Monster rumble von RaoulVegas ================================================================================ Kapitel 11: A Christmas to remember ----------------------------------- 1 Überrascht reißt Joker die Augen auf und blickt direkt in den Lauf der Waffe, deren verborgene Kugel ihm in wenigen Sekundenbruchteilen das Hirn aus dem Schädel blasen wird. Er ist völlig perplex, rührt sich nicht, Batman ebenfalls nicht. Als der Abzug zurückgezogen wird, ertönt allerdings nur ein hohles Klicken im Lauf. Wütend verzieht Nigma daraufhin das Gesicht und drückt erneut ab – wieder nur das hohle Klicken. Allem Anschein nach hat er wohl all seine Kugeln für den Goatman verbraucht. Diese Tatsache will ihm aber nicht so recht in den Kopf, da er trotz allem immer wieder den Abzug durchzieht. Seine verzweifelten Bemühungen seinem Liebhaber das Leben aus dem Kopf zu pusten, veranlassen den Prinzen und den Dunklen Ritter allerdings dazu sich wieder deutlich zu entspannen. Fast schon bemitleidenswert werfen sich die ungleichen Rächer einen Blick zu, während Riddler weiterhin versucht einen Schuss aus der leeren Waffe abzufeuern. Schließlich scheint er das Ganze doch noch zu begreifen und lässt die Magnum sinken. Wütend starrt er die Pistole an. „Verdammt!“, schimpft er zähneknirschend und schleudert sie dann ins naheliegende Gleisbett. Sekunden später greift er sich schmerzlich an den Kopf und versucht krampfhaft einen Schrei zu unterdrücken. Erschrocken wenden sich seine Mitstreiter wieder ihm zu. „Was hat er denn?“, fragt Joker nahezu aufgelöst. „Ich weiß es nicht...“, meint Bruce etwas überfordert. Nun stößt Riddler doch den Schrei aus, den er bis jetzt erfolgreich zurückhalten konnte, reißt weit die Augen auf, nur um einen Moment später ohnmächtig nach hinten in den Kies zu fallen. „Oh Gott, Ed!“, kommt es erschrocken von dem Clown und schon hockt er neben ihm. „Sei vorsichtig...“, mahnt ihn Wayne skeptisch. „Klappe!“, zischt der Jüngere und streicht seinem Partner dann liebevoll über die kalte Wange. „Ed? Hörst du mich? Wach auf! – Bitte...“ Es dauert eine Weile, dann kommt der Brünette dem nach und öffnet schwerfällig die Augen. Die seltsame Leere darin ist nun verschwunden und er blickt sich fragend nach dem Grünhaarigen um. „Ed! Geht´s dir gut?“, will dieser auch sogleich wissen. „Ich – ich denke schon. – Mir brummt nur der Schädel. – Ist – ist es vorbei?“, fragt er unsicher. „Ja, ist es. Aber warum wolltest du mir denn auch eine Kugel in den Kopf jagen?“, kommt es nun sichtlich schmollend von Joker. Ungläubig stützt sich Edward auf die Ellenbogen hoch. „Wie bitte?“ „Du wolltest ihn erschießen, obwohl die Waffe längst leer war.“, mischt sich Batman nun wieder ein. Unsicher sieht Nigma zwischen den beiden hin und her. „So etwas würde ich nie tun und das wisst ihr beide, oder?“, versucht er sich zu rechtfertigen, doch keiner antwortet ihm. „Oder?“, fragt er daher etwas nachdrücklicher. „Selbstverständlich, aber dennoch hast du es getan.“, meint der Jüngste traurig und lässt die Schultern hängen. „Aber das war nicht ich! Dieser verfluchte Goatman hat es doch noch in letzter Sekunde in meine Gedanken geschafft und gehofft, euch trotz allem erledigen zu können! Er hat mich dafür missbraucht, versteht ihr? Ich – ich habe mich ihm geistig so überlegen gefühlt, weil ich ihn mit meinem Rätsel verarscht habe und er vorher nicht in meinen Kopf hineintauchen konnte, dass ich nur noch seinen Tod wollte, damit das alles endlich aufhört. Ich habe gar nicht gemerkt, wie sich mein Selbstschutz etwas gelegt hat und ihm so einen Zugang zu mir geöffnet hat.“, berichtet er hektisch und reißt dann wieder die Augen auf, als ihm die Erkenntnis kommt. „Oh Gott, ich wollte das nicht tun, ehrlich! – Zum Glück war diese verfluchte Pistole schon leer. – Oh Himmel, es tut mir so leid!“ Hilflos beginnt er zu zittern. Einen Moment später zieht Joker ihn fest in seine Arme. „Schon gut. Es ist vorbei und ich bin dir nicht böse...“, haucht er ihm zu, während sich Nigma nur immer und immer wieder entschuldigt. Prüfend blickt sich der Mitternachtsdetektiv um, doch vom Goatman ist nichts mehr zu spüren. Einzig seine langsam erkaltende Leiche ist geblieben. Seufzend stößt er die Luft aus und schließt gedanklich endlich mit alledem ab, auch wenn es noch viel zu tun gibt. Als Batman, Riddler und Joker nach diesem letzten Kampf wieder einander ansehen, ist eine Art kriechende Dämmerung angebrochen. Die Schwärze dieser endlosen Nacht geht langsam und widerwillig in ein dumpfes Grau über, dann in die Farbe von Chrom und zuletzt in jenes grelle, konturlose und unreflektierende Weiß einer Autokino-Leinwand – der typische Dunst einer erwachenden Großstadt, der Herzschlag Gothams. Und es hat nie schöner ausgesehen, als in diesem Moment, da sie das alles doch tatsächlich überlebt haben. „Es ist Morgen...“, kommt es angetan vom Prinzen und er betrachtet das Schauspiel am Horizont, als hätte er so etwas zu vor noch nie gesehen. Ein sanftes Lächeln legt sich auch auf Batmans Züge. Allerdings trüben schwere Wolken den schönen Anblick in der Ferne und sie ballen sich immer dichter zusammen. „Schnee...“, haucht Edward plötzlich und blickt in den Himmel hinauf. Sekunden später landet eine dicke Flocke genau auf seiner Wange, schmilzt dort und rinnt wie eine Träne daran herab. Ihr folgen weitere und innerhalb von Minuten ist alles um sie herum weiß. „Scheiße!“, entkommt es dem Clown plötzlich. „Was ist?“, will sein Freund besorgt wissen, und auch Batmans Muskeln spannen sich kampfbereit an. „Weihnachten. – Heute ist Weihnachten!“, platzt es dann breit grinsend aus dem Verrückten heraus. Bruce´ Mundwinkel zuckt bei seinen Worten erneut hoch. „Er hat recht. Heute ist der Fünfundzwanzigste.“ „Unglaublich, dass wir das überhaupt noch erleben dürfen.“, erwidert Riddler seufzend. Lächelnd hocken die drei noch eine Weile im immer dichter werdenden Schneetreiben und werden sich dessen allem vollkommen bewusst. Als die Kälte sie dann schon beinahe völlig ausfüllt, erheben sie sich und stapfen zum Batmobil zurück. Schnee überzieht die schattengleiche Oberfläche des skurrilen Wagens und lässt ihn vollkommen unwirklich erscheinen – fast wie ein schlafendes Tier in einem tiefen Winterwald. „Lasst uns zurückfahren, bevor die Straßen völlig verstopft sind.“, meint Bruce und öffnet die Tür der Fahrerseite. Die drei sitzen noch gar nicht ganz in der wohligen Wärme des Wagens, da dringt eine hektische Stimme über den Monitor zu ihnen. „Hallo? Hört mich denn keiner?“ Es ist Alfred und er scheint mehr als nur in Panik zu sein. „Was ist passiert?“, fragt Batman alarmiert. Ungläubig weiten sich die Augen des Butlers auf dem Monitor, scheinen den Tränen nahe zu sein. „Um Himmels willen, Master Bruce, geht es Ihnen gut?“ „Ja, alles bestens.“ Sichtlich erleichtert lässt sich der Grauhaarige auf den Stuhl hinter sich sinken. „Oh, ich danke allen Göttern dafür! – Was ist mit Ihren beiden Partnern.“, fragt er nicht minder besorgt. „Könnte nicht besser sein.“, meint Ed vom Beifahrersitz aus. „Da bin ich aber froh. Ich habe so oft versucht Sie zu erreichen, dass ich mir schon das aller Schlimmste ausgemalt habe...“ „Ach, keine Bange! Uns haut so schnell nichts um! Und das Biest haben wird auch plattgemacht. Sein Hirn liegt richtig schön auf dem ganzen Bahnhof verteilt!“, platzt es vergnügt grinsend aus dem Joker heraus, der sich von der Rückbank nach vorn über die Sitze beugt. Etwas entgeistert sieht Alfred ihn an – sieht für einen winzigen Moment wieder den mörderischen Clown vor sich, der die Stadt solange terrorisiert hat –, dann schleicht sich ein nachsichtiges Lächeln auf seine Lippen. „Das ist wirklich schön zu hören.“, meint er ehrlich. „Frohe Weihnachten, Alfred.“, meint Bruce schließlich. „Frohe Weihnachten, Master Bruce. Und den beiden Herren wünsche ich natürlich auch nur das Beste.“ Im Chor erwidern die zwei Kriminellen den Gruß und können sich gar nicht erinnern, wann sie diese Worte das letzte Mal benutzen haben. Zufrieden mustert Batman seine Begleiter, ehe ihm eine Idee kommt. „Alfred, steht für heute irgendetwas an?“ „Nein, Sir, erstaunlicherweise nicht. Sie zogen es in Anbetracht dieser Monster vor keinerlei festliche Einladungen zu verschicken.“ „Gut, dann möchte ich das jetzt ändern.“ „So?“ „Ja. Edward und Joker sind herzlich zum Weihnachtsessen ins Wayne Manor eingeladen.“ „Das ist nicht dein Ernst...“, mein Nigma überrascht. „Aber sicher doch.“, hält der Schwarzhaarige dagegen. „Oh, Mann, wie geil ist das denn?“, flötet Joker und umarmt Bruce stürmisch von hinten. Ein Schmunzeln huscht über Alfreds Gesicht hinweg. „So sei es und ich freue mich sehr über diesen Besuch.“, meint er zufrieden. Kurz darauf verabschieden sie sich voneinander und das Batmobil steuert ein letztes Mal vollbesetzt Richtung Heimat. 2 Als die drei über die Bathöhle das Wayne Manor betreten, kommt ihnen Alfred schon mit einer Schürze bekleidet entgegen, während sich allmählich der wohlige Duft von garendem Essen in der Luft ausbreitet. Ehe er auch nur ein Wort sagt, umrundet er die ungleichen Ritter der Stadt mit ernstem und überaus gewissenhaftem Blick – gleich einem Designer, der das neue Kostüm an einem Model kontrolliert, bevor er es auf den Laufsteg schickt – und überzeugt sich davon, dass ihnen auch wirklich nichts fehlt. Mit leicht erhobener Augenbraue lassen es die Heimgekehrten schmunzelnd über sich ergehen. Endlich stößt der Butler ein erleichtertes Seufzen aus und erhebt die Stimme. „Ich bin so froh, dass es Ihnen allen gutgeht und das alles nun ein Ende hat. – Es war wirklich schrecklich. – Aber egal! Es ist Weihnachten, also denken wir nicht mehr an solch grausige Dinge, sondern erfreuen uns dieses Tages! Vielleicht haben Sie alle ja Lust ins Wohnzimmer zu gehen und dort ein bisschen zu schmücken, währen dich mich mit dem Essen beschäftige?“, meint er mit geschäftigem Unterton und lotzt die drei in Richtung des großen Raums. Im Zimmer schlägt ihnen auch sogleich die lauschige Wärme des großzügigen Kamins entgegen, den Alfred in ihrer Abwesenheit schon angefeuert hat. Ihm gegenüber, am anderen Ende des Raums, erhebt sich stolz ein perfekt gewachsener Tannenbaum fast bis unter die fünf Meter hohe Zimmerdecke. Um ihn herum stehen allerhand Kartons mit Christbaumschmuck, Lichterketten und auch eine Leiter bereit. „Du liebe Güte, was ist denn das für ein riesen Ding?“, entkommt es Joker staunend und seine Augen leuchten beim Anblick der vielen bunten Schmuckstücke in den Kisten wie die eines kleinen Kindes. „Was ist das hier alles?“, fragt er dann und wendet sich wieder zu den anderen herum. Leicht verwundert sehen sich die drei anderen an. „Das ist der Schmuck für den Weihnachtsbaum, was dachtest du denn?“, entgegnet ihm Bruce leicht belustigt. „Weihnachtsbaumschmuck...“, kommt es fast schon flüsternd von dem Clown. Dabei liegt ein seltsamer Ausdruck in seinen Augen, als begreife er gar nicht, was der Schwarzhaarige ihm damit sagen will. „So was hast du doch sicher schon mal gesehen, als du klein warst, nicht wahr?“, hakt Edward nun nach, aber irgendwie beschleicht ihn dabei ein ungutes Gefühl, so als würde er die Antwort darauf schon kennen. „Ja klar, an der Riesentanne auf dem Gotham Square.“, erwidert der Grünhaarige und eine Art Schatten huscht über seine Augen hinweg, als würde er sich daran erinnern. Dieser Ausdruck beunruhigt Nigma noch mehr, taucht er doch nur auf, wenn sich Joker an längst vergessene Dinge zu erinnern versucht, die ihm in seiner Kindheit immer schwer zugesetzt haben. Daher will er das Gespräch in eine andere Richtung lenken, bevor es womöglich noch ein Unglück gibt, aber Batman erhebt vorher das Wort. „Gab es Zuhause bei euch etwa keinen Baumschmuck?“, fragt er mit einer Mischung aus Belustigung und Skepsis. Innerlich schlägt sich Riddler mit der Hand gegen die Stirn, während Jokers Augen immer tiefer in dem trüben Ausdruck der Erinnerung versinken. „Nee, so was gab es bei uns nicht. Wir hatten nicht mal einen Baum, um überhaupt Schmuck dranhängen zu können. Wir waren halt ziemlich arm. Nix mit Geschenken und all dem Kram. Mein versoffener Vater hatte sowieso eine Abneigung gegen alles Schöne und erst recht Familiäre und von daher...“, er stoppt auf einmal und ein weiterer Schatten huscht über seine Augen hinweg, als würde er sich gerade völlig bewusst, was er da eben gesagt hat. Edward hat es geahnt. Es ist nie gut, wenn sich Joker unvermittelt oder gezwungen an seine traumatische Kindheit erinnert. „Ich – ich habe – noch nie – Weihnachten gefeiert...“, beendet der Jüngste schließlich stockend seine Aussage. Nun scheint auch Bruce die Erkenntnis zu kommen, was er mit seinen Worten angerichtet haben könnte, und er setzt einen beschämten Gesichtsausdruck auf. „Joker, nicht...“, setzt der Brünette an, um was auch immer folgen könnte, noch irgendwie abzuwenden. Doch es ist bereits zu spät... Unvermittelt bricht der Prinz in Tränen aus. Es ist, als ob eine innere Flut die sorgsam errichteten seelischen Deiche fortwaschen würde – so plötzlich und heftig geschieht es. Er krümmt sich vor hilflosem Schluchzen, als hätte ihn ein Schlag in den Magen getroffen. Dann fällt er so hart auf die Knie nieder, dass es ein widerliches Knirschen erzeugt, das sogar über sein lautes Weinen hinweg deutlich zu hören ist. Er beginnt sich die wirren, grünen Locken zu raufen, nur um sich dann mit den Fäusten gegen den Kopf zu schlagen, als könne er damit all die verhassten Erinnerungen seiner Kindheit vertreiben. Es ist ein schrecklicher Anblick, der so dermaßen im Gegensatz zu seinem üblichen, vor Selbstsicherheit geradezu strotzenden Auftreten steht, dass sich weder Bruce noch Ed rühren können, obwohl sie ihn beide schon haben weinen sehen. Doch irgendwie ist es jetzt anders. Regelrecht herzzerreißend, sodass Alfred jegliche Bedenken, die er bis jetzt vielleicht noch tief in sich tragen könnte, einfach fallenlässt, sich neben ihn kniet und ihn fest in seine Arme schließt. „Aber, aber. Wer wird denn weinen?“, haucht er ihm ruhig zu. Sanft streicht der Butler über den bebenden Rücken des Jüngeren, wiegt ihn hin und her. Wie ein kleines Kind klammert sich Joker in Tränen erstickt an seiner Schürze fest und presst sein Gesicht gegen die Schulter des Älteren, sodass seine verschmierte Schminke schmutzige weiße Flecken auf dem sonst so perfekt schwarzen Frack des Butlers hinterlässt. Perplex betrachten der Mitternachtsdetektiv und der Rätselmeister das unwirklich erscheinende Schauspiel. „Ganz ruhig, mein Junge. Alles Schlechte ist vorbei und du bist jetzt hier und kannst mit uns feiern. Ist das nicht schön?“, fragt Alfred sanft. Langsam hebt Joker das Gesicht an und betrachtet ihn durch seinen stetigen Tränenschleier. „J-a-a...“, presst er brüchig hervor und schnieft überaus unmelodisch. Geschickt zieht der Grauhaarige ein Stofftaschentuch aus seiner Fracktasche und beginnt damit, das verschmierte Gesicht von Gothams größtem Kriminellen abzuwischen. Dabei wirkt er ganz wie eine liebende Mutter, die ihr kleines Kind tröstet, das sich das Knie aufgeschlagen hat. „Na siehst du, kein Grund zum Weinen. Was hälst du davon, mit mir in die Küche zu kommen und mir ein bisschen beim Nachtisch zu helfen?“, fragt er liebenswürdig und hilft Joker wieder auf die Beine. Inzwischen sind dessen Tränen fast versiegt und er holt nur noch abgehakt Luft. „Darf – darf ich – auch naschen?“ „Aber unbedingt sogar! Immerhin muss ich doch wissen, ob das, was ich da zusammenmische, überhaupt genießbar ist!“, kommt es erstaunlich ernst von dem Älteren, was ein kleines Lächeln auf die Lippen des Clowns zaubert. „O-kay.“ „Wunderbar! Dann machen wir uns gleich mal an die Arbeit, während die Herren den Baum schmücken.“, legt Alfred erfreut fest, ergreift die Hand des Verrückten und führt ihn ohne ein weiteres Wort in die Küche. Völlig überrumpelt bleiben Batman und Nigma allein zurück. „Was um alles in der Welt war denn das?“, will der Ritter schließlich wissen. „Ich habe nicht die geringste Ahnung...“, erwidert der Brünette. „So habe ich Alfred ja noch nie erlebt...“, grübelt Bruce nach. „Wirklich? Sag bloß er hat dich als Kind nie so getröstet.“, schmerzt Ed schon fast. „Doch schon. Auch wenn ich mich nicht erinnern kann, jemals einen solchen Anfall gehabt zu haben. – Ich habe es auch noch nie erlebt, dass Alfred jemanden duzt. Seit meiner frühsten Kindheit hat er mich immer gesiezt und auch jeden anderen, der ihm begegnet ist. Selbst andere Kinder...“, berichtet er. „Tja, scheinbar bist du nicht der Einzige, bei dem jegliche Form von Höflichkeit gegenüber durchgeknallten und überaus kindlich veranlagten Clowns verschwindet...“, meint Edward schulterzuckend. 3 Wenig später hocken Ed und Bruce vor der großen Tanne und versuchen die endlos langen Lichterketten zu entwirren. „Himmel, ich hätte ja gedacht, dass ein reicher Bengel wie du super speziellen Lichterketten hätte, die sich nicht bis zur Unkenntlichkeit verheddern...“, schnauft Edward resignierend. Der Schwarzhaarige gibt ein verächtliches Lachen von sich. „Schön wäre es. Aber vielleicht haben reiche Bengel wie ich sonst auch einfach einen Butler, der das macht.“, brummt er zurück, was ein freches Grinsen über das Gesicht des Jüngeren gleiten lässt. „Der Zug ist dieses Jahr wohl abgefahren, fürchte ich.“ „Definitiv. Dieses Jahr ist einiges anders. – Ich bin nur mal gespannt, ob man den Nachtisch überhaupt essen kann, wenn Joker da seine Finger im Spiel hat.“, murrt der Ältere und verheddert die Kette augenscheinlich nur noch mehr. „Solange es in eurer Küche kein Arsen gibt, wird es bestimmt was werden. Aber mir kann es ja auch egal sein, da ich ja eh nichts Süßes esse.“, kommt es schulterzuckend von Nigma, ehe er endlich ein paar Lichter befreien kann. „Da hast du ja eine prima Ausrede.“, grummelt Batman ernst. „Mag sein, aber das hilft mir auch nicht wirklich. Joker kann nämlich verdammt gut kochen, sag ich dir. In den paar Tagen, die wir nicht hier in der Bathöhle waren, hat er in unserem Unterschlupf ständig in der Küche gestanden. Ich kam mir schon vor wie in einem Sternerestaurant. Ich habe bestimmt drei oder vier Kilo zugenommen...“, schnaubt der Rätselmeister, um sein Missfallen über die ungewollte Gewichtszunahme auszudrücken. Skeptisch mustert ihn der Ältere. „Joker und Kochen? Das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Außer vielleicht einen Bottich mit Gift in seiner Hexenküche.“ „Das dachte ich am Anfang auch und hatte echt Angst was davon zu essen. Aber ich habe ihn ja dabei beobachtet und Joker hat so eine Art an sich, der ich nur sehr schlecht wiedersprechen kann...“, meint er, wobei Bruce nicht der liebevolle Ausdruck in den grünen Augen des anderen entgeht. Schließlich schaffen sie es doch noch die Kette zu entwirren und Batman steigt auf die Leiter, um sie um den Baum zu wickeln, während Ed aufpasst, dass sich nicht wieder alles verheddert. „Hast du das eigentlich gewusst? Ich meine, dass Joker noch nie Weihnachten gefeiert hat?“, fragt der Ritter nach einer Weile und steigt ein Stück tiefer. „Nein, das wusste ich nicht, und es ist wirklich traurig, was er alles durchmachen musste...“, die Betroffenheit schlägt sich deutlich in seiner Stimme nieder. „Wie war das bei dir? Immerhin bist du doch nicht schon seit frühster Kindheit total verquer.“ Edward wirft ihm einen abschätzenden Blick zu und antwortet dann doch. „Naja, ich hatte eigentlich eine ganz normale Kindheit. Wir hatten zwar auch nicht so viel Geld, aber zu Weihnachten spielte das dann kaum noch eine Rolle. Meine Mutter hat alles getan, damit es schön war. Auch noch nachdem meine Familie zerbrochen ist...“, berichtet Riddler, wobei er es vermeidet den anderen anzusehen. „Was ist passiert? – Ich meine, du musst nicht antworten, wenn es dir unangenehm ist.“ „Ist schon gut. Im Gegensatz zu Joker habe ich mit alledem abgeschlossen und kann mich auch ungezwungen an alles erinnern, auch wenn es manchmal schmerzt. Und an Hand dessen, was ich dir sage, wirst du mir wohl kaum einen Strick daraus drehen können. Auch wenn ich nicht abstreiten will, dass meine Kindheit Einfluss auf mein jetziges Erscheinungsbild genommen hat. – Ich wuchs mit einem älteren Bruder und einer jüngeren Schwester auf. Mein Vater hat meinen Bruder regelrecht vergöttert. Er war ein Junge, wie man ihn sich als Vater wohl nur wünschen kann. Sportlich, gutaussehend, durchsetzungsfähig, selbstsicher. Also praktisch das komplette Gegenteil von mir. Als er alt genug war, ging er zur Armee. Er hat versucht mir das Schießen beizubringen, doch ich konnte mich nicht dafür erwärmen, hab mich aber später an alles erinnert, weshalb ich jetzt wohl ein so guter Schütze bin. – Er starb bei einer Kneipenschlägerei, weil er einer Kellnerin helfen wollte, die von ein paar Rabauken belästigt wurde...“ „Das tut mir leid.“, meint Bruce ernst und lässt sich von Ed die zweite Kette reichen. „Muss es nicht. Abgesehen vom Schießunterricht, den er mir weiß Gott warum erteilt hat, war er ein echtes Arschloch. Ich war damals ziemlich klein und schmächtig. Zudem habe ich eine dicke Brille getragen. Zum Glück wurden meine Augen in der Pubertät viel besser, sodass er heute keine mehr brauche, aber damals konnte ich ohne kaum etwas sehen. Außerdem war ich ein richtiger Streber und das hat das Bild wohl abgerundet. Er hat mich deswegen ständig geärgert und auch das ein oder andere Mal verdroschen. Ein Grund, warum ich einer körperlichen Konfrontation immer aus dem Weg zu gehen versuche. – Eigentlich hat er sich nie um mich geschert, bis zu dem Moment, als er mir die Pistole in die Hand gedrückt hat. Im Nachhinein betrachtet kommt es mir fast wie eine Vorsehung vor. So als wenn er nicht wollte, dass ich so ende wie er, auch wenn wir uns überhaupt nicht leiden konnten. Er starb nämlich an einem Kopfschuss, weil einer der Rabauken plötzlich eine Waffe gezogen hat.“ Unmerklich zuckt Batman zusammen, als er das hört, und denkt unweigerlich an seine Eltern, die ja ebenfalls erschossen wurden, weshalb er Schusswaffen zu tiefst verabscheut und froh ist, dass Edward nur im aller größten Notfall darauf zurückgreift und sie noch nie gegen Batman gerichtet hat. Um nicht länger daran denken zu müssen, wechselt er etwas die Schiene. „Was ist mit deiner Schwester?“ „Sie war eine richtige Prinzessin und so hat mein Vater sie auch behandelt. Ein Jahr nachdem mein Bruder gestorben war, wurde sie schwer krank und starb ebenfalls. Meine Bindung zu ihr war auch nicht sonderlich viel mehr, als zu meinem Bruder, von daher weine ich dem nicht wirklich hinterher. Ich hatte nur gehofft, dass mein Vater mir dann vielleicht etwas mehr Beachtung schenken würde.“ „Tat er es?“, fragt Wayne, obwohl er das Gefühl hat die Antwort schon zu kennen. Alles andere würde einfach nicht passen. Doch er sagt nichts weiter und lässt sich stattdessen von Nigma die filigrane Spitze geben, um sie oben auf den Baum zu setzen. „Nein, aber insgeheim habe ich das schon gewusst. Ich war nie der Sohn, den er sich gewünscht hat. Wie gesagt, war ich praktisch das Ebenbild eines typischen Strebers und damit konnte er nicht umgehen. Ich war viel zu intelligent, als das er auch nur ein Gespräch von selbst mit mir begonnen hat. Er sagte immer, ich solle ein Mann und kein Weichei sein, sonst wird es mir eines Tages leidtun. Ich habe das nie so ganz verstanden. Zumindest bis ich achtzehn wurde. Das war vier Jahre nachdem meine Schwester gestorben war. – Er kam in mein Zimmer. Sah mich gründlich von oben bis unten an. Inzwischen brauchte ich meine Brille nur noch um Kleingedrucktes zu lesen, aber das war auch alles, was sich verändert hatte, wie mir schien. Ich war deswegen noch lange nicht sportlich und schon gar nicht auf seiner geistigen Ebene. Er sagte, ich hätte es verbockt und müsse jetzt damit klarkommen. Dann ist er gegangen und ich habe ihn nie wiedergesehen...“ „Er hat euch einfach so verlassen, weil du ihm nicht mannsgenug warst?“, hakt der Schwarzhaarige skeptisch nach und ergreift den Karton mit Kugeln, den Riddler ihm reicht. „So sieht es aus. – Danach habe ich versucht mich um meine Mutter zu kümmern und dem unbändigen Drang nach Rätseln in meinem Kopf irgendwie Herr zu werden. Wie du selbst weißt, ist mir das nicht allzu gut gelungen. Sie gaben mir ein zu tröstliches Gefühl, in einer Welt, die mich anders nicht mehr trösten konnte, und mehr und mehr zu meinem Feind zu werden schien. Und nachdem meine Mutter zwei Jahre später an einem Hirnschlag starb, brach alles aus mir heraus, was ich bis dahin versucht habe unter Kontrolle zu halten. Ich glitt in die Kriminalität ab, lebte nur für meine Rätsel, brachte keine menschliche Bindung mehr zustande, obwohl ich es versucht hatte. Lange Zeit hatte ich sogar eine Freundin, die es für mich erträglicher gemacht hat, doch der Riddler in mir hatte keine Liebe für sie übrig. Sie starb bald darauf an gebrochenem Herzen und einer Überdosis. Doch als ich das erfuhr, war ich schon längst nicht mehr zurechnungsfähig. – Nach der Trennung schottete ich mich komplett ab und lebte nur noch mit meinen Rätseln. Und den Rest kennst du ja, würde ich mal sagen.“ Erst jetzt sieht Edward ihm wieder ins Gesicht und Bruce kann eine stille Traurigkeit in seinen Augen erkennen. Was alles passiert ist, lastet auf ihm und doch kann er es nicht ändern und lebt ungerührt damit, als wäre so ein Werdegang völlig normal. Batman kann aber nun bestens verstehen, warum der Brünette bis vor kurzem noch solch lähmende Angst vor dem Tod hatte, wo er doch praktisch sein Leben lang davon umgeben war. „Ich weiß nicht ganz, was ich dazu sagen soll. Außer vielleicht, dass mir das alles leidtut. Das ändert zwar nichts daran, aber ich bewundere es, dass du trotz alledem so weit gekommen ist. Aus dir ist etwas geworden – zwar auf der falschen Seite, möchte ich sagen –, aber dennoch eine bemerkenswerte Person. Wenn dein Vater dich heute sehen würde, erst recht nach unserem Kampf gegen diese Monster, würde er dich ganz sicher nicht mehr für ein Weichei halten.“ „Ja, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Er war ein sehr schwieriger Mann. – Wie war es bei dir, reicher Junge? Mal ein schlechtes Weihnachten gehabt und womöglich das falsche Pony unterm Baum gefunden?“, versucht Ed ein bisschen zu scherzen. „Wirklich sehr witzig. Hätte glatt von Joker sein können. – Bis meine Eltern gestorben sind, nicht. Es gab nichts Schöneres als Weihnachten für mich, wie wohl für die meisten Kinder. – Danach war es ziemlich einsam. Alfred war zwar bei mir, aber das ist nicht ganz dasselbe, auch wenn er sich alle Mühe gegeben hat, es so aussehen zu lassen.“, tief seufzt er und nimmt den nächsten Karton entgegen. Mittlerweile braucht er die Leiter aber nicht mehr und so schmücken sie beide von verschiedenen Seiten. „Ich habe das Gefühl, dass das hier ein Weihnachten der gebrandmarkten Kinder ist.“, kommentiert Nigma das Ganze schließlich verdrießlich. „Da ist was dran. Obwohl ich das Gefühl habe, dass es für Joker...“ Weiter kommt der Dunkle Ritter nicht, da auf einmal ein gequälter Schrei aus der Küche zu ihnen herüberschallt. Es war eindeutig Alfreds Stimme. Erschrocken sehen sich die beiden ungleichen Partner an. „Joker!“, entkommt es ihnen im Chor und sie hetzen zur Küche. 4 Als die zwei die Küche betreten herrscht das reinste Chaos. Oder besser ausgedrückt: Ein Schlachtfeld! Mal davon abgesehen, dass überall Teller, Töpfe und Schüsseln stehen und sehnsüchtig darauf warten gespült zu werden, ist gefühlt der ganze Raum mit Blut überzogen! Es wirkt, als hätte jemand einen riesigen, mit dem roten Lebenssaft gefüllten Wasserballon hier drin platzen lassen. Schon allein dieser Anblick reicht aus, um den beiden ungleichen Rächern den Magen umzudrehen. Viel schlimmer ist allerdings der Anblick des armen Alfred. Er sitzt völlig schlaff und mit nach hinten gelegtem Kopf auf einem Stuhl nahe dem Herd. Die Augen geschlossenen und praktisch die gesamte Vorderseite seines Körpers in Blut getränkt. Genau auf der Brust ist es am schlimmsten, da muss der Clown ihn als erstes mit dem riesigen Messer erwischt haben, welches besagter Clown auch immer noch in Händen hält. Lässig sitzt der Grünhaarige auf der Arbeitsplatte neben Alfreds Stuhl, lässt kindlich die nackten, blutverschmierten Füße baumeln – deren Abdrücke sich überall in der Küche zu befinden scheinen –, grinst vergnügt in sich hinein und tut völlig unschuldig. Das ist aber bei weitem noch nicht das Perverseste an der ganzen Sache. Oh, nein! Es ist nämlich die Tatsache, dass Joker mit einer äußerst lasziven Geste das Blut von der Messerschneide leckt und dabei so verträumt die Augen verdreht, als würde es sich dabei um geschmolzene Schokolade handeln. „Um Himmels willen, Joker! Was hast du nur getan?“, kommt es keuchend vom Rätselmeister, der sich angestrengt die Hand auf den Mund presst, um die aufkommende Übelkeit noch irgendwie zu kontrollieren. „Ich war´s nicht.“, gibt der Angesprochene rotzfrech zurück und leckt erneut über das verschmierte Mordinstrument. „Ich bring dich um!“, entkommt es Bruce völlig außer sich. Gewaltsam zerrt er Joker von der Arbeitsplatte herunter und wuchtet ihn geräuschvoll und mit aller Kraft gegen den Kühlschrank. Eine Sekunde sieht der Jüngere nur noch Sterne und lässt daher klappernd das große Messer zu Boden fallen. Der Laut der auf die verschmierten Fliesen fallenden Klinge ist noch nicht einmal verhallt, da knallt schon heftig die geballte Faust des Dunklen Ritters ins lädierte Gesicht des Verrückten. Und selbstverständlich bleibt es nicht bei diesem einen Schlag. „Warum?“, brüllt Bruce ihm zornig entgegen. Doch Joker antwortet nicht, wehrt sich nicht einmal, lässt das Ganze nur stumm über sich ergehen, als hätte er schon aufgegeben. Ed ist von alledem hin- und hergerissen. Sein Herz schreit danach dazwischen zu gehen und dem Mann, den er liebt, zu helfen. Gleichzeitig versucht sein Verstand ihn davon abzuhalten. Für ihn ist es eindeutig, dass Joker das Ganze nicht mehr ausgehalten hat und einfach durchgedreht ist. Es wäre schließlich nicht das erste Mal... Er verdient daher jede nur erdenkliche Strafe, die Batman ihm zuteilwerden lassen will. Joker ist wie eine vergessen geglaubte Weltkriegsbombe. Lange Zeit kann es still um ihn sein, sodass man sich in Sicherheit wiegt. Doch etwas in ihm – sein kranker Wahnsinn – wartet nur darauf und dann explodiert er so unvermittelt und zerstörerisch, dass es dafür keinen Vergleich gibt. Edward hofft nur, dass Bruce seine Wut nicht auch noch an ihm auslässt. Doch im Moment ist der Rätselmeister einfach nur zu schockiert, um die Flucht zu ergreifen. „Aber, Master Bruce, was machen Sie denn da?“, tönt es auf einmal hinter ihnen. Mit ungläubig aufgerissenen Augen starrt Nigma den Totgeglaubten einfach nur an. Alle Kraft weicht dabei aus seinen Beinen, sodass er sich krampfhaft an der Arbeitsplatte festhalten muss, um nicht in einem Fall von Ohnmacht wie ein Stein zu Boden zu stürzen. Wie vom Donner gerührt wendet auch Bruce ruckartig den Kopf herum. Seine inzwischen selbst blutige Faust verweilt dabei zum Schlag bereit angespannt in der Luft. Seine Augen starren Alfred so voller Nichtbegreifen an, als würde auf einmal ein Zombie vor ihm aus dem Grabe auferstehen, und irgendwie scheint es ja auch so zu sein. Alles an ihm beginnt heftig zu zittern. Dennoch hält er Joker weiterhin fest gegen den Kühlschrank gepresst. „Alfred...?“, fragt der Schwarzhaarige schließlich mit brüchiger Stimme. „Ja, Master Bruce. Und jetzt lassen Sie den jungen Mann doch bitte wieder los.“ „Nein! Wie ist das möglich? Ich habe gesehen, wie er dich mit dem Messer erstochen hat...“, hält Wayne dagegen und drückt den Clown noch fester gegen den Kühlschrank. „Du lügst!“, fährt dieser ihn auch sogleich ungewohnt giftig an und versucht sich aus seinem Griff zu befreien. „Halt dein verlogenes Maul!“, gibt Batman ihm zu verstehen und holt wieder zum Schlag aus. „Aufhören!“, geht nun auch Edward dazwischen, für den das Ganze mittlerweile einem dummen Missverständnis gleicht. Grob schubst der Schwarzhaarige ihn aber wieder auf seinen Platz zurück. In Alfreds Gesicht tritt daraufhin tiefe Sorge, obwohl er durchaus verstehen kann, warum ein jeder von ihnen so reagiert. Dann ändert sich der Ausdruck zu väterlicher Strenge und er tritt dazwischen, als Riddler einen neuen Versuch unternehmen will und Joker sich schon fast losgerissen hat. „Schluss jetzt und zwar alle drei!“, kommt es überaus nachdrücklich vom den sonst so sanftmütigen Butler. „In meiner Küche wird sich nicht geprügelt und schon gar nicht an Weihnachten! Ist das klar?“, streng mustert er die drei jüngeren Männer und wartet darauf, dass sie sich alle wieder beruhigen. Das tun sie zum Glück auch ziemlich schnell und stehen dann wie ein paar verunsicherte Kinder da, die eben mächtig Ärger bekommen haben und nun auf die Strafe für ihren Unsinn warten. Ein tiefes Seufzen verlässt die Lippen den Grauhaarigen, ehe er sich anschickt, das Ganze zu erklären. „Ich allein bin an all dem hier schuld und nicht Mister Joker. Ich war gerade dabei Erdbeeren für den Nachtisch zu pürieren, während Mister Joker die Sahne dafür schlagen sollte. Dummerweise ist der Deckel des Mixers kaputtgegangen, sodass er sich ganz plötzlich gelöst und dieses Chaos angerichtet hat. Ich bat den jungen Herrn mich fünf Minuten von dem Schreck zu erholen, ehe wir das Unheil wieder beseitigen und das war auch schon alles.“ Prüfend mustert Bruce seinen treuen Freund und schaut sich dann genauer in der Küche um. Tatsächlich kann er die Schüssel und den Quirl entdecken, mit denen Joker die Sahne schlagen wollte. Neben dem Mixer sieht er zudem das Grün von Erdbeeren. Später beim Aufräumen wird er außerdem auch noch den kaputten Deckel des Mixers finden. Dennoch leicht skeptisch streicht er über Alfreds Schürze – dort wo er den tödlichen Stich vermutet hat –, als wolle er prüfen, ob wirklich alles in Ordnung ist. Seine Finger färben sich dabei augenblicklich rot, doch da sind auch die verräterischen Kerne der Früchte. Und als er daran riecht, steigt ihm nur der sonnengereifte Geruch frischer Erdbeeren in die Nase – keine Spur von Blut. Mit einer unendlichen Erleichterung seufzt er auf und lässt Joker endlich wieder los. 5 Zwei Stunde später ist die Küche wieder blitzblank, der Nachtisch doch noch gemacht, und die vier schmücken nun gemeinsam den Baum zu Ende, während sie darauf warten, dass der Vogel aus dem Ofen kann. Das unvorhergesehene Zwischenspiel scheint erstaunlicherweise der festlichen Laune von keinem einen Dämpfer verpasst zu haben. Und so unterhalten sie sich ausgelassen und ungezwungen, während sie ihrer Arbeit nachgehen. Von Zeit zu Zeit ist sogar Gelächter zu hören. Nach und nach füllt sich der große Baum mit allem nur erdenklichen Schmuck und wird somit immer bunter und pompöser. Neugierig durchwühlt der Clown eine weitere Kiste mit verschiedenen Ornamenten, auf der Suche nach etwas besonders Schönem. Dann reißt er begeistert die Augen auf und zieht etwas heraus. „Wow, eine Zuckerstange!“, flötet er aufgeregt und steckt sie sich auch schon in den Mund, noch ehe Edward ihn davon abhalten kann. Die Vermutung des Riddlers bestätigt sich aber schon kurz darauf, als sein naiver Freund zubeißt und dann das Gesicht verzieht. „Schmeckt komisch...“, nuschelt er fast schon weinerlich um die Stange herum. Ed schenkt ihm den nachsichtigen Blick eines Vaters und schmunzelt leicht. „Die ist ja auch nicht echt.“, meint er sanft. „Wasch...?“, kommt es enttäuscht von dem Jüngeren, der immer noch an der Stange nuckelt, als könne er den verstaubten Geschmack von Holz und Farbe einfach entfernen, um die Süße darunter freizulegen. Mit erhobener Augenbraue nähert sich ihm Bruce und zieht ihm die Stange schließlich aus dem Mund heraus, wie man einem Welpen einen Pantoffel aus dem Maul zieht, damit er nicht darauf herumkaut. Wie besagter Welpe scheint ihn der Joker daraufhin mit einer Mischung aus Schmollen und Enttäuschung anzuschauen. „Die Zuckerstangen sind aus Holz, damit kleine Kinder wie du keine Bauchschmerzen bekommen, wenn sie heimlich den halben Baum plündern.“, meint der Schwarzhaarige locker, wobei er unweigerlich an ein Weihnachten in seiner frühsten Kindheit denken muss, wo genau das passiert war und seine Eltern danach nur noch Stangen aus Holz besorgt haben, um sie an den Baum zu hängen. Dabei besieht er sich die Bissspuren auf dem Schmuckstück, die nun bis ans Ende aller Tage dort bleiben werden. Er stößt ein resignierendes Seufzen aus, wischt dann die Spucke des Verrückten mit einem Taschentuch ab und hängt die Stange an einen freien Ast. Nun erst recht schmollend verschränkt der Grünhaarige die Arme vor der schmalen Brust. „Wie fies...“, gibt er von sich und schiebt die Unterlippe vor. Unweigerlich fangen die drei anderen an zu lachen, was der Prinz allerdings überhaupt nicht komisch findet. „Ich weiß gar nicht, was daran so lustig ist...“, motzt er in scharfem Ton. Schließlich tritt Alfred vor ihm. „Hier, junger Herr. Versuchen Sie es doch mal hiermit.“, meint er sanft und zieht eine Zuckerstange aus der Tasche seiner Weste. Etwas argwöhnisch betrachtet sie der Jüngste. „Ist die echt?“ „Aber selbstverständlich und köstlich obendrein.“, versichert ihm der Butler, während die Stange schon ihren süßen Minzduft verbreitet. „Wow, danke!“, flötet der Clown und schiebt sie sich auch schon in den Mund. Einen Augenblick lutscht er etwas unschlüssig darauf herum, dann breitet sich ein seliges Grinsen auf seinen Lippen aus. „Lecker!“ „Master Bruce?“, fragt Alfred und reicht ihm ebenfalls eine Stange. „Du wirst nie müde, das zu tun, habe ich recht?“ „Niemals!“ „Wisst ihr, Alfred trägt die ganze Weihnachtszeit über immer Unmengen von diesen Zuckerstangen mit sich herum und jeder, der ihm über den Weg läuft, bekommt eine. Ich glaube, ich habe noch nie ein Jahr erlebt, in dem es nicht so war.“, meint Bruce fast schon nostalgisch. „Und Sie werden auch kein Jahr erleben!“, kommt es stolz von dem Grauhaarigen, während er sich Ed zuwendet. „Mister Nigma?“ „Oh, nein danke. Ich esse keine Süßigkeiten.“, entschuldigt sich der Rätselmeister höflich. „Das ist überhaupt kein Problem. Aber vielleicht kann ich Sie ja für eine schöne Tasse Pfefferminztee begeistern?“ „Vielen Dank. Aber nur, wenn es nach all der Aufregung keine Mühe macht.“ „Ganz gewiss nicht! Es muss schon weit mehr passieren, um mich von meiner Arbeit abzuhalten, dass kann ich Ihnen sagen. Und es ist eigentlich auch ganz herrlich mal wieder etwas Aufregung hier zu haben und nicht diese ganzen verklemmten, reichen Gören, die zum Lachen in den Keller gehen.“, meint er lächelnd und zwinkert vielsagend, woraufhin Joker und Riddler heftig zu lachen anfangen. „Das hat gesessen, Batsy!“, gluckst der Clown schadenfroh, während Batman sichtlich etwas die Worte fehlen. „Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, Master Bruce, aber Sie wissen, dass ich recht habe.“, kommt es noch immer schmunzelnd von dem Ältesten, bevor er sich wieder in die Küche zurückzieht. 6 Wayne nimmt es seinem treuen Butler tatsächlich nicht übel, auch wenn er das nicht hat kommen sehen. Er muss sogar selbst sagen, dass es wahrlich ganz angenehm ist, mal normale Leute – so kann man das zwar nicht sagen, aber egal – um sich zu haben, anstatt die oberen Tausend, für die die falsche Sorte Kaviar schon ein Weltuntergang ist. Er hätte zwar nie im Leben gedacht, dass er mal Weihnachten mit seinen beiden schlimmsten Widersachern verbringen würde, aber gibt es nicht für alles ein erstes Mal? Und einmal abgesehen von der ungewollten Action vorhin, haben sich die beiden das auch verdient, wie er findet. Ohne sie wäre Gotham schließlich jetzt sicher noch lange nicht von diesen Monstern befreit. All das geht ihm durch den Kopf, während er das letzte Stück Schmuck über der Tür zum Wohnzimmer anbringt. „Was ist das?“, will auf einmal eine Stimme hinter ihm wissen. Als er sich umwendet, steht dort der Joker und betrachtet neugierig das Grünzeug, das er dort aufgehängt hat. „Ein Mistelzweig.“, kommt die knappe Antwort. „Aha. Und wo für soll der da gut sein?“ Die Worte liegen Bruce schon auf der Zunge, doch dann verkneift er sie sich, da es sonst vielleicht nur wieder ungewollten Ärger gibt. „Das fragst du mal lieber Nigma. Der kann dir das viel besser erklären als ich.“, grinst der Schwarzhaarige in sich hinein und tritt in den Flur, um zu sehen, ob Alfred vielleicht doch Hilfe mit dem Tee braucht – oder eher, um das Folgende aus sicherer Entfernung zu beobachten. „Ed!“, flötet der Grünhaarige auch sogleich, wodurch sich der Angesprochene so sehr erschreckt, dass er sich fast die Kiste auf den Fuß fallen gelassen hätte, die er gerade zur Seite räumen wollte. „Was ist passiert?“, fragt der Brünette sichtlich durch den Wind. „Wozu ist das gut?“, will Joker nun von ihm wissen und deutet über seinen Kopf, wo der Zweig an der Türzarge hängt. Edward setzt einen Blick auf, als fürchte er, dass der Jüngere ihn irgendwie veralbern will. Als er jedoch den Mistelzweig sieht, laufen seine Wangen rot an und er räuspert sich etwas verlegen – erst recht, da er Bruce im Augenwinkel stehen und sie beobachten sehen kann. „Nun, also...“, setzt er an, während seine Wangen noch dunkler werden und er mit großen Augen von seinem Liebsten betrachtet wird. „Das gehört zu einem alten Weihnachtsbrauch und – oh, Mann...“, setzt er an und versucht das freche Grinsen auf Waynes Gesicht zu ignorieren. „Was ist denn?“, fragt Joker verwundert. „Weißt du es etwa nicht? Batsy hat gesagt, dass du es mir erklären kannst.“ „Ach ja, hat er das? Wie nett von ihm. Ich frage mich nur, warum er es dir nicht selbst sagt?“, kommt es etwas angesäuert von Nigma, wobei er den Schwarzhaarigen durchdringend anfunkelt. „Da mische ich mich nicht ein. Sonst wird nachher noch jemand eifersüchtig.“, meint Bruce weiterhin grinsend. Das Ganze scheint ihm viel Spaß zu machen, wie es dem Rätselmeister scheint, wobei er sich wahrlich fragt, womit er das nur verdient hat. „Kannst du denn dann nicht wenigstens woanders hingehen?“, knurrt der Brünette schon fast. „Ich denke nicht. Vielleicht kann ich ja sogar noch was lernen.“ „Manchmal frage ich mich wirklich, wer von euch beiden das größere Kind ist, ehrlich!“, motzt Ed. „Ich weiß gar nicht, warum du dich jetzt so aufregst. Ist doch nicht das erste Mal, dass ich das sehe.“ „Mag schon sein, aber das macht es nicht viel besser, weißt du das?“ „Ed...“, schmollt Joker nun dazwischen und der Angesprochene gibt ein resignierendes Seufzen von sich. „Okay, hör zu. Es ist Brauch, den Zweig zu Weihnachten an eine Türzarge zu hängen. Wenn sich ein Mann und eine Frau dann darunter treffen, dann müssen sie sich küssen, um sich damit Frieden und Liebe für das nächste Jahr zu wünschen. Mehr nicht. Verstehst du?“ Einen Moment scheint der Jüngere darüber nachzudenken und Edward glaubt schon, dass Joker es dabei bewenden lässt. Dann jedoch lächelt der Clown breit, tritt einen Schritt näher und zieht den Rätselmeister zu einem innigen Kuss heran. Etwas überrumpelt geht Riddler nach einer Sekunde darauf ein, wobei er Bruce einen finsteren Blick zuwirft, ehe er sich ganz auf seinen Freund konzentriert. Der Dunkle Ritter grinst nur wieder in sich hinein. „Du lieber Himmel!“, ertönt dann Alfreds Stimme ziemlich überfordert neben ihm, wobei er sich konzentrieren muss, um nicht den heißen Tee zu verschütten. „Was – was ist denn hier los?“, versucht es der Butler zusammenzubekommen, wobei sich eine peinliche Röte in seine Wangen schleicht. „Ich habe es dir nicht gesagt, weil ich es selbst erst seit kurzem mit völliger Sicherheit weiß, aber die beiden sind ein Paar.“, teilt Batman ihm schließlich mit. „So? Das kommst jetzt überraschend, muss ich zugeben.“, bemerkt der Grauhaarige noch etwas durcheinander. „Aber irgendwie sind die zwei ganz niedlich zusammen.“, kommt es dann erstaunlich gefasst wieder von dem Älteren, während sich ein kleines Schmunzeln in seinem Gesicht ausbreitet. Leicht verdutzt betrachtet ihn Bruce, hat er doch nicht mit so einer Antwort gerechnet. „Es ist verrückt, aber recht hast du schon.“, gibt der Schwarzhaarige schließlich zu. Langsam trennen sich die beiden wieder und sehen sich tief in die Augen. „Gut so?“, will Joker grinsend wissen. „Ja, schon. Aber eigentlich umarmen sich zwei Männer nur unter dem Zweig...“, kommentiert der Kleinere. „Das ist doch langweilig! – Aber was hälst du davon, wenn wir rauf ins Gästezimmer gehen und du mir das noch mal ganz genau erklärst?“, kommt es mir rauchiger Stimme von dem Jüngeren, während er den Krawattenknoten des anderen zu lösen beginnt. Der Rätselmeister schluckt schwer und hält ihn dann davon ab weiterzumachen, was diesen wieder leicht zum Schmollen bringt. „An sich liebend gern, aber dann verpassen wir das Essen und das willst du doch sicher nicht, oder?“, versucht sich Ed halbherzig zu retten. „Essen?“, fragt Joker mit großen Augen und der Magen des Clowns gibt ein lautes Knurren von sich, als würde er da ebenfalls ein Wörtchen mitreden wollen. Fast schon Hilfe suchend sieht sich Nigma nach Bruce um, in der Hoffnung diesmal Bestätigung zu bekommen. Überrascht stellt er dabei fest, dass Alfred sie ebenfalls beobachtet, was dem Brünetten sichtlich unwohl ist. Doch der Butler lässt sich nichts anmerken. „Mister Nigma hat recht. Das Essen ist in spätestens zehn Minuten fertig, weshalb ich die Herren langsam an den Tisch bitten würde.“ 7 Drei Stunden später haben sie das Essen hinter sich und selbst in den Joker passt im Moment kein Fitzelchen mehr hinein. Dafür naht aber der Abschied und ein jeder von ihnen spürt es in sich, auch ohne es aussprechen zu müssen. Fast schon betrübt über diese Tatsache versuchen es die vier ungleichen Verbündeten so lange wie möglich hinauszuzögern. Doch irgendwann lässt es sich einfach nicht mehr unterdrücken. Als schließlich der Abend anbricht ist es dann wirklich soweit. Geknickt versammeln sich die vier ein letztes Mal in der Bathöhle. Eine ganze Weile schweigen sie alle und keiner von ihnen will derjenige sein, der die irgendwie tröstende Stille zerbricht. Es würde bedeuten das Band zu zerreißen, das sich in den letzten Wochen ganz zaghaft und schleichend zwischen ihnen gebildet hat und das in ihnen mittlerweile ein Gefühl von Freundschaft hat entstehen lassen. Dennoch muss es sein. Ein jeder von ihnen muss wieder in alte Gewohnheiten zurückkehren, so verlangt es ihre Natur nun einmal. Ein wenig trösten sie sich damit, dass Licht nie ohne Schatten existieren kann, das Gute nicht ohne das Böse. Wäre es nicht so, würde ihnen allen etwas sehr Entscheidendes fehlen und sie könnten so nicht weiterleben. Trotz alledem werden sie wohl nie diese gemeinsame Zeit vergessen, mit all ihren Höhen und Tiefen. Verlegen kratzt sich Bruce am Hinterkopf. Abschiede sind nun wirklich nicht seine Stärke, und er kann Joker und Riddler ansehen, dass es ihnen ebenso geht. Resignierend seufzt er auf und durchbricht dann endgültig die Stille. „Das – ist doch albern. Bringen wir es schnell hinter uns, sonst stehen wir morgen noch hier.“ „Wäre das denn so schlimm?“, kommt es erstaunlich scheu vom Clownprinzen. Innerlich stellt sich Batman dieselbe Frage und würde es gern verneinen, doch das wäre einfach nicht richtig, und das weiß selbst Joker. Bruce kann es an seinen Augen ablesen – dieser Funken von Chaos, der darin aufblitzt und nur darauf wartet wieder an die Oberfläche treten zu dürfen. Dem Schwarzhaarigen geht es nicht anders. Es juckt ihm regelrecht in den Fingern, den Jüngeren wieder über die Dächer der Stadt zu jagen und sich das Hirn über Riddlers Rätsel zu zermartern. Daher straft er den Grünhaarigen mit einem strengen Blick. „War ja nur so ein Gedanke...“, murmelt dieser daraufhin und zuckt mit den Schultern. Abermals droht Schweigen die kleine Gruppe zu übermannen, doch diesmal hält es nur ein paar Sekunden, bevor Joker es dann doch nicht mehr aushält und die Initiative ergreift. Mit festen Schritten tritt er vor Bruce, blickt ihn mit diesem unnachahmlich trotzigen Schmollen eines kleinen Kindes an und umarmt ihn dann stürmisch. Etwas überrascht zuckt Wayne leicht zusammen, ehe er das Ganze erwidert. „Ich werde dich umbringen...“, haucht Joker ihm in tiefer Erregung entgegen – ganz so wie man jemandem sagen würde, dass man ihn über alles liebt –, und drückt ihm dann einen zarten Kuss auf die Schläfe. Ein nahezu zufriedenes Lächeln schleicht über das Gesicht des Rächers. „Ich werde dich auch umbringen...“, gibt er nicht weniger extatisch zurück – gleich einem Mann, der seiner Geliebten ewige Treue schwört –, drückt den jungen Mann einen Augenblick fester an sich und lässt dann von ihm ab. Einen Moment treffen sich ihre Blicke noch, dann wendet sich der Clown Alfred zu. Der Butler schenkt ihm ein wehmütiges Lächeln. „Hier, noch eine für den Weg.“, meint er und reicht dem Verrückten eine weitere Zuckerstange aus seinem schier unerschöpflichen Vorrat. Als Joker sie sieht, rinnt ihm eine einzelne Träne die blassgeschminkte Wange hinab, als würde ihm plötzlich klarwerden, dass das, was er heute erleben durfte, so nie wieder passieren wird, ganz gleich wie sehr sie alle es sich auch wünschen würden. Mit nicht ganz ruhigen Fingern ergreift der Jüngere die Süßigkeit und lässt sie in seiner Hosentasche verschwinden. Dann zieht er Alfred nicht minder stürmisch in die Arme und drückt ihn fest an sich. Der Grauhaarige zögert jedoch keine Sekunde und erwidert die Geste sichtlich betroffen. „Danke. – Danke für alles. Du bist einfach nur klasse! Und – und wenn du jemals von ihm die Nase voll hast, dann komm zu mir und dann kochen wir zusammen!“, kommt es schon fast wimmernd von dem Grünhaarigen. „Das ist ein Angebot, das ich ganz unmöglich ablehnen kann, junger Herr! Und ich freue mich schon darauf! – Leben Sie wohl und bleiben ganz genauso wie Sie sind – einmalig!“ Alfreds Stimme ist auch nicht mehr ganz fest, doch er verkneift sich mögliche Tränen gekonnt. Als sie sich trennen, steht Ed schon bereit, um Jokers Platz einzunehmen, da er sich scheinbar lieber erst von Alfred verabschieden möchte, statt von Bruce, was den Schwarzhaarigen schon fast stutzig macht, wirkte Nigma bis jetzt fast schon nervös Batman gegenüber. „Vielen Dank für die äußerst zuvorkommende Gastfreundschaft. Und entschuldigen Sie den ganzen Ärger, den wir zwischendurch verursacht haben.“, meint Riddler in all seiner gewohnten Förmlichkeit und reicht dem Butler die Hand. Lächelnd ergreift Alfred sie. „Keine Ursache und überhaupt kein Problem.“ Und damit ist das Ganze zwischen ihnen auch schon abgefrühstückt. Doch anstatt sich nun Bruce zu zuwenden, sieht er sich erst nach seinem Freund um. „Geh doch schon mal vor und mach das Motorrad startklar. Ich will noch einen Moment unter vier Augen mit Bruce sprechen.“ Argwöhnisch mustert der Clown sein Gegenüber. „Warum?“, fragt er trotzig. „Das ist nicht alles für deine Ohren bestimmt, darum.“ Eine Weile scheint der Jüngste darüber nachzudenken, rührt sich jedoch nicht, weshalb Ed schon nach ein paar Worten sucht, die ihn milde stimmen könnten. „Geh einfach spielen, Joker! Das ist ein Gespräch für Erwachsene.“, grinst Batman schließlich leicht gehässig, ehe dem Rätselmeister etwas Passendes einfällt. Mit sichtlichem Entsetzen sieht Edward zum Dunklen Ritter und dann zu dem verrückten Clown zurück, als befürchte er, dass sich die beiden doch noch an die Gurgel springen werden. Für einen Augenblick verfinstert sich das Gesicht des Grünhaarigen auch tatsächlich deutlich, dann zuckt er nur wieder mit den Schultern. Lässig schiebt er sich die Zuckerstange in den Mund und stapft davon. „Mach hinne, Ed, sonst komme ich dich holen!“, ruft er noch, dann erst er verschwunden. „Musste das sein?“, fährt Nigma den Rächer dann an. Dieser reibt sich die Schläfen, als hätte er plötzlich starke Kopfschmerzen bekommen. „Scheinbar. Ich weiß wirklich nicht, wie du es die ganze Zeit mit ihm aushältst. Er ist wie ein großes Kind...“ Mit einem fast schon wehmütigen Schmunzeln sieht Ed zu der Stelle, an der Joker verschwunden ist. „Da hast du recht und manchmal wird mir das auch zu viel. – Aber glaub mir, er kann auch ganz anders, wenn er will.“ Batman gibt nur ein Brummen als Antwort. „Schön, was willst du mir jetzt sagen?“ „Okay, zuerst einmal habe ich die Dateien uns bezüglich auf deinem Rechner überarbeitet. Doch bevor du deswegen ausrastest, ich habe nichts gelöscht, sondern nur Ergänzungen vorgenommen. Sie sind grün, von daher sollten sie nicht zu übersehen sein.“ „Was sind das für Ergänzungen?“ „Nun, alles Mögliche. Hier und da habe ich Anmerkungen gemacht, was falsch an deinen Überlegungen ist oder ich habe hinzugefügt, was du so alles im Laufe der jüngsten Zeit von uns gehört hast. Zum anderen habe ich Sachen eingetragen, die bei dir bisher nur mit einem Fragezeichen gekennzeichnet waren. Das konnte ich mir einfach nicht verkneifen, wie du dir wohl denken kannst. Da wären beispielsweise Jokers richtiger Namen und...“, setzt Ed an, wird dann aber von seinem Gegenüber harsch unterbrochen. „Was? Du kennst seinen Namen? Bist du sicher? Den weiß er doch angeblich selbst nicht einmal!“, empört sich Bruce richtiggehend. Nigma belächelt das nur. „Da hast du recht. Er weiß ihn nicht und doch kennt er ihn. Wie viele seiner Erinnerungen kam auch er ungewollt an die Oberfläche und er kann sich daran nicht einmal mehr erinnern. Welch Ironie, möchte ich sagen, aber wohl großes Glück für ihn, dass er ihn ausgerechnet mir genannt hat. Doch ich bezweifle nicht, dass er stimmt. – Erinnerst du dich an die Nacht für ein paar Jahren, als der schwere Sturm Arkham halb zerstört hatte? Joker hatte mir damals geholfen, sonst würde ich hier heute wohl nicht mehr stehen. Wie hatten uns in einer Höhle auf der Insel versteckt, bis das Schlimmste vorbei war. Ich konnte die Stille nicht ertragen, also habe ich immer wieder angefangen mit ihm zu reden, auch wenn ich damals noch so viel Angst vor ihm hatte, dass ich kaum ein Wort rausbekommen habe. Doch immerhin hatte er mich ja gerettet und das gab mir zumindest etwas Mut. Zuerst haben wir auch nur über belanglose Dinge gesprochen. Aber ich merkte, dass er Vertrauen zu fassen schien. Vielleicht war er auch damals schon verliebt in mich und konnte es nur nicht zeigen, wer weiß. Und als uns dann die Themen ausgingen, sprachen wir über unsere Vergangenheit. Dabei offenbarte er mir ganz unbewusst seinen Namen. Anhand der Dinge, die du schon über Joker weißt und mit Hilfe des Namens kannst du vielleicht sein bisheriges Leben zurückverfolgen und verstehen, warum er so wurde, wie er jetzt ist.“ „Danke. Ich werde es in jedem Fall versuchen.“ „Dreh nur keinem von uns einen Strick daraus. Immerhin tue ich das alles aus freien Stücken und auch noch ohne sein Wissen. Und er darf auf keinen Fall erfahren, dass ich dir das gesagt habe, sonst schwimmt bald eine Leiche durch den Gotham River. – Im Grunde bin ich kein schlechter Mensch, und ich denke, das weißt du auch. Ich habe nur einen falschen Weg gewählt. Also sieh das Ganze vielleicht als eine Art Läuterung an. – Allerdings, wenn wir durch diese Tür treten, wird alles wahrscheinlich wieder so sein wie früher. Ich kann es euch beiden ansehen. Ihr brennt geradezu darauf, euch wieder gegenseitig die Seele aus dem Leib zu prügeln. Ich kann das sogar verstehen und freue mich mindestens genauso sehr darauf, dich wieder bei einem meiner Rätsel schwitzen zu sehen.“, er schenkt Bruce ein knappes Lächeln und spricht dann weiter. „Ich habe gehört, was er dir zugeflüstert und du geantwortet hast. Eines Tages wird sich euer Schicksal erfüllen, da bin ich ganz sicher. Und ich will, dass du weißt, dass ich euch dann nicht im Weg stehen werde. – Noch kann ich nicht sagen, ob ich dann noch eine Beziehung mit Joker haben werden oder nicht. Fest steht zumindest schon einmal, dass ich nicht gewillt bin den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen, dafür ist er schlichtweg zu anstrengend, wir zu verschieden und ich für langfristige Beziehungen wohl einfach nicht gemacht. Doch das weiß er selbstverständlich noch nicht und ich werde es ihm auch nicht sagen. Aber bis zum Ende seines Lebens wird es wohl gehen, dafür wird er schon sorgen. Er wird mich nicht gehen lassen, denke ich. Und ich müsste wohl völlig bescheuert sein, wenn ich mich von ihm trennen würde. Das wäre mein Todesurteil. – Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass ich ihn nicht davon abhalten werde dich zu töten, völlig gleich wie grausam und krank er sich diesen letzten Akt auch ausmalen wird. Im besten Fall stehe ich daneben und sehe ungerührt zu. – Aber genauso wenig werde ich dich dann davon abhalten ihn zu töten. Ich werde nicht eingreifen und ich werde auch nicht weinen, bis ihr beide euren letzten Atemzug gemacht habt. Und dann – tja dann werde ich euch dort begraben, wo Joker es sich für uns gewünscht hat. Das ist wohl das Mindeste, was ich tun kann, um euch euren Frieden zu geben und auch meinen Frieden mit alledem zu machen...“ „Das sind große Worte, Edward. Und ich danke dir dafür.“ „Keine Ursache. – Ach ja, noch etwas. Wie schon gesagt, wird sicher alles wieder beim Alten sein, wenn wir die Höhle verlassen. Und sei gemerkt, wir werden nicht zurückkehren, wenn du es nicht willst oder es unbedingt erforderlich sein sollte, und wir werden auch niemandem von alledem erzählen. Dein Geheimnis ist bei uns sicher, wenn unsere es auch bei dir sind, wovon ich ausgehe. – Alles wird wieder zurückgesetzt. Wir werden uns wieder Nacht für Nacht bekriegen, weil wir es brauchen. Ganz besonders Joker braucht es und das kann ich ihm auch nicht abgewöhnen, fürchte ich. – Aber durch unsere Beziehung habe ich doch einiges an Einfluss auf ihn gewonnen und werde das auch ausnutzen, um ihn etwas in Zaum zu halten. Solange wir zusammen sind, werden keine Leichen mehr sehen Weg pflastern, das verspreche ich dir. Er weiß sehr gut, wie zuwider mir das Töten ist und wird sich daher meinem Wunsch beugen. Dennoch kann ich für Unfälle keine Verantwortung übernehmen und für das zerstörerische Chaos, das er anrichtet, schon gar nicht. Der Junge braucht halt Auslauf, wie du weißt. Aber immer noch besser als hunderte Tote, meinst du nicht?“ „Das sehe ich auch so, ja. Und wie mir scheint, hast du dir wirklich viele Gedanken über das alles gemacht und so einiges an Einfluss auf ihn. Das ist wirklich bewundernswert, wo du doch am Anfang so ein Angsthase warst und er völlig außer Kontrolle. Ihr seid beide aneinander gewachsen. – Joker ist sehr selbstständig in seinem Handeln und lässt sich normalerweise nichts sagen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass er stets nach einer Hand gesucht hat, die ihn führt. Meine ist es allem Anschein nach nicht, obwohl ich es so oft versucht habe und er sich manchmal sogar fügte. Fast wie ein Streuner, der immer nur schlechte Erfahrungen gemacht hat und daher niemandem vertraut und notgedrungen doch spurt, wenn man nur streng genug mit ihm spricht und er keinen anderen Ausweg sieht. Doch in dir hat er praktisch sein Herrchen gefunden, dem er blind vertraut und für den er sogar gehorcht, selbst wenn sich alles in ihm dagegen verwehrt und er seine Gewohnheiten aufgeben muss.“ Unweigerlich muss Ed wieder schmunzeln. „Ein wirklich treffender Vergleich. Ich...“ „Ed! Nun komm endlich!“, harscht Joker nun laut und schickt sich an zu ihnen herüber zu kommen. „Ich sollte wohl besser gehen, sonst pinkelt dir mein kleiner Streuner aus Trotz noch auf den teuren Teppich.“ Gleichzeitig fangen beide an zu lachen und reichen sich dann zum Abschied die Hände. „Leb wohl, Bruce.“ „Leb wohl, Edward.“ Zwei Minuten später sitzt Nigma hinter Joker auf der warmen Maschine, während Batman sie bis zum Ausgang begleitet hat und nun den geheimen Durchgang in den Wald öffnet. „Ich hätte da noch eine Bitte an euch, sozusagen mein Weihnachtswunsch.“ Verwundert sehen ihn die beiden an. „Schieß los.“, meint der Grünhaarige. „Ich wünsche mir, dass ihr für den Rest des Jahres nichts mehr anstellt. Kein Blutvergießen, keine Explosionen, Banküberfälle und was nicht noch alles. Meint ihr, dass ihr das hinbekommt?“ Abschätzend sehen sich die zwei Gauner an. „Dir ist klar, dass das Jahr nicht einmal mehr eine Woche lang dauert?“, fragt Riddler nach. „Ja, deswegen denke ich ja, dass es für euch machbar sein dürfte.“ Fragend sieht der Brünette seinen quirligen Freund an. Dieser zuckt nur wieder lässig mit den Schultern. „Schön, aber nur, wenn ich Silvester wenigstens irgendwas in die Luft jagen darf!“, erwidert der Clown grinsend. „Auf dem Schrottplatz kannst du dich von mir aus nach Herzens Lust austoben, solange du niemandem schadest. Vielleicht komme ich sogar vorbei und jage auch was hoch!“ Verdutzt blickt der Grünhaarige ihn an, doch Bruce grinst nur herausfordernd. „Wir haben ein Date, mein Großer!“, flötet er dann ausgelassen, und keine zwei Sekunden später rast die Suzuki auch schon davon. Eine Weile steht Bruce noch im geheimen Eingang zur Bathöhle tief im verschneiten Wald und blickt den beiden davonfahrenden Gaunern wehmütig hinterher. In diesem Moment glaubt er, eine der großen Wahrheiten des Lebens entdeckt zu haben: Schwerer, als von sich selbst Abschied zu nehmen, ist nur eines – sich von seinen Freunden zu verabschieden und zu wissen, dass man beim nächsten Aufeinandertreffen womöglich wieder bis aufs Blut verfeindet sein wird. Doch bis dahin wird es hoffentlich noch eine Weile dauern, und vielleicht muss es auch gar nicht so weit kommen –, denn wer weiß schon, was das nächste Jahr bringen wird? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)