Centaurya von Runataurina ================================================================================ Kapitel 2: Das Feuer-Mal ------------------------ Mit fragendem Blick fuhr ich herum, ich sollte erschrocken sein, aber ich war es nicht. Hinter mir stand ein wahrhaftiger Centauryn und er wirkte wirklich alles andere als bedrohlich: seine freundlichen blau-grauen Augen blickten mich neugierig an, sein hell war von zimt- bis cremfarbend und blau-grau sehr bunt und wirkte auf mich wirklich schön. Vom Alter her schätzte ich ihn ungefähr gleich wie meinen Centauryn, also sehr junges Erwachsenenalter. Auf seiner rechten Schulter erkannte ich ein spiralförmiges Mal. Ob alle Centauryn so eines besaßen? Auch mein Zentauren-Wesen hatte ein solches Mal, allerdings in roter Farbe und in feuerähnlicher Form. Höflich verbeugte er sich vor mir und erklärte mit einer melodischen Stimme, dessen Dialekt jedoch vermuten ließ, dass er nicht oft in unserer Sprache sprach: „Mein Name ist Torkin, ich bin ein enger Freund und Vertrauter von Runen.“ Natürlich wusste ich nicht genau was in diesem Fall mit Vertrauter gemeint sein mochte, doch ich entschied mich dafür vorerst nicht nachzufragen denn ich spürte, dass es jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war. Der Centauryn wirkte erleichtert und geradezu aufgedreht mich zu sehen und besaß sich mein Mal eindringlich. „Du musst wissen, Runen – der Centauryn der dich als seine Vertraute erwählen wollte – ist weit von hier verschwunden. Wir können ihn nicht aufspüren, aber dein Mal könnte der Schlüssel sein, um ihn zu finden. Bitte, du musst uns helfen!“ „Du meinst, Runen ist nicht tot?“ „Nein – noch nicht. Und doch drängt die Zeit, wir sollten am besten sofort aufbrechen. Ich weiß, ich verlange viel …“ Ja, natürlich wirkte es unvernünftig einfach so mit einem Fremden Ureinwohner mitzugehen, um jemanden zu suchen den man noch nie wirklich getroffen hat. Aber da gab es plötzlich dieses Gefühl von Verbundenheit und Vertrauen in mir, welches mir sagte, dass ich ihm ruhig folgen konnte. Für mich zählte nur die Hoffnung Runen zu retten. „Aber du sagst, er ist weit weg von hier verloren gegangen, wie sollen wir rechtzeitig dorthin gelangen?“ Erleichterung und Hoffnung spiegelten sich in Torkins Gesicht wieder. Freudig trat er einen Schritt zurück und meinte nur: „Keine Sorge, ich werde uns hinbringen!“ Mir verschlug es den Atem, denn auf einmal zeigten sich zwei große Flügel die aus seinem Rücken wuchsen. Sie schimmerten in Weiß, Braun und Silber. Nahezu verzaubert musste ich für einen Augenblick mit offenem Mund dar gestanden haben, schließlich reichte mir der Centauryn die Hand: „Komm, steig auf meinen Rücken.“ Zugegeben, ich fragte mich, wie der Zentaur so fliegen konnte, seine Flügel saßen an den Schulterblättern seines menschlichen Oberkörpers, müssten sie nicht an den Schultern seines Pferdeteils herauswachsen? Aber auf Centaurya gab es so einiges, was wir als unglaublich oder für unmöglich zu halten scheinen. Wie von ihm gefordert kletterte ich auf Torkins Rücken und der Centauryn schwang sich mit Leichtigkeit in die Lüfte. Und er flog tatsächlich ganz elegant durch den Himmel. Kräftige Muskeln spannten sich unter mir an, vermutlich steckte eine besondere Biologie hinter diesem Kunststück der Natur. Landschaften zogen an uns vorbei, Küsten, Wälder, Wiesen mit Megalithen und irgendwann flog ein wunderschöner Felsgreif dicht neben uns. Das sind grau-braune mittelgroße Greife, sehr scheu und selten mit großen Federkronen auf dem Kopf. Er sah uns an und entschwebte danach elegant seiner Wege. „Torkin? Besitzen viele Centauryn Flügel?“ Er lachte kurz: „Nein, es ist eine eher seltene Fähigkeit. Doch sie ist unglaublich nützlich, gerade in solchen Momenten.“ Wie Recht er hatte, dachte ich dankbar. „Und wie genau kann ich helfen Runen zu finden? Was muss ich machen?“ „Zunächst solltest du wissen, dass Runen weit östlich von hier, an einem Ort den wir Wetterberge nennen, verschwunden ist. Er wollte zusammen mit einer Gruppe ungewöhnliche Erdaktivitäten und Erdrutsche erkunden. Doch der Trupp kam ohne ihn zurück …“, Torkin hielt für einen Moment inne, es schien ihn tief zu treffen, dass sein Freund als vermisst galt. Als Torkin weitersprach, wurde seine Stimme ernst: „Ich muss dich zunächst etwas fragen, Aurin. Auch wenn es möglicherweise seltsam für dich klingen mag, aber sag mir, wer ist Runen für dich?“ Diese Frage erstaunte mich, wie sollte ich darauf antworten? Und wie als würde ich danebenstehen und mir selbst zuhören, antwortete meine Stimme: „Es ist in der Tat seltsam … ich kenne Runen nicht und doch … fühle ich mich ihm so verbunden und vertraut, wie bei einem engen Freund mit dem man schon sein ganzes Leben lang durch das Leben geht. Ich würde sagen, Runen ist mein bester Freund, auch wenn es unglaublich klingt. Ist das Unsinn?“ Zu meiner Erleichterung lachte Torkin zufrieden: „Kein Unsinn – genau das sollte es sein, aber das wirst du bald schon verstehen. Für euch Menschen ist das vermutlich äußerst ungewöhnlich.“ „Ja, und wie“, stimmte ich zu und dann machte ich große Augen, denn das Mal auf meinem Arm gewann seine alte Farbe zurück und wuchs sogar noch. Was geschah hier? Und dann wurde es noch merkwürdiger, denn in meinem Inneren wuchs ein Gefühl, ein Gespür für Runen an. Es wuchs immer stärker, bis ich genau wusste, in welche Richtung wir mussten, wie eine unsichtbare Landkarte in meinem Gefühl. Aufgeregt und voller Zuversicht zeigte ich in jene Richtung, in die mich das Gefühl leitete: „Wir müssen dort entlang, Torkin!“ Und der Centauryn nickte zufrieden. Wir schlugen den von mir gezeigten Weg ein und erreichten bald ein gewaltiges Gebirge oder besser einige Berge die so eindrucksvoll in den Himmel ragten, dass sie wie ein ganzes Gebirge wirkten. Einige Wolken verfingen sich in den Bergspitzen und ich kam nicht umhin erneut beeindruckt zu sein. Von Bildern wusste ich, dass auf unseren ursprünglichen Heimatplaneten auch ähnliche Landschaften existierten. Doch für mich war das hier meine Heimat, ich bin hier geboren und aufgewachsen. Der Centauryn setzte elegant zur Landung an und ich ließ mich von seinem Rücken gleiten. Es nahm nicht viel Zeit in Anspruch Runens Spur weiter zu verfolgen und ich lief los und Torkin folgte mir auf dem Fuße. Direkt vor einem der Berge zeigte sich ein großer Felsspalt, riesig genug um bequem dort hinunter zu laufen, was wir auch taten, denn die Energie verlief dort entlang in den Erdspalt hinein. Mir fiel auf, dass Torkin so seine Schwierigkeiten hatte, auf dem steinigen Boden sicher zu laufen, da er sich aber nicht beschwerte, ging ich weiter und sprach ihn nicht darauf an. Vielleicht war es in ihrer Kultur unhöflich auf solche Unzulänglichkeiten hinzuweisen? Eine seltsame Atmosphäre umfing uns Beide, als wir dort hinunterstiegen, alles wirkte fast so wie erbaut, nicht wie ein zufällig entstandener Erdriss. Torkin wirkte nervös: „Das hier fühlt sich nicht gut an. Irgendwas stimmt nicht.“ „Schau, dort hinten ist ein Höhleneingang oder so, es fällt Licht dort hinein. Lass uns das mal genauer ansehen.“ Der Centauryn folgte mir, auch wenn Torkin sichtlich unwohler wurde je näher wir zum lichten Eingang traten. Als wir dieses Stück der Höhle erreicht hatten, konnte ich zunächst nicht viel erkennen, denn die Sonne blendete mich, weil meine Augen an das Dunkel der Erdspalte gewöhnt waren. Aber Torkin war der erste von uns Zweien, der wieder was erkennen konnte und mit entsetzen etwas feststellte, was ich erst nach und nach erkennen konnte. Vor uns lag ein weiter, in der Erde eingelassener Hof, in dessen Mitte ein riesiges und seltsames Etwas hockte. In seinem Schlund hin ein roter Schopf heraus und mein Herz begann für einen Moment auszusetzen: Irgendein bösartiges Wesen hatte Runen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)