Schwarzrot - Dunkelheit kann man nicht färben von ginakai ================================================================================ Kapitel 2: Die Suche -------------------- Am späten Abend des gleichen Tages verweilte er immer noch in seinem Büro. Abgesehen von den unruhigen Nächten und den Sorgen, die zu Schlaflosigkeit führten, sind in den letzten zwei Monaten viele Dinge passiert. Dinge, bei denen es sich meist nur um Schwierigkeiten handelte. Rum's plötzlicher Tod war eindeutig ein Problem. Doch so sehr der Boss nach Antworten suchte, er fand sich letztlich nur immer im Dunkeln wieder. Ein leises Klopfen an der Tür unterbrach die Stille. Es gab nur eine Person, die er zu dieser späten Stunde noch erwartet hatte. Seit er ihm beauftragt hatte, wollte er täglich einen Bericht erhalten. Auch wenn die Neuigkeiten meist nicht erfreulich waren. "Herein.", sprach er. Die Tür öffnete sich. "Guten Abend." Mit einer abendlichen Begrüßung betrat Arrak das Büro seines Bosses. "Was gibt es Neues?" Dieser kam ohne langer Vorrede direkt auf den Punkt. Arrak setzte einen bedauernden Gesichtsausdruck auf. Das bedeutete nichts Gutes. "Nichts, keine Spur.", begann er in Bezug auf das immer noch verschwundene Organisationsmitglied Gin - oder besser gesagt: das ehemalige Organisationsmitglied. Es war eine Tatsache, die sich nicht mehr ändern ließ, dass Gin nun ein Verräter war. "Ob er immer noch ein Kind ist?", fragte der Boss sich gedanklich. Doch wenn dem so wäre, wie hatte er es dann geschafft Rum zu entkommen? "Ohne fremder Hilfe mit Sicherheit nicht." Aber wer hat ihm geholfen? Jede Schlussfolgerung brachte eine neue Frage mit sich, die wiederum unerklärlich blieb. Beinahe wie ein Teufelskreislauf. Ein Seufzen entwich ihm. "Es ist zudem außerordentlich schwer geworden, die Neuen richtig auszubilden. Rum war-" "Sehe ich da etwa Schwäche in deinen Augen?" Arrak wurde von seinem Vorgesetzten unterbrochen. Solche überflüssigen Klagen wollte dieser nicht hören. "Gewiss nicht. Ich versuche Sie nur über die aktuelle Lage zu informieren, die allerdings nicht gut aussieht." Das was beide Männer bereits wussten, sprach Arrak trotzdem noch einmal aus. Die Augen seines Bosses verengten sich. "Dessen bin ich mir bewusst.", meinte er tonlos und erhob sich von seinem Stuhl. "Wenn Gin nicht so schnell wie möglich gefunden und beseitigt wird, könnte das ein großes Problem für uns werden.", setzte er fort während er mit den Händen auf dem Rücken durch das Zimmer streifte. Er sprach eher zu sich selbst, dennoch wurde ihm umgehend geantwortet: "Es könnte das Ende bedeuten.", erwiderte Arrak trocken. "Hah." Ein Lächeln zierte das faltige Gesicht seines Bosses. "Ich hatte zwar hohe Erwartungen auf ihn gesetzt, doch so weit wird er es nicht schaffen.", fügte er hinzu. Er war sich seiner Aussage ziemlich sicher. Für ihn war Gin einer der besten und vor allem loyalsten Mitglieder gewesen. Auf den ersten Eindruck hatte er wie das ideale Werkzeug gewirkt. Kaltblütig, sadistisch, skrupellos, geschmückt mit einem Verstand, der scharf wie die Klinge eines Messers arbeitete. Er hatte jeden Auftrag problemlos ohne Widerworte erledigt. Egal wer es gewesen war - er konnte sie alle töten. "Umso mehr wird es mich freuen, in dein totes Gesicht zu sehen...", sprach der Boss zum silberhaarigen Mörder in Gedanken. Er sah dabei die Reflexion seines bösartigen Gesichtsausdruckes im Fenster, vor welchem er nun stand. "Es wäre einfacher, wenn wir zumindest ein paar Anhaltspunkte im Keller gefunden hätten.", unterbrach Arrak's raue Stimme die Stille. Es stimmte, dass im Keller keinerlei Hinweise auf den Mörder der beiden Organisationsmitglieder zurückgeblieben waren. Nicht einmal das FBI hatte etwas gefunden. Alle Spuren wurden wohlbedacht beseitigt. "Das passt zu ihm.", wieder landete er mit seiner Vermutung bei Gin. "Im Keller gab es drei Blutlachen. Zwei davon entstanden durch Rum's Kopfwunde und dem Lungenschuss von Wodka. Die Dritte…" "Konnten wir nicht ermitteln.", beendete Arrak die Aussage seines Bosses. Auch ihn interessierte es, wer dort scheinbar noch im Keller schwer verletzt wurde. "Die Kugel in Wodkas Lunge konnte man einer .44 AutoMag Pistole zuordnen. Rum besaß so eine Waffe, nicht wahr?", überlegte Arrak laut und wiederholte somit seine Aussage, die er schon vor zwei Monaten, wenige Tage nach dem Ereignis, in einem Bericht verpackt hatte. Sein Vorgesetzter nickte. "Rum hätte ihn niemals getötet.", meinte dieser dann zweifellos. "Aber hätte Gin es?", entgegnete Arrak mit einer Frage. Beide Männer verneinten diese gedanklich. Der Boss wusste, dass Wodka nicht nur einfach Gins Partner gewesen war. Da hatte definitiv eine tiefere Verbindung bestanden. Da kam dem älteren Mann plötzlich ein Gedanke. "Ich möchte, dass du mir Wodkas Akte aus dem Archiv holst. Sofort.", befahl er kurz darauf. Arrak schien überrascht über die plötzliche Entscheidung, doch er tat was ihm aufgetragen wurde. Nach 15 Minuten war er vom Archiv zurück und drückte seinem Boss die Personalakte vom verstorbenen Wodka in die Hände. Der ältere Mann blätterte einen Moment und überflog die einzelnen Seiten mit Informationen. "Dürfte ich erfahren, was Sie vorhaben?", erkundigte sich Arrak vorsichtig. Sein Gegenüber grinste. "Wir müssen da noch etwas aufräumen.", sagte er. Das Mitglied wusste, was damit gemeint war. "Du wirst mit ein paar Anderen Wodkas ehemalige Wohnung durchsuchen. Wenn du dort etwas findest, was weiterhelfen könnte, bring es unverzüglich zu mir. Ob etwas unbrauchbar sein könnte entscheide ich. Wenn du das erledigt hast, wirst du dort aufräumen.", erteilte der Boss Arrak einen neuen Befehl und betonte dabei das letzte Wort. Nebenbei schrieb er mit einem Kugelschreiber die Adresse von Wodkas Wohnung auf ein kleines Papier. Da Gins Wohnung bereits schon vor langer Zeit durchsucht wurde, war dies noch eine weitere Möglichkeit. "Und du wirst das sofort morgen erledigen. Wahrscheinlich wird es längst aufgefallen sein, dass seit zwei Monaten dort niemand mehr die Miete zahlt. Jeder Tag ist wichtig.", fügte er streng hinzu und drückte Arrak den Zettel in die Hand. "Natürlich. Ich werde mich Morgen früh sofort darum kümmern." Er bestätigte den neuen Auftrag mit einem Lächeln. "Einen angenehmen Abend noch.", mit diesen Worten verabschiedete Arrak sich und ging aus dem Büro. Sein Boss nickte ab. Zufrieden setzte er sich wieder hin, während er genüsslich seine Hände aneinander faltete. Auf seinem Gesicht bildete sich ein Grinsen, von dem man nicht genau sagen konnte, was es aussagte. Sei es nun Verrücktheit, Bosheit, oder pure Belustigung. Der Raum, in dem er sich befand schien dunkler und kälter zu wirken, als wäre seine reine Aura dazu imstande. Leise lachte er vor sich hin. "Nicht mehr lang...", sprach er gedanklich zu sich selbst. Die Zeit schien still, für den Boss gab es in diesem Moment nur eine Sache, die Wichtigkeit verlangte. Sein Grinsen wurde breiter. "Nicht mehr lange, Gin. Du kannst dich nicht ewig vor uns verstecken, aber mal sehen, ob du gegen Arrak ankommst… Dieses Mal sind wir dir einen Schritt voraus.", flüsterte er sich in der Dunkelheit selbst zu und zündete sich eine Zigarette an. Der Rauch, der sich dabei bildete, schien den Raum zu verschlingen und der Boss verschwand in diesen Nebel der Kälte. … Der nächste Morgen Wie der Boss es befohlen hatte, suchte Arrak frühs mit zwei anderen Mitgliedern, ohne Codenamen, die Wohnung des verstorbenen Wodkas auf. Nach außen hin wirkte diese still, klein und vor allem unauffällig. Die Wohnungen daneben standen bereits seit langer Zeit leer, die Nachbarn schienen schon vor einiger Zeit ausgezogen zu sein. Da es noch sehr früh war, sah man auch sonst keine Menschenseele herumlaufen. Als Arrak die Lage gecheckt hatte, stieg er mit den anderen beiden aus einen schwarzen PKW aus. Sie näherten sich der Wohnung von Wodka, als wäre dies eine Selbstverständlichkeit und vollkommen normal. Einer der beiden niederen Mitglieder brach ohne Mühe das Schloss der Wohnungstür auf. Die drei traten herein. Arrak staunte nicht schlecht, es hatte sich nichts verändert. Insofern - es wirkte, als würde hier immer noch jemand leben. Ein paar Schuhe lagen quer durcheinander vor der Eingangstür, der Abwasch war noch nicht erledigt. Eine längst vertrocknete Kaffeetasse befand sich auf einem rundlichen Tisch, auf welchem zudem ein voller Aschenbecher stand. Der Stuhl war auch nicht richtig an den Tisch geschoben. Im Großen und Ganzen deutete das alles auf einen eher unordentlichen Charakter hin. Doch das hatte Arrak nicht zu interessieren, denn er hatte einen Auftrag zu erledigen. Er stellte einen Koffer, den er bei sich trug, vorsichtig auf dem Tisch ab. "Durchsucht sämtliche Zimmer. Alles, was Hinweise geben oder brauchbar sein könnte, sofort zu mir.", befahl Arrak streng. Die zwei Begleitpersonen nickten. "Und dass ihr ja keinen Quadratmillimeter überseht. Achtet vor allem auf Unterlagen.", fügte das hohe Mitglied hinzu, bevor er sich selbst auf die Suche nach Hinweisen von Gins Verbleib machte. Es gab auch nicht wirklich viel zu durchsuchen, denn viel Platz war hier in der Wohnung nicht und es gab nur wenig Räume. Arrak fuhr mit seinen Fingern über einige, staubbedeckte Bücher, die wiederum recht ordentlich in einem Regal eingeordnet waren. "Hat er die denn auch wirklich gelesen?", dachte er dabei spöttisch. Angemerkt hatte man es dem stämmigen Brillenträger immerhin nicht, dass er viel gelesen hatte. Arrak nahm sich ein Buch nach dem anderen aus dem Regal und durchblätterte sie. Außer, dass sie wie neu gekauft aussahen, fand er darin nichts weiter. Neben dem Regal befand sich das Telefon, bei welchem eine Taste rot aufleuchtete. Scheinbar wurden ein paar Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Arrak ließ die Nachrichten durchlaufen und hörte aufmerksam zu. Wieder ein Schuss ins Leere. Zuletzt war es immer nur die gleiche Stimme gewesen. Eine alte, kratzige Männerstimme, welche sich darüber beschwerte, wieso das mit der Bezahlung der Miete denn so lange dauern würde. Arrak lachte leicht. Wenn sie hier fertig waren, würde keine Mietzahlung mehr von Nöten sein. Es wäre nicht mal etwas übrig, für was man überhaupt noch Miete zahlen müsste. Sie suchten noch eine Weile, jedoch erfolglos. Erst als Arrak sich zuletzt den Computer vornehmen wollte, stieg wieder Hoffnung in ihm auf. Es war für ihn kein Problem, die Passwortsperre zu umgehen und Zugriff auf die Daten zu erhalten. Zuerst prüfte er das Postfach, die E-Mails darin waren alle schon älter, meistens unbeantwortet. Sonst könnte man glauben, der Computer würde einen gewöhnlichen Menschen gehören, der wie alle anderen normal seinen Alltag nachginge. Denn wie es schien, waren auf dem Rechner keine wichtigen Daten vorhanden. "Das gibt's doch nicht...", dachte Arrak schlecht gelaunt und durchsuchte zuletzt noch ein paar Dokumente. Da blitzten seine Augen auf. Endlich fand er etwas Brauchbares. "Haben Sie etwas gefunden?", fragte einer der beiden anderen Mitglieder, welchem die Freude in Arraks Gesicht nicht entgangen war. "Das sieht aus wie ein Mietvertrag," begann dieser, "aber nicht für diese Wohnung." Er setzte ein breites Grinsen auf. Da es auch einen Drucker gab, zögerte er nicht und druckte das Dokument sofort aus. Daraufhin faltete er das Blatt Papier und steckte es in seine innere Jackentasche. "Sonst nichts?", wollte er sich bei seinen beiden Kollegen versichern, welche nur den Kopf schüttelten. Arrak zuckte mit den Schultern. "Da kann man nichts machen.", meinte er. Immerhin müsste er jetzt sowieso nicht mehr mit leeren Händen bei seinem Boss auftauchen. "Räumt hier auf.", befahl er, während sich sein Blick auf den Koffer richtete. "Danach ziehen wir ab." "Jawohl.", antworteten die beiden anderen im Chor. Er ging schon mal vor zum PKW, mit welchem sie angekommen waren. Es dauerte nicht lange, bis seine Kollegen die mitgebrachten Bomben gut platziert hatten und dann ebenso zurück zum Wagen gingen. Als die Wohnung schließlich in tausende Teile explodierte und daraufhin Feuer fing, waren die drei Mitglieder bereits nicht mehr annähernd in der Nähe. Was nun passieren würde, war Arrak egal. Jegliche Spuren waren beseitigt. Eine Stunde später Arrak hatte sich bemüht, seinem Boss so schnell wie möglich Bericht erstatten zu können und ihm das gefundene Dokument zu überreichen. Wie immer klopfte er zuerst an der Tür dessen Büros und wartete, bis er schließlich herein gebeten wurde. "Du warst schnell.", begann sein Boss, von ihm abgewandt, ohne ihn zu begrüßen. Der ältere Mann stand mit den Händen hinterm Rücken vor dem Fenster. "Aber warst du auch erfolgreich?" Er drehte sich um. Arraks Blick verriet ihm, dass er zumindest nicht vollkommen enttäuscht werden würde. "Kann man so sagen.", meinte Arrak. Er zog das gefaltete Blatt aus seiner Jackentasche und übergab es seinem Vorgesetzten, welcher einen leicht neugierig wirkenden Blick aufsetzte. Solange der Boss sich das Dokument sorgfältig durchlas, herrschte Stille. "Ein Mietvertrag?" Sein Blick schweifte wieder zu Arrak. "Wie es scheint, hat der Kerl noch eine zweite Wohnung.", erklärte dieser daraufhin. "Ach ist das so?", die Mundwinkel des Bosses zuckten kurz. Er machte einen zufriedenen Eindruck. "Das wäre doch ein ideales Versteck, finden Sie nicht?" Jetzt umspielte auch Arraks Lippen ein Lächeln. Zwar konnte er nicht genau wissen, was es mit dieser Zweitwohnung auf sich hatte und ob Gin überhaupt davon wusste, doch die Möglichkeit bestand und diese Hoffnung blieb fürs Erste. "In der Tat.", antwortete sein Vorgesetzter tonlos. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)