Augen, wirken sie doch immer noch ziemlich neben sich – fernab der Realität, die hier sowieso nicht mehr zu herrschen scheint. Ed findet allerdings allmählich sein strukturiertes Denken wieder und zieht das Notizbuch des Professors aus seiner Tasche. Nervös und sichtbar zitternd blättern seine Finger darin herum, bis sie schließlich die richtige Seite gefunden zu haben scheinen. Mit belegter Stimme beginnt er zu lesen und wird dabei immer leiser, sodass seine letzten Worte kaum mehr als ein Flüstern zwischen den Bäumen sind.
 

„Der Leshy ist ein slawischer Waldgeist. Sein Name bedeutet aus dem Russischen übersetzt so viel wie Der aus dem Wald. Er soll Wanderer und Jäger im Wald von ihrem Weg abbringen. Seine Haupteigenschaft soll die Fähigkeit sein, seine Größe beliebig zu ändern. So soll er einmal klein wie eine Maus und ein andermal so groß wie die höchsten Bäume sein. Jeden Oktober soll sich der Leshy in eine Art Winterschlaf begeben. Er verlässt sein grünes Zuhause um im Winter Kraft zu tanken, damit er im Frühling wieder wilder und lauter denn je zurückkehren kann. Der Leshy soll in den finsteren Fichtenwäldern in den baltischen Ländern leben. Er wird als männliches, humanoides Wesen beschrieben, dass seine Gestalt verändern kann. Außerdem soll er eine gewaltige Geschwindigkeit erreichen und ist somit schneller als jeder Mensch. Kommt ein Eindringling in seinen Wald, seien es nur Wanderer oder Jäger, straft er sie indem er sie von ihrem Weg abbringt und auf den falschen Weg führt. Im Winter läuft er direkt hinter ihnen und verwischt ihre Fußabdrücke im Schnee, sodass sie nicht nach ihrer eigenen Fußspur zurückgehen können. Ein andermal verwirrt ein Leshy so sehr die Sinne eines Wanderers, dass ihm jeder Baumstamm gleich vorkommt und er sich immer tiefer in den Wald verirrt. Waldarbeiter, die den Leshy gesehen haben wollen, behaupten er wäre ein dürres, kleines Wesen mit blauer Haut und grünen Haaren und Augen. Von einigen ist bekannt, dass er angeblich Kinder entführen soll, die sich allein in den Wald wagen.“
 

Nervös betrachtet er seine beiden Mitstreiter und wartet auf eine Reaktion, während sich die altbekannte und ach so verhasste Angst immer tiefer in ihn hineinfrisst. Langsam beginnt er sich zu fragen, warum er eigentlich hierherkommen wollte. Er hätte einfach Jokers unzüchtigem Willen folgen und die Nacht mit ihm im Bett verbringen sollen, statt sich hier draußen beinahe in die Hose zu machen. Wie konnte er nur so naiv sein und denken, dass es eine gute Idee wäre, mal an die frische Luft zu gehen? In Gotham hat das schlichtweg keinen guten Ausgang...
 

Ehe der Dunkle Ritter etwas sagen kann, verdreht Joker allerdings theatralisch die Augen und seufzt schwer. „Oh, Mann! Dieser Prof. war nicht nur völlig durchgeknallt, der hatte auch scheinbar zu viel Zeit, um sich solche Hirngespinste zu suchen und dann solange an einem Haufen Schleim rum zu pfuschen, bis dieser dann auch noch fröhlich Daddy zu ihm gesagt hat...“, genervt schüttelt er den Kopf, als könne er so viel Unsinn einfach nicht begreifen. Abschätzend wirft Batman ihm mit erhobener Augenbraue einen prüfenden Seitenblick zu, als wolle er sagen: Das sagt der Richtige! Sieh dich nur mal selbst an, du durchgeknallter Clown! Würde man dir ein paar Reagenzgläser in die Hand drücken, würdest du doch genau das Gleichen versuchen! Ach halt, warte mal! Das hast du doch schon, oder habe ich mir die grinsenden Piranhas etwa nur eingebildet, die du auf mich losgelassen hast?
 

Edward scheint Bruce´ stumme Anklage nicht anders zu sehen und hebt leicht irritiert die ebenfalls die Augenbraue. Gut kann er sich noch daran erinnern von dem Vorfall mit den grinsenden Piranhas gehört zu haben, die Joker entwickelt hatte, um Batman einen tödlich-amüsanten Abgang zu verschaffen. Sie waren eine ganze Weile das Topthema in Arkham und noch ein Jahr später sprach man verhalten in Gotham darüber, wenn das Gespräch auf den Joker fiel. Nicht zuletzt, weil beim Kampf der beiden Kontrahenten der Tank mit den Fischen zu Bruch ging und etliche Piranhas in die Kanalisation entkamen. Ahnungslose Arbeiten haben regelmäßig einen Schock erlitten, ehe alle Fische eingefangen oder tot aufgefunden wurden. So wurden die grinsenden Piranhas zu einem regelrechten Markenzeichen des verrückten Clowns, obwohl er sie nur einmal benutzt hatte. Doch ihr Grinsen brannte sich förmlich in die Schädel der Menschen ein und nicht wenige konnte monatelang überhaupt gar keinen Fisch mehr ansehen, geschweige denn essen, was zu erheblichen Einbußen bei den Fischereien geführt hat und dadurch weit mehr Schaden angerichtet wurde, als Joker eigentlich beabsichtigt hatte. Gekümmert hat es den Grünhaarigen selbstredend natürlich nicht, er fühlte sich nur noch mehr in seinem Wahn bestätigt, da die ganze Stadt mal wieder eine Heidenangst vor ihm hatte, auch wenn Batman ihm erneut durch die Lappen gegangen ist.
 

Verwundet betrachtet der Jüngste die Blicke, die auf ihn gerichtet sind, scheint er sich doch keiner Schuld bewusst zu sein oder sieht darin schlichtweg keine Ähnlichkeit. Schon möglich, dass er sich im Moment auch gar nicht mehr daran erinnert, was er damals getan hat. „Was ist?“, fragt er daher leicht pampig und verschränkt mahnend die Arme vor der schmalen Brust. Er bekommt allerdings keine Antwort, da auf einmal ein heftiger Wind aufzieht und sie beinahe von den Füßen holt. „Himmel, was ist denn nun los?“, presst Riddler angestrengt hervor und versucht sich irgendwie auf den Beinen zu halten. Seine Worte finden jedoch kein Gehör, da sich auf einmal der ganze Wald zu bewegen scheint. Es wirkt, als wären die Bäume ihrer Wurzelhalterung entkommen und würden nun umherlaufen. Doch dem ist nicht so. Dennoch ziehen sie immer engere Kreise um die drei Männer, bis sie eine undurchdringliche Mauer bilden. Hilflos klammert sich Nigma am Arm seines Partners fest, der allerdings nur mit offenem Mund und großen Augen auf das Ganze blickt und es einfach nicht in seinen wirren Schädel hineinzubekommen scheint. Ausnahmsweise kann Batman das einmal ziemlich gut verstehen. Er selbst hält sich zwar für geistig gesund, versteht aber mindestens genauso wenig, was hier eigentlich vor sich geht.
 

So schnell wie die Bäume allerdings näherkamen, so schnell ziehen sie sich jetzt wieder zurück und lassen den ungleichen Verbündeten wieder etwas Luft zum Atmen. Abermals überkommt Bruce der Gedanke an eine Illusion. Der Leshy beeinflusst irgendwie ihre Wahrnehmung, gleich eines Magiers, der einen mit seinen Tricks zu verwirren versucht. Dennoch ist das Ganze dadurch nicht weniger gefährliche, erst recht, wenn seine beiden Mitstreiter dadurch vollends den Verstand verlieren könnten. Er muss sich also schnellstmöglich etwas einfallen lassen, bevor Riddler einen seiner hysterischen Anfälle bekommt und Joker amoklaufend auf alles losgeht, was sich bewegt. Doch wie soll er das anstellen, und bleibt ihm überhaupt genug Zeit sich etwas zu überlegen, ehe er womöglich selbst den Verstand verliert...?
 


 

7
 

Seine Gedanken überschlagen sich fast und dennoch findet er keine Lösung. Zumindest nicht, bevor wieder etwas passiert. Jetzt scheint es, als würden regelrecht aus dem Nichts überall neue Bäume sprießen. Die meisten tun das direkt vor ihnen, sodass sie letztendlich gezwungen sind sich zu trennen, um nicht aufgespießt zu werden. Es dauert nicht lange, da ist jeder von ihnen eingekesselt und sucht mit aufkeimender Panik nach einem Ausweg, den es aber nicht zu geben scheint, solange der Leshy es nicht will. ‚Er ist der Beschützer des Waldes und hält uns für Eindringlinge, die er vertreiben muss, um sein Zuhause zu bewahren. – Doch da es sich dabei um die Kreation von Norris handelt, fürchte ich, dass er sich mit bloßem Vertreiben nicht zufriedengeben wird. Er will uns töten, um uns ein für alle Mal loszuwerden...‘, kommt Wayne der unausweichliche Gedanke. Doch wie sollen sie sich etwas entgegenstellen, das sie die meiste Zeit über nicht einmal sehen können? Das beliebig seine Größe ändern und seine Umgebung seinen Wünschen anpassen kann? Wie sollen sie dieses Wesen aus ihren Köpfen bekommen, aus ihren Herzen, ihren Seelen? Wie, nur wie?
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit verschwinden die neugesprossenen Bäume schließlich wieder. Erleichtert fallen sich die beiden Gauner in die Arme. Dabei kann Batman einen erneuten Blick auf ihre sichtlich angeschlagene Psyche werfen. Nigma ist so blass, dass er wirkt, als hätte auch er sich das Gesicht geschminkt. Seine grünen Augen zucken hektisch hin und her und nicht selten gleitet ein heftiges Zittern über seinen Körper hinweg. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er wieder eine seiner Panikattacken bekommt oder womöglich sogar ohnmächtig wird. Joker hingegen wirkt alles andere als ängstlich, doch das hätte Bruce auch nicht anders von ihm erwartet, gibt es doch kaum etwas, das der Clown auch nur ansatzweise zu fürchten scheint. Er rennt immer erst mit dem Kopf durch die Wand, wenn etwas aussichtslos scheint, und sollte auch das nicht funktionieren, kann er immer noch nachdenken und verschwinden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass in seinen Augen die blanke Wut und Mordlust aufflammt, und mit jedem Zittern, das sein Freund in seinen schützenden Armen von sich gibt, steigt das angeknackste Barometer des Clowns nur noch weiter in den roten Bereich, bis er schließlich explodieren wird. Da er es sich scheinbar schon vor geraumer Zeit in den Kopf gesetzt hat, seinen überaus sensiblen Partner um jeden Preis zu beschützen, geschieht das auch noch weit schneller als sonst und ist damit für den Dunklen Ritter nicht mehr einschätzbar. Daher hofft er inständig, dass ihm etwas einfallen wird, bevor die Bombe platzt...
 

Es erscheint allerdings ziemlich aussichtslos, da er immer noch versucht eine Möglichkeit zu finden, den Leshy zu bezwingen, sodass er kaum einen Gedanken ergreifen kann, um sich zudem noch um die beiden Verrückten Sorgen zu machen. Somit steht er im schlimmsten Fall drei Gegnern gleichzeitig gegenüber, von dem er inzwischen keinen mehr mit Sicherheit einschätzen will und kann, sollten die zwei Sträflinge Amok laufen. Ein, zwei gezielte Schläge würden zwar ausreichen, um Nigma den Rest der Nacht schlafen zu schicken, doch beim Joker und dem Waldmenschen ist das bedauerlicherweise bei weitem nicht so einfach. Was also tun? Nervös sondiert er die Umgebung, um herauszufinden, von wo der Leshy als nächstes zuschlagen könnte. In Anbetracht seiner Fähigkeiten erscheint das jedoch als völlig unmöglich…
 

Seine Befürchtungen bewahrheiten sich auch praktisch in diesem Moment, denn nun greift der Waldmensch sie persönlich an. Aus dem dunklen Nichts der engstehenden Baumreihen prescht er auf einmal mit seiner unfassbaren Geschwindigkeit hervor und hält direkt auf die drei zu. Dabei ist er allerdings so leise, dass sie ihn erst bemerken, als es schon zu spät ist. Erst recht, da er sich wieder klein gemacht hat und nun kaum größer als ein Kind ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass er deswegen schwach ist. Im Gegenteil, er rammt sich mit solcher Wucht direkt in Batmans Rücken, dass der Dunkle Rächer seine Wirbelsäule trotz der schützenden Rüstung gefährlich knirschen hören kann. Mit einem überraschten Laut geht er atemlos keuchend zu Boden. Nur mit zusammengepressten Zähnen kann er gerade noch so einen Schmerzlaut und mögliche Ohnmacht unterdrücken. Dabei wird ihm jedoch erschreckend heftig bewusst, dass seine Rüstung ihm wahrscheinlich das Leben gerettet hat, hätte die Wucht doch mit Sicherheit ausgereicht, um ihm den Rücken zu brechen.
 

Er hockt noch auf Händen und Knien, als ihm plötzlich ebenfalls bewusst wird, was das bedeuten könnte. Seine Rüstung hat ihn gerettet, doch weder Riddler noch Joker haben dergleichen und sind den Angriffen des Leshy somit schutzlos ausgeliefert! Angestrengt hebt er den Kopf, um die beiden zu warnen, die ihn nur verwundert betrachten, haben sie den Waldmenschen doch fast gar nicht angreifen sehen. Bruce öffnet den Mund, doch da ist es schon zu spät. Das Monster prescht wieder aus der Dunkelheit hervor und versetzt diesmal dem Clown einen heftigen Schlag. Allerdings bleibt sein fragiler Rücken verschont, da sich der Grünhaarige scheinbar geistesgegenwärtig zur Seite dreht, kurz bevor der Angriff ihn von den Füßen reißt. Dennoch ist es, als würde ihn eine Abrissbirne ungebremst rammen. Der Leshy trifft ihn an der linken Hüfte und schleudert ihn dabei gegen den nächsten Baum. Sein ohnehin schon vernebelter Kopf macht dadurch ungewollt innige Bekanntschaft mit der harten Rinde, sodass er erstaunlich schnell besinnungslos zu Boden geht, was Bruce klarmacht, wie heftig der Angriff doch gewesen sein muss, braucht es doch gewöhnlich einiges mehr, um den Jüngsten überhaupt auszuknocken.
 

„Joker!“, platzt es erschrocken aus Edward heraus und er will schon zu ihm laufen. „Nicht – pass auf...!“, weißt Batman ihn noch etwas schwach an und versucht auf die Füße zu kommen. Wie ein Reh im Scheinwerferlicht erstarrt der Brünette erstaunlich schnell und blickt sich mit verzweifelt aufgerissenen Augen nach dem Ritter um. Überdeutlich kann der Schwarzhaarige die nackte Angst in den grünen Seelen erkennen, aber auch die entsetzliche Sorge um seinen so heißgeliebten Gefährten. Er scheint hin- und hergerissen zu seien. Nigma war nie ein Kämpfer gewesen, stets immer nur ein hervorragender Stratege, der seine Untergebenen und Schläger lenkte wie Schachfiguren auf einem unsichtbaren Brett, was jedes Aufbäumen seiner Person mehr als überraschend macht. Dennoch besitzt er so etwas wie einen primitiven Instinkt zum Überleben, auch wenn dieser bei ihm nur in Zeiten unsagbarer Angst wirklich zu greifen scheint. Wenn er merkt, dass er nur noch auf sich allein gestellt ist und ihm niemand mehr helfen kann und es nicht Batman ist, der ihm ans Leder will. Trotz allem verschafft ihm dieser kümmerlich ausgebildete Instinkt jetzt zumindest eine kurze Schonfrist.
 

Als der Leshy ungesehen auf ihn zuhält, wendet Ed den Blick von Batman zurück zum Joker, erkennt erneut dessen Leid. Er macht zwei Schritte vorwärts und lässt sich dann vor dem Clown auf die Knie fallen. Das genügt allerdings, dass ihn der heraneilende Waldmensch knapp verfehlt und stattdessen missmutig wieder verschwindet. Hätte er ihn getroffen, wäre der Brünette womöglich sofort tot gewesen oder seinen Verletzungen sehr schnell erlegen, ist er doch nicht einmal ansatzweise so robust, hartnäckig und ausdauernd, wie sein durchgeknallter Kollege.
 

Daran verschwendet Riddler jedoch keinen Gedanken, falls er ihm in dieser Situation überhaupt kommt. Vielleicht ist ihm sogar nicht einmal bewusst, wie knapp er dem Tod gerade doch von der Schippe gesprungen ist? Stattdessen denkt er nur an seinen Gefährten. „Joker...“, kommt es atemlos von dem Älteren, während er sein Gegenüber vorsichtig wachzurütteln versucht. Flatternd öffnet dieser daraufhin die Augen und sieht ihn ganz benebelt an. „Ein Glück...“, entkommt es Ed erleichtert und er will seinen Freund nur noch in die Arme schließen. Dazu kommt es aber nicht. Der Clown verzieht auf einmal zornig das Gesicht, rammt dem Brünetten seinen Arm gegen die Brust und wirft ihn so einfach zur Seite. Nigma gibt einen überraschten und schmerzlichen Laut von sich. Will schon fragen, was das jetzt bitte zu bedeuten hat, doch seine grünen Augen können das Nachfolgende kaum erfassen, so schnell scheint es zu gehen. Selbst Batmans geschulter Blick hat Mühe es nachzuverfolgen. Zudem ist es nach der Ohnmacht des Grünhaarigen ein echtes Wunder, dass sich dieser nun schon wieder so zielgerichtet und flink bewegen kann.
 

Kaum, dass er Ed zur Seite geworfen hat, geht der Clown wie ein angriffslustiges Tier auf alle Viere und fletscht zornig knurrend die Zähne. Einen Wimpernschlag später duckt er sich noch etwas, nur um sich dann seitlich gedreht kräftig vom Boden abzustoßen und einen Rückwärtssalto zu vollführen. Die ganze Szene scheint völlig unwirklich zu seien und das nicht nur, wegen der immer wieder erstaunlichen Eleganz des im Moment doch eigentlich angeschlagenen Verrückten. Nein, auch, weil der Leshy den Bruchteil einer Sekunde später wieder aus dem Nichts auftaucht und heftig mit der Schulter gegen den Baum rammt, an dem Joker bis eben noch gesessen hat. Es gibt ein ohrenbetäubendes Krachen und der ganze Baum scheint regelrecht zu explodieren, statt einfach umzufallen. Noch ehe alle Splitter zu Boden gehen, ist der Waldmensch auch schon wieder verschwunden.
 

Einen Augenblick herrscht völlige Stille, nur das angestrengte Atmen des Grünhaarigen durchbricht sie. Trotz seiner beeindruckenden Vorführung, oder gerade deswegen, sinkt der Clown nun ungelenk auf die Knie. Schwerlich schüttelt er den pochenden Kopf und Bruce kann eine frische Blutspur unter seinen wirren Haaren hervordringen sehen, die wohl von seiner Bekanntschaft mit dem Baum herrührt. Vermutlich hat er eine Gehirnerschütterung oder es liegt einfach nur an der Anstrengung, sich und seinen Kollegen retten zu wollen, dass er nun verzweifelt versucht nicht wieder ohnmächtig zu werden.
 

Zitternd liegt Edward noch immer genauso da, wie der Jüngste ihn so grob anmutend hingeworfen hat, kann das alles noch nicht begreifen. Doch als er sieht, dass sein Partner erneut zu Boden geht, rappelt er sich schwerlich wieder auf, um zu ihm zu kommen. Auch Batman hat es inzwischen auf die Füße geschafft, ist sich allerdings unschlüssig, ob es sicher wäre zu den beiden zu gehen oder nicht. Für Nigma besteht da selbstredend kein Zweifelt. Auf wackligen Beinen kommt er zum Joker hinüber, erreicht ihn jedoch nicht. Diesmal hat keiner von ihnen den Leshy rechtzeitig bemerkt und so gelingt es ihm mühelos den schwächelnden Rätselmeister zu packen. Dem Brünetten entkommt ein erstickter Laut, kurz darauf durchzieht Schmerz seinen ganzen Körper, als er heftig gegen den nächsten Baum gedrückt wird. Der Waldmensch hält ihn wie ein Schläger so fest am Kragen gepackt, dass der dünne Stoff ein widerliches Reißen von sich gibt und Edwards Füße in der Luft baumeln.
 

Unfähig etwas zu unternehmen starren Bruce und Joker einfach nur hinüber. Derweilen blickt der Leshy Ed tief in die Augen. Keiner von ihnen weiß, was in diesem Moment durch den Kopf des Monsters geht, falls es überhaupt an etwas anderes als Mord denken kann. Doch irgendetwas im Blick der grünen Iriden vor sich, hindert ihn scheinbar daran den zitternden Mann in seinem Griff sofort zu töten. Vielleicht erkennt er eine gewisse Ähnlichkeit zu sich selbst, haben seine Augen doch fast genau die gleiche Farbe. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass er den Rätselmeister verschont – zumindest für den Moment. Stattdessen klemmt er ihn sich nun unter seinen Arm, vergrößert dabei seinen flexiblen Körper, und verzieht dann hinter einer plötzlich auftauchenden Nebelwand. Als der Nebel sich kurz darauf wieder lichtet, sind die beiden verschwunden!
 

Fassungslos betrachten die zwei Verbliebenen die Stelle und können es dennoch kaum begreifen. Ungelenk kommt der Clown wieder auf die Füße. „Ed?“, ruft er in den Wald hinein, bekommt aber selbstverständlich keine Antwort. „ED?“, brüllt er daraufhin verzweifelt aus vollem Hals, dass die schrille Stimme des Jüngsten Batman schon in den Ohren schmerzt. Eine Antwort erwartet keiner von ihnen, dennoch bekommen sie diesmal tatsächlich eine. Allerdings wünschten sie, sie hätten sie nicht erhalten. Denn es ist ein markerschütternder Schrei, der sich wie eine Feuerwalze durch den Wald brennt, und so sehr von Leid und Schmerz gezeichnet ist, dass den beiden Zurückgebliebenen das Herz regelrecht zu Eis erstarrt...
 


 

8
 

Der Schrei hat sein grausam gedehntes Echo noch gar nicht ganz verklingen lassen, da rappelt sich der Grünhaarige auch schon wieder auf. Noch etwas wacklig, dafür aber umso zielstrebiger, wendet sich der junge Mann herum. Doch anstatt in die Richtung zu gehen, aus der der Schrei kam, richtet er seinen Weg zur Bathöhle aus. Sichtlich irritiert verfolgt Bruce sein Verschwinden und versteht dennoch nicht sofort, was es zu bedeuten hat. Er traut dem Joker ja allerhand unschöne Dinge zu – hat er doch schon mehr als einmal seine Handlanger zurückgelassen, um selbst zu entkommen –, doch ganz sicher nicht, dass er seinen Freund jetzt allein lassen will. Ihn praktisch für Tod erklärt, was nach diesem Schrei wohl vollkommen unzweifelhaft sein dürfte. Schon allein bei der Vorstellung läuft es Wayne eiskalt den Rücken hinunter – der ach so stolze Riddler, so sinnlos gestorben...
 

Dann sieht er allerdings, dass sich der selbsternannte Prinz dem Batmobil nähert, das gar nicht weit von ihnen entfernt steht und noch immer darauf wartet zu seiner nächtlichen Patrouille ausrücken zu dürfen. Das macht dem Ritter unmissverständlich klar, dass der Clown ganz sicher nicht vorhat unverrichteter Dinge zu verschwinden – völlig gleich ob Nigma noch am Leben sein sollte oder nicht –, sondern etwas plant, und so wie er ihn kennt, wohl etwas sehr Verheerendes. „Joker, warte!“, ruft er ihm nach. Ungelenk stolpert er hinter dem Grünhaarigen hinterher, doch dieser reagiert gar nicht. Stattdessen hat er inzwischen den Wagen erreicht und schwingt sich nun hinters Steuer. Innerlich knirscht der Rächer mit den Zähnen. Er hat die ganze Zeit über schon darauf gewartet – seit dem Tag, an dem sie sich gewissermaßen verbündet haben, um diese Monster auszuschalten –, dass der Joker früher oder später aus irgendeinem augenscheinlich nichtigen Grund Amok läuft und dadurch alles nur noch schlimmer wird. Allerdings ist das hier ganz und gar kein nichtiger Grund. Die beiden Gauner teilen etwas miteinander, ob Bruce es wahrhaben will oder nicht, und er kann nur zu gut verstehen, dass der Jüngere nun nach Rache sinnt, wo Riddler mit allergrößter Wahrscheinlichkeit das Zeitliche gesegnet hat.
 

Viel zu laut heult der Motor in der erdrückenden Stille des Waldes auf. Als Batman das Fahrzeug endlich erreicht, setzt es sich schon in Bewegung. Wild spritzen Nadeln, Blätter und Erde auf, als die Reifen nach einem Moment schließlich greifen und den schweren Wagen wie einen Torpedo vorwärtstreiben. Bruce gelingt es gerade noch so, sich an der Tür festzuhalten, und somit nicht unter die Räder zu kommen, als das Batmobil einen engen Kreis beschreibt, um zu wenden. Mühevoll gelingt es dem Mitternachtsdetektiven die Tür zu öffnen und praktisch in das Innere zu stürzen. Keuchend landet er auf dem Beifahrersitz, als hätte ihn die unsichtbare Hand eines Riesen dort hineingeworfen. Krachend schlägt hinter ihm die Tür zurück ins Schloss und er kann wahrscheinlich froh sein, dass sein Bein in diesem Moment nicht mehr dazwischen war. „Verdammt, Joker! Halt sofort den Wagen an!“, presst er zähneknirschend hervor und versucht sich irgendwie aufrecht hinzusetzen.
 

„Niemals!“, gebärt sich der Clown neben ihm. Seine Hände krampfen sich um das Lenkrad, bis sämtliche Sehnen wie gespannte Drahtseile hervortreten. Seine tiefen, braunen Augen haben erneut diesen unheimlichen Schwarzton angenommen und starren so intensiv durch die Windschutzscheibe, als könnte er damit ein Loch ins Glas brennen. Dennoch lacht er aus vollem Hals. Doch es ist kein fröhliches Lachen, nicht einmal ein hysterisches. Nein, es ist so dermaßen vom Wahnsinn zerfressen, dass es selbst für den Joker eine ganz neue und furchterregende Ebene erreicht hat, und Batman bezweifelt, dass er auch nur ansatzweise irgendwie zu ihm durchdringen wird, ganz egal was er auch immer tut oder sagt. Der selbsternannte Prinz hat unbemerkt eine Grenze übertreten, an die er bis heute nie gestoßen ist und das macht ihn noch weit unberechenbarer als jemals zuvor. Sein Selbst ist vollkommen in diesem neuen Wahn ertrunken und es gibt keine Aussicht mehr auf Heilung...
 

Fieberhaft überlegt der Dunkle Ritter, was er nun tun soll. Kommt er dem Grünhaarigen zu nahe oder versucht auch nur irgendwie ihn von seinem Vorhaben abzubringen, wird er es mit allergrößter Wahrscheinlichkeit sehr bitter bereuen müssen. Und diesmal ist auch kein Riddler da, um Joker vor einem vielleicht schwerwiegenden Fehler zu bewahren. Was also tun? Derweilen donnert der Wagen durch die engstehenden Baumreihen, weicht ihnen nur so knapp aus, dass es selbst Batman schon zu riskant erscheint. Dennoch versucht er Ruhe zu bewahren, um den ausgeflippten Clown nicht noch mehr anzustacheln. Dessen Lachen wird erschreckenderweise immer nur noch wilder, ungebändigter. Seine Augen schwappen geradezu über von dem gebrochenen Damm des haltlosen Wahnsinns, der nur noch in seinem lädierten Schädel zu existieren scheint. Ein beinahe schon unbekanntes Gefühl von Angst erfüllt den sonst so stolzen Rächer und er klammert sich krampfhaft am Sitz fest, während die Bäume als tiefschwarze Schatten nur so an ihnen vorbeifliegen. Dennoch kommt es Bruce so vor, als würden sie gar nicht von der Stelle kommen, als würde sich das Bild vor der Windschutzscheibe als endlose Schleife immer wieder abspulen, bis der Grünhaarige doch irgendwann die Kontrolle verliert und sie mit einem der Bäume zusammenstoßen, den Tod finden…
 

Doch soweit kommt es zum Glück nicht, denn auf einmal tritt der Jüngere hart auf die Bremse und das Batmobil kommt schlitternd zum Stehen. Als Wayne ihm den Blick zuwendet, traut er seinen Augen kaum, doch der eben noch völlig verrückt lachende Clown sitzt nun neben ihm und weint bitterlich wie ein kleines Kind! Fassungslos starrt der Mitternachtsdetektiv ihn an und schon einen Moment später bricht der Grünhaarige regelrecht hinter dem Lenkrad zusammen und weint nur noch ungehaltener – ganz ähnlich wie damals, als sie sich zum ersten Mal begegnet sind. Die Hysterie, die zuvor seinem irren Lachen gefehlt hat, tritt nun überdeutlich zum Vorschein und lässt ihn hilflos erzittern. Das Ganze steigert sich in einer irrsinnigen Geschwindigkeit, bis der selbsternannte Prinz schon gar keine Luft mehr bekommt, und Bruce damit schon fast das Gefühl gibt, dass der sensible Rätselmeister hier neben ihm sitzen würde, weil dieser beim Anblick des Mothman ja regelrecht zu ersticken drohte. Der Ältere sieht sich nun doch gezwungen einzugreifen. Ehe sich seine Hand allerdings in einem Versuch von Trost auf die zitternden Schultern des Gauners legen kann, verstummt dieser so plötzlich wie das alles angefangen hat.
 

Mit leeren Augen starrt er das Lenkrad vor sich an, holt abgehakt Luft, während sich alles krampfhaft in ihm zu beruhigen versucht. Einzig die feuchten Spuren auf seinen geschminkten Wangen verraten einem, dass er geweint hat. Zudem haben seine Tränen groteske Muster auf seinem Clownsgesicht hinterlassen – ein wahrhaft trauriger Clown –, was seinen Anblick gleichermaßen ironisch, wie erschütternd macht. Langsam lässt Bruce seine Hand wieder sinken und gibt ihm stattdessen einen Augenblick, um sich zu sammeln und auch, um das Ganze selbst etwas zu verarbeiten.
 

„Er – er ist tot, nicht wahr?“, fragt Joker schließlich mit belegter Stimme und schluckt dabei so hart, dass Wayne es tief in seiner Kehle wie ein rostiges Scharnier knarzen hören kann. Batman antwortet ihm nicht, weil er es selbst nicht so ganz wahrhaben will. „Ich meine – du hast doch diesen Schrei gehört? – Diesen furchtbaren Schrei?! – Was auch immer passiert ist, kann er einfach nicht überlebt haben, oder?“ Wieder nur Schweigen. „Oder?!“, kommt es nun nachdrücklicher, als würde er hoffen, dass der Schwarzhaarige ihm widerspricht. Trotzig wendet er dem Dunklen Ritter das noch feuchte Gesicht zu. Dieser hat den Blick jedoch ziemlich untypisch gesenkt und starrt nur seine eigenen Hände an, weiß einfach nicht, was er ihm erwidern soll, ohne das alles nur noch schlimmer zu machen. Schnaubend sieht der Clown schließlich wieder durch die Windschutzscheibe und verschränkt bockig die Arme vor der schmalen Brust, als wäre er ein kleiner Junge, dem man verboten hätte vor dem Mittag etwas Süßes zu essen, anstatt eines Mannes, der gerade auf grausame Weise einen sehr geliebten Menschen verloren hat.
 

„Ich fürchte, dass ist die Realität, auch wenn keiner von uns sie wahrhaben will…“, kommt es dann doch bedrückt von Batman. Der gezeichnete Grünhaarige gibt ein verächtliches Lachen von sich. „Realität ist nur für diejenigen, die ihre Träume nicht aushalten…“, schnaubt er trotzig und drückt sich nur noch schmollender in den Sitz hinein, als wäre damit alles gesagt und die Diskussion beendet. Für Bruce spiegeln seine Worte allerdings so etwas wie Hoffnung wider, Hoffnung, doch noch zu ihm durchdringen zu können und das Ganze trotz alledem ein möglichst friedliches Ende nehmen zu lassen. „Ach ja? – Wovon träumst du denn?“, fragt er daher vorsichtig und dennoch erfüllt von einer seltsamen Neugierde. Vorsichtig, weil er fürchtet, dass ihm der Jüngere diese Frage sehr übelnehmen könnte, und neugierig, weil er sich beim besten Willen nicht vorstellen kann, was sich so jemand wie der gefürchtete Joker tief in seinem Herzen wünschen könnte.
 

Etwas erleichtert stellt der Rächer fest, dass sein Gegenüber langsam die Arme sinken und somit die Mauer aus Trotz und Resignation um sich herum wieder etwas zerbröseln lässt. Stattdessen hockt er nun tief betrübt zusammengesunken auf dem Fahrersitz, hadert mit sich, ob er darauf wirklich antworten soll, und wirkt, als würde er gleich wieder in Tränen ausbrechen. Er gibt ein schweres Seufzen von sich, das seinen seelischen Schmerz perfekt widergibt. Seine Unterlippe zittert verräterisch, als er schließlich antwortet, doch seine Stimme ist so kräftig und fest, wie man es sonst von ihm gewohnt ist. „Als ich noch ein kleiner Junge war, habe ich immer von einer liebenden Familie geträumt…“, meint er mit hörbarer Sehnsucht in den Worten.
 

Überrascht wendet Bruce ihm das Gesicht zu. Joker ist nur in der Lage über seine Kindheit zu sprechen, wenn er einen klaren Moment in seinem verrückten Zustand durchlebt und sich sein Gehirn an all die Dinge erinnert, die er durch seinen Wahnsinn einbüßen musste. Unter anderen Umständen existiert der Gedanke an so etwas wie Familie im Geiste des Grünhaarigen also gar nicht. Der Joker entsprang aus dem Nichts, geboren aus der Verzweiflung und Einsamkeit einen misshandelten Kindes, und bedarf daher keiner Familie. Schlagartig empfindet Wayne ein schon beinahe unsagbares Mitgefühl für den Jüngeren. Eines, dass er seit ihrem unfreiwilligen Aufeinandertreffen vor etlichen Jahren nicht mehr für ihn aufbringen konnte. Damals wurde es durch die schiere Verzweiflung des vom Wahnsinn Zerfressenen in ihm hervorgerufen, ungeachtet der Tatsache, dass drei grausam zugerichtete Leichen vor den nackten Füßen des Clowns lagen. Denn schließlich war Joker damals noch so jung, kaum zwanzig gewesen, wirkte dabei aber eher wie ein Teenager – ist er doch ganze fünf Jahre jünger noch als Bruce, der Cape und Maske erstmals mit knapp fünfundzwanzig angelegt hatte. Jetzt allerdings scheint das Gefühl sogar noch größer zu seien, haben sie in den letzten Wochen ihrer Gemeinschaft und auch den vergangenen zwölf Jahren ihrer ewigwehrenden Fehde doch viel zusammen durchgemacht, das Batman teilweise verstehen lässt, warum der Grünhaarige so handelt, wie er eben handelt.
 

Ein kleines, aber sichtlich verträumtes Lächeln huscht über die missgestalteten Züge des Prinzen. Der selbsternannte Ritter der Stadt vermutet, dass er sich wohl gerade an seine Mutter erinnert, die immer liebevoll zu ihm war, wie Bruce es durch die verschiedenen Gespräche mit ihm und Edward bis jetzt in Erfahrung bringen konnte. Das Lächeln erstirbt allerdings schnell wieder. „Tja, aus der Traum! Einen herzlichen Dank auch an meinen hirnlosen, versoffenen Schläger von einem Vater…“, wieder schnaubt er in sich hinein und Bruce fürchtet, dass er sich damit jetzt womöglich selbst ins Aus manövriert hat. „Das war doch aber sicher nicht dein einziger Traum, oder?“, hakt er bedacht nach. „Da hast du recht. – Danach habe ich davon geträumt ein ganz normaler Mensch zu sein. Ohne diese Narben, die mich immer daran erinnern, dass es doch niemals passieren wird. Und die den Leuten stets schon von weitem sagten, dass ich nicht ganz richtig im Oberstübchen sein kann, selbst wenn als ich noch gar nichts gemacht habe. – Aber auch das hat selbstverständlich nicht lange gehalten, als ich immer tiefer im Abgrund versunken bin und schließlich zu dem wurde, der jetzt hier neben dir sitzt…“
 

Der Mitternachtsdetektiv kann regelrecht spüren, wie der kurzweilig klare Moment des Jüngeren sich wieder verflüchtigt – ähnlich wie bei einem Menschen, der an Alzheimer erkrankt ist und nur für wenige Minuten die geliebten Personen seines Lebens erkennt, ehe er wieder haltlos in die Versenkung stürzt –, weswegen er die nächste Frage weitaus vorsichtiger stellt. „Das glaube ich dir gern. – Doch der Joker träumt doch ganz sicher auch von etwas, nicht wahr?“ Erneut ertönt dieses verächtliche Lachen von dem Größeren. „Bis heute Abend habe ich durchaus von etwas geträumt, das nichts damit zu tun hat, wie ich dich eines Tages um die Ecke bringen könnte, doch das ist jetzt auch vorbei. – Mein süßer Ed ist nicht mehr da und somit kann ich auch nicht den Rest meines Lebens glücklich mit ihm verbringen…“ Nun fließen die Tränen wieder und Bruce wird klar, dass der Clown ihm gerade offenbart hat, was er schon geraume Zeit vermutet hat: Das sie beide tatsächlich ein Paar sind. Es versetzt ihm einen Stich ins Herz, seinen erbittertsten Feind durch etwas so Normales gebrochen zu sehen, hatte er so etwas doch nie für möglich gehalten. Ironischerweise hatte er sich immer vorgestellt, dass Jokers einziger Traum nur darin besteht eines Tages Batman so spektakulär und grausam wie nur irgend möglich zu töten, ist er doch von dieser Vorstellung von Anfang an regelrecht besessen gewesen und hat nachdrücklich jedem anderen klargemacht, dass er dem Ritter keinen Schaden zufügen darf, dass nur ihm allein dieses Vergnügen vorbehalten bleibt. Doch das unbekannte Gefühl wirklich geliebt zu werden, hat diesen Wunsch wohl ziemlich verdrängt, wie es dem Schwarzhaarigen scheint, auch wenn er damit noch lange nicht aufgeschoben sein dürfte.
 

Praktisch schon im nächsten Atemzug sind die Tränen allerdings wieder versiegt und der Clown ballt knurrend die Fäuste. „Jetzt habe ich aber einen neuen Traum und von dem wird mich nichts und niemand abhalten können!“, verkündet er enthusiastisch und schlägt mit den Fäusten auf das Lenkrad. Wayne kann gar nicht nachfragen, um was es sich dabei genau handelt, da plappert der junge Mann neben ihm auch schon weiter. „Ich träume davon, diesen dreckigen Waldtypen in seine Einzelteile zu zerlegen! Bis nichts mehr übrig ist! Und dann nehme ich mir diesen Scheiß-Professor vor, der es gewagt hat, diese beschissenen Monster auf meine Stadt loszulassen! Ich werde seine verfluchte Leiche so lange schänden, bis der Dreckskerl wieder aufersteht und dann werde ich ihn so brutal um die Ecke bringen, dass selbst seine verschissenen Monster sich in die Hosen machen würden!“, gebärt er sich aufgebracht. Batman sitzt nur schweigend neben ihm, hin- und hergerissen zwischen Fassungslosigkeit und tiefstem Verständnis für ihn.
 

Gleich einem wilden Tier fletscht der selbsternannte Prinz die Zähne und schnauft dabei wie ein aufgebrachter Stier, der jeden Moment zum Angriff übergeht. Zwei Atemzüge später lässt er die angespannten Schultern und verkrampften Hände jedoch wieder sinken, lehnt sich kraftlos im Sitz zurück und starrt mit erneut feuchten Augen zur Decke des Wagens empor. „Und wenn ich das hinter mir habe, werde ich holen, was immer von meinem süßen Ed noch übrig ist, und es zu diesem hübschen Hügel in der Mitte des Robinson Parks bringen. Dort werde ich ein Grab ausheben, es ihm richtig schön machen…“, seine Stimme bricht einen Moment und die Tränen schwappen über, doch er spricht tapfer, wenn auch schluchzend, weiter.
 

„…dann – dann werde ich mich neben ihn legen –, seine Hand halten – und ein – ein letztes Mal zusehen – wie die Sonne über dieser verfluchten Stadt aufgeht, – die mir nichts als Schmerz und Wahnsinn gebracht hat. – Und – und dann werde ich – ich mir mit Eds Magnum – den Schädel wegblasen! – Mit ihm zu – zusammen zur Hölle fahren, – in der – in der Hoffnung, dort endlich das Glück zu finden, das – das uns hier auf Erden stets vergönnt geblieben ist…“ Völlig aufgelöst weint der sonst so unerschütterliche Prinz des Verbrechens völlig hemmungslos und lässt Batman dadurch wieder dieses unfassbare Mitgefühl für ihn empfinden, von dem er dachte, das es keine Steigerung mehr haben könnte, und dennoch gibt es sie gerade. Vom Anbeginn ihres Zusammentreffens war es ihnen vorherbestimmt, dass sie sich eines Tages gegenseitig umbringen, auch wenn Bruce damit immer ein Problem hatte, da er ja niemanden bewusst töten will. Dennoch hat er sich damit abgefunden, da er tief in sich ein ganz ähnliches Gefühl verspürte wie der Jüngere. Ein nahezu besessenes Gefühl, das schon fast an perfide Eifersucht grenzt, wenn es jemand gewagt haben sollte, dem Joker Leid zu zufügen. Nur er allein sollte derjenige sein, der ihn letztendlich von seinem ewigwehrenden Leid erlöst…
 

Nun zu hören, dass sich der Grünhaarige selbst hinrichten will, weil er seine vermutlich einzig wahre Liebe im Leben verloren hat, schockiert ihn sehr und dennoch versteht er ihn völlig und wünscht sich inständig, dass es genauso für ihn kommen mag. Das es genau das ist, was er sich wahrhaftig wünscht, da es das einzig Richtige zu seien scheint, das Einzige, das er verdient hat und dabei doch das allergrößte Geschenk in seinem verdorbenen Leben. In diesem Augenblick existiert nichts mehr von alledem, was Joker in den letzten zwölf Jahren in Gotham angerichtet hat – kein Chaos, keine Toten, einfach nichts. Nur die Tatsache eines zutiefst gebrochenen, jungen Mannes, der keinen Ausweg mehr sieht. So ist es auch nicht sonderlich verwunderlich, was Bruce als Nächstes tut, auch wenn er es nie für möglich gehalten hätte. Er tut immer wieder Dinge, über die nachzudenken er sich schlichtweg nicht gestattet. So ist es einfach sicherer. Andernfalls würde er wohl Nacht für Nacht denselben Wahnsinn erleiden, wie der junge Mann neben ihm. Es ist, als hätte er eine spezielle Sicherung in seinem Kopf, die immer dann herausspringt, wenn sich etwas in seinem Gehirn zu fragen beginnt: Warum tust du das jetzt eigentlich? Dann wird es sofort dunkel in ihm und er handelt nur noch instinktiv – oftmals zu seinem eigenen Leidwesen, wenn er sich später daran erinnert und die Konsequenzen tragen muss…
 

Doch das hier wird er ganz sicher nicht bereuen. Ehe Joker völlig in seinem Abgrund der Trauer und Verzweiflung versinkt, wendet sich Batman zu ihm. Beinahe grob zerrt er den Jüngeren über die Mittelkonsole hinweg zu sich in seine Arme und drückt ihn ganz fest an sich. Schließt ihn in eine innige Umarmung, die der Prinz seit dem Tod seiner Mutter nicht mehr so empfangen, und die auch der Ritter bisher nur zwei oder dreimal in seinem Leben geschenkt hat. Für einen Moment erstarrt der Clown in seinem Griff unsicher, dann vernimmt er die tiefe Stimme des anderen an seinem Ohr.
 

„Alles wird gut werden! Wir vernichten dieses Monster und dann bringe ich dich zum Rechtsmedizinischen Institut. Mach mit Norris, was immer du für richtig hälst, ich werde dich nicht aufhalten oder verraten. Du hast drei Minuten und dann fahre ich dich und Edward in den Robinson Park, bringe euch zu dem Hügel. – Und – und wenn es vorbei ist, schaufle ich das Grab zu und pflanze darauf einen Baum…“, haucht er ihm unglaublich sanft entgegen, als würde er stattdessen mit einem verängstigten Kind reden, wobei seine eigene Stimme am Ende auch nicht mehr ganz fest klingt. „Wirklich…“, fragt der Größere unsicher. Batman drückt ihn noch etwas fester an sich. „Selbstverständlich! Das ist das absolut Mindeste, das ich für euch tun kann. Immerhin seid ihr im Kampf für Gotham als Helden gestorben!“, verspricht er ihm, auch wenn Batman wahrscheinlich der Einzige sein dürfte, der im Tod der beiden schlimmsten Plagen der Stadt etwas Heldenhaftes sieht. Daraufhin entspannt sich der Gauner in seinen Armen merklich, erwidert seine Berührung erstaunlich stürmisch und haucht ihm schließlich sogar einen Kuss auf die linke Wange. „Danke…“, flüstert der Joker ungewohnt ergeben und Wayne möchte sich gern vorstellen, dass sie sehr enge Freunde geworden wären, hätte das Gesetz sie nicht immer wieder entzweit.
 

Eine Weile halten sie sich noch in den Armen, reißen praktisch alles nieder, was jemals zwischen ihnen bestanden hat, und trennen sich dann doch etwas verlegen voneinander. Schniefend wischt sich Joker mit dem Ärmel über die feuchten Wangen und ergreift dann wieder das Lenkrad. „Treten wir diesem Scheiß-Vieh in den knorrigen Arsch!“, verkündet er mit seinem gewohnt irren Grinsen, das sogar Bruce ein bisschen ansteckt, gefällt ihm der Clown so doch irgendwie weit besser, als hilflos in seiner Verzweiflung ertrunken. „Aber so was von!“, stimmt er ihm zu und nur eine Sekunde später zischt das Batmobil in einer aufwirbelnden Staubwolke weiter in den Wald hinein.
 


 

9
 

Es gleicht einem Wunder, doch diesmal scheinen sie tatsächlich voran zu kommen. Es kommt ihnen so vor, als warte der Leshy jetzt auf sie, ist inzwischen seinem eigenen Spiel überdrüssig geworden und will die beiden ebenso um die Ecke bringe, wie zuvor den wehrlosen Rätselmeister. Doch so leicht werden sie es ihm keinesfalls machen, das steht mal fest!
 

Nach einer Weile erstreckt sich vor dem Batmobil auf einmal ein seltsames Gebilde. Am ehesten lässt es sich wohl noch als Höhle beschreiben, dennoch ist der Anblick alles andere als gewöhnlich. Doch was ist in Gotham schon gewöhnlich? Genau, nichts! Und daher ist es nicht sonderlich verwunderlich, dass das Ganze wie aus einer wilden Fantasie entsprungen aussieht. Die Höhle befindet sich nämlich nicht im Felsgestein, wie etwa der Eingang zu Batmans Unterschlupf, sondern wird nur aus Bäumen gebildet. Dabei scheinen sie sich völlig der Natur zu entziehen, in dem sie sich auf so groteske Weise verbiegen, als würden sie aus Gummi bestehen und nicht aus fester Borke und hartem Holz. Von ihrem verwurzelten Stamm aus biegen sie sich beinahe kreisrund von beiden Seiten um einen gemeinsamen Mittelpunkt, wobei ihre eng miteinander verschlungenen Äste die obere Begrenzung der Konstruktion bilden. Gleichzeitig wirken sie aber wie herabhängende Finger, die einem packen und in Stücke reißen könnten, sollte man es wagen der Behausung des Leshy zu nahe zu kommen.
 

Einen Moment gönnen sich die zwei ungleichen Rächer der Stadt, um das bizarre Bild auf sich wirken zu lassen, dann steht Jokers Entschluss fest. „Fackeln wir das Mistvieh ab!“, verkündet er ganz in seiner gewohnt verrückten Art. Bruce ist sich dabei nicht ganz so sicher, ob er dem durchgeknallten und zurzeit auch noch erschreckend emotional gesteuerten Clown so einfach freie Hand lassen soll oder nicht. Immerhin kann er sich sehr gut vorstellen, wie es aussieht, wenn der Grünhaarige etwas abfackeln möchte. Das ist schon unter normalen Umständen ein wahres Inferno. Da will er sich gar nicht ausmalen, wie das ausarten könnte, wenn er jetzt all seine Wut und Trauer in die Tat hineinlegt, auch wenn er das Handeln das Jüngeren ziemlich gut nachvollziehen kann. Dennoch bereitet es ihm Sorge, schließlich ist das hier auch Batmans Wald, und Wayne Manor liegt nur ein paar Meilen von hier entfernt und wäre dem Ganzen womöglich schutzlos ausgeliefert…
 

Sichtlich beunruhigt ergreift er daher die Hand des jungen Mannes, ehe sie den Knopf zum Ablassen des Nitrotreibstoffs erreichen kann. Irritiert und mit einem sichtlichen Anflug von Wut, wendet Joker ihm das Gesicht zu. Grob reißt er sich aus dem Griff des Älteren los und mustert ihn schmollend. „Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie schwer das gerade für dich sein muss, dennoch muss dir auch bewusst sein, dass du nicht einfach blindlinks den ganzen Wald abfackeln kannst!“, mahnt ihn der Schwarzhaarige durchdringend. „Deine Sorge in allen Ehren, mein Großer, aber ich weiß schon, was ich tue, also vertrau mir…“, kommt es erstaunlich locker zurück. Der Dunkle Ritter hat da aber verständlicherweise so seine Zweifel, schließlich kennt er den Clown ja nicht erst seit gestern, auch wenn die Situation eine ganz neue ist und er damit noch schwerer zu durchschauen. Aber was bleibt ihm auch schon anderes übrig? Soll er den Jüngeren etwa K.O. schlagen und sich selbst etwas anderes einfallen sollen? Das wäre mehr als nur töricht und auch noch äußerst schwierig, zumal ihm der Grünhaarige das niemals verzeihen würde.
 

Sein Misstrauen schlägt sich scheinbar erstaunlich deutlich in seinem sonst so gefassten Gesicht nieder, sodass Joker ihn eindringlich mustert. „Mach dir nicht ins Cape, Batsy! Ich werde deinen heißgeliebten Wald schon nicht völlig verkohlen. Wenn meine Vermutung stimmt, wird das auch gar nicht nötig sein. Unser ach so feiner Beschützer des Waldes wird das sicher nicht zulassen…“, nichtssagend grinst der Jüngere in sich hinein, startet wieder den Motor und fährt dann ein gutes Stück den Weg zurück. Dann bremst er hart ab, dass die Reifen ein ohrenbetäubendes Quietschen von sich geben, während die Bremsen zu greifen versuchen. Gleichzeitig reißt er aber das Steuer bis zum Anschlag herum, sodass der schwere Wagen auf dem weichen Teppich alter Blätter und Nadeln ins Schleudern gerät. Die kontrolliert hervorgerufene Drehbewegung nutzt der Clown, betätigt nun doch den Knopf zum Ablassen des Nitrotreibstoffs, und verteilt die leichtentzündliche Flüssigkeit so in einem weiten Bogen. Einen kleinen Rest lässt er jedoch im Tank, damit sie auch wieder zurück zur Höhle kommen oder flüchten können, sollte es nötig sein. Zudem zündet er den Hyperspeed, wobei eine hellleuchtende Flamme aus dem Auspuff hervorschießt. Diese entzündet nun den vergossenen Treibstoff und innerhalb vom Bruchteil einer Sekunde brennt alles um sie herum lichterloh. Noch während die Flammen in den Himmel hinaufsteigen und die wintertrocknen Bäume trotz des kurzen, vom Leshy hervorgerufenen Regens, erstaunlich schnell in ihre vernichtende Umarmung schließen, setzt sich das Batmobil auch schon wieder in Bewegung und geht in der Nähe hinter einer anderen Gruppe Bäume in Deckung.
 


 

10
 

Es dauert auch nur einen kurzen Moment, dann ertönt ein überraschter Schrei aus der Höhle. In der Stimme des Leshy mischen sich Wut und Schrecken gleichermaßen zu einem verzweifelt menschlichen Laut. Mit großen Schritten stürmt das Wesen regelrecht aus seinem Versteck heraus und, obwohl das nicht länger als ein paar Sekunden dauert, steht bereits ein beachtlicher Teil des Waldes lichterloh in Flammen. Die weit aufgerissenen, glänzenden Augen des Monsters versuchen diesen fürchterlichen Anblick irgendwie zu begreifen. Dabei wirken sie so, als würde der Leshy gleich bitterlich zu weinen anfangen. Für den Bruchteil einer Sekunde empfindet der Schwarzhaarige unverständlicherweise sogar Mitleid mit dem Waldmenschen. Wäre er nicht durch die Hände dieses wahnsinnigen Professors erschaffen worden, wäre der Leshy, trotz seiner Fehler und Eigenheiten, ganz sicher ein sehr treuer und verlässlicher Beschützer. Doch wie so viele andere hier in Gotham auch, ist er schrecklich fehlgeleitet und ihm muss Einhalt geboten werden. Es ist einfach besser so. Allerdings wartet auf ihn nur der Tod und somit bezahlt er einen weit höheren Preis, als all die Verrückten, mit denen es Batman Nacht für Nacht aufnehmen muss…
 

Nahezu verzweifelt stolpert der Leshy immer dichter an die Flammen heran. Mit seiner Macht lässt er es erneut regnen, doch es nützt nichts – der spezielle Nitrotreibstoff lässt sich mit Wasser allein nicht löschen. Diese unausgesprochene Tatsache verwirrt das Monster zu tiefst. So versucht er es mit Schnee und Hagel, aber auch das bringt nichts. Das Feuer breitet sich nur immer noch weiter aus. Das Wesen gibt ein schwer getroffenes Heulen von sich und beginnt schließlich damit Erde auf die Flammen zu werfen. Allerdings besteht der Großteil des Bodens nur aus alten Blättern und Nadeln, sodass das Feuer damit nur noch mehr angestachelt wird.
 

Ganz plötzlich lässt das Wesen dann die Schultern hängen, als würde es letztendlich begreifen, dass es keine Chance hat. Langsam wendet der Waldmensch den Kopf herum und blickt zum Batmobil, das in sicherer Entfernung abwartet. Der Leshy schenkt den beiden Insassen einen letzten, überaus schmerzlichen Blick. Sein Gesicht, das wie das eines alten Mannes aussieht, verwandelt sich in abgrundtiefe Traurigkeit. Dann richtet er den Blick wieder auf die Flammen, starrt sie einen Moment lang gebrochen an und setzt sich dann in Bewegung. Noch ehe sein Körper überhaupt mit dem Feuer in Berührung kommt, lecken die Flammen auch schon überaus hungrig an ihm. Sie ziehen ihn mit erschreckender Geschwindigkeit in ihre todbringende Umarmung und verschlingen ihn dann so endgültig, als wäre er nichts weiter gewesen, als ein schlichtes Papiermännchen.
 

Von fassungsloser Faszination ergriffen betrachten die beiden ungleichen Rächer Gothams das kaum begreifliche Schauspiel. Dennoch kommt Bruce nicht umhin, Parallelen zwischen dem Leshy, sich und Joker zu erkennen. Im Grunde war er ein Kämpfer, genau wie sie auch, und hat nur versucht das zu beschützen, was ihm am meisten bedeutet. Letztendlich war er sogar bereit für seine Liebe zu sterben, ganz so wie es sich der verrückte Clown für sich selbst ausgemalt hatte, und wie es durchaus auch Batman für seine Stadt und deren Bewohner tun würde…
 


 

11
 

„Scheiße! – Hast du das gesehen?“, kommt es nach einer Weile ungewohnt sprachlos vom Joker, in der die beiden schweigend dagesessen und dem Leshy beim Verbrennen zugesehen haben. Von Batman kommt nur ein nichtssagendes Brummen, doch er kann es selbst kaum glauben. „Das Vieh – ich meine, es hat doch praktisch Selbstmord begangen, oder?“, hakt der Clown nach. Erneut nur ein Brummen von dem Mitternachtsdetektiven. Für einen Augenblick tritt wieder Stille zwischen sie, die der Grünhaarige dann aber doch schnell unterbricht. „Denkst du, es ist wirklich tot?“, fragt er verwirrt, dennoch schwingt eine Art penetrante Hoffnung in seiner Stimme mit. „Ich denke schon…“, erwidert der Ältere etwas unsicher und betrachtet eingehend das sich weiter ausbreitende Feuer. Hofft, dass sich kein Schatten in den Flammen erhebt und einen letzten verzweifelten Versuch zum Angriff plant. Doch nichts dergleichen scheint zu passieren.
 

Schließlich gibt Bruce ein Seufzen von sich und ordnet gedanklich alles richtig an, damit er nichts Wichtiges vergisst, was jetzt getan werden muss. „Meinst du, du schaffst es noch mal so einen Bogen zu fahren, nur dichter an den Flammen?“, will der Schwarzhaarige von ihm wissen. Bereit, es selbst auszuführen, sollte sich Joker dazu nicht in der Lage befinden. Mit erhobener Augenbraue mustert ihn der Jüngere eindringlich und versucht sich zusammen zu reimen, was der andere wohl von ihm will. „Sicher! Wenn du es verkraftest, dass deinem Baby der Lack angesenkt wird, klar. Aber wozu?“ „Wir können nicht warten, bis die Feuerwehr hier ist und versucht das Feuer zu löschen. Bis dahin könnte der ganze Wald niederbrennen. Zudem könnten sie die Höhle finden und uns entdecken. Also müssen wir es selbst machen.“, meint er ernst und deutet dann auf einen Knopf auf dem Armaturenbrett. „Hiermit wird ein spezieller Löschschaum versprüht, der dazu dient im Notfall den Nitrotreibstoff zu löschen. Wie bei einem Feuerlöscher funktioniert das jedoch nur einmal, also musst du möglichst präzise die Feuerwand erwischen, ehe der Vorrat aufgebraucht ist.“, erläutert er kurz. „Wie lange?“ „Höchstens fünf Sekunden.“ „Das reicht doch allemal!“, flötet der Clown schon fast wieder ausgelassen und setzt rückwärts aus ihrem Versteck. Er mag vielleicht oftmals an Selbstüberschätzung leiden, aber seine Fahrkünste und Fingerfertigkeiten stehen denen von Batman in nichts nach.
 

Erde aufwirbelnd fährt er ein ganzes Stück am Feuer entlang, schätzt den nötigen Bogen ab, tritt dann so unvermittelt auf die Bremse, dass Bruce heftig in den Sitz geworfen wird, und reißt schließlich ruckartig das Lenkrad herum. Gehorsam schlittert der schwere Wagen über den weichen Untergrund, wirbelt dabei noch mehr Blätter und Nadeln auf. Das Hinterteil bricht dabei wie geplant aus und taucht in einem exakten Bogen in die Flammen ein, wobei ein dichter, weißer Nebel durch einige Düsen am Heck verspritzt wird, der sich rasch zu einem schier undurchdringlichen Schaum aufbläht und das Feuer qualvoll erstickt. Erst als das Batmobil wieder zum Stehen kommt, wird ersichtlich, dass Joker tatsächlich alle Flammen in einem Rutsch erwischt hat. Schnaufend sitzen die beiden ungleichen Verbündeten da und betrachten den dichten Qualm, der sich anstelle des Feuers nun im Wald ausbreitet.
 

„Das hast du gut gemacht.“, setzt Wayne zu einem Lob an, doch Joker scheint ihm gar nicht zu zuhören. Der Grünhaarige starrt wie gebannt durch die Windschutzscheibe. „Oh, Gott…“, bringt er erstickt hervor, während seine Augen so weit aufgerissen sind, dass sie praktisch aus den Höhlen zu quellen scheinen. Irritiert folgt Batman seinem Blick und ist dann nicht minder entsetzt. Das gepanzerte Fahrzeug kam genau so zum Stehen, dass die Schnauze nun in Richtung des Verstecks des Leshy deutet. Da von dem Wesen inzwischen jedoch nicht mehr als ein Haufen Asche übrig ist, erlischt auch der letzte Rest seiner Macht. Der Wald nimmt wieder seine ursprüngliche Gestalt an. Somit verschwinden die grotesk gebogenen Bäume, die seinen Unterschlupf gebildet haben. An ihrer Stelle wird nun aber ein Baum sichtbar, der dort tatsächlich steht. Und dort wie an einem Galgen angeheftet, hängt der Riddler!
 

Die starken Scheinwerfer des Batmobils zeigen dabei erschreckend deutlich, was ihm widerfahren sein muss. Seine Sachen sind völlig zerrissen und regelrecht mit Blut getränkt. Seine sonst so ordentlich gekämmten Haare hängen ihm wirr ins Gesicht und verdecken es gnädiger Weise völlig. Auch sie sind mit dem roten Lebenssaft überzogen und wirken damit fast so schwarz wie die des Ritters. Seine Krawatte scheint das einzige Stück Stoff zu seien, das noch heil ist, was aber vielleicht auch nur daher rührt, dass der Leshy sie als Schlinge geknüpft und wieder um den Hals des Rätselmeisters gelegt hat. Das andere Ende ist an einem Ast direkt über dem Kopf des Brünetten gebunden. Dieser allein würde aber ganz sicher nicht das Gewicht des jungen Mannes tragen, um ihm wirklich gefährlich zu werden. Dafür sorgt allerdings der fragenzeichenförmige Stab, der dem Ganoven mit seiner überaus scharfen Klinge direkt ins Herz gerammt wurde! „Nein…“, entkommt es dem Clown den Tränen nahe, wurden seine schlimmsten Befürchtungen doch gerade noch übertroffen. Doch das ist noch nicht alles, wie die beiden nun feststellen müssen. Kaum, dass sie Edwards grausigen Anblick auch nur halbwegs verinnerlicht haben, entspringt auf einmal aus dem Nichts ein neues Feuer und hüllt den Leichnam des Rätselmeisters innerhalb eines Sekundenbruchteils vollkommen ein!
 

„Nein!“, platzt es ungehalten aus dem aufgelösten Grünhaarigen heraus. Wie von der Tarantel gestochen springt er auf und verlässt so schnell das Batmobil, dass Bruce ihn nicht mehr zu fassen bekommt. „Joker, nicht! Du wirst verbrennen!“, ruft er ihm noch nach und hastet ebenfalls aus dem Wagen. Wie nicht anders zu erwarten hört ihm der Jüngere jedoch nicht zu. Wayne kann das nur zu gut nachvollziehen, hatte sich der Verrückte doch eh schon vorgenommen die nächste Nacht nicht mehr zu erleben. Das hier wirft jetzt allerdings seinen ganzen Plan über den Haufen und somit ist ihm auch jedes Mittel recht, um dem entgegenzuwirken. Selbstverständlich kann Batman das aber nicht zulassen. Nach allem, was bisher passiert ist, könnte er es nicht ertragen den Joker – seinen größten Widersachen und nun doch irgendwie ein enger Verbündeter – so unehrenhaft verbrennen zu lassen.
 

Im letzten Moment bekommt er ihn doch noch zu fassen und zieht ihn von den gefährlichen Flammen zurück. Heftig wehrt sich der junge Mann dagegen. „Nimm sofort deine Griffel von mir! Ich muss Ed retten!“, brüllt er über das vernichtende Tosen des Feuers hinweg. „Er ist tot, verdammt! Und ich lasse es nicht zu, dass du ebenfalls verbrennst!“, gibt der Dunkle Ritter erzürnt zurück und umklammert ihn fester. „Das ist ganz allein meine Entscheidung!“, blafft der Jüngere zurück. Dann gibt es ein widerliches Reißen, als die Zwangsjacke des Grünhaarigen unter der heftigen Gegenwehr nachgibt und es ihm so gelingt sich aus Bruce´ Griff zu befreien. „Ed!“, ruft er verzweifelt, während er vorwärts stolpert und dann ungehalten und mit blankem Oberkörper in die Flammen hineinrennt. „Joker, nein!“ Doch es ist zu spät. Knurrend beißt Batman die Zähne zusammen, schlingt sich dann sein Cape um den Körper und folgt ihm in die alles verbrennende Hölle…
 


 

12
 

Oder auch nicht. Als er in das Feuer eintaucht, umfängt ihn nicht diese atemberaubende Hitze, dieses erdrückende Gefühl, dass es keinen Ausweg mehr gibt und man unter elenden Schmerzen zu Grunde gehen wird. Stattdessen – nichts! Keine Hitze, kein beißender Rauch. Es ist, als wäre er in eine Art Hologramm getreten. Er sieht die Flammen, so hell, dass ihm die Augen davon schmerzen, doch sonst stimmt nichts daran. Resignierend lässt Batman nach einem Moment die Arme sinken. Sein Cape fällt hinter ihm herab und bewegt sich träge ihm schwach aufkommenden Wind. In diesem Moment begreift er es. Der Leshy mag nun zwar tot sein, aber sein Selbstmord war durchaus durchdacht. Während sich seine beiden Widersacher durch den endlos wiederholenden Wald gekämpft haben, hat das Monster eine letzte Illusion vorbereitet, die die zwei Rächer noch lange nach seinem Ableben beschäftigen oder sogar in die Flucht schlagen wird. Und das Ganze hat er wohlwissend so inszeniert, dass es erst sichtbar wird, wenn sein Schöpfer das Zeitliche gesegnet hat. Das fast schon erschreckend humanoide Aussehen des Leshy war also nicht das einzig Menschliche an ihm. Auch sein Denken und Handeln hatte sehr viele überaus durchdachte Züge und macht sein Handeln damit nur noch verständlicher.
 

Trotz der Tatsache, dass er sich bewusst ist, dass das Feuer nicht wirklich existiert, bewegt sich Bruce dennoch überaus vorsichtig vorwärts. Allein schon aus dem Grund, dass sich Joker inzwischen ganz sicher auch bewusst ist, dass ihm das Feuer nichts anhaben kann, er aber durch Edwards grausiges Ableben nur noch mehr dem Wahnsinn verfallen sein könnte. Schwer setzt er einen Schritt vor den anderen und bemerkt dabei, wie sich das falsche Feuer hinter ihm wieder aufzulösen beginnt.
 

Als er den Clown schließlich erreicht, hockt dieser auf dem Boden. Eds Kopf liegt auf seinem Schoß, doch am Körper des Brünetten ist kein Blut auszumachen, abgesehen von einem dünnen Rinnsal, das aus seinem Mund herausläuft. Auch seine Kleidung ist völlig unversehrt, die Krawatte noch immer sorgsam gebunden. Der Stab des Rätselmeisters liegt in einiger Entfernung auf dem Teppich aus Blättern und Nadeln. Die messerscharfe Klinge steckt jedoch verborgen in seinem Schaft. War also auch der Tod des Ganoven vom Leshy nur inszeniert?
 

Wayne tritt noch einen Schritt näher heran und mit diesem Schritt verschwindet das falsche Feuer um sie herum vollkommen. Nun hat er einen ungetrübten Blick auf die beiden. Ja, Edward wirkt völlig unversehrt, scheint nur zu schlafen oder ohnmächtig zu sein. Joker bemerkt diese Tatsache allerdings nicht oder begreift sie schlichtweg gar nicht mehr, zu sehr ist er gefangen in der schrecklichen Illusion seines Todes. Vielleicht glaubt er, dass das Ganze auch nur ein Trick sein könnte, so wie das Feuer? Dafür scheint ihm aber sein ursprünglicher Plan wieder eingefallen zu seien. In seiner entsetzlichen Trauer und seinem Schock, über den grausigen Anblick seines Freundes, hat er ihn aber größtenteils über den Haufen geworfen. Stattdessen will er es wohl gleich hier an Ort und Stelle zu Ende bringen. Heftig weinend hockt er da und umklammert die Magnum des Riddlers. Zitternd spannen seine Finger den Hahn pressen dann die Mündung der Waffe gegen seine rechte Schläfe, während sich sein Zeigefinger um den Abzug krampft.
 

Der Anblick bricht Batman noch mehr das Herz, als es der des Brünetten schon getan hat. Dennoch lässt er sich davon nicht zurückhalten oder einlullen. So darf es einfach nicht enden. Das hat keiner der beiden verdient. Es muss genau so enden, wie es ihm Joker vorhin erzählt hat – so und nicht anders! Und er wird alles dafür tun, um dem letzten Wunsch des Verrückten zu erfüllen, auch wenn dieser dazu nicht mehr bereit sein sollte…
 

So überbrückt der Dunkle Rächer den kurzen Abstand zwischen ihnen und reißt dem Grünhaarigen die Waffe einfach grob aus der Hand. Entsetzt und dennoch trotzig blickt ihn die Jüngere daraufhin in Tränen erstickt an. Kurz darauf lässt er jedoch schuldbewusst den Kopf hängen. Dabei wirkt er wieder wie ein kleiner Junge, der etwas angestellt hat und nun von seinem Vater ausgeschimpft wird. Batman steckt die Waffe unterdes in seinen Gürtel und will sich dann hinknien, um zu sehen, wie es wirklich um den Riddler steht. Allerdings kommt er nicht soweit. Still verharrt er stattdessen mit der Hand noch immer am Gürtel.
 

Die Schultern des Grünhaarigen beben wieder heftig. Unmelodisch durchdringt sein Weinen den Wald. Dann legt sich jedoch sanft und kraftlos eine Hand auf seine Wange und versucht die heißen Tränen darauf zu stoppen. „Nicht weinen, – mein Prinz…“, kommt es schwach keuchend von Nigma, während er langsam den Kopf dreht, um seinem Partner in die Augen sehen zu können. Seine Worte sind noch so leise, dass der Angesprochene sie zuerst gar nicht wahrnimmt. Erst die Hand auf seiner Wange lässt ihn spüren, dass etwas anders ist. „Nicht doch…“, haucht Edward erneut in tröstendem Tonfall und nun sieht Joker ihn direkt an. Allerdings begreift er nicht, was er dort sieht. „Nein…“, entkommt es ihm ungläubig und er wendet das feuchte Gesicht ab. „Das ist alles nicht echt! Du bist tot!“, platzt es dann ungehalten aus ihm heraus. Verkrampft ballen sich seine Hände zu Fäusten und hämmert damit gegen seine pochenden Schläfen, knirschend beißt er die Zähne aufeinander und schüttelt immer wieder heftig den Kopf.
 

„Nein, bin ich nicht…“, versucht Riddler ihm klarzumachen, doch seine Worte stoßen nur wieder auf eine Mauer. „Halt´s Maul!“, brüllt Joker ungehalten. Heftig presst er sich dabei die Hände auf die Ohren und weint nur noch heftiger. Traurig schafft es Ed Batmans Blick zu finden, in der Hoffnung auf Hilfe. Daraufhin setzt sich Bruce wieder in Bewegung, kniet nun nieder und hilft dem Brünetten in eine sitzende Position. „Das ist kein Traum, oder? – Ich lebe und – ihr habt das Monster besiegt?“, kommt es noch etwas zweifelnd von dem Jüngeren. „Blicke mir ins Gesicht, die Zahl dreizehn findest du dort nicht.“, meint Wayne ausdruckslos. Nigma zögert keine Sekunde mit der Antwort. „Eine Uhr.“ „Ja, genau. Doch woher kenne ich dieses Rätsel?“, fragt der Dunkle Ritter weiter. Verwundert sieht der Jüngere ihn an. „Das war eines der Rätsel, die ich dir damals aufgetragen habe. Als wir uns das erste Mal begegnet sind und ich all die Geiseln in der Bank festgehalten habe.“, erläutert der junge Mann völlig selbstsicher und auch ein kleines bisschen stolz. „Da hast du deine Antwort. Du lebst und der Leshy ist Geschichte. Und jetzt kümmere dich um deinen Gefährten, bevor er noch etwas Unüberlegtes tut…“ Vielsagend senkt der Schwarzhaarige den Blick. Ed folgt seinen Augen und entdeckt seine Magnum in Bruce´ Einsatzgürtel. Er braucht nur einen Moment, um zu begreifen, was der völlig aufgelöste Clown womöglich versucht hat.
 

Mitleidig betrachtet Ed den weinenden Grünhaarigen, der sich immer noch kindlich die Hände auf die Ohren presst und den Kopf schüttelt, um all das Chaos in seinem Geist irgendwie wieder in eine für ihn verständliche Bahn zu bringen. Der Brünette wirft einen letzten, prüfenden Blick zu dem Rächer, doch dann schmeißt er seine Bedenken über Bord. Schließlich hat Batman dasselbe Wort für Joker verwendet, das Edward immer benutzt, um ihre Beziehung zu veranschaulichen. Und das will schon irgendwo etwas heißen, denkt er sich. Von daher ist er sich sicher, dass Wayne spätestens jetzt begriffen hat, was zwischen ihnen ist. Es im Augenblick sogar akzeptiert und befürwortet und sei es nur, damit Joker wieder zu sich findet. Das genügt Nigma jedoch völlig.
 

Er wendet sich wieder seinem Partner zu, fängt ihn sanft ein und umklammert dessen Handgelenke. Mit weit aufgerissenen, ungläubigen Augen betrachtet ihn der halbnackte Clown hilflos in seinen Gefühlen ertrunken. Vorsichtig zieht Ed ihm die Hände von den Ohren. „Nicht, Joker! Es ist vorbei und mir geht es gut…“, versucht er ihm noch einmal langsam klarzumachen. „Lüg mich nicht an…“, flüstert der Jüngere erstickt. „So etwas würde ich niemals tun, mein Prinz!“, haucht Nigma zurück. Ehe sein Gegenüber noch etwas erwidern kann, legt ihm der Ältere die Hände in den Nacken, zieht ihn näher zu sich heran und verführt ihn dann zu einem innigen Kuss. Überrascht weiten sich die braunen Augen und der Grünhaarige verkrampft sich regelrecht unter dieser Berührung. Doch sie hat etwas sehr Vertrautes, etwas Unverwechselbares, das er dachte niemals wieder spüren zu dürfen.
 

Neuerliche Tränen rinnen seine erhitzten und inzwischen auch völlig verschmierten Wangen hinab, diesmal sind es aber Freudentränen. Überschwänglich zieht er den Rätselmeister in seine Arme, dass diesem fast schon die Luft wegbleibt, und erwidert dann den Kuss so ausgehungert und nachdrücklich, dass Edward nur noch ein überfordertes Keuchen von sich geben kann. Dennoch unterbricht er ihre Verbindung nicht, zieht den zierlichen Clown stattdessen noch etwas fester an sich und versucht seinem Freudenausbruch irgendwie standzuhalten.
 

Ein sichtlich erleichtertes und auch zufriedenes Schmunzeln breitet sich auf Batmans Zügen aus und er gönnt den beiden noch ein paar Momente. Schließlich räuspert er sich aber doch, woraufhin sich die zwei nur schwerlich von einander trennen und ihn ansehen. „Wir sollten zur Höhle zurück, dann kann Alfred dich durchchecken.“ „Das klingt gut.“ Er wirft einen prüfenden Blick zu seinem Partner, der ihn nur heilfroh betrachtet, als könne er sein Glück noch immer nicht fassen. „Und ich denke, wir bleiben diesmal etwas länger, wenn es dir recht ist. Laut Norris´ Aufzeichnungen ist nämlich nur noch ein einziges Monster übrig!“, verkündet der Brünette mit sichtlicher Erleichterung. Batmans blaue Augen weiten sich überrascht. „Wenn das wirklich wahr ist, wäre das einfach unglaublich! Und selbstverständlich ist mein Haus auch euer Haus!“, erwidert Bruce ehrlich erfreut, dass Nigma das Kriegsbeil zwischen ihnen begraben zu haben scheint.
 

Kurz darauf hilf der sich nun wieder Herr seiner Selbst befindliche Joker seinem Freund auf die Beine. Doch dabei belässt er es nicht, wie Nigma peinlich berührt feststellen muss. „Was tust du denn?“, fragt er unsicher, als ihn der Jüngere geschickt auf die Arme hebt, als wäre Ed eine Jungfrau, die der Clown gerade aus ihrer Not befreit hätte. „Siehst du doch. Ich trage dich zur Höhle zurück.“, bekommt er bestimmend als Antwort. „Aber – ich kann selbst laufen…“, meint der Rätselmeister völlig überfordert und mit hochroten Wangen. „Vergiss es, mein Hübscher!“, flötet der Jüngere grinsend und drückt ihm einen Kuss auf die erhitzte Wange. Damit ist die Diskussion auch schon im Keim erstickt und Riddler ergibt sich theatralisch seufzend seinem Schicksal.

The bleating Ax Murderer


 

1
 

Die Nacht nach dem vierundzwanzigsten Dezember beginnt kalt, mit dicken Wolken, die den Tag über keinen einzigen Strahl Sonne durchließen und nun auch völlig den Mond verschlucken. Stockfinster und trostlos und dennoch passt es ganz gut zu Gothams altbekannter Erscheinung. Deswegen ist Edward aber nicht so nervös und beunruhigt. Oh, nein, ganz sicher nicht. Was ihm Sorgen bereitet, ist der kaum zu durchdringende Nebel, der mit dieser Nacht Einzug hielt. Man kann kaum zehn Meter weit sehen und kommt sich vor, als würde man durch Sirup wandern müssen. Somit ganz sicher kein guter Zeitpunkt, um sich draußen aufzuhalten und schon gar nicht motorisiert. Und das ist das eigentliche Problem. Joker ist nämlich dort draußen mit dem Motorrad unterwegs! Beim kamikazemäßigen Fahrstil des Clowns läuft es Riddler eiskalt den Rücken hinunter. Sein aufgeweckter Freund kümmert sich nicht ums Wetter, denkt nur an seinen Spaß.
 

Zum wiederholten Mal blickt der Brünette daher hibbelig auf die Uhr. Die Zeit vergeht immer schneller, hat er zumindest das Gefühl, und vom Jüngeren ist keine Spur. Ungewollt malt er sich dadurch aus, was ihm alles bei diesem Mistwetter passiert sein könnte…
 

Schmerzlich krampfen sich seine Hände um den inzwischen schon ziemlich zerschlissenen Einband des Notizbuchs. Längst hat er allerdings jegliches Interesse daran verloren und lässt sich nur noch von seinen Befürchtungen übermannen. Es bringt eh nicht viel die Notizen dieses verrückten Wissenschaftlers zu lesen. Warum? Ganz einfach: Es ist das letzte Monster, mit dem sie es zu tun haben und Norris hat nur drei unvollständige Zeilen hinterlassen, die rein gar nichts aussagen.
 

Langsam wandern seine Augen dennoch hinab und betrachten den kurzen Text noch einmal, als könnte er ihn etwas in seiner Sorge trösten oder zumindest ablenken.
 

Goatman: Es ist das Jahr 1957, als in den dunklen Wäldern in Prince George County im Bundesstaat Maryland eine unheimliche Legende geboren wird. Augenzeugen berichten Ungeheuerliches: Sie wollen ein Monster gesehen haben, halb Mensch, halb Ziege, ein haa
 

Das Ganze endet mitten im Wort, mit einem langen, hässlichen Strich bis hinab zum Ende der Seite, so als wäre Doug sehr plötzlich oder brutal unterbrochen worden und konnte daher seine Aufzeichnungen nicht mehr vervollständigen. Das Dumme daran ist nur, dass sie so nicht wirklich einen Anhaltspunkt haben, was sie erwarten wird. Daher ist Joker auch losgefahren, um Informationen zu beschaffen. Vielleicht hat ja jemand etwas Seltsames beobachtet?
 

Eigentlich wollte Nigma ihn begleiten, erst recht, damit er ihn bei dem Wetter etwas unter Kontrolle halten kann. Doch der Grünhaarige hat sich vehement dagegen verweigert. Es sei zu gefährlich, meinte er, und damit war die Sache für ihn beendet und er ließ Ed einfach stehen, ohne eine Antwort von ihm zuzulassen. Der Ältere hat sich daher widerwillig gefügt und harrt nun in der Bathöhle aus – zerfressen von seinen Sorgen und Befürchtungen. Was ist, wenn Joker diesem Goatman über den Weg läuft? Er hat zwar den Pieper dabei, doch was nutzt ihm das im Ernstfall schon?
 

Mit leichtem Zähneknirschen versucht Nigma seinen Kopf wieder klar zu bekommen und sich auf dieses letzte aller Rätsel zu konzentrieren, das hier vor ihm liegt. Doch er findet einfach keine Lösung. Das liegt jedoch nicht an den spärlichen Informationen im Notizbuch – mit Nichten, er kam schon mit weit weniger aus und hat dennoch immer des Rätsels Lösung gefunden –, sondern vielmehr daran, dass er wieder und wieder abschweift und angsterfüllt an Joker denken muss…
 


 

2
 

Seine innere Unruhe ist auch Bruce und Alfred nicht verborgen geblieben, versucht er sie doch nicht einmal halbherzig zu verbergen. Netterweise hat der Butler ihm einen Tee zur Beruhigung gemacht, was aber selbstverständlich nichts bringt. Kaum angerührt steht die Tasse neben ihm auf einem kleinen Tischchen und ist inzwischen schon völlig kalt. Batman versteht ziemlich gut, was den Riddler quält, weshalb er daher auch auf eigene Faust versucht eine Lösung zu finden, um den Jüngeren hoffentlich etwas zu entlasten oder etwas zu finden, wobei der Brünette ihm dann helfen kann.
 

So hockt er ungeduldig brummend vor seinem gewaltigen Computer und durchsucht das Internet und sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Medien nach diesem Goatman. Immerhin haben sie den Namen für dieses Biest und das könnte helfen. Wayne hatte es nicht für möglich gehalten, doch nachdem sie die jeweiligen Monster besiegt hatten und somit ihre Namen und Erscheinungen kannten, hat er sie alle auf diese Weise gefunden. Zum größten Teil stimmten die Einträge in dem Notizbuch mit den Sichtungen überein, die sich im Laufe der Zeit zu diesen Wesen ergaben, und daher ist er auch ganz zuversichtlich, dass er diesmal wieder Erfolg haben wird und sie das finden, was Norris nicht mehr beenden konnte, ihm aber als Grundlage für sein grausiges Experiment gedient hat.
 

Während der Computer mit seiner Suche beschäftigt ist, wendet der Dunkle Ritter den Blick zu Edward, der inzwischen völlig verkrampft auf seinem Stuhl sitzt und nicht mehr viel fehlt, dass seine mittlerweile heftig zitternden Hände das lädierte Buch zerreißen. Er ist ganz blass und seine rastlosen Augen scheinen nur noch ins Leere zu blicken. Nigma wirkt so aufgelöst und fertig, wie Bruce es sonst nur am Ende eines aussichtslosen Kampfes von ihm gewohnt ist. Normalerweise würden jetzt nur noch ein paar strenge Worte von dem Mitternachtsdetektiven genügen und Riddler würde zusammenbrechen und sich ihm widerstandslos ergeben.
 

Argwöhnisch runzelt Bruce die Stirn. Einerseits fasziniert es ihn, welch tiefe Empfindungen die beiden Männer anscheinend für einander pflegen, sodass sich dadurch sogar ihr ganzer Charakter zeitweise zu ändern scheint – ein gutes Beispiel war da schließlich Edwards hinterhältiger Angriff auf den Rächer, bei dem er ihm ordentlich die Meinung gesagt hatte, um seinen Standpunkt klarzumachen. Andererseits beunruhigt es ihn. Wenn Joker nun wirklich etwas passiert, kann Batman eine Zusammenarbeit mit Riddler vergessen. Im schlimmsten Fall muss er sich mit dem am Boden zerstörten Rätselmeister auch noch anlegen und ihn nach Arkham zurückbringen, bevor er diese Bestie bezwingen kann. Das wäre nicht gut, ganz und gar nicht.
 

Die letzte Mission hat ihm immerhin schon überdeutlich gezeigt, was Joker empfindet und was er bereit ist für seine Liebe zu tun. Edward ist zwar bei weitem nicht so heißblütig und ungezügelt, dennoch zu weit mehr fähig, als man ihm zutrauen würde oder Bruce bisher von ihm gewohnt war. Diese ganzen Monster haben ihn verändert, der Clown hat ihn verändert, sodass Batman nicht mehr einschätzen kann, was passieren würde. Riddler ist im wahrsten Sinne des Wortes für ihn zu einem Rätsel geworden.
 

Langsam öffnet er den Mund, um dem Brünetten irgendwie so etwas wie Trost zuzusprechen. „Edward…“, setzt er behutsam an. Es dauert eine ganze Weile, doch dann hebt der Angesprochene tatsächlich den Kopf und sieht ihn mit leerem Blick an. „Ich bin sicher…“, führt Bruce weiter aus.
 

Allerdings stockt er, als er sieht, wie der Jüngere auf einmal leicht erschrocken die Augen aufreißt und auf den Bildschirm des Computers starrt. Wayne denkt, dass die Suche wohl beendet ist und der Rätselmeister somit nun das Gesicht des Goatman sehen kann, das ihn jetzt so erschreckt. Langsam dreht er sich herum, um es ebenfalls zu sehen.
 

Was er jedoch sieht, ist so gar nicht das, was er sehen wollte. Der ganze Bildschirm flackert, so als würde er jeden Moment durchbrennen. Alle geöffneten Dateien fliegen nur so über die Oberfläche, als würden sie blitzschnell von einer fremden Hand verschoben werden. Dann schließen sich auf einmal alle Fenster, der Bildschirm leuchtet blendend hell auf, nur um dann völlig schwarz zu werden. „Was zum…?“, setzt Batman verständnislos an. Hektisch beginnt er alles wiederherzustellen, doch es will ihm nicht gelingen. „Das kann nicht sein! Er kann wegen so etwas nicht abstürzen!“, schimpft der Schwarzhaarige ungehalten in sich hinein.
 

„Vielleicht will es nicht, dass wir nach ihm suchen…“, ertönt plötzlich Edwards Stimme hinter ihm. Ruckartig dreht der Maskierte ihm das Gesicht zu. Langsam erhebt sich der Riddler und tritt hinter ihn. „Was?“ „Ich weiß, es klingt verrückt, aber wir kennen die Fähigkeiten des Goatman nicht. Was, wenn er weiß, dass wir ihn suchen? Wenn er nicht gefunden werden will?“, führt der Rätselmeister unsicher aus. Völlig verständnislos mustert der Ritter ihn und dennoch hört es sich irgendwie plausibel an.
 

„Das Ganze scheint vollkommen außer Kontrolle geraten zu sein. Sonst hätte Norris seine Aufzeichnungen beenden können und wir hätten seine steifgefrorene Leiche nicht in diesem Container gefunden. – Er hat sich und sein Können maßlos überschätzt und musste den Preis dafür bezahlen. Und ich denke, es ist kein Zufall, dass es der Eintrag des Goatman ist, der unvollständig blieb. Etwas an diesem Wesen verfügt über eine Macht, die wir uns vielleicht gar nicht vorstellen können. – Ich denke – denke – Mist – Joker, wo steckst du nur…?“, seine letzten Worte sind kaum mehr als ein Flüstern. Verräterisch beginnen Tränen in seinen Augenwinkeln zu glitzern, während er seine eigenen Worte Revue passieren lässt und begreift, zu welcher Erkenntnis er da gerade gekommen ist – und das sein Freund in ernster Gefahr schweben könnte.
 

„Nigma! Reiß dich zusammen!“ Fast schon grob packt Bruce ihn an den Schultern und schüttelt ihn leicht. „Es hilft weder ihm noch uns, wenn du dich selbst verrückt machst!“, harscht er ihn an. Betrübt lässt der Jüngere den Kopf hängen. „Du hast ja recht, aber ich…“, versucht er sich halbherzig zu rechtfertigen, als plötzlich ein Geräusch laut wird, das sie beide zusammenfahren lässt.
 


 

3
 

Das Geräusch wächst zu schier ohrenbetäubendem Lärm an, der die ganze Höhle regelrecht auszufüllen vermag, und dennoch erleichtert er die beiden schlagartig. Nur einen Moment später rollt die violette Suzuki dröhnend auf die Plattform neben das Batmobil. Als das Bike zum Stehen kommt, erstirbt der Motor mit einem letzten Aufbäumen, dann herrscht wieder erschreckende Stille. Elegant schwingt sich der Fahrer von der schweren Maschine, setzt die nackten Füße auf den Boden und zieht sich den Helm ab. Wilde, grüne Locken kommen darunter zum Vorschein, die der junge Mann in einer fließenden Bewegung ausschüttelt. Während er den Helm lässig über den Lenker hängt, wendet er den Blick zu Edward und Bruce. Im Gesicht des Dunklen Ritters erkennt er einen Hauch selten gesehener Erleichterung.
 

Die Züge des Rätselmeisters hingegen wirken, als würde dieser gleich in Tränen ausbrechen. Verwundert legt der Clown den Kopf leicht schief. „Stimmt was nicht?“, fragt er etwas irritiert. „Joker…“, kommt es leise von Nigma, wobei er sich angestrengt auf die Unterlippe beißt, um doch noch Herr seiner Gefühle zu bleiben. Batman entspannt sich merklich und versetzt dem Brünetten dann einen leichten Stoß. „Nun geh schon!“, fordert er Ed mit einem Anflug von Nachsicht auf. Dieser wendet ihm kurz den Blick zu und eilt dann schon beinahe zu dem Clownprinzen hinüber.
 

Fest zieht er ihn in seine Arme. „Joker…“, haucht er aufgelöst und schluckt mühevoll die brennenden Tränen herunter. Der Angesprochene erwidert die Umarmung etwas überfordert. „Was hast du denn?“, fragt er seinen Freund schließlich. Schwerlich trennt sich Nigma von ihm und versucht seine Fassung wiederzuerlangen. „Was denkst du denn, was ich haben? Ich bin vor Sorge um dich fast gestorben!“, gibt er aufgewühlt zurück. Verdutzt mustert ihn der Jüngste. „Warum machst du denn so was?“, will der Grünhaarige nun wissen. Verständnislos betrachtet ihn der Herr der Rätsel. „Ist das nicht offensichtlich? Der verdammte Nebel ist dick wie Butter! Du warst ganz allein da draußen! Auf einem Motorrad! Und ein Geschwindigkeitsmesser fängt bei dir doch überhaupt erst bei hundert Stundenkilometern an!“, macht Edward der Sorglosigkeit des Anderen Luft. Fast schon belustigt hebt sich die rechte Augenbraue des Grünhaarigen. „Ganz ruhig, mein Hübscher! Der Nebel ist schon etwas besser geworden und außerdem bin ich nur neunzig gefahren.“ Er sagt das Ganze so beiläufig und locker, als würde er ihm einen guten Morgen wünschen und als wäre damit alles geklärt.
 

Nahezu fassungslos betrachtet ihn der Ältere daraufhin. „Soll ich mich jetzt etwa ernsthaft besser fühlen? Bei Nebel fährt man Schrittgeschwindigkeit, Herr Gott noch mal!“, platzt es nun ungehalten aus Nigma hervor, auch wenn er ganz genau weiß, dass seine Worte auf taube Ohren stoßen. Er kann jedoch einfach nicht mehr anders, zu groß war seine Sorge. „Komm mal wieder runter. Wenn ich so langsam gefahren wäre, wäre ich ja erst nächsten Dienstag wieder zurück gewesen…“, versucht sich Joker halbherzig zu rechtfertigen und hebt dabei leicht beschwichtigend die Hände. „Das ist doch völlig egal! Es geht hier ums Prinzip, also…“, setzt der Rätselmeister aufgebracht an, bis sich Bruce´ Hand schwer auf seine Schulter legt. „Es reicht, Riddler! Wir haben keine Zeit für so einen kindischen Streit!“, weist er den anderen Mann mit leichter Strenge zurecht. Dieser blickt ihn trotzig an und schüttelt dann die Hand von seiner Schulter. Mit verschränkten Armen tritt er schmollend ein paar Schritte zur Seite, lässt die beiden aber nicht aus den Augen.
 

„Hattest du Erfolg?“, will Batman nun wissen. Joker ignoriert seine Worte jedoch erst einmal und wendet sich wieder an seinen Partner. „Hey, sorry. Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst, und ich will mich auch nich wegen so einen Mist mit dir streiten müssen, okay?“, leicht schuldbewusst blickt ihn der Clown an. Einen Moment versucht Ed seine schmollende Fassade noch aufrechtzuerhalten. Dann lässt er allerdings die Arme sinken und seufzt resignierend. „Schon gut. Ich will mich ja auch nicht streiten. Aber ich war krank vor Sorge. Fragt Bruce, der kann das bezeugen. – Und du spielst das einfach so herunter, als hätte ich gar keinen Grund dafür zu haben…“
 

Langsam richtet Joker den Blick auf den Mitternachtsdetektiven, als suche er tatsächlich Bestätigung für die Worte des anderen. Der Schwarzhaarige lässt sich aber nichts anmerken und wartet nur ungeduldig auf eine Antwort. Dennoch scheint der junge Mann etwas in seinen kühlen Augen zu sehen, das ihm klarmacht, dass Riddler die Wahrheit spricht. Nun fühlt er sich wirklich schuldig und lässt kraftlos die Schultern hängen. Es fällt ihm schwer das Ganze zu akzeptieren, ist er es doch nicht gewohnt, dass man sich wegen solcher Kleinigkeiten Sorgen um ihn macht, oder sich überhaupt um ihn sorgt.
 

Bis das alles angefangen hatte, kannte er dieses Gefühl nicht einmal, gab es doch niemanden, der sich seit dem Tod seiner Mutter überhaupt mal um ihn gesorgt hat. Der Dunkle Ritter hat es zwar ab und an mal in seiner unnachahmlich groben Weise gemacht, aber nur, wenn es darum ging, dass er nicht ins Gras beißt, aber da war das Unglück dann ja immerhin schon passiert und er hat nur Schadensbegrenzung gemacht.
 

„Tut mir leid. Wird nicht wieder…“, beginnt er nun, wird aber schnell von Wayne unterbrochen. „Joker! Das ist jetzt überhaupt nicht wichtig! Antworte mir endlich!“, knurrt der Älteste ungehalten. Die beiden Gauner blicken ihn vollkommen verständnislos und trotzig an. Schließlich gibt der selbsternannte Prinz ein verstimmtes Schnaufen von sich.
 

„Ganz ruhig, mein Großer. Noch pflastern keine Leichen den Weg, klar?“ Drohend mustert ihn der Rächer, schweigt aber. „Mein Informant hat die Gegend um den Hafen die letzten Tage aber sehr genau beobachtet. Ihm sind einige Merkwürdigkeiten zu Ohren gekommen und er selbst hat auch das ein oder andere gesehen und gehört. In der Nähe der Containerstadt gibt es, wie ihr wisst, ein verlassenes Industriegebiet mit einigen, teils sehr verfallenen Lagerhallen. Ein beliebter Treffpunkt für illegale Geschäfte. Aber auch sehr gut geeignet, um sich zu verstecken. Unweit des angrenzenden Verladebahnhofs sollen sich die Sichtungen und Geräusche gehäuft haben. Bei alledem soll es sich wohl um eine seltsame Mischung aus Mensch und Tier handeln. Um was genau, kann aber bisher keiner sagen. Doch ich denke mal ganz scharf, dass das unser Monster sein wird. Es versteckt sich scheinbar irgendwo in den Lagerhallen und wartet darauf zuzuschlagen, denn wie gesagt, gibt es bis jetzt noch keine Opfer, oder aber sie wurden schlichtweg noch nicht gefunden.“, berichtet der Clown dann endlich.
 

Allerdings hört er sich weder sehr besorgt, noch irgendwie beunruhigt an. Er wirkt eher völlig gleichgültig, so als wären seine Gedanken ganz wo anders, oder es wurmt ihn, dass es noch keine blutigen Leichen gibt, die das Ganze für ihn womöglich reizvoller machen würden. Für gewöhnlich legt er auch keinen Wert auf die Untaten anderer, sondern ergötzt sich nur an seinen eigenen Werken und versucht damit alle anderen zu übertreffen, um so stets aus der Masse hervorzustechen und seinem selbstgewählten Titel als Prinz des Verbrechens gerecht zu werden.
 

„Das klingt nach dem Goatman, würde ich sagen. In den spärlichen Notizen steht immerhin, dass er eine Mischung aus Mensch und Ziege sein soll.“, wirft der Riddler ein – nun wieder Herr seines Selbst. „Das denke ich auch und daher sollten wir schnell dorthin und ihn erledigen, bevor er doch noch jemanden erwischt.“, erwidert Bruce. „Ja, los! – Aber Ed, du bleibst hier!“, fordert der Grünhaarige nun und wendet sich dann zu der Suzuki herum. „Wie bitte?“, entkommt es dem Brünetten verständnislos. Der selbsternannte Prinz dreht sich wieder herum und blickt ihn überaus ernst an. „Du hast mich schon verstanden. Du bleibst hier!“, kommt es nun energischer von ihm. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Ich werde garantiert nicht tatenlos zusehen, wie ihr gegen dieses Ding kämpft!“, gebärt sich der Ältere aufgebracht. „Nicht tatenlos. Du kannst in der Zwischenzeit den Computer reparieren.“, meint der Jüngere locker. Schon beim Reinkommen hat er bemerkt, dass damit etwas nicht stimmt und versucht es nun als Vorwand zu benutzen, um Ed in Sicherheit zu wissen.
 

Zornig mustert ihn der Rätselmeister. „Der dämliche Computer ist mir scheißegal! Den brauchen wir jetzt nicht! Aber ich brauche dich und werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert!“, entgegnet er aufgewühlt. „Und ich ebenso wenig und deswegen sollst du ja auch hierbleiben, weil ich dich nicht wieder sterben sehen will!“, platzt es nun aus dem Verrückten heraus. Edwards grüne Augen weiter sich und einen Moment später entgleiten ihm alle Gesichtszüge. „Ich bin nicht gestorben! Ist dir das überhaupt klar? Ich stehe hier vor…“, setzt er an, wird aber von dem anderen jeher unterbrochen. „Nein! Du bist tot und das ertrage ich nicht! Also musst du hierbleiben, damit es nicht noch schlimmer wird!“ Die Worte des Clowns sind völlig verworren. Tränen rinnen seine geschminkten Wangen hinab und er wirkt vollkommen neben sich.
 

Batman wird klar, dass das so eine Art verspätetes Trauma sein muss. Schließlich hat ihm das letzte Monster auf überaus grausame Weise vorgegaukelt, dass Nigma zu Tode gekommen sei. Nun scheint das alles in ihm hochzukommen und er kann die Illusion nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden. Ed scheint das Ganze allerdings nicht zu begreifen oder versteht einfach nicht, in was für einer Spirale Joker gerade gefangen zu sein scheint.
 

„Spinnst du jetzt völlig? Ich bin nicht tot! Oder denkst du etwa der Weihnachtsmann hat dich vor vier Stunden und dreiundzwanzig Minuten flachgel…“, beginnt er zähneknirschend. Das Ganze droht völlig zu eskalieren.
 

Im Augenwinkel bemerkt Wayne, wie sich Alfred der Szene nähern will, ganz sicher um zu schlichten. Dabei wirkt er allerdings mehr als durcheinander und verwirrt, was der Schwarzhaarige nur zu gut verstehen kann. Die Worte des Rätselmeisters offenbaren ihm Tatsachen, die er so noch nicht wusste, in Gegensatz zu Batman, der inzwischen ja von Joker höchstpersönlich gesagt bekommen hat, was zwischen ihnen vorgeht.
 

Der Dunkle Ritter entscheidet daher, dass es im Moment wohl besser ist, wenn sein treuer Butler nicht alles weiß, was hier so vor sich gegangen sein könnte. Also muss er nun statt seiner eingreifen. Ehe Nigma also das verräterische Wort aussprechen kann, geht er energisch dazwischen. „Schluss jetzt, verdammt noch mal!“, gebärt er sich und schubst die beiden so grob auseinander, dass sie fast zu Boden stürzen.
 

„Es reicht endgültig! Wir haben keine Zeit für eure dämlichen Streitereien! Menschenleben stehen auf dem Spiel! Und ihr benehmt euch wie ein paar Kleinkinder! – Wenn wir Glück haben, ist das wirklich das letzte Monster, dem wir uns stellen müssen, also reißt euch nur noch ein bisschen zusammen! Wenn alles vorbei ist, könnt ihr euch von mir aus den Rest aller Tage an die Gurgel springen! Doch nicht jetzt!“
 

Mit ausgebreiteten Armen hält er die zwei Männer auf Abstand und blickt sie nacheinander durchdringend an. Beiden ist die Wut noch deutlich anzusehen, doch sie sind auch in Begriff sich wieder zu beruhigen. In Nigmas Gesicht herrscht die Verständnislosigkeit vor, scheint er doch einfach nicht verstehen zu können, was mit seinem Freund los ist. Jokers Züge sind hingegen von seiner schmerzhaften Trauer übermannt. Seine zornigen Tränen zeichnen wilde Spuren in sein Make-up und unterstreichen damit nur noch mehr seinen haltlosen Wahn. Gleichzeitig spiegeln seine glänzenden, braunen Augen all seine Verwirrung und den Schmerz wider, den der scheinbare Tod seines Geliebten in ihm ausgelöst hat. Für ihn scheint Edward lediglich noch als eine Art Traum zu existieren. Die Tatsache, dass sie vor wenigen Stunden noch das Bett miteinander geteilt zu haben, scheint Bestandteil dieses Traums zu sein oder eine Erinnerung, die schon ewig her ist – jenseits der Wirklichkeit, in der der Grünhaarige gerade gefangen ist.
 

Bruce gönnt den beiden einen Moment zum Durchatmen, hält sie aber weiterhin auf Abstand. „Habt ihr es jetzt endlich? Dann werden wir uns jetzt an die Arbeit machen und ich will keine Widerworte mehr hören! – Joker, du fährst voraus und führst uns zu den Lagerhallen. Nigma, du kommst mit mir!“, legt er schließlich fest.
 

Eine Weile rühren sich die beiden überhaupt nicht, dann lassen sie fast gleichzeitig resignierend die Schultern hängen, als würde sie aufgeben. Bei dem Brünetten ist es tatsächlich so, weiß er doch im Moment einfach nicht mehr weiter. Joker hingegen durchbohrt ihn regelrecht mit seinen Blicken. „Ich warne dich, Bruce, wenn ihm irgendetwas passiert, dann mache ich dich kalt!“, droht er dem Älteren knurrend. „Ich werde schon auf ihn aufpassen…“, versichert ihm der selbsternannte Rächer. Schnaubend wendet sich der Prinz wieder seinem Bike zu. „Du kannst mich mal!“, brummt er verstimmt, setzt sich den Helm auf und verschwindet dann mit lautem Dröhnen aus der Bathöhle.
 

„Beeilen wir uns lieber, bevor sein Vorsprung zu groß wird oder er irgendetwas anstellt.“, meint Batman grimmig. Der Riddler lässt nur den Kopf sinken, beißt sich auf die Unterlippe und versucht seiner Gefühle irgendwie Herr zu bleiben. Wie ferngesteuert wankt er zum Batmobil hinüber und setzt sich auf den Beifahrersitz.
 

„Alfred, versuch bitte in der Zwischenzeit den Computer wieder in Gang zu bekommen und sag Bescheid, wenn du mögliche Infos zum Goatman gefunden hast.“ „Ich werde mein Möglichstes tun, doch seien Sie bitte vorsichtig, Master Bruce! – Ich fürchte, die beiden Herren sind gerade keine so sichere Begleitung…“, spricht er seine Bedenken sorgenvoll aus. „Keine Bange, ich habe sie schon irgendwie unter Kontrolle…“, erwidert er knapp – doch sind dort etwa Zweifel in seiner Stimme? – und schwingt sich auf den Fahrersitz.
 


 

4
 

Als der schwergepanzerte Wagen die Höhle verlässt, kann der Dunkle Ritter im dichten Nebel gerade noch einen kleinen Funken von den Rücklichtern der Suzuki erahnen und beschleunigt daher noch etwas. Neben ihm gibt Edward ein unmelodisches Schniefen von sich. Mit einem kurzen Blick sieht Wayne, dass der Rätselmeister nun doch nicht mehr an sich halten konnte und ihm dicke Tränen die Wangen hinabrinnen. Krampfhaft beißt er sich noch immer auf die Unterlippe – die schon zu bluten begonnen hat –, um es irgendwie zu verbergen. Es bricht dem Mitternachtsdetektiven regelrecht das Herz, seinen langjährigen und eigentlich so stolzen Gegenspieler wegen solch einer Nichtigkeit so hilflos zu sehen. Dennoch ist sein Anblick irgendwie weit einfach zu ertragen, als der weinende Clown, der beim letzten Mal neben ihm saß. Ed ist von Natur aus ja schon sehr sensibel, auch wenn er gewöhnlich nicht zu den Leuten gehörte, die nahe am Wasser gebaut sind, im Gegensatz zum Grünhaarigen, der auch unter normalen Umständen einem schnellen Auf und Ab sämtlicher Gefühle erlegen ist, ohne viel Kontrolle darüber zu haben. Ihn weinen zu sehen ist für Bruce eigentlich nicht unbedingt etwas Ungewöhnliches, dennoch sieht es immer sehr merkwürdig aus, wo er sich doch sonst gern kaltherzig gibt und für gewöhnlich auch nicht wegen einem gebrochenen Herzen in Tränen ausbricht.
 

Batman hatte beim letzten Mal jedoch das Gefühl, dass dem Clown das Gespräch, das sie geführt haben, geholfen hat. Womöglich hilft es auch Ed, wenn er ihm erzählt, was er von seinem Partner so alles erfahren hat?
 

„Wenn du heulen willst, dann tu es einfach, aber versuch nicht es irgendwie runterschlucken zu wollen. Das bringt nichts.“ Überrascht sieht Nigma zu ihm hinüber, während Wayne stur durch die Windschutzscheibe blickt, um den aufgebrachten Clown nicht zu verlieren oder gar einen Unfall bei dem Nebel zu bauen. Angestrengt räuspert sich der Jüngere und setzt ein schiefes Lächeln auf. „Das ich diese Worte mal von dir hören würde, Detektiv, hätte ich echt nicht für möglich gehalten…“, kommt es mit belegter Stimme von ihm. „Dich weinend neben mir sitzen zu haben und das auch noch ausgerechnet wegen dem Joker, hätte ich auch nie gedacht.“, erwidert der Maskierte ehrlich. „Da bist du nicht der Einzige. – Er kann einem schon ganz schön den Kopf verdrehen…“ „Unzweifelhaft ja.“
 

Für einen Moment herrscht Ruhe und Riddler atmet tief durch, um die Tränen doch noch runterzuschlucken. „Weißt du…“, setzt der Schwarzhaarige an und erobert sich damit die Aufmerksamkeit des Jüngeren zurück. „…bevor wir dich letztens gefunden haben, saß Joker genauso neben mir, wie du jetzt. – Mit dem Unterschied, dass er gefahren ist, aber das ist nicht wichtig. – Er war vollkommen aufgelöst, weil er dachte, du wärst tot und er könnte dir nicht mehr helfen. War nur noch hysterisch und wollte sich blind in seinen Rachegefühlen vergraben. Sein Ausbruch war noch weit schlimmer, als euer Streit eben, oder alles andere zuvor…“ Schweigend sitzt der Rätselmeister neben ihm und starrt ihn mit großen Augen an, während Batman ungeachtet seiner eigenen Worte auf die Straße und die langsam näher rückenden Lichter des Motorrads achtet.
 

„Hab irgendwie versucht ihn wieder zu beruhigen, damit er uns nicht noch beide zum Teufel jagt, und das Monster damit dann freie Bahn hätte. Hab auf ihn eingeredet, um irgendwie zu ihm durchzudringen.“ „Was – hast du denn zu ihm gesagt?“, fragt Nigma noch etwas angestrengt und krampft nervös seine Hände auf den Oberschenkeln zusammen. Weiß er doch nur zu gut, dass einfühlsames Reden nicht gerade zu Batmans Stärken gehört. „Ich habe ihn gefragt, wovon er träumt. Was sein größter Wunsch im Leben sei.“ Batman blickt noch immer stur auf die Straße, weicht plötzlich im Nebel auftauchenden Hindernissen aus und beschleunigt zwischenzeitlich etwas, um den Grünhaarigen nicht zu verlieren, doch seine Stimme klingt nun sanfter, beinahe betroffen. Diese Tatsache macht dem Brünetten irgendwie klar, was Bestandteil von Jokers Antwort gewesen sein könnte.
 

„Hat – hat sein Traum etwa etwas mit – mir zutun gehabt?“, will er wissen und schluckt dabei hart. Bruce schweigt eine Weile, um das Ganze selbst etwas zu verarbeiten, doch die bohrenden Blicke des Mannes neben sich bringen ihn dann doch zum Sprechen. „Ja – und zwar in beiden Versionen.“, meint er schließlich. „Was soll das denn bedeuten?“, hakt der Herr der Rätsel verwirrt nach. „Ganz einfach: Vor deinem scheinbaren Tod hatte er sich schon einen Traum mit dir ausgemalt, den er dann verworfen hat, weil er dachte, dich für immer verloren zu haben.“ „Oh. – Magst du mir vielleicht davon erzählen, oder ist es zu – zu schlimm?“ „Ich werde es dir sagen, doch ob es schlimm ist, musst du selbst entscheiden. – Ich fand es eher sowohl traurig wie auch heldenhaft…“ Das letzte Wort veranlasst Edward dazu die Stirn zu runzeln, kann er sich den durchgeknallten Clown doch so gar nicht bei etwas Heldenhaftem vorstellen, nicht mal nach all der gemeinsamen Zeit und ihrem selbstlosen Kampf für diese Gott verdammte Stadt.
 

„Okay…“ Sichtlich entspannt sich der Brünette neben ihm und blickt ihn abwartend an. Nach einem etwas waghalsigeren Manöver, bei dem das Batmobil fast mit einem plötzlich im Nebel auftauchenden Pfeiler zusammengestoßen wäre, erhebt der Schwarzhaarige wieder die Stimme.
 

„Sein ursprünglicher Wunsch war eigentlich ganz schlicht. Er wollte nach alledem nur den Rest seines Lebens glücklich mit dir zusammen verbringen.“ Hörbar holt Riddler Luft. „Er hat – ich meine – du weißt, dass wir…?“ „Ja. Ich habe es schon eine Weile geahnt und es war auch irgendwann kaum noch zu übersehen. Immerhin habt ihr euch mehr als einmal in meiner Gegenwahrt geküsst. Und selbst wenn ich das alles vehement verdrängt und als Jokers Unsinn abgetan hätte, was ich wahrlich lange genug versucht habe, so hat mir dein Ausbruch eben in der Höhle doch einiges offenbart, und Joker hat euch in diesem Moment auch ganz offen heraus geoutet.“ „Oh, Himmel! – Jetzt – hast du bestimmt eine ganz schlechte Meinung von uns…“ „Nein. Es kümmert mich nicht, was ihr miteinander macht und was nicht. – Zu Anfang war es schon etwas verstörend, allein die Vorstellung, aber das hat sich schnell gelegt, als ich gesehen habe, wie ihr miteinander zusammenarbeitet und euch um den anderen sorgt. – Diese ganze Mission hat mir Seiten an euch gezeigt, die ich nie für möglich gehalten habe und das ist auch ganz gut so, will ich behaupten. Kann ich mich doch so nun viel besser in euch hineinversetzen und verstehe auch, warum ihr oftmals handelt wie ihr eben handelt. Und ich denke, dass es gleichermaßen für euch ebenfalls so ist, sowohl miteinander, als auch über mich.“
 

„Da hast du recht. – Hätte nie gedacht mal so etwas wie sesshaft zu werden und von Joker schon gar nicht. Aber der Gedanke gefällt mir irgendwie…“, tiefe Röte legt sich auf seine Wangen, als ihm bewusst wird, was er da gerade gesagt hat, und er blickt verträumt auf seine Hände hinab. Dann geht ein leichter Schreck durch seinen Körper und er wendet Bruce fast schon erschrocken den Blick wieder zu. „Oh – ich wollte nicht – ich hoffe, es stört dich nicht, wenn – oh, Mann, dass ist so peinlich…“, stammelt Nigma, während seine Wangen nur noch dunkler werden.
 

Ein kleines Schmunzeln hebt Batmans Mundwinkel. „Du bist kein Teenager mehr, Nigma. Es muss dir nicht peinlich sein über deine Gefühle zu sprechen.“, beruhigt er ihn. „Aber du bist ein Mann! Ich kann doch nicht über irgendwelche homosexuellen Neigungen mit einem anderen Kerl reden! Schon gar nicht mit Batman!“, protestiert der Jüngere etwas. Erneut hebt sich der Mundwinkel des Dunklen Ritters zu einem kleinen Schmunzeln. „Das muss dich nicht kümmern. Batman ist in den Augen der Bevölkerung allgemein geschlechtslos und hat daher keine Neigungen. – Naja, versucht es zumindest. – Bruce Wayne hingegen ist für die Öffentlichkeit strickt hetero, um das Bild, das sie von ihm haben, nicht zu zerstören, doch insgeheim ist er beiden Geschlechtern nicht unbedingt abgeneigt, so wie ihr zwei.“, erläutert er erstaunlich gelassen.
 

Etwas überrascht sieht Edward ihn an und schmunzelt dann auch etwas. „Gut zu wissen, dennoch ist es komisch mit einem anderen Mann über so etwas zu reden. Das geht mir selbst Joker gegenüber so, obwohl ich ihm immerhin schon sagen kann, was ich fühle. Das liegt aber auch daran, dass ich vorher nie dem gleichen Geschlecht zugetan war. – Ich fand es regelrecht abstoßend, wie wohl sehr viele Männer. Aber Joker hat so eine Art an sich – so eine Hartnäckigkeit – die mich irgendwann einfach überrollt hat. Und diese ganzen Monster haben ihr Übriges dazu beigetragen, weil ich ständig nur Angst hatte zu sterben. – Aber bevor du da etwas falsch verstehst, sollte ich fairerweise wohl erwähnen, dass Joker tatsächlich schwul ist…“ „Hm. Das habe ich mir schon fast gedacht, ich wollte dir nur nicht auf die Füße treten.“
 

„Schon gut. Sag ihm bitte trotzdem nicht, dass ich das gesagt habe. – Und was für einen Traum hatte er dann?“ „Das ist jetzt nicht so einfach. Daher gebe ich dir zu bedenken, dass er in diesem Moment völlig am Boden war. Verzweifelt, weil seine ganze Welt in Scherben lag und er ohne dich nicht mehr weitermachen wollte…“ „Oh, Gott! Du meinst doch nicht etwa…“, setzt Nigma erschrocken an. „Ganz ruhig. Den Kamikazeteil lasse ich absichtlich weg. Das Monster ist Geschichte und es wäre unnötig dir seine obskuren Rachefantasien vorzutragen. Das spielt auch keine Rolle. Wichtig ist nur, was er danach tun wollte.“ Bruce macht eine Pause und verringert dabei den Abstand zur Suzuki noch etwas. Der Hafen ist nur noch einen Katzensprung entfernt.
 

„Er war der festen Überzeugung, dass du tot sein musst. Und ganz ehrlich, ich hätte auch nichts anderes erwartet, bei den Geräuschen, die wir gehört haben. – Daher wollte er dir die Letzte Ehre erweisen und dich auf dem Hügel im Robinson Park begraben.“ „Das ist ein wirklich schöner Platz…“, verträumt lächelt der Rätselmeister, auch wenn er es etwas makaber findet über sein eigenes Begräbnis nachzudenken.
 

„Doch das ist nich alles, oder? Da ist noch mehr…“ „Ja. – Er konnte die Tatsache, dich verloren zu haben, nicht ertragen, und von daher wollte er – mit dir begraben werden.“ „Was? Solltest du ihn etwa erlösen?“, schockiert sieht er den Älteren an, der nur stur auf die Straße blickt, die nun in die Hafeneinfahrt mündet. „Ganz gewiss nicht. Das hätte nicht unserem vorherbestimmten Schicksal entsprochen, und das hätte ich trotz allem wohl kaum übers Herz bringen können. Kodex hin oder her. – Nein, er wollte sich neben dich legen, deine Hand halten, ein letztes Mal den Sonnenaufgang betrachten und dann…“ „Sag´s nicht! – Sag mir villeicht nur womit.“, bittet Ed. „Mit deiner Pistole.“ Riddler wird ganz blass und sinkt in den Sitz zurück. „Oh, Gott…“, er schluckt schwer und seine Unterlippe beginnt verräterisch zu zittern. Doch er atmet tief durch und fängt sich langsam wieder. „Und das – das hat er dir alles erzählt?“, fragt er mit belegter Stimme. „Ja und noch einiges mehr.“, erwidert Batman ehrlich.
 

Einen Moment sammelt sich der Rätselmeister und lässt das alles auf sich wirken. „Und du wolltest das alles zulassen? Auch den Teil, den du mir nicht gesagt hast?“ „Ich wollte ihm sogar dabei helfen. Das Grab hätte sich schließlich nicht von allein wieder zu geschaufelt, oder?“ Damit beendet der Dunkle Ritter das Thema erst einmal und stoppt den Wagen hinter der inzwischen parkenden Suzuki. Ed schweigt und versucht zu verarbeiten, dass Joker Batman seinen Letzten Willen erzählt hat und dieser ihm dabei auch noch zur Hand gehen wollte, sollte es wirklich dazu kommen. Er ist hin und hergerissen von seinen Gefühlen und dennoch kann er jetzt schon besser verstehen, warum der Clown im Moment so durcheinander ist.
 

Als Bruce austeigen will, ergreift der Brünette sein Cape und hält ihn zurück. Fragend mustert ihn der Mitternachtsdetektiv. „Danke…“, ist alles, was Riddler über die Lippen kommt. Dann lässt er von ihm ab und steigt ebenfalls aus, atmet tief durch und lässt sich nichts mehr von alledem anmerken – hofft er zumindest…
 


 

5
 

Mit bedächtigen Schritten nähert sich der Brünette dem parkenden Motorrad. Als Joker schließlich absteigt und den Helm abnimmt, sehen sie sich direkt in die Augen. Einen Moment lang scheint keiner der beiden zu wissen, was er sagen soll, daher herrscht erst einmal erdrückendes Schweigen. Edward seufzt schwer und sucht nach Worten, die den Jüngeren nicht wieder aufregen und den Streit von vorhin erneut entfachen. Dafür ist einfach keine Zeit und er hat auch nicht wirklich die Kraft dafür.
 

Sein Gegenüber blickt ihn allerdings fragend an. „Was hast du?“, will Joker mit sorgenvollem Unterton wissen. Von seiner anfänglichen Wahnvorstellung, der Riddler müsste doch eigentlich tot sein, scheint nichts mehr geblieben, und er wirkt wieder völlig normal – naja, zumindest so normal, wie es ihm eben möglich ist. Daher entschließt sich der Ältere dafür, es darauf ankommen zu lassen. „Ich – ich bin nur nervös, weil wir ja gar nichts über dieses Wesen wissen, verstehst du?“, flunkert er daher kurzerhand unbeholfen und hofft, dass es halbwegs überzeugend klingt. Andererseits ist es auch nicht vollkommen gelogen, da er sich ganz hinten in seinem Kopf selbstverständlich darum sorgt.
 

Entweder der Grünhaarige merkt nichts von dieser kleinen Notlüge oder aber er lässt es sich nicht ansehen. Stattdessen setzt er einen verständnisvollen Blick auf und legt Ed tröstend eine Hand auf die Schultern. „Ach, mach dir nicht so viele Gedanken! Wir packen das schon irgendwie!“ Das Irgendwie gefällt Nigma dabei zwar überhaupt nicht, dennoch lächelt er dem anderen nun etwas sicherer entgegen. „Bestimmt hast du recht.“
 

„Können wir dann gehen?“, fragt Bruce nach einem Moment. Nun wieder sichtlich beruhigter wendet sich der Rätselmeister zu ihm herum. „Ich denke schon.“ Gemeinsam durchqueren sie das Labyrinth aus Containern, zwischen denen sich wie ein Leinentuch hartnäckig der Nebel hält, und steuern auf die dahinterliegenden Lagerhallen zu. Die Augen nach allen Seiten gerichtet, halten sie Ausschau nach möglichen Hinweisen auf das Monster.
 


 

6
 

Derweilen müht sich Alfred mit dem lahmgelegten Computer ab. Nach einer ganzen Weile gelingt es ihm schließlich wieder alle Systeme zum Laufen zu bringen. Erfreut stellt er dabei fest, dass kein Schaden entstanden zu seien scheint. „Na wenigstens etwas...“, seufzt er angestrengt und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
 

„Mal sehen, ob ich jetzt nach diesem Goatman suchen kann, ohne dass mir sämtliche Platinen um die Ohren fliegen...“, murmelt er vor sich hin, während er den Browser öffnet. Eigentlich sollten seine Worte auch eher ein Scherz sein, dennoch kommt er nicht umhin überaus nervös zu sein, während der Rechner wieder Kontakt zum Internet herstellt.
 

Verwundert betrachtet er dann allerdings das sich öffnende Fenster. Eigentlich ist der Rechner aus Sicherheitsgründen so eingestellt, dass er nicht automatisch die letzte Suchanfrage wiederherstellt, sollte das System aus irgendwelchen Gründen zusammengebrochen sein, aber genau das scheint hier gerade zu passieren. Oder auch nicht. Es ist mehr so, als würde eine unsichtbare Hand das Bedienen des Computers übernehmen und Alfred ihr nur ängstlich dabei zusehen.
 

Kaum, dass das Browserfenster offen ist, tippt sich das Wort Goatman praktisch von allein in das Suchfeld ein. Mit Schrecken und einem unterdrückten Schrei kann der Butler dabei beobachten, wie sich die Tasten völlig selbstständig niederdrücken und die Maus sich anschließend wie von Geisterhand auf den OK-Button zubewegt. Als die linke Taste dabei ein hörbares Klicken von sich gibt und die Suchanfrage somit bestätigt, bekommt der Grauhaarige fast einen Herzinfarkt. Schwerlich presst er sich eine Hand auf die heftig bebende Brust, bevor ihm die Knie nachgeben und er sich regelrecht in den Stuhl hinter sich fallenlässt.
 

„Oh mein Gott...“, kommt es in ersticktem Flüstern aus seinem Mund, während sich die Ergebnisse der Suche auf einer neuen Seite aufbauen. Alfred schafft es jedoch kaum eine der Überschriften zu lesen, geschweige denn einen Artikel auszuwählen, da schiebt sich die Maus schon wieder von selbst herum. Vorhin, so schien es allen, hat eine höhere Macht nicht gewollt, dass sie nach dem Goatman suchen. Jetzt kommt es dem Butler so vor, als hätte sich diese Macht umentschieden.
 

Oder aber es ist der Goatman selbst, der hier irgendwie seine Finger im Spiel hat! Dieser Gedanke kommt ihm zumindest unweigerlich, als sich der ausgewählte Artikel vor seinen Augen ausbreitet und er sogar die Gelegenheit bekommt ihn zu lesen. Was seine Augen da allerdings zu sehen bekommen, erfüllt den sonst so gefassten Butler mit tiefem Schrecken.
 

Goatman: Es ist das Jahr 1957, als in den dunklen Wäldern im Prince George County im Bundesstaat Maryland eine unheimliche Legende geboren wird. Augenzeugen berichten Ungeheuerliches: Sie wollen ein Monster gesehen haben, halb Mensch, halb Ziege, ein haariges Biest mit Hufen und Hörnern. Schnell wird das Ungeheuer Goatman getauft und die Schauergeschichten beginnen sich zu häufen. 1962 behaupten wiederum Augenzeugen, sie hätten ein schreckliches Massaker des Goatman nur knapp überlebt: Die Bestie sei über eine Gruppe Camper hergefallen und habe zwölf Kinder und zwei Erwachsene mit einer Axt in Stücke gehackt. Derweil hätte das Wesen teuflische Schreie von sich gegeben und als grausamen Höhepunkt seine Opfer teilweise verspeist. Immer wieder verschwinden seit dieser Zeit in der Region auch Hunde, die dann plötzlich verstümmelt und enthauptet wieder auftauchen. Der erste belegte Fall ereignet sich 1971, als in der Stadt Bowie ein Welpe verschwindet. Wenig später wird er nahe der Fletchertown Road gefunden, tot und ohne Kopf. Der Goatman wird immer wieder gesichtet, taucht plötzlich angeblich auch in Alabama, Arkansas, California, Indiana, Kentucky, Michigan, Oregon, Texas, Washington und sogar im benachbarten Kanada auf. Doch woher kommt der Goatman? Ein verrückter Wissenschaftler am Landwirtschaftlichen Forschungszentrum von Beltsville soll ihn erschaffen haben. Dieser soll bei einem wahnsinnigen Experiment mit der DNA von Menschen und Ziegen experimentiert und dabei den Goatman erschaffen haben. Angeblich kann er die Gedanken von Menschen beeinflussen, besonders Jugendliche sollen betroffen sein. Man sagt, dass er die Menschen an einen Ort lockt, wo ein Zug sie tötet. In anderen Versionen tötet er seine Opfer mit einer blutverschmierten Axt oder springt von der Brücke auf Autos, die darunter durchfahren.
 

Kaum, dass sein Blick am Ende angelangt ist und er sich die schaurige Gestalt des Goatman kurz betrachten konnte, wird der Bildschirm auch schon wieder schwarz und das System erleidet einen erneuten Zusammenbruch. „Um Himmels willen...!“, keucht Alfred. Er braucht ein paar Momente, um sich zu sammeln.
 

Dann steht er auf und versucht Kontakt mit dem Batmobil aufzunehmen. Es meldet sich allerdings niemand. „Vermutlich sind sie schon am Hafen angekommen...“, geht es ihm durch den Kopf, während er es erneut versucht – diesmal aber direkt bei Batman, der einen Funkkommunikator in seine Maske integriert hat. Als sich auch hier niemand meldet, setzt sein Herz beinahe wieder aus. Sollten seine Bemühungen etwa schon zu spät kommen und die drei womöglich bereits gefallen sein?
 


 

7
 

Während Alfred seine Begegnung der unheimlichen Art am Batcomputer durchlebt, durchstreifen die drei ungleichen Helden die Lagerhallen hinter dem Hafen. Jedoch scheint es nirgends auch nur den kleinsten Hinweis auf das Monster zu geben, obwohl Jokers Informant das doch felsenfest behauptet hat. Batman will den Clown dafür schon rügen, da bleibt der Grünhaarige auch schon stehen und blickt sich unschlüssig um. Edward scheint ebenfalls nachzudenken und erhebt dann als Erster die Stimme. „Vielleicht ist der Goatman ja nicht hier? Nicht direkt und so nahe am Ort seiner verhängnisvollen Geburt, sondern eher dort, wo sich weit weniger Leute rumtreiben?“ Mit dem Finger deutet er auf den Bereich hinter den Lagerhallen. Dort erstreckt sich der kleine Verladebahnhof. „Gut möglich. Der Teil gehört immerhin auch noch zum Hafen.“, meint Joker schlicht. Und ehe Bruce auch noch etwas sagen kann, machen sich die beiden auch schon auf den Weg. Mit einem von Unglauben gezeichneten Gesicht folgt er ihnen aber dennoch.
 

Der Verladebahnhof wirkt im ersten Moment aber genauso verlassen, wie die Lagerhallen und der Rest des Hafens. Allerdings hängt der Nebel immer noch tief, sodass die Loks und Güterwagons fast nur aus Schatten bestehen. Personal scheint aber zumindest nicht hier zu sein, da die Frachten für heute schon alle auf den Weg gebracht sind und der dichte Nebel die Arbeit auch noch erschweren würde. Von daher wird erst wieder gearbeitet, wenn sich das Wetter bessert oder morgen Mittag der nächste Zug erwartet wird. Das alles entnimmt Batman einem Dienstplan, der an der Tür des kleinen Wachhäuschens hängt. Somit müssen sich die drei zumindest nicht darum sorgen, dass Zivilisten verletzt werden könnten.
 

Auf den kreuz und querverlaufenden Schienen steht auch nur eine einzige Lok und wartet schweigend auf ihren Einsatz. Auf einigen anderen Gleisen stehen ein paar Wagons bereit, doch ihre Türen sind alle offen und sie sind unbeladen. Es lässt sich nicht einmal ein Obdachloser finden, der sich zum Schutz vor der Kälte in einem der Wagen zurückgezogen hat.
 

Mit Hilfe eines drehbar gelagerten Rondells in der Mitte des Bahnhofs können die Anhänger mit den Loks verbunden oder auf andere Gleise umgelenkt werden. Als sich die ungleichen Verbündeten nun dem Rondell nähern, überkommt sie ein seltsames Gefühl, das so viel Heftigkeit hat, dass selbst Batman ein Schauer den Rücken hinabgleitet. Irgendetwas ist definitiv hier...
 

„Ihr seid wirklich überaus hartnähähäckig, dass muss ich euch lassen.“, ertönt auf einmal eine merkwürdige Stimme hinter ihnen. Als sie sich danach umdrehen, sehen sie einen mannsgroßen Ziegenbock, der wie ein Mensch auf zwei Beinen auf sie zu gelaufen kommt. Seine Hufe poltern dabei hörbar über den Beton vor dem Wachhäuschen, indem er sich scheinbar versteckt hatte. Finster mustert er die drei Männer. In seiner Rechten hält er eine große Axt, die er wohl aus dem Wachhäschen mitgebracht hat. „Doch euer Glühühück hat nun ein Ende! Denn ich finde es gar nicht nett, was ihr meinen wundervollen Schöhöhöpfungen angetan habt!“, meckert der Goatman.
 

„Norris?“, fragt der Joker daraufhin verwundert. „Fühühür dich immer noch Professor Norris, du Grühühünschnabel!“, gebärt sich der Bock zornig und stampft ungehalten mit dem Huf auf den Kies, der die Gleise umgibt. „Aber wie ist das möglich? Wir haben doch Ihre Leiche gefunden!“ Das Nichtbegreifen steht dem Rätselmeister deutlich ins Gesicht geschrieben. „Was ihr gefunden habt, ihr naseweisen Trottel, war lediglich meine sterbliche Hühühülle! Mein Geist wurde jedoch im Augenblick meines Todes, wenn auch nicht von mir beabsichtigt, in den Köhöhörper meiner letzten noch unvollendeten Kreatur ühühübertragen. Die Vereinigung zweier perfekter Wesen, wenn ich das mal so sagen darf!“, profiliert sich der Bock mit sichtbarem Stolz.
 

„Wohl eher das schändliche Ergebnis deiner Vergewaltigung an der Natur!“, entkommt es dem Jüngsten verächtlich. „Halt endlich den Mund, du Rotznase! Du hast doch ühühüberhaupt keine Ahnung! Doch ich lasse mir diese Ignoranz an meiner Person nicht lähähänger gefallen! Meine anderen Schöhöhöpfungen konntet ihr vielleicht bezwingen, doch das wird euch diesmal nicht gelingen, verlasst euch drauf! Denn diesmal habe ich auch noch ein Wöhöhörtchen mitzureden!“
 


 

8
 

Der Goatman gibt ein seltsames Knurren von sich, das so gar nicht zu seiner Gestalt passen will, umfasst die scharfgeschliffene Axt in seinen Händen fester und rennt dann mit polternden Hufen auf die drei Helden zu. Angespannt warten sie auf seinen Angriff. Doch es kommt nicht dazu, zumindest nicht so, wie sie es sich vorgestellt haben. Der Nebel, der sich ja schon den ganzen Tag und die ganze Nacht zäh über Gotham hält, wird auf einmal erheblich dichter und verschluckt somit die Gestalt des verrückten Professors einfach. Selbst die dumpfen Hufschläge auf dem losen Kies des Bahnhofgeländes sind kaum noch auszumachen, hallen stattdessen merkwürdig nach, als würden sie von allen Seiten gleichzeitig kommen, sodass es vollkommen unmöglich erscheint zu bestimmen von wo der Angriff kommen mag.
 

Entgegen jeder Meinung und jedem normalen Instinkt drängen sich die ungleichen Verbündeten jedoch nicht dichter zusammen, sondern verteilen sich, um die Attacke im Ernstfall nur auf einen von ihnen zu lenken, damit die beiden anderen die Chance zum Gegenangriff haben.
 

Schließlich zeigt sich das Ziegenwesen. Völlig unvermittelt taucht es vor dem Dunklen Ritter auf und schwingt die Axt in tödlicher Präzision. Überrascht taumelt Bruce ein paar Schritte nach hinten, um dem Ganzen zu entgehen. Dabei tritt er aber auf das Rondell, das sich daraufhin wie von Geisterhand in Bewegung setzt und das so ruckartig, dass Batman zu Boden stürzt. Darauf hat Norris nur gewartet. Blitzschnell überbrückt er den kurzen Abstand zu dem auf dem kalten Metall liegenden Mann, stemmt einen Huf auf dessen Brust, um ihn zu fixieren, starrt ihn wahnsinnig grinsend an und holt dann wieder aus.
 

Allerdings kommen ihm die beiden Kriminellen in den Weg und rammen ihn kraftvoll von der Seite, sodass er selbst zu Boden stürzt und dabei auch noch seine Axt über den Kies schlittert. „Das werdet ihr mit bühühüßen!“, faucht er die beiden an. Allerdings huscht dabei ein Funken über seine Augen hinweg, der überhaupt nicht zur Wut in seiner Stimme passen will. Es ist mehr eine stumme Art von Vorfreude, die die zwei Gauner jedoch nicht bemerken. Aber auch so ist er nicht allzu beunruhigt über seinen Fehlschlag. Eine interessante Begleiterscheinung, wenn man Gefühle hat – ist ihm schon öfter aufgefallen –, besteht darin, dass die Gefühle einen dazu bringen vorauszudenken, zu planen, damit man keine Gefühlsattacke erleidet, wenn etwas nicht funktioniert. Das mag mit eine der Ursachen dafür sein, dass das Wesen Mensch trotz all seiner Verfehlungen so lange auf diesem Planeten überleben konnte. Doch diese drei werden heute Nacht definitiv sterben und der Erde damit einen großen Gefallen erweisen!
 

„Alles in Ordnung?“, fragt Ed den Schwarzen Rächer, während sich dieser aufsetzt und sich schmerzlich den pochenden Kopf hält. Beim Klang seiner Stimme erwidert Wayne allerdings nichts, sondern blickt ihn ruckartig und durchdringend an. Seine stechenden Augen scheinen sich dabei selbst durch die Maske hindurch direkt in Nigmas Seele zu bohren, sodass dieser erschrocken einen Schritt nach hinten macht und sein Gegenüber nervös ansieht. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. „Batman?“, fragt der Jüngere vorsichtig, doch da erhebt sich der Angesprochene schon und kommt drohend auf ihn zu. Zornig ballen sich dabei seine Fäuste und ehe der Rätselmeier auch nur noch ein Wort herausbringen kann, stürzt sich der Schwarzgekleidete regelrecht auf ihm. Hart schlägt Edward auf dem Boden auf und kurz darauf trifft ihn die Faust des Größeren auch schon mitten ins Gesicht. Warmes Blut perlt daraufhin von seiner aufgeplatzten Oberlippe.
 

„Was – was ist denn los mit dir?“, fragt der Brünette schmerzlich und versucht einen erneuten Faustschlag abzuwehren. Es gelingt ihm erstaunlicherweise sogar, aber nur, weil sich der Rächer im letzten Moment für einen anderen Angriff entscheidet. „Warum hast du sie getötet?“, fragt Bruce ihn plötzlich kalt. Dabei schließen sich seine Hände wie Schraubstöcke um den Hals des Rätselmeisters und drücken fest zu. „Was...?“, kommt es halb erstickt von Nigma. „Ich – ich habe noch – nie jemanden getötet...“, presst er schwerlich hervor und versucht den Griff des anderen zu lockern. Allerdings weiß Ed aus jahrelanger Erfahrung nur zu gut, dass ihm das nicht gelingen wird und ihm geht auch schon die Luft aus, was seiner Kraft nicht gerade förderlich ist, um sich zu befreien. „Warum mussten meine Eltern sterben? Was haben sie dir denn getan?“, kommt es weiter von Batman, während seine Hände noch fester zupacken. „Du – irrst dich...“, kommt es kaum noch hörbar von dem Unterlegenen, der verzweifelt nach Luft ringt. Dennoch arbeitet es in seinem Kopf hektisch. Dabei kommt ihm die Erkenntnis, dass der Goatman gar nicht vorhatte Batman mit der Axt zu verletzten. Dass das nur ein Ablenkungsmanöver war, um ihn stattdessen irgendwie geistig zu beeinflussen, damit er nun scheinbar glaubt, Edward hätte seine Eltern auf dem Gewissen.
 

„Also, wenn es so aussieht, wenn du dich um meinen süßen Ed kümmerst, dann verzichte ich drauf!“, tönt es auf einmal angesäuert aus dem Nebel. Der Brünette droht schon in die tröstende Schwärze der Ohnmacht abzudriften, als er einen Schatten aus der Schemenlosigkeit hervorkommen sieht. Keine Sekunde später trifft Jokers Hacken Batman mit voller Wucht hart an der Seite seines Kopfes und schleudert ihn damit von Nigma weg. Pfeifend holt der Rätselmeister Luft, während Bruce statt seiner in der Ohnmacht versinkt.
 

„Alles klar, mein Hübscher?“, fragt ihn der Grünhaarige kurz darauf, wischt ihm mit dem Daumen fahrig das Blut von der Lippe und hilft ihm in seine sitzende Position. „Ich – ich – denke schon...“, keucht Edward sichtlich fertig und reibt sich den schmerzenden Hals. Abwartend verharrt der Clown neben ihm und wartet, bis sein Freund wieder zu Atem kommt. Dabei huschen seine Augen aufmerksam durch die Gegend, können in dem dichten Nebel aber nichts ausmachen. „Norris – Er hat Batman irgendwie mental beeinflusst. – Er dachte, dass ich seine Eltern ermordet hätte...“, kommt es schließlich von dem Brünetten. „Scheiße! Aber gut zu wissen. Das wird er bei uns ganz sicher auch versuchen. – Leider habe ich ihn in dieser verdammten Suppe verloren...“, erwidert der Jüngere angesäuert und blickt zu Bruce hinüber, der noch immer ausgeknockt ist und somit Alfreds Funkruf nicht hören kann...
 


 

9
 

„Kannst du aufstehen? Ich denke nämlich, wir sollten uns nicht so lange ungeschützt an einem Ort aufhalten.“, meint der Prinz des Verbrechens sorgenvoll, jedoch schwingt auch hörbar Angriffslust in seiner Stimme mit. „Aufstehen wird wohl gehen, aber mehr vielleicht auch nicht...“, erwidert Edward mit einer Mischung aus Erschöpfung und Entschuldigung, während sich langsam die Male von Batmans Angriff auf seiner Haut abzuzeichnen beginnen. Geistesabwesend reibt er sich den schmerzenden Hals. „Wird schon gehen. Den Rest mache ich schon irgendwie.“, doch die allzu bekannte Selbstsicherheit ist weitgehend aus Jokers Stimme verschwunden. Stattdessen blickt er immer wieder zum bewusstlosen Batman hinüber.
 

‚Da war es schon wieder, dieses besorgniserregende Irgendwie. – Wahrscheinlich fragt er sich, wie groß die Macht des Goatman wohl sein muss, wenn es ihm so leicht gelungen ist, Bruce so zu beeinflussen. Schließlich ist er mit allen Wassern gewaschen und lässt sich nicht so leicht von irgendwem an der Nase herumführen, sodass selbst Scarecrow immer wieder gezwungen ist die Stärke seines Angstgases anzupassen, um Bruce eine Reaktion zu entlocken. Und da ist er bei weitem nicht der einzige Schurke, dem es so ergeht...‘, geht es Nigma durch den Kopf, während er sich von seinem Freund auf die Beine helfen lässt.
 

„Ich glaube, ich habe da hinten was gesehen. Bleib du bei der Fledermaus, ich schau mir das mal an.“, bestimmt der Clown und setzt sich auch schon in Bewegung. „Sei vorsichtig!“, ruft Ed ihm noch nach, doch da wird der Jüngere schon vom undurchdringlichen Nebel verschluckt.
 

Es ist, als wäre Joker in einer anderen Dimension gelandet, in der völlig neue Gesetzte herrschen. Seine Augen gaukeln ihm überall Schatten vor, die sich im Nebel bewegen. Seine Ohren hören Laute, die von überall gleichzeitig herzukommen scheinen und dennoch keinen erkennbaren Ursprung haben. Sein ohnehin schon lädierter Kopf versucht daraus nahezu verzweifelt etwas Greifbares, für ihn Verständliches, zu machen und doch gelingt es ihm nicht. Wie ein gehetztes Tier blickt er sich suchend um. Sein beschleunigter Herzschlag scheint dabei seinen ganzen, schmächtigen Körper zum Beben zu bringen.
 

„Ihr seid mir nicht gewachsen!“, kommt es plötzlich aus der dichten Undurchdringlichkeit. „Das wollen wir doch mal sehen, du Bettvorleger! Das Spiel hat immerhin gerade erst begonnen!“, profiliert sich der Grünhaarige und hofft, dass sein Gegenüber nicht die leichte Unsicherheit in seiner Stimme bemerkt. Davon lässt sich Norris auch erst einmal nicht beirren. „Es war so einfach, den ach so großen Batman zu manipulieren! Dieses tiefsitzende Trauma in ihm ist einfach nur zu herrlich!“, prahlt er stattdessen vergnügt mit seinem Erfolg. „Ja, Batsy hat in dem Fall echt einen Knacks weg. Aber mich kriegst du nicht so leicht, Flohfänger!“
 

„Das kann ich mir gut vorstellen, Junge. Immerhin hast du einen gewissen Ruf, den man nicht unterschätzen sollte. Zudem gehen die krassesten Morde an meinen Schöhöhöpfungen auf deine Kappe! Aber Wahnsinn ist durchaus durchschaubar, erst recht unter Gleichgesinnten...“, erwidert der Goatman und prescht aus dem Nebel hervor. Joker versucht noch auszuweichen, doch der Kies unter seinen nackten Füßen gibt genau im falschen Moment nach, sodass er rücklings zu Boden geht. Nur eine Sekunde später hockt Norris auch schon auf ihm und drückt den Stiel der Axt fest gegen seine Kehle. Vehement versucht sich der Jüngere zu wehren, und der Professor muss zugeben, dass der Bengel eine ganz schöne Kraft hat. Aber in seiner jetzigen Stellung behält er dennoch die Oberhand über den Verrückten.
 

„Wollen wir doch mal sehen, was so alles in deinem Kopf vor sich geht.“, grinst der Bock und streckt seine mentalen Finger nach seinem wehrlosen Opfer aus. Der Prinz gibt einen erstickten Laut von sich. Es fühlt sich tatsächlich so an, als würde jemand seine Finger über seine Hirnwindungen gleiten lassen, um die richtigen Schubladen mit Erinnerungen und Empfindungen zu finden, die er für seinen Plan missbrauchen kann. Hilflos versucht der Clown an irgendetwas Absurdes zu denken, in der vagen Hoffnung, ihn damit verwirren oder abschrecken zu können, doch der Griff des Bocks ist überaus stark, Jokers Geist von Haus aus schon zu mitgenommen. „Nimm deine dreckigen Pfoten da raus!“, brüllt der Grünhaarige, doch er kann sich dem nicht lange entziehen.
 

„Herrlich, all dieses Chaos, diese Zerstörung! Wähähären wir uns nur auf andere Weise begegnet, uns hähähätte die Welt gehöhöhört, Junge!“, kommt es sichtlich erregt vom Goatman. „Vergiss es! Ich arbeite allein!“, knurrt der Prinz leicht erstickt. „Da bin ich aber anderer Meinung. Immerhin hast du Batman geholfen.“ „Das war reiner Eigennutz!“, blafft Joker zurück. „Verstehe. Und was ist mit Edward? Du arbeitest auch mit ihm zusammen.“, hakt er weiter nach und gräbt sich dabei tiefer in den Geist des Clowns hinein. Trotz des heillosen Durcheinanders im Hirn des jungen Mannes findet er, was er sucht. „Das geht dich gar nichts an, also raus da!“, brüllt er weiter, doch es hat schon etwas sehr Resignierendes.
 

Deutlich kann er spüren, wie Norris eine weitere Schublade in seinem Verstand öffnet, so sehr er es auch zu verhindern versucht. Allerdings hätte der Goatman sie wohl lieber nicht geöffnet, da sich augenblicklich angeekelt sein Gesicht verzieht. „Pfui, Teufel! Was bist du nur fühühür eine widerliche Schwuchtel?“, gebärt sich Norris und schüttelt sich unweigerlich schon allein bei der Vorstellung, doch die Bilder, die sich ihm zeigen, sind noch weit schlimmer. „RAUS DA!“, kreischt der Jüngere nun völlig hysterisch.
 

„Also, wenn du das unter Zusammenarbeit verstehst. – Aber scheinbar ist da noch etwas Anderes. – Du hast allen Ernstes Gefühühüle fühühür diesen Schwähähächling?!“ „Halt endlich dein Maul...“, krächzt der Joker mit bebender Stimme. „Warum sollte ich? Ich versuche lediglich zu ergrühühünden, was du an ihm findest. Das ihr es sogar wie die Karnickel miteinander treibt, obwohl das Blut meiner wunderbaren Kreaturen noch nicht einmal an euren Hähähänden getrocknet ist!“ „Das geht dich überhaupt nichts an, verflucht!“
 

„Wie hähähält der Bengel da hinten es nur mit dir aus? Seine Angst muss wirklich grenzenlos sein, anders kann ich es mir wirklich nicht erklähähären.“, seufzend schüttelt Doug den Kopf. „Was soll das heißen?“, will Joker nun wissen, während Irgendetwas fast schon hörbar in ihm zerbricht. Zufrieden darüber führt Norris seine perfide Lüge weiter aus. „Ganz einfach: Ich sehe es in seinem Geist. Er ist beherrscht von Angst, Angst vor dir, sodass er sich dir widerstandslos ergibt und alles macht, was du von ihm verlangst. Doch insgeheim sucht er die ganze Zeit nach einer Möhöhöglichkeit dich aus dem Weg zu räuhäuhäumen, um endlich wieder frei zu sein.“
 

Er streckt seine mentalen Finger unbemerkt weiter aus und findet schnell wonach er sucht. „Erinnerst du dich noch an den Kampf mit meiner wunderschöhöhönen Teketeke?“ Mit großen Augen sieht der Grünhaarige zu ihm auf, in ihnen liegt bereits ein verräterischer Glanz. „Ja...“, gibt der Prinz mit brüchiger Stimme zurück. „Da war seine Angst vor dir so groß, dass er sich freiwillig auf sie eingelassen hähähätte, nur um dich auf die Schienen zu locken. Der Zug sollte dich in Stühühücke reißen, nicht sie! Alles andere war ihm vöhöhöllig egal. Doch du hast dem einen Strich durch die Rechnung gemacht, wodurch er nur noch mehr Angst bekam. Oder dachtest du etwa wirklich allen Ernstes er wollte es mit dir auf dem Rühühücksitz dieses Autos tun?“ „Aber – er hat doch gesagt, dass er mich auch liebt...“, beharrt der Clown verzweifelt, obwohl das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht der Fall war. „Deine naive Leichtgläuhäuhäubigkleit ist wirklich herzallerliebst! Solche Worte sind viel zu schnell daher gesagt, um einen anderen zu besähähänftigen. Und was, außer Angst, sollte ihn schon bei dir halten?“
 

Es ist wie ein Tritt in die Magengrube und doch könnte es nicht logischer sein. Immerhin hatte Ed ganz zu Anfang tatsächlich gesagt, dass er Angst vor Joker und seinen dominanten Annäherungen hat. Somit fällt es ihm jetzt wie Schuppen von den Augen und er lässt sich von den Worten des Goatman unwiederbringlich einlullen, ohne sie auch nur infrage stellen zu können, da sein getrübter Verstand dazu schlichtweg nicht mehr in der Lage ist. Überaus schmerzlich wird ihm stattdessen bewusst, wie recht Norris doch hat. Dass Ed ihn die ganze Zeit über belogen hat, damit er nicht irgendwie ausflippt und ihm womöglich wehtut. Dass er nur in seinem blinden Wunschdenken gefangen war, ohne die Wirklichkeit zu sehen, weil er sich nicht sehen wollte.
 

„Scheiße...“, beginnt der Jüngere zu wimmern und die ersten Tränen rinnen seine erhitzten Wangen hinab. „Ja, erkennst du nun deinen Fehler, Junge?“ Mit stechendem Blick sieht er auf den weinenden Clown hinab und greift mit seinen mentalen Fingern ein letztes Mal kräftig zu. Es war ein hartes Stück Arbeit, diesen Verrückten so weit zu bekommen, doch nun hat er ihn. Vermutlich wäre es leichter gewesen mit Joker anzufangen, damit dieser Batman um die Ecke bringt. Schließlich ist dieser Schwächling Edward kein Kämpfer und ihm – Norris – somit nicht gewachsen, weshalb er ihn eigenhändig um die Ecke hätte bringen können, während sich die zwei anderen gegenseitig abmurksen, wie sie es ja sowieso tun wollen. Aber egal. Nun ist es zu spät für diese Überlegung, doch das tut seinem Plan keinen Abbruch. Immerhin wird der Clown absolut nicht mehr zu gebrauchen sein, wenn er seine ach so große Liebe getötet hat, womit es ein Leichtes sein dürfte ihn auszuschalten, sollte Batman sich doch dagegen entscheiden und seinem Amoklauf irgendwie entkommen können.
 

Stumm wimmernd nickt der Prinz. „Gut, das ist gut! Und ich bin sicher, du weißt auch, was du jetzt tun musst, nicht wahr?“ Erneut ein tränenreiches Nicken. „Dann sag es! Sag, was du tun wirst!“, drängt ihn der Bock. „Ihn – dafür büßen lassen...“, kommt es tonlos zurück, als wäre Joker schon längst nicht mehr Herr seiner Gedanken. „Genau! Und wie wirst du ihn dafühühür bezahlen lassen, dass er dir so grausam das Herz gebrochen hat?“, der Ekel über diese ganze Sache mit den beiden ist seiner Stimme überdeutlich anzuhören, dennoch bemerkt der Grünhaarige die Falschheit seiner Worte nicht.
 

„Ich – werde ihn umbringen...“, kommt es fast schon als Knurren vom Joker. Seine Tränen sind versiegt, stattdessen dominiert die mordlüsterne Schwärze in seinen Augen. „Ja! Genau das wirst du tun! Also lauf und lass all deine Gefühühüle raus!“, verkündet der Goatman begeistert und entfernt sich dann von dem Gauner. Völlig von Sinnen erhebt sich dieser kurz darauf und verschwindet dann im Nebel, während ein zutiefst befriedigtes Lächeln über die Züge des Professors huscht. Das darf er sich auf keinen Fall entgehen lassen!
 


 

10
 

Nervös blickt Edward in den Nebel hinein. Es scheint Ewigkeiten her, seit Joker darin verschwunden ist, obwohl es in Wirklichkeit nur Minuten sein können. Verwaschen kann er ein Stimmengewirr hören, jedoch nichts verstehen oder auch nur sagen, zu wem es gehört. Sorgenvoll wirft er einen Blick zu Bruce. Der Dunkle Ritter ist noch nicht wieder zu Bewusstsein gekommen, beginnt sich aber schon zu regen. Wenn Nigma Glück hat, kommt er wieder zu sich, bevor Joker und der Goatman einen Kampf miteinander auszufechten beginnen. Allerdings ahnt der Rätselmeister noch nicht, dass er vorher selbst kämpfen muss...
 

Wenige Augenblicke später tritt der Clown dann aus der Nebelwand heraus. Im ersten Moment ist Ed zutiefst erleichtert ihn unversehrt wiederzusehen, doch er merkt schnell das etwas Anderes nicht stimmt. Es ist der Ausdruck in den Augen des Kriminellen, der ihm einen eiskalten Schauer den Rücken hinabgleiten lässt.
 

„Joker, was...“, setzt er an, doch da rast schon die geballte Faust des Jüngeren auf ihn zu. Von tiefem Schrecken erfüllt wird ihm klar, dass der Goatman den Grünhaarigen mental manipuliert haben muss. Im allerletzten Moment gelingt es Nigma der Faust auszuweichen. Statt seines Gesichts erwischt der Clown nun aber seine Schulter, was allerdings an Heftigkeit auch ausreicht, um den angeschlagenen Brünetten zu Fall zu bringen.
 

Kaum, dass er am Boden liegt, stürzt sich der Prinz auch schon auf ihn und versucht seine Faust erneut sprechen zu lassen. In nackter Panik bemüht sich der Ältere dem entgegenzuwirken, was ihm aber nur mehr schlecht als recht gelingen will. „Joker! Komm zu dir! Bitte! Ich bin es doch, Ed!“, versucht er ihn irgendwie zu erreichen. „Oh, glaub mir, ich weiß schon wer du bist, du beschissener Lügner!“, gibt der Jüngere zornig zurück und holt erneut aus. Riddler gelingt es den Kopf zur Seite zu drehen, allerdings trifft der Schlag noch immer sein Ohr mit voller Wucht. Sofort breitet sich ein gellender Schmerz in seinem Schädel aus und er sieht eine Sekunde lang nur noch Sterne. Ein gequältes Stöhnen verlässt seine Lippen und er braucht eine weitere Sekunde, um zu begreifen, was hier eigentlich gerade los ist.
 

Als er wieder das Gesicht seinem aufgebrachten Freund zuwendet, sieht er dessen Faust abermals auf sich zukommen. Doch scheinbar hat Joker schlecht gezielt – was bei der geringen Entfernung nahezu unmöglich sein sollte – oder Ed hat einfach nur Glück, denn der Schlag geht diesmal in den Kies nur wenige Millimeter neben seinem Kopf. Das animiert den Grünhaarigen jedoch zu einem wütenden Knurren, das Nigma fast das Blut in den Adern gefrieren lässt. Was, nur was hat Norris ihm erzählt?
 

„Joker, bitte! Ich will dir nicht wehtun...“, wimmert Edward, da ihm völlig klar ist, dass er den Jüngeren nur wieder normal bekommt, wenn er seinem Hirn kurzzeitig das Licht ausknipst. Zumindest hofft er das inständig, auch wenn er beim besten Willen nicht weiß wie er das schaffen soll, hat doch selbst Batman seine liebe Mühe mit so etwas.
 

„Ach ja? Und warum belügst du mich dann die ganze Zeit? Denkst du etwa ein gebrochenes Herz tut nicht weh? Elender Feigling!“, blafft Joker zurück und holt wieder aus. Nun begreift Nigma aber, was Norris ihm weißgemacht haben muss. ‚Ich werde diesen miesen Bock eigenhändig umbringen!‘, geht es ihm zornig durch den Kopf, während er blitzschnell nach einer Lösung sucht. Ihm fehlt definitiv die Kraft, um sich gegen den Prinzen zur Wehr zu setzt, also muss es eben anders gehen. Und vielleicht muss er auch gar nicht ohnmächtig werden?
 


 

11
 

In der Zwischenzeit kommt Wayne endlich wieder zu sich. Schwerfällig setzt er sich auf und hält sich erneut den pochenden Kopf. Einen Moment weiß er gar nicht wo er sich befindet und was passiert ist, dann fällt ihm der Goatman wieder ein. Er hat ihn irgendwie manipuliert, sodass er geglaubt hat, Edward wäre für den tragischen Tod seiner Eltern verantwortlich. Doch das ist vollkommen unmöglich, immerhin war Nigma damals selbst noch ein kleines Kind! Joker muss ihn dann ausgeknockt haben, eine andere Erklärung gibt es gar nicht. Allerdings scheint es jetzt so, als hätte Norris in dem Clown sein nächstes Opfer gefunden und dieser geht nun auf den wehrlosen Riddler los. Überdeutlich kann Batman die hilflose Verzweiflung im Gesicht des Brünetten sehen. Er weiß sich nicht zu helfen, hat auch nicht die Kraft dafür, und die Bindung, die sie mittlerweile teilen, hindert ihn ganz sicher zusätzlich daran dem Anderen Schaden zuzufügen. Bruce muss ihm also dringend helfen, bevor der durchgeknallte Clown noch etwas tut, das er später bitter bereuen wird – falls es ein Später gibt, heißt das...
 

Gerade jedoch, als sich Bruce auf den Weg macht, um ihm zu helfen, scheint Edward einen Entschluss gefasst zu haben, auch wenn ihm dieser mindestens genauso schmerzt. „Oh Gott, bitte vergib mir...“, kommt es mit belegter Stimme von ihm. Und kurz bevor Jokers Faust ihn diesmal wirklich verheerend treffen würde, zieht Ed mit aller Kraft sein Knie an. Abrupt bleibt Batman stehen und zuckt selbst heftig zusammen, als die empfindlichste Stelle des Jüngsten so brutal getroffen wird. Auch Nigma ist anzusehen, wie unglaublich unglücklich er über diese Tatsache ist, selbst wenn er sich anscheinend nicht anders zu helfen wusste.
 

Der Clown gibt ein atemloses Keuchen von sich und erstarrt praktisch in jeder Bewegung. Mit weit aufgerissenen, fassungslosen Augen starrt er einen Moment zu seinem Peiniger hinab, bevor er wie ein erschossenes Tier einfach zur Seite in den Kies fällt.
 


 

12
 

‚Das hat gesessen. – Vielleicht habe ich diesen Schwächling doch etwas unterschätzt? Aber wer hätte denn schon ahnen können, dass er ausgerechnet zu solchen Mitteln greift, und dann auch noch bei seinem eigenen Lover...‘, geht es dem Professor mit leichtem Zähneknirschen durch den Kopf.
 

„Das hat gesessen...“, kommt es nun auch von Batman, was Ed allerdings einen gehörigen Schreck einjagt und er sich bemüht kampfbereit umwendet. Er beruhigt sich jedoch schnell wieder, als er sieht, dass es nur Bruce ist und dieser wieder alle Sinne beisammen zu haben scheint. „Ja, und ich schäme mich entsetzlich dafür...“, gibt Nigma bedrückt zurück. „Bescheidene Situationen erfordern nun einmal bescheidene Maßnahmen.“, entgegnet ihm der Dunkle Ritter gewohnt tonlos, und dennoch zieht sich beim Gedanken daran noch immer alles schmerzhaft in ihm zusammen.
 

Allerdings hört Edward ihm schon nicht mehr zu, sondern beugt sich besorgt über seinen Freund. Dieser liegt zusammengekrampft am Boden und versucht den pochenden Schmerz in seinem Unterleib zu ignorieren, was ihm selbstredend nicht gelingen will. „Joker? Geht es halbwegs? – Es tut mir ja so leid...“ „Scheiße, Ed. – Ich würde ja gern sagen, – dass ich das gebraucht habe, – aber das pack ich einfach nicht. – Trotzdem danke...“ Der Jüngste versucht sich an einem Lächeln, doch es will ihm ebenfalls nicht gelingen. Wenn Riddler ihn so betrachtet, möchte er am liebsten heulen, doch dafür ist jetzt keine Zeit. Dennoch wird der Goatman es ihm büßen, dass er sich seinetwegen auf so ein Niveau herablassen musste!
 

Stöhnend setzt sich Joker aufrecht hin und entdeckt nun auch Bruce, der ihn mit verhaltenem Mitleid betrachtet. „Weißt du, was passiert ist?“, fragt der Brünette schließlich. „Und ob! Es war furchtbar! Ich habe das alles mitbekommen und konnte mich dennoch nicht dagegen wehren. Fast so, als hätte man meinen Geist in einen Roboter verfrachtet, der dich umbringen sollte, und ich wäre gezwungen zuzusehen und Dinge zu sagen, die ich nicht sagen wollte.“, schildert der Clown zornig. „Bei mir war es genauso.“, brummt Batman. „Dann sollten wir uns dringend überlegen, wie wir dem ein Ende...“, doch weiter kommt Nigma nicht.
 


 

13
 

Auf einmal gibt es ein ohrenbetäubendes Quietschen, als sich unvermittelt das Rondell in Bewegung setzt. Mit einem überraschten Laut kann Batman gerade noch so einen Sturz verhindern, weil er nur mit einem Fuß auf der beweglichen Plattform stand. Aufgeschreckt drängen sich die drei ungleichen Helden zusammen. „Köhöhönnt ihr denn keine braven Marionetten sein und euch einfach gegenseitig umbringen, so wie ich es auch befohlen habe?“, kommt es aufgebracht von dem Goatman. Allerdings versteckt er sich weiterhin hinter dem Nebel und ist somit nicht auszumachen.
 

Das Rondell hört auf sich zu drehen, dafür flammt nun aber der Scheinwerfer der Lok auf. In der dichten Undurchdringlichkeit ist er nichts weiter als ein heller, verschwommener Klecks. Dennoch ist es für die drei nicht schwer zu erkennen, dass es sich dabei um die Lok handelt, noch ehe sie ihr Horn verhängnisvoll erklingen lässt. „Das sieht gar nicht gut aus...“, meint Joker angespannt und versucht sich schützend vor Ed zu stellen, was allerdings schwierig ist, weil er ja trotz des Scheinwerfers nicht sehen kann, woher der nächste Angriff kommen könnte. Ein Grund mehr, warum sich Riddler wie ein Ertrinkender an seinem Stab festklammert und seine weit aufgerissenen Augen wie die eines Verfolgten hektisch durch die Gegend zucken. Wayne gibt sich äußerlich unbeeindruckt und kühl – ganz so, wie man es von Batman gewohnt ist –, innerlich ist er aber nicht minder angespannt.
 

Kurz darauf setzt sich die führerlose Lok auch schon in Bewegung und rumpelt die Schienen entlang auf sie zu. Die drei wiegen sich etwas in Sicherheit, denn immerhin ist die Lok ja an die Schienen gebunden, und so lange sie die nicht betreten, müssten sie auch sicher vor ihr sein. Diese Annahme bestätigt sich selbstverständlich auch, und von daher donnert die Lok an ihnen vorbei und knallt mit voller Wucht in einen dort abgestellten Wagon. Der ganze Bahnhof scheint unter der Heftigkeit dieses Zusammenstoßes zu erzittern, sodass die Rächer fast zu Boden stürzen.
 

Viel Zeit sich davon zu erholen, bleibt ihnen allerdings nicht, denn schon setzt sich das Rondell wieder in Bewegung. Nachdem es in einer neuen Position verharrt, beginnen sich mehrere Wagons zu bewegen. Auch sie rumpeln an ihnen vorbei und knallen schließlich gegen andere Anhänger. Verwundert betrachten die drei das Schauspiel und können sich noch keinen Reim darauf bilden. Norris hingegen wirkt zufrieden, ist doch sein freudiges Lachen über den Lärm hinweg gut hörbar.
 

„Der hat doch echt einen an der Waffel.“, kommt es in genervtem Ton vom Grünhaarigen. „Definitiv. Aber ich denke, er bezweckt damit etwas...“, merkt Ed an. „Und was?“, will sein Partner wissen. „Ich weiß...“, setzt er zu seiner Ratlosigkeit an, wird dann aber von Bruce unterbrochen. Mit weit aufgerissenen Augen starrt dieser auf die Lok. „Die Schienen!“, kommt es alarmiert von ihm. Fragend sehen ihn die beiden Gauner an. „Die Lok und die Wagons sind aus den Schienen gesprungen!“, teilt er ihnen mit. „Oh nein...“, entkommt es Riddler erstickt. „Was ist denn so schlimm daran? Die...“, versucht es der Jüngste zusammenzubekommen, da beginnen sich die einzelnen Teile des Zugs wieder zu bewegen.
 

Es scheint völlig surreal, als würden die Lok und die Wagons von einem unsichtbaren Riesen bewegt. Krachend lösen sie sich nun vollkommen von den Schienen und setzen ihre großen Stahlräder stattdessen auf den Kies, der sie gierig in sich aufnimmt, als wäre es Treibsand. Nach einem Moment stehen die Zugteile dann nebeneinander aufgereiht da, fast bis zu den Radnarben eingesunken, und warten auf einen stummen Startschuss. Dieser erfolgt auch kurz darauf und die Ungetüme schieben sich schwerfällig im Kies vorwärts.
 

„Das ist doch lächerlich!“, meldet sich der Prinz wieder zu Wort und seine beiden Begleiter sind sogar gewillt ihm zu glauben. Verächtlich ertönt erneut das Lachen des Bocks über den Lärm hinweg. „Ach ja? Denkst du wirklich, Junge?“, höhnt der Professor glucksend. Einen Augenblick später scheint es, als würde der unsichtbare Riese die Lok und die Wagons ein Stück anheben, sodass es nun so aussieht, als würden sie direkt auf dem Kies stehen. Ihre Räder beginnen sich zu drehen und schieben die Zugteile nun rasant vorwärts, ohne dass sich auch nur ein Stück Kies unter ihnen rührt. „Oh, wann lerne ich endlich mein elendes Schandmaul zu halten...?“, kommt es theatralisch von dem Clown, während ihn seine Partner wütend mustern.
 

Die drei nehmen die Beine in die Hand, doch der lose Kies erschwert ihnen das Vorrankommen erheblich. Der Goatman amüsiert sich derweilen köstlich darüber. Was die ungleichen Helden jedoch nicht sehen, sind die dicken Schweißperlen auf seiner Stirn. Es kostet ihn unendlich Mühe seine mentalen Finger so zu beanspruchen, und lange wird er das auf keinen Fall mehr aushalten, ohne einen fatalen Hirnschlag zu erleiden, also muss ihm jetzt auf jeden Fall ein Treffer gelingen. Andersfalls könnte er das hier durchaus verlieren...
 

Hilflos suchen die Ritter der Stadt nach einer Fluchtmöglichkeit, doch es scheint keinen Ausweg zu geben. Zu allem Übel hebt sich nun auch noch einer der Wagons an und schwebt hoch in die Luft. „Ich werde euch wie ein paar mickrige Insekten zerquetschen!“, stöhnt Norris ekstatisch. Zumindest hört es sich für die drei so an, doch in Wirklichkeit wird dem Bock gerade klar, dass er sich mit dem Wagon ziemlich übernommen hat. Doch vor diesen Möchtegernhelden will er natürlich keine Schwäche zeigen, also muss er jetzt ganz schnell gehen.
 

Batman riskiert einen schnellen Blick zu dem Wagon empor. Ihm fällt auf, wie unsicher dieser in der Luft schwebt, sich sogar schon auf die Seite gelegt hat, und somit wahrscheinlich jeden Moment zu Boden stürzen wird. Bedenklich beginnt er nun auch zu zittern. Sein Niedergang steht kurz bevor. Bruce lässt den Blick wieder sinken, um schnell die Lage zu sondieren. Joker läuft direkt vor ihm und würde somit voll von dem Wagon getroffen werden, wenn dieser zu Boden stürzt. Edward hat es irgendwie geschafft einen gewissen Vorsprung auszubauen und damit befindet er sich nicht mehr in der Gefahrenzone. Wenigstens eine Sorge weniger.
 

Er hat den Gedanken kaum beendet, da stürzt der Wagon auch schon auf sie hernieder! Im allerletzten Moment bekommt der Dunkle Ritter den Clown an seinem Oberteil zu fassen und zerrt ihn grob zu sich heran. Fest schließt er ihn in seine Arme, ignoriert dessen Protest und schlingt sein Cape um sie beide. Den Bruchteil einer Sekunde später kracht der Wagon haltlos über ihnen zu Boden und verschluckt sie mit tödlicher Endgültigkeit!
 


 

14
 

Der Aufprall ist so heftig, der Nigma regelrecht von den Füßen gerissen wird. Mit einem schmerzlichen Stöhnen knallt er bäuchlings in den Kies, wobei sich die spitzen Steine brutal in seinen Körper bohren und sich gierig in seinem Anzug verbeißen. Während er noch zu begreifen versucht, was eigentlich passiert ist, ertönt das triumphierende Lachen des Goatman wie eine Stadiontröte in seinen Ohren. „Ja, ja, ja! Gleich zwei auf einmal! Ich bin der Allergröhöhößte!“, jubelt er ausgelassen.
 

Schwerlich zieht sich Riddler an seinem Stab zurück auf die Füße und blickt sich um. Erstarrt weiten sich seine Augen, als er den herabgestützten Wagon betrachtet. Batman und Joker waren direkt hinter ihm und sind nun von diesem Gefährt begraben worden. Er kann es nicht glauben und doch besteht kein Zweifel. Ihr untrennbares Schicksal hat sich letztendlich nicht auf die von ihnen vorbestimmte Weise erfüllt und dennoch haben sie gemeinsam den Tod gefunden. Doch das ist nicht richtig!
 

Ed hatte sich mit ihrer Untrennbarkeit abgefunden. Wusste, dass die beiden etwas verbindet, was nicht einmal die Liebe der beiden Gauner zueinander durchbrechen könnte, und er war damit einverstanden. Einverstanden den Joker gehen zu lassen, wenn es schließlich soweit ist. Aber nicht so! Wie soll er denn jetzt ohne die beiden wichtigsten Menschen in seinem Leben weitermachen? Kraftlos lässt er seinen Stab fallen und sinkt zurück auf den Boden, ignoriert dabei sogar das schmerzliche Stehen des Kieses in seinen gequälten Knien. „Nein...“, flüstert er kaum hörbar, während ihm eine einzelne Träne die blassen Wangen hinabrinnt.
 

Lange kann er sich seiner Trauer aber nicht hingeben, da spürt er auch schon die kräftige Pranke des Goatman auf seiner Schulter. Grob reißt ihn der Bock herum, damit sie sich ins Gesicht sehen können. Das geisteskranke Grinsen auf dem Gesicht des irren Professors würde selbst dem Prinzen des Verbrechens einen eisigen Schauer über den Rücken jagen, doch er wird es nie zu sehen bekommen. Der Brünette hingegen zeigt keinerlei Regung, nur seine Unterlippe zittert verräterisch. Seine grünen Augen glänzen vor Tränen und doch sind sie vollkommen leer. „Warum...?“, haucht er dem anderen schwach entgegen. Das Grinsen des Bocks wird sogar noch breiter. „Nur um dich leiden zu sehen, mein Junge! Doch es wird nicht mehr lange dauern und dann triffst du deine Freunde in der Hölle wieder. Du musst mich nur in deine Gedanken lassen und ich sorge dafür, dass es schnell und schmerzlos für dich enden wird.“ Den letzten Teil flüstert er Nigma schon beinahe freundschaftlich entgegen, hockt sich dabei vor ihm nieder und blickt ihn nun überaus sanft an.
 

Edward erwidert ihm nichts, zuckt nicht einmal zusammen, als Norris nun in die Tasche seines Jacketts greift und dort die Magnum herauszieht. Realisiert nicht, dass Doug die Waffe entsichert und den Hahn spannt. „Mal sehen, was in deinem Kopf so los ist, bevor du dir das Hirn wegballerst.“
 


 

15

Was Edward und auch der verrückte Professor nicht wissen, ist, dass der herabstürzende Wagon Joker und Batman gar nicht getötet hat! Während der Goatman also gerade die Magnum aus der Tasche des Riddlers fischt, beginnt es sich im Inneren des stählernen Ungetüms zu bewegen. Vorsichtig zieht Bruce sein Cape zur Seite. Als er den Wagon vor dessen Absturz betrachtet hatte, ist ihm aufgefallen, dass dieser unruhig auf der Seite liegt und das aller wichtigste: das seine Tür offensteht! Und das hat ihnen letztendlich auch das Leben gerettet.
 

Grob befreit sich der Clown nun aus seiner Umarmung und blickt sich hektisch um, während Wayne eine Taschenlampe aus seinem Gürtel zieht und das Innere des Wagons damit beleuchtet. „Oh Gott, Ed!“, entkommt es dem Jüngeren und er wird immer hektischer – hyperventiliert schon fast. Schließlich zerrt der Dunkle Ritter ihn grob wieder zu sich heran, bevor er wie von Sinnen gegen das Dach des Wagons hämmern und sie so womöglich verraten könnte. „Nimm sofort deine dreckigen Pfoten von mir! Ich muss...“, setzt der Grünhaarige an, wird dann aber vom Älteren unterbrochen. „Gar nichts musst du, außer dich wieder beruhigen!“, zischt er scharf und blickt ihm dabei fest in die aufgerissenen Augen.
 

„Fass mich nicht...“, versucht es der Gauner noch einmal und holt zu einem nicht besonders ernst anmutenden Schlag aus. Der Schwarzhaarige versucht nicht mal dem auszuweichen, weil er meilenweit daneben geht. „Joker! Komm zu dir, verflucht! Edward geht es gut. Er ist da draußen. Er lebt! Also komm runter!“ Noch einen Moment sieht ihn der Jüngere trotzig wie ein bockiges Kind an. Dann gibt er jegliche Gegenwehr auf und lässt die Schultern hängen. „Okay. Gut so. – Wir müssen hier dringend wieder raus, ehe deinem Gefährten doch noch etwas passiert. Denkst du, du kannst das, ohne wieder auszuflippen und einen von uns womöglich zu verletzten?“, will Batman wissen. Der Prinz atmet einmal tief durch und schließt kurz die Augen, als versuche er wieder zu sich zu finden.
 

„Ich denke schon.“, meint er schließlich und Bruce entspannt sich wieder etwas. Er kann sich nur zu gut vorstellen, wie aufgebracht der Grünhaarige ist. Doch es bringt überhaupt nichts, wenn er wie ein verärgertes Tier um sich beißt. „Wollen wir es hoffen. – So, dann steig jetzt auf meine Schultern und entriegle die andere Tür, damit wir hier wieder rauskommen.“, meint der Rächer und deutet nach oben, wo sich in gut dreieinhalb Metern Höhe die zweite Tür des Anhängers befindet. Ein schwerer Riegel verschließt sie, und ehrlich gesagt ist sich Bruce nicht einmal sicher, ob sich die Tür von Innen überhaupt öffnen lässt. Theoretisch dürfte es aus Sicherheitsgründen nicht so sein, dennoch müssen sie es irgendwie schaffen hier rauszukommen.
 

Etwas unschlüssig betrachtet der Clownprinz die Verriegelung im Schein der Taschenlampe. Dann stellt sich Batman genau darunter, reicht ihm die kleine Lampe, deren Ende sich der Clown in den Mund steckt, und verschränkt die Finger, damit Joker auf seine Schultern steigen kann. Wortlos kommt der Jüngere dem nach, und nicht zum ersten Mal wird dem Mitternachtsdetektiven bewusst, wie leicht der blassgeschminkte Mann doch ist. Er verdrängt die Tatsache jedoch erst mal und umfasst stattdessen die Knöchel des jungen Mannes, um ihm mehr Halt zu geben und seinem hibbeligen Wesen etwas Einhalt zu gebieten.
 

„Scheiße...“, nuschelt der Verrückte nach einem Moment an der Taschenlampe vorbei. „Was ist?“, fragt Bruce, auch wenn er es sich schon denken kann. Der Größere nimmt die Lampe aus dem Mund und stützt sich mit der anderen Hand an der verriegelten Tür ab. „Von innen geht die nur auf, wenn sie nicht verschlossen ist. Ich kann das Schloss knacken, aber dafür brauche ich einen Zugang nach draußen...“, erwidert er geschäftig. „Hm. – Gut, steh still, damit ich an meinen Gürtel komme...“, brummt der Rächer Gothams und lässt langsam die Knöchel des anderen los. Kurz darauf reicht er ihm etwas nach oben. „Versuch es mit dem Laserschneider, aber beeil dich.“ „Werde ich dir zu schwer?“, hakt der Jüngere nach und betrachtet das kleine Gerät. Wayne lacht innerlich auf, hat Joker für ihn doch praktisch das Gewicht eines großen Kindes. Äußerlich versucht er sich vehement zu verkneifen ihn an Edwards womöglich missliche Lage zu erinnern, da er fürchtet, dass Joker sonst keinen Nerv mehr für diese Aufgabe haben könnte. „Mach einfach.“, erwidert er ihm daher nur und umfasst wieder seine blanken Knöchel.
 

Ein paar Sekunden vergehen, dann scheint der Prinz das Prinzip des Schneiders begriffen zu haben und taucht den Wagon in dessen dezentes Licht. Allerdings scheint es Ewigkeiten zu dauern, bis er ein Loch in der richtigen Größe in den Stahl damit geschnitten hat. Mit einem dumpfen Klirren landet das ausgeschnittene Stück schließlich im Kies vor Batmans Füßen, gefolgt von dem Laserschneider. Blind greift Joker anschließend durch das Loch und tastet gekonnt das Schloss ab. Dann sucht er etwas in seiner Hosentasche, Wayne tipp auf eine Haarnadel oder etwas Ähnliches. Damit greift er wieder durch das Loch und bewegt es dann mit leisem Klicken im Schloss herum. „Mach schon!“, kommt es ungeduldig vom Detektiv. „Klappe! Ich muss mich konzentrieren. Diese Seite wird hier scheinbar nicht so oft benutzt, das Schloss ist etwas störrisch...“, knurrt der Grünhaarige schon fast.
 

Es dauert noch einen Augenblick, dann gibt es ein lauteres Klicken. Kurz darauf plumpst die Taschenlampe zu Boden. „Shit! Lass mich los, der Riegel klemmt!“ Der Maskierte will schon fragen, was das bringen soll, da entwindet sich der andere schon seinem Griff, zieht sich an der inneren Verriegelung hoch und stemmt dann die Beine gegen die Tür, um einen besseren Angriffspunkt zu haben. Mit einer Mischung aus Argwohn und Faszination beobachtet er die Bemühungen des Jokers. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er denken, dass der Clown im Zirkus aufgewachsen ist, bei all den Stunts, die er so draufhat. Stattdessen ist er einfach nur sehr praktisch veranlagt und versucht das erstbeste, was ihm in den Sinn kommt, auch wenn das immer Dinge sind, auf die kein anderer kommen mag. Ein leichtes Schmunzeln huscht über Batmans Züge. Unweigerlich muss er beim Anblick des Jüngeren an seinen ersten Schützling Dick Grayson denken, der tatsächlich im Zirkus aufgewachsen war und ständig so durch die Bathöhle geturnt ist.
 


 

16

Nach einer gefühlten Ewigkeit bewegt sich der Riegel endlich. Plötzlich schnellt die Tür auf, als wäre eine Sprungfeder an ihr befestigt gewesen, und wirft den Joker wie ein bockendes Pferd ab. Etwas unsanft landet er in Batmans Armen und grinst breit. „Geschafft!“, flötet er begeistert. Bruce nickt nur. „Raus mit dir!“, teilt er ihm mit und hebt ihn höher, damit er sich an der Zarge hochziehen kann. Kurz darauf blicken sie beide in die immer noch neblige Nacht hinaus. Die Lichter auf dem Rangierbahnhof zeigen ihnen aber schnell den Riddler und den Goatman.
 

„Ed!“, entkommt es Joker fassungslos, als wäre ihm sein Partner gerade erst wieder eingefallen. Ehe er jedoch vom Wagon heruntersteigen kann, hält der Ritter ihn zurück. „Warte, da stimmt was nicht.“ Zornig wendet sich der Grünhaarige nach ihm um, verharrt dann aber doch erstaunlich friedlich in seinem Griff und blickt mit großen, sorgenvollen Augen zu seinem Freund hinüber.
 

Langsam streckt Norris seine mentalen Finger aus und versucht damit in Nigmas Verstand einzudringen. Allerdings kommt er nicht sehr weit, bis er auf eine seltsame Art Mauer stößt. „Was zum...“, setzt er an, wird dann aber schon von einer Flut an Worten erstickt.
 

Löse mir dieses Rätsel. Was ist...? Wer bin...? Wo muss...? Warum mache...? Weshalb brauche...? Wieso kann...? Löse mir dieses Rätsel! Was will...? Wer weiß...? Wo mag...? Warum tut...? Weshalb sage...? Wieso lacht...? Löse mir dieses Rätsel! Was kann...? Wer fragt...? Wo steckt...? Warum malt...? Weshalb kauft...? Wieso weint...? LÖSE MIR DIESES RÄTSEL!!!
 

„Argh! Was soll denn das? Höhöhör sofort auf damit! Mir platzt gleich der Kopf...“, wimmert der Bock gepeinigt und versucht seine mentalen Finger wieder zurückzuziehen. Zu seinem Schrecken muss er aber feststellen, dass er das nicht kann. Irgendwie hängt er in den wirren Gedanken dieses Kriminellen fest, kommt weder vor noch zurück. Überall sind Mauern – unendlich hoch und über und über mit Lautsprechern bestückt, die immer wieder dieselben Worte von sich geben.
 

Löse mir dieses Rätsel. Wer bin ich...? Löse mir dieses Rätsel! Wer bin ich...? LÖSE MIR DIESES RÄTSEL!!! WER BIN ICH...?
 

„Nein, lass mich frei, du Spinner!“, jammert Norris und hält sich den schmerzenden Kopf. Kraftlos fällt ihm dabei die Magnum aus der Hand. „Dann löse mein Rätsel! Wer bin ich?“, kommt es flüsternd vom Brünetten. „Wie soll ich dann denn machen? Das ist ein dummes Rähähätsel! Du musst mir schon einen Tipp geben, damit ich es löhöhösen kann!“, faucht Doug ungehalten, steht schwankend auf und versucht sich von dem anderen zu entfernen, was ihm aber nicht gelingt, solange dieser seine mentalen Finger nicht freigibt.
 

„Du brauchst keinen Tipp. Es ist eine ganz simple Frage, die dir jedes Kind in Gotham beantworten kann. Also, wer verdammt noch mal bin ich?“, kommt es nun knurrend von Ed, während er ebenfalls aussteht und unbemerkt die Pistole wieder aufliest. „Ich weiß es nicht!“, kreischt Norris verzweifelt, während ihm ein Schwall Blut aus der Nase spritzt und er heulend versucht sich zu entfernen.
 

„Die Zeit ist um, Mistkerl!“, grinst Edward verächtlich und richtet die Waffe auf den Goatman. Kurz darauf zerreißt ein Schuss die Stille und der Bock geht ungelenk zu Boden, hält sich das zerschossene Schienbein. „Das wirst du mir bühühüßen!“, jammert er. Doch ehe er seine mentalen Finger noch einmal versuchen kann zu befreien, tauchen Batman und Joker neben ihm auf, packen ihn grob an den Schultern und drücken ihn rücklings zu Boden. „Es ist vorbei, Flohfänger!“, gluckst der Clown. „Beende es, Nigma!“, harscht Bruce den Brünetten an, der die beiden nur mit fassungsloser Erleichterung betrachten kann.
 

„Ihr – ihr lebt...?!“, stottert er. „Ja, mein Hübscher! Und jetzt verpass dem blöden Bock ein drittes Auge, bevor er sich losreißen kann.“, erwidert sein Gefährte gelassen. Ein paar Mal blinzelt der Ältere noch ungläubig, dann richtet er die Waffe wieder auf den Goatman. „Warte!“, kommt es erschüttert von dem Wesen. Angewidert verharrt der Angesprochene. „Was?“ „Sag mir wenigstens die Lösung!“, bittet Doug ihn. „Aber selbstverständlich. Ich bin...“, und ein Knall zerreißt die Stille, als Edward abdrückt. „...der...“, wieder ein Schuss. „...verdammte...“, noch einer. „...Riddler...“, und noch einer. „...verflucht noch mal!“, grinst Edward völlig geisteskrank und feuert abermals.
 

„Nigma, verdammt...!“, setzt Batman an, doch Joker hält ihn zurück. „Hey, mein Hübscher! Von seinem Schädel ist nur noch Pudding übrig. Ich denke, es reicht, meinst du nicht auch?“, fragt er zuckersüß. Schwer atmend hebt Ed den Blick, doch seine Augen sind seltsam leer. Und plötzlich richtet er die Waffe auf die Stirn des Clowns und betätigt wie von Sinnen den Abzug...


 


 


 


 

A Christmas to remember


 

1
 

Überrascht reißt Joker die Augen auf und blickt direkt in den Lauf der Waffe, deren verborgene Kugel ihm in wenigen Sekundenbruchteilen das Hirn aus dem Schädel blasen wird. Er ist völlig perplex, rührt sich nicht, Batman ebenfalls nicht. Als der Abzug zurückgezogen wird, ertönt allerdings nur ein hohles Klicken im Lauf. Wütend verzieht Nigma daraufhin das Gesicht und drückt erneut ab – wieder nur das hohle Klicken. Allem Anschein nach hat er wohl all seine Kugeln für den Goatman verbraucht. Diese Tatsache will ihm aber nicht so recht in den Kopf, da er trotz allem immer wieder den Abzug durchzieht.
 

Seine verzweifelten Bemühungen seinem Liebhaber das Leben aus dem Kopf zu pusten, veranlassen den Prinzen und den Dunklen Ritter allerdings dazu sich wieder deutlich zu entspannen. Fast schon bemitleidenswert werfen sich die ungleichen Rächer einen Blick zu, während Riddler weiterhin versucht einen Schuss aus der leeren Waffe abzufeuern. Schließlich scheint er das Ganze doch noch zu begreifen und lässt die Magnum sinken. Wütend starrt er die Pistole an. „Verdammt!“, schimpft er zähneknirschend und schleudert sie dann ins naheliegende Gleisbett. Sekunden später greift er sich schmerzlich an den Kopf und versucht krampfhaft einen Schrei zu unterdrücken.
 

Erschrocken wenden sich seine Mitstreiter wieder ihm zu. „Was hat er denn?“, fragt Joker nahezu aufgelöst. „Ich weiß es nicht...“, meint Bruce etwas überfordert. Nun stößt Riddler doch den Schrei aus, den er bis jetzt erfolgreich zurückhalten konnte, reißt weit die Augen auf, nur um einen Moment später ohnmächtig nach hinten in den Kies zu fallen.
 

„Oh Gott, Ed!“, kommt es erschrocken von dem Clown und schon hockt er neben ihm. „Sei vorsichtig...“, mahnt ihn Wayne skeptisch. „Klappe!“, zischt der Jüngere und streicht seinem Partner dann liebevoll über die kalte Wange. „Ed? Hörst du mich? Wach auf! – Bitte...“ Es dauert eine Weile, dann kommt der Brünette dem nach und öffnet schwerfällig die Augen. Die seltsame Leere darin ist nun verschwunden und er blickt sich fragend nach dem Grünhaarigen um. „Ed! Geht´s dir gut?“, will dieser auch sogleich wissen. „Ich – ich denke schon. – Mir brummt nur der Schädel. – Ist – ist es vorbei?“, fragt er unsicher. „Ja, ist es. Aber warum wolltest du mir denn auch eine Kugel in den Kopf jagen?“, kommt es nun sichtlich schmollend von Joker. Ungläubig stützt sich Edward auf die Ellenbogen hoch. „Wie bitte?“
 

„Du wolltest ihn erschießen, obwohl die Waffe längst leer war.“, mischt sich Batman nun wieder ein. Unsicher sieht Nigma zwischen den beiden hin und her. „So etwas würde ich nie tun und das wisst ihr beide, oder?“, versucht er sich zu rechtfertigen, doch keiner antwortet ihm. „Oder?“, fragt er daher etwas nachdrücklicher. „Selbstverständlich, aber dennoch hast du es getan.“, meint der Jüngste traurig und lässt die Schultern hängen. „Aber das war nicht ich! Dieser verfluchte Goatman hat es doch noch in letzter Sekunde in meine Gedanken geschafft und gehofft, euch trotz allem erledigen zu können! Er hat mich dafür missbraucht, versteht ihr? Ich – ich habe mich ihm geistig so überlegen gefühlt, weil ich ihn mit meinem Rätsel verarscht habe und er vorher nicht in meinen Kopf hineintauchen konnte, dass ich nur noch seinen Tod wollte, damit das alles endlich aufhört. Ich habe gar nicht gemerkt, wie sich mein Selbstschutz etwas gelegt hat und ihm so einen Zugang zu mir geöffnet hat.“, berichtet er hektisch und reißt dann wieder die Augen auf, als ihm die Erkenntnis kommt. „Oh Gott, ich wollte das nicht tun, ehrlich! – Zum Glück war diese verfluchte Pistole schon leer. – Oh Himmel, es tut mir so leid!“
 

Hilflos beginnt er zu zittern. Einen Moment später zieht Joker ihn fest in seine Arme. „Schon gut. Es ist vorbei und ich bin dir nicht böse...“, haucht er ihm zu, während sich Nigma nur immer und immer wieder entschuldigt.
 

Prüfend blickt sich der Mitternachtsdetektiv um, doch vom Goatman ist nichts mehr zu spüren. Einzig seine langsam erkaltende Leiche ist geblieben. Seufzend stößt er die Luft aus und schließt gedanklich endlich mit alledem ab, auch wenn es noch viel zu tun gibt.
 

Als Batman, Riddler und Joker nach diesem letzten Kampf wieder einander ansehen, ist eine Art kriechende Dämmerung angebrochen. Die Schwärze dieser endlosen Nacht geht langsam und widerwillig in ein dumpfes Grau über, dann in die Farbe von Chrom und zuletzt in jenes grelle, konturlose und unreflektierende Weiß einer Autokino-Leinwand – der typische Dunst einer erwachenden Großstadt, der Herzschlag Gothams. Und es hat nie schöner ausgesehen, als in diesem Moment, da sie das alles doch tatsächlich überlebt haben.
 

„Es ist Morgen...“, kommt es angetan vom Prinzen und er betrachtet das Schauspiel am Horizont, als hätte er so etwas zu vor noch nie gesehen. Ein sanftes Lächeln legt sich auch auf Batmans Züge. Allerdings trüben schwere Wolken den schönen Anblick in der Ferne und sie ballen sich immer dichter zusammen. „Schnee...“, haucht Edward plötzlich und blickt in den Himmel hinauf. Sekunden später landet eine dicke Flocke genau auf seiner Wange, schmilzt dort und rinnt wie eine Träne daran herab. Ihr folgen weitere und innerhalb von Minuten ist alles um sie herum weiß.
 

„Scheiße!“, entkommt es dem Clown plötzlich. „Was ist?“, will sein Freund besorgt wissen, und auch Batmans Muskeln spannen sich kampfbereit an. „Weihnachten. – Heute ist Weihnachten!“, platzt es dann breit grinsend aus dem Verrückten heraus. Bruce´ Mundwinkel zuckt bei seinen Worten erneut hoch. „Er hat recht. Heute ist der Fünfundzwanzigste.“ „Unglaublich, dass wir das überhaupt noch erleben dürfen.“, erwidert Riddler seufzend. Lächelnd hocken die drei noch eine Weile im immer dichter werdenden Schneetreiben und werden sich dessen allem vollkommen bewusst.
 

Als die Kälte sie dann schon beinahe völlig ausfüllt, erheben sie sich und stapfen zum Batmobil zurück. Schnee überzieht die schattengleiche Oberfläche des skurrilen Wagens und lässt ihn vollkommen unwirklich erscheinen – fast wie ein schlafendes Tier in einem tiefen Winterwald.
 

„Lasst uns zurückfahren, bevor die Straßen völlig verstopft sind.“, meint Bruce und öffnet die Tür der Fahrerseite. Die drei sitzen noch gar nicht ganz in der wohligen Wärme des Wagens, da dringt eine hektische Stimme über den Monitor zu ihnen. „Hallo? Hört mich denn keiner?“ Es ist Alfred und er scheint mehr als nur in Panik zu sein. „Was ist passiert?“, fragt Batman alarmiert. Ungläubig weiten sich die Augen des Butlers auf dem Monitor, scheinen den Tränen nahe zu sein. „Um Himmels willen, Master Bruce, geht es Ihnen gut?“ „Ja, alles bestens.“ Sichtlich erleichtert lässt sich der Grauhaarige auf den Stuhl hinter sich sinken. „Oh, ich danke allen Göttern dafür! – Was ist mit Ihren beiden Partnern.“, fragt er nicht minder besorgt. „Könnte nicht besser sein.“, meint Ed vom Beifahrersitz aus. „Da bin ich aber froh. Ich habe so oft versucht Sie zu erreichen, dass ich mir schon das aller Schlimmste ausgemalt habe...“ „Ach, keine Bange! Uns haut so schnell nichts um! Und das Biest haben wird auch plattgemacht. Sein Hirn liegt richtig schön auf dem ganzen Bahnhof verteilt!“, platzt es vergnügt grinsend aus dem Joker heraus, der sich von der Rückbank nach vorn über die Sitze beugt. Etwas entgeistert sieht Alfred ihn an – sieht für einen winzigen Moment wieder den mörderischen Clown vor sich, der die Stadt solange terrorisiert hat –, dann schleicht sich ein nachsichtiges Lächeln auf seine Lippen. „Das ist wirklich schön zu hören.“, meint er ehrlich.
 

„Frohe Weihnachten, Alfred.“, meint Bruce schließlich. „Frohe Weihnachten, Master Bruce. Und den beiden Herren wünsche ich natürlich auch nur das Beste.“ Im Chor erwidern die zwei Kriminellen den Gruß und können sich gar nicht erinnern, wann sie diese Worte das letzte Mal benutzen haben. Zufrieden mustert Batman seine Begleiter, ehe ihm eine Idee kommt. „Alfred, steht für heute irgendetwas an?“ „Nein, Sir, erstaunlicherweise nicht. Sie zogen es in Anbetracht dieser Monster vor keinerlei festliche Einladungen zu verschicken.“ „Gut, dann möchte ich das jetzt ändern.“ „So?“ „Ja. Edward und Joker sind herzlich zum Weihnachtsessen ins Wayne Manor eingeladen.“ „Das ist nicht dein Ernst...“, mein Nigma überrascht. „Aber sicher doch.“, hält der Schwarzhaarige dagegen. „Oh, Mann, wie geil ist das denn?“, flötet Joker und umarmt Bruce stürmisch von hinten. Ein Schmunzeln huscht über Alfreds Gesicht hinweg. „So sei es und ich freue mich sehr über diesen Besuch.“, meint er zufrieden. Kurz darauf verabschieden sie sich voneinander und das Batmobil steuert ein letztes Mal vollbesetzt Richtung Heimat.
 


 

2
 

Als die drei über die Bathöhle das Wayne Manor betreten, kommt ihnen Alfred schon mit einer Schürze bekleidet entgegen, während sich allmählich der wohlige Duft von garendem Essen in der Luft ausbreitet. Ehe er auch nur ein Wort sagt, umrundet er die ungleichen Ritter der Stadt mit ernstem und überaus gewissenhaftem Blick – gleich einem Designer, der das neue Kostüm an einem Model kontrolliert, bevor er es auf den Laufsteg schickt – und überzeugt sich davon, dass ihnen auch wirklich nichts fehlt. Mit leicht erhobener Augenbraue lassen es die Heimgekehrten schmunzelnd über sich ergehen. Endlich stößt der Butler ein erleichtertes Seufzen aus und erhebt die Stimme. „Ich bin so froh, dass es Ihnen allen gutgeht und das alles nun ein Ende hat. – Es war wirklich schrecklich. – Aber egal! Es ist Weihnachten, also denken wir nicht mehr an solch grausige Dinge, sondern erfreuen uns dieses Tages! Vielleicht haben Sie alle ja Lust ins Wohnzimmer zu gehen und dort ein bisschen zu schmücken, währen dich mich mit dem Essen beschäftige?“, meint er mit geschäftigem Unterton und lotzt die drei in Richtung des großen Raums.
 

Im Zimmer schlägt ihnen auch sogleich die lauschige Wärme des großzügigen Kamins entgegen, den Alfred in ihrer Abwesenheit schon angefeuert hat. Ihm gegenüber, am anderen Ende des Raums, erhebt sich stolz ein perfekt gewachsener Tannenbaum fast bis unter die fünf Meter hohe Zimmerdecke. Um ihn herum stehen allerhand Kartons mit Christbaumschmuck, Lichterketten und auch eine Leiter bereit.
 

„Du liebe Güte, was ist denn das für ein riesen Ding?“, entkommt es Joker staunend und seine Augen leuchten beim Anblick der vielen bunten Schmuckstücke in den Kisten wie die eines kleinen Kindes. „Was ist das hier alles?“, fragt er dann und wendet sich wieder zu den anderen herum. Leicht verwundert sehen sich die drei anderen an. „Das ist der Schmuck für den Weihnachtsbaum, was dachtest du denn?“, entgegnet ihm Bruce leicht belustigt. „Weihnachtsbaumschmuck...“, kommt es fast schon flüsternd von dem Clown. Dabei liegt ein seltsamer Ausdruck in seinen Augen, als begreife er gar nicht, was der Schwarzhaarige ihm damit sagen will.
 

„So was hast du doch sicher schon mal gesehen, als du klein warst, nicht wahr?“, hakt Edward nun nach, aber irgendwie beschleicht ihn dabei ein ungutes Gefühl, so als würde er die Antwort darauf schon kennen. „Ja klar, an der Riesentanne auf dem Gotham Square.“, erwidert der Grünhaarige und eine Art Schatten huscht über seine Augen hinweg, als würde er sich daran erinnern. Dieser Ausdruck beunruhigt Nigma noch mehr, taucht er doch nur auf, wenn sich Joker an längst vergessene Dinge zu erinnern versucht, die ihm in seiner Kindheit immer schwer zugesetzt haben. Daher will er das Gespräch in eine andere Richtung lenken, bevor es womöglich noch ein Unglück gibt, aber Batman erhebt vorher das Wort.
 

„Gab es Zuhause bei euch etwa keinen Baumschmuck?“, fragt er mit einer Mischung aus Belustigung und Skepsis. Innerlich schlägt sich Riddler mit der Hand gegen die Stirn, während Jokers Augen immer tiefer in dem trüben Ausdruck der Erinnerung versinken. „Nee, so was gab es bei uns nicht. Wir hatten nicht mal einen Baum, um überhaupt Schmuck dranhängen zu können. Wir waren halt ziemlich arm. Nix mit Geschenken und all dem Kram. Mein versoffener Vater hatte sowieso eine Abneigung gegen alles Schöne und erst recht Familiäre und von daher...“, er stoppt auf einmal und ein weiterer Schatten huscht über seine Augen hinweg, als würde er sich gerade völlig bewusst, was er da eben gesagt hat.
 

Edward hat es geahnt. Es ist nie gut, wenn sich Joker unvermittelt oder gezwungen an seine traumatische Kindheit erinnert. „Ich – ich habe – noch nie – Weihnachten gefeiert...“, beendet der Jüngste schließlich stockend seine Aussage. Nun scheint auch Bruce die Erkenntnis zu kommen, was er mit seinen Worten angerichtet haben könnte, und er setzt einen beschämten Gesichtsausdruck auf. „Joker, nicht...“, setzt der Brünette an, um was auch immer folgen könnte, noch irgendwie abzuwenden. Doch es ist bereits zu spät...
 

Unvermittelt bricht der Prinz in Tränen aus. Es ist, als ob eine innere Flut die sorgsam errichteten seelischen Deiche fortwaschen würde – so plötzlich und heftig geschieht es. Er krümmt sich vor hilflosem Schluchzen, als hätte ihn ein Schlag in den Magen getroffen. Dann fällt er so hart auf die Knie nieder, dass es ein widerliches Knirschen erzeugt, das sogar über sein lautes Weinen hinweg deutlich zu hören ist. Er beginnt sich die wirren, grünen Locken zu raufen, nur um sich dann mit den Fäusten gegen den Kopf zu schlagen, als könne er damit all die verhassten Erinnerungen seiner Kindheit vertreiben. Es ist ein schrecklicher Anblick, der so dermaßen im Gegensatz zu seinem üblichen, vor Selbstsicherheit geradezu strotzenden Auftreten steht, dass sich weder Bruce noch Ed rühren können, obwohl sie ihn beide schon haben weinen sehen. Doch irgendwie ist es jetzt anders. Regelrecht herzzerreißend, sodass Alfred jegliche Bedenken, die er bis jetzt vielleicht noch tief in sich tragen könnte, einfach fallenlässt, sich neben ihn kniet und ihn fest in seine Arme schließt.
 

„Aber, aber. Wer wird denn weinen?“, haucht er ihm ruhig zu. Sanft streicht der Butler über den bebenden Rücken des Jüngeren, wiegt ihn hin und her. Wie ein kleines Kind klammert sich Joker in Tränen erstickt an seiner Schürze fest und presst sein Gesicht gegen die Schulter des Älteren, sodass seine verschmierte Schminke schmutzige weiße Flecken auf dem sonst so perfekt schwarzen Frack des Butlers hinterlässt. Perplex betrachten der Mitternachtsdetektiv und der Rätselmeister das unwirklich erscheinende Schauspiel.
 

„Ganz ruhig, mein Junge. Alles Schlechte ist vorbei und du bist jetzt hier und kannst mit uns feiern. Ist das nicht schön?“, fragt Alfred sanft. Langsam hebt Joker das Gesicht an und betrachtet ihn durch seinen stetigen Tränenschleier. „J-a-a...“, presst er brüchig hervor und schnieft überaus unmelodisch. Geschickt zieht der Grauhaarige ein Stofftaschentuch aus seiner Fracktasche und beginnt damit, das verschmierte Gesicht von Gothams größtem Kriminellen abzuwischen. Dabei wirkt er ganz wie eine liebende Mutter, die ihr kleines Kind tröstet, das sich das Knie aufgeschlagen hat. „Na siehst du, kein Grund zum Weinen. Was hälst du davon, mit mir in die Küche zu kommen und mir ein bisschen beim Nachtisch zu helfen?“, fragt er liebenswürdig und hilft Joker wieder auf die Beine. Inzwischen sind dessen Tränen fast versiegt und er holt nur noch abgehakt Luft. „Darf – darf ich – auch naschen?“ „Aber unbedingt sogar! Immerhin muss ich doch wissen, ob das, was ich da zusammenmische, überhaupt genießbar ist!“, kommt es erstaunlich ernst von dem Älteren, was ein kleines Lächeln auf die Lippen des Clowns zaubert. „O-kay.“ „Wunderbar! Dann machen wir uns gleich mal an die Arbeit, während die Herren den Baum schmücken.“, legt Alfred erfreut fest, ergreift die Hand des Verrückten und führt ihn ohne ein weiteres Wort in die Küche.
 

Völlig überrumpelt bleiben Batman und Nigma allein zurück. „Was um alles in der Welt war denn das?“, will der Ritter schließlich wissen. „Ich habe nicht die geringste Ahnung...“, erwidert der Brünette. „So habe ich Alfred ja noch nie erlebt...“, grübelt Bruce nach. „Wirklich? Sag bloß er hat dich als Kind nie so getröstet.“, schmerzt Ed schon fast. „Doch schon. Auch wenn ich mich nicht erinnern kann, jemals einen solchen Anfall gehabt zu haben. – Ich habe es auch noch nie erlebt, dass Alfred jemanden duzt. Seit meiner frühsten Kindheit hat er mich immer gesiezt und auch jeden anderen, der ihm begegnet ist. Selbst andere Kinder...“, berichtet er. „Tja, scheinbar bist du nicht der Einzige, bei dem jegliche Form von Höflichkeit gegenüber durchgeknallten und überaus kindlich veranlagten Clowns verschwindet...“, meint Edward schulterzuckend.
 


 

3
 

Wenig später hocken Ed und Bruce vor der großen Tanne und versuchen die endlos langen Lichterketten zu entwirren. „Himmel, ich hätte ja gedacht, dass ein reicher Bengel wie du super speziellen Lichterketten hätte, die sich nicht bis zur Unkenntlichkeit verheddern...“, schnauft Edward resignierend. Der Schwarzhaarige gibt ein verächtliches Lachen von sich. „Schön wäre es. Aber vielleicht haben reiche Bengel wie ich sonst auch einfach einen Butler, der das macht.“, brummt er zurück, was ein freches Grinsen über das Gesicht des Jüngeren gleiten lässt. „Der Zug ist dieses Jahr wohl abgefahren, fürchte ich.“ „Definitiv. Dieses Jahr ist einiges anders. – Ich bin nur mal gespannt, ob man den Nachtisch überhaupt essen kann, wenn Joker da seine Finger im Spiel hat.“, murrt der Ältere und verheddert die Kette augenscheinlich nur noch mehr.
 

„Solange es in eurer Küche kein Arsen gibt, wird es bestimmt was werden. Aber mir kann es ja auch egal sein, da ich ja eh nichts Süßes esse.“, kommt es schulterzuckend von Nigma, ehe er endlich ein paar Lichter befreien kann. „Da hast du ja eine prima Ausrede.“, grummelt Batman ernst. „Mag sein, aber das hilft mir auch nicht wirklich. Joker kann nämlich verdammt gut kochen, sag ich dir. In den paar Tagen, die wir nicht hier in der Bathöhle waren, hat er in unserem Unterschlupf ständig in der Küche gestanden. Ich kam mir schon vor wie in einem Sternerestaurant. Ich habe bestimmt drei oder vier Kilo zugenommen...“, schnaubt der Rätselmeister, um sein Missfallen über die ungewollte Gewichtszunahme auszudrücken. Skeptisch mustert ihn der Ältere. „Joker und Kochen? Das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Außer vielleicht einen Bottich mit Gift in seiner Hexenküche.“ „Das dachte ich am Anfang auch und hatte echt Angst was davon zu essen. Aber ich habe ihn ja dabei beobachtet und Joker hat so eine Art an sich, der ich nur sehr schlecht wiedersprechen kann...“, meint er, wobei Bruce nicht der liebevolle Ausdruck in den grünen Augen des anderen entgeht.
 

Schließlich schaffen sie es doch noch die Kette zu entwirren und Batman steigt auf die Leiter, um sie um den Baum zu wickeln, während Ed aufpasst, dass sich nicht wieder alles verheddert. „Hast du das eigentlich gewusst? Ich meine, dass Joker noch nie Weihnachten gefeiert hat?“, fragt der Ritter nach einer Weile und steigt ein Stück tiefer. „Nein, das wusste ich nicht, und es ist wirklich traurig, was er alles durchmachen musste...“, die Betroffenheit schlägt sich deutlich in seiner Stimme nieder. „Wie war das bei dir? Immerhin bist du doch nicht schon seit frühster Kindheit total verquer.“ Edward wirft ihm einen abschätzenden Blick zu und antwortet dann doch. „Naja, ich hatte eigentlich eine ganz normale Kindheit. Wir hatten zwar auch nicht so viel Geld, aber zu Weihnachten spielte das dann kaum noch eine Rolle. Meine Mutter hat alles getan, damit es schön war. Auch noch nachdem meine Familie zerbrochen ist...“, berichtet Riddler, wobei er es vermeidet den anderen anzusehen.
 

„Was ist passiert? – Ich meine, du musst nicht antworten, wenn es dir unangenehm ist.“ „Ist schon gut. Im Gegensatz zu Joker habe ich mit alledem abgeschlossen und kann mich auch ungezwungen an alles erinnern, auch wenn es manchmal schmerzt. Und an Hand dessen, was ich dir sage, wirst du mir wohl kaum einen Strick daraus drehen können. Auch wenn ich nicht abstreiten will, dass meine Kindheit Einfluss auf mein jetziges Erscheinungsbild genommen hat. – Ich wuchs mit einem älteren Bruder und einer jüngeren Schwester auf. Mein Vater hat meinen Bruder regelrecht vergöttert. Er war ein Junge, wie man ihn sich als Vater wohl nur wünschen kann. Sportlich, gutaussehend, durchsetzungsfähig, selbstsicher. Also praktisch das komplette Gegenteil von mir. Als er alt genug war, ging er zur Armee. Er hat versucht mir das Schießen beizubringen, doch ich konnte mich nicht dafür erwärmen, hab mich aber später an alles erinnert, weshalb ich jetzt wohl ein so guter Schütze bin. – Er starb bei einer Kneipenschlägerei, weil er einer Kellnerin helfen wollte, die von ein paar Rabauken belästigt wurde...“
 

„Das tut mir leid.“, meint Bruce ernst und lässt sich von Ed die zweite Kette reichen. „Muss es nicht. Abgesehen vom Schießunterricht, den er mir weiß Gott warum erteilt hat, war er ein echtes Arschloch. Ich war damals ziemlich klein und schmächtig. Zudem habe ich eine dicke Brille getragen. Zum Glück wurden meine Augen in der Pubertät viel besser, sodass er heute keine mehr brauche, aber damals konnte ich ohne kaum etwas sehen. Außerdem war ich ein richtiger Streber und das hat das Bild wohl abgerundet. Er hat mich deswegen ständig geärgert und auch das ein oder andere Mal verdroschen. Ein Grund, warum ich einer körperlichen Konfrontation immer aus dem Weg zu gehen versuche. – Eigentlich hat er sich nie um mich geschert, bis zu dem Moment, als er mir die Pistole in die Hand gedrückt hat. Im Nachhinein betrachtet kommt es mir fast wie eine Vorsehung vor. So als wenn er nicht wollte, dass ich so ende wie er, auch wenn wir uns überhaupt nicht leiden konnten. Er starb nämlich an einem Kopfschuss, weil einer der Rabauken plötzlich eine Waffe gezogen hat.“ Unmerklich zuckt Batman zusammen, als er das hört, und denkt unweigerlich an seine Eltern, die ja ebenfalls erschossen wurden, weshalb er Schusswaffen zu tiefst verabscheut und froh ist, dass Edward nur im aller größten Notfall darauf zurückgreift und sie noch nie gegen Batman gerichtet hat.
 

Um nicht länger daran denken zu müssen, wechselt er etwas die Schiene. „Was ist mit deiner Schwester?“ „Sie war eine richtige Prinzessin und so hat mein Vater sie auch behandelt. Ein Jahr nachdem mein Bruder gestorben war, wurde sie schwer krank und starb ebenfalls. Meine Bindung zu ihr war auch nicht sonderlich viel mehr, als zu meinem Bruder, von daher weine ich dem nicht wirklich hinterher. Ich hatte nur gehofft, dass mein Vater mir dann vielleicht etwas mehr Beachtung schenken würde.“
 

„Tat er es?“, fragt Wayne, obwohl er das Gefühl hat die Antwort schon zu kennen. Alles andere würde einfach nicht passen. Doch er sagt nichts weiter und lässt sich stattdessen von Nigma die filigrane Spitze geben, um sie oben auf den Baum zu setzen. „Nein, aber insgeheim habe ich das schon gewusst. Ich war nie der Sohn, den er sich gewünscht hat. Wie gesagt, war ich praktisch das Ebenbild eines typischen Strebers und damit konnte er nicht umgehen. Ich war viel zu intelligent, als das er auch nur ein Gespräch von selbst mit mir begonnen hat. Er sagte immer, ich solle ein Mann und kein Weichei sein, sonst wird es mir eines Tages leidtun. Ich habe das nie so ganz verstanden. Zumindest bis ich achtzehn wurde. Das war vier Jahre nachdem meine Schwester gestorben war. – Er kam in mein Zimmer. Sah mich gründlich von oben bis unten an. Inzwischen brauchte ich meine Brille nur noch um Kleingedrucktes zu lesen, aber das war auch alles, was sich verändert hatte, wie mir schien. Ich war deswegen noch lange nicht sportlich und schon gar nicht auf seiner geistigen Ebene. Er sagte, ich hätte es verbockt und müsse jetzt damit klarkommen. Dann ist er gegangen und ich habe ihn nie wiedergesehen...“
 

„Er hat euch einfach so verlassen, weil du ihm nicht mannsgenug warst?“, hakt der Schwarzhaarige skeptisch nach und ergreift den Karton mit Kugeln, den Riddler ihm reicht. „So sieht es aus. – Danach habe ich versucht mich um meine Mutter zu kümmern und dem unbändigen Drang nach Rätseln in meinem Kopf irgendwie Herr zu werden. Wie du selbst weißt, ist mir das nicht allzu gut gelungen. Sie gaben mir ein zu tröstliches Gefühl, in einer Welt, die mich anders nicht mehr trösten konnte, und mehr und mehr zu meinem Feind zu werden schien. Und nachdem meine Mutter zwei Jahre später an einem Hirnschlag starb, brach alles aus mir heraus, was ich bis dahin versucht habe unter Kontrolle zu halten. Ich glitt in die Kriminalität ab, lebte nur für meine Rätsel, brachte keine menschliche Bindung mehr zustande, obwohl ich es versucht hatte. Lange Zeit hatte ich sogar eine Freundin, die es für mich erträglicher gemacht hat, doch der Riddler in mir hatte keine Liebe für sie übrig. Sie starb bald darauf an gebrochenem Herzen und einer Überdosis. Doch als ich das erfuhr, war ich schon längst nicht mehr zurechnungsfähig. – Nach der Trennung schottete ich mich komplett ab und lebte nur noch mit meinen Rätseln. Und den Rest kennst du ja, würde ich mal sagen.“ Erst jetzt sieht Edward ihm wieder ins Gesicht und Bruce kann eine stille Traurigkeit in seinen Augen erkennen. Was alles passiert ist, lastet auf ihm und doch kann er es nicht ändern und lebt ungerührt damit, als wäre so ein Werdegang völlig normal. Batman kann aber nun bestens verstehen, warum der Brünette bis vor kurzem noch solch lähmende Angst vor dem Tod hatte, wo er doch praktisch sein Leben lang davon umgeben war.
 

„Ich weiß nicht ganz, was ich dazu sagen soll. Außer vielleicht, dass mir das alles leidtut. Das ändert zwar nichts daran, aber ich bewundere es, dass du trotz alledem so weit gekommen ist. Aus dir ist etwas geworden – zwar auf der falschen Seite, möchte ich sagen –, aber dennoch eine bemerkenswerte Person. Wenn dein Vater dich heute sehen würde, erst recht nach unserem Kampf gegen diese Monster, würde er dich ganz sicher nicht mehr für ein Weichei halten.“ „Ja, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Er war ein sehr schwieriger Mann. – Wie war es bei dir, reicher Junge? Mal ein schlechtes Weihnachten gehabt und womöglich das falsche Pony unterm Baum gefunden?“, versucht Ed ein bisschen zu scherzen.
 

„Wirklich sehr witzig. Hätte glatt von Joker sein können. – Bis meine Eltern gestorben sind, nicht. Es gab nichts Schöneres als Weihnachten für mich, wie wohl für die meisten Kinder. – Danach war es ziemlich einsam. Alfred war zwar bei mir, aber das ist nicht ganz dasselbe, auch wenn er sich alle Mühe gegeben hat, es so aussehen zu lassen.“, tief seufzt er und nimmt den nächsten Karton entgegen. Mittlerweile braucht er die Leiter aber nicht mehr und so schmücken sie beide von verschiedenen Seiten. „Ich habe das Gefühl, dass das hier ein Weihnachten der gebrandmarkten Kinder ist.“, kommentiert Nigma das Ganze schließlich verdrießlich. „Da ist was dran. Obwohl ich das Gefühl habe, dass es für Joker...“
 

Weiter kommt der Dunkle Ritter nicht, da auf einmal ein gequälter Schrei aus der Küche zu ihnen herüberschallt. Es war eindeutig Alfreds Stimme. Erschrocken sehen sich die beiden ungleichen Partner an. „Joker!“, entkommt es ihnen im Chor und sie hetzen zur Küche.
 


 

4
 

Als die zwei die Küche betreten herrscht das reinste Chaos. Oder besser ausgedrückt: Ein Schlachtfeld! Mal davon abgesehen, dass überall Teller, Töpfe und Schüsseln stehen und sehnsüchtig darauf warten gespült zu werden, ist gefühlt der ganze Raum mit Blut überzogen! Es wirkt, als hätte jemand einen riesigen, mit dem roten Lebenssaft gefüllten Wasserballon hier drin platzen lassen. Schon allein dieser Anblick reicht aus, um den beiden ungleichen Rächern den Magen umzudrehen.
 

Viel schlimmer ist allerdings der Anblick des armen Alfred. Er sitzt völlig schlaff und mit nach hinten gelegtem Kopf auf einem Stuhl nahe dem Herd. Die Augen geschlossenen und praktisch die gesamte Vorderseite seines Körpers in Blut getränkt. Genau auf der Brust ist es am schlimmsten, da muss der Clown ihn als erstes mit dem riesigen Messer erwischt haben, welches besagter Clown auch immer noch in Händen hält.
 

Lässig sitzt der Grünhaarige auf der Arbeitsplatte neben Alfreds Stuhl, lässt kindlich die nackten, blutverschmierten Füße baumeln – deren Abdrücke sich überall in der Küche zu befinden scheinen –, grinst vergnügt in sich hinein und tut völlig unschuldig. Das ist aber bei weitem noch nicht das Perverseste an der ganzen Sache. Oh, nein! Es ist nämlich die Tatsache, dass Joker mit einer äußerst lasziven Geste das Blut von der Messerschneide leckt und dabei so verträumt die Augen verdreht, als würde es sich dabei um geschmolzene Schokolade handeln.
 

„Um Himmels willen, Joker! Was hast du nur getan?“, kommt es keuchend vom Rätselmeister, der sich angestrengt die Hand auf den Mund presst, um die aufkommende Übelkeit noch irgendwie zu kontrollieren. „Ich war´s nicht.“, gibt der Angesprochene rotzfrech zurück und leckt erneut über das verschmierte Mordinstrument.
 

„Ich bring dich um!“, entkommt es Bruce völlig außer sich. Gewaltsam zerrt er Joker von der Arbeitsplatte herunter und wuchtet ihn geräuschvoll und mit aller Kraft gegen den Kühlschrank. Eine Sekunde sieht der Jüngere nur noch Sterne und lässt daher klappernd das große Messer zu Boden fallen. Der Laut der auf die verschmierten Fliesen fallenden Klinge ist noch nicht einmal verhallt, da knallt schon heftig die geballte Faust des Dunklen Ritters ins lädierte Gesicht des Verrückten. Und selbstverständlich bleibt es nicht bei diesem einen Schlag. „Warum?“, brüllt Bruce ihm zornig entgegen. Doch Joker antwortet nicht, wehrt sich nicht einmal, lässt das Ganze nur stumm über sich ergehen, als hätte er schon aufgegeben.
 

Ed ist von alledem hin- und hergerissen. Sein Herz schreit danach dazwischen zu gehen und dem Mann, den er liebt, zu helfen. Gleichzeitig versucht sein Verstand ihn davon abzuhalten. Für ihn ist es eindeutig, dass Joker das Ganze nicht mehr ausgehalten hat und einfach durchgedreht ist. Es wäre schließlich nicht das erste Mal... Er verdient daher jede nur erdenkliche Strafe, die Batman ihm zuteilwerden lassen will. Joker ist wie eine vergessen geglaubte Weltkriegsbombe. Lange Zeit kann es still um ihn sein, sodass man sich in Sicherheit wiegt. Doch etwas in ihm – sein kranker Wahnsinn – wartet nur darauf und dann explodiert er so unvermittelt und zerstörerisch, dass es dafür keinen Vergleich gibt. Edward hofft nur, dass Bruce seine Wut nicht auch noch an ihm auslässt. Doch im Moment ist der Rätselmeister einfach nur zu schockiert, um die Flucht zu ergreifen.
 

„Aber, Master Bruce, was machen Sie denn da?“, tönt es auf einmal hinter ihnen. Mit ungläubig aufgerissenen Augen starrt Nigma den Totgeglaubten einfach nur an. Alle Kraft weicht dabei aus seinen Beinen, sodass er sich krampfhaft an der Arbeitsplatte festhalten muss, um nicht in einem Fall von Ohnmacht wie ein Stein zu Boden zu stürzen.
 

Wie vom Donner gerührt wendet auch Bruce ruckartig den Kopf herum. Seine inzwischen selbst blutige Faust verweilt dabei zum Schlag bereit angespannt in der Luft. Seine Augen starren Alfred so voller Nichtbegreifen an, als würde auf einmal ein Zombie vor ihm aus dem Grabe auferstehen, und irgendwie scheint es ja auch so zu sein. Alles an ihm beginnt heftig zu zittern. Dennoch hält er Joker weiterhin fest gegen den Kühlschrank gepresst. „Alfred...?“, fragt der Schwarzhaarige schließlich mit brüchiger Stimme.
 

„Ja, Master Bruce. Und jetzt lassen Sie den jungen Mann doch bitte wieder los.“ „Nein! Wie ist das möglich? Ich habe gesehen, wie er dich mit dem Messer erstochen hat...“, hält Wayne dagegen und drückt den Clown noch fester gegen den Kühlschrank. „Du lügst!“, fährt dieser ihn auch sogleich ungewohnt giftig an und versucht sich aus seinem Griff zu befreien. „Halt dein verlogenes Maul!“, gibt Batman ihm zu verstehen und holt wieder zum Schlag aus. „Aufhören!“, geht nun auch Edward dazwischen, für den das Ganze mittlerweile einem dummen Missverständnis gleicht. Grob schubst der Schwarzhaarige ihn aber wieder auf seinen Platz zurück.
 

In Alfreds Gesicht tritt daraufhin tiefe Sorge, obwohl er durchaus verstehen kann, warum ein jeder von ihnen so reagiert. Dann ändert sich der Ausdruck zu väterlicher Strenge und er tritt dazwischen, als Riddler einen neuen Versuch unternehmen will und Joker sich schon fast losgerissen hat. „Schluss jetzt und zwar alle drei!“, kommt es überaus nachdrücklich vom den sonst so sanftmütigen Butler. „In meiner Küche wird sich nicht geprügelt und schon gar nicht an Weihnachten! Ist das klar?“, streng mustert er die drei jüngeren Männer und wartet darauf, dass sie sich alle wieder beruhigen. Das tun sie zum Glück auch ziemlich schnell und stehen dann wie ein paar verunsicherte Kinder da, die eben mächtig Ärger bekommen haben und nun auf die Strafe für ihren Unsinn warten.
 

Ein tiefes Seufzen verlässt die Lippen den Grauhaarigen, ehe er sich anschickt, das Ganze zu erklären. „Ich allein bin an all dem hier schuld und nicht Mister Joker. Ich war gerade dabei Erdbeeren für den Nachtisch zu pürieren, während Mister Joker die Sahne dafür schlagen sollte. Dummerweise ist der Deckel des Mixers kaputtgegangen, sodass er sich ganz plötzlich gelöst und dieses Chaos angerichtet hat. Ich bat den jungen Herrn mich fünf Minuten von dem Schreck zu erholen, ehe wir das Unheil wieder beseitigen und das war auch schon alles.“
 

Prüfend mustert Bruce seinen treuen Freund und schaut sich dann genauer in der Küche um. Tatsächlich kann er die Schüssel und den Quirl entdecken, mit denen Joker die Sahne schlagen wollte. Neben dem Mixer sieht er zudem das Grün von Erdbeeren. Später beim Aufräumen wird er außerdem auch noch den kaputten Deckel des Mixers finden. Dennoch leicht skeptisch streicht er über Alfreds Schürze – dort wo er den tödlichen Stich vermutet hat –, als wolle er prüfen, ob wirklich alles in Ordnung ist. Seine Finger färben sich dabei augenblicklich rot, doch da sind auch die verräterischen Kerne der Früchte. Und als er daran riecht, steigt ihm nur der sonnengereifte Geruch frischer Erdbeeren in die Nase – keine Spur von Blut. Mit einer unendlichen Erleichterung seufzt er auf und lässt Joker endlich wieder los.
 


 

5
 

Zwei Stunde später ist die Küche wieder blitzblank, der Nachtisch doch noch gemacht, und die vier schmücken nun gemeinsam den Baum zu Ende, während sie darauf warten, dass der Vogel aus dem Ofen kann. Das unvorhergesehene Zwischenspiel scheint erstaunlicherweise der festlichen Laune von keinem einen Dämpfer verpasst zu haben. Und so unterhalten sie sich ausgelassen und ungezwungen, während sie ihrer Arbeit nachgehen. Von Zeit zu Zeit ist sogar Gelächter zu hören.
 

Nach und nach füllt sich der große Baum mit allem nur erdenklichen Schmuck und wird somit immer bunter und pompöser. Neugierig durchwühlt der Clown eine weitere Kiste mit verschiedenen Ornamenten, auf der Suche nach etwas besonders Schönem. Dann reißt er begeistert die Augen auf und zieht etwas heraus. „Wow, eine Zuckerstange!“, flötet er aufgeregt und steckt sie sich auch schon in den Mund, noch ehe Edward ihn davon abhalten kann. Die Vermutung des Riddlers bestätigt sich aber schon kurz darauf, als sein naiver Freund zubeißt und dann das Gesicht verzieht. „Schmeckt komisch...“, nuschelt er fast schon weinerlich um die Stange herum. Ed schenkt ihm den nachsichtigen Blick eines Vaters und schmunzelt leicht. „Die ist ja auch nicht echt.“, meint er sanft.
 

„Wasch...?“, kommt es enttäuscht von dem Jüngeren, der immer noch an der Stange nuckelt, als könne er den verstaubten Geschmack von Holz und Farbe einfach entfernen, um die Süße darunter freizulegen. Mit erhobener Augenbraue nähert sich ihm Bruce und zieht ihm die Stange schließlich aus dem Mund heraus, wie man einem Welpen einen Pantoffel aus dem Maul zieht, damit er nicht darauf herumkaut. Wie besagter Welpe scheint ihn der Joker daraufhin mit einer Mischung aus Schmollen und Enttäuschung anzuschauen. „Die Zuckerstangen sind aus Holz, damit kleine Kinder wie du keine Bauchschmerzen bekommen, wenn sie heimlich den halben Baum plündern.“, meint der Schwarzhaarige locker, wobei er unweigerlich an ein Weihnachten in seiner frühsten Kindheit denken muss, wo genau das passiert war und seine Eltern danach nur noch Stangen aus Holz besorgt haben, um sie an den Baum zu hängen. Dabei besieht er sich die Bissspuren auf dem Schmuckstück, die nun bis ans Ende aller Tage dort bleiben werden. Er stößt ein resignierendes Seufzen aus, wischt dann die Spucke des Verrückten mit einem Taschentuch ab und hängt die Stange an einen freien Ast.
 

Nun erst recht schmollend verschränkt der Grünhaarige die Arme vor der schmalen Brust. „Wie fies...“, gibt er von sich und schiebt die Unterlippe vor. Unweigerlich fangen die drei anderen an zu lachen, was der Prinz allerdings überhaupt nicht komisch findet. „Ich weiß gar nicht, was daran so lustig ist...“, motzt er in scharfem Ton.
 

Schließlich tritt Alfred vor ihm. „Hier, junger Herr. Versuchen Sie es doch mal hiermit.“, meint er sanft und zieht eine Zuckerstange aus der Tasche seiner Weste. Etwas argwöhnisch betrachtet sie der Jüngste. „Ist die echt?“ „Aber selbstverständlich und köstlich obendrein.“, versichert ihm der Butler, während die Stange schon ihren süßen Minzduft verbreitet. „Wow, danke!“, flötet der Clown und schiebt sie sich auch schon in den Mund. Einen Augenblick lutscht er etwas unschlüssig darauf herum, dann breitet sich ein seliges Grinsen auf seinen Lippen aus. „Lecker!“
 

„Master Bruce?“, fragt Alfred und reicht ihm ebenfalls eine Stange. „Du wirst nie müde, das zu tun, habe ich recht?“ „Niemals!“ „Wisst ihr, Alfred trägt die ganze Weihnachtszeit über immer Unmengen von diesen Zuckerstangen mit sich herum und jeder, der ihm über den Weg läuft, bekommt eine. Ich glaube, ich habe noch nie ein Jahr erlebt, in dem es nicht so war.“, meint Bruce fast schon nostalgisch. „Und Sie werden auch kein Jahr erleben!“, kommt es stolz von dem Grauhaarigen, während er sich Ed zuwendet. „Mister Nigma?“ „Oh, nein danke. Ich esse keine Süßigkeiten.“, entschuldigt sich der Rätselmeister höflich. „Das ist überhaupt kein Problem. Aber vielleicht kann ich Sie ja für eine schöne Tasse Pfefferminztee begeistern?“ „Vielen Dank. Aber nur, wenn es nach all der Aufregung keine Mühe macht.“ „Ganz gewiss nicht! Es muss schon weit mehr passieren, um mich von meiner Arbeit abzuhalten, dass kann ich Ihnen sagen. Und es ist eigentlich auch ganz herrlich mal wieder etwas Aufregung hier zu haben und nicht diese ganzen verklemmten, reichen Gören, die zum Lachen in den Keller gehen.“, meint er lächelnd und zwinkert vielsagend, woraufhin Joker und Riddler heftig zu lachen anfangen. „Das hat gesessen, Batsy!“, gluckst der Clown schadenfroh, während Batman sichtlich etwas die Worte fehlen. „Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, Master Bruce, aber Sie wissen, dass ich recht habe.“, kommt es noch immer schmunzelnd von dem Ältesten, bevor er sich wieder in die Küche zurückzieht.
 


 

6
 

Wayne nimmt es seinem treuen Butler tatsächlich nicht übel, auch wenn er das nicht hat kommen sehen. Er muss sogar selbst sagen, dass es wahrlich ganz angenehm ist, mal normale Leute – so kann man das zwar nicht sagen, aber egal – um sich zu haben, anstatt die oberen Tausend, für die die falsche Sorte Kaviar schon ein Weltuntergang ist. Er hätte zwar nie im Leben gedacht, dass er mal Weihnachten mit seinen beiden schlimmsten Widersachern verbringen würde, aber gibt es nicht für alles ein erstes Mal? Und einmal abgesehen von der ungewollten Action vorhin, haben sich die beiden das auch verdient, wie er findet. Ohne sie wäre Gotham schließlich jetzt sicher noch lange nicht von diesen Monstern befreit. All das geht ihm durch den Kopf, während er das letzte Stück Schmuck über der Tür zum Wohnzimmer anbringt.
 

„Was ist das?“, will auf einmal eine Stimme hinter ihm wissen. Als er sich umwendet, steht dort der Joker und betrachtet neugierig das Grünzeug, das er dort aufgehängt hat. „Ein Mistelzweig.“, kommt die knappe Antwort. „Aha. Und wo für soll der da gut sein?“ Die Worte liegen Bruce schon auf der Zunge, doch dann verkneift er sie sich, da es sonst vielleicht nur wieder ungewollten Ärger gibt. „Das fragst du mal lieber Nigma. Der kann dir das viel besser erklären als ich.“, grinst der Schwarzhaarige in sich hinein und tritt in den Flur, um zu sehen, ob Alfred vielleicht doch Hilfe mit dem Tee braucht – oder eher, um das Folgende aus sicherer Entfernung zu beobachten.
 

„Ed!“, flötet der Grünhaarige auch sogleich, wodurch sich der Angesprochene so sehr erschreckt, dass er sich fast die Kiste auf den Fuß fallen gelassen hätte, die er gerade zur Seite räumen wollte. „Was ist passiert?“, fragt der Brünette sichtlich durch den Wind. „Wozu ist das gut?“, will Joker nun von ihm wissen und deutet über seinen Kopf, wo der Zweig an der Türzarge hängt. Edward setzt einen Blick auf, als fürchte er, dass der Jüngere ihn irgendwie veralbern will. Als er jedoch den Mistelzweig sieht, laufen seine Wangen rot an und er räuspert sich etwas verlegen – erst recht, da er Bruce im Augenwinkel stehen und sie beobachten sehen kann.
 

„Nun, also...“, setzt er an, während seine Wangen noch dunkler werden und er mit großen Augen von seinem Liebsten betrachtet wird. „Das gehört zu einem alten Weihnachtsbrauch und – oh, Mann...“, setzt er an und versucht das freche Grinsen auf Waynes Gesicht zu ignorieren. „Was ist denn?“, fragt Joker verwundert. „Weißt du es etwa nicht? Batsy hat gesagt, dass du es mir erklären kannst.“ „Ach ja, hat er das? Wie nett von ihm. Ich frage mich nur, warum er es dir nicht selbst sagt?“, kommt es etwas angesäuert von Nigma, wobei er den Schwarzhaarigen durchdringend anfunkelt. „Da mische ich mich nicht ein. Sonst wird nachher noch jemand eifersüchtig.“, meint Bruce weiterhin grinsend. Das Ganze scheint ihm viel Spaß zu machen, wie es dem Rätselmeister scheint, wobei er sich wahrlich fragt, womit er das nur verdient hat.
 

„Kannst du denn dann nicht wenigstens woanders hingehen?“, knurrt der Brünette schon fast. „Ich denke nicht. Vielleicht kann ich ja sogar noch was lernen.“ „Manchmal frage ich mich wirklich, wer von euch beiden das größere Kind ist, ehrlich!“, motzt Ed. „Ich weiß gar nicht, warum du dich jetzt so aufregst. Ist doch nicht das erste Mal, dass ich das sehe.“ „Mag schon sein, aber das macht es nicht viel besser, weißt du das?“ „Ed...“, schmollt Joker nun dazwischen und der Angesprochene gibt ein resignierendes Seufzen von sich.
 

„Okay, hör zu. Es ist Brauch, den Zweig zu Weihnachten an eine Türzarge zu hängen. Wenn sich ein Mann und eine Frau dann darunter treffen, dann müssen sie sich küssen, um sich damit Frieden und Liebe für das nächste Jahr zu wünschen. Mehr nicht. Verstehst du?“ Einen Moment scheint der Jüngere darüber nachzudenken und Edward glaubt schon, dass Joker es dabei bewenden lässt. Dann jedoch lächelt der Clown breit, tritt einen Schritt näher und zieht den Rätselmeister zu einem innigen Kuss heran. Etwas überrumpelt geht Riddler nach einer Sekunde darauf ein, wobei er Bruce einen finsteren Blick zuwirft, ehe er sich ganz auf seinen Freund konzentriert.
 

Der Dunkle Ritter grinst nur wieder in sich hinein. „Du lieber Himmel!“, ertönt dann Alfreds Stimme ziemlich überfordert neben ihm, wobei er sich konzentrieren muss, um nicht den heißen Tee zu verschütten. „Was – was ist denn hier los?“, versucht es der Butler zusammenzubekommen, wobei sich eine peinliche Röte in seine Wangen schleicht. „Ich habe es dir nicht gesagt, weil ich es selbst erst seit kurzem mit völliger Sicherheit weiß, aber die beiden sind ein Paar.“, teilt Batman ihm schließlich mit. „So? Das kommst jetzt überraschend, muss ich zugeben.“, bemerkt der Grauhaarige noch etwas durcheinander. „Aber irgendwie sind die zwei ganz niedlich zusammen.“, kommt es dann erstaunlich gefasst wieder von dem Älteren, während sich ein kleines Schmunzeln in seinem Gesicht ausbreitet. Leicht verdutzt betrachtet ihn Bruce, hat er doch nicht mit so einer Antwort gerechnet. „Es ist verrückt, aber recht hast du schon.“, gibt der Schwarzhaarige schließlich zu.
 

Langsam trennen sich die beiden wieder und sehen sich tief in die Augen. „Gut so?“, will Joker grinsend wissen. „Ja, schon. Aber eigentlich umarmen sich zwei Männer nur unter dem Zweig...“, kommentiert der Kleinere. „Das ist doch langweilig! – Aber was hälst du davon, wenn wir rauf ins Gästezimmer gehen und du mir das noch mal ganz genau erklärst?“, kommt es mir rauchiger Stimme von dem Jüngeren, während er den Krawattenknoten des anderen zu lösen beginnt. Der Rätselmeister schluckt schwer und hält ihn dann davon ab weiterzumachen, was diesen wieder leicht zum Schmollen bringt. „An sich liebend gern, aber dann verpassen wir das Essen und das willst du doch sicher nicht, oder?“, versucht sich Ed halbherzig zu retten. „Essen?“, fragt Joker mit großen Augen und der Magen des Clowns gibt ein lautes Knurren von sich, als würde er da ebenfalls ein Wörtchen mitreden wollen. Fast schon Hilfe suchend sieht sich Nigma nach Bruce um, in der Hoffnung diesmal Bestätigung zu bekommen. Überrascht stellt er dabei fest, dass Alfred sie ebenfalls beobachtet, was dem Brünetten sichtlich unwohl ist. Doch der Butler lässt sich nichts anmerken. „Mister Nigma hat recht. Das Essen ist in spätestens zehn Minuten fertig, weshalb ich die Herren langsam an den Tisch bitten würde.“
 


 

7
 

Drei Stunden später haben sie das Essen hinter sich und selbst in den Joker passt im Moment kein Fitzelchen mehr hinein. Dafür naht aber der Abschied und ein jeder von ihnen spürt es in sich, auch ohne es aussprechen zu müssen. Fast schon betrübt über diese Tatsache versuchen es die vier ungleichen Verbündeten so lange wie möglich hinauszuzögern. Doch irgendwann lässt es sich einfach nicht mehr unterdrücken. Als schließlich der Abend anbricht ist es dann wirklich soweit. Geknickt versammeln sich die vier ein letztes Mal in der Bathöhle.
 

Eine ganze Weile schweigen sie alle und keiner von ihnen will derjenige sein, der die irgendwie tröstende Stille zerbricht. Es würde bedeuten das Band zu zerreißen, das sich in den letzten Wochen ganz zaghaft und schleichend zwischen ihnen gebildet hat und das in ihnen mittlerweile ein Gefühl von Freundschaft hat entstehen lassen. Dennoch muss es sein. Ein jeder von ihnen muss wieder in alte Gewohnheiten zurückkehren, so verlangt es ihre Natur nun einmal. Ein wenig trösten sie sich damit, dass Licht nie ohne Schatten existieren kann, das Gute nicht ohne das Böse. Wäre es nicht so, würde ihnen allen etwas sehr Entscheidendes fehlen und sie könnten so nicht weiterleben. Trotz alledem werden sie wohl nie diese gemeinsame Zeit vergessen, mit all ihren Höhen und Tiefen.
 

Verlegen kratzt sich Bruce am Hinterkopf. Abschiede sind nun wirklich nicht seine Stärke, und er kann Joker und Riddler ansehen, dass es ihnen ebenso geht. Resignierend seufzt er auf und durchbricht dann endgültig die Stille. „Das – ist doch albern. Bringen wir es schnell hinter uns, sonst stehen wir morgen noch hier.“ „Wäre das denn so schlimm?“, kommt es erstaunlich scheu vom Clownprinzen. Innerlich stellt sich Batman dieselbe Frage und würde es gern verneinen, doch das wäre einfach nicht richtig, und das weiß selbst Joker. Bruce kann es an seinen Augen ablesen – dieser Funken von Chaos, der darin aufblitzt und nur darauf wartet wieder an die Oberfläche treten zu dürfen. Dem Schwarzhaarigen geht es nicht anders. Es juckt ihm regelrecht in den Fingern, den Jüngeren wieder über die Dächer der Stadt zu jagen und sich das Hirn über Riddlers Rätsel zu zermartern. Daher straft er den Grünhaarigen mit einem strengen Blick. „War ja nur so ein Gedanke...“, murmelt dieser daraufhin und zuckt mit den Schultern.
 

Abermals droht Schweigen die kleine Gruppe zu übermannen, doch diesmal hält es nur ein paar Sekunden, bevor Joker es dann doch nicht mehr aushält und die Initiative ergreift. Mit festen Schritten tritt er vor Bruce, blickt ihn mit diesem unnachahmlich trotzigen Schmollen eines kleinen Kindes an und umarmt ihn dann stürmisch. Etwas überrascht zuckt Wayne leicht zusammen, ehe er das Ganze erwidert. „Ich werde dich umbringen...“, haucht Joker ihm in tiefer Erregung entgegen – ganz so wie man jemandem sagen würde, dass man ihn über alles liebt –, und drückt ihm dann einen zarten Kuss auf die Schläfe. Ein nahezu zufriedenes Lächeln schleicht über das Gesicht des Rächers. „Ich werde dich auch umbringen...“, gibt er nicht weniger extatisch zurück – gleich einem Mann, der seiner Geliebten ewige Treue schwört –, drückt den jungen Mann einen Augenblick fester an sich und lässt dann von ihm ab.
 

Einen Moment treffen sich ihre Blicke noch, dann wendet sich der Clown Alfred zu. Der Butler schenkt ihm ein wehmütiges Lächeln. „Hier, noch eine für den Weg.“, meint er und reicht dem Verrückten eine weitere Zuckerstange aus seinem schier unerschöpflichen Vorrat. Als Joker sie sieht, rinnt ihm eine einzelne Träne die blassgeschminkte Wange hinab, als würde ihm plötzlich klarwerden, dass das, was er heute erleben durfte, so nie wieder passieren wird, ganz gleich wie sehr sie alle es sich auch wünschen würden. Mit nicht ganz ruhigen Fingern ergreift der Jüngere die Süßigkeit und lässt sie in seiner Hosentasche verschwinden. Dann zieht er Alfred nicht minder stürmisch in die Arme und drückt ihn fest an sich. Der Grauhaarige zögert jedoch keine Sekunde und erwidert die Geste sichtlich betroffen. „Danke. – Danke für alles. Du bist einfach nur klasse! Und – und wenn du jemals von ihm die Nase voll hast, dann komm zu mir und dann kochen wir zusammen!“, kommt es schon fast wimmernd von dem Grünhaarigen. „Das ist ein Angebot, das ich ganz unmöglich ablehnen kann, junger Herr! Und ich freue mich schon darauf! – Leben Sie wohl und bleiben ganz genauso wie Sie sind – einmalig!“ Alfreds Stimme ist auch nicht mehr ganz fest, doch er verkneift sich mögliche Tränen gekonnt.
 

Als sie sich trennen, steht Ed schon bereit, um Jokers Platz einzunehmen, da er sich scheinbar lieber erst von Alfred verabschieden möchte, statt von Bruce, was den Schwarzhaarigen schon fast stutzig macht, wirkte Nigma bis jetzt fast schon nervös Batman gegenüber. „Vielen Dank für die äußerst zuvorkommende Gastfreundschaft. Und entschuldigen Sie den ganzen Ärger, den wir zwischendurch verursacht haben.“, meint Riddler in all seiner gewohnten Förmlichkeit und reicht dem Butler die Hand. Lächelnd ergreift Alfred sie. „Keine Ursache und überhaupt kein Problem.“ Und damit ist das Ganze zwischen ihnen auch schon abgefrühstückt. Doch anstatt sich nun Bruce zu zuwenden, sieht er sich erst nach seinem Freund um.
 

„Geh doch schon mal vor und mach das Motorrad startklar. Ich will noch einen Moment unter vier Augen mit Bruce sprechen.“ Argwöhnisch mustert der Clown sein Gegenüber. „Warum?“, fragt er trotzig. „Das ist nicht alles für deine Ohren bestimmt, darum.“ Eine Weile scheint der Jüngste darüber nachzudenken, rührt sich jedoch nicht, weshalb Ed schon nach ein paar Worten sucht, die ihn milde stimmen könnten. „Geh einfach spielen, Joker! Das ist ein Gespräch für Erwachsene.“, grinst Batman schließlich leicht gehässig, ehe dem Rätselmeister etwas Passendes einfällt. Mit sichtlichem Entsetzen sieht Edward zum Dunklen Ritter und dann zu dem verrückten Clown zurück, als befürchte er, dass sich die beiden doch noch an die Gurgel springen werden. Für einen Augenblick verfinstert sich das Gesicht des Grünhaarigen auch tatsächlich deutlich, dann zuckt er nur wieder mit den Schultern. Lässig schiebt er sich die Zuckerstange in den Mund und stapft davon. „Mach hinne, Ed, sonst komme ich dich holen!“, ruft er noch, dann erst er verschwunden.
 

„Musste das sein?“, fährt Nigma den Rächer dann an. Dieser reibt sich die Schläfen, als hätte er plötzlich starke Kopfschmerzen bekommen. „Scheinbar. Ich weiß wirklich nicht, wie du es die ganze Zeit mit ihm aushältst. Er ist wie ein großes Kind...“ Mit einem fast schon wehmütigen Schmunzeln sieht Ed zu der Stelle, an der Joker verschwunden ist. „Da hast du recht und manchmal wird mir das auch zu viel. – Aber glaub mir, er kann auch ganz anders, wenn er will.“ Batman gibt nur ein Brummen als Antwort. „Schön, was willst du mir jetzt sagen?“
 

„Okay, zuerst einmal habe ich die Dateien uns bezüglich auf deinem Rechner überarbeitet. Doch bevor du deswegen ausrastest, ich habe nichts gelöscht, sondern nur Ergänzungen vorgenommen. Sie sind grün, von daher sollten sie nicht zu übersehen sein.“ „Was sind das für Ergänzungen?“ „Nun, alles Mögliche. Hier und da habe ich Anmerkungen gemacht, was falsch an deinen Überlegungen ist oder ich habe hinzugefügt, was du so alles im Laufe der jüngsten Zeit von uns gehört hast. Zum anderen habe ich Sachen eingetragen, die bei dir bisher nur mit einem Fragezeichen gekennzeichnet waren. Das konnte ich mir einfach nicht verkneifen, wie du dir wohl denken kannst. Da wären beispielsweise Jokers richtiger Namen und...“, setzt Ed an, wird dann aber von seinem Gegenüber harsch unterbrochen. „Was? Du kennst seinen Namen? Bist du sicher? Den weiß er doch angeblich selbst nicht einmal!“, empört sich Bruce richtiggehend. Nigma belächelt das nur.
 

„Da hast du recht. Er weiß ihn nicht und doch kennt er ihn. Wie viele seiner Erinnerungen kam auch er ungewollt an die Oberfläche und er kann sich daran nicht einmal mehr erinnern. Welch Ironie, möchte ich sagen, aber wohl großes Glück für ihn, dass er ihn ausgerechnet mir genannt hat. Doch ich bezweifle nicht, dass er stimmt. – Erinnerst du dich an die Nacht für ein paar Jahren, als der schwere Sturm Arkham halb zerstört hatte? Joker hatte mir damals geholfen, sonst würde ich hier heute wohl nicht mehr stehen. Wie hatten uns in einer Höhle auf der Insel versteckt, bis das Schlimmste vorbei war. Ich konnte die Stille nicht ertragen, also habe ich immer wieder angefangen mit ihm zu reden, auch wenn ich damals noch so viel Angst vor ihm hatte, dass ich kaum ein Wort rausbekommen habe. Doch immerhin hatte er mich ja gerettet und das gab mir zumindest etwas Mut. Zuerst haben wir auch nur über belanglose Dinge gesprochen. Aber ich merkte, dass er Vertrauen zu fassen schien. Vielleicht war er auch damals schon verliebt in mich und konnte es nur nicht zeigen, wer weiß. Und als uns dann die Themen ausgingen, sprachen wir über unsere Vergangenheit. Dabei offenbarte er mir ganz unbewusst seinen Namen. Anhand der Dinge, die du schon über Joker weißt und mit Hilfe des Namens kannst du vielleicht sein bisheriges Leben zurückverfolgen und verstehen, warum er so wurde, wie er jetzt ist.“ „Danke. Ich werde es in jedem Fall versuchen.“
 

„Dreh nur keinem von uns einen Strick daraus. Immerhin tue ich das alles aus freien Stücken und auch noch ohne sein Wissen. Und er darf auf keinen Fall erfahren, dass ich dir das gesagt habe, sonst schwimmt bald eine Leiche durch den Gotham River. – Im Grunde bin ich kein schlechter Mensch, und ich denke, das weißt du auch. Ich habe nur einen falschen Weg gewählt. Also sieh das Ganze vielleicht als eine Art Läuterung an. – Allerdings, wenn wir durch diese Tür treten, wird alles wahrscheinlich wieder so sein wie früher. Ich kann es euch beiden ansehen. Ihr brennt geradezu darauf, euch wieder gegenseitig die Seele aus dem Leib zu prügeln. Ich kann das sogar verstehen und freue mich mindestens genauso sehr darauf, dich wieder bei einem meiner Rätsel schwitzen zu sehen.“, er schenkt Bruce ein knappes Lächeln und spricht dann weiter.
 

„Ich habe gehört, was er dir zugeflüstert und du geantwortet hast. Eines Tages wird sich euer Schicksal erfüllen, da bin ich ganz sicher. Und ich will, dass du weißt, dass ich euch dann nicht im Weg stehen werde. – Noch kann ich nicht sagen, ob ich dann noch eine Beziehung mit Joker haben werden oder nicht. Fest steht zumindest schon einmal, dass ich nicht gewillt bin den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen, dafür ist er schlichtweg zu anstrengend, wir zu verschieden und ich für langfristige Beziehungen wohl einfach nicht gemacht. Doch das weiß er selbstverständlich noch nicht und ich werde es ihm auch nicht sagen. Aber bis zum Ende seines Lebens wird es wohl gehen, dafür wird er schon sorgen. Er wird mich nicht gehen lassen, denke ich. Und ich müsste wohl völlig bescheuert sein, wenn ich mich von ihm trennen würde. Das wäre mein Todesurteil. – Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass ich ihn nicht davon abhalten werde dich zu töten, völlig gleich wie grausam und krank er sich diesen letzten Akt auch ausmalen wird. Im besten Fall stehe ich daneben und sehe ungerührt zu. – Aber genauso wenig werde ich dich dann davon abhalten ihn zu töten. Ich werde nicht eingreifen und ich werde auch nicht weinen, bis ihr beide euren letzten Atemzug gemacht habt. Und dann – tja dann werde ich euch dort begraben, wo Joker es sich für uns gewünscht hat. Das ist wohl das Mindeste, was ich tun kann, um euch euren Frieden zu geben und auch meinen Frieden mit alledem zu machen...“
 

„Das sind große Worte, Edward. Und ich danke dir dafür.“ „Keine Ursache. – Ach ja, noch etwas. Wie schon gesagt, wird sicher alles wieder beim Alten sein, wenn wir die Höhle verlassen. Und sei gemerkt, wir werden nicht zurückkehren, wenn du es nicht willst oder es unbedingt erforderlich sein sollte, und wir werden auch niemandem von alledem erzählen. Dein Geheimnis ist bei uns sicher, wenn unsere es auch bei dir sind, wovon ich ausgehe. – Alles wird wieder zurückgesetzt. Wir werden uns wieder Nacht für Nacht bekriegen, weil wir es brauchen. Ganz besonders Joker braucht es und das kann ich ihm auch nicht abgewöhnen, fürchte ich. – Aber durch unsere Beziehung habe ich doch einiges an Einfluss auf ihn gewonnen und werde das auch ausnutzen, um ihn etwas in Zaum zu halten. Solange wir zusammen sind, werden keine Leichen mehr sehen Weg pflastern, das verspreche ich dir. Er weiß sehr gut, wie zuwider mir das Töten ist und wird sich daher meinem Wunsch beugen. Dennoch kann ich für Unfälle keine Verantwortung übernehmen und für das zerstörerische Chaos, das er anrichtet, schon gar nicht. Der Junge braucht halt Auslauf, wie du weißt. Aber immer noch besser als hunderte Tote, meinst du nicht?“
 

„Das sehe ich auch so, ja. Und wie mir scheint, hast du dir wirklich viele Gedanken über das alles gemacht und so einiges an Einfluss auf ihn. Das ist wirklich bewundernswert, wo du doch am Anfang so ein Angsthase warst und er völlig außer Kontrolle. Ihr seid beide aneinander gewachsen. – Joker ist sehr selbstständig in seinem Handeln und lässt sich normalerweise nichts sagen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass er stets nach einer Hand gesucht hat, die ihn führt. Meine ist es allem Anschein nach nicht, obwohl ich es so oft versucht habe und er sich manchmal sogar fügte. Fast wie ein Streuner, der immer nur schlechte Erfahrungen gemacht hat und daher niemandem vertraut und notgedrungen doch spurt, wenn man nur streng genug mit ihm spricht und er keinen anderen Ausweg sieht. Doch in dir hat er praktisch sein Herrchen gefunden, dem er blind vertraut und für den er sogar gehorcht, selbst wenn sich alles in ihm dagegen verwehrt und er seine Gewohnheiten aufgeben muss.“ Unweigerlich muss Ed wieder schmunzeln. „Ein wirklich treffender Vergleich. Ich...“
 

„Ed! Nun komm endlich!“, harscht Joker nun laut und schickt sich an zu ihnen herüber zu kommen. „Ich sollte wohl besser gehen, sonst pinkelt dir mein kleiner Streuner aus Trotz noch auf den teuren Teppich.“ Gleichzeitig fangen beide an zu lachen und reichen sich dann zum Abschied die Hände. „Leb wohl, Bruce.“ „Leb wohl, Edward.“
 

Zwei Minuten später sitzt Nigma hinter Joker auf der warmen Maschine, während Batman sie bis zum Ausgang begleitet hat und nun den geheimen Durchgang in den Wald öffnet. „Ich hätte da noch eine Bitte an euch, sozusagen mein Weihnachtswunsch.“ Verwundert sehen ihn die beiden an. „Schieß los.“, meint der Grünhaarige. „Ich wünsche mir, dass ihr für den Rest des Jahres nichts mehr anstellt. Kein Blutvergießen, keine Explosionen, Banküberfälle und was nicht noch alles. Meint ihr, dass ihr das hinbekommt?“ Abschätzend sehen sich die zwei Gauner an. „Dir ist klar, dass das Jahr nicht einmal mehr eine Woche lang dauert?“, fragt Riddler nach. „Ja, deswegen denke ich ja, dass es für euch machbar sein dürfte.“ Fragend sieht der Brünette seinen quirligen Freund an. Dieser zuckt nur wieder lässig mit den Schultern. „Schön, aber nur, wenn ich Silvester wenigstens irgendwas in die Luft jagen darf!“, erwidert der Clown grinsend. „Auf dem Schrottplatz kannst du dich von mir aus nach Herzens Lust austoben, solange du niemandem schadest. Vielleicht komme ich sogar vorbei und jage auch was hoch!“ Verdutzt blickt der Grünhaarige ihn an, doch Bruce grinst nur herausfordernd. „Wir haben ein Date, mein Großer!“, flötet er dann ausgelassen, und keine zwei Sekunden später rast die Suzuki auch schon davon.
 

Eine Weile steht Bruce noch im geheimen Eingang zur Bathöhle tief im verschneiten Wald und blickt den beiden davonfahrenden Gaunern wehmütig hinterher. In diesem Moment glaubt er, eine der großen Wahrheiten des Lebens entdeckt zu haben: Schwerer, als von sich selbst Abschied zu nehmen, ist nur eines – sich von seinen Freunden zu verabschieden und zu wissen, dass man beim nächsten Aufeinandertreffen womöglich wieder bis aufs Blut verfeindet sein wird. Doch bis dahin wird es hoffentlich noch eine Weile dauern, und vielleicht muss es auch gar nicht so weit kommen –, denn wer weiß schon, was das nächste Jahr bringen wird?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Erklärung: der Joker hier ist eine Mischung aus Dark Knight und der The Batman Serie. dabei sieht er aus wie der Dark Knight Joker, trägt aber das markante Kostüm der Zeichentrickfigur. dieses Kostüm fand ich immer schon echt klasse an ihm, weil es so herrlich ironisch aussieht und dazu dieses Halsband - das bringt die Fantasie in Schwung wie ich finde XD Komplett anzeigen

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