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Monster rumble

von

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Snake river


 

1
 

Am frühen Nachmittag scheint die Sonne in das Gästezimmer, das sich die beiden Kriminellen vorübergehend teilen. Nur sehr widerwillig schlägt Edward die Augen auf, als ihn das Licht zu blenden beginnt. Nach allem, was in den letzten zwei Tagen passiert ist, denkt er gar nicht daran aufstehen zu wollen. Zudem ist die Sonne nur trügerisch, denn dieser sechste Dezember ist klirrend kalt, aber erstaunlich klar. Kein Grund also ein so schön warmes Bett zu verlassen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Mit einem müden Brummen dreht er sich umständlich auf die andere Seite und will weiterschlafen. Allerdings stellt er dabei fest, dass er gar nicht allein im Bett liegt. Sein mitgenommener Verstand hat diese Tatsache anscheinend erfolgreich verdrängt, was ihn beinahe aus allen Wolken fallen lässt, als er nun in das schlafende Gesicht des Jokers blickt. Ein leichter Schreck fährt durch seine Glieder und er will Abstand zu dem verrückten Clown gewinnen. Doch irgendwie kommt er nicht weg. Erst einen Moment später bemerkt er, dass der Jüngere die Arme um ihn geschlungen hat. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, kuschelt sich der Grünhaarige nun auch noch an seine nackte Brust heran und gibt einen wohligen Laut von sich, der einem Schnurren gleichkommt.
 

„Das kann doch alles nicht wahr sein...“, jammert Nigma theatralisch in sich hinein. Dann kommt langsam die Erinnerung an letzte Nacht hervor. Wie er in einem völligen Blutrausch gefangen und jenseits seines Verstandes diese Riesenmotte erledigt hat. Als sie wieder auf Wayne Manor waren, hat er sich gefühlte hundert Mal gewaschen, um diesen widerwärtigen Gestank loszuwerden, doch es hat nicht viel genutzt. Dann lag er ewig wach in diesem fremden Zimmer in diesem fremden Bett und trotz vollkommener Erschöpfung konnte er einfach nicht einschlafen. Irgendwann ist dann Joker in sein Bett gekommen und ab da weiß er nichts mehr. Plötzlich beschleicht ihn ein sehr ungutes Gefühl. Was ist passiert, nachdem sein Kopf scheinbar abgeschaltet hat? Er will es sich gar nicht vorstellen, nicht mit dem Joker... ‚Oh Himmel, bitte nicht...!‘ Ed steht kurz davor völlig die Nerven zu verlieren, dann merkt er jedoch, dass sie beide noch ihre Unterhosen anhaben und auch alles andere sich normal – unberührt könnte man sagen – anfühlt. Erleichtert stößt er ein Seufzen aus. Das wäre nun wirklich zu viel für ihn, wäre es anders gewesen. Dennoch kann er sich nicht damit anfreunden, dass ihm dieser durchgeknallte Clown so nahe ist. Ganz hinten in seinem Kopf flüstert ihm eine leise, kaum hörbare Stimme zu, dass er gestern Nacht die Nähe des anderen durchaus begrüßt hat und er nur deswegen überhaupt einschlafen konnte. Kann so etwas denn sein? Der Rätselmeister will sich das gar nicht vorstellen, allerdings fürchtet er, dass diese kleine Stimme recht hat.
 

Erneut seufzt er in sich hinein. Das hier sollte definitiv enden, ehe es noch weiter ausartet. Vorsichtig versucht sich der Brünette daher aus dem Griff des anderen zu befreien. Der Jüngere hält ihn aber erstaunlich besitzergreifend an sich gedrückt, sodass sich Nigma schon wie ein übergroßer Teddybär vorkommt. Sein Unbehagen wächst. Ihm kommt der Gedanke, den anderen Mann einfach grob von sich wegzustoßen, doch dann würde er sicher aufwachen und eine Erklärung verlangen oder im schlimmsten Fall sogar zurückschlagen. Aber Edward hat absolut keinen Nerv mehr dafür. Irgendetwas muss er aber tun, denn langsam bekommt er in dieser ungewollten Stellung einen schmerzhaften Krampf im Rücken. Zudem meldet sich nun auch noch seine volle Blase, von daher sollte ihm wirklich schnell etwas einfallen. Energischer als zuvor versucht er sich also aus seiner Lage zu befreien und dann passiert das, was er eigentlich vermeiden wollte: Der Joker wacht auf.
 

Blinzelnd und verschlafen öffnet er die Augen. Ein herzhaftes Gähnen verlässt seinen Mund. Kurz darauf scheint er aber schon wieder einschlafen zu wollen. Das kann Ed nun wirklich nicht zulassen, sonst macht er jeden Moment wie ein kleines Kind ins Bett. „Bleib gefälligst wach! Hörst du?“, fährt er den selbsternannten Prinzen ungehalten an. „Wasis...?“, fragt dieser nuschelnd und sieht langsam zu ihm auf. „Eds?“, kommt es dann verwundert von ihm. „Ja, aber nenn mich nicht immer so! Ich hasse das! Und würdest du mich jetzt langsam mal loslassen? Ich muss dringend auf die Toilette!“ Es dauert eine Weile, ehe der Clown zu verstehen scheint, was sein Gegenüber von ihm möchte, dann rückt er aber gnädiger Weise etwas zur Seite und öffnet seine Arme. Erleichtert stürzt der Rätselmeister regelrecht aus dem Bett und in das angrenzende Bad.
 


 

2
 

Wenn er schon mal hier ist, könnte er ja auch gleich noch mal duschen. Vielleicht verschwindet dann dieser Gestank endlich mal? Ed hat den Gedanken kaum beendet und betätigt gerade die Spülung, als sich auch schon die Tür öffnet. Sich kindlich mit der Faust die Augen reibend, tapst der Joker ins Bad und Edward verflucht sich tausend Mal, dass er sich nicht noch die Zeit genommen hat, um den Riegel vorzulegen. „Sag mal, kannst du nicht warten, bis ich fertig bin?“, fragt er den anderen Mann etwas ungehalten. Noch halb im Schlaf gefangen blickt ihn der Grünhaarige verständnislos an. „Ich hab doch gewartet, bis du gespült hast. Außerdem hast du nicht abgeschlossen. Was regst du dich also so auf?“ Der Riddler rollt nur genervt mit den Augen. „Ich lasse mich ganz sicher nicht auf so ein Niveau hinab und erkläre dir, dass man nicht einfach ins Bad geht, wenn ein anderer es gerade benutzt, völlig egal, ob die Tür verschlossen ist oder nicht!“ Wieder dieser verständnislose Blick. Langsam beginnt sich der Brünette zu fragen, welche Art von Erziehung sein Gegenüber wohl genossen haben mag – abgesehen von den Misshandlungen seines Vaters natürlich. Die einfachsten Benimmregeln scheinen ihm fremd zu sein. Wahrscheinlich kann Ed sogar froh sein, dass Joker überhaupt das Bad benutzt und nicht wie ein Tier einfach in irgendeine Ecke macht.
 

Ehe er sich dahingehend aber noch weitere, ungewollte Gedanken machen kann, klopft es plötzlich an der Zimmertür. ‚So viel zu meiner Dusche...‘, denkt sich Nigma angesäuert. „Mach, was du willst. Ich sehe nach, wer das ist.“, fährt er den selbsternannten Prinzen schließlich an und verlässt das Bad wieder. Etwas ungehalten öffnet er die Tür. Davor steht Alfred, doch etwas überrascht von der harschen Begrüßung. „Ist alles in Ordnung, Mister Nigma?“ Der Angesprochene gibt ein leises Knurren von sich und versucht dann seine Fassung wiederzufinden. „Alles bestens, danke der Nachfrage. Es ist nur nicht so leicht, sich ein Zimmer mit diesem Clown zu teilen...“, seufzt er schwer. „Das kann ich mir vorstellen. Aber vielleicht können Sie heute ja getrennt schlafen, sollten Sie hier noch weiter nächtigen.“, kommt es mitfühlend von dem Butler. „Das wäre wirklich herzerwärmend. – Doch das ist sicher nicht der Grund Ihres Besuchs.“ „Durchaus nicht. Doch Master Bruce bat mich, Sie beide zu holen. In der Höhle steht etwas zu essen für Sie bereit und die Untersuchungen sind jeden Moment abgeschlossen, sodass wir mit den Ermittlungen fortfahren können.“ „Das ist doch schon mal was Gutes. Wir kommen gleich runter.“, verspricht Ed und schließt die Tür wieder. Vom Gedanken an seine Dusche verabschiedet er sich endgültig, doch sein Magen beginnt erwartungsvoll zu knurren, wenn er daran denkt, wie gut Alfred doch kochen kann.
 


 

3
 

Gut eine Stunde später ist das Essen Vergangenheit und die vier ungleichen Verbündeten hocken grübelnd über den Ergebnissen der Analyse. Der Butler hat sich in der Zwischenzeit doch erstaunlich gut mit der Tatsache angefreundet, die beiden Ganoven hier zu beherbergen, schreckt ihn doch die Anwesenheit des Jokers kaum mehr. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass der Clown seit seiner Ankunft darauf verzichtet hat, sich das Gesicht zu dieser skurrilen Maske zu schminken. So nackt wirkt er einfach viel harmloser, auch wenn er es definitiv nicht ist. Bruce wünschte, er könnte das Ganze auch so locker sehen, wie sein langjähriger Freund. Doch es fällt ihm noch immer unglaublich schwer zu akzeptieren, dass der Joker und der Riddler hier in seinem Haus verweilen und zudem auch noch sein Geheimnis kennen. Da ist es völlig egal, wie sehr sich die beiden doch zu bemühen versuchen, ihm bei diesem Fall zu helfen. Er wird den Gedanken einfach nicht los, dass die zwei irgendetwas planen, um ihn ins Messer laufen zu lassen. Dass sie sich nur so friedlich geben, um den richtigen Moment für ihren Vernichtungsschlag abzuwarten.
 

Allerdings ist jetzt keine Zeit für seine tiefsitzenden Befürchtungen, schließlich muss er eine Stadt beschützen, ganz gleich, ob er dazu die Hilfe dieser beiden Spinner braucht oder nicht. Mit einem ratlosen Brummen studiert Wayne noch einmal den Ausdruck der Analyse. Der Mothman war eine genetische Verschmelzung eines vor zwei Monaten verstorbenen Mannes und, wie vermutet, einer Motte. Mit diesen Ergebnissen wenden sich die vier dem großen Computer zu, um weitere Recherchen durchzuführen. Laut genetischem Fingerabdruck handelt es sich bei der Motte um einen Eichenspinner – eine ziemlich große Nachtfalterart, die vorwiegend in Europa vorkommt. „Mann, was für ein Riesenvieh!“, gibt der Clown mit einem anerkennenden Pfeifen von sich, als das Bild der Motte eins zu eins auf dem Monitor erscheint. „Europa ist ganz schön weit weg von hier.“, wirft Edward in den Raum. „Das stimmt. Aber wahrscheinlich hat sich der Täter eine der Motten aus dem Nachttierhaus im Zoo besorgt. Da gibt es eine ganze Abteilung für nachtaktive Insekten. – Alfred, sei doch so gut und ruf im Zoo an. Frag nach, ob sie dort auch Eichenspinner haben und ob es ihnen möglich ist herauszufinden, ob ihnen ein oder mehrere Exemplare fehlen.“, erwidert Bruce. „Sehr wohl, Sir.“, kommt es von dem Grauhaarigen und schon einen Moment später begibt er sich nach oben, um den Anruf auszuführen.
 

Derweilen lädt Batman das DNA-Profil des Verstorbenen in den Computer. Tatsächlich wird das Programm fündig und ruft einen Bericht der Polizei auf. Bei dem Mann handelt es sich um Donald Miller. Er starb vor gut zwei Monaten bei einem Flugzeugabsturz. Der Unfallbericht ist ebenfalls in der Akte einzusehen. „Hm, es muss einen Grund geben, dass der Täter ausgerechnet diesen Mann für sein Experiment ausgesucht hat...“, murmelt der Schwarzhaarige vor sich hin. „Tagein, Tagaus tue ich es und doch setze ich mich irgendwann zur Ruhe. Genieße den Moment, in dem andere dasselbe für mich tun und ich die Welt von oben sehen kann. Doch die Verantwortung ist dann nicht mehr die meine.“, kommt es keck vom Riddler. „Ein Pilot!“, platzt es aus dem Grünhaarigen heraus und er deutet auf das Ende des Polizeiberichts. „Ja, genau. Dieser Miller war Pilot bei der Luftwaffe.“, erwidert Edward. Dann sieht es auch der Dunkle Ritter. Der Polizeibericht beinhaltet nicht nur den Unfallhergang, sondern auch die Tatsache, dass Donald Miller bei ihnen aktenkundig war. Er war ein sehr guter Pilot, doch auch sehr eigenwillig und kämpferisch. Wiederholt wurde er angeklagt, weil er mit seinem Kampfflugzeug ohne ersichtlichen Grund zu tief geflogen ist oder durch Bereiche, die für derartigen Flugverkehr gesperrt sind. Er galt es Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und des Luftraums. Hinzu kommt eine ganze Liste an Befehlsverweigerungen. Sein Tod bildet da die Krönung, denn er wurde abgeschossen, als er ein Gebiet überflog, das strengster Bewachung unterliegt und man ihn wiederholt aufgefordert hat abzudrehen. Er weigerte sich jedoch, was als Angriff gewertet wurde. Dies bestätigte sich später auch noch, da er über diesem Gebiet eine Bombe abwerfen wollte. Dies hatte er allerdings aus eigenem Interesse tun wollen und hat sich gegen die Befehle seines Truppenleiters gewandt, den Funkkontakt abgebrochen. Dies hätte ihm eine unehrenhafte Entlassung eingebracht, wäre er bei dem Absturz nicht uns Leben gekommen.
 

„Kein so unbeschriebenes Blatt, der Kerl.“, wirft Joker ein. „Vielleicht ist das auch ein Hinweis? Aber das werden wir sicher noch herausfinden. Doch die Tatsache, dass er Pilot war, passt denke ich zu der Motte, mit der seine DNA vermischt wurde. Beide waren fürs Fliegen wie geschaffen. Und das unbeherrschte Temperament von Miller war sicher auch ausschlaggebend für die Kampfbereitschaft des Mothman.“, führt Batman aus. Dann betritt Alfred wieder die Höhle. „Master Bruce? Im Nachttierhaus des Zoos gibt es tatsächlich diese Falterart. Ihnen fehlen jedoch keine Exemplare. Der Pfleger meinte aber, dass vor einer Weile ein Mann zu ihnen gekommen sei, der fragte, was mit den toten Insekten passiert. Der Pfleger habe ihm erklärt, dass diese zumeist an Echsen, Schlangen und dergleichen verfüttert werden. Nur giftige Tiere würden sie aus Sicherheitsgründen verbrennen müssen. Der Mann fragte dann, ob es jüngst verstorbene Motten gäbe, die noch nicht verfüttert wären und der Pfleger meinte, er hätte an diesem Morgen erst ein paar von diesen Eichenspinnern eingesammelt. Der Mann sei hellauf begeistert gewesen und fragte, ob er sie mitnehmen könne, weil er angeblich Insekten studiere und die Falter gern untersuchen und präparieren würde. Der Pfleger hat sie ihm dann überlassen.“ „Wirklich gute Arbeit, Alfred. Und ich denke nicht, dass das ein Zufall war. Das war unser Täter. Der Pfleger wusste nicht zufällig auch den Namen des Mannes?“ „Erfreulicher Weise schon, denn er bat den Mann eine Art Quittung zu unterzeichnen, dass er die Falter erhalten habe und im Gegenzug dafür eine kleine Spende an den Zoo zu zahlen. Der Mann unterschrieb mit Professor Douglass Norris.“, liest der Grauhaarige von einem kleinen Zettel ab.
 

„Ist sicher ein falscher Name, wäre doch sonst viel zu einfach...“, kommentiert der selbsternannte Prinz das Ganze. Dennoch gibt Bruce den Namen in die Suchmaschine ein. Und es gibt entgegen aller Annahme einen Treffer. „Wie mir scheint, ist der Name echt. Hier steht, dass dieser Norris ein angesehener Genwissenschaftler ist, der an allerhand wichtigen Projekten beteiligt war, bis er unehrenhaft entlassen wurde, weil seine Methoden unethisch waren. – Sieht mir also nach einem Volltreffer aus.“, entgegnet der Schwarzgekleidete siegessicher. „Schön, ein Zufall oder der Typ ist nicht der Hellste, wenn er solche Dinge unter seinem eigenen Namen macht.“, kommt es schulterzuckend von dem Jüngsten. „Vielleicht will er aber auch auf sich aufmerksam machen? Sicher wurde er ja nicht umsonst wegen unethischer Methoden entlassen.“, kontert Ed. „Das denke ich auch. Aber der Computer wird uns da sicher weiterhelfen.“, meint Wayne konzentriert und durchforstet die Einträge unter Norris´ Namen. Einiges zu seiner Forschung lässt sich finden, wobei er irgendwie immer nur die zweite Geige gespielt hat. Vermutet wird, dass er daher anfing in eigener Sache zu handeln, was schließlich zu seiner Entlassung geführt hat. Danach ist er dann untergetaucht und spurlos verschwunden. Er hat seine Wohnung und alles aufgegeben. Nirgends existiert mehr ein Eintrag zu seinem Aufenthaltsort oder dergleichen.
 

„Das wird wohl doch nicht so einfach, wie mir scheint...“, meldet sich Alfred zu Wort, was seinem Herrn ein verstimmtes Brummen entlockt. „Mist! Wir haben keine Zeit, um ewig nach ihm zu suchen. Was ist, wenn er noch mehr von diesen Motten freigelassen hat?“ Wütend schlägt er mit den Fäusten auf die Armlehnen seines Stuhls. „Sag bloß, du gibst schon auf, nur weil dir der Computer nicht seine Adresse ausspuckt?“, stichelt der Joker plötzlich. Der Rächer gibt ein erneutes Brummen von sich, erwidert aber nichts. Stattdessen lässt er noch eine Hand voll weiterer Programme nach dem Namen suchen. Sichtlich geht es ihm dabei gegen den Strich, so genau von den zwei Spinnern beobachtet zu werden. Wenn das hier vorbei ist, gibt es rein gar nichts mehr, was er ihnen voraushat, da sie ihn dann in- und auswendig kennen werden. Das wurmt ihn mehr, als dieser Fall. Erst recht, da sie ihm nichts Derartiges über sich preisgeben. Doch da soll sich der Beschützer Gothams noch irren...
 


 

4
 

Knurrend schlägt Bruce wieder mit den Fäusten auf den Stuhl. Keines seiner ausgeklügelten Programme ist in der Lage Norris aufzuspüren, als wäre er wie vom Erdboden verschluckt oder hätte nie wirklich existiert. „Das ist doch nicht möglich!“, brummt er zähneknirschend. Neben ihm ertönt ein gehässiges Kichern. „Echt goldig, Batsy, wie schön du dich darüber aufregst!“, grinst Joker in sich hinein. Ruckartig erhebt sich der Angesprochene von seinem Platz und baut sich drohend von dem Grünhaarigen auf. „Halt endlich dein Schandmaul, wenn du nichts Sinnvolles zu sagen hast! Das hilft uns nämlich kein Stück weiter!“, blafft er den Jüngeren streng an und ballt vielsagend die Fäuste. „Bitte, Master Bruce, nun regen Sie sich doch nicht so auf! Ich bin sicher, Sie finden die Lösung noch rechtzeitig.“, versucht Alfred ihn zu beruhigen. Aufgebracht wendet sich Batman wieder um. „Sicher werde ich irgendwann die Lösung finden, aber nicht, wenn mir diese beiden Verrückten ständig dazwischenfunken!“ „Ich bin nicht verrückt...!“, kommt es nachdrücklich von dem Clownprinzen. „Das kannst du dir schenken! Die Ärzte in Arkham sind da nämlich ganz anderer Meinung!“, motzt der Ältere zurück. „Ach ja? Die sind vielleicht verrückt, aber ich ganz sicher nicht!“, hält der Gauner dagegen.
 

Die beiden wirken, als würden sie sich jeden Moment anfangen zu prügeln. Seufzend betrachtet Alfred das Ganze, gleichwohl der Riddler. „Ist er immer so reizbar, wenn es nicht so läuft, wie er es gern hätte?“, fragt der Brünette über den anschwellenden Lärm der Streitenden hinweg. „Durchaus. Manchmal ist es noch schlimmer. Doch zumeist hat er niemanden mit dem er streiten kann und schimpft einfach nur in die Höhle hinein. Ich habe längst aufgegeben dann mit ihm zu reden. Es bringt nichts, solange er sich nicht wieder von selbst beruhigt...“, gesteht der Butler leidvoll. Zustimmend nickt Nigma. „Das habe ich mir schon gedacht. Manchmal schien er mir schon eine ziemlich kurze Lunte zu haben. – Bei Joker ist es nicht viel besser. Für gewöhnlich bringt ihn nichts so schnell aus der Fassung. Doch sobald ihn jemand als verrückt bezeichnet, brennen bei ihm förmlich die Sicherungen durch und er flippt völlig aus. Dabei lässt sein geistiger Zustand gar keine andere Diagnose zu, er will sie scheinbar nur nicht wahrhaben, was ich aber ganz gut nachvollziehen kann. In Anbetracht, was sonst noch so für Leute in Arkham eingewiesen werden, sind wir beide aber doch eher der Inbegriff an geistiger Gesundheit...“ Leicht argwöhnisch mustert ihn der Grauhaarige. Letztendlich stimmt er ihm aber stumm zu, wenn er an die Berichte denkt, die er schon alle gesehen hat.
 

„Was denken Sie, können wir tun, damit sie sich wieder beruhigen, Mister Nigma?“ „Nicht viel. Sie sind beide schreckliche Dickköpfe und uneinsichtig bis zum bitteren Ende, wenn es sein muss. Von daher können wir nur abwarten, dass einer von ihnen nachgibt, oder das Richtige sagt, um den anderen abzulenken.“ Seufzend mustern sie die Streitenden und hoffen, dass es bald zu einem Ende kommt. Zum Glück werden sie nicht enttäuscht. „Wenn du angeblich so schlau bist, dann such du doch nach dem Aufenthaltsort dieses Professors, dann werden wir ja sehen, ob ich dann auch mal ein bisschen über dein Versagen lachen kann!“, gebärt sich Batman stocksauer. „Kein Problem! Doch ich sage dir, dass du gar keine Luft haben wirst zum Lachen, weil sie dir nämlich vor lauter Staunen wegbleiben wird!“, plustert sich der Clown weiterhin auf. „Das werden wir ja sehen!“, beendet der Ritter die Diskussion und schupst sein Gegenüber regelrecht auf den Stuhl vor dem Computer. „Fang an!“, knurrt er nachdrücklich.
 

Der Grünhaarige wirft ihm einen mahnenden Blick über die Schulter zu und wendet sich dann zum Bildschirm. „Ich weiß definitiv, wie ich den Kerl finden werde, aber ich hab´s nicht so mit Computern.“, gesteht er etwas kleinlaut. „Du bist nichts weiter, als ein Großmaul!“, gibt ihm Wayne zu verstehen. „Mag sein, aber immerhin weiß ich mir zu helfen.“, knurrt der Jüngere. „Eds, mein Hübscher, komm her und hilf mir, ja?“ Der Riddler verdreht leicht die Augen, dennoch kommt er zu ihm hinüber. „Unter einer Bedingung.“, fordert er. „Und die wäre?“ „Nenn mich verflucht noch mal bei meinem richtigen Namen!“, faucht der Ältere ihn leicht an. Schmollend schiebt Joker die Unterlippe vor, gleich einem kleinen Kind, das von seinem Vater ausgeschimpft wurde. „Würdest du mir wohl bitte helfen, Edward?“, kommt es trotzig von dem Sitzenden. „Warum denn nicht gleich so? Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum du immer diese kranke Abkürzung für mich benutzt. Kannst du mich nicht wenigstens nur Ed nennen? Oder wenn es sein muss auch Eddie? Aber doch nicht Eds, dass klingt wie eine Krankheit!“, pikiert sich der Brünette mit sichtlicher Abneigung. „Ich find´s hübsch.“, schmollt der Clown weiterhin und erhebt sich vom Stuhl.
 

„Ich nicht, aber das können wir auch noch später diskutieren.“, erwidert der Rätselmeister resignierend und nimmt vor dem Computer Platz. „Jaja. – Ich denke, du weißt, wonach mir der Sinn steht? Und ich glaube, den richtigen Browser für den Zugang vorhin auch schon gesehen zu haben.“ „Dem war mir auch so. Fragt sich nur, ob wir Zutritt von diesem Ungetüm bekommen oder ob die uns gleich vernichten...“, grübelt Edward und sucht nach dem richtigen Browser. „Was in aller Welt habt ihr eigentlich vor?“, mischt sich nun der Schwarzhaarige ein, da er fürchtet seinen Computer anschließend in die Tonne werfen zu können, wenn er den beiden daran freie Hand lässt. Mit verschränkten Armen sieht Joker zu ihm hinüber. „Sieh es als Ausgleich dafür, dass wir dein Geheimnis kennen, denn was jetzt kommt, wird dir deine Arbeit sicher sehr erleichtern.“ „Das stimmt. Es ist nämlich eines unserer größten Geheimnisse. Oder besser gesagt: Aller Ganoven in Gotham. Was du gleich sehen wirst, ist der Zugang zur versteckten Kommunikations- und Handelsbasis eines jeden Kriminellen, der auch nur entfernt eine Verbindung zum Internet hat.“, erläutert der Brünette. Fragend sieht Wayne die beiden an. „Das Darknet.“, kommt es schließlich vom Clown.
 

„Was zum...“, setzt Bruce schockiert an. Er hat zwar schon von der Existenz dessen gehört, doch verständlicherweise nicht das Verlangen dazu verspürt, sich dort hinzubegeben. Erst recht, weil er dieselben Befürchtungen hegt, wie Nigma. Gleichzeitig wird ihm bewusst, dass die beiden, wenn das hier wirklich funktioniert, ihm tatsächlich das wohl größte, kriminelle Geheimnis der Stadt verraten haben und sie damit sozusagen quitt sind. Fasziniert und fassungslos beobachtet er daher jeden Schritt genau, den Edward ausführt, um sich Zugang zum Dunklen Netz zu verschaffen. Er ist sichtlich überrascht und von Grund auf erschrocken, wie einfach es letztendlich doch zu sein scheint. „Ok, bin drin. Aber ich weiß nicht, wie lange wir uns hier unbemerkt bewegen können, ehe einer merkt, dass das nicht mein gewohnter Server ist.“ „Dann beeilen wir uns lieber.“, drängt ihn der Jüngste. Zustimmend nickt Ed und schon fliegen seine Finger nur so über die Tasten, tippen allerdings nur unverständliche Dinge. Batman ist schlichtweg beeindruckt von der Gewandtheit des Riddlers.
 

Es dauert nur wenige Augenblicke und der Bildschirm füllt sich mit allerhand Zeilen, die für den Dunklen Ritter im ersten Moment nichts weiter als sinnlose Binärbefehle zu sein scheinen, gleich dem, was der Rätselmeister gerade geschrieben hat. Obwohl Joker eben noch so hilflos gewirkt hat, huschen seine braunen Seelen nun wissend über die Zeilen und stoppen seinen Kollegen schließlich, der gleichmäßig das Rad der Maus abwärts dreht. „Da!“ Die Zeile, auf die er deutet, ist noch unleserlicher, als der Rest und dennoch stimmt Nigma ihm vielsagend zu. Einen Klick später baut sich eine neue Seite auf, die zum Glück weitaus verständlicher ist. Wayne tritt einen Schritt näher und betrachtet das Bild eines Mannes, das sich nun auf dem Monitor aufbaut. Unterzeichnet ist es mit Professor Douglass Norris – Genwissenschaftler. Darunter erstreckt sich eine Liste von Dingen, die er anscheinend bereit ist für andere zumachen beziehungsweise, die er in der Lage ist zu tun. Es folgen sein beruflicher Werdegang, seine Arbeitgeber, seiner letzten Auftraggeber im Darknet, die Gegenleistungen, die er standardmäßig verlangt, Bezahlmethoden und dergleichen. Ganz unten befindet sich allerdings wieder eine grausam verschlüsselte Zeile. „Was bedeutet das?“, will der selbsternannte Ritter wissen. „Da hinter stehen seine Kontaktdaten außerhalb des Darknets. Diese sind nur sehr ausgewählten Mitgliedern des Ganzen zugänglich, damit nicht jeder kleine Fisch einem auf die Nerven geht und ungefragt auf der Matte steht. Der Großteil der Kommunikation findet direkt über die Seite statt, wie bei einem Kontaktfeld im normalen Internet oder beim Chatten. Da kann dann ein Jeder Anfragen stellen und hoffen, dass die entsprechende Person ihm irgendwann antwortet. Die wirklich Einflussreichen der kriminellen Schicht haben jedoch einen speziellen Zugang, der es ihnen ermöglicht diese Kontaktdaten einzusehen. Dahinter verbergen sich zumeist eine Telefonnummer und ein Aufenthaltsort oder bevorzugter Treffpunkt.“, erläutert der Grünhaarige, während Edward ungerührt weitertippt.
 

Kurz darauf springt auf einmal der Drucker in der Nähe an und spuckt ein Blatt Papier aus. Der Brünette erhebt sich und nimmt es entgegen, reicht es an Batman weiter. „So, hier sind seine Daten. Vielleicht hebt das ja dein Vertrauen zu uns ein wenig?“, meint er schulterzuckend und setzt sich wieder. Wenige Sekunden später wird der Monitor des Computers plötzlich schwarz. „Was ist jetzt passiert?“, fragt der Rächer. „Oh, keine Sorge, das ist normal. Nach jeder Recherche oder Anfrage wird man automatisch vom Darknet getrennt und muss sich neu einwählen, aus Sicherheitsgründen. So etwas wie Passwörter gibt es dabei auch nicht, man weißt sich auf anderem Weg aus. Wie genau das funktioniert, steht unter auf dem Blatt in deiner Hand, in der Hoffnung, dass du uns daraus keinen Strick drehst. Oder eher mir, da Joker keinen Computer benutzt.“, erwidert Edward leicht augenrollend. „Muss ich auch nicht. Ich habe andere Mittel und Wege, um an Informationen zu kommen. Immerhin hat dir das Darknet auch nicht sagen können, wer Batsy wirklich ist, ich aber schon.“, entgegnet der Prinz des Verbrechens leicht trotzig und streckt dem Riddler kindisch die Zunge entgegen.
 


 

5
 

Als das Batmobil schließlich wieder die Höhle verlässt, stellen die drei Insassen doch etwas erstaunt fest, dass sich die Nacht schon langsam über Gotham ausbreitet. Der Horizont erstrahlt in einem stechenden Orangerot, durch das sich nahezu pechschwarze Wolken schieben. Die ersten Sterne erscheinen am eisigen Firmament und auch der knochenweiße Mond erhebt sich allmählich aus seinem Schlaf. Es ist bereits stockdunkel, als das Fahrzeug letztendlich sein Ziel – den Hafen in Chinatown – erreicht. Die Gegend wird von unzähligen alten und zum Teil sehr verfallenen Containern dominiert. Nur zwischendrin sind neuere Metallkästen sichtbar, die noch regelmäßig zum Frachttransport genutzt werden. Der Rest steht hier seit Jahren unbenutzt herum und dienst nicht selten Heimatlosen oder Kriminellen als Unterschlupf. Folglich genau der richtige Ort für ein geheimes Labor.
 

Diese Nacht ist klirrend kalt. Schnee liegt in der Luft, auch wenn es noch eine ganze Weile dauern wird, bis er zum ersten Mal in diesem Winter fallen wird. Und nicht zum ersten Mal bemerkt Riddler, dass der Joker ja gar keine Schuhe trägt. Seine nackten Füße tapsen jedoch ungerührt über den kalten, rissigen Beton des Piers und scheinen sich der Kälte gar nicht bewusst zu sein. Ed fragt sich unweigerlich, ob der Clown überhaupt noch irgendein Gefühl in seinen Füßen empfindet. Der Rest seines Körpers scheint die geringe Temperatur allerdings durchaus wahrzunehmen, schlingt sich der Grünhaarige doch augenblicklich nach dem Verlassen des Wagens die langen Ärmel seiner Zwangsjacke um den Leib, als wolle er sich damit selbst in eine tröstliche Umarmung ziehen. Seine blanken Füße allerdings rühren sich kein bisschen unbehaglich, verharren ungetrübt auf dem eisigen Beton, als wäre es warmer Sand an einem Strand. Schon beim Anblick des Ganzen wird es Edward nur noch kälter. Zitternd zieht er sich seinen Hut tiefer in die Stirn und stellt den Kragen seines Jacketts auf, damit er vom schneidenden Wind des Hafens keinen steifen Nacken bekommt. Zudem ist er mehr als froh, dass er immer Handschuhe trägt, auch wenn sie relativ dünn sind und es daher nicht lange dauern wird, bis er jegliches Gefühl in den Fingern verloren haben wird. Aber immer noch besser, als sie schutzlos der Kälte auszuliefern. Batman hingegen friert entweder gar nicht oder kann es ziemlich gut verbergen. Der Dunkle Ritter verzieht keine Miene, mustert nur durchdringend die Gegend mit seinen eisblauen Augen.
 

„Ich – kann laufen, aber nicht gehen – und wo – immer ich bin, folgst – du mir nach...“, kommt es bibbernd vom Rätselmeister. „Die Nase.“, entgegnet ihm Batman tonlos. „Ja – genau. – Also suchen wir den richtigen Container, ehe sie mir abfriert...“, erwidert Nigma zähneklappernd und gibt dann wie zur Bekräftigung ein hefiges Niesen von sich. Wortlos setzen sich die drei anschließend in Bewegung und durchkämmen das Labyrinth aus Containern suchend nach dem richtigen. Kleine Markierungen an den Metallwänden dienen als eine Art verschlüsselte Hausnummer, sodass man sich hier durchaus zurechtfinden kann, wenn man weiß, wonach man sucht. Die passende Symbolik ist glücklicherweise ebenfalls in den Kontaktdaten des Professors hinterlegt gewesen. Von daher sollte es nicht allzu schwer sein, das Labor zu finden.
 

Trotz alledem dauert es dennoch eine ganze Weile, bis sie sich durch den Dschungel aus Containern gekämpft haben. Entgegen der Kälte und des leicht unguten Gefühls an diesem Ort, verharren die ungleichen Verbündeten schließlich dennoch einen Moment vor dem Eingang, als wären sie unschlüssige Kinder vor einer Mutprobe. Diese Unschlüssigkeit wird von der simplen Tatsache hervorgerufen, dass die Tür des Containers offen steht. Aber nicht ganz einfach nur offen, weil sie jemand nicht sorgfältig genug verschlossen hat, oh nein. Sie ist schon beinahe aus ihren Angeln gerissen! Hängt nur noch an einem funktionsfähigen Scharnier und ist dermaßen verbogen, dass es unmöglich ein Mensch gewesen sein kann. Zudem entdecken sie tiefe Kratzspuren auf der Innenseite. „Wenn das wirklich der richtige Container ist, dann muss sein Experiment aber gründlich schiefgegangen sein...“, gibt der Jüngste mit einem Anflug von Hohn von sich. Der Rächer erwidert seine Vermutung mit einem grimmigen Brummen, während es Edward eiskalt den Rücken hinab läuft, als er die verbogene Tür und die Kratzer betrachtet.
 

Batman zieht eine kleine Taschenlampe aus seinem Gürtel und betritt das einstige Labor als erster, dicht gefolgt von den beiden Kriminellen. Sie sind noch nicht weit gekommen, da nehmen sie den leicht süßlichen Geruch von etwas Verwesendem wahr, unterschwellig gemischt mit etwas Verbranntem. Je weiter sie sich vorwagen, desto durchdringender werden die beiden Gerüche, bis sie schließlich im Labor stehen und den Grund dafür entdecken. Zwischen zerrissenen Stromkabeln, skurrilen Maschinen und riesigen Käfigen liegt eine Leiche auf dem blutverschmierten, von verschiedenen Pfotenabdrücken übersäten Boden. Ein paar Ratten, die sich an dem versengten Fleisch des Leichnams gütlich getan haben, ergreifen quiekend und schimpfend die Flucht, als sie der Schein der Taschenlampe trifft. „Oh Himmel...“, gibt Nigma erstickt von sich und versucht die nagende Übelkeit in sich zu unterdrücken. Nur der kalten Dezemberluft haben sie es zu verdanken, dass der Gestank hier drin nicht zum Schneiden dick ist und sie den Container überhaupt betreten können, dennoch macht es das Ganze nicht so viel besser.
 

Seinen zwei Begleitern scheint das alles weniger auszumachen. Joker geht ungerührt, ohne auch nur das Gesicht zu verziehen, neben der Leiche auf die Knie und dreht den Körper dann grob auf den Rücken. „Das ist er, oder eher, dass er war es.“, meint er in einem seltsamen Tonfall, der sich leicht belustigt anhört. Batman erwidert nur wieder mit einem Brummen und geht dann ebenfalls auf die Knie, um sich den toten Körper genauer zu betrachten. „Er ist schon seit ein paar Tagen tot, schon völlig steif gefroren.“, kommt es knapp von ihm. „Dann werden wir von ihm wohl keine Antworten mehr bekommen.“, entgegnet ihm der Joker schulterzuckend. „Zumindest nicht aus seinem Mund.“, meldet sich Nigma nun zu Wort, der sich ein Stück entfernt hat und das Chaos auf den Tischen betrachtet. Als er sich nun umwendet, hält er ein dickes Notizbuch in Händen. „Ich habe seine Aufzeichnungen gefunden.“
 


 

6
 

Die drei versammeln sich und werfen einen Blick in das Buch. Darin besteht jedoch ein heilloses Durcheinander an lose eingeschobenen Blättern, Notizen, Ergebnissen, Fehlschlägen und Verwerfungen. Wie Norris da durchgeblickt haben mag, ist ihnen völlig schleierhaft. Dennoch findet der Brünette nach kurzem Blättern einen Abschnitt mit Aufzeichnungen zum Mothman. Erstaunlich detailliert beschreibt Douglass darin, wie er Recherchen zu diesem Wesen angestellt hat, das ihm helfen sollte Gotham neu zu strukturieren. Dort befindet sich auch der Bericht, den die drei in der Bat-Höhle gelesen haben. Verschiedene Bilder reihen sich aneinander und gehen in seine möglichen Überlegungen über, wie man so ein Wesen sinnvoll erschaffen könnte. In einem Absatz macht er sich sogar über die Dummheit des Zoopflegers lustig, der ihm so bereitwillig die toten Motten ausgehändigt hat. Der Mothman schien demnach das erste Wesen zu sein, das er erschaffen hat. Dutzende Fehlschläge werden anschließend von ihm beschrieben und wie kurz er davor stand, alles zu verwerfen und seine Konzentration etwas Anderem zu widmen. Dann jedoch gelang ihm der Durchbruch – der Mothman war geboren. Weiterhin führt er aus, wie er versucht hat, die Kontrolle über seine Kreation zu erlangen, was ihm angeblich nach mehreren Fehlschlägen auch gelungen sein soll. „Das bezweifle ich doch mal ganz stark, so wie es hier aussieht...“, murmelt Nigma vor sich hin.
 

Leicht nervös blättert er dann weiter. Nun beginnt anscheinend ein neuer Bericht. Auf einem Bild ist eine Art Seeschlange zu sehen. Darunter erstreckt sich wie beim Mothman eine Beschreibung, die Norris höchstwahrscheinlich aus Vorlage für eine weitere Kreatur gedient hat.
 

Ogopogo: Kanadas Nessie soll bis zu 14 Meter lang sein, dunkelgrüne bis bräunlich-schwarze Haut, einen schlangenartigen Körper und einen Kopf wie ein Drache haben. Häufig wird auch von Höckern und einem gespaltenen Schwanz berichtet. Mit diesem Schwanz könne das Ogopogo Wellen höherschlagen und Boote kentern lassen. Ein einfacher Atemzug von ihm verursache einen Sturm. Das erste Mal beobachtet wurde das Ogopogo angeblich von Indianern im Okanagan-See in Kanada. Diese nannten es Naitaka (Seeschlange) und glaubten zunächst an einen Dämon. Wenn sie den See mit dem Kanu überquerten, warfen sie der Schlange zur Ablenkung lebendige Hühner zum Fraß vor. Ab den 1920er-Jahren wurden Sichtungen...
 

Die drei kommen nicht dazu den kurzen Rest des Berichts und die anschließenden Forschungen zu lesen, da ertönt von draußen ein ohrenbetäubender Lärm. Schreie werden laut und das Kreischen von Metall. Erschrocken lässt der Rätselmeister beinahe das Buch fallen, fängt sich jedoch erstaunlich schnell wieder und steckt es stattdessen ungesehen in sein Jackett. Einen Augenblick später stürmen die drei ungleichen Verbündeten auch schon aus dem Container, um dem Ganzen auf den Grund zu gehen.
 


 

7
 

Kaum, dass sie das ehemalige Labor verlassen haben, ertönt abermals ohrenbetäubender Lärm. Er kommt vom Wasser. Wie es aussieht, war ein großer Tanker gerade dabei mit seiner Fracht den Hafen anzusteuern, als er augenscheinlich von irgendetwas gerammt wurde. Das Schiff neigt sich bereits gefährlich zur Seite, wirkt dabei sinnloser weise wie das Spielzeug eines übergroßen Kindes in einer riesigen Badewanne; es scheint leckgeschlagen. Mit kräftigen Spritzern landet die Ladung nach und nach im eisigen Wasser und sinkt auf den Grund. Die Besatzung versucht sich noch vor diesem Schicksal zu bewahren. Wenn sie ins Wasser springen, wäre es allerdings nur eine Frage der Zeit, bis sie einer Unterkühlung erliegen, wenn sie überhaupt schwimmen können. Aber die Wahrscheinlichkeit scheint größer, dass sie vorher von dem Monster erwischt werden. In diesem Moment erhebt sich ein gewaltiger Kopf aus dem Wasser. Ein schlangenartiger Leib taucht in den kalten Tiefen auf, windet sich geschickt an dem sinkenden Schiff entlang und rammt es wieder und wieder. Der Tanker schwankt haltlos von einer Seite zur anderen, während die angsterfüllten Schreie der Besatzung durch die Nacht hallen wie schwache Sirenen bei einer Feuerübung. Es ist das Ogopogo!
 

Noch vor wenigen Sekunden haben die drei selbsternannten Beschützer Gothams über dieses Wesen gelesen und nun taucht es wie durch Zauberhand direkt vor ihren fassungslosen Augen auf. Unbehaglich sehen sich die beiden Kriminellen an. Sie haben denselben Gedanken. Im Bericht des Mothman hieß es, dass er der Vorbote von Unglücken sei. Wären die Ex-Sträflinge so abergläubisch, wie die Menschen von damals, würden sie dies tatsächlich als Zeichen sehen. Doch in ihrem verwirrten Geist keimt eher der Gedanke auf, dass der Mothman schlichtweg die Vorhut gebildet hat – dass er das erste einer ganzen Reihe furchterregender Kreaturen ist, die Gotham in naher Zukunft heimsuchen werden. Professor Norris mag seiner Forschung erlegen sein, doch sein Werk ist für die Nachwelt bestimmt!
 

Ganz hinten in Batmans Verstand entsteht eine ganz ähnliche Vorahnung, doch er unterdrückt sie vehement, da die Sicherheit der Besatzung für ihn im Moment an oberster Stelle steht und er sich so einen Luxus einfach nicht gönnen kann. Diese Menschen brauchen seine Hilfe, weiter nichts. Und im besten Fall gelingt es ihm auch, dieses Untier zu erledigen, damit es keinen weiteren Schaden anrichten kann. Fest entschlossen nähert er sich daher dem Ende des Stegs, wo keine hundert Meter entfernt die Besatzung versucht ihre Rettungsboote zu Wasser zu lassen. Die Betonung liegt dabei aber auf versucht, denn das Ogopogo nähert sich ihnen immer wieder oder schlägt mit seinem mächtigen Schwanz auf die Wasseroberfläche, sodass große Wellen das Schiff heftig zum Schwanken bringen und es nahezu unmöglich erscheint die Boote abzulassen.
 

Batman muss dringend auf diesen Tanker und das Vieh irgendwie ablenken, damit die Männer flüchten können. Schnell ergreift er die Pistole mit seinem Enterhaken und will sie auf das Schiff abfeuern. Da tauchen der Joker und der Riddler neben ihm auf. In ihren Gesichtern kann er lesen, dass sie seinen Plan durchschaut haben und nun wortlos bereit sind ihren Teil dazu beizutragen. Nigma wirkt zwar keineswegs so selbstsicher, wie er es sonst im Angesicht des Dunklen Ritters vorgeben mag, aber er sieht zumindest noch nicht so aus, als wolle er gleich die Flucht ergreifen oder abermals einem Anfall erliegen. Der Grünhaarige hingegen hat schon wieder diesen mordlüsternen Blick aufgesetzt, den er schon beim Mothman zur Schau getragen hat. Dahingehend braucht sich Bruce nun wirklich keine Sorgen zu machen. Der Joker ist einfach nicht der Typ, der sich mit eingezogenem Schwanz verkrümelt, völlig gleich, was ihn auch erwarten mag; dass erlaubt ihm schon allein sein Stolz nicht – er nennt sich ja schließlich nicht umsonst Prinz des Verbrechens. Wayne sorgt sich bei ihm eher darum, dass das Ganze irgendwie ausarten könnte, der Clown den Blick für die Wirklichkeit verliert und auf alles losgeht ohne nachzudenken, wie es Edward geistesabwesend bei der Riesenmotte gemacht hat. Nur, dass der Jüngste dann bewusster handelt und wohlmöglich auch ignoriert, wer ihm da vor die Flinte springt, wenn ihn einmal der Blutrausch gepackt hat...
 

„Wir müssen auf den Tanker.“, teilt der Schwarzgekleidete den beiden trotz ihrer gleichen Gedanken mit und zielt erneut mit dem Enterhaken. Die Kriminellen nicken nur stumm und als Bruce den Schuss abgefeuert hat, halten sie sich an ihm fest, damit sie gemeinsam auf das Schiff gezogen werden. Sie landen praktisch mitten zwischen der aufgewühlten Besatzung, die mittlerweile wie kopflose Hühner durch die Gegend rennt und keinen Ausweg mehr sieht. Ein dumpfer Knall ertönt, als das Ogopogo sich mit seiner gesamten Größe gegen den Rumpf wirft. Das leckgeschlagene Schiff schwankt so stark zur Seite, dass es fast umfällt. Nur eine zurückgeworfene Welle kann es noch daran hintern. Das Seemonster scheint sich daran aber nicht zu stören, spielt es doch förmlich mit dem Tanker. Dadurch ist die Panik aber nun auch perfekt. Ihm muss dringend etwas einfallen, denn lange wird die Kreatur sich sicher nicht mehr nur mit Spielen abfinden. Fieberhaft denkt der Dunkle Rächer nach. Die Menschen haben für ihn in jedem Fall Vorrang. „Versucht das Biest abzulenken, während ich die Besetzung an Land bringe!“, kommt es daher bestimmend von dem Ältesten.
 

Unschlüssig wenden ihm die Angesprochenen den Blick zu, doch Wayne achtet gar nicht auf sie. Er eilt zu den Rettungsbooten, vertraut den Gaunern zur Abwechslung einmal vollkommen blind und versucht die Leute zusammenzutreiben. „Was – was sollen wir denn machen?“, fragt Riddler stockend, als das Ogopogo wieder den Tanker rammt und sie beide unsanft von den Füßen holt. Nichtssagend zuckt Joker mit den Schultern und steht wieder auf. „Weiß auch nicht. Lass uns da hochklettern. Wenn wir das Vieh besser sehen können, fällt uns ja vielleicht was ein.“, meint er knapp und wendet sich zur Schnauze des Tankers, die inzwischen bedenklich in die Senkrechte aufragt. Unsicher folgt ihm Edward. Als sie am obersten Ende des Schiffes zum Stehen kommen und in die aufgewühlte See hinabblicken, überkommt den Rätselmeister ein ungutes Schwindelgefühl und er klammert sich hilflos an der Reling fest. „Du kippst mir doch hoffentlich nicht wieder um, Eds, oder?“, kommt es erstaunlich sorgenvoll von dem Grünhaarigen. „Nein, ich denke nicht. – Vorausgesetzt wir bringen das hier schnell hinter uns. Ansonsten kann ich für nichts mehr garantieren...“, erwidert der Brünette ziemlich ernsthaft.
 


 

8
 

Die Seeschlange erhebt sich bedrohlich aus dem Fluten und kommt den beiden dabei so nahe, dass sie schon die einzelnen, schillernden Schuppen auf seiner bräunlich-schwarzen Haut zählen können. Scharf zieht der Rätselmeister die Luft ein und klammert sich an seine schwindende Selbstbeherrschung. „Hast du deine Knarre dabei, Eds?“ Verwundert sieht ihn der Ältere an und findet wieder etwas zu sich. „Ich denke schon. Wieso?“ „Ich hab da eine Idee. Dafür brauch ich aber einen Moment. Also schieß dem Biest dann zwischen die Augen oder so, damit es nochmal so nahe an das Schiff rankommt.“ „Spinnst du? Wenn es uns noch einmal rammt, dann geht das verdammt Schiff mit Sicherheit unter!“, kommt es aufgewühlt vom Brünetten. „Das Risiko werden wir wohl eingehen müssen, mein Hübscher.“, gibt der Clown nicht sonderlich sorgenvoll zurück und entfernt sich dann ohne einen weiteren Kommentar ein Stück, um seinem Plan nachzugehen. Riddler sieht ihm nur fragend nach, bückt sich dann aber umständlich auf dem schwankenden Kahn und zieht seine Pistole aus dem Halfter, den er an seinem Knöchel befestigt hat.
 

Einer Vorahnung gleich prüft er die Trommel der 45. Magnum. Der Anblick stimmt ihn nicht gerade zuversichtlich. Für gewöhnlich braucht er die Waffe nur im äußersten Notfall, weshalb er mit ihr – entgegen seines sonst so perfekten und penibel durchdachten Handelns – eher schlampig umgeht. Doch jetzt könnte er sich für diese Nachlässigkeit definitiv selbst ohrfeigen, denn in den Kammern befindet sich nur noch eine einzige Kugel...
 

Resignierend seufzt er auf und klappt die Trommel wieder zu. Nachdenklich entsichert er die Waffe und sieht dann nach dem Joker. Dieser wendet ihm noch immer den Rücken zu, erhebt sich nun aber und steckt sich etwas in die Tasche. Ed kann nicht erkennen, worum es sich dabei handelt und ehrlich gesagt will er das auch gar nicht. Doch er hofft inständig, dass es verhindern kann, dass sie gleich im eisigen Wasser landen und wohlmöglich von diesem Vieh gefressen werden. Schließlich dreht sich der Grünhaarige herum und kommt wieder zu ihm hinüber. „Alles klar?“, fragt er locker heraus, als ginge es hier nicht um Leben und Tod. „Nicht wirklich. – Ich habe nur noch eine verdammte Kugel...“, gesteht der Ältere mit hängenden Schultern und wirkt dabei wie ein Kind, das befürchtet jeden Moment Ärger zu bekommen. Joker scheint diese Tatsache jedoch erstaunlich locker zu nehmen. Lässig legt er Edward einen Arm um den Nacken. „Tja. Halb so wild, mein Hübscher. Du bist doch ein ziemlich guter Schütze. Du packst das schon!“, lächelt er ihm aufmunternd und erschreckend zuversichtlich entgegen. Nigma fühlt sich im Moment aber ganz und gar nicht sicher. Wahrscheinlich könnte er nicht einmal den Mount Everest treffen, wenn er genau vor der Mündung seiner 45. stehen würde. Ist bestimmt mehr als übertrieben, aber genauso kommt es ihm gerade vor und Jokers Selbstsicherheit ist da kein bisschen hilfreich.
 

„Ja, schon, aber – unter diesen Umständen denke ich nicht, dass ich das schaffe. – Vielleicht solltest du lieber schießen?“ Ein nachsichtiges Grinsen breitet sich auf den missgestalteten Zügen des Clowns aus. „Geht nicht, dann verpasse ich meinen Einsatz und wir haben nur einen Versuch. – Aber ich glaube ganz fest daran, dass du es schaffst, mein Hübscher!“, sanft lächelt er ihm entgegen. Es hat etwas sehr Ermutigendes an sich und Riddler glaubt schon, dass er es doch schaffen könnte. Aber dann passiert für ihn etwas so Unvorhergesehenes, das schlagartig alles aus den Fugen gerät. Ed hat sich gerade mit dem Gedanken angefreundet, sein Ziel trotz alledem treffen zu wollen, da zieht Joker ihn noch dichter zu sich heran. Den Bruchteil einer Sekunde später drückt er dem völlig überrumpelten Rätselmeister die Lippen auf die seinen und verwickelt ihn in einen heftigen Kuss!
 

Nigma erstarrt praktisch augenblicklich zur Salzsäule und verkrampft sich vollkommen. Ungewollt krümmen sich seine Finger fester um die Pistole und betätigen plötzlich den Abzug. Der Knall der Waffe ist bei dem vorherrschenden Lärm kaum zu hören, doch Ed spürt ganz deutlich ihren kräftigen Rückstoß seinen ungespannten Arm hinaufjagen. Die Kugel schnellt aus dem Lauf heraus, trifft mit einem hohen Pling! die Reling, wird vor dort aus ihrer Bahn geworfen und zuckt dann pfeifend als Querschläger ins Wasser. Edward ist vollkommen fassungslos. Angewidert und außer sich vor Wut schupst er den Clown grob von sich weg. „Hast du sie noch alle?“, giftet er sein Gegenüber mit hochroten Wangen an und verdrängt für den Moment sogar die Tatsache, dass ihnen ein Seemonster nach dem Leben trachtet. Der Jüngere grinst nur wieder selbstzufrieden. „Wo denkst du hin? Aber ich mach so was doch nicht ohne einen Glückskuss!“, flötet er ungeniert.
 

Der Brünette will gerade etwas erwidern oder noch besser, ihm eine reinhauen, da erhebt sich hinter ihm wutschnaubend das Ogopogo aus dem Wasser. Zwischen den Augen des Wesens klafft eine kleine Wunde, aus der langsam das fast schwarze Blut der Seeschlange austritt. Die Kugel hat ihr Ziel anscheinend also doch getroffen. Mit offenem Mund starrt Edward die Kreatur an, völlig außer Stande zu begreifen, wie ihm das gelungen ist. Im nächsten Moment huscht der Joker blitzartig an ihm vorbei und springt über die Reling. „Wünsch mir Glück!“, ruft er noch, ehe er ungeschickt im dichten, gelben Nackenfell des Monsters landet. „Nein!“, entkommt es dem Rätselmeister erstickt. Kraftlos lässt er die Waffe fallen, die polternd die Planken entlangrutscht und dann platschend im Wasser landet. „Nein! Das ist doch Selbstmord!“, ruft er dem durchgeknallten Clown hinterher und beugt sich dabei so weit über die Reling, dass er selbst droht ins Wasser zu fallen.
 

Plötzlich umschlingen ihn zwei starke Arme und reißen ihn kräftig zurück, ehe die scharfen Zähne der Seeschlange ihn erreichen können. Unsanft landet er mit Batman auf dem Boden. „Wir – wir müssen ihm helfen!“, platzt es aus dem Brünetten heraus und er versucht wieder auf die Beine zu kommen. Doch der Dunkle Ritter packt ihn am Kragen, wirft ihn auf den Rücken und presst ihn nachdrücklich auf die Planken nieder. „Das ist völlig unmöglich!“, versucht ihm Bruce klar zumachen. „Aber...“, setzt Ed an. Dann bricht ihm die Stimme und heiße Tränen rinnen seine Wangen hinab, ohne das er es will oder, dass es ihm überhaupt bewusst ist. Wayne entgegnet dem nichts, hält ihn nur weiterhin am Boden. Versucht sogar halbherzig seinen Blick auf das wohlmöglich Folgende zu versperren...
 


 

9
 

In der Zwischenzeit versucht sich das Ogopogo wild gebärend von seinem ungewollten Anhängsel zu befreien. Heftig schüttelt die Seeschlange den gewaltigen Kopf hin und her. Allerdings hält sich der Grünhaarige mit aller Macht an dem Fellkragen fest, gräbt sich regelrecht hinein, bis er kaum noch zu sehen ist. Das Monster wird immer ungehaltener. Seine zornigen Rufe scheinen das eisige Wasser regelrecht zum Vibrieren zu bringen, so als würde es kurz davor stehen zu kochen. Knurrend und fauchend schlägt es den langen Schwanz auf die aufgewühlte Oberfläche, erzeugt Fontänen und Wellen, die das Schiff immer heftiger zum Schwanken bringen. Gleichzeitig ist der Frachtraum schon zu einem beträchtlichen Teil mit Wasser angefüllt, sodass es nur noch wenige Momente dauern wird, bis der ganze Tanker in den Fluten versinkt.
 

Batman bleibt keine Zeit mehr, um den Ausgang des Ganzen zu sehen. Er muss vom Schiff runter und zumindest den Riddler retten. Ruckartig erhebt er sich und zerrt Nigma mit sich. Von Joker ist nichts mehr zu sehen, weil er sich so tief in das lange Fell hinein gegraben hat. Die beiden Verbliebenden denken daher, dass er längt in den Fluten verschwunden ist – jede Rettung unmöglich. Wahrhaben will es jedoch keiner von ihnen. Bruce tut es in der Seele weh, den verrückten Clown so abtreten zu lassen, statt eines Tages durch seine eigene Hand, wie es ihnen vorherbestimmt zu sein scheint. Doch er kann es nicht ändern. Hier stehen zu viele Leben auf dem Spiel, als das er sich auf dieses eine versteifen könnte. Edward kann sich damit noch weit weniger anfreunden. Oftmals war ihm der Joker mehr lästig als alles andere, doch dieser Kuss eben hat in seinem Kopf einen Schalter umgelegt, dessen Existenz er bis heute gar nicht wahrgenommen hat und auch nie wahrnehmen wollte. Auch wenn sie nichts verbindet, so schossen in diesem Moment tausende Gefühle durch seinen überforderten Geist, die er nicht einfach ignorieren kann, obwohl er es verzweifelt versucht hat – es noch immer versucht. Es ist weit entfernt von irgend so etwas wie Liebe, dennoch ist es das Stärkste, das er seit langem empfunden hat und das kann er nicht so einfach wegwerfen!
 

Nahezu verzweifelt versucht er sich gegen den Griff des Dunklen Ritters zur Wehr zu setzen. Allerdings fehlt ihm schlichtweg die Kraft dazu, so sehr er sich auch bemüht. „Nein! Lass mich los! – Bitte, nicht...“, seine letzten Worte sind nur noch ein verzweifeltes Wimmern und gehen völlig in Tränen unter, die er selbst noch immer nicht bemerkt. Wayne hingegen sieht sie selbstverständlich, begreift sie aber nicht wirklich. Die Bindung der beiden Ganoven war nie so nennenswert, dass einer um den anderen hätte Weinen müssen, so kam es dem Schwarzhaarigen zumindest vor. Sie stritten mehr, als alles andere und der ausgeflippte Clown war stets nur darauf bedacht Edward auf die Nerven zu fallen. Warum also diese Tränen? Den Kuss hat der Beschützer Gothams nicht gesehen, sonst könnte er sich vielleicht einen Reim darauf machen. Von daher tut er das Ganze nur als eine weitere Überreaktion des hoch sensiblen Riddlers ab und setzt seinen Weg unbeirrt fort.
 

Gerade noch rechtzeitig gelingt es ihm Halt mit seinem Enterhaken auf dem Pier zu finden und sie beide etwas unsanft zurück an Land zu bringen. Dort angekommen, gibt er Nigma wieder frei – wenn auch etwas unwillig. Dieser springt augenblicklich auf und stürzt an den Rand des Anlegestegs. Mit fassungslos aufgerissenen Augen starrt er auf das Wasser und die tobende Seeschlange hinaus. Diese scheint endgültig genug von alledem zu haben, setzt zu seinem Sprung an, der sie über das sinkende Schiff befördert. Ihr fächerförmiger Schwanz reißt den Tanken schlussendlich in die Tiefe hinab, als das Wesen abtaucht und spurlos zu verschwinden scheint. „Nein...“, entkommt es Edward völlig aufgelöst. Kraftlos sinkt er auf die Knie hinab, stützt die Hände auf den rissigen Beton und drückt seine Stirn auf den Boden. „Nein...“, wimmert er und schlägt immer wieder mit der Faust auf den Grund. Betroffen wendet Batman den Blick ab. Seinen Rivalen so fertig zu sehen, bricht ihm auf seltsame Weise fast das Herz und der eisige Tod des Jokers noch viel mehr. Es war so unglaublich sinnlos...
 


 

10
 

Das Ganze ist nur wenige Sekunden her, dann beginnt das Wasser auf einmal wieder zu brodeln. Allerdings kündigt sich damit nicht das Auftauchen des Ogopogo an. Stattdessen erschüttert auf einmal eine gewaltige Explosion den Hafenabschnitt. Riesige Fontänen schießen in die Höhe, Wasser schwappt über die Kaimauer, spült Riddler und Batman mehrere Meter weit weg, und der ganze Boden zittert, wie bei einem Erdbeben. Der ersten Explosion folgt kurz danach eine zweite noch heftigere. Dabei wird das Ogopogo regelrecht aus dem Wasser herausgeschleudert. Es zerreißt den langen Körper der Seeschlange nur einen Wimpernschlag später mit einer dritten Detonation in hundert kleine Teile, die als eine Art makabrer Regen im Hafen niedergehen.
 

„Was zum...?“, entkommt es Bruce atemlos, dennoch will das alles nicht ganz in seinen Kopf hinein. Was ist da gerade nur passiert? Neben ihm setzt sich Ed stöhnend wieder aufrecht hin und sieht auch nicht viel schlauer aus. Vom Ogopogo ist nichts geblieben, als ein paar dampfende Haufen toten Fleisches auf dem Beton. Der Tanker ist vollständig gesunken und das Wasser hat sich wieder beruhigt. Liegt als kalter, dunkler Spiegel im Hafen, als wäre nie dergleichen vorgefallen. Doch die Seeleute haben definitiv eine aufregende Geschichte zu erzählen, die ihnen vermutlich niemand glauben wird.
 

Die zwei Verbliebenen haben es noch nicht wieder geschafft auf die Füße zu kommen, da zieht sich eine Gestalt die Kaimauer hinauf und landet als nasses Bündel kraftlos auf dem rissigen Beton. Es ist der Joker! Reglos liegt er in der immer größer werdenden Pfütze, die sich rasch unter ihm ausbreitet. „Oh Gott!“, presst der Rätselmeister hervor. Schneller als Batman gucken kann, erhebt sich der Brünette auf einmal und rennt schon fast zu seinem Kollegen hinüber. Er lässt sich ruckartig neben ihm auf den Boden sinken, dass der Dunkle Ritter das Knirschen seiner Kniescheiben auf dem harten Beton bis zu seinem Standpunkt hören kann. Ungeschickt zerrt Nigma den Clown herum und auf seinen Schoß. „Joker? Hörst du mich? Antworte doch! Joker?“ Wieder brennen Tränen in seinen Augen, doch diesmal kann man sie nicht sehen, da er von der Flutwelle der Explosion eh schon tropfnass ist.
 

Für seine Verhältnisse erstaunlich zögerlich nähert sich der Rächer den beiden. Versucht tröstend legt er Edward eine Hand auf die bebenden Schultern. Der Rätselmeister sieht ihn nicht an, ruft nur weiterhin Jokers Namen. Schließlich geht Bruce in die Knie und besieht sich den Jüngsten. Hoffnungsvoll wendet Nigma ihm dann doch das Gesicht zu. „Er scheint nur ohnmächtig zu sein. Doch wir sollten ihn schnell zurück zur Höhle bringen, damit er nicht unterkühlt.“, teilt er seinem Gegenüber ernst mit. Keine Minute später rast das Batmobil durch die nächtlichen Straßen Gothams in Richtung Wayne Manor.
 


 

11
 

Zwei Stunden später sitzt Edward in sich gekehrt vor dem großen Bett, indem der Joker noch immer besinnungslos liegt. Seine Gedanken sind völlig wirr und er weiß nicht, was er überhaupt noch fühlen soll. Es ist alles so schwer. Zum wiederholten Mal wünscht er sich, er wäre damals einfach abgehauen, anstatt sich von dem Grünhaarigen zu diesem Trip überreden zu lassen. Wäre er gegangen, wäre ihm das alles erspart geblieben und er würde jetzt nicht in seiner Verzweiflung vergehen. Was, wenn Joker doch noch stirbt? Er kann diese Frage nicht beantworten, traut es sich gar nicht erst, zu undurchsichtig sind seine Emotionen derzeitig.
 

Diese Ungewissheit raubt ihm noch das letzte bisschen seines ohnehin nicht ganz funktionsfähigen Verstandes. Schwerfällig erhebt er sich daher und wankt zum Badezimmer hinüber. Vielleicht gelingt es ihm ja, seinen misshandelten Geist mit einer heißen Dusche wieder frei zu spülen? Und wenn nicht, entspannt es in jedem Fall seinen geschundenen und noch immer leicht frierenden Körper. Einen letzten Blick lässt er dem Jüngeren noch zuteil werden, dann verschwindet er. Ed macht sich jedoch gar nicht erst die Mühe die Tür zu verriegeln. Warum auch?
 

Verkrampft schält er sich aus den Sachen, die ihm Alfred netterweise gegeben hat, bis seine eignen wieder trocken sind. Achtlos lässt er sie zu Boden fallen und betritt dann die große, ebenerdige Dusche. In der geräumigen Kabine fühlt er sich plötzlich viel zu klein und gleichzeitig schrecklich erdrückt. Es ist wirklich merkwürdig. Nach der Vernichtung des Mothman hat er so oft geduscht und nie dieses Gefühl gehabt. Was ist nur los? Er begreift das alles nicht mehr. Ein paar Stunden Schlaf werden ihm hoffentlich darüber hinweghelfen, denn er befürchtet, dass sie noch lange nicht das Ende dieser Misere erreicht haben.
 

Mit kraftlosen Fingern dreht er das Wasser auf, das sich sogleich wohlig warm über seinen Körper ergießt, ihn in eine sanfte, tröstliche Umarmung zu ziehen scheint. Ein Seufzen verlässt seine Lippen. Unbewusst hebt er die Hand und streicht über eben diese. Für einen Moment hatte er das Gefühl, als könne er immer noch den Joker darauf spüren. Den harschen, fordernden Druck, der er ausgeübt hat und der Edward schlichtweg um den Verstand zu bringen drohte. Den irgendwie süßlichen Geschmack seines Atems, seine warme Hand in seinem Nacken und die stechend braunen Augen, die so tief in die seinen geblickt haben. Ein Schauer gleitet seinen blanken Rücken hinab und lässt ihn kurz erzittern. Ed sollte diese Szene wirklich vergessen. Immerhin war es nur wieder Unfug von diesem durchgeknallten Clown und ganz sicher nichts, was der Rätselmeister bevorzugen würde. Frauen sind ihm weit lieber und daran wird sich auch nichts ändern, nur weil dieser Spinner seine Finger nicht bei sich behalten kann!
 

Vehement klammert er sich an diese Vorstellung. Zumindest bis er sich herumdreht, um nach dem Duschgel zu greifen. Erschrocken zuckt Nigma zusammen und starrt den jungen Mann vor sich mit großen Augen und offenem Mund an. Der Grünhaarige steht hier in der Dusche, nackt wie Gott ihn schuf und so dermaßen bemitleidenswert fertig, dass es kaum in Worte zu fassen ist. Im ersten Moment hält der Riddler das Ganze für schlichte Einbildung, weil er so in Sorge um den Jüngeren ist. Aber dann streckt er langsam die Hand auf und berührt die zernarbte Wange des anderen. Schwach drückt der Clown sein Gesicht gegen seine Finger. „Oh Gott...“, entkommt es dem Brünetten überrascht. „Du – du bist tatsächlich wach!?“, Unglauben schwingt in seiner Stimme mit und lässt sie um einiges höher klingen, als gewöhnlich. Der Angesprochene ringt sich ein Lächeln ab, das einfach nur ausgezehrt wirkt. „So schnell haut mich nichts um.“, erwidert er fast flüsternd, sodass Ed beinahe Mühe hat, es über das Rauschen des Wassers zu verstehen.
 

Einen Moment herrscht Schweigen zwischen ihnen, während das warme Wasser von ihrer Haut perlt. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“, gesteht Nigma schließlich. „Tu das nicht.“, meint Joker, doch es klingt irgendwie entschuldigend. „Dann mach du nie wieder so einen Mist.“, mahnt ihn der Ältere halbherzig, obwohl er weiß, dass er ihm nichts befehlen kann. Darauf erwidert sein Gegenüber auch nichts. Erneutes Schweigen tritt ein und dauert um einiges länger. „Ach scheiß drauf!“, kommt es dann von Ed. Ehe Joker fragen kann, was er damit meint, zieht dieser ihn plötzlich in seine Arme und drückt ihn ganz fest an sich, ignoriert die Tatsache, dass sich ihre nackten Körper nun berühren können. Der Clown wirkt einen Moment überrascht, entspannt sich jedoch schnell wieder und legt ebenfalls die Arme um den anderen. So stehen sie noch eine ganze Weile im prasselnden, warmen Wasser, schweigend, nur die Nähe des anderen in sich aufnehmend...



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