28 Kinds of Nya von Doresh (Bis(s) zur Katzenminze) ================================================================================ Prolog: -------- Das Mädchen trank Kaffee aus einem Pappbecher, während sie durch die verschneite Stadt zog. Sie hielt den Becher dabei mit beiden Händen fest, um sich besser an seinem heißen Inhalt zu wärmen. Für die Jahreszeit entsprechend war sie dick eingekleidet, ihr Gesicht eingehüllt in einem weißen Schal und einer schwarzen Mütze mit Katzenohren. Sie kam ihrem "Zuhause" näher. Hastig trank sie den Rest des Kaffees, warf den leeren Becher in einen Mülleimer und vergrub ihre Hände in den Taschen. Wenig später bog sie in eine Seitenstraße ein. Bald hatte sie die Geräusche der Fußgänger hinter sich gelassen und betrat eine leisere, weniger einladende Welt. In den engen Gassen gab es hauptsächlich Mülleimer und hin und wieder einen anderen Obdachlosen wie sie. Sie grüßte bekannten Gesichtern mit einem Nicken. Katzen liefen ihr auch über den Weg, aber die schienen ihr eher aus dem Weg zu gehen. Jedenfalls schien sie die gleiche Katze nur selten mehr als einmal zu sehen. Ob die spüren, dass ich eine Ausgestoßene bin? Ein Gesicht passt eindeutig nicht hierher. Es trug eine Sonnenbrille, gepflegte Haare und gehörte einem jungen Mann im Anzug. Ohne ihn weiter zu beachten ging sie an ihm vorbei, ihre Schritte leicht beschleunigend. "Nice Body!", sagte der Mann und folgte ihr. "..." "Hätte fast geglaubt, dass der Penner das nur für etwas Schnaps erfunden hat, aber er hatte recht!" "..." "Eine Schande, dass so ein süßes, junges Ding wie du auf der Straße leben muss. Aber ich und meine Freunde könnten dir ein schickes, neues Zuhause bieten. Keine Angst, wir sind ganz nett." "..." "Natürlich müsstest du uns den einen oder anderen Gefallen tun, aber du weist ja, wie das is..." Blitzschnell rammte sie ihm den Ellbogen ins Gesicht. Mit gebrochener Nase fiel er auf die Knie. Dann packte sie seinen Kopf und rammte ihm das Knie gegen den Unterkiefer. "Angebot abgelehnt...", sagte sie und setzte ihren Weg fort. Etwas später erreichte sie das Hafengebiet. Sie prüfte kurz, ob niemand in der Nähe war und sprang dann mit einem übermenschlichen Satz auf ein nahes Dach. Sie bevorzugte hohe Unterschlüpfe, da sie Menschen nicht traute und unangenehme Überraschungen vermeiden wollte. Ein paar Dächer weiter schlich sie sich durch ein offenes Fenster eines alten Lagerhauses und landete in einem halb vergessenen Dachboden. Er diente wohl als Abstellkammer für die Büros darunter. Zwischen den alten Möbeln und dem Staub sah sie ihre Habseligkeiten: Etwas Essen, ein paar zusätzliche Kleidungsstücke und mehrere Decken. Sie zog ihren Rucksack aus und wühlte darin herum. Schließlich holte sie ein paar schwarzer Pfotenschuhe hervor, Überbleibsel aus ihrem alten Leben. Sie betrachtete sie kurz nachdenklich, dann zog sie die Stiefel aus und die Pfoten an. Sie waren flauschiger, sauberer und vor allem wärmer, was sie angesichts der nicht vorhandenen Beheizung ihrer "Wohnung" gut gebrauchen konnte. Schließlich deckte sie sich gut zu und versuchte zu schlafen. Wie so oft präsentierte sich ihr Traum als eine Aneinanderreihung von Erinnerungen. Einige fröhlich, viele nicht. Und immer wieder kehrte ihr Traum zu einem Bild zurück: Eine wimmernde Gestalt in schwarz, in einer Blutlache liegend... Ein Geräusch weckte sie aus ihrem Schlaf. Es kam von unten. Vorsichtig krabbelte sie weiter nach vorne, wo es einen kleinen Riss im Boden gab. Ihre Augen färbten sich gelb, und mit ihren nun katzenartigen Pupillen spähte sie hindurch in in die Lagerhalle, deren Dunkelheit schwach von Taschenlampen durchbrochen wurde. Etwa ein halbes Dutzend Männer schlich durch die Halle. Durch ihre feinen Katzenohren – versteckt unter der Mütze – konnte sie einige Gesprächsfetzen ausmachen. "Wo ist die Ladung?", fragte eine Gestalt flüsternd. "Hier irgendwo... hey, was ist das?!" Scheinwerfer und Motorengeräusche deuteten auf einen Wagen, der vor der Lagerhalle parkte. Schritte ertönten, als weitere Männer die Halle betraten. "Ihr wollt uns bestehlen?", fragte eine junge Stimme. "Geht man so mit alten Geschäftspartnern um?" "Wir machten Geschäfte mit deinem alten Herrn", sagte eine Stimme verächtlich. "Was verstehen du oder deine Göre von Schwester vom Geschäft?!" "Mehr, als du dir denkst..." "Sicher? Dann dürfte dich das ja nicht überraschen..." Plötzlich ertönten Schüsse, gefolgt von Schreien. Körper gingen zu Boden. Sie schrak zurück und kroch langsam wieder zurück zu ihrer Decke. Das geht mich nichts an... "Das war ja einfach!", rief jemand. "Ohne ihren Boss sind ihre Tage wohl wirklich gezählt!" "Hey! Der Kerl lebt ja noch!" Ein weiterer Schuss ertönte. Das geht mich nichts an... "M-mist...", stöhnte die junge Stimme. "Ich glaub's ja nicht. Der Kleine ist zäh, das muss man ihm lassen. Jungs!" Sie hörte das Geräusch von von Eisenstangen, die über den Boden geschliffen wurden. Das geht mich nichts an... "Du gibst bestimmt einen guten Sandsack ab!" ... Sie kramte Waffen aus ihrem Rucksack hervor. Geschwindt huschte sie raus aufs Dach und fand ein weiteres Fenster, dass direkt zur Lagerhalle führte. Durch ihre Pfoten war ihre Landung völlig lautlos, und ihre Katzenaugen halfen ihr in der Dunkelheit. Der erste Mann ging durch ein Brecheisen zu Boden, dass sie ihm im Vorbeihuschen über den Schädel schlug. Einen weiteren traf sie mit einem gezielten Messerwurf. "Was ist denn hier lo...?", fragte einer der vier übrigen, die sich um den am Boden liegenden jungen Mann versammelt hatten. Sie zückte zwei weiterer Messer und ging an die Arbeit. Drei gingen schnell zu Boden, doch der letzte gab erst nach einem kurzen Handgemenge auf. Glücklicherweise riss er ihr nur die Mütze vom Kopf, bevor sie ihn zum Schweigen brachte. "Äh...", sagte sie, als sie vor dem Jungen stand. "Lebst... du noch?" "In gewisser weise...", keuchte er. "D-danke..." Plötzlich fuhren weitere Autos vor. Sie konnte aufgrund der Scheinwerfer nichts genaues erkenne, aber sie hörte, wie weitere Schusswaffen gezückt wurden. Oh... "Keine Bewegung!", rief eine Stimme. "Hat die Katzenohren?!", murmelte eine weitere. "Und was ist mit den Augen?", fragte eine dritte. Wenn ich jetzt Abhaue, könnte ich's vielleicht noch schaffen... Der Junge hob seinen Arm. "Sch-schon gut...", rief er. "Die gehört zu mir..." * Sie fand sich im Inneren einer Limousine wieder. Je ein hoch gewachsener Mann mit Sonnenbrille und dunklem Anzug saß neben ihr. Ihr gegenüber saß der Junge, der gerade von anderen Männern wieder zusammen geflickt wurde. "I-ist es ernst?", fragte sie. "Wird schon...", sagte der Junge. "Vielen Dank nochmal." "Nicht der Rede wert..." "Was ist eigentlich mit dem Katzenlook?" Sie errötete. "Nun ja... ich... ich... ich bin ein Monster. Das mit den Ohren und Augen kann ich eigentlich verbergen, aber für den Kampf war das so für mich vorteilhafter..." "Na ja, diese Kerle waren selbst nicht besonders fair, also soll's mir recht sein..." Er kramte in seiner Jacke herum, holte einen Flachmann hervor und nahm einen herzhaften Schluck. So jung, und schon Alkoholiker?! "Wo können wir dich rauslassen?" Sie senkte ihren Kopf. "Ist mir egal. Ich habe kein Zuhause..." "Mmh..." Er nahm einen weiteren tiefen Schluck. "Wir haben Zuhause momentan einen kleinen Personalmangel. Interesse an einen Dienstmädchen-Job?" "D-dienstmädchen?!" Er lehnte sich etwas nach vorne. "Und ein bisschen Bodyguard. Da scheinst du ziemlich gut zu sein. Aber das bleibt unter uns..." * "Herzlich willkommen!", sagte der Junge scherzhaft. "Wooow...", sagte sie staunend. Sein Zuhause war eine prächtige Villa im europäischen Stil, umgeben von einem weitläufigen Gelände. Sie gingen die Treppe zur Eingangstür hoch und betraten die Empfangshalle. Ihnen kamen sogleich weitere Männer in Anzügen entgegen, sowie ein etwa 30-jähriges braunhaariges Dienstmädchen und ein schwarzhaariges Mädchen in einem roten Kleid, die etwa so alt war wie der Junge. "Alles in Ordnung, Meister?!", fragte das Dienstmädchen. "Den Umständen entsprechend...", antwortete der Junge. "Ich hoffe, das nächste Mal verläuft etwas erfolgreicher", sagte das Mädchen im Kleid. "Wir müssen uns Respekt verschaffen, wenn wir Vaters Imperium halten wollen." "J-ja...", sagte der Junge verlegen. "Oh, und wer ist das?", fragte das Mädchen und musterte sie interessiert. "Sie half uns am Hafen. Sie ist obdachlos, also möchte ich sie zum Dank als Dienstmädchen einstellen." "Oho~", sagte das Mädchen entzückt. "Sehr exotische Wahl. Hätte ich nicht von dir gedacht. Ich hoffe nur, dass sie stubenrein ist..." Damit wandte sie sich ab und verließ die Halle. "Ähm...", sagte der Junge. "Oh, das hier ist Magaret. Sie ist quasi das Chef-Dienstmädchen. Sie wird dich einweisen." "H-hi...", begrüßte sie das Dienstmädchen. Magaret musterte den Neuankömmling argwöhnisch. "Kann man ihr trauen?" "Nun ja, ich würde sonst hier wohl nicht stehen." "Wir werden sehen..." * "Das hier ist der Flügel des Meisters", erklärte Magaret beim Rundgang. "Hier wirst du hauptsächlich beschäftigt sein. Es gibt hier auch..." "Brüderchen!" Eine deutlich jüngere und kleinere Version des Mädchens von vorhin im Nachthemd warf sich dem Jungen entgegen. "Alles in Ordnung?! Bist du verletzt?!" "Ach, ist nicht so schlimm..." "Wirklich?!" "Ja..." "Und wer ist das?!" Das kleine Mädchen musterte sie interessiert – und fiel dann auf die Knie, um ihre Pfoten zu kneten. "So flauschig!", rief sie entzückt. "Das ist die junge Herrin", erklärte Magaret. "Sie lebt auch in diesem Flügel." "Oh... dann schätze ich, dass es sich für eine Herrin nicht gehört, auf dem Boden zu knien. Na komm, hoch mit dir..." Sie reichte der jungen Herrin die Hand – und wurde umgehend gebissen. Sie spürte das Piksen spitzer Eckzähnchen. "Waaah...?!" "Also wirklich, junge Herrin", seufzte Magaret. "Man trinkt nicht einfach Blut von einer Wildfremden von der Straße..." "Blut?!" "Die Herren sind Vampire. Hat Meister dir das nicht erklärt?" Der junge Meister blickte etwas verlegen in Richtung Teppich. "Das ist mir ein bisschen entfallen..." Er zückte wieder den Flachmann. "Blut", erklärte er. "Ach... so...?" Die junge Herrin ließ endlich von ihr ab. Hastig begutachtete sie ihre Hand. "Schmeckt nach Katze!", sagte die junge Herrin und kicherte. "Also wirklich...", seufzte Magaret erneut. Wo bin ich da nur rein geraten...? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)