Your Name von TheOnlyOne ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Kapitel 10   Ich bin einfach nur aufgeregt. Schon fast zittrig stecke ich den Schlüssel in das Schloss und drehe ihn um. Ein klacken ertönt und die Tür offenbart das Verbogene. Ein steril weißer Gang erstreckt sich vor mir. Kein einziges Möbelstück zu finden. Das ist sie, unsere erste gemeinsame Wohnung.  Schon bei der Besichtigung, unmittelbar nach Sayas und Teshis Hochzeit, waren wir so begeistert, dass wir direkt zugesagt hatten. Es war einfach das Gefühl nach Hause zu kommen. Selbst jetzt, wo ich im völlig leeren Flur stehe, keimt das Gefühl von Zuhause auf. Die hohen Decken, die Bodentiefenfenster, eine neue Einbauküche. Es ist einfach der Jackpot im Immobilienlotto und das zu einem erschwinglichen Preis. „Eh Mitsuha?“, Taki meldet sich hinter mir und reißt mich aus meinen Gedanken. Vor lauter neuen Eindrücken habe ich ihn beinahe vergessen. Abrupt drehe ich mich zu ihm um und betrachte den Turm auf Farbeimern den er bis hierher balanciert hat. „Oh entschuldige.“, werfe ich ein. „Warte, ich helfe dir.“, ich nehme ihm die Pinsel und einen Farbeimer ab. „Am Besten stellen wir die Sachen ins Wohnzimmer.“, weise ich an. Taki stimmt mir wortlos zu und stellt die schweren Farbeimer ins Wohnzimmer. Er stöhnt erleichtert, als das Gewicht nicht mehr seine Schultern belastet. „Wann wollten Saya und Teshi kommen?“ „Saya meinte irgendwas von fünf Uhr.“ „Okay, dann hole ich noch den Rest aus dem Auto, damit wir anfangen können.“ Ich nicke Taki zu und er verschwindet direkt hinter der Tür. Mit einem erwartungsvollen Lächeln öffne ich schließlich die Farbeimer. Eine zauberhafte pastellige Mischung verschiedenster erd-und Rosatöne erstreckt sich vor mir. Ich atme noch einmal tief ein bevor ich mich voller Tatendrang in die Arbeit stürze.   . .   Mein Blick fällt auf die beiden Frauen, die sich einen unerbittlichen Wettkampf im Streichen zu liefern scheinen. Ich reiche Teshi die kalte Limo Dose, die ich aus der Kühlbox rausgenommen habe. „Danke.“ Ein Zischen ertönt, als die Kohlensäure entweicht. Sehnsüchtig stürze ich die kühle Flüssigkeit meine Kehle runter. Unglaublich das es selbst im Herbst noch so warm ist. „Hey ihr Zwei! Ausruhen könnt ihr euch später. Kommt helft uns mal.“, fordert Mitsuha. Ich grinse ihr frech entgegen und nehme mir demonstrativ noch einen genüsslichen Schluck aus der Dose.   „Mitsuha, musste das sein?“, frage ich genervt, während ich versuche die vertrocknete Farbe aus meinen Haaren zu lösen. Sie schenkt mir ein freches Lächeln. Das war wohl die Retourkutsche. Immerhin hat sie auch was abbekommen. Ihr Gesicht ist gesprenkelt mit sämtlichen Farben die in unserer Wohnung zu finden sind, genau wie ihr T-Shirt. Es sieht fast wie ein Kunstwerk aus. „Ach stell dich nicht so an. Eine heiße Dusche und du siehst so toll aus wie immer.“ Sie schenkt mir ein zuckersüßes, entschuldigendes Lächeln. Diese Frau… Ich kann einfach nicht anders. Kopfschüttelnd lege ich meinen Arm um sie und ziehe sie nah an meine Brust um ihr schließlich einen Kuss ins Haar zu drücken. „Vielleicht kommst du ja mit unter die Dusche.“, bei dem Gedanken kann ich nicht ein anzügliches Grinsen nicht vermeiden. Ich bemerke wie Mitsuha nach Luft schnappt. Doch ich sehe auch, dass sie alles andere als abgeneigt ist. „Du weißt, dass Yotsuha noch vorbeikommen wollte um ihre restlichen Sachen abzuholen.“ Ich leere mein Wasserglas, stehe auf und lächele sie an. Mein Lächeln erstirbt keine Sekunde. Ich halte ihr meine Hand hin und zwinkere ihr zu. „Dann sollten wir uns wohl beeilen.“ Mitsuha bedenkt meine Aussage nur mit einem Kopfschütteln, doch sie ergreift meine Hand.   Mühevoll versucht Mitsuha das Chaos aus meinen Haaren zu entfernen. Doch weit kommt sie nicht. Ihr nackter Körper lenkt mich einfach zu sehr ab. „Taki.“, kichert sie. „Du lenkst mich ab.“ Ich halte inne während meine Lippen fast die warme Haut ihrer Ohren berühren. „Und das ausgerechnet von dir.“, raune ich. Ich greife nach ihren Handgelenken um ihre Hände aus meinen Haaren zu befreien. Ich parke ihre Hände auf meinen Schultern und ziehe sie näher zu mir heran um sie endlich zu küssen. Immer noch verschlägt es mir den Atem. Seit wir das erste Mal miteinander geschlafen hatten, kann ich mir kaum etwas Schöneres mit ihr vorstellen. Es vergeht kaum ein Tag an dem wir nicht in den Genuss unserer Körper kommen. Es klingt vielleicht naiv, aber wir beide hatten einfach gewartet, Jahre. Während andere in unserem Alter bereits die Kinderplanung überdenken, machen wir diese Erfahrungen zum ersten Mal. Im Nachhinein bin ich froh dass wir beiden gewartet hatten. Für uns beide war es das erste Mal. Ich kann im Nachgang nicht behaupten dass es gut war, aber es war echt und wir konnten einfach wir selbst sein. Keine Scheu vor dem anderen, denn wir kennen den Körper des jeweils anderen fast so gut wie unsere eigenen. Und auch dieses Mal lassen wir uns dazu hinreißen. Nur knapp schaffen wir es. Eben im selben Moment als ich das Wasser abdrehe, ertönt die Türklingel. Hastig wickelt sich Mitsuha ihre Haare in ein Handtuch und schmeißt sich einen Bademantel über. Ich kann ein dümmliches Grinsen meinerseits einfach nicht vermeiden. Zu benommen bin ich von dem kleinen Intermezzo unter der Dusche.   . .   Wie immer mustert mich Yotsuha misstrauisch. Sie kann sich wahrscheinlich schon alles denken, schließlich ist sie nicht auf den Kopf gefallen. Diese kleine Kröte…   Ich ziehe mich an und helfe Yotsuha schließlich die kleinen Dekoartikel von den Regalen zu räumen, in Zeitungspapier einzuwickeln und liebevoll in einem Umzugskarton zu verstauen. „Brauchst du noch was, oder habt ihr alles in eurer WG?“, frage ich. Es ist ein ungewohntes Gefühl meine Schwester gehen zu lassen. Sie ist für mich eben immer noch die kleine, freche Yotsuha. Ein unbekümmertes Grundschulkind, das sagt was es denkt. Aber meine kleine Schwester ist volljährig, erwachsen und fertig mit der Schule. Ich bin unfassbar stolz, dass dieses kleine Biest, nicht nur ein tolles Abitur geschrieben hat, sondern auch im Herbst zur Uni geht. Ich bin mir sicher, dass sie das schaffen wird. Sie war schon immer eine starke Persönlichkeit. „Nein, alles ok. Miako hat noch ein paar Haushaltsgeräte von ihren Eltern bekommen. Und den Rest besorgen wir uns gebraucht im Internet.“ Das Klimpern von Metall erreicht meine Ohren während ich Yotsuha zusehe. Ich drehe mich um und sehe bereits Taki, der lässig im Türrahmen steht und uns beim Packen zusieht. Verträumt sehe ich zu ihm rüber und mustere ihn abwesend.   Das Chaos in unseren Wohnungen erreicht langsam seinen Höhepunkt. Überall türmen sich Umzugskisten gefüllt mit allem was mein Leben bisher geprägt hat. Nostalgisch betrachte ich die Fotos in meiner Hand, bevor sie in einer der Kisten verschwinden. Bilder aus Itomori, aus meiner Schulzeit. Diese Erinnerungen wirken fast wie ein längst vergangenes Leben. Nach dem Kometeneinschlag war einfach alles anders… Ein wenig wehmütig lege ich die Fotobücher und Bilderrahmen in den Karton. Ich atme tief ein. Eine warme Hand legt sich auf meine Schulter. Ein wenig erschrocken zucke ich zusammen und drehe mich um. Dunkelblaue Augen mustern besorgt meinen betrübten Gesichtsausdruck. „Alles in Ordnung?“ Meine Hand verkrampft sich ein wenig. Doch während ich Taki so betrachte, verschwindet das Gefühl der Wehmut allmählich und ich beginne zu lächeln. Mein Leben in Itomori hatte viele negative Seiten. Sei es der Tot meiner Mutter, die Ablehnung meines Vaters, der Kometenabsturz oder Omas Ableben. Aber das alles musste scheinbar passieren…denn sonst hätten wir uns wohl nie kennengelernt. „Alles in Ordnung, Liebling.“   Am Tag des Umzugs greifen alle mit an. Saya, Teshi, Tsukasa, Takagi,  ja selbst Takis Vater ist gekommen um uns zu helfen. Es war wirklich komisch mich bei ihm vorzustellen, denn eigentlich kannte ich ihn ja schon. In dem Moment wusste ich genau wie es Taki mit Yotsuha erging. Aber Takis Vater hat mich direkt herzlich empfangen. Er schließt mich jedes Mal in die Arme wenn wir uns sehen. Wahrscheinlich ist er einfach froh, dass sein Sohn endlich jemanden gefunden hat. Taki hatte mir zwischenzeitlich offenbart, dass, nach dem kläglichen Scheitern mit Miki Okudera, alle dachten er sei schwul, weil er über fünf Jahre kein Interesse an Frauen gezeigt hatte. Noch heute muss ich über den Gedanken schmunzeln. Taki und schwul? Gezwungener Maßen erinnere ich mich bei diesem Gedanken immer an die Tatsache, dass er in der Zeit des Körpertauschs kaum die Finger von meinen Brüsten lassen konnte. Umso absurder erscheint mir der Gedanke von Takis vermutlicher Homosexualität.   . .   Schweiß perlt meine Stirn hinab. Das Handtuch, das mir Mitsuha reicht ist schon völlig von meinem Schweiß getränkt. Immerhin war es das letzte Möbelstück. Erleichtert lasse ich mich kurz auf das Sofa fallen um meinem Rücken für einen kurzen Moment die Last zu nehmen. Auch die anderen Helfer nehmen sich eine kurze Auszeit. Seit den frühen Morgenstunden sind wir pausenlos am Arbeiten, aber unsere Wohnung nimmt langsam Gestalt an.   Bis tief in den Abend rein bauen wir auf, räumen Kisten aus und waschen Möbel ab. Erst kurz vor Mitternacht lassen wir uns erschöpft auf das Sofa fallen und betrachten das geordnete Chaos unseres Umzugs. Wir haben fast alles geschafft. Zufrieden betrachte ich das Ergebnis. Ich muss lächeln als ich das Bild über dem Esstisch betrachte. Ich hätte nicht erwartet, dass wir ein Einzugsgeschenk bekommen, aber Saya hat wohl ihr großartiges Organisationstalent durchgesetzt. Es ist die Zeichnung, die ich vor fünf Jahren von Itomori gemacht hatte. Wer auch immer es ihr gegeben hatte, sie hat es bei einem Online Dienst auf Leinwand drucken lassen. Wenn Saya nur wüsste… Eine große, offene Wohnung gefüllt mit Erinnerungen. Und welche Erinnerungen könnten wohl wertvoller sein, als solche, die ich mit Mitsuha teile. Sie haben uns wohl auf ewig verbunden… Hosted by Animexx e.V. 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