Der Lauf der Zeit von Sharry ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Kapitel 4   „Und? Was siehst du?“ „Nichts! Bei der Suppe da draußen würde ich noch nicht mal sehen, wenn wir vorm Hauptquartier der Marine höchstpersönlich stehen würden.“ „Mach mal Platz, Sanji.“ Lysop schob ihn zur Seite und schaute durchs Sichtgerät. „Hey, Lysop. Wenn ich da nichts sehe, dann kannst du...“ „Okay. Hab‘s. Wir sind fast da.“ „Was?“ „In Ordnung, ich geb‘s durch.“ Sanji, Lysop und Nami hockten zusammengepfercht im Haifisch-Versenker. Gerade übermittelte die Navigatorin über die Teleschnecke an die verbliebenen Mitglieder der Rettungsmission auf der Thousand Sunny, dass sie Mystoria erreicht hatten. „Gut“, sagte sie als sie auflegte, „die anderen starten jetzt das Ablenkungsmanöver.“ „Dann sollten wir auch loslegen.“ Sanji sah Lysop an, der nach einer kurzen Sekunde nickte: „Okay.“ „Lysop, du musst den Hebel umdrücken, damit wir auftauchen können.“ „Ja, ich weiß.“ Nichts passierte. „Lysop, der Hebel.“ Der Lügenbaron bewegte sich immer noch nicht. „Hey, Lys...“ „Muss ich wirklich mitkommen? Ich könnte euch doch von hier aus...“ „Ach, gib schon her!“ Nami drängte sich am Lockenkopf vorbei und zog den Hebel zurück. Kurze Zeit später gingen die drei Piraten an Land. Rayleigh sollte Recht behalten, die Insel der Raritätenjäger war wirklich nicht besonderes groß. Wie ein riesiges, hölzernes Zirkuszelt besetzte die Geschäftsstelle der Kurekutas fast die Hälfte der Insel. „Die Frage ist, ob die die Sunny bei dem verdammten Nebel überhaupt sehen“, murmelte Sanji während sie zum Hintereingang schlichen. Es war früher Nachmittag und doch konnte er kaum die Hand vorm Auge sehen. Zum Einbrechen war das äußerst praktisch, da es beinahe unmöglich war von jemandem bemerkt zu werden, allerdings baute ihr komplettes Ablenkungsmanöver darauf auf, dass die Raritätenjäger das herannahende Schiff sehen würden und dann zur Handlung gezwungen wären. „Keine Sorge, Franky wird schon dafür sorgen“, entgegnete Nami. Sie war sichtlich angespannt. „Geht das nicht schneller, Lysop?“ Der Kanonier hockte vor der verschlossenen Türe. „Das ist kein gewöhnliches Schloss, ja?“, fauchte er zurück und führte seine Hand, in der sich eine windende Schlingpflanze vor und zurückbewegte, näher an die Öffnung. „Außerdem müssen wir sicher gehen, dass sämtliche Sensor- und Videoteleschnecken die Verbindung verloren haben, ehe wir rein gehen.“ „Und dieses kleine Ding soll das alles können?“, zweifelte Sanji an und deutete auf das winzige Gewächs in der Hand des Meisterschützen. „Sieht ziemlich mickrig dafür aus.“ „Hör ihm nicht zu, Mandaline, du machst das ganz großartig.“ Die kleine Schlingpflanze hatte sich nun mittlerweile fast vollständig ins kleine Schloss gedrängt, nur noch ein kleines Ende hing hinaus. „Mandaline ist eine sehr schlaue Pflanze, Sanji“, belehrte Lysop ihn. „Sie wird von den Signalen, die die Teleschnecken bei ihrer Übermittlung ausstoßen, angezogen und da sie einen für Tiere betörenden Duft ausstrahlen, fressen die Teleschnecken sie, sobald sie nahe genug an sie heran wächst. Durch das Serum in ihren Zellen werden sie aber...“ „Jaja“, unterbrach Nami ihn. „Deine Pflanzen sind super Lysop, aber wann können wir rein?“ Der Kanonier zog einen kleinen Schmollmund sprach aber weiter. „Sobald Mandaline keine Signale mehr wahrnimmt fängt sie an zu blühen um neue Tiere anzulocken, dann können wir rein.“ „Und du bist dir sicher, dass sie drinnen niemand bemerkt?“ „Wie gesagt, sie wächst immer nur an Mauerritzen und… Oh, da sie blüht!“ Der kleine Halm, der wie ein dreckiger grüner Wurm zu ihnen heraushing begann sich von innen nach außen aufzuplustern und eine Vielzahl von kleinen gelben Puscheln drückten sich nach draußen. Beinahe gleichzeitig konnten sie ein kleines Klacken von innerhalb der Türe hören. „Vielen Dank, Mandaline“, murmelte Lysop und drückte die Klinke nach unten; die Türe war offen. Nami tauschte einen leicht skeptischen Blick mit Sanji aus, ehe sie ihren Klima-Taktstock schwang und leise „Mirage Tempo“ flüsterte. Für den Koch schien sich nichts zu verändern, aber er vertraute darauf, dass die Navigatorin etwas von ihrem Handwerk verstand und sie hoffentlich wirklich für ihre Umwelt unsichtbar waren. Einen Augenblick sahen sie einander ernst an, dann drückte der Lügenbaron die Tür leise auf und sie huschten hinein. Drinnen verstand Sanji nun, warum Rayleigh darauf bestanden hatte, dass die kleine Rettungstruppe keinen Teufelsfruchtnutzer beinhaltete. Die Innenseite des Raumes schien komplett mit dunklem Metall ausgekleidet zu sein. Selbst die Innenseite der Türe war damit bedeckt. „Seestein“, flüsterte Lysop, der die Wände genauer unter die Lupe nahm. „Wie reich die sein müssen, um eine komplette Lagerhalle damit einkleiden zu können.“ Weder Nami noch Sanji antworteten darauf, während sie durch die Gänge von hoch gestapelten Kisten wanderten. Die Decke schien in weiter Ferne zu sein und schwere Kronleuchter hingen hinab, zur ihrer Linken waren zahlreiche Käfige, ebenfalls aus schwarzem Metall, alle waren sie leer. An einer einsamen Stange rankte sich Mandaline nach oben, ihre gelben Puscheln waren bereits verwelkt und langsam fiel sie in sich zusammen. „Nicht viel los hier.“ „Shhh...“ Nami drehte sich eilige zum Lockenkopf um. „Was denn? Hier ist doch niemand. Die scheinen ja ganz offensichtlich nicht mit Einbrechern zu rechnen.“ Vorsichtig trat Sanji über eine Videoteleschnecke hinweg, die wie weggetreten hin und her wippte. „Wer ist auch schon so wahnsinnig und versucht die Weltaristokraten zu bestehlen?“, entgegnete er. „Na wir.“ Nami neben ihm grinste leicht verschmitzt. Der Koch musste gestehen, dass sie das unglaublich gut aussehen ließ. „Macht dir das etwas Spaß? Kommen da wieder deine kleptomanischen Züge… autsch!“ „Sei leise und halt die Klappe.“ Die Navigatorin hatte dem Lügenbaron den Ellenbogen in die Seite geboxt. Vorsichtig schaute Sanji sich um. Namis kleiner Zaubertrick mochte sie zwar vor Augen verdecken, hören konnte man sie jedoch sehr gut. Nachdem Sekunden später immer noch nichts geschah, gingen sie weiter. „Wo ist denn dieser Vogelkäfig, von dem Rayleigh gesprochen hat?“, flüsterte Nami so leise an Sanjis Ohr, dass er ihren Atem spüren konnte, ihm wurde ganz heiß. „Konzentriere dich, Sanji!“ Sie klatschte ihm leicht auf den Hinterkopf, aber das half nur bedingt. Der dunkle König hatte ihnen gesagt, dass Zorro vermutlich in einem Vogelkäfig eingesperrt sein würde. Die Frage war nur, wie man einen ausgewachsenen Mann in ein so kleines Gefängnis stecken wollte. Der Blondschopf vermutete daher eher, dass der Vogelkäfig nur eine Bezeichnung für eine bestimmte Zelle war. Oder auch nicht. Als sie um die nächste Ecke kamen, schienen sie den Mittelpunkt des Lagers erreicht zu haben. Zu ihrer Linken führte ein breiter Gang hinunter zu einer riesigen, geschlossenen Doppeltür, doch eigentlich starrten sie alle nach rechts. Nur wenige Schritte von ihnen entfernt stand ein kleiner Tisch mit zusammengewürfelten Stühlen. Vier Männer in schwarzen Anzügen saßen dort und spielten Karten. Zwischen ihren Bierflaschen lag ein riesiger Schlüsselbund. Viel beeindruckender war jedoch, was sich hinter ihnen auftürmte. Von der Decke hinab hing ein riesiger Vogelkäfig, der im Licht der Kronleuchter fast schon rötlich schimmerte. Gleichzeitig stand der Käfig auf vier Stelzen und thronte somit über allen anderen Dingen in der Halle. Die Stelzen sowie eine geländerlose Treppe, die in steilen Stufen zum Käfig hinaufführte glänzten ebenfalls als würde die untergehende Sonne sie anscheinen. „Ich würde sagen“, flüsterte Lysop mit heiserer Stimme, „dass das der Vogelkäfig ist, von dem Rayleigh gesprochen hat.“ Sanji nickte nur stumm. Von ihrem Blickwinkel aus, verdeckte der Boden des Käfigs fast vollständig das Innere, sodass sie noch nicht einmal ausmachen konnten, ob Zorro wirklich da drin war. „Wir müssen an denen vorbei und da hoch“, murmelte er den beiden hinter sich zu, achtete darauf leise genug zu sein um nicht gehört zu werden. Die Wachen plauderten zwar, jedoch waren sie weder laut noch betrunken. „Kannst du nicht deinen Skywalk einsetzen?“, flüsterte Lysop ebenso leise. „Ich weiß nicht, ob sie mich dann sehen können. Nami-Schatz, wie weit reicht dein...“ „Das wird nicht nötig sein“, unterbrach die Navigatorin ihn und zog beide Herren mit sich mit in Richtung der Doppeltür. Je weiter sie sich vom Käfig entfernten, desto besser konnten sie hineinschauen. Als sie die Türe erreicht hatten, drehten sie sich um. Nun konnte Sanji den Schwertkämpfer ihrer Crew sehen. Zorro kniete auf dem Boden des Käfigs, Ketten führten von den Stäben hinab zu seinem Körper, schienen Hände und Füße zu fesseln. Zwei weitere Ketten führten geradewegs zu seinem Hals, der von einem breiten bronzefarbenen Ring umschlossen war. Direkt unter Zorros Kopf war ein kleines Podest auf den er seinen Kopf ablegen konnte, doch das tat er nicht, obwohl eine weitere Kette direkt zwischen dem Boden und seinem Hals zum zerreißen gespannt war und obwohl der Schwertkämpfer in die Knie gezwungen war, so weigerte er sich doch, den Kopf abzulegen. Trotz der gebückten Haltung hielt er seinen Kopf so weit erhoben, wie er konnte. „Oh mein Gott“, flüsterte Nami bestürzt, Sanji jedoch musste gestehen, dass er beeindruckt war. Man konnte vom Säbelrassler sagen was man wollte, er war niemand, der sich aufgab. „Boah“, Lysop neben ihm starrte durch seine Brille, „wenn ich‘s nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass Zorro uns direkt anstarrt.“ „Was machen wir denn jetzt?“ Der Koch entschied den Kommentar zu ignorieren. Die Navigatorin deutete auf die Wachen. „Am Schlüsselbund sind zwei Schlüssel aus Bronze. Ich gehe davon aus, dass das die für den Käfig und für die Ketten sind.“ „Aber wie kommen wir dran? Wir brauchen ein Ablenkungsmanöver.“ Vorsichtig huschten sie wieder zu den Wachen. „Wenn‘s nur das ist.“ Lysop zog seine übergroße Schleuder hervor und befüllte sie mit zwei kleine grüne Pillen. „Grüner Stern: Rafflesia.“ Die Samen verschwanden irgendwo in der Dunkelheit zwischen den vielen Kisten. Innerhalb von Sekunden verbreitete sich ein seltsamer Geruch. Die verwirrten Wachen standen auf und begannen lauter miteinander zu reden. Sanji nickte dem Lügenbaron zu, nur um festzustellen, dass Nami nicht mehr zwischen ihnen stand, doch im nächsten Moment sah er sie zu seiner Linken. Plötzlich hörten sie aufgebrachtes Gepolter aus der Richtung der Doppeltür, gefolgt von aufgewühlten Stimmen. Die Türe wurde aufgerissen und ein weiterer Anzugträger steckte den Kopf rein. „Die Strohhüte kommen! Los, nach vorne mit euch!“ Einer der Wachen griff den Schlüsselbund und eilte den Gang hinunter. „Ihr beide kommt mit, du bleibst hier und bewachst die Listenobjekte.“ Der Angesprochene blieb zurück. Die drei Piraten verdrückten sich in die Schatten, obwohl niemand sie sehen konnte. Die Tür knallte hinter den Wachen zu und wie beiläufig schlenderte Sanji hinter den Zurückgebliebenen. Mit einem Kick lag er am Boden, bewusstlos. „Mirage Reverse.“ Nami löste ihre Fata Morgana auf. „Aber was machen wir jetzt? Der Typ hat die Schlüssel mitgenommen.“ Der Kanonier flüsterte immer noch so leise wie vorher. „Hat er das?“ Breit grinsend zog die Navigatorin die beiden schimmernden Schlüssel hervor. „Oh, du bist einfach unglaublich, Nami-Mäusschen!“ „Ich sag‘s ja, Kleptoma...Autsch!“ Nami gab den Lockenkopf eine gezielte Backpfeife. „Jetzt lasst uns Zorro daraus holen.“ Einstimmig nickten sie einander zu, ehe sie losrannten. Die Treppe war schmal, gerade mal breit genug für eine Person und unglaublich steil. Sanji nahm immer zwei Stufen auf einmal und es fühlte sich beinahe so an als würde er eine Leiter hoch laufen. „Was macht ihr denn hier? Wo ist Rayleigh?“ „Was für eine tolle Begrüßung! So rettet man dich ja echt gerne, Moosbirne.“ Der Schwertkämpfer hörte sich schroff an, Sanji konnte es ihm nicht wirklich verübeln. Endlich waren sie oben angekommen. „Ihr müsst hier verschwinden“, knurrte der Pirat. „Wo ist Rayleigh?“ „Was soll das, Zorro?“ fragte Lysop verwirrt während Nami versuchte den Käfig aufzuschließen. „Willst du nicht gerettet werden, oder was?“ „Ihr solltet euch nicht einmischen, verdammt noch mal.“ „Wenn man bedenkt, dass du in einem Käfig an den Boden gekettet bist, bist du ziemlich vorlaut, Marimo.“ „Halt deine Klappe, Koch.“ Nach gefühlten Sekunden glitt die Tür auf und Sanji folgte der Navigatorin hinein. Erst jetzt wurde ihm der Ausmaß des Käfig bewusst. Es passten problemlos mehrere Personen zusätzlich zum Gefangenen in den Käfig. Die gesamte Crew würde hier genügend Platz finden ohne sich gegenseitig auf den Zehenspitzen zu stehen. „Warum befreist du dich nicht einfach selbst?“, murrte er leise. „Ist ja nicht so, als ob du dich von ein paar Ketten aufhalten lassen würdest.“ Zorro schnaubte nur verächtlich. Es war seltsam, ihn so auf dem Boden knien zu sehen, es fühlte sich falsch an. Die Navigatorin hockte sich neben ihn. „Wie dem auch sei, wir holen dich jetzt hier raus Zorro.“ Hinter der Doppeltür wurde es lauter. „Leute, wir sollten uns allmählich beeilen!“, hetzte Lysop. „Rayleigh hat gesagt, dass er uns maximal zehn Minuten geben kann um mit Zorro im U-Boot zu verschwinden.“ „Was?“, zischte der Schwertkämpfer aufbrausend, während Nami die erste seiner Fußfesseln löste. „Seid ihr denn alle des Wahnsinns?!“ „Könntest du dich mal beruhigen?“ Sanji ließ sich von dem anderen nicht einschüchtern. „Du bist der Idiot, der einfach so mir nichts dir nichts mit so einer Fremden abhaut, ohne was zu erklären.“ „Ich hab dir doch gesagt, dass...“ „Dass wir zu Rayleigh gehen sollen, schon klar. Aber ob es dir passt oder nicht, du gehörst zur Strohhutcrew und wir regeln unsere Probleme selbst.“ Nami löste die Schnalle um Zorros rechten, aufgeschürften Knöchel. „Ihr hättet euch nicht einmischen dürfen“, bestand der Schwertkämpfer. „Ich habe den Vertrag extra so geschlossen, dass sie euch nichts können, aber wenn ihr mich jetzt hier rausholt, ist das ganze...“ „Wissen wir.“ Nami blieb überraschend ruhig. „Rayleigh hat uns erklärt, warum du den Vertrag nur abgeschlossen hast um uns rauszuhalten und dass er deswegen alleine gehen wollte.“ Sie beschäftigte sich mittlerweile mit Zorros Handgelenken. „Aber du kennst unseren Kapitän, wer sich mit einem von uns anlegt, legt sich mit allen von uns an.“ „Ganz genau!“, stimmte Lysop zu, obwohl dessen Beine zitterten. Plötzlich wurden die Türen aufgerissen und eine Horde von Anzugträgern strömte herein. „Macht die Ketten ab!“, befahl Zorro. „Jetzt doch auf einmal?, fragte Sanji höhnisch nach. Der andere konnte ihn aus seiner Position heraus noch nicht einmal ansehen. Der Kanonier sprang zur Treppe hinüber und feuerte seine Geschosse ab. „Wo kommen die denn alle her?“, fragte er panisch. „Hat Rayleigh nicht gesagt, dass es nur ein paar Raritätenjäger gibt.“ „Ja, was das angeht“, murrte der Schwertkämpfer am Boden, „so hat sich doch das ein oder andere verändert. Jetzt mach mich los, Nami!“ „Ich versuch‘s ja“, entgegnete sie hektisch. „Der Schlüssel passt nicht. Ich krieg den Ring nicht ab!“ „Was? Da waren doch nur zwei Schlüssel am Bund!“, fluchte Sanji. „Einer für den Käfig und einer für die Ketten.“ „Dann mach die Ketten ab!“ Von weiter weg konnten sie Ruffys lautes Lachen hören. Er durfte auf keinen Fall in den Lagerraum, der allgegenwärtige Seestein würde ihn zu sehr schwächen. Zorro stützte sich mittlerweile mit beiden befreiten Händen vom Boden ab und den Kopf so weit nach oben gezogen wie nur möglich. Die Kette war zum Zerreißen gespannt. Trotzdem war er kaum mehr als zwei handbreit vom kleinen Podest entfernt. Mit zwei leisen Klicks konnte Nami die beiden Ketten an den oberen Seiten des Rings lösen. „So sollte das nicht laufen!“, kam es von Lysop, der immer noch die Wächter weitestgehend in Schach hielt. „Wir sollten doch schon längst weg sein, wenn die rein kommen.“ „Ja, anscheinend ist das schief gegangen“, entgegnete Nami mit leicht gereiztem Unterton, während sie halb unter, halb über Zorro lang und versuchte den Ring zu lösen. „Ich trete einfach die Kette durch“, entschied der Koch und machte einen Schritt auf den knienden Schwertkämpfer zu. „Nein, Sanji!“ Nami sah ihn ernst an. „Das geht nicht.“ „Wieso?!“ Sie schüttelte nur den Kopf und konzentrierte sich wieder auf die Fesseln. In purer Verzweiflung zog sie den Käfigschlüssel wieder hervor und probierte ihn aus. „Er passt!“, rief sie laut und ein leises Klicken war zu hören. Im nächsten Moment klapperte die Kette zu Boden und der Schwertkämpfer erhob sich. Zu Sanjis Verwunderung hatte er jedoch weiterhin den breiten rötlich schimmernden Halsring. „Keiner der Schlüssel passt zum Ring“, erklärte Nami eilig und ließ sich von Sanji aufhelfen. „Passt schon.“ Zorro streckte sich kurz, seine Stimme ein einziges Donnergrollen. „Wo sind meine Schwerter?“ „Ähm...“ Die Anwesenden tauschten einen Blick aus. Daran hatten sie tatsächlich nicht gedacht. „Auch egal. Ich kann eh nicht gegen sie kämpfen.“ „Was?“ Der Kanonier klang entsetzt. „Wie meinst du das?“ „Hat Rayleigh euch denn gar nichts erklärt?“ Es war seltsam, wie er mit ihnen umging, noch schroffer und kälter als sonst schon. „Ich habe einen Vertrag mit Joudama geschlossen indem wir vereinbart haben, dass ich mich nicht gegen sie wehren kann.“ „Oh.“ Nun verstand Sanji. „Stimmt, du musst ihr gehorchen, bis ihr Vater kommt.“ Der Schwertkämpfer entgegnete nichts. „Das heißt, du kannst noch nicht mal gegen sie kämpfen?“, fragte Nami nach. „Ich kann nichts aktiv gegen sie tun und wenn Joudama mir einen Befehl gibt, dann muss ich dem folgen.“ Die anderen drei tauschten einen ernsten Blick miteinander aus. Es schien als wäre diese Teufelsfrucht deutlich mächtiger als zunächst angenommen. „Nun gut.“ Sanji klopfte die Spitze seines Schuhs gegen den Boden. „Dann bleib hinter uns und überlass uns das Kämpfen.“ „Tze.“ Er sah den anderen an. Zorro wirkte anders als sonst. Noch härter und unnahbarer als sonst. Seine Lippen waren ein dünner Strich und sein unversehrtes Auge wirkte ungewohnt emotionslos. Er war nicht ruhig, wie sonst, oder kontrolliert, eher im Gegenteil, er schien eine tickende Zeitbombe zu sein, die jeden Moment explodieren konnte. Aber Sanji wusste nicht, was passieren würde, sobald das geschehen würde. Sich eine Zigarette anzündend trat er neben den Kanonier, der sie bisher erfolgreich verteidigt hatte. „Okay, in welche Richtung?“, fragte er Nami hinter sich. „Plan B müsste mittlerweile in Kraft getreten sein. Falls wir es nicht rechtzeitig raus schaffen, sollten Franky und Brook das U-Boot zurückholen.“ „Dann bleibt uns also nur noch der Hauptausgang.“ Für eine Sekunde ließ Sanji den Blick über seine Kameraden schweifen. Er war es gewohnt Lysop zu beschützen, Nami würde er jederzeit mit seinem Leben verteidigen, aber Zorro… Er erinnerte sich an den Kampf vor zwei Jahren, wo sie den schwer verletzten Zorro hatten beschützen wollen und am Ende hatte er sich trotzdem geopfert. Der Schwertkämpfer begegnete seinem Blick auf Augenhöhe. Seine Miene sagte nichts, es gab kein schiefes Grinsen, kein leises Schmunzeln, wie oft vor einem Kampf. Langsam zweifelte Sanji daran, dass dieser Mann noch der Lorenor Zorro war, den er kannte. Aber darum würde er sich später kümmern. Also war er derjenige, der ein falsches Grinsen aufsetzte und dem anderen zunickte. Diese Rettungsaktion sollte einfach sein, kein Problem darstellen, warum also war er so angespannt? Im nächsten Moment rannte er die Treppe hinunter, gefolgt von Nami, direkt hinter ihr das grimmige Gesicht des Schwertkämpfers. Schlusslicht bildete der Kanonier, der ihren Rücken absichern sollte. Sanji konnte sich nicht daran erinnern, dass der Säbelrassler je zuvor in der mittleren Position der Formation, der sicherste Platz in einem Kampf, eingeteilt war, aber sie hatten keine andere Wahl und obwohl Zorro alles andere als glücklich darüber zu sein schien, dass sie bei seiner Befreiung beteiligt waren, so schien er zumindest einzusehen, dass dies die beste Lösung war. Sie eilten durch die teilweise schon besiegte Masse an Anzugträgern hindurch und hatten schnell die große Doppeltüre erreicht. Das Bild auf der anderen Seite sah ähnlich aus, wie das, was sie hinter sich gelassen hatten. Die pompös ausgestattete Eingangshalle war übersät mit bewusstlosen Männern und Frauen, überall waren Scherben und Löcher in Boden und Wänden. Der Empfangstresen war einmal glatt in der Mitte geteilt. „Wo sind denn alle?“ Lysop kam neben Sanji zum stehen. Wenn sie gewonnen hatten, wo waren dann Ruffy und die anderen? Dass sie verloren hatten war ausgeschlossen, schließlich gehörte zu der Ablenkungstruppe nicht nur ihr Kapitän, Nico Robin und Chopper sondern auch noch Rayleigh. Diese vier zusammen mussten wohl unbesiegbar sein. „Kommt“, entschied der Koch und winkte ihnen zu, „lasst uns weitergehen. Hier rumstehen ist keine Option.“ Nami nickte zustimmend und der Schwertkämpfer setzte sich bereits wieder in Bewegung. Gleichzeitig drückten Sanji und Lysop die Flügeltüren nach draußen auf und ab dann wussten sie, wo die anderen waren. Der Vorplatz zwischen dem Hauptgebäude und der kleinen Anlegestelle war nicht viel größer als ein geräumiger Marktplatz, aber er hatte sich in eine richtige Kriegsstätte verwandelt. Der Nebel von vorher hatte sich mittlerweile etwas gelichtet, sodass die großen Schatten mehrerer Schiffe im Wasser zu erkennen waren, sowie ein nicht ganz so großer etwas entfernter Schemen, der vermutlich zur Thousand Sunny gehörte. Plötzlich knallte ein Geschoss direkt neben ihnen in die Hauswand. Blitzartig gingen sie alle in Deckung. „Ich dachte, dass sind keine Kämpfer“, kommentierte Nami erbost. „Wieso müssen wir dann kämpfen?“ „Tut mir leid meine Liebe, scheint so als hätten sich auch die Korekutas weiterentwickelt.“ Das Geschoss stellte sich als Silvers Rayleigh heraus, der zwischen den Trümmern hervorkam und sich den Staub von seinen Klamotten klopfte. „Sie sind zwar nicht besonders stark, aber ihre Waffen haben es in...“ Er verharrte. Ein sanftes Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er schüttelte tief einatmend den Kopf. „Was machst du nur immer für Sachen?“ Dann eilte er einige Schritte nach vorne und riss Zorro in eine herzliche Umarmung. Vom Schlachtfeld hallten Rufe und Schreie zu ihnen herüber. „Immer muss ich dich aus irgendeinen Schlamassel rausholen.“ Der Schwertkämpfer erwiderte die Umarmung nicht sondern packte den anderen an der Schulter und hielt ihn eine Armlänge von sich. „Warum hast du sie mitgenommen?“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ich hatte doch...“ „Hast du mal mit deinem Kapitän diskutiert?“ Der ehemalige Pirat wirkte nicht besonders beeindruckt. „Er ist ein größerer Dickkopf als du und das gilt im übrigen für die komplette Crew. Also anstatt mir einen Vortrag zu halten, sollten wir jetzt gucken, dass wir abhauen.“ Sanji trat dazu, argwöhnisch beäugte er wie die beiden Männer miteinander sprachen. „Warum fliehen?“, fragte er kühl. „Wir sind eindeutig stärker als diese Raritätenjäger. Sollten wir denen nicht einen Denkzettel verpassen, damit sie sich nicht mehr mit uns anlegen?“ Im Hintergrund tauchten plötzlich riesige Beine aus dem Nichts aus und trampelten Feinde zu Boden. Der dunkle König tauschte einen schnellen Blick mit Zorro aus und schüttelte dann den Kopf. „Nein, wir müssen verschwinden.“ Dann wandte er sich wieder dem Schwertkämpfer zu. „Joudama hat dich noch in ihrer Gewalt, oder?“ Der Grünhaarige nickte. „Mach mir den Ring ab“, befahl er dann kühl. „Okay.“ Rayleigh legte beide Hände an den bronzefarbenen Ring, doch dann gefroren seine Züge. „Ich kann nicht“, murmelte er. „Was?“ Zorro machte einen wütenden Schritt auf ihn zu, so dass sie direkt voreinander standen. „Mach ihn einfach ab!“ „Ich kann nicht, die Zacken sind zu scharf und schneiden zu weit ein. Bei einer gewaltsamen Entfernung werde ich dich verletzen.“ „Dann mach!“, knurrte der andere. „Nein, es könnte dich töten.“ „So schnell sterbe ich nicht.“ Die anderen verfolgten die angespannte Diskussion der beiden Männer, Stirn an Stirn. „Es ist gefährlich. Du bist nicht stark genug. Was ist wenn...“ „Silver!“ Die Stimme des Schwertkämpfers hallte über den gesamten Platz und für den Bruchteil einer Sekunde schien die Welt zu erstarren. „Nimm. Ihn. Ab!“ Zorro spukte ihm jedes Wort vor die Füße. „Mach dieses Ding ab, verstanden?!“ Sanji tauschte einen schnellen Blick mit Nami aus. Er wusste das Zorro sich nur von wenigen Dingen einschüchtern ließ, aber so mit dem ehemaligen Vizekapitäns des Piratenkönigs zu reden, zeugte eigentlich nur noch von Dummheit. Rayleigh wandte den Blick ab und biss sich auf die Unterlippe. „In Ordnung“, sagte er dann ernst. „Aber nicht hier. Erst wenn wir in Sicherheit sind.“ Der andere holte tief Luft, doch dann nickte er, ehe er sich zu seinen Crewmitgliedern umwandte. „Dann lasst uns gehen.“ Nun eilte der Schwertkämpfer an der Spitze neben dem dunklen König voran. Sanji folgte ihm kopfschüttelnd. Dieser Mann war nicht Zorro. Nicht der, den er kannte. Etwas an ihm war anders. Er war härter, kompromissloser, rücksichtsloser. Wie er den ehemaligen Piraten angeschnauzt hatte war anmaßend gewesen, fast schon überheblich. Auch das passte nicht zu Zorro. Er mochte ein arroganter Muskelprotz sein, der Stolz und Ehre ein bisschen zu hoch ansiedelte, aber grundsätzlich zollte er jedem Menschen zunächst einmal einen gewissen Respekt. Sanji fragte sich, warum er sich jetzt so anders benahm. Sie eilten übers Schlachtfeld, geradewegs auf die Thousand Sunny zu. Es stellte sich heraus, dass Zorro nicht übertrieben hatte. Wer auch immer ihn angriff, er schien nur ausweichen zu können, doch Sanji bemerkte noch etwas anderes. Er kannte Zorros Null-Schwerter-Stil, also im Grunde wie er mit seinen Fäusten kämpfte, aber die Bewegungsabläufe die der andere nun zeigte, waren ihm zumeist völlig unbekannt. Mehr noch, fast in völliger Harmonie bewegte er sich zum dunklen König. Wann immer Zorro einem Angriff auswich, war Rayleigh direkt da um den Angreifer auszuschalten. Es musste eine Form des Observationshakis sein, dass der ehemalige Pirat die Gedanken des anderen erahnen konnte, anders konnte es gar nicht sein. Von rechts gesellte sich Robin zu ihnen, gefolgt von Chopper. Einzig alleine Ruffy tobte noch auf dem Vorhof. „Wir sollten uns beeilen“, rief die Archäologin ihnen zu. „Bald werden die anderen Schiffe eintreffen.“ „Ja, lasst uns abhauen“, stimmte Lysop ihr zu. „Aber nein, bleibt doch noch.“ Wie vom Schlag getroffen blieb Zorro stehen. Wenige Meter vor ihnen löste sich eine Gestalt aus dem Nebel. Ein hochgewachsener Mann, deutlich größer als die anderen Anwesenden, kam auf sie zu. Mit jedem Schritt pochte sein silberner Gehstock auf den Boden. Der Mann trug einen weißen Anzug mit silberner Krawatte, sowie einem weißen Umhang auf dessen Schnalle das Wappen der Weltaristokraten prangte. Sein silbernes Haar war in einem langen Pferdeschwanz gebändigt. „Endlich, nach all den Jahren.“ Ein fast schon warmherziges Lächeln erhellte seine Züge als er stehen blieb und die Arme ausbreitete. „Willkommen daheim, meine Nummer eins.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)