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Danke, dass du lebst

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo,
ich habe den Anfang von Kapitel 6 nochmal überarbeitet.
Ich hoffe er ist jetzt besser. Komplett anzeigen

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Mit letzter Kraft

Hanji seufzte leise neben Levis Ohr, während sie wieder schweigend von ihm durch die Nacht getragen wurde. Der Schauer, welcher sich über seinen Körper ausbreitete, als ihr heißer Atem seine Haut streifte, bemerkte sie gar nicht. War sie doch gerade selbst zu stark abgelenkt von ihrem klopfenden Herzen und den negativen Gedanken, die sie heimsuchten. Verzweiflung plagte die Abteilungsführerin. Sie wusste zwar, wo sie sich gerade befanden, da sie die Gegend kannte, und sie wusste auch ganz genau, welcher Weg nach Hause führte, aber wie sie ohne Pferd lebend dorthin gelangen sollten, das war ihr noch ein Rätsel. Ihre Lage würde schon deutlich besser aussehen, wenn sie wenigstens zwei gesunde Beine hätte, da sie dann wesentlich schneller vorankommen würden. Immerhin hätten sie dann auch einen Dauerlauf übers freie Feld machen und sich tagsüber auf einem großen Baum verstecken können. Durchtrainierte Soldaten, wie sie, hätten das bestimmt geschafft. Aber in ihrem jetzigen Zustand…
 

Die Braunhaarige drückte ihren Kopf enger an die Schulter ihres Kameraden. Es war zum verrückt werden. Ihr fiel einfach kein guter Plan ein, wie sie dieses Abenteuer hier überstehen können. Und zu allem Übel kamen noch diese verwirrenden Gefühle, welche der Kleinere in ihr geweckt hatte, hinzu. Ist es normal, dass zwei Menschen zueinander finden, wenn sie sich in einer ausweglosen Situation befinden? Biologisch betrachtet neigen Lebewesen dazu nach Katastrophen einen stärkeren Sexualtrieb zu entwickeln, um ihre Art zu erhalten. Gut möglich also, dass das auf sie beide gerade auch zutraf. Andererseits fand sie ihn schon immer faszinierend. Seine Stärke hatte sie sofort beeindruckt. Außerdem hatte die Größere schon öfters das Gefühl gehabt, dass er ihre Sicht auf die Welt verstand und sie deswegen nicht verurteilte, auch wenn er sie hin und wieder als Abnorme bezeichnete. Ihre Verbindung war einzigartig. So richtig erklären konnte Hanji es selbst nicht. Es war halt einfach so, Punkt. Ein leichter Rotschimmer legte sich auf ihre Wangen. Aber das der andere genauso empfand, darauf wäre sie nie gekommen.
 

Empfand er denn wirklich so? Die Aktion vorhin war doch hundert pro eine Anmache gewesen. Er hatte sie praktisch zwischen den Beinen gestreichelt ja?! Kaum merklich schüttelte sie den Kopf. Dass sie ihm vorhin nicht total verfallen war, lag nur daran, dass der stechende Schmerz in ihrem Bein sie wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt hatte. Zu gerne hätte sie ihn geküsst. Verdammt, wenn sie nur daran dachte, kribbelten bestimmte Stellen an ihrem Körper. Das durfte doch nicht wahr sein. Sie musste schnellstens an etwas anderes denken zum Beispiel an Katzenbabys. Ja genau Katzenbabys. Süß, klein und knuffig. Solange, bis sie ausgewachsen waren und einen im Schlaf auffraßen. Katzen waren das typische Haustier für Bosse, die sich in ihrem Stuhl zurücklehnen, einen arrogant ansehen und dabei den Kopf ihrer Hauskatze kraulen. Die Braunhaarige musste plötzlich grinsen. Zu Erwin würde eine Katze sicher auch passen. Er behandelte einen zwar nicht, als wäre man der letzte Abschaum, aber er hatte eine Leidenschaft dafür, gute Ideen abzuwürgen. So wie letztens, als sie einen genialen Einfall zu alternativen Bekämpfungsstrategien der Titanen hatte. Sie erinnerte sich noch sehr gut daran:
 

„…Und dadurch könnten wir herausfinden, ob die Titanen auf bestimmte Töne empfindlich reagieren.“, endete Hanji ihre Erklärung.

Mit neutralem Gesichtsausdruck lehnte Erwin sich in seinem Stuhl zurück. Er verschränkte die Arme hinterm Kopf, schien nachzudenken. „Wenn sie durch bestimmte Tonhöhen gelähmt würden, wäre es leichter sie zu töten.“

Die Braunhaarige strahlte. „Ja und vielleicht würden sie sogar zu Boden sinken und sich die Ohren zu halten.“

„Dadurch würde unsere Aufgabe erheblich leichter werden, aber wo bekommen wir die Instrumente dafür her?“

„Naja…es gibt in der Hauptstadt doch bestimmt einen Musikinstrumentenbauer.“

„Und dann bräuchten wir eine erhebliche Anzahl an Instrumenten, um eine ohrenbetäubende Lautstärke zu erzeugen und nicht zu vergessen, dass wir den Soldaten Gehörschutz besorgen müssen.“

An Erwins Stimme erkannte sie, worauf dieses Gespräch hinauslief.

„Die Anschaffungskosten sind natürlich hoch.“, erklärte die Abteilungsführerin. „Aber bedenke doch nur, welchen Nutzen die Erkenntnisse, die wir daraus gewinnen, für die gesamte Menschheit haben werden.“

Sein Blick wurde ernst. „Die Rohstoffe die dafür benötigt werden, stehen auch nicht unbegrenzt zur Verfügung und das Volk wird es nicht akzeptieren, dass ihre Steuergelder für Musikinstrumente ausgegeben werden. Tut mir leid Hanji, aber den Vorschlag werde ich nicht durchkriegen.“

Hanji seufzte ergeben. „Hach Erwin, wie soll man motiviert arbeiten, wenn du alle meine Ideen abwimmelst.“

Der Kommandant brummte. Die Brillenträgerin war eine der wichtigsten Soldaten im Aufklärungstrupp. Nichts lag ihm ferner, als sie bei ihrer Arbeit zu behindern, doch er konnte nun mal nicht alle Wünsche erfüllen. Wie überall hinter den Mauern mussten die Zahlen am Jahresende stimmen und allein ihre hohe Sterberate war dem Militär und den Menschen ein Dorn im Auge.

„Kann ich deine Motivation nicht fürs Erste mit etwas Kleinerem steigern?“

„Wie wäre es mit Geldern, um an neuer Ausrüstung zu forschen?“

„Noch etwas kleiner.“

„Ich könnte ein größeres Arbeitszimmer gebrauchen.“

„Du hast das größte Zimmer im Hauptquartier.“

„Oh wirklich?“ Nachdenklich kratzte sie sich am Kopf. „Ich brauch bald wieder eine neue Brille.“

„Du hast nächste Woche einen Termin.“

„Ach richtig. Hm…“

Leicht genervt kramte Erwin plötzlich etwas aus seiner Schublade hervor und schob es Hanji zu. „Hier zu deiner Motivation.“ Er musste das tun, sonst zog sich das Gespräch noch ewig hin.

Baff klappte der Braunhaarigen der Mund auf. „Versuchst du mich gerade mit Schokolade abzuspeisen?“

Der Blonde seufzte. „Ja…fürs Erste. Überleg dir, wie du das Experiment in einem kleineren Rahmen durchführen kannst und dann reden wir nochmal darüber, okay?“ Seine Haltung hatte gerade etwas Flehendes. Die Abteilungsführerin schnappte sich den Schokoriegel, salutierte und verließ schließlich das Büro. Sie hatte zwar nicht erreicht, was sie wollte, wurde aber auch nicht gänzlich abgewiesen. Auf der Grundlage konnte sie aufbauen.
 

Zurück in der Gegenwart, fragte sich die Größere, wieso sie sich eigentlich gerade jetzt an das Gespräch mit Erwin erinnerte. Brachte es sie doch bei keinem der Probleme, die sie hatte, weiter. Mit einem Mal, blitzten ihre Augen auf. Sie hatte doch damals die selbe Uniform an, wie jetzt, was bedeutete, dass sich an ihrem Körper die Nervennahrung befand, die sie jetzt benötigte, um eine Lösung für all ihre Sorgen zu finden.

Aufgeregt kramte Hanji in ihrer Jackentasche. „Hier irgendwo muss er doch sein.“ Sie war sich sicher, dass sie ihn in diese Jacke gesteckt hatte.

„Hey…“ Levis Auge zuckte genervt. „Was machst du denn schon wieder Vierauge?“

Sie wechselte den Arm, um auf der anderen Seite zu wühlen. „Ich habe mich nur gerade an etwas erinnert. Ah hier ist er!“ Triumphierend hielt sie dem Kleineren den Schokoriegel unter die Nase.

„Wo hast du denn den her?“ Verblüfft nahm er ihr die Schokolade ab. „An so teures Zeug kommt ein normaler Mensch eigentlich nicht ran.“

„Haha! Den hat mir Erwin letztens gegeben.“ Die Braunhaarige brach die Süßigkeit entzwei. „Hier besiegeln wir damit unseren Frieden.“ Ohne etwas dazu zu sagen, griff er sich das Stück und steckte es sich genüsslich in den Mund. Hanji tat es ihm gleich.
 

„Hmmmm ohja ahhh.“ Sie stöhnte förmlich wegen des umwerfend süßen Geschmacks. „Kaffeegeschmack. Hmmm….Viel besser als die normale aus der Stadt.“

Levi genoss das Stück ebenfalls, allerdings nicht mit einer solchen Geräuschkulisse.

„Ha…das hab ich gebraucht.“ Ihre Stimmung wurde sichtlich besser und die negativen Gedanken verschwanden. „Jetzt bin ich wieder voller Power.“ Sie zeigte auf ein hohes Gebäude in der Ferne. „Dort müssen wir hin. Diese Pension hat drei Geschosse. Damit erreichen wir etwa eine Höhe von 12m und sind somit vor den meisten Titanen, die hier in der Gegend herum streunen, sicher.“ Die Größere kannte das Wirtshaus. Sie hatte in der Vergangenheit vor dem Mauerfall bereits darin genächtigt.

Überrascht darüber, wie ein kleines Stück Schokolade Hanjis Kraftreserven aufladen konnte, nickte der Hauptgefreite. „Dann müssen wir uns aber beeilen. Es dämmert bereits.“

Nach seinen Worten nahm Levi die Beine in die Hand und beschleunigte seinen Schritt merklich. Seine Kameradin wirkte entschlossen wie nie zuvor. Sie spähte in eine Seitengasse und beobachtete gespannt, wie ein Titan sich zu regen begann. Die Erde bebte, kaum dass die Sonne hinterm Horizont hervortrat. Es war erschreckend und faszinierend zugleich, wie die Titanen von einer Sekunde auf die andere aktiv werden konnten. Die Geräuschkulisse um sie herum wurde lauter. Die Titanen trieben Morgensport, ja genau so musste es sein. Anders konnte man es nicht erklären, dass ein Großteil der Giganten in ihrer Nähe jäh zu rennen begonnen hatte.

„Mist!“, zischte Levi, nachdem er einen Blick über seine Schulter geworfen hatte. Fünf von diesen Viechern verfolgten sie bereits. Dabei war es doch kaum zehn Minuten her, dass die ersten Sonnenstrahlen seine Nase gekitzelt hatten. Warum reichte das denn schon aus, um eine Horde Titanen zu wecken? Mit Hanji auf dem Rücken wich er zur Seite aus. Um ein Haar hätte eines der Monster sie mit der bloßen Handfläche erschlagen. Die Braunhaarige biss die Zähne zusammen. Um sie herum waren inzwischen mehr Biester, als in den gesamten letzten zwei Tagen. Sie haben geradewegs in ein Hornissennest gefasst.

„Es nützt nichts Levi! Wir müssen uns eine Schneise reinschlagen.“

„Verdammt!“ Er bremste scharf ab. Sah den Biestern in die Augen. „Ich weiß.“ Die Brillenträgerin ließ von seinem Rücken ab, nickte ihm aufmunternd zu.

„Pass bloß auf, dass du nicht stirbst!“, befahl ihr der Kleinere, ehe er geradewegs auf den Schädel eines Titanen zuflog.
 

Fest umklammerte Hanji den Griff ihres 3D Manöver Apparates. Den letzten Rest Gas hatte sie Levi überlassen. Rennen konnte sie nicht, weil ihr linkes Bein gebrochen war. Sie war im Moment absolut wehrlos und konnte sich nur auf die Fähigkeiten ihres Kameraden verlassen, dem stärksten Krieger der Menschheit. Dieser schlachtete einen Titanen nach dem anderen ab. Levi tat dies mit einer ungeheuren Präzision und trotzdem wirkten seine Manöver nicht so schwungvoll wie sonst. Beunruhigt beobachtete die Abteilungsführerin, wie sich von Süden her weitere Titanen annäherten. Diese Wesen wirkten, als hätten sie seit Tagen nichts gegessen und zwei kleine Menschen würden sie vor dem Verhungern bewahren.

Nun vielleicht fühlten sie wirklich so. Vielleicht kamen Titanen auch einfach Jahrhunderte ohne Nahrung aus, obwohl sie hungrig waren. Nur weil man Hunger hatte starb man nicht gleich. Viele Menschen in der Unterwelt mussten Hunger leiden. Für eine gewisse Zeit kam der Körper damit zurecht. Vielleicht war die Welt für Titanen genauso grausam, wie sie es für Menschen und auch für Tiere sein konnte. Für all jene denen es schlecht ging, war das Leben wie ein nie enden wollender Alptraum. Voller Schmerz, Gewalt und Furcht. Ohne Hoffnung darauf, dass es besser wird. Hoffnung! Genau dafür kämpfen sie. Für die Hoffnung auf ein friedliches Leben ohne Angst und Schrecken. Schnell hüpfte Hanji vorwärts. Sie durfte sich nicht zu weit von dem anderen entfernen, sonst war sie verloren.
 

Tapfer bahnte er ihnen einen Weg. Jede seiner Bewegungen führte er mit Bedacht aus, da das Gas fast alle war. Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte er, wie die Größere sich auf ihn zu bewegte. Er hatte keine Ahnung, was er machen sollte, würde sie jetzt von einem Titanen angegriffen werden. Es war noch so weit bis zur Pension und ob sie dort sicher waren, stand auch in den Sternen. Doch welche andere Wahl hatten sie noch? Kurz landete er auf dem Kopf eines besonders großen Titanen. Es sind nicht mehr so viele, wie am Anfang. Zwischen denen vor ihnen könnte er sich durchschlängeln, wenn er schnell genug war. Der Schwarzhaarige atmete tief ein und aus, schloss für einen kurzen Moment die Augen, bevor er nach unten preschte und seinem Aussichtpunkt den Nacken aufschlitzte. Titanen Blut spritzte ihm ins Gesicht. Er hasste das wie die Pest, doch es verdampfte zum Glück wieder und hinterließ keine hässlichen Flecken.

Levi schoss seine Anker in den Knöchel eines anderen Titanen und ließ das Seil schnell einfahren. Kurz bevor er an das Ungetüm herangekommen wäre, kappte er die Verbindung und stürzte auf seine Kameradin zu. In einer schnellen, fließenden Bewegung warf er ihren Körper über seine Schulter und machte eine Kehrtwende. Perplex starrte die Brillenträgerin den Titanen hinterher, an denen sie vorbei zischten. So viele Titanen Füße, die sie hinter sich ließen, als sie knapp über dem Erdboden davon flogen. Diese Monster waren so groß, aber nicht flink genug, um sie zu schnappen. Levi schoss seine Anker nach oben in ein Fensterbrett. Sie mussten rauf und zwar schnell. Keine Zeit zum Trödeln. Fest presste er die Zähne aufeinander, als sich vor ihnen wieder ein Ungetüm aufbäumte und stach mit den beiden Klingen in die Augen des Wesens. Als er seine Klingen wieder hinaus zog, brachen sie entzwei.
 

„Levi!“ Erschrocken keuchte Hanji, als das vertraute Geräusch des 3D Manöver Apparates immer leiser wurde. Sie biss die Zähne zusammen. Für einen Moment schwebten die beiden auf einer Höhe mit dem Fenster. Mit dem letzten bisschen Gas, dass er hatte, verringerte der Kleinere den Abstand zu seinem Haken und nutzte den letzten Schwung, um durch die Fensterscheibe zu brechen. Levi presste den Kopf der Braunhaarigen an seine Brust und legte in diesem Zuge schützend seine Arme um sie. Mit einem kurzen Schmerzenslaut landeten sie auf dem harten Holzboden.

Die Dielen unter ihnen knarrten beim Aufprall. Langsam stützte sich der Schwarzhaarige mit dem Ellenbogen vom Boden ab. Seine andere Hand drückte er noch gegen Hanjis Rücken, während diese vorsichtig zu ihm hinunter sah. „Levi ist alles bei dir in Ordnung?“ Sie rollte von ihm herunter. Überall waren Glasscherben verstreut. Angesprochener zischte, als er die Wunde an seinem Hinterkopf fühlte. Das Adrenalin klang langsam ab. Erschöpft krochen sie zu einer Zimmerwand und lehnten sich gegen diese. Die Abteilungsführerin schmunzelte leicht. Es kam ihr so vor, als hätte sie in den letzten Tagen ständig mit Levi zusammen auf dem Boden gesessen. Ob sie wohl nochmal die Möglichkeit haben wird auf einem Stuhl, nein, auf ihrem Bürostuhl sitzen und stundenlang Bücher wälzen zu können?
 

Der Kleinere atmete angestrengt. Etliche Schnittwunden zierten seine Haut. Hätte er keine Lederjacke an, wären es wohl noch mehr. Frustriert pfefferte er die abgebrochenen Klingen in die Ecke. Es störte ihn sehr, dass sie zerbrochen waren. Von draußen hörten sie das Murren der Titanen. Auch Schritte näherten sich wieder. Es schien so, als ob ihre Titanen Freunde nach und nach alle eintrudelten. Die Braunhaarige schluckte schwer. Sie waren hier zwar sehr weit oben, aber würde das wirklich reichen? Vielleicht hatte sie die Lage falsch eingeschätzt? Vielleicht hätten sie von Anfang an am selben Ort bleiben und auf ihre Freunde warten sollen? Dann hätten sie den Titanen wenigstens noch etwas Kampfkraft entgegen setzen können. Nicht nur, dass sie kein Gas mehr hatten, auch Levi wirkte sichtlich erschöpft von den Kämpfen und der ganzen Rennerei in den letzten Tagen. Immerhin trug er sie die ganze Zeit durch die Gegend. Das Gesicht der Abteilungsführerin glühte. Als ob sie nicht schon genug Probleme hätten, meldete sich jetzt auch ihr Fieber zurück.
 

„Scheiße, das war´s dann wohl.“ Lächelnd schob Hanji ihre Brille nach oben. Wie sie in dieser Situation noch lächeln konnte, wusste sie selbst nicht, denn eigentlich hätte sie vor Angst schreien müssen. So wie viele andere Kameraden vor ihr. War sie wirklich schon so abgebrüht, dass selbst der Gedanke an ihren eigenen Tod ihr keine Angst mehr einjagte? „Vor ein paar Tagen hätte ich nicht mal gedacht, dass ich heute überhaupt noch lebe.“ Ihr Grinsen wurde noch etwas breiter. „Aber zu verbluten wäre wohl angenehmer gewesen, als bei lebendigem Leibe gefressen zu werden.“

„Tch.“ Der Kleinere schnaubte. „Ein Danke hätte mir gereicht.“ Vorsichtig tastete er nach der Wunde an seiner Schläfe. „Haben wir wirklich kein Gas mehr?“

Hanji klopfte auf den leeren Gastank. „Wenn du keine eiserne Reserve mehr hast.“

Sie winkelte ihr rechtes Bein an und stützte ihren Arm auf dem Knie ab. Ihre andere Hand ruhte neben ihr auf dem Boden.

Der Schwarzhaarige schloss erschöpft die Augen. Mit ihren letzten Gasreserven konnten sie sich gerade noch rechtzeitig in das oberste Stockwerk einer größeren Pension retten. Das dieses Gebäude höher, als die umliegenden Häuser war, war ein glücklicher Zufall, denn so rettete es sie davor, direkt von den Titanen verschlungen zu werden. „Wenn wir bis zur Nacht durchhalten, können wir von hier verschwinden.“, murmelte er nachdenklich. „Aber ob wir es ohne Gas lebendig hinter die Mauer schaffen…“
 

Die Braunhaarige pustete hörbar Luft heraus. Die einzige realistische Überlebenschance bestände darin, einen Versorgungsstützpunkt zu finden. Allerdings war das Militär vor dem Fall von Mauer Maria in dieser Gegend nicht so stark angesiedelt und der Aufklärungstrupp selbst hatte erst vor einer Woche damit begonnen, in dieses Gebiet vor zu dringen. Ihr Blick schweifte durch den Raum und blieb am Fenster hängen. Die Sonne prallte durch das Glas in das Zimmer hinein.

„Bis zur Nacht dauert es noch ewig.“ Fahrig wischte sich Hanji über ihre verschwitzte Stirn.

In der Zeit, die sie hier aushaaren mussten, könnten die Titanen der drei Meter Klasse, welche vor dem Gebäude lauerten, klettern lernen. Oder ein Titan der 10 Meter Klasse könnte sich zu seinen Kumpels gesellen. Gab es unter Titanen Freundschaften? Sie hatte schon öfter beobachtet, wie ein Titan den anderen angesprungen oder umgeschubst hatte, aber ob sich dahinter wohl eine Art von Zuneigung oder Abneigung befand? So viele offene Fragen und Rätsel, die sie gerne noch ergründen möchte.

Doch die Zeit war ganz eindeutig gegen sie. Ihre Lider senkten sich leicht. Der Gedanke, was sie alles noch erforschen wollte, stimmte sie jetzt doch melancholisch. Hanji zog ihre letzte Klinge heraus. Ihr von Trauer befallenes Gesicht spiegelte sich darin wieder. „Zur Not könnten wir dem Ganzen immer noch vorzeitig ein Ende setzen.“ Ihre Worte und ihre gefühlte Hilflosigkeit könnten auch dem sich anbahnenden Fieber geschuldet sein. Sie wusste es nicht. Die Braunhaarige wunderte sich selbst, dass sie so dachte. Es entsprach nicht ihrer Art.
 

Die Abteilungsführerin zuckte leicht, als Levi seine Hand auf ihre legte und sie ernst dabei ansah. Lange Zeit sagte er nichts, sondern sah sie nur an. Schon oft hatte Hanji sich gewünscht, dass Levi leichter zu durchschauen wäre. Doch für jemandem aus dem Untergrund war es wohl die beste Strategie undurchschaubar zu bleiben.

„Sag etwas und starr mich nicht bloß an Levi.“ Überrascht weiteten sich ihre Augen. Warum flüsterte sie? Vielleicht hatte sie Angst davor, dass er seine warme Hand wieder wegziehen könnte. Immerhin hatte sie in dieser Lage etwas Tröstliches.
 

„Hanji….ich…“ Er zögerte. Erwartungsvoll starrten sie einander in die Augen. Es war vielleicht das letzte Mal, dass sie das tun konnten. Würden sie doch bald von ewiger Dunkelheit umhüllt werden, wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Keiner wagte es zu blinzeln oder sich zu bewegen. Dieser Moment dauerte schier eine Ewigkeit. Wenn Hanji die Nerven zum Nachdenken gehabt hätte, hätte sie gedacht, Levi hätte vergessen was er sagen wollte oder wäre mitten im Satz eingeschlafen. Doch als er wieder zum Sprechen ansetzte, klirrte es neben ihnen plötzlich.

Eine weitere Fensterscheibe zerbarst.

„Das war´s dann wohl.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo,
wir bewegen uns geradewegs auf die Zielgerade zu.
Wie wird die Geschichte für Hanji und Levi ausgehen?
Werden sie sterben oder finden sie einen Weg aus dieser Hölle?

Ich persönlich mag das Kapitel. Als ich es geschrieben hatte, wusste ich nur, wie der letzte Teil davon aussehen soll. Und selbst dieser hat sich beim Schreiben noch verändert. Aber diese Szene, wo die beiden zusammen sitzen, kein Gas mehr haben und nicht wissen, was sie machen sollen, war die erste Idee, die ich für diese Fanfiktion hatte oder anders gesagt, dieses Bild in meinem Kopf war der Auslöser gewesen, warum ich diese Geschichte hier schreibe. (Neben dem akuten LeviHan Geschichten Mangel)
Ich hoffe, dass es euch bis hierhin gefallen hat und ihr vielleicht auch über die ein oder andere Stelle schmunzeln konntet.
Bis demnächst.

eure
Psychoqueen Komplett anzeigen

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