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Adam

Weil du die Sonne bist und ich der dumme Ikarus
von

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2 [damals]

2008
 

Ich hasse dich, Adam mit den schwarzen Augen.

Augen die sich immer viel zu tief in meine bohrten, sich nach mein Innerstes gruben und dort unauslöschliche Spuren hinterließen. Zitternd saß ich auf der Bank, während der Regen unaufhörlich auf mich einprasselte. Der Bus, der mich von der High School nach Hause bringen sollte, war schon längst abgefahren. Nur wegen ihm. Und warum? Weil ich dumm war. So grenzenlos dumm. Ich wusste ja, dass er nur mit mir spielte, dass ich ein netter Zeitvertreib war und er mir nur seine, nach Cherry Coke schmeckende, Zunge in den Mund schob, weil er neugierig war. Mädchen waren nach wie vor sein Beuteschema. Sollten sie doch. Mir egal.

Ich hasse dich, Adam mit dem schwarzen Haar.

Mein T- Shirt war durchnässt und klebte an meinem Oberkörper. Meine dunkelblaue Jeans wirkte schwarz und hing schwer an meinen Hüften. Noch eine halbe Stunde, dann würde der Bus wiederkommen und ich würde umringt von laut plappernden Schülern sein. Viele kichernd mit dem Blick auf mir. Ich würde im Bus stehen müssen, weil der Busfahrer mir nicht erlauben würde, seine Sitze nass zu machen. Alles nur, weil er mich auf dem Jungsklo auf der dritten Etage, in der nähe des Geschichtsraumes, gegen die Wand drücken und mir meine verdammte Seele aus dem Leib küssen musste. Und ich ihm dabei seine eh schon zerzausten Haare noch mehr durcheinander brachte.

Ich hasse dich, Adam mit den vielen Tattoos.

Die ich alle mit dem Zeigefinger nachzeichnen wollte, gefolgt von meinen Lippen und meiner Zunge. Nur einmal, wenigstens ein einziges Mal.

Ich hasse dich, Adam mit dem schiefen Grinsen.

Welches ich dir gern aus deinem viel zu schönem Gesicht schlagen wollte, weil es mein Untergang war. Warum ich? Warum hattest du dir mich ausgesucht, um deine blöde Neugier zu stillen? Nur weil ich schwul war? Ich war verflucht nochmal kein exotisches Gericht auf einer Speisekarte in einem Szenelokal welches du noch nicht kanntest und unbedingt probieren musstest. Ich war ein Mensch mit Gefühlen und einen dummen Herzen was angefangen hatte für dich zu schlagen, obwohl es wusste, dass es brechen würde.

Ich hasse dich, Adam mit der tiefen, kratzigen Stimme.

Die alles in mir zum singen brachte. Der ich blind bis ans Ende der Welt und zum Tor der Hölle folgen würde. Liebe war nur im Moment schön. Sonst war sie grausam. Machte aus einem intelligenten Menschen einen völlig Verblödeten, der kaum noch wusste wo oben und unten, links und rechts, Norden und Süden, Westen und Osten war. Und es nicht mal erkennen würde, wenn er einen Kompass hatte. Dabei war ich bei den Pfadfindern gewesen und würde in der Wildnis überleben. Doch in der Liebe war ich verloren.

Ich hasse dich, Adam mit den rauen Händen.

Dessen Finger sich wie Stahlseile um meine Hüften legten und so eng an sich drückten, dass nicht mal Luft zwischen uns passte. Nicht umsonst gierten meine Lungen nach Sauerstoff, wenn er sich grinsend von mir löste. Und der mit seinen Händen wunderschöne Skulpturen formen konnte.

Ich hasse dich, Adam mit der Zigarette im Mundwinkel.

Etwas so Ungesundes, Tödliches, sollte nicht so sexy aussehen.

Beißend drang Rauch in meine Nase, während es über mir plötzlich nicht mehr regnete, obwohl der Regen immer noch gnadenlos auf die Erde einschlug.

„Komm mit, sonst holst du dir noch den Tod.“ Gänsehaut fegte über mein Körper hinweg, während mein Herz verrückt spielte und ich zu schwitzen begann, obwohl ich eigentlich fror.

Worte formten sich in meiner Kehle, Worte die ihm sagten, dass er den Tod in der linken Hand hielt, doch mein Mund blieb stumm. Ich wagte nicht mal aufzuschauen.

„Evan.“

Mein Name aus seinem Mund sollte nicht so gut klingen, sollte nicht klingen, als ob es das Schönste der Welt wäre und es sollte nicht klingen, als ob er hypnotische Kräfte besaß. Kräfte die alles mit mir machen konnten, ohne dass ich mich je dagegen wehren würde. Ich sollte einfach weiter auf meiner nassen Jeans starren, in knapp zwanzig Minuten kam der Schulbus wieder und würde mich nach Hause fahren. Dort würde ich ein heiße Dusche nehmen, mir frische und vor allem trockene Kleidung anziehen und mir überlegen, wie ich Adam aus dem Weg gehen konnte. Wider besseren Wissens sah ich auf und verschluckte mich an meiner eigenen Spucke. Die Kippe hing in seinem linken Mundwinkel, wodurch der Rauch sein schönes Gesicht hinter einem grauen Schleier versteckte, trotzdem wusste ich, dass er sein berühmt, berüchtigtes Grinsen aufgesetzt hatte. Sein Oberkörper steckte in einem weißen, dünnen Pullover, der sich eng an seinen sehnigen und drahtigen Körper schmiegte, mit den leicht definierten Muskeln, dessen Ärmel bis zum Ellenbogen hochgeschoben war und zimtbraune Haut zum Vorschein brachte. Seine langen Beine in eine tief sitzende und lässig geschnittene Hose gehüllt, ebenfalls in weiß. Über uns war ein riesiger, knallroter Schirm gespannt, auf dem der Regen tropfte, als würde er uns applaudieren. Er sah aus, wie ein Farbklecks auf einer grauen Leinwand.

Langsam nickte ich, nahm mein Rucksack und stand auf.

Ich hasse dich, Adam.

Weil du die Sonne bist. Und ich der dumme, dumme Ikarus.



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