The outer and personal space between me von Rix (OS-Sammlung zu KazeTsu) ================================================================================ Kapitel 1: I. At the edge of me [Kakeru] ---------------------------------------- Although it is embarrassing and painful, it is very healing to stop hiding from yourself. Pema Chödrön Geburtstage waren stets eine merkwürdige Angelegenheit für Kakeru gewesen. Von Natur aus war er kein Mensch, der im Mittelpunkt stehen musste oder es sogar wollte, dennoch blieb ihm nichts anderes übrig, wenn der Tag seiner Geburt anbrach. Es war nicht so, als hätte er keinerlei Begeisterung verspürt, zumindest als er noch sehr jung war, immerhin war die Aussicht auf Geschenke immer eine immense Freude für Kinder. Aber sogar damals schon war sie gedämpft wurden, denn ihm war die ganze Prozessdur unangenehm gewesen. Kakeru war nie gut im Ausdrücke gewesen und Geburtstage verdeutlichten dies schmerzhaft. Sein Magen verzog sich stets zu einem Knoten und die Nervosität krabbelte als fette Würmer unter seiner Haut, als ihn jeder erwartungsvoll anschaute, nachdem sie ihn mit Geschenken und Glückwünsche überhäuft hatten. Warteten auf seinen Dank und seine Begeisterung. Aber alles was er herausbrachte, waren genuschelte Halbwörter und Blicke, die den Dreck auf dem Boden fixierten. Niemand sprach es aus, aber er konnte ihre Enttäuschung und Unmut dennoch spüren. Es war schon eine traurige Erleichterung gewesen, als die Leute um ihn herum, es aufgaben ihm eine Freude bereiten zu wollen. Keine Kinderlaternen mehr, die sogar dann noch brannten, wenn niemand mehr im Garten tobte und irgendwann verschwand auch der aufwendige, selbstgebackene Kuchen, der wie ein Irrlicht in der Dunkelheit seines Zimmers brannte, bevor er überhaupt zur Schule aufstehen musste. Am Ende war es nur noch schlichte Glückwünsche, die ihm hastig im morgendlichen Tumult zugerufen wurden. Bevor Kakeru überhaupt zwölf war, war sein Geburtstag nur ein Tag wie jeder Andere. Hin und wieder erwischte er sich dabei, wie irgendwas Schweres sich auf sein Brustkorb legte, wenn er das Datum betrachtete, aber er schenkte dem keine Beachtung und schob es wie so vieles von sich. Erst Jahre später wurde er erneut damit konfrontiert. Von der einen Person, die ihn stets mit all den Dingen herausforderte, die er vergeblich versuchte zu begraben. „Kakeru“, hörte er Haiji seinem Namen sagen, auf eine Weise, wie noch nie jemand sein Namen ausgesprochen hatte. Irgendwas schob sich vor und zurück in seinem Innersten, aber er versuchte es schnellstmöglich zu vergessen. „Hm?“, erwiderte er nur und schaute von dem Abwasch auf, den er gerade betätigte. Der ältere Mann saß hinter ihm am Tisch, eine Zeitung weit vor sich ausgebreitet und entspannt den Kopf in einer seiner Hände gestützt. Obwohl er Kakeru angesprochen hatte, schaute er ihn dennoch nicht an, seine Augen auf eine unbekannte Stelle bei der Zeitung gerichtet. „Wann ist dein Geburtstag?“ Ein kalter Schauer ergriff Kakeru und mit einem Stirnrunzeln versteifte er sich erneut auf den Abwasch. Zuerst überlegte er, ob er überhaupt auf die Frage des Älteren antworten sollte. Aber eine Verweigerung dessen, würde nur die Neugierde von Haiji steigern und ihn damit reizen irgendeinen unsinnigen Plan auszufeilen. Dennoch wollte er die Information nicht einfach so Preis geben, da sich in seinem Kopf schon Horrorszenarien bildeten. „Warum willst du das wissen?“, stellte er die defensive Gegenfrage. Aus dem Augenwinkel konnte er wahrnehmen, wie Haiji seine entspannte Haltung veränderte. Wie ein Bluthund, der plötzlich eine Fährte gerochen hatte. Einige Sekunden verstrichen, in denen Kakeru wusste, dass der Andere sich seine Worte gezielt zusammenlegte. Manchmal störte Kakeru diese manipulative Art an dem Älteren. Jedoch die meiste Zeit über bewunderte er ihn dafür, dass es ihm nie schwer zu fallen schien, die richtigen Sätze zu finden. „Ich habe die Horoskope gelesen und wollte dir deines vorlesen, sonst nichts weiter“, log Haiji mit einer Leichtigkeit, die an Ehrlichkeit kaum zu unterscheiden war. Kurz war er wütend darüber, wollte schon impulsiv ihm eine Gemeinheit an den Kopf werfen, beließ es aber. Denn nach dem kurzen Anflug von Ärger, kam die beruhigende Erkenntnis, dass Haiji gerade um seiner Willen log. Weil er glaubte ohne es zu wissen, einen wunden Punkt bei Kakeru getroffen zu haben. Es rührte ihn fast schon, dass der Ältere sich soweit um ihn sorgte und ließ sein Herz auf bestimmte Weise weich werden. „Ich glaube nicht an Horoskope“, war alles, was er an dem Tumult in seinem Inneren den Anderen mitteilte. Haiji gab ein „Hmm“ von sich und sagte danach ebenso nichts weiter mehr. Zu seiner eigenen Überraschung war Kakeru enttäuscht darüber, dass der Ältere so schnell von dem Thema abgelassen hatte. Es war nicht so, als würde er es wirklich Haiji erzählen wollen, aber dann spielte seine Fantasie ihm einen Streich. Während er noch den restlichen Abwasch vornahm, malte Kakeru sich aus, wie es wäre, wenn Haiji von seinem Geburtstag wüsste. Höchstwahrscheinlich würde er mit dem Rest Aotake Leute eine riesige Feier veranstalten. Wenn seine Freunde eins liebten, dann feiern. Es würde haufenweise leckeres Essen und Bier geben. Sie würden irgendwann ein grauenhaftes Lied singen, ihn mit ihren lauten Stimmen Glückwünsche zurufen und sogar eventuell unnützes Zeug schenken, wie einen Manga von Ouji oder eine von Nicos seltsamen Figuren. Sie würden feiern bis sie alle zu müde und betrunken waren, um wach zu bleiben. Bei dieser Vorstellung huschte Kakeru ein Lächeln über die Lippen. Was jedoch rasch verschwand, als ihn die Erkenntnis traf, was sie implizierte. Unschlüssig drehte er die saubere und trockene Schüssel in seiner Hand. Versuchte die Sätze in seinem Kopf mit seinen Emotionen in Gleichklang zu bringen, bevor er sie stumm auf seiner Zunge ausprobierte. Nachdem er sich sicher war, dass sie nicht als Knäul aus ihm herauspurzelten, entließ er sie in die Freiheit zwischen Haiji und sich. „Ich habe es nie gemocht mein Geburtstag zu feiern. Und irgendwann...irgendwann hat jeder aufgehört zu versuchen, ihn mit mir zu feiern.“ Stockte kurz, bevor er vorsichtig die Schale wegstellte, so als könnte sie jeden Moment zerspringen. „Und irgendwann habe ich wohl aufgegeben, mich überhaupt darum zu scheren, ob ihn jemand registriert oder nicht.“ Zuerst bekam Kakeru überhaupt keine Reaktion, doch dann vernahm er das Rascheln der Zeitung und das leichte Kratzen von Holz auf Boden. Fragend wandte er sich um, nur um Haiji dabei zu beobachten, wie dieser leicht mit den Stuhl kippelte, während er ihn schelmisch angrinste. „Wow, du bist wirklich ein seltsames Kerlchen, nicht Kakeru?“, neckte er ihn. Wütend stampfte Kakeru auf. „Huh? Was ist das denn für eine Erwiderung? Außerdem bist du hier der verkorkste Idiot! Also ehrlich, da sagt man-“, aber dann stockte er, als sich der Ausdruck im Gesicht von Haiji änderte. Etwas Sanftes lag in den braunen Augen, die niemals von ihm wegschauten, egal ob er sein bestes oder schlechtestes Ich war. Schlagartig verwandelte sich sein Frust und der Scharm über seine naive Offenheit und Haijis Erwiderung, zu einer heißen Spur aus angenehmer Freude und Erleichterung. Haiji verstand ihn, auch mit den wenigen Sätzen und das war alles, was er momentan brauchte. „So, wann ist dein Geburtstag?“, fragte Haiji unbekümmert nach. „Oh….vor drei Tagen?“, beantwortete er die Frage zögernd. Der Ältere schaute ihn einige Wimpernschläge ein wenig dümmlich an, bevor die Information ordentlich einsickerte. Mit einem lautem Klappern ließ er den Stuhl auf alle vier Beine zurückfallen und fing an in seinen Hosentaschen zu kramen. „Ah, hier!“, rief er plötzlich triumphierend und hielt Kakeru einen Zettel hin. Vorsichtig trat er an den Älteren heran und nahm den Zettel entgegen. Kurz überflog er ihn, bevor er Haiji kritisch musterte. „Alles Gute nachträglich!“, flötete Haiji nur amüsiert. „...das ist der Einkaufszettel für diese Woche.“ „Und du kannst ihn erweitern mit all den Dingen, die wir für deine Geburtstagsfeier brauchen. Ist doch ein gutes Geschenk, nicht?“ Kakeru seufzte nur und Haiji lachte herzhaft. Dennoch breitete sich eine Wärme in Kakeru aus, die er vorher noch nie verspürt hatte. Es war wie ein angenehmes Summen, dass jede Faser seines Körpers ergriff. Überrascht stellte er fest, dass es das erste Mal in seinem Leben war, wo ihm ein Geschenk und ein Glückwunsch so zufrieden und glücklich mit sich selbst fühlen lassen hatten. „Ah, so fühlt es sich also normalerweise an“, sagte er mehr zu sich selbst, trotzdem hörte es Haiji aufgrund ihrer Nähe. Fast schon scheu hob er seine Hand und umfasste den Einkaufszettel, den Kakeru noch immer festhielt. Dabei trennten nur wenige Zentimeter ihre Fingerspitzen daran sich zu berühren. „Wir können es auch als Geheimnis für uns bewahren“, flüsterte Haiji, wobei seine sonst so selbstsichere Stimme leicht zitterte. Fasziniert beobachtete er, wie dem Älteren die Röte in den Nacken schoss. „Und wir könnte ihn nur zu zweit nachfeiern“, fügte er schließlich elend langsam an. Kakerus Herz machte einen Sprung in die Höhe, so weit, dass er fürchtete, es würde von diesem Hoch niemals wiederkommen. Sein Schweigen fasste Haiji jedoch anscheinend als Verneinung auf, da er jetzt seine Hand zurückzog. Rasch packte Kakeru nach seinem Handgelenk, um ihn daran zu hindern. „Ich...kann ich beides haben?!“, brüllte er Haiji in seiner Hast an. Der Ältere starrte ihn verblüfft an, bis mit einmal die komplette Anspannung von ihm abfiel. Er schenkte Kakeru ein Lächeln, dass sein Herz endlich gen Boden beförderte, nur um dort vor Glück herumzurollen. „Natürlich. Immerhin ist es dein Geburtstag. Du kannst dir alles wünschen, Kakeru.“ Geburtstage, so stellte Kakeru fest, waren weniger merkwürdig und unangenehm, wenn man sie nur mit den richtigen Leuten verbrachte. Wenn Menschen, die ihn für seine unbeholfene Art mochten und nur darüber feixten, wenn er auf ihre Glückwünsche wie eine Mauer reagierte. Die sich mit ihm über seine Geschenke freuten, so dass er sich nicht in einem sonderbaren Dankeschön verfing, was steif und stumpf klang. Die ihn Aufmerksamkeit schenkten und verdeutlichten, dass sie froh darüber waren, dass er an diesem Tag geboren wurde, aber ihn nie das Gefühl gaben, dass er ihnen deswegen etwas schuldete. Die am Ende des Tages mit ihm unter die Bettdecke krabbelten und ihm erzählten, wie viel er ihnen bedeutete, während eine beruhigende Hand kleine Kreise auf seinen Rücken hinterließ. Endlich ergab es für Kakeru Sinn sich jedes Jahr aufs Neue auf ein bestimmtes Datum zu freuen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)