Von La Sadie's zu Dir en Grey- Ein steiniger Weg von MarryDeLioncourt ================================================================================ Kapitel 1: Januar 1996 ---------------------- Der Tag war ungemütlich und grau, doch das konnte dem blonden Sänger keineswegs die Laune verderben, denn heute hatten sie endlich ihren ersten Gig mit La Sadie‘s. Er konnte es noch immer nicht fassen, dass sein lang ersehnter Traum endlich in Erfüllung ging. Schon als Jugendlicher war im das Singen quasi in den Schoß gefallen, doch empfand er es meist als lästig in der Schule Lieder vortragen zu müssen, die ihm so gar nicht zusagten. Lieber griff er zum Stift und brachte seine eigenen Songs zu Papier, um diese mit der Welt zu teilen. Genüsslich zog er an seiner Zigarette und wurde von seinem besten Freund und der Drummer von La Sadie‘s aus seinen Gedanken gerissen. „Na, bist du bereit?“, fragte Shinya und Kyo nickte. „Ja, lass uns die Bühne rocken Shin.“ Der Sänger betrat als letzter die Bühne und war fasziniert von den Menschen, die ihn empfingen. Schon nach den ersten Tönen verschmolz er mit seiner Musik. Die jubelnde Menge spornte ihn nur mehr an und er gab alles. Nach dem dritten Song war ihm schon so warm, dass er sich seiner Jacke entledigte. Alle tobten und die kreischenden Mädchen ließen den Sänger schmunzeln. Leider verging der Auftritt viel zu schnell und am Ende kühlte sich Kyo ab, indem er eine Flasche Wasser über sich ausleerte. Noch immer voller Energie umarmte er seine Jungs und gab Shinya und Daisuke einen Kuss auf die Wange. „Das war der absolute Hammer. Lasst uns noch feiern gehen, ich lad euch ein.“ Die Jungs verschlug es in die Karaokebar, die früher einmal von Mana und Közi betrieben wurde. Doch mittlerweile spielten die beiden bei Malice Mizer, trafen sich allerdings ab und an dort, so auch heute. Und mit von der Partie war auch ihr Drummer Kami. Als die La Sadie‘s Members eintrafen, lieferten sich Gackt und Közi gerade ein Battle und Kyo, der schon immer ein großer Fan von Malice Mizer war, konnte sein Glück an diesem Tag gar nicht fassen. Erst der gelungene Auftritt und dann traf er seine Lieblingsband in der nächstbesten Bar. Er liebte sein Leben als Musiker. Die Nachwuchsband bestellte Sake und Kyos Augen wanderten immer wieder zu dem rothaarigen Drummer, der seinen Blick immer öfter erwiderte. Der blonde Sänger scherte sich nicht groß um seine Sexualität, für ihn galt, wenn er jemanden, egal ob Mann oder Frau heiß fand, flirtete er mit ihnen. So auch jetzt und so wie der andere zu ihm sah, war auch er nicht unbedingt abgeneigt. Im Gegenteil, wie Kyo nach einer Weile feststellte, denn Kami setzte sich zu ihm, um ihm den nächsten Drink zu spendieren. „Ihr habt doch vorhin in dem kleinen Club um die Ecke gespielt oder?“, begann er das Gespräch und Kyo grinste. „Ja genau. War unser erster Auftritt.“ „Nicht schlecht für den Anfang. Aus euch wird bestimmt Mal eine großartige Rockband. Ich bin übrigens Kami“, stellte sich der Drummer vor und streckte dem Blonden seine Hand entgegen. „Freut mich. Kyo oder Tooru, kannst du dir aussuchen. Auf der Bühne Kyo und so unter Freunden ist Tooru auch in Ordnung.“ „Es freut mich dich kennenzulernen Tooru.“ Kyo grinste unauffällig zu seinem eigenen Drummer und der erwiderte diese Geste und machte ihm so deutlich, dass er sich für den Sänger freute. „Du spielst doch bei Malice Mizer oder?“, fragte er dann, obwohl er die Antwort selbstverständlich kannte. Kami nickte. „Genau. Lustigerweise beginnt unsere Tour durch Japan nächste Woche und unsere Vorband fällt aus. Wollt ihr das vielleicht übernehmen? Ich meine nur, wenn ihr gerade keine anderen Termine habt. Ich weiß ja wie das ist.“ Kyo hüpfte auf seinem Hocker unruhig hin und her und winkte seine Jungs zu sich heran, um das mit ihnen zu besprechen. „Wo würdet ihr denn alles spielen?“, erkundigte sich Kaoru. Auch die übrigen Malice Mizer Members wurden dem Rat hinzugezogen. „Hiroshima, Osaka, Nagoya, Kyoto, Tokio und Sendai. Fünf Städte also. Habt ihr Lust?“ „Lust immer, müsste das noch mit unserem Management abklären und melde mich morgen“, sagte der Leader ruhig. Wie konnte Kao nur so verdammt entspannt bleiben? Das war ihre Chance und er tat so als würde einen Vertrag mit einem dieser langweiligen Staubsaugervertretern abschließen. Kyo schüttelte nur mit dem Kopf und trank einen Schluck. Plötzlich erhob sich Kami und warf dem Sänger einen auffordernden Blick zu. „Was machst du heut noch Hübscher? Bock mit zu mir zu kommen?“ Dieses Angebot würde Kyo sicher nicht abschlagen. Er stürzte seinen Drink runter und zog seine Jacke an, um Kami zu folgen.   Die Wohnung des Drummers war klein aber gemütlich eingerichtet. Das Wohnzimmer bestand fast nur aus einem Sofa, denn mehr fand darin keinen Platz. Und eh er sich versah, landete er auch sofort dort. Kami schien ein Mann der Taten zu sein, das gefiel dem Sänger. Er genoss die Liebkosungen an seinem Hals, denn dort war er besonders empfindlich. Er ließ sich fallen, genoss das Kribbeln, welches Kamis Hände auf seinem Körper hinterließ und warf seinen Kopf in den Nacken, als der Drummer seinen Bauch küsste. Einerseits wollte er Sex haben, doch andererseits konnte er auch nicht genug von Kamis sanften Händen bekommen, die seinem Oberkörper entlang strichen. Doch dann ging alles schneller, als Kyo sich bewusst machen konnte. Er war seine Klamotten nun gänzlich los und auch der Drummer schaute lüstern im Adamskostüm auf ihn herab. Dann wurden die beiden eins und die heftigen Stöße ließen Kyo erzittern, doch gleichzeitig füllten sie ihn auch aus. Ein Gefühl, das er noch kein einziges Mal zuvor verspürt hatte. Zum ersten Mal fühlte er sich in eine derartige Extase versetzt aus der er am liebsten nie mehr in die Realität zurück finden wollte. Alles schien zu verschwimmen und jede auch noch so kleine Berührung ließ den Sänger erneut erschaudern. Die Zeit wurde relativ und für Kyo spielte nur noch dieser wundervolle Mann eine Rolle. Mit einem Schrei der süßen Erlösung sanken die beiden Männer nebeneinander in die Wand aus Kissen und grinsten sich an. „Du scheinst nicht nur auf der Bühne talentiert zu sein“, wisperte Kami ihm zu und das Grinsen des Sängers wurde noch breiter, insofern das überhaupt noch möglich war. „Das Kompliment kann ich nur zurückgeben. Ich glaub ich muss duschen.“ „Zweite Tür links“, erklärte der andere Drummer und Kyo wankte mit wackeligen Beinen in Richtung Badezimmer. Auch das kalte Wasser trug nicht viel dazu bei, dass sein schwammiges Hirn wieder in seinen Normalzustand kam. Was um alles in der Welt war da gerade passiert und wie zur Hölle sollte er diese Tour überleben, wenn er Kami nahezu 24 Stunden am Tag um sich hatte? Als erstes sollte er sich wohl auf den Heimweg begeben und eine Nacht drüber schlafen. „Willst du mich etwa schon verlassen?“, fragte Kami mit zuckersüßer aber fordernder Stimme, während sein Blick auf Kyo ruhte, der sich gerade anzog. „Mh ich brauch ein bisschen Schlaf.“ „Den bekommst auch hier.“ „Daran zweifle ich nicht, nur brauch ich auch neue Klamotten und so.“ Kami kam dem Blonden schon wieder gefährlich nahe und er trug noch immer einen Hauch von Nichts. Seine Lippen streiften die des Sängers und das bereitete ihm eine Gänsehaut. Kyo küsste den Drummer inniger und schaffte es nur schwer, sich von ihm loszureißen. „Wie schade, dann muss ich mich wohl anderweitig ablenken“, gab Kami zurück und Kyo wusste nicht, was das bedeuten sollte, tat es aber vorerst als belanglose Bemerkung ab. Mit benebeltem Kopf schnappte er sich seine Jacke und schlüpfte in seine Schuhe. „Naja, wir sehen uns ja bald wieder.“ „Ich freue mich auf die gemeinsamen Konzerte Tooru-chan.“ Kyo nickte nur und stahl sich noch einen letzten Kuss.   Draußen fegte ein ungemütlicher Wind und der Sänger bereute es seine Haare nicht getrocknet zu haben, denn diese hingen ihm jetzt wie kleine Eiszapfen vom Kopf herab. Er beschleunigte seine Schritte und nach einer halben Stunde war er endlich zu Hause. Dort zog er sich aus und fiel ins Bett. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht schlief er ein, weil sein letzter Gedanke Kami galt. Ein unschöner Laut riss den Blonden wieder aus seinen Träumen und er fasste sich mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht an die Schläfe. Zu viel Sake, dachte er. Es klingelte ein zweites Mal und Kyo quälte sich aus seinem warmen Bett und schlurfte zur Tür. Unterwegs griff er noch nach seinem Morgenmantel und warf ihn sich über. „Oh du bist doch da…ich wollte gerade wieder gehen“, flötete Shinya durchs Treppenhaus und zog seinen Sänger in eine kurze Umarmung. „Willst du Tee?“ Der Drummer nickte und folgte Kyo in die Küche. Dieser konnte seinem Freund nicht lange böse sein, schon allein deshalb, weil er ihm alles erzählen musste. „Na wie war deine Nacht mit dem heißen Drummer von Malice Mizer?“ Ein breites Grinsen schlich sich auf Kyos Lippen. „Viel zu gut und wenn das mit der Tour wirklich klappen sollte, weiß ich nicht, wie ich das überleben soll, wenn ich Kami dauernd um mich habe…schon allein der Gedanke an letzte Nacht reicht um meine Welt völlig auf den Kopf zu stellen.“ „Oh Tooru-chan…bist du etwa verliebt?“ „Keine Ahnung…ich lass mich überraschen wohin das führt.“ Kapitel 2: Pain --------------- Kaoru hatte alles mit dem Management geregelt und nun konnte La Sadie‘s mit Malice Mizer durch Japan touren. Kyo war am ersten Tag, vor dem Treffen mit der anderen Band besonders hibbelig, weil er Kami seit der einen Nacht nicht noch einmal gesehen hatte. Sie wollten vorher noch einen Soundcheck durchführen und trafen sich deshalb vor der Konzerthalle. Nervös zog der Sänger an seiner Zigarette und hüpfte von einem Fuß auf den anderen. Seine Jungs warfen ihm amüsierte Blicke zu, die er allerdings gekonnt ignorierte. Endlich näherten sich auch die andere Band und sie begrüßten sich gegenseitig um dann endlich mit den Vorbereitungen anzufangen. Kami hielt inne, um auf den Blonden zu warten. „Na bist du aufgeregt?“ „Ein bisschen schon…gibt’s eigentlich ne strickte Anweisung bezüglich der Zimmerverteilung?“ Der Drummer grinste belustigt. „Eigentlich nicht…ich wäre ja für eine gemischte Verteilung um euch besser kennenzulernen.“ Kyo zog die Stirn in Falten und setzte eine Schmollschnute auf. „Ich dachte da eher nur an mich…aber wie du willst…“ Da zog ihn Kami in einen Kuss und schon spielte sein Gehirn wieder völlig verrückt. „Bist du etwa eine kleine Drama Queen?“ Der Sänger zuckte mit den Schultern und stapfte mit erhobenem Haupt vornweg. Er drehte sich noch einmal und zwinkerte dem Drummer zu. „Vielleicht“, gab er zurück und ließ den leicht verwirrten Kami stehen. Dieser sollte in absehbarer Zeit merken, dass der Sänger wahrhaftig zu seinem Wort stand. Der Soundcheck verlief soweit ohne größere Komplikationen und Kyo versuchte den schönen rothaarigen Mann aus seinem Blickfeld zu verbannen, zumindest während der Proben. Vor dem Konzert fanden sich alle im Hotel ein, um im Restaurant noch etwas zu essen, doch Kyo verspürte kaum ein Hungergefühl. Was wohl auch an der Aufregung lag. Das würde ihre Chance werden oder auch nicht. Plötzlich kamen dem blonden Sänger Zweifel. Was war, wenn die Fans nur wegen Malice Mizer da waren und ihre Musik nicht mochten? Schließlich war es unmöglich von einem kleinen Gig behaupten zu können, dass man eine talentierte Band war und davon gab es ja in Japan mehr als genug. Shinya schob ihm ein Teller gefüllte Teigtaschen zu, doch Kyo verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. „Irgendwas musst du aber essen“, ermahnte ihn sein Drummer. „Ich hab keinen Hunger…essen kann ich später auch noch.“ Shinya verdrehte die Augen und gab es auf mit seinem Sänger zu diskutieren. Dann hieß es auch schon ab in die Maske. Der blonde Sänger war gerade damit beschäftigt seine Haare zu tuppieren und sich zu schminken, als er unmerklich die Gegenwart des anderen Drummers spürte. „Ich wollte dir noch viel Glück wünschen“, hauchte er ihm in sein Ohr und die vertraute Gänsehaut kroch Kyos Körper empor. „Danke, das wünsch ich dir auch. Bekomme ich noch einen Motivationskuss?“ Kamis Finger strichen sanft über sein Gesicht und blieben an seinen Lippen hängen. „Eigentlich dachte ich an ein bisschen mehr“, entgegnete Kami und schon wurde Kyo wieder heiß und kalt im Wechsel. Sein Körper sehnte sich so sehr nach dem anderen, begehrte seine Küsse, seine Hände überall und weiter musste er nicht denken, denn als würde Kami seine verruchten Gedanken lesen, spürte er dessen Berührungen an seinen empfindlichsten Stellen. Denken war jetzt ohnehin überflüssig. Er sog die Luft scharf ein und biss sich auf die Unterlippe, als sich die Hände des Drummers in seine Unterhose schoben und ihn zu massieren begannen. Kyos Herz raste und gerade war ihm vollkommen egal, ob jemand kommen könnte und sie erwischte. Dennoch wurde er von dem Rothaarigen ein bisschen weiter in den hinteren Teil gedrängt. Seine Lippe verließen die seinen und schon wollte er protestieren, als er begriff, was Kami vorhatte. Er zog seine Hose ein Stück weiter nach unten und gab seine Erregung frei. Der Drummer leckte über die Länge und Kyos Hüften wölbten sich ihm entgegen. Dann nahm er ihn ganz in sich auf und keuchende Laute verließen Kyos Lippen. Immer heftiger besorgte es ihm Kami mit dem Mund und trieb ihn immer weiter in Richtung der erlösenden Extase, bis hin zum Höhepunkt. Der Kuss des Drummers schmeckte nach Kyos eigenen Körpersäften. „Ich erwarte später eine Revenge…wir haben übrigens ein Zimmer zusammen.“ Noch ein letzter Kuss und dann verließ ihn der Rothaarige auch schon wieder. Kyos Körper war wieder völlig überreizt und ein bisschen verfluchte er Kami, dass er ihn so zurückgelassen hatte. Mit zittrigen Händen widmete er sich wieder seinem Make up und fummelte die weißen Kontaktlinsen in seine Augen. Ein bisschen erschöpft und auch hungrig ließ er sich auf dem Sofa nieder und öffnete sich eine Wasserflasche. Da trafen auch schon seine Jungs ein und die Show konnte beginnen. „War Kami gerade bei dir?“, fragte Kao neugierig und Kyo nickte nur. Die schüttelte amüsiert den Kopf und grinste. Dann machten sich die Jungs bereit, die Bühne zu erobern. Die Halle hatte sich halb gefüllt und Kyo trat wie immer als letzter auf die Bühne. Er stellte sich und die Band kurz vor, dann setzte das Schlagzeug ein und den Sänger durchströmte wieder diese magische Energie, die seither durch seinen Körper floss, wenn er sich in seinem Element befand. Er und seine Musik verschmolzen miteinander und gaben zusammen das komplette Ganze ab. Dieses Gefühl nannte Kyo sein eigen, denn nichts und niemand vermochte ihm das zu nehmen. Er gehörte auf die Bühne, das hatte er schon immer und nicht einmal der Sex mit Kami konnte das toppen. Kyo hüpfte herum, verausgabte sich und spürte mit jedem neuen Lied, das er anstimmte, dass er dazu berufen war die Welt mit seiner Musik zu faszinieren. Vergessen waren die Zweifel, die ihn zuvor plagten und das Konzert verging viel zu schnell. Der blonde Sänger merkte, dass er das schnellstmöglich ändern wollte. Auch wollte er nicht als Vorband irgendeiner angesagten J-Rock Band spielen, er wollte seine eigene Show haben und wünschte sich, dass ihn die Menschen genau deshalb verehrten. In Kyoto, Kyos Heimatstadt beschloss er seine Familie zu besuchen, um die Freude über seinen ersten Erfolg mit ihnen zu teilen. Shinya bot ihm an, ihn zu begleiten, doch der Sänger lehnte ab. Der letzte Beuch lag schon wieder ein Jahr zurück und insgeheim wusste Kyo auch, woran das lag, doch schnell verdrängte er diesen düsteren Gedanken. Dennoch sollte er nicht ewig davor weglaufen, also sprang er über seinen Schatten und machte sich auf den Weg zu seinem Elternhaus. Die Wohngegend hatte sich kaum verändert, noch immer wirkte hier alles etwas spießig und schick zugleich. Ein Ort, an dem sich Kyo zwar geborgen fühlte, doch auch irgendwie auch fremd. Nicht mehr zugehörig, seit er damals beschlossen hatte, ins Musikbuisiness einzusteigen. Wie so oft überkam ihn das Gefühl, dass die Nachbarn hinter ihren Fenstern standen und neugierig herauslugten, jedoch so, dass man sie nicht sah. Dieses Gefühl, beobachtet zu werden, hatte Kyo früher auch schon gehabt und das war vermutlich auch der ausschlaggebende Punkt, weshalb es diverse Mitglieder in seiner Familie nervte, dass er diesen Weg eingeschlagen hatte. Von der Bushaltestelle lief er die Straße hoch, bis er an ein gelbes Haus mit Holzfassade kam. Nicht das modernste Gebäude, doch Kyo mochte es hier irgendwie. Seine Mutter, einen kleine Frau mit streng zusammengebundenen Haaren und mittlerweile nicht mehr ganz so quirliger Gestalt schien ihren ältesten Sohn schon von weitem erkannt zu haben und riss die Haustür auf, um ihn willkommen zu heißen. Kyo grinste und winkte ihr. Sie trug eine Schürze über ihrem Rock und dem Rollkragenpulli. Wahrscheinlich hatte sie wieder gebacken oder gekocht. Sie kam ihm ein Stück entgegen. „Mein lieber Schatz, ich freue mich so dich zu sehen.“ „Oka-chan, wie geht es dir?“ „Gut, wie immer das weißt du doch. Aber es würde mir noch besser gehen, wenn du uns öfter besuchen würdest Tooru-chan.“ Kyo seufzte und trat ein. Sein Vater saß am Esstisch der kleinen Küche und las gerade die Zeitung. Ihm stieg der Geruch von frisch gebackenem Kuchen in die Nase. Von Oben drang Gepolter herab und seine Geschwister stürmten die Treppe herunter, um den großen Bruder mit einer stürmischen Umarmung zu begrüßen. „Niichan!“, ertönte es von Hana und Akira aus einem Mund. Kyo schloss seine beiden liebsten Geschwister in die Arme und hauchte ihnen liebevolle Küsse auf’s Haar. „Ich setze Tee auf. Geht ihr schon mal ins Wohnzimmer und macht es euch gemütlich. Du hast sicher viel zu erzählen.“ Kyo schritt durch die Küche und blieb vor dem Tisch stehen. „Otou-chan.“ Der ältere Mann mit dem grauschwarzen schütteren Haaren schaute von seiner Lektüre empor und hob die Augenbrauen. „Hallo Sohn“, erwiderte er und widmete sich wieder seiner Zeitung. Ernsthaft? Nicht mal ein nettes Wort hatte er für ihn übrig. Kyo seufzte und gesellte sich zu seinen Geschwistern. Er nahm auf einem der Sitzkissen vor dem niedrigen Tischchen platz. „Wie geht es dir Niichan, hast du eine Freundin?“, löcherte ihn die kleine Hana und er zog das Mädchen auf seinen Schoß. „Nein, hab ich nicht, aber vielleicht bald einen Freund.“ „Ihhh, aber du kannst doch keinen anderen Mann knutschen…das ist ekelig.“ „Warum denn, du gibst Mama doch auch manchmal einen Kuss.“ „Das ist ja was anderes. Ich finde du solltest mit einem schönen Mädchen zusammen sein.“ Kyo lachte nur über die Naivität seiner kleinen Schwester und auch machte es ihn ein bisschen traurig, aber was hatte er anderes erwartet? Seine Eltern oder vor allem sein Vater würden der eigenen Tochter sicher nicht erzählen, dass auch Männer andere Männer oder Frauen andere Frauen lieben konnten. Seine Mutter gesellte sich zu ihnen und servierte Tee, doch Kyo spürte den kalten, verachtenden Blick aus der Küche und wünschte sich augenblicklich an einen anderen Ort. „Aber es gibt doch auch hübsche Jungs.“ Hana sah ihren Bruder forschend an und strich über seine Tätowierungen am Arm. Seine Mutter reichte ihm die Tasse und er trank den wohlig warmen Tee. „Nun erzähl mal Tooru-chan, was macht deine Musik?“, erkundigte sich seine Mutter. „Naja, wir sind gerade auf Japantour…zusammen mit einer anderen Band. Es ist wirklich sagenhaft wie viele Fans wir schon jetzt haben. Ich liebe es auf der Bühne zu stehen Oka-chan. Es erfüllt mich mit Glück und es fühlt sich so an, als hätte ich nie etwas anderes getan.“ Aus der Küche drang ein verächtliches Räuspern und das Geräusch eines Stuhles, der vom Tisch weggeschoben wird. Der eiskalte Blick traf den jungen Sänger. „Das reicht jetzt wirklich. Hast du nichts Besseres zu tun, als uns mit deinen Geschichten die Zeit zu rauben? Meine Worte meinte ich damals ernst und das tue ich noch immer. Ich will dich hier nicht mehr sehen.“ Kyo biss sich auf die Unterlippe, trank den letzten Schluck Tee und erhob sich. „Wie du wünscht Otou-chan.“ Er umarmte seine Geschwister, ebenso seine Mutter und verschwand. Wie hätte es auch anders laufen sollen? Auf dem Weg zum Hotel nahm er seine Umgebung kaum wahr und wäre fast in ein Pärchen hinein gelaufen. Er sah auf und was er da sah, traf ihn fast noch härter. Kami stand nahe des Hoteleingangs mit einem blonden großen Typen, hielt Händchen und scherzte mit ihm. Was ging denn jetzt ab? Kyos Herz zog sich schmerzhaft zusammen und ihm wurde übel. Der Drummer winkte ihm und widmete sich dann wieder dem anderen Mann. Kyo wollte nicht länger hinschauen, doch das war wie bei einem Horrorfilm, genau bei den schlimmsten Stellen riskierte man doch einen klitzekleinen Blick zwischen den Fingern hindurch, so auch jetzt, als sich die beiden Männer küssten. Das traf den La Sadie‘s Sänger wie ein Schlag und er rannte auf sein Zimmer. Dort kauerte er sich in die hinterste Ecke seines Bettes und kämpfte mit der Gefühlswelle. Seine Fingernägel krallten sich eher undbewusst in seine Unterarme und hinterließen rote Striemen. Erst nach einer Weile spürte Kyo den Schmerz und kratzte erneut über die ohnehin schon gereizte Haut. Die rote Flüssigkeit drang durch die offenen Wunden an die Oberfläche und mit einer Mischung aus Faszination und Ekel verschmierte Kyo das Blut. Er wollte sich seinen Gefühlen nicht ergeben, weil er doch immer stark gewesen war. Das Theater mit seinem Vater zog sich jetzt schon Jahre hin und irgendwie fand er sich damit ab, doch was für ein Spiel spielte Kami mit ihm? Wer war dieser Kerl vorhin gewesen? Kyo wollte nicht weiter darüber nachdenken und auf einmal merkte er, wie ihn die letzten Tage mitgenommen hatten. Noch drei Gigs, dann war die Tour vorüber, doch der Sänger verzehrte sich nach Mehr. Auf der Bühne konnte er frei sein. Dieses Gefühl sollte ewig andauern. Erschöpft kippte er zur Seite und schlief ein. „Tooru-chan, wach auf“, drang eine sanfte Stimme an sein Ohr und als er die Augen aufschlug, blickte er in Kamis grüne Augen. Sofort schreckte er zurück und wollte den Drummer von sich stoßen, doch dieser zog ihn in eine sanfte Umarmung, suchte seine Lippen und küsste ihn. Dieser Kuss fühlte sich alles andere als richtig an, doch Kyo wollte mehr und gab sich dem anderen Mann hin. Dieser schien sich auch nicht an seinem blutigen Armen zu stören. Doch was war, wenn er auch mit dem anderen Mann schlief? Dieser Gedanke traf den Blonden wie ein Schlag in die Magengrube und er befreite sich aus den Liebkosungen. „Kami…was soll das. Wer war das vorhin?“ Der Drummer schaute ihn liebevoll an, als wäre das zuvor nicht passiert. „Das ist Juka, mein Freund.“ Wütend sprang Kyo auf. „Scheiße, sag jetzt bloß nicht dein Freund…ich meine seid ihr ein Paar?“ „Natürlich…aber du bist auch toll und er muss es ja nicht wissen…du bist so wild und unberechenbar, das macht dich verdammt reizvoll.“ „Das heißt du vögelst uns beide?“ Kami nickte, als wäre das das normalste der Welt und Kyos Körper wurde taub. Der Boden unter seinen Füßen drohte ihm zu entschwinden, doch Kami zog ihn wieder an sich. „Komm her…lass uns ein bisschen Spaß haben…“ Kyo war außer Stande dem hübschen Drummer zu widerstehen und deshalb ließ er es geschehen. Verfiel ihm und gab sich ihm hin, doch der erhoffte Effekt, dass es ihm danach besser ging, blieb aus. Er schlief in Kamis Armen ein und vergoss stumme Tränen. Kami war schon auf, als Kyo erwachte und räumte seine Sachen zusammen. Der Sänger verschwand ohne große Worte im Badezimmer und stand eine halbe Ewigkeit unter der Dusche. Das heiße Wasser brannte auf seinen aufgeschürften Armen und der Schmerz durchzuckte seinen Körper wie kleine Nadelstiche. Machte ihm in gewisser Weise bewusst, dass er noch am Leben war und all das leider kein Traum gewesen war. Er befand sich in der bitteren unschönen Realität. Nach dem Frühstück zog sich Kyo sogleich im Tourbus zurück und mied seine Jungs. Shinya suchte trotzdem seine Nähe. „Geht’s dir gut? Du wirkst so enttäuscht.“ „Mit mir ist nichts Shin-chan…nur etwas müde.“ „Du würdest mir doch sagen, wenn dich etwas bedrückt nicht wahr?“ Kyo wusste, dass es zwecklos war seinen besten Freund zu belügen, dennoch tat er genau das, um einer Diskussion aus dem Weg zu gehen. Er rang sich ein Lächeln ab, obwohl er wusste, dass das Shinya nicht befriedigen würde. Doch vielleicht beruhigte es ihn für den Moment. Die letzten beiden Konzerte verliefen ähnlich wie die Shows davor und Kyo lernte schon in der kurzen Zeit, wie er die Bühne für sich erobern konnte. Seine Beziehung zu dem Malice Mizer Drummer konnte er dennoch nicht aufgeben, zu sehr hing er an dem anderen. Zu gern ließ er sich von ihm berühren, obwohl er wusste, dass er nie mehr als eine dumme Affäre bleiben würde. Doch das war Kyo in dem Moment, wo er mit Kami eins wurde, wo sie sich so nahe sein konnten, egal. Am Ende der Tour wurde der Rothaarige von seinem Lover abgeholt und in dem Moment, als Kyo sah, wie vertraut die beiden miteinander umgingen, wie innig sie sich küssten und wie liebevoll sie die Hand des jeweils anderen hielten, brach sein Herz zum ersten Mal. Er wollte nur noch nach Hause und rief sich ein Taxi. Kapitel 3: Hate --------------- Nach der Tour mit Malice Mizer hatten die Jungs von La Sadie’s auf jeden Fall Blut geleckt und Kyo verkroch sich des Öfteren zum Schreiben neuer Songs. Aufgrund der letzten Ereignisse fielen die Texte entsprechend düster aus und auch überlegte der Sänger hin und wieder, wie er seine Musik verändern könnte, dass diese mehr zu seinen Texten passte. Keine Frage, er mochte die poppige J-Rock Klänge, die zur Zeit in den meisten Songs überwiegten, doch er wollte etwas Eigenes schaffen. Seinen eigenen Stil kreieren, an dem nur seine Band erkannt werden konnte. Kyo wollte sich von anderen Bands seiner Szene unterscheiden und nicht nur das, er wollte damit berühmt werden und die Bühne zu seinem persönlichen Sprachrrohr machen, damit er allen, die nicht an ihn glaubten, vom Gegenteil überzeugen konnte. Eines Abends, als er sich Mal wieder im Proberaum verzogen hatte, leistete ihm sein Bassist Gesellschaft. „Hast du gerade Zeit?“ Kyo zündete sich eine Zigarette an und bot auch Kisaki eine an. „Wofür?“ „Naja, ich hatte gedacht, dass wir Mal wieder was miteinander unternehmen könnten.“ Der Sänger zuckte mit den Schultern. „Mh, was schwebt dir denn vor?“ Kisaki grinste schelmisch. „Meine Schwester wollte heute vorbeikommen und noch ein paar andere Leute…hast du Bock? Bissl feiern in meiner Wohnung.“ Nach einigen Minuten, in denen Kyo abwog, ob es denn jetzt lustig wäre mit seinem Bassisten zu feiern, entschied er sich dafür. Vielleicht tat ihm ein bisschen Abwechslung ganz gut und einen klaren Kopf zum Denken hatte er ohnehin nicht mehr. Also packte er seine Sachen in den Rucksack und machte sich mit Kisaki auf Weg zu dessen Wohnung. „Sag Mal…findest du nicht, dass die letzten Texte ein bisschen sehr düster waren?“ „Schon, aber ich mag das“, fertigte er den anderen ab. Bei Kisaki hatten sich schon ein paar Leute eingefunden und Musik dröhnte durch die Wohnung. Sogleich wurden die beiden mit Schnaps empfangen. Kyo ahnte, dass das vermutlich kein gutes Ende nahm, doch wie so oft ignorierte er die schrille Stimme in seinem Inneren, die ihn zu warnen versuchte. Er kannte Kisakis Schwester nur flüchtig und wusste, dass sie um einiges jünger war, als ihr Bruder. Hatte er nicht sogar erwähnt, sie sei erst achtzehn? Sweet eighteen. Der Blonde erinnerte sich nicht mehr genau, doch eine Sache wurde wieder wachgerufen, als er die junge Kimii erblickte- sie war mehr als reizend und sicher kein Mädchen, das er von der Bettkante stoßen würde. Außerdem überzeugte sie mit zwei Argumenten, die nicht zu verachten waren, ihrer Oberweite. Und Kyo war sich mehr als sicher, dass sie bei ihren Brüsten nachgeholfen hatte. Dennoch wirkte sie süß und eher unschuldig. Insgeheim verfluchte er sich für seine Gedanken, denn das Mädchen hatte alles andere als einen so lüsternen Typen wie ihn verdient. Doch schien sie das recht wenig zu stören, denn in ihrem kurzen Rock und dem bauchfreien Oberteil steuerte sie sogleich in Kyos Richtung und umarmte ihn, nicht ohne ihm ihre Brüste gegen den Oberkörper zu pressen. „Heyyy Kyo…so schön dich zu sehen“, flötete sie ihm zu und reichte ihm sogleich einen Schnaps, den der Sänger in einem Zug leerte und leicht angewidert das Gesicht verzog. Eigentlich mochte er es nicht sich zu betrinken, denn da verlor er meist die Kontrolle über sich. Doch ein Gefühl riet ihm sich heute die Kante zu geben. Mal wieder Spaß zu haben und das schöne im Leben zu genießen. Schließlich beschloss er diesem Gefühl zu folgen und ging auf die offensiven Flirtversuche des Mädchens ein. „Freut mich auch…hübsch siehst du heute aus“, schmeichelte er ihr und sie lächelte etwas verlegen. Die beiden holten sich einen neuen Drink und zogen sich im Wohnzimmer in einer ruhigen Ecke zurück. „Kisaki hat erzählt, dass du gerade jemanden hast, stimmt das?“, fragte Kimii neugierig und Kyo haderte einen Moment mit sich. Doch dann rang er sich ein Lächeln ab und schüttelte mit dem Kopf. „Nein hab ich nicht…wie sieht es bei dir aus?“ Das Mädchen verneinte und der Sänger zog sie auf seinen Schoß, blendete Emotionen aus und zurück blieb Lust. Lust auf das zarte, unschuldige Wesen, das heute sicher ohne Probleme die Beine für ihn breit machen würde. Kurz verabscheute sich Kyo für diesen Gedanken, verwarf das dann aber wieder und ließ sich von ihrer Schönheit hinreißen. Kimiis Rock rutschte gefährlich hoch und ohne wirklich etwas dagegen tun zu können, strich er ihr über die pfirsichweichen Schenkel. „Wow und mein Bruder beschwert sich immer, dass du in letzter Zeit so übellaunig bist“, neckte sie ihn, während seine Finger zwischen ihre Beine wanderten. „Mhh er ist ja auch nicht du“, konterte der Sänger und schob seine Hand ihn ihren Nacken, um sie in einen Kuss zu ziehen. „Vielleicht sollten wir wohin gehen, wo wir nicht so auf dem Servierteller sitzen“, schlug Kimii vor. „Warum hast du Schiss, Kisaki erwischt uns?“, witzelte Kyo schon recht angetrunken. „Möglich.“ Die schwarzhaarige Schönheit erhob sich und zog den etwas verwirrten Sänger mit sich. Doch statt sich zurück zu ziehen, schleifte sie ihn auf die Tanzfläche, legte ihre Hände um seinen Hals und tanzte mit ihm. Kyo war alles andere ein Tänzer, doch er ließ sich von ihr führen und irgendwie gefiel es ihm. Ihre Hüften bewegten sich gefährlich nahe an seiner Lendengegend und er hatte Mühe sich zusammen zu reißen. Seine Hände wanderten an ihren Seiten entlang und ihre Lippen suchten die seinen. „Wolltest du nicht weg von den Leuten?“, nuschelte er in den Kuss. „Mh, hab’s mir wohl anders überlegt.“ Nach einer gefühlten Ewigkeit und einer schon fast pornösen Tanzsession kühlten sich die beiden ab und holten sich einen neuen Drink. Kalte Winterluft schlug ihnen auf dem Balkon ins Gesicht und Kyo legte seine Arme schützend um die zarten Schultern von Kimii. Sie zündete sich eine selbstgedrehte Zigarette an und hielt diese auch dem blonden Sänger vor die Nase. Er öffnete seine Lippen einen Spalt breit, sodass sie den Glimmstängel dazwischen schieben konnte und nahm einen tiefen Zug. Sogleich huschte ein Lächeln über sein Gesicht. „Oh oh, weiß dein Bruder denn, dass du kiffst?“ Energisch schüttelte sie ihren Kopf, wobei ihr langes Haar herumflog. „Nein und er sollte es auch nicht erfahren…ich bin halt ein böses Mädchen…er weiß so viel nicht…“ Kyo zog sie wieder an sich und stahl ihr einen Kuss. „Und woher willst du wissen, dass ich dich nicht verrate?“, ärgerte er das junge Mädchen. Kimii schob ihre Unterlippe schmollend nach vorne. Genüsslich zog er am Joint und blies den bläulichen Rauch nur minimal an ihr vorbei. „Was muss ich dafür tun, damit du mich nicht verrätst?“, flötete sie ihm mit ihrer Engelsstimme zu. „Mhh…ich hätte Lust auf Sex…mit dir…“, gab er mit rauer Stimme zurück. „Das ist perfekt…mh, da gibt es noch eine Kleinigkeit…Kisaki denkt, ich sei noch Jungfrau.“ Kyo schaute Kimii etwas geschockt an. „Und?...bist du?“ „Nee, aber wie gesagt, er muss ja nicht alles wissen. Lass uns in mein Zimmer gehen, das ist ganz oben.“ Das Mädchen ergriff Kyos Hand und ihr Druck war erstaunlich fest. Das überraschte den Sänger. Sie kämpften sich durch die partywütige Meute und verschwanden in Kimiis Zimmer. Sie schloss die Tür ab und fiel sogleich über den Sänger her. Kyo blendete seine Gefühle noch immer aus, denn er wollte nichts spüren, was ihn später bereuen lassen könnte, was er getan hatte. Die schwarzhaarige Schönheit überzeugte ihn nicht nur mit Klamotten, denn als sich von der wenige Kleidung trennte, wirkte ihr Körper wie ein Magnet, von dem man angezogen wurde und Kyo hinterließ mit seiner Zunge unsichtbare Spuren darauf. Schließlich setzten die beiden ihren erotischen Tanz fort, nur eben ohne Klamotten und mit mehr Körperkontakt. Sie konnten die Händen nicht mehr voneinander lassen und endlich verschmolzen ihre Körper zu einem. Es war schon eine Weile her, dass Kyo etwas intimer mit einer Frau gewesen war, doch bei diesem sexy Girl konnte er sich beim besten Willen nicht beschweren. Sie schien zu wissen, was sie wollte und das trieb ihn an. Beide näherten sich ihrem Höhepunkt und Kimii krallte sich lustvoll in seinen Rücken, als ihr ein erlösendes Stöhnen entfuhr. Kyo entsorgte das benutzte Gummi und ließ sich wieder zu dem Mädchen auf’s Bett nieder. In ihrem etwas zu pinken Zimmer leuchteten mehrere Kerzen und Räucherstäbchen. Es hatte ein bisschen was von einem Buddahtempel. Kimii baute einen weiteren Joint, was Kyo mehr als amüsierte, denn ganz so hatte er die kleine Schwester seines Bassisten gar nicht eingeschätzt. Schon allein der süßliche Geruch machte ihn schlaftrunken und etwas benommen. „Magst du Sake haben Liebster?“, säuselte sie und klimperte mit ihren künstlichen Wimpern. Wie konnte er da nur nein sagen? „Liebster?“ „Warum nicht?“ Das war keine Antwort, aber Kyos Gehirn war mittlerweile unfähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, Deshalb ließ er sich in die Kissenwand sinken und schaute Kimii nach, wie sie nicht ohne mit dem Hintern zu wackeln auf ein Regal ihnen gegenüber zusteuerte und mit zwei Gläsern und einer Flasche wieder zu ihm zurück kehrte. „Weißt du…ich finde, du solltest dir deine Haare lila färben…glaub das würde zu dir passen.“ „Lila? Ernsthaft?“ „Klar. Ich hab noch Farbe, könnten es auch sofort probieren.“ Kyo lachte. „Du spinnst, als ob du in deinem Zustand noch irgendwas auf die Reihe bekommst“, lachte er und Kimii boxte ihn gegen den Oberarm. „Sei nicht so gemein…du bist ja nur zu feige…das Bad ist gleich nebenan.“ Warum eigentlich nicht? Falls sie es versauen sollte, konnte er morgen immer noch schwarz drüber färben. Schwerfällig erhob er sich und schenkte beide Gläser fast voll. „Also dann Madame…dann auf in den Friseursalon.“ Kimii kicherte und schob ihn ins Badezimmer, holte eine Glasschale, in der sie die Farbe mischte und zog sich Handschuhe über. Kyo setzte sich auf den Badewannenrand und ließ Kimii beginnen. Na wenn das Mal nicht nach hinten los ging. Die Farbe fühlte sich kalt und glitschig auf seinem Kopf an, doch genoss er die mehr oder weniger unbewusste Massage auf seinem Haupt und hin und wieder fielen ihm die Augenlieder zu. Während die Farbe einwirkte setzten sich die beiden, noch immer nackt, auf den Teppich im Badezimmer und ließen Wasser in die Wanne laufen. „Glaubst du eigentlich, dass ihr irgendwann mal berühmt werdet…also so richtig?“, fragte Kimii schließlich. „Ich hoffe es…glaub ich kann nichts anderes als singen.“ „Hattest du jemals nen anderen Job?“ Kyo schüttelte mit dem Kopf. „Früher hab ich halt anderen Bands beim Merch und so geholfen, bis ich eben selbst begonnen hab Songs zu schreiben.“ „Klingt voll toll…ich wünsche mir für euch, dass ihr berühmt werdet.“ Kyo lächelte ein bisschen und trank einen Schluck. Dann spülten sie in der Dusche die Farbe aus seinen Haaren und stiegen in die Badewanne. Wohlige Wärme umfing den Sänger und Kimii schmiegte sich an ihn. Ihre süßen vollen Lippen begannen ihn wieder zu küssen und zu liebkosen. Völlig benommen gab er sich ihr ein weiteres Mal hin. Ein bisschen erschöpft und schrumpelig zwischen den Händen und Füßen verließen sie das Badezimmer und kuschelten sich zurück ins Bett, wo sie auch gleich einschliefen. Der Geruch von Kaffee sieg Kyo in die Nase und als er seine Augen aufschlug, schwebte vor ihm eine Tasse in der Luft, die zu einem sehr zierlichen Arm gehörte und als er sich umdrehte, sah er der hübschen Kimii geradewegs in die Augen und sie lächelte. „Guten Morgen Liebster…Kaffee?“ „Oh…gerne, danke.“ Das Gebräu tat gut und erweckte seine Lebensgeister. Als er kurz aufstand, um auf die Toilette zu gehen, blieb er etwas geschockt vor dem Spiegel stehen und musterte den fremden Mann darin. Nein, halt Mal, das musste er sein, doch was zur Hölle war da mit seinen Haaren passiert? Lila? „Kiiiimiiiii, was haben wir letzte Nacht getan? Und warum verflucht hab ich violette Haare?“, rief er aus dem Bad heraus und machte sich nicht die Mühe die Tür beim Pinkeln zu schließen. Das Mädchen kicherte und hielt sich die Hand vor den Mund. „Ich glaub ich hab deine Haare gefärbt…so schlimm?“ „Keine Ahnung…“ Der Sänger kuschelte sich wieder ins Bett, weil es außerhalb dieser Kissenhöhle viel zu kalt war. Die schöne Idylle wurde jedoch plötzlich vom Klingeln seines Handys zerstört und ohne nachzuschauen konnte er sich denken, wer ihn da anrief. Kimii fragte ihn, ob denn nicht ans Telefon gehen wolle, doch der Sänger schüttelte heftig mit dem Kopf. Die nächsten zwei Tage flüchtete sich der Sänger mithilfe seiner schwarzhaarigen Schönheit in eine trügerische Scheinwelt, doch je öfter er aus dieser erwachte, desto schlechter fühlte er sich. Das Berauschen seiner Sinne hatte außerdem den unschönen Nebeneffekt, dass er noch mehr über alles nachdachte, wenn sein Verstand wieder allmählich klarer wurde und die eiskalte Realität schmetterte ihn zu Boden. Warum nur hatte er sich so fallen lassen? Immerhin war er sich darüber im Klaren, was diverse Rauschmittel mit ihm anstellten. Kyos Herz schlug viel zu schnell und zu hektisch in seiner Brust und seine Hände hatten zu zittern begonnen. Der Geschmack in seinem Mund war alles andere als appetitlich und seine Zunge schien von einer pelzigen Schicht überzogen zu sein. Mit aller Kraft, die er gerade aufbringen konnte, schwang er seine Beine aus dem Bett und wollte sich anziehen. Doch wo um alles in der Welt waren seine Kleider abgeblieben. Kyo blinzelte, um sich im Schein der Kerzen im Raum zu orientieren. Er kniff die Augen zusammen und ließ seinen Blick über das kissenbedeckte Sofa und den Boden wandern. Schließlich schob sich das, wonach er suchte in sein Blickfeld und auf zittrigen Beinen wankte er zu dem hölzernen Stuhl, über den er seine Klamotten wohl geworfen haben musste. Haltsuchend krallte er sich an der Lehne fest, als er beim Anziehen seiner Hose fast umgefallen wäre. Vom Bett aus ertönten Laute und das hübsche Gesicht von Kimii kam zum Vorschein. „Willst du mich etwa verlassen Liebster?“, fragte sie verschlafen. „Ich hab noch zu tun. Außerdem muss ich mich mal wieder bei den Proben blicken lassen…“ Eh sich Kyo versah, war das Mädchen bei ihm und wollte ihn zurück in ihr Bett locken. „Kimii hör zu, wir hatten drei wundervolle Tage, aber das ist nicht das, was ich will…ich brauche meine Musik, sonst dreh ich irgendwann durch…“, versuchte er zu erklären. „Heißt das, ich bin dir nicht gut genug?“, sprach sie mit schon fast weinerlicher Stimme und Kyo rollte mit den Augen. „Du bist toll, nur ich bin leider nicht an mehr interessiert, falls du das meinst…du bist wunderschön, nur ich bin der Falsche für dich…“ Nun schlug sie mit Fäusten gegen die Brust des Sängers. „Das ist unfair…hat es sich für dich nicht magisch angefühlt? Nur wir beide in unserem eigenen Universum?“ Kyo schien zum ersten Mal aufzufallen, wie jung Kimii wirklich war. Ihre noch fast jugendlichen Züge sagten ihm, dass er ihr gerade das Herz brach. Doch er konnte nicht anders, wenn er jetzt nicht die Reißleine zog, würde es nur noch schlimmer für sie werden. „Magisch? Weißt du, was sich für mich magisch anfühlt? Wenn ich auf der Bühne stehe und meine Lieder singe. Dann bin ich in meinem Universum und ergötze mich am Jubel meiner Fans…alles andere…das mit uns hatte wenig mit Magie zu tun.“ „Du bist ein Arsch…und ich dachte ich bedeute dir was…“ Kyo musste so schnell wie möglich weg hier und entzog sich ihrem erneuten Fausthagel. Behände schlüpfte er unter ihrem Arm hindurch und öffnete die Tür. Draußen war es totenstill, schon fast beängtigend. Mit schnellen Schritten bewegte er sich in Richtung Haustür, entriegelte diese und schnappte frische Luft. Kurz schaute er sich um, weil er die Orientierung zurück zu gewinnen, dann ließ er in Richtung Haltestelle. Am nächsten Tag bei der Bandprobe würdigte ihn sein Bassist keines Blickes und als am Ende fast alle nach Hause gegangen waren, schnappte sich Kisaki den Sänger und drückte ihn voller Wut gegen die Wand. „Was hast du ihr angetan, du mieses Arschloch!“, fuhr er Kyo an, welcher sich zu befreien versuchte. „Nichts…ich hab ihr lediglich gesagt, dass ich keine Beziehung will…“, murrte der Sänger sichtlich unbeeindruckt. „Kimii hat erzählt, dass du sie gegen ihren Willen gevögelt hast…und wem sollte ich deiner Meinung nach glauben…Mhh?“ „Kisaki, jetzt entspann dich Mal…ich hab sicher nichts getan, was deine Schwester nicht auch wollte.“ „Ich glaub dir kein Wort du Perversling…du scheißt doch auf Gefühle anderer, nur deine eigenen interessieren dich! Dir ist es doch egal, wenn Kimii jetzt am Boden zerstört ist, hab ich Recht?“ Kyo nickte und biss verbittert auf seine Unterlippe. Kao, der noch immer im Büro arbeitete, schien den Tumult gehört zu haben und kam, um nach dem Rechten zu sehen. „Was ist denn hier los?“ „Ja…da muss ich dir wohl oder übel zustimmen…andere Menschen interessieren mich nicht…“ Damit wand sich Kyo aus dem Griff seines Bassisten, der nun wie vom Donner gerührt dastand und ihn verständnislos anstarrte. „Tooru…kann ich dich einen Augenblick sprechen?“ Wütend funkelte der Sänger seinen Leader an. „Nein, kannst du nicht, denn ich hab gerade kein Bock auf deine Moralpredigt Kao…und wage es ja nicht mir Shinya vorbei zu schicken“, drohte er noch und verschwand aus dem Proberaum. Die Zeit verging wie im Fluge und Kyo war gefangen zwischen seiner Liebe zu Kami, seiner Liebe zur Musik, die er schreiben wollte und der stetig steigenden Hassbeziehung zu seinem Bassisten, denn dieser ließ, seit der Sache mit Kimii, keine Gelegenheit aus, um dem Sänger wie das letzte Stück Dreck zu behandeln. Das alles wirkte immer mehr auf Kyo ein und bei den kleinen Shows, die La Sadie‘s gaben, setzte er immer mehr Kunstblut ein, damit den anderen seine echten Verletzungen verborgen blieben. Die Bühnenaoutfits der Band wurden schriller und schräger. Eine Mischung aus Horror, Glam und Rock. Es ging nicht skurril genug und die Jungs scheuten sich auch nicht an Make-up zu sparen, so dass man zwei Mal hinschauen musste, um den einen oder anderen als Mann zu erkennen. Vor allem Shinya mit seiner ohnehin schon femininen Art hätte, wenn man es nicht besser wüsste, locker als supersexy Lolita durchgehen können. Kyo liebte das Verkleiden und das Verändern seiner Identität. So dass sich die Leute vielleicht fragten, wie er denn wohl in Wirklichkeit aussah? Dieser Gedanke ließ ihn schmunzeln und allein das reichte, um ihn am Leben zu halten. Eine Woche vor Weihnachten jedoch befand sich der Sänger an einem besonders düsteren Tiefpunkt und nach den Proben wollte er sogleich wieder den Heimweg antreten, doch dieses Mal wurde er von Shinya aufgehalten. „Bitte geh noch nicht…du fehlst mir Tooru-chan.“ „Ich bin müde Shin…lass mich einfach.“ „Du willst zu ihm oder? Ich bin nicht blind und ich sehe, wie er dich verletzt…immer und immer wieder. Du machst dich kaputt.“ „Es ist mein Leben Shinya und ich kann tun und lassen was ich will.“ „Aber ich riskiere nicht, dass du dich zerstörst!“, fuhr ihn der Drummer verzweifelt an. „Das wird nicht passieren“, log Kyo, obwohl er wusste, dass seine Grenze nun fast erreicht war. Er umarmte seinen besten Freund noch und ging. Shinya schaute Kyo mit traurigem Blick nach, doch das bemerkte der Blonde schon gar nicht mehr. Natürlich war er auf dem Weg zu Kami. Denn nur dort fand er Befriedigung, wenn auch keine Liebe. An die glaubte er ohnehin nicht mehr. Warum musste er jemand anderen lieben, wenn er doch auch so bekam, was er wollte? Die Antwort auf diese Frage lag auf der Hand, doch Kyo wollte nicht darüber nachdenken, denn dann hätte er sich eingestehen müssen, dass ihn seine Beziehung zu Kami näher an den Abgrund trieb, als er wollte und dann musste er sich ebenso bewusst machen, dass es ihm nicht gut tat. Aber er brauchte den Rothaarigen so sehr. Dieser verabschiedete sich vor seiner Wohnung gerade von Juka und Kyos Herz zersprang wie schon so oft davor in tausend Teile. Erst, als Kamis Lover außer Sichtweite war, näherte er sich dem Drummer und wurde sogleich mit einem Lächeln empfangen, das er jedoch nicht erwidern konnte. „Jetzt schau mich nicht so traurig an…komm erst Mal rein“, beruhigte ihn der Rotschopf, doch Kyo hatte Mühe sich zusammen zu reißen. „Warum kannst du das nicht einfach beenden?“, fuhr er Kami dann an. „Das hab ich dir schon so oft erklärt…ich kann nicht…ich liebe euch beide…und er allein reicht mir nicht. Du bist so anders…wild und verletzlich, das macht mich irgendwie an…“ „Ich kann das nicht mehr Kami…es macht mich fertig. Ich will nicht die zweit Wahl sein…ich möchte dich nicht teilen.“ „Oh mein armer Schatz…dir bleibt keine Wahl. Du kannst neben mit genauso noch andere Partner haben, es würde mich nicht stören.“ Kyo funkelte Kami wütend an. „Ich will aber keine anderen verdammt! Ich will dich und zwar nur dich! Entweder so oder ich beende das mit uns. Weiß er von mir?“ Der Rothaarige schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht…und ich möchte auch, dass das so bleibt, sonst würde er sich sofort von mir trennen. Nur du weißt von meiner Vorliebe Kyo…bitte nimm mir das nicht…mach das zwischen uns nicht kaputt…ich liebe dich und ich brauche dich…bitte bleib bei mir“, flehte er und der Blonde schloss einen Moment die Augen. Warum nur konnte er nicht einfach gehen? Warum nur bedeuteten ihm diese beschissenen Worte, die Kami vermutlich niemals ernst meinen konnte, so viel? Der Sänger verbrachte die Nacht bei seinem Drummer. Eine Nacht, in der an Schlaf kaum zu denken war und ihm am nächsten Tag alles weh tat, doch er verspürte zumindest einen kurzen Moment sowas ähnliches wie Glück oder Freude. Am Morgen schlich sich dieses unbehagliche Gefühle wieder an und Kyo wollte so schnell wie möglich verschwinden und stieg so leise wie möglich in seine Klamotten, die auf dem Boden verstreut lagen und schlich auf Zehenspitzen aus der Wohnung, um kein Aufsehen zu erregen. Draußen erwartete ihn Mal wieder Kälte und Schneeregen und er zog die Jacke um sich enger. Durch das Schneegestöber konnte er kaum mehr als ein paar Meter sehen und so trugen ihn seine Füße nur recht langsam voran, was ihn nervte, weil ihn so allmählich die Müdigkeit überkam. Ja Schlaf benötigte Kyo dringend und schon allein der Gedanke an sein warmes kuscheliges Bett war mehr als verlockend. Doch zu seinem Unglück erwartete ihn Shinya vor seiner Wohnung und ohne Worte ließ er ihn mit in sein Heim. Die Jacke, sowie den dicken Pullover ließ Kyo an Ort und Stelle fallen. Besorgt inspizierte der Drummer die Arme seines Sängers. „Das wird nicht passieren klar, verarschen kann ich mich auch allein…Tooru, dir geht es nicht gut und erzähl mir verdammt noch Mal nichts anderes.“ „Ich bin so müde…können wir nicht schlafen gehen?“ Shinya warf seinem Sänger einen vorwurfsvollen Blick zu. „Schon klar…ich habe Angst, dass du irgendwohin gehst, wohin ich dir nicht folgen kann…ich dachte immer die Band ist dir so wichtig.“ „Die Musik hält mich am Leben Shini…ich will erfolgreich werden, mehr noch.“ „Das werden wir, versprochen…aber was in aller Welt hält dich bei Kami? Er benutzt dich…jedes Mal wieder und du zerbrichst daran, das sehe ich…wo ist der witzige, lebensfrohe Tooru…wo ist mein bester Freund?“ Kyo seufzte und zündete sich eine Zigarette an. „Tooru gibt es nicht mehr…langsam verabscheue ich diesen Namen…“ Shinya zog seinen Freund in eine Umarmung und allmählich entspannte sich dessen Körper. „Für mich wird es Tooru immer geben, ob du willst oder nicht…“ „Bitte hass mich nicht Shin-chan…“, flüsterte Kyo kaum hörbar und die Tränen drangen jetzt doch in seine Augen und benetzten seine Wangen. „Ich könnte dich niemals hassen…aber ich mach mir Sorgen…die Jungs ebenso. Du entgleitest uns immer mehr und das wollen wir nicht. Wir vermissen dich.“ „Aber ich liebe ihn so sehr…ich kann nicht aufhören ihn zu lieben, egal wie sehr er mich verletzt…“ „Mein armer Schatz…ich bin für dich da, immer.“ „Danke…kannst du noch ein bisschen bei mir bleiben?“ „Solange du willst.“ Shinya schaffte es tatsächlich seinen Sänger ein bisschen aufzupäppeln und ab und an verirrte sich sogar wieder ein kleines Lächeln auf dessen Lippen. Doch dieses Jahr schien dem La Sadie‘s Sänger trotzdem nichts vergönnt zu sein. Obwohl es mit seiner musikalischen Karriere immer noch steil bergauf ging traf für sein Privatleben das genaue Gegenteil zu. So sehr er Kami auch anbetete, seine Zeit mit ihm verbrachte und ihm die Welt zu Füßen legte, blieb er bei seinem Juka. Nun schon fast ein Jahr steckte Kyo all seine Energie in eine Beziehung, die am Ende doch recht einseitig war. Und immer, wenn er dann doch den Versuch wagte diese zu beenden, überzeugte ihn der Drummer von Malice Mizer doch wieder, dass zwischen ihnen alles schön sein könnte. Gegen seine Gefühle kam Kyo nicht an, so sehr es ihn auch zerstörte. Einen Tag vor Weihnachten. Die letzte Probe für dieses Jahr war fast beendet, doch das Grauen nahm einfach kein Ende. „Niichan…du musst nach Hause kommen“, schluchzte Hana am Telefon und den Sänger überkam ein ganz mieses Gefühl. Seine Hand sank auf den Tisch und acht Augenpaare musterten ihn. Die Probe war ohnehin zu Ende, doch jetzt hatte er Angst, denn vielleicht wollte er ja auch gar nicht wissen, was bei seiner Familie schon wieder los war. Kao legte ihm seine Hand auf die Schulter. „Ist alles okay?“ Kyo zuckte mit den Schultern. „Das war meine Schwester…ich soll schnell nach Hause kommen.“ Sofort sprang der Leader auf und fummelte den Autoschlüssel aus seiner Jacke. „Na dann los, worauf wartest du noch? Ich fahr dich.“ Der Sänger blickte zu seinem Leader auf, doch der schien es tatsächlich ernst zu meinen. Der schwarze kleine Wagen parkte vor Kyos Elternhaus und mit zittrigen Beinen stieg er aus. „Soll ich warten?“ „Nein. Und danke für’s Herbringen.“ „Melde dich, wenn was ist“, gab Kao noch bittend von sich und Kyo nickte nur und hob die Hand zum Abschied. Die kleine Hana kam sofort angestürmt und drückte ihr tränenverschmiertes Gesicht an die Brust ihres großen Bruders. „Was ist los Süße?“ Doch das Mädchen schluchzte nur, sodass er kein Wort verstand. Der Krankenwagen fuhr gerade weg und eine böse Vorahnung beschlich den Sänger. Was ging hier vor und was war nur mit Hana los? Er hatte Angst ins Haus zu gehen, denn vielleicht wollte er gar nicht wissen, weshalb der Krankenwagen hier war. Hana heulte noch immer und hing ihm am Arm. Kyo nahm sie hoch und schritt zum Haus. Die Tür stand noch offen und er konnte seinen Vater und Akira im Wohnzimmer sehen. Sie hockten vor dem niedrigen Sofa, auf dem seine Mutter lag und schlief. Langsam näherte er sich. Doch das alles fühlte sich komisch und falsch an. Kyo beugte sich herab und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, doch schreckte im selben Moment zurück. Die Haut unter seinen Lippen fühlte sich eiskalt an und auch fiel ihm auf, dass sie sehr bleich wirkte. Panik stieg in dem jungen Sänger auf und er rüttelte an seiner leblosen Mutter, doch sie erwachte nicht. „Was ist mit ihr? Warum wacht Mama nicht auf?“, schrie er die anderen an und die Angst schnürte ihm bereits die Kehle zu. „Sie ist tot mein Sohn…gestern ist sie draußen gestürzt, wollte aber nicht zum Arzt und heut haben wir sie so gefunden. Die Ärzte sind vor einer halben Stunde gegangen, weil sie nichts mehr gegen die Blutung im Gehirn tun konnten.“ Kyos Füße gaben unter ihm nach und er sackte wie ein nasser Sack zu Boden. Tränen flossen wie kleine Bäche über seine Wangen und seine Fingernägel gruben sich in die Handflächen. „Warum hast du sie nicht gleich nach dem Sturz zum Arzt gebracht?“, fuhr er seinen Vater an. „Weil es ihr gut ging.“ „Verdammt, nach einem Sturz auf dem Glatteis muss man ins Krankenhaus, das weiß doch jeder! Du hast sie umgebracht“, schrie er und wollte seine Wut nicht mehr länger zügeln. „Jetzt halt mal ein Junge! Das sind heftige Unterstellungen. Das muss ich mir von dir nicht anhören!“ „Oh doch…du kümmerst dich doch sonst auch um jeden Scheiß…“ Die flache Hand seines Vaters sauste mit einem lauten klatschenden Geräusch auf Kyos Wange. „Verschwinde aus meinem Haus und wage es ja nicht hier noch Mal aufzukreuzen.“ „Ich gehe erst nach der Beerdigung und wiederkommen werde ich auch ohne deine Drohung nie wieder.“ Die Trauerfeier riss ein weiteres Loch in Kyos Leben und er wusste nicht im Geringsten, wie er diesen Schaden jemals beheben sollte. Noch nie hatte er einen geliebten Menschen verloren und an diesem Tag starb auch ein Teil von dem jungen Sänger. Der Teil, der vielleicht noch gewillt war seine Familie zusammen zu halten, doch jetzt? Und würden sich Hana und Akira auf seine Seite stellen? Kyo stützte seine Ellenbogen auf der Küchentheke ab und vergrub sein Gesicht in den Händen. Die vielen Menschen um ihn herum sprachen ihm ihr Beileid aus, doch die Hälfte dieser Leute kannte er nicht einmal mit Namen. Den ganzen Tag hatte er nichts essen können, weil ihm schon bei dem Gedanken speiübel wurde und sich alles in seinem Magen umdrehte. Dieser Tag zog sich so endlos hin und der Blonde wünschte sich mehr denn je an einen anderen Ort. Er wünschte sich den Tag zurück, an dem sich der Unfall zugetragen hatte, denn da hätte er seine geliebte Mutter noch retten können. Er vernahm die Stimme seines Vaters im Wohnzimmer, die die zahlreichen Gäste milde stimmte und sich mit ihnen unterhielt. Was für ein Heuchler. Kyo biss sich heftig auf seine Unterlippe, sodass er Blut schmeckte. Er versuchte Shinya erneut auf dem Handy zu erreichen, doch sein liebster Freund ging nicht ran. Betrübt steckte er das Telefon wieder in die Tasche und beschloss eine Zigarette zu rauchen, wozu er sich hinters Haus in den Garten begab. Die Kälte kroch durch die dünnen Klamotten und ließ ihn bibbern. Sein Hemd flatterte im Wind und Regen peitschte ihm ins Gesicht. „So macht das doch alles keinen Spaß“, grummelte er und verschwand wieder ins Warme. „Wo warst du? Kümmer dich gefälligst auch um die Gäste und steh hier nicht so nutzlos in der Gegend herum“, fuhr ihn sein Vater an, doch Kyo tat nicht dergleichen, sondern griff nach der Sakeflasche und schenkte sich etwas davon ins Glas. Daraufhin erntete er einen bitterbösen Blick seitens seines Erzeugers. „Ich finde du kümmerst dich ganz prima um unsere Gäste“, entgegnete er und prostete dem Mann vor ihm zu. Dann leerte er sein Glas und schenkte sich erneut ein. Die Idee sich zu betrinken hätte ihm auch eher kommen können. Völlig ausgelaugt ließ er sich im Wintergarten nieder und beschaute die Wand mit den Familienfotos aus glücklicheren Tagen. Auf einmal fühlte sich Kyo so unendlich allein und auch der Gedanke an Kami oder seine Freunde halfen nicht, um dieses elende Gefühl zu vertreiben. Eines der Bilder zeigte seine Mutter mit ihm und seinen Geschwistern im Disneyland in Tokio. Wie hatte er sich auf diesen Tag gefreut. Das war zwei Monate nach seinem fünfzehnten Geburtstag gewesen. Und in dem Jahr, in dem Kyo für sich beschlossen hatte nicht mehr zur Schule zu gehen, sondern sein Leben der Musik zu verschreiben. Natürlich hat er mit dem Verkünden dieses Entschlusses eine mittelgroße Katastrophe heraufbeschworen. Doch seine liebe Mama glaubte stets an sein Talent und versuchte ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und jetzt war sie einfach weg. Nicht mehr da. Wieder sank der junge Sänger in sich zusammen und vergoss Tränen der Trauer. Als sein Telefon klingelte, drückte er seinen Drummer weg, denn er wollte allein sein. Einerseits quälte ihn diese Einsamkeit bitterlich, doch mit jemanden reden, selbst wenn es sich bei diesem jemand um seinen besten Freund Shinya handelte, konnte er gerade nicht. Als sein Handy ein weiteres Mal klingelte, schaltete er es aus. Gegen acht Uhr Abends verließen die letzten Gäste das Haus der Familie Nishimura. Kyo schlich ins Zimmer von Hana, die er dort noch angezogen und schlafend auf ihrem Bett vorfand. Vorsichtig zog er seiner jüngeren Schwester die Klamotten aus, wovon sie erwachte. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken Kleine.“ Hana schmiegte sich an Kyos Brust und weinte bitterlich. Er legte sich mit ihr zusammen hin und strich ihr sanft über den Kopf. Dann sang er seiner Schwester das Schlaflied vor, was auch ihre Mutter früher immer für ihre Kinder gesungen hatte. Hanas Atem beruhigte sich und wurde regelmäßig. Er strich ihr noch eine letzte Strähne aus dem Gesicht und gab ihr einen Kuss. „Gute Nacht kleine Prinzessin“, flüsterte Kyo noch und ließ die Tür des Zimmers einen Spalt breit offen. Von unten drangen Stimmen nach oben. Akira sprach mit ihrem Vater. Kyo hielt inne. „Wenigstens diese eine Nacht“, kam es von seinem Bruder. „Ich will ihn nicht länger hier haben und damit Basta. Jetzt fang du nicht auch noch an dich mir zu widersetzen.“ Das war Kyos Zeichen. Er packte seine Sachen zusammen und schnappte die Jacke vom Garderobenhaken. Akira hielt ihn fest. „Bitte geh nicht“, bat er seinen älteren Bruder und der Hundeblick des jüngeren ließ ihn beinahe weich werden. Doch dann schüttelte Kyo mit dem Kopf. „Ich kann nicht…pass auf dich auf Aki-chan“, verabschiedete er sich schweren Herzens und trat hinaus in die Nacht. Schon nach wenigen Metern kroch ihm die Kälte wieder in die Glieder und er musste dringend nach Hause. Kyo eilte durch den Regen und realisierte kaum, was um ihn herum geschah. Die grellen Lichter der Stadt brannten in seinen Augen und mittlerweile war er bis auf die Haut durchnässt. Seine Schritte beschleunigten sich und er erhaschte gerade noch so die letzte Bahn. Tropfend und triefend zwängte er sich zwischen die Menschen und war zugleich auch angewidert so dicht gedrängt in einem Raum mit diesen Personen gepfercht zu sein, die er nicht kannte. Zum Glück musste er nur zwei Stationen fahren. Schon fast taub vor Kälte und Schmerz stolperte Kyo in seine Wohnung. Überall lagen Zettel verteilt, auf denen er beinahe ausgerutscht wäre. Seine zittrigen Hände suchten nach dem Lichtschalter, den er auch schnell fand. Unter ihm bildete sich eine kleine Pfütze, denn seine nassen Kleider tropften auf den Parkettboden. Er stützte sich an der Wand ab und löste seine Füße aus den Stiefeln und schmiss diese in die nächste Ecke im Flur. Es roch noch immer nach kaltem Rauch und der verbrannten Pizza, die er vorgestern im Ofen vergessen hatte. Kyo rümpfte die Nase. Erst jetzt wurde ihm wieder bewusst, dass er zitterte. Deshalb steuerte er auf die Tür rechts von sich zu, hinter der sich das kleine Badezimmer befand. Dort riss er sich die nassen Kleider vom Leib und stellte sogleich eine Waschmaschine an. Die Heizung schien Mal wieder ausgestiegen zu sein, denn als er den Heizkörper anfasste, schreckte er zurück, da ihm Kälte entgegen strahlte. Also zurück ins Wohnzimmer, dort gab es genügend warme Decken. Doch nun, da er wieder allein in seinen eigenen vier Wänden war, umfing ihn die Einsamkeit wie ein unsichtbares Netz, aus dem es kein Entkommen gab. Der Schmerz fraß sich einen Weg durch seinen Körper, hinterließ kleine und große Löcher in seinem Inneren. Haltsuchend krallten sich seine Fingernägel in der Brust fest, bis seine helle Haut aufplatzte und sich das Blut einen Weg nach draußen bahnte. Immer wieder kratzte er über die verletzte Stelle, bis seine Hände sich rot färbten. Der pochende Schmerz seiner Verletzung setzte ein. Vor Erschöpfung blieb er auf dem Teppich liegen und strich sich über seinen Oberkörper. Er versuchte seine Augen zu schließen, doch suchten ihn die Bilder der letzten beiden Tage wieder heim. Selbst wenn er gewollt hätte, an Schlaf war jetzt nicht zu denken. Auf Knien kroch er zum Sofa und griff mit zittrigen Händen nach seinem Handy, um die Nummer zu wählen, die er mittleerweile in und auswendig kannte. Doch als hätte er nicht schon genüg Enttäuschungen erlitten, versetzte ihn Kami, weil er bei Juka sein wollte und angeblich unter Kopfschmerzen litt. Kyo boxte wütend gegen die Sofalehne und fiel wieder in sich zusammen. Seine blutgetränkten Hände hinterließen rote Spuren auf den weißen Blättern mit den düsteren Songs. Wie ein Embryo, zusammengekauert lag er auf dem Fußboden und heulte. Ließ alle angestauten Gefühle der letzten Tage raus. Jemand platzte in seine Wohnung, doch das war ihm reichlich egal. Alles war egal. Er wurde auf’s Sofa gehievt und seine Nacktheit wurde mit einer Decke verborgen. Tranceartig nahm er wahr was um ihn herum geschah. Und als er die letzten Tränen wegblinzelte wurden die Umrisse klarer. Shinya. Wer sonst. Er verarztete Kyos Wunden und der sorgenvolle Blick des Freundes nagte an seinem schlechten Gewissen. „Oh Tooru-chan…was tust du bloß“ Der Sänger brachte kein Wort über seine Lippen und klammerte sich nun an seinen Drummer. „Du solltest schlafen gehen, ich bring dich ins Bett.“ Ohne, dass er die unausgesprochene Frage stellte, legte sich Shinya zu ihm und hielt ihn fest in seinen Armen. Behutsam tätschelte er den Kopf seines Sängers und so fielen beide in einen traumlosen Schlaf. einen traumlosen Schlaf. Kapitel 4: Happy Birthday ------------------------- In den letzten beiden Monaten war es sehr ruhig um die Band La Sadie’s geworden. Das lag zum einen an diversen Uneinstimmigkeiten zwischen Kyo und Kisaki und zum anderen waren die Jungs gerade mit den Aufnahmen für das kommende Album beschäftigt. Seit dem besagten Tag schwebte eine imaginäre Gewitterwolke über den Köpfen des Sängers und dessen Bassisten, sobald sie zusammen in einem Raum waren. Und das ließ sich bei einer Bandprobe eben schlecht vermeiden. Außerdem hatte der Bassist mehr als einmal verlauten lassen, dass er den neuen Sound der Band mehr als beschissen fand, weil er nicht mehr poppig genug war. Doch genau das hatten doch alle gewollt? Sich von anderen Bands abzuheben oder nicht? Diese Aussage stieß Kaoru und auch Kyo sehr unangenehm auf und so beschlossen sie mit den anderen beiden eine Krisensitzung einzuberufen, um Nägel mit Köpfen zu machen. Kyo zündete sich genervt eine Zigarette an. „Das ist doch echt zum Kotzen…am liebsten würde ich ihn aus der Band werfen“, murrte der Sänger und blies blaue Rauchwölkchen in die Luft. „Bist du dir da sicher Tooru?“, fragte Kaoru besorgt, doch der Lilahaarige nickte und seine Jungs waren sich im Klaren, dass es unmöglich sein würde Kyo von diesem Gedanken abzubringen, denn was er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, wollte er mit allen Mitteln durchsetzen. Der Gitarrist seufzte und fingerte sich ebenfalls eine Zigarette aus der Schachtel auf dem Tisch. Nachdenklich spielte er mit dem Feuerzeug und starrte Löcher in die Luft. Dann erst zündete er den Glimmstängel an und schaute seinen Sänger wieder an. „Ich bin auf deiner Seite, keine Frage. Nur woher bekommen wir so schnell nen neuen Bassisten?“, fragte der Leader und warf einen prüfenden Blick in die Runde. Da räusperte sich Shinya plötzlich und alle drei Augenpaare richteten sich auf den Drummer. „Kennt ihr Go:Sick? War neulich bei denen auf einem Konzert, weil mich mein Date dorthin entführt hat und deren Bassist ist echt super.“ „Shin-chan, willst du ernsthaft den Bassisten einer anderen Band klauen?“, amüsierte sich Die und beide grinsten sich an. Unschuldig zuckte der Drummer mit den Schultern. „Wenn es sein muss und der ist um Welten besser als Kisaki…die spielen sogar in zwei Tagen…an deinem Geburtstag Tooru…gehen wir hin?“ Shinya klimperte aufreizend mit den Wimpern und seine Jungs schienen dem Gedanken auch nicht ganz so abgeneigt zu sein. „Also, wer schmeißt Kisaki aus der Band?“, fragte Kyo in die Runde. „Mhh ich glaube das ist die ehrenwerte Aufgabe unseres Leader-samas“, witzelte der zweite Gitarrist und erntete als Antwort einen finsteren Blick seitens Kaoru. „Manchmal hasse ich dich wirklich du aufmüpfiger Rotschopf“, knirschte dieser und wählte sogleich die Nummer des Bassisten. Natürlich war der, wie so oft in letzter Zeit, nicht zu erreichen. Deshalb schrieb ihm der Leader, dass er sofort im Proberaum zu erscheinen hatte. Kyo hatte begonnen auf einem Blatt etwas zu zeichnen. Shinya lugte ihm über die Schulter und schaute ihm zu, mit welcher Sanftheit er den Stift über das Papier zog und vertieft an seinem Kunstwerk arbeitete. Glücklicherweise schien sein bester Freund zur Vernunft gekommen zu sein und hielt sich in den letzten Monaten von Kami fern. Seitdem schien es ihm besser zu gehen, doch das lag womöglich auch daran, dass der Drummer kaum von der Seite seines Sängers gewichen war. Aus Angst, er könnte ihn noch einmal so vorfinden, wie letztes Jahr Weihnachten. Die anderen Bandmitglieder wussten bis heute nichts von diesem Vorfall und das sollte auch so bleiben. „Was haltet ihr von Dir en Grey?“, fragte Kyo plötzlich und schaute von seiner Arbeit auf. Kaoru schüttelte verdutzt mit dem Kopf. „Was hast du gesagt Tooru-chan?“ „Wie ihr den Namen Dir en Grey findet…kam mir vorgestern beim Zeichnen und ich mag ihn irgendwie.“ Noch immer schien der Gitarrist auf dem Schlauch zu stehen. „Unser Sängerchen schlägt uns gerade einen neuen Bandnamen vor Kao…oh Mann, wo bist du bloß wieder mit deinen Gedanken“, kam es von Die und er gab dem Leader einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. „Mhh, klingt ein bisschen düster, aber würde zu dem, was wir vorhaben passen…was meint der Rest?“, fragte der Leader in die Runde und auch von den anderen beiden kam kein Protest. Da flog die Tür plötzlich auf und ein noch gut gelaunter Kisaki kam hereingeschneit. Und das nicht nur ihm wörtlichen Sinne, denn draußen tobte ein fieser Schneesturm. Kyo hielt seine Blätter fest, die vom Windstoß fast vom Tisch geflogen wären. Abschätzend mustere er den anderen Musiker. „Ihr habt nach mir verlangt ehrenwerter Leader-Sama“, kam es von dem Bassisten und ihn glücklicheren Tagen hätte Kaoru den Scherz wohl auch als solchen gesehen, doch Kisaki nervte ihn einfach nur noch. „Spar dir deine dummen Sprüche. Wir müssen reden.“ Der Bassist ließ sich in den Sessel fallen und verschränkte erwartend die Arme vor der Brust. „Na dann, schieß los.“ „Kisaki…deine Arbeitseinstellung in letzter Zeit lässt wirklich zu wünschen übrig und wir überlegen, ob wir von nun an getrennte Wege gehen“, fiel Kaoru sogleich mit der Tür ins Haus. Fassungslos starrte der Bassist die Jungs an. „Nicht euer ernst oder? Ich meine nur, weil ich in den letzten Monaten etwas unpässlich war, wollt ihr mich aus der Band kicken? Diesen Floh hat euch doch bloß unser ach so toller Kyo ins Ohr gesetzt, weil er mich nicht leiden kann“, schoss Schwarzhaarige sogleich in Richtung des Sängers und dieser schaute von seinem Zeichenblock auf. „Hat gerade jemand etwas gesagt? Ups, ich glaub ich hab nicht zugehört“ Kisaki ballte seine Hände zu Fäusten und presste seine Lippen wütend zusammen. „Jetzt hast du wieder die große Klappe…schon klar. Hauptsache du darfst dir solche Fehltritte erlauben…meine Schwester vögeln…und alle fangen dich auf, wenn dich dein beschissener Kami mal wieder hängen lässt, aber bei mir gleich Terror machen, wenn ich mal zu spät komme.“ Alle, so auch Kisaki waren sich im Klaren, dass nur der Name Kami ausreichte, um Kyo völlig auf die Palme zu bringen. Der Sänger legte seinen Stift nieder und funkelte den Bassisten wutentbrannt an. „Na? Hat es dir die Sprache verschlagen Tooru-chan? Ist doch so und ganz ehrlich, selbst Schuld, wenn du dich so verarschen lässt…und dann hast du uns noch wegen deiner Mum so hängen lassen…wenn einer gehen sollte, dann doch wohl du und nicht ich!“ Das reichte, Kyo sprang auf und stürzte sich auf Kisaki, um ihm einen kräftigen Schlag mit der Faust zu verpassen. Blind vor Wut schlug er auf den anderen ein und seine Jungs zogen ihn mit Mühe von dem Bassisten runter. „Das reicht Kisaki. Verpiss dich und lass dich hier nie mehr blicken“, fuhr ihn Kaoru an und schleifte ihn am Kragen seiner Jacke höchstpersönlich vor die Tür. Kyo verschwand im Bad und schloss ab. Warum jetzt? Warum zur Hölle hatte dieser dämliche Vollidiot seinen Namen wieder erwähnen müssen? Der Sänger sank an der Wand zu Boden und biss sich auf die Unterlippe. Mit den Zähnen kaute er auf seinem Piercing herum und bemühte sich wieder runter zu fahren. Als es klopfte und Shinyas besorgte Stimme erklang, antwortete er nicht, sondern erhob sich und öffnete. „Tooru…ist alles okay?“ Dieser zuckte nur mit den Schultern und ging an dem Drummer vorbei, doch im letzten Moment ergriff dieser seine Hand und er wurde ruckartig zurückgezogen und landete etwas unsanft in den Armen des Größeren. „Lass den scheiß…ich geh jetzt nach Hause.“ Doch wie schon so oft zuvor ignorierte Shinya seine harten Worte und zog ihn an sich. Auch Kyo schlang seine Arme nahezu verzweifelt um seinen Freund und vergrub sein Gesicht in dessen Pullover. „Darf ich mitkommen?“ „Mhh“, brummte der Kleinere und verabschiedeten sich von den anderen. „Spätestens bis in zwei Tagen, zu Toorus Geburtstag und unserer Aktion Drummer -Catching“, gab Die noch zum Besten und die Jungs lachten.   Nicht ganz so extravagant gestylt wie sonst, trafen sich die vier Freunde vor der kleinen Konzerthalle, in der Go:Sick heute spielen würden. Natürlich wurde Kyo zu aller erst belagert und seine Jungs gratulierten ihm zum Geburtstag. Dann betraten sie die kleine Halle und suchten sich an der Seite einen Platz, von wo aus sie einen guten Blick auf die Bühne erhaschen konnten. Nach einer halben Stunde begab sich die Band auf die Bühne und begann auch gleich zu spielen. Sie klangen nicht sehr besonders. Ihre Musik war eine Mischung aus dem typischen J-Rock, der ab und an härtere Züge annahm. Alle beschwerten sich über diese durchaus seltsame Kombination, nur Kyo, der nahm den Bassisten genauestens in Augenschein und die Fingerfertigkeit des Schwarzhaarigen beeindruckte ihn sehr. Er legte auch ein paar Soloparts hin, in denen er sein Können noch Mehr bewies und der Dir en Grey Sänger wusste, dass er den Bassisten in seiner eigenen Band haben musste, koste es was es wolle. Außerdem war er nicht Mal hässlich. Nach einer Stunde beendeten Go:Sick ihre Show und verabschiedeten sich. Jetzt hieß es den Bassisten abfangen, um ihn davon zu überzeugen, bei Dir en Grey zu spielen. Kao erspähte den Schwarzhaarigen zuerst und steuerte sogleich auf ihn zu. „Hallo…cooles Konzert. War Mal wieder sehr erfrischend eine andere Band zu hören und nicht dauernd im Proberaum seine eigenen Songs zu rauf und runter zu spielen“, begann er sogleich das Gespräch. Zugegeben waren seine Worte nicht die Klügsten, doch er wollte ihn ja gewinnen und deshalb musste er zuerst die Musik der anderen Band loben. Ob sie ihm jetzt zusagte oder nicht. Seine Jungs hielten sich vorerst im Hintergrund und lümmelten an der Bar herum. Hin und wieder verständigten sich der Leader und die Band mit Blicken. „Oh hey…freut mich. Ich bin Toshiya…Cool, du bist auch Musiker?“ „Jepp…jetzt seit zwei Jahren. Meine Band heißt Dir en Grey…seit vorgerstern.“, grinste der Gitarrist. „Oh, seit vorgestern? Habt ihr euch umbenannt?“, fragte der andere Bassist neugierig. „Ja…vorher haben wir unter dem Namen La Sadie‘s gespielt. Waren auch letztes Jahr mit Malice Mizer auf einer kleinen Tour in Japan unterwegs.“ Die Augen des anderen begannen auf einmal zu leuchten und Kao schenkte ihm ein freundliches Lächeln. „Nicht schlecht. Spielt ihr in nächster Zeit Mal? Mich würde es brennend interessieren, was für Musik ihr macht.“ „Prinzipiell schon…da gibt es nur ein kleines Problemchen…“ Toshiya sah den anderen Musiker erwartungsvoll an und nippte an seinem Getränk. „Das da wäre?“ „Uns fehlt der Bassist…wir hatte mit dem letzten so unsere Differenzen und wir haben uns entschlossen gentrennte Wege zu gehen“, platzte es aus ihm heraus und er war sich sicher, dass das den anderen Bassisten sicher in die Flucht schlagen würde. Doch dieser schaute nachdenklich nach oben und kratzte sich am Kinn. Dann strich er seine Haare hinter die Ohren. „Das ist bitter…und habt ihr schon einen Nachfolger in Aussicht?“ „Leider nicht…aber das wird sicher schon werden. Sag Mal hast du Lust noch mit uns was trinken zu kommen?“, fragte der Leader dann und erhoffte sich nicht zu viel. „Mh, ich glaub es spricht nichts dagegen…muss nur noch Mal kurz zu meiner Band. So in zehn Minuten wieder hier?“ Kao nickte und gesellte sich wieder zu seinen Jungs, um sie über seinen Plan in Kenntnis zu setzen. Und tatsächlich, zehn Minuten später machten sich die fünf gemeinsam auf den Weg zur nächsten Bar. „Freut mich…ähm…wie war doch gleich dein Name?“, richtete sich der Bassist etwas verlegen an Kao. „Kaoru…sorry. Das sind meine Jungs…Toshiya“, machte er alle miteinander bekannt. In der Bar suchten sich die Jungs einen runden Tisch in der Ecke und Kyo holte Sake für alle. Das Bild von seinen Jungs und diesem Toshiya ließ er auf sich wirken und er wünschte sich tatsächlich, der andere Bassist würde bei ihnen spielen, weil er einfach schon jetzt perfekt zu ihnen passte. Der Sänger seufzte und setzte sich wieder. Seine Band stieß auf ihn an. „Oh, alles Gute noch…wie blöd, ich wollte nicht in eure Runde platzen…“, gab Toshiya etwas verlegen von sich. „Kein Problem, wir hätten dich nicht eingeladen, wenn wir es nicht gewollt hätten“, beruhigte in der rothaarige Gitarrist. „Fandet ihr das Konzert wirklich so toll?“, fragte der andere Bassist dann etwas skeptisch. „Mh um ehrlich zu sein war deine Band grottig…“, kam es von Kyo und Kaoru verpasste ihm unterm Tisch einen Tritt mit dem Fuß und warf ihm einen warnenden Blick zu, doch er ließ sich nicht beirren. „Oh…“, gab Toshi betreten von sich. „Aber du hast Potenzial. Ich frag mich nur, was du in einer solchen Band verloren hast.“ Diese Worte weckten die Neugier des Bassisten. Kyo schenkte erneut Sake in alle Gläser und zündete sich eine Zigarette an. „Mh, ich wollte eben Musik machen und hab die Jungs kennengelernt…aber ich muss ehrlich zu euch sein…so ganz zufrieden bin ich nicht…im Gegenteil.“ Betrübt schaute er auf den Tisch und drehte sein Glas in der Hand. „Dann komm doch einfach zu uns…ich meine wir suchen nen neuen Bassisten und du wie es scheint nach einer neuen Band“, gab nun auch Die seinen Senf dazu und Kaoru starrte den Rothaarigen an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Ähm…okay, das kommt jetzt unerwartet…hängt davon ab, was ihr für Musik macht.“ „Komm morgen zu uns in den Proberaum und finde es raus“, antwortete Die und es war kaum zu übersehen, dass er Gefallen an dem anderen Bassisten fand. Dieser Lustmolch. Amüsiert schüttelte Kyo seinen Kopf. „Cool, gerne. Darauf stoßen wir an, würde ich sagen.“ Gegen eins verließen sie die Bar und jeder ging seinen Weg. Shinya fragte natürlich, ob es okay sei, wenn Kyo die Nacht allein verbrachte und dieser nickte.   Gerade wollte der die Tür aufschließen, da hielt ihm jemand von hinten die Augen zu und ein unerwarteter Geruch stieg ihm in die Nase. Nach Parfum, Kirschblüten und Zigaretten. „Happy Birthday Tooru-chan…“, flötete eine Stimme in sein Ohr und sofort drehte sich der Sänger um und schaute in die grünen Augen, die ihm so gefehlt hatten. In seinem Verstand schrillten alle Alarmglocken, um ihn zu warnen, doch sein Herz gewann diesen Kampf und gierig zog er den Drummer in einen Kuss. Vergessen waren der Schmerz und die unzähligen Tränen, die er wegen des anderen vergossen hatte. Nur dieser Moment zählte. „Wow, was für eine Begrüßung und ich dachte schon du erschlägst mich oder so.“ „Vermutlich wäre das auch die bessere Variante.“ „Charmant wie eh und je…darf ich mit nach oben kommen?“, fragte Kami dann und so sehr Kyo auch ablehnen wollte, er konnte nicht. Zu sehr verzehrte sich sein verräterischer Körper nach dem Rothaarigen. Sie schafften es nicht einmal bis ins Schlafzimmer. Schon im Flur rissen sie sich die Kleider vom Leib und fielen auf dem kuscheligen Teppich übereinander her. Kami streifte Kyos Hals mit seinen Zähnen und knabberte an seinem Ohrläppchen. Der Sänger keuchte schon jetzt vor Lust und drückte sich seinem Drummer entgegen. „Ich habe mich von Juka getrennt…“, wisperte dieser in sein Ohr und kurz krallten sich Kyos Nägel in Kamis Oberarme. „Weshalb?“, gab er schwer atmend von sich. „Deinetwegen…weil ich dich liebe…“ Kyo schloss seine Augen und diese Worte jagten ihm einen Schauer durch den Körper. Wie gern würde er sie glauben und wie sehr wünschte er sich, dass es Kami ernst meinte. „Lüg mich nicht an“ „Ich lüge nicht…wäre ich sonst hier?“ „Sonst war dir das auch egal Kami…also, halt mich nicht zum Narren.“ Kamis Hände strichen über Kyos Seiten und dem Sänger wurde fast schwarz vor Augen, so sehr begehrte er diesen wunderschönen Mann. Dieser strich nun mit seinen Fingern über die Lippen des Sängers und Kyo fing sie mit seiner Zunge ein. Mit seiner freien Hand schob er Kamis Finger noch ein Stück weiter in seinen Mund und saugte daran. „Oh ja…du weißt gar nicht, wie geil du mich gerade machst…oh Gott…Kyo…“, raunte der Drummer und hielt die Augen geschlossen. Dann entzog er dem Sänger seine mit Spucke getränkten Finger und schob sie in seine zweitliebste Körperöffnung. Wieder stöhnte Kyo auf und sein Becken wölbte sich dem anderen entgegen. „Fuck, wenn das so weiter geht…spritz ich dir gleich ins Gesicht…“ Kami lachte und umfing die Lippen seinen schönen Sängers. „Tue, was du nicht lassen kannst“, säuselte er und spielte mit der Zunge des Kleineren. Seine Finger stießen immer heftiger in ihn und Kyo hielt es kaum noch aus. „Fick mich endlich Kami…“ „Mit Vergnügen Liebster“ Und schon der erste Stoß ließ Kyo fast Sternchen sehen. Doch dann hielt Kami ein. „Dreh dich um…ich will dich von hinten“, raunte er und ohne eine Antwort abzuwarten lag der Sänger auf seinem Bauch und spürte einen weiteren Stoß, der ihn heftig durchzuckte. Immer näher trieb ihn Kami an den süßen Höhepunkt, bis er schließlich nicht mehr konnte und sich in seiner Hand ergoss. Auch sein Drummer folgte ihm wenige Sekunden später. Erschöpft und etwas ausgelaugt rollte sich Kyo auf Kami und schaute ihm direkt in die Augen. „Ist das wirklich wahr? Ich meine, dass du dich von ihm getrennt hast?“ „Ja ist es…ich will mit dir zusammen sein…wenn auch du noch möchtest.“ „Nichts lieber als das.“   Kapitel 5: trügerische Liebe ---------------------------- Kyo verschwieg seiner Band und insbesondere Shinya, dass der Malice Mizer Drummer gestern bei ihm übernachtet hatte, denn das hätte die ohnehin schon angespannte Stimmung nur noch verschlimmert. Toshiya erschien pünktlich und so führten sie den neuen Bassisten langsam an ihre Musik heran. Sie spielten ihre Songs zuerst ohne Bass, doch nach einer Weile schnappte sich der Neue sein eigenes Instrument und stieg, ohne die Noten wirklich zu kennen mit ein. Das brachte vor allem Kyo völlig aus der Fassung und er vergaß sogar den Text zu singen, weil seine Augen gebannt auf den Bassisten gerichtet waren. Dieser schaute irgendwann auf und grinste etwas schüchtern. Auch die anderen Instrumente verstummten und nur noch Toshiyas tiefen Bassklänge erfüllten noch den Raum. „Du bist echt…gut“, lobte ihn Kaoru. „Danke…leider sehen das meine Kollegen nicht so…aber ich will euch nicht mit meinen Sorgen belasten.“ Kyos Blick wanderte wieder interessiert zu Toshiya. „Welche Sorgen?“, fragte er deshalb. Dem Bassisten stieg eine leichte Röte ins Gesicht. „Naja…der eigentliche Grund, weshalb ich euer Angebot angenommen habe, ist, weil ich tatsächlich hoffe die Band wechseln zu können…“, rückte der Schwarzhaarige etwas verlegen mit der Sprache raus und seine Stimme wurde mit jedem Wort leiser. Daisuke strahlte wie ein Honigkuchenpferd über‘s ganzes Gesicht und ihm entfuhr ein quietschender Freudenschrei. „Oh mein Gott, hast du das gehört Kao? Können wir ihn behalten…bitte, bitte, bitte.“ Auch der Leader konnte seine Freude über diese plötzliche Wendung nicht mehr zurückhalten. „Mh, eigentlich hatten wir die Befürchtung, wir müssen dich kidnappen oder schlimmeres, aber so ist es natürlich einfacher“, witzelte er. „Mit meinen Kollegen gibt es eh nur noch Stress…also war‘s das jetzt? Bin ich dabei?“, fragte er dann doch etwas ungläubig. Und die vier Freunde nickten einstimmig. „Ich würde sagen ja…wäre halt cool, wenn du das mit deiner Band noch klärst, aber meinetwegen kannst du bei uns anfangen. Und vorweg, mach dich auf harte Arbeit gefasst. Die ersten zwei Proben zieht vielleicht noch der Welpenschutz, doch dann machen wir auch bei dir nicht mehr Halt“, klärte ihn Kyo in ernsten Ton auf und Toshiya nickte zustimmend. „Das hab ich mir eh immer gewünscht. Go:Sick war da auch nicht so hinterher und sie gaben sich mit einer Probe vor dem Gig zufrieden. Von daher, ich werde mein bestes geben.“ Kyo tippte fleißig Nachrichten und wieder lugte ihm Shinya über die Schulter, doch er drehte sein Handy weg, sodass er nicht sehen konnte, mit wem er schrieb. Das ließ seinen Drummer natürlich sofort misstrauisch werden, doch er hielt den Mund.   „Du wirst es nicht glauben, wir haben tatsächlich nen neuen Bassisten…Kisaki ist endlich Geschichte“, berichtete Kyo seinem Liebsten und ließ seinen Kopf in dessen Schoß sinken. Kami strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte ihn sanft an. Wie Kyo diese Grübchen doch liebte. Er konnte es noch immer nicht fassen, dass sich der Rothaarige tatsächlich für ihn entschieden hatte. Nach einem kurzen Moment des Schweigens fragte Kami dann endlich, was ihm schon ein paar Tage durch den Kopf spukte. „Das freut mich…wissen die Jungs eigentlich von uns?“ Kyo schüttelte den Kopf. „Mh, aber vielleicht sollten wir es zumindest im kleinen Kreis bekannt geben“, überlegte der Sänger und strich sich durch die schulterlangen Haare. „Wenn du das wünscht. Oder wir gehen zusammen feiern?“, antwortete Kami. Kyo fand diesen Vorschlag perfekt, denn so musste er für nichts Rechenschaft ablegen und die anderen würden sehen, wie ernst es Kami war. Kyo schrieb den Jungs sofort und sie beschlossen Samstag nach der Probe in einen Club tanzen zu gehen.   Der Sänger plünderte seinen Kleiderschrank und am liebsten würde er Shinya anrufen, um sich mit seinem besten Freund zu beraten, was er denn anziehen könnte. Doch dann würde dieser auch den Grund wissen wollen und davor drückte sich Kyo ja. Nachher würden eh alle sehen, dass er wieder mit Kami liiert war. Nervös nur in Boxershorts bekleidet, tigerte der Blonde auf und ab. Überall auf dem Boden lagen Klamotten verteilt und gerade kam er sich vor wie eine dieser Mädchen, die sich dauernd aufregten, sie hätten nichts zum Anziehen. Die Zeit lief dem Sänger davon, denn sein Wecker auf dem Nachttischchen verriet ihm, dass ihm nur noch eine halbe Stunde blieb. Panisch durchwühlte er den Klamottenhaufen erneut und wurde fündig. Er fischte die schwarze, schon recht zerschlissene Jeans mit den Löchern an den Knien heraus und zog sie an. Darauf passte das schwarzes ärmelloses Shirt und sein kariertes Jackett mit den Buttons. Eine Tuch mit Leomuster legte er legere um seinen Hals. Er wollte für seinen Drummer undwiderstehlich aussehen und war mit dem Zwischenergebnis ganz zufrieden. Seine Haare zupfte er noch zu einer passablen Frisur zu Recht, zog seine Augenbrauen mit schwarzem Kajal nach und trug leicht winterblauen Liedschatten auf. Angetan von dem Endergebnis lächelte Kyo sein Spiegelbild an und sein Herz schlug schneller, als es an der Tür läutete. Im Gehen schnappte er sich noch seinen schwarzen Hut und den Mantel. „Wow, für wen hast du dich denn so aufgebitcht“, scherzte Kami und Kyo boxte ihn gegen den Arm. „Idiot…“, konterte er und Kami zog ihn in einen Kuss. Dann machten sie sich auf den Weg zum Club, vor dem sie sich mit den anderen verabredete hatten. Kyos Herz machte Freudensprünge, als Kami seine Hand ergriff und diese mit seiner eigenen verflocht. Vorsichtig schielte er zu dem Rothaarigen auf, der ihm ein liebevolles Lächeln schenkte. An den Blicken seiner Freunde erkannte der Sänger jedoch schnell, dass sie über Kamis Anwesenheit mehr als begeistert waren. Nur Toshiya, der nicht eingeweiht war und von der Abneigung der anderen gegenüber dem fremden Drummer nichts wusste, begrüßte Kami freundlich, welcher sich ihm als Kyos Freund vorstellte. Wieder schlich sich diese verliebte Lächeln auf des Sängers Lippen und er konnte es einfach nicht lassen Kami anzuschauen. Das Warten, die Tränen und der Schmerz zahlten sich jetzt definitiv aus. Mit diesem Mann an seiner Seite fühlte sich Kyo unsagbar glücklich. „Schade und ich hatte schon gehofft, dass du single bist“, flüsterte der Bassist seinem Sänger zu und grinste schief. Kyo schüttelte nur mit dem Kopf und die Freunde begaben sich ins Warme, um in einen der Sitznieschen noch einen Platz zu ergattern. Und glücklicherweise erhob sich gerade ein Pärchen ganz hinten, sodass etwas frei wurde und die Jungs steuerten sogleich auf den Platz zu, legten ihre Jacken ab und Kao besorgte die Drinks. Kami ließ keine Gelegenheit aus, um seinem Sänger irgendwie nahe zu sein. Zärtliche, scheinbar zufällige Berührungen ließen den Blonden jedes Mal erschaudern und er grinste nur liebestrunken in Richtung seines Drummers. Plötzlich zog er seinen Sänger auf die Tanzfläche und schlang seine Arme um den Kleineren, um ihn zu küssen. Die bunten Lichter wurden von der Diskokugel in der Mitte des Raumes reflektiert und erweckte so den Anschein, die Tanzenden würden sich in Zeitlupe bewegen. Dumpfe Bassklänge erfüllten den Raum und die elektronische Musik heizte der Menge ganz schön ein. „Ich fürchte das dauert eine Weile, bis sie dir trauen…nach der letzten Aktion hab ich nicht gerade positiv von dir gesprochen…tut mir leid“, entschuldigte sich Kyo, doch Kami zuckte gelassen mit den Schultern. „Kann ich dir nicht verübeln…doch jetzt sind wir hier und überzeugen sie vom Gegenteil…“ „Ich hoffe es.“ Die Hände des Drummers schoben sich langsam unter Koys Shirt und er genoss es von dem anderen so begehrt zu werden und ließ sich an dessen Brust sinken. Ihre Körper bewegten sich rhythmisch zur Musik, ohne sich voneinander zu lösen. Hin und wieder fanden ihre Lippen zueinander, doch dann suchten ihre Hände wieder nach der warmen Haut des anderen. Kleine Schweißperlen rannen Kamis Rücken hinab, doch das störte Kyo nicht. Im Gegenteil, er fand es irgendwie erotisch. Der Drummer ließ seine Hüften gefährlich nahe an denen des Sängers kreisen und Kyo biss sich auf die Unterlippe, weil das gerade Mal viel zu heiß für die Tanzfläche wurde. „Ich fürchte ich muss dich gleich vernaschen…“ „Das hoffe ich doch…Klo?“ Der Sänger brachte nur ein Nicken zustande und wurde sogleich mit zu den Toiletten gezogen. Dort verschwanden die beiden in der hintersten Kabine, schlossen ab und gaben sich ihrer Leidenschaft hin. Tauschten heiße Zungenküsse aus und Kyos Körper wurde unsanft gegen die Wand der engen Kabine gepresst, als ihn Kami von hinten nahm. Draußen beschwerte sich ein anderer Gast, dass sie ihr Liebesspiel doch woanders fortführen sollten, doch das störte die beiden nicht im Geringsten und sie dachten nicht Mal im Traum daran. Etwas benommen spritze sich Kyo ein paar Tropfen Wasser ins Gesicht und sofort legten sich schon wieder zwei Hände von hinten um ihn und Kami blickte ihn über die Schulter hinweg im Spiegel an. Seine Lippen umspielte ein neckische Lächeln. „Wusste gar nicht, dass du so spontan bist…sowas sollten wir öfters tun“ „Mit Vergnügen. Tanzen wir noch ein bisschen?“ „Sehr gerne…“ Die hatte schon mächtig einen sitzen und legte sich mit flirten ins Zeug. Ihn umschwärmten zwei Mädels auf der Tanzfläche und Kyo schüttelte grinsend den Kopf. Ein bisschen provokant tanzte er den Freund an und gab ihm mit seiner Hüfte einen Schubs. Die drehte sich um und wollte sich schon beschweren, doch als er Kyo erblickte, grinste er. „Wie ich sehe, amüsiert ihr beiden auch prächtig…wie sind die Toiletten so? Lohnt sich das?“, sprach der Rothaarige nahe am Ohr seines Sängers, um gegen die laute Musik anzukommen. „Kann mich nicht beschweren, zwar ein bisschen unbequem, aber für ein Quickie reicht‘s“, gab der Kleinere zurück und erntete ein lautes Lachen seitens des Gitarristen. Anerkennend hob er seinen Daumen. Das Tanzen heizte auch den beiden Turteltäubchen ganz schön ein und sie beschlossen eine Trinkpause einzulegen. Shinya unterhielt sich angeregt mit Die, der die Tanzfläche vor ihnen verlassen hatte, während Kao mit Toshi zu scherzen pflegte. Kami besorgte die nächste Runde, um sich bei den Jungs ein bisschen beliebter zu machen. Da rutschte der Leader zu seinem Sänger auf. „Glaubst du wirklich, dass das gut geht?“, fragte er besorgt und Kyo rollte genervt mit den Augen. „Ich weiß, was ich tue und er meint es ernst…Juka und er haben sich getrennt. Das war’s, ich will davon nichts mehr hören Kao-chan!“ Dabei blieb es dann auch und die Runde amüsierte sich sogar ganz gut. Abwechselnd tanzten die Jungs bis spät in die Nacht hinein. Ein bisschen angeheitert traten sie dann den Heimweg an. Kami verabschiedete sich, da er den kürzesten Weg hatte. Kyo und er knutschten eine halbe Ewigkeit und der Sänger konnte sich nur schwer trennen. „Sehen wir uns morgen Abend?“ „Bestimmt. Gute Nacht und träum von mir“, wisperte Kyo seinem Drummer zu. „Worauf du dich verlassen kannst“, antwortete Kami grinsend und gab Kyo noch einen letzten Gute-Nacht-Kuss. Verträumt und glücklich schloss sich er Sänger wieder seinen Leuten an und fiel unbewusst ein bisschen zurück. So bekam er eher ungewollt das Gespräch zwischen Toshiya und Shinya mit und ging jetzt absichtlich langsamer. „Der Typ kotzt mich einfach nur an, doch Tooru sieht das nicht…er ist blind vor Liebe.“ Wütend funkelte Kyo seinen Drummer an. „Kannst mir das denn nicht gönnen Shinya?“ Dieser seufzte. „Darum geht es doch gar nicht…und werde nicht unfair…dir traue ich ja, nur ihm nicht…er hat dich schon Mal fast in den Abgrund gestürzt und ich werde das dumme Gefühl nicht los, dass er es erneut tun wird“, entgegnete der Braunhaarige mit besorgter Miene. „Er hat sich geändert Shin…er liebt mich und ich ihn…“ „Wenn du meinst…“, murrte der Braunhaarige. Kyo schüttelte enttäuscht mit dem Kopf und wand sich ab. Er verstand nicht, warum gerade Shinya ihm sein Glück nicht gönnte. War es so viel verlangt? Ja, Kami hatte sich wie der letzte Arsch verhalten, aber jetzt? Er trug Kyo auf Händen und bemühte sich sogar Kontakt zu seiner Band zu knüpfen, was wollte sein Freund denn noch? Enttäuscht und ohne ein weiteres Wort hob er die Hand zum Abschied und trat den Heimweg an. Dort rauchte er noch eine letzte Zigarette und putzte anschließend seine Zähne. Eigentlich schade, dass Kami schon zu Hause war. Er grinste, als er an ihr Quickie auf dem Klo dachte. Und schon allein der Gedanke an den schönen Drummer reichten aus, um dieses Kribbeln in seinem Körper wieder heraufzubeschwören. Kyo spuckte den Schaum aus und sein Blick blieb an seinem Spiegelbild hängen. Mit einem Reinigungstuch entfernte er die Schminke im Gesicht. Das lila aus seinen Haaren war bis auf einen leichten violetten Schimmer fast raus gewaschen. Naja, das lag wohl auch daran, dass er seine Haare täglich wusch. Zufrieden lächelte er in den Spiegel und ging zu Bett.   Vier Monate später: Nun war der Grundstein für Dir en Grey gelegt und die Band wuchs immer mehr zusammen und mittlerweile hatten sie auch den neuen Bassisten in ihrer kleinen Familie aufgenommen. Die ersten Songs für das erste richtige Album wurden geschrieben, überarbeitet und geprobt. Manche Kompositionen wurden wieder verworfen oder neue Ideen umgesetzt. Dieser Prozess verlangte den fünf Musikern viel Kraft, Schweiß und Mühe ab, doch sie schlugen sich durch und die manchmal nicht ganz so netten Worte, die während der Proben fielen wurden, waren hinterher auch schon wieder vergessen. Kyo bekam zum ersten Mal das Gefühl in einer richtigen Band zu spielen, denn der neue Bassist trug ungemein zur positiven Atmosphäre bei. Kyo war gerade auf dem Sprung, als sich Shinya ihm in den Weg stellte. „Können wir kurz reden?“ „Worüber Shin…willst du mir wieder Vorwürfe machen? Ich hab später noch eine Verabredung…“ „Ich möchte nicht mit dir streiten…ich mach mir nur Sorgen…“ „Und das weiß ich zu schätzen, doch glaub mir, deine Sorgen sind unbegründet. Ich meine, jetzt sind vier Monate vergangen und Kami ist mir noch immer treu…daran wird sich auch nichts ändern und er tut mir gut.“ Der Drummer seufzte. „Das stimmt…du siehst gut aus…und du lächelst wieder mehr…das ist wirklich schön. Ich hab trotzdem Angst um dich.“ Kyo nahm seinen Freund in die Arme und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Sei unbesorgt…mir geht es gut, wirklich und jetzt muss ich los.“ „Bitte…beende es, bevor es zu spät ist Tooru…“, bat ihn der Drummer plötzlich und in dem Sänger stieg Wut auf. Gerade von ihm, seinem besten Freund hätte er das nicht erwartet. Und das tat weh. „Wie bitte? Jetzt gehst du wirklich zu weit…ich weiß nicht, was dein beschissenes Problem ist, aber ich bin glücklich und lass mir das von dir nicht kaputt machen!“, fuhr er den anderen an. Die beiden Streithähne merkten nicht, dass sich ihr Bassist im Hintergrund hielt. „Ich will dich nur vor Enttäuschungen bewahren, verstehst du das denn nicht?“ „Du gibt’s Kami ja nicht Mal ne Chance…keiner von euch tut das…ist echt verdammt beschissen solche Menschen seine Freunde zu nennen. Ich weiß, was ich tue, also lass mich jetzt in Ruhe.“ Kyo stieß seinen Drummer zur Seite und bahnte sich einen Weg ins Freie, weil er so schnell wie möglich zu Kami wollte. Er zog seine Sonnenbrille auf und beschleunigte seine Schritte, denn er hatte das dumme Gefühl Shinya könnte ihm nachlaufen. Doch dieser blieb im Proberaum zurück und verschwieg seinem besten Freund, dass er Kami mit dem anderen blonden Typen gesehen hatte. Doch vielleicht hatte das ja auch gar nichts zu bedeuteten. Ganz wohl bei der Sache war ihm trotzdem nicht.   Ein bisschen außer Puste erreichte Kyo die Wohnung seines Liebsten und klingelte. Er fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben und fand den anderen Drummer leicht bekleidet auf dem Balkon vor. Er setzte sich ihm gegenüber und zündete sich eine Zigarette an. Kami musterte seinen Freund und zog die Stirn in Falten, verzog dabei jedoch sofort sein Gesicht. In den letzten Monaten plagten ihn immer Mal wieder migräneartige Kopfschmerzen und obwohl er viel Flüssigkeit zu sich nahm, wurden diese nicht besser. Auch hatte er deshalb schon einen Arzt aufgesucht, doch dieser fand nichts und schrieb es der Hitze zu. „Alles okay?“ Kyo zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht…Shinya nervt rum…er will nicht, dass wir zusammen sind…das trifft mich, weil er doch eigentlich mein bester Freund ist.“ Kami erfasste die freie Hand des Sängers und zog ihn zu sich. Kyo landete längs auf seinem Liebsten und vergrub seinen Kopf in dessen Halsbeuge. Die warme leicht gebräunte Haut seines schönen Drummers roch nach Sonne und Kyo verteilte kleine Küsse auf Kamis Schulter. Dieser kicherte und schob den Kopf des Kleineren sanft beiseite. „Tut mir leid, ich bin voll kitzelig…“ „Kann ich dir eine Frage stellen?“ Kami nickte, schnappte Kyos Zigarette und nahm einen Zug. „Alles was du willst…“ „Macht sich Shinya zu Recht Sorgen?“ Der Rothaarige setzte sich auf und Kyo machte es sich auf dessen Oberschenkeln bequem. „Fragst du mich das gerade wirklich? Das trifft mich schon und ich hatte gehofft, die letzten Monate würden dich umstimmen.“ Traurig schaute der Drummer in die Ferne und in seinen Augen sammelten sich kleine Tränchen. Sofort überkam Kyo das schlechte Gewissen und er küsste seinen Liebsten auf die Stirn. „Tut mir leid…“ „Mh, wenn wir schon bei dem Thema sind…es ist nicht so, dass Juka es nicht versucht hätte…aber ich will nur dich Tooru“, flüsterte er dem Sänger zu, umgarnte ihn mit seinem Charme und dieses warme Gefühl in Kyos Brust wuchs und erfüllte ihn mit Glück. „Ich vertraue dir Kami…wirklich.“ „Das weiß ich doch…bist du mir böse, wenn ich jetzt allein sein will? Ich weiß, ich hab versprochen, den Abend mit dir zu verbringen, aber ich hab noch eine ganze Menge zu tun und meine Kopfschmerzen bringen mich noch um.“ „Dann such doch endlich Mal einen Spezialisten auf! So kann das doch nicht weitergehen.“ Der Drummer schaute in die dunklen Augen seines Sängers und versuchte ihn mit einem Lächeln zu besänftigen. „Ist schon gut…vermutlich ist es wirklich nur stressbedingt und ich sollte wohl wirklich Mal kürzer treten.“ „Wenn du meinst…melde dich, wenn du was brauchst.“ Kyo sehnte sich so sehr nach dem schönen Mann, doch wollte er ihm die Ruhe gönnen, die er brauchte. Als er sich Richtung Haustür bewegte, vernahm er aus dem Schlafzimmer ein Rumpeln und fuhr etwas erschrocken zusammen. Vermutlich war nur etwas umgefallen oder bei Kami wohnten Ratten. Sollte er nachschauen? Doch was erhoffte er sich zu finden oder nicht zu finden? Mit einem miesen Gefühl bog er links zum Schlafzimmer ab und legte seine Hand auf die Türklinke. Das kühle Metall fühlte sich angenehm unter seiner leicht schwitzigen Hand an. Auf einmal pochte sein Herz schneller und er spürte ein leichtes Ziehen im Magen. Gerade wollte er die Türklinke nach unten drücken, da tauchte Kami wie ein Gespenst neben ihm auf. Erschrocken fuhr Kyo zusammen, weil er den anderen nicht hatte kommen hören. Peinlich berührt ließ er die Hand von der Tür gleiten und schaute betreten zu Boden. „Verzeih…ich hab nur seltsame Geräusche gehört und wollte gucken, ob alles in Ordnung ist“, versuchte er die Situation zu retten. „Schon okay…ich kann selbst nachsehen. Wollte mich ohnehin noch ein bisschen schlafen legen. Bis bald mein Hübscher“, verabschiedete Kami seinen Sänger und schob ihn zum Ausgang. Kaum war Kyo aus der Wohnung verschwunden, wurde die Tür zum Schlafzimmer aufgerissen. „Das war knapp…ich höre nie wieder auf dich. Von wegen er kommt hier nicht rein…“ „Ach halt die Klappe und lass uns da weitermachen, wo wir vorhin aufgehört haben…“ „Mit Vergnügen Kamischatz“, entgegnete der Blonde und zog den Drummer auf’s Bett. Kapitel 6: der gefallene Engel ------------------------------   Es zeichnete sich langsam ab, dass auf der Band Dir en Grey eine Art Sänger-Bassist-Fluch lag, denn Kyo und Toshiya gerieten immer öfter aneinander. Doch lag das nicht daran, das sie ihre gegenseitige Arbeit nicht schätzten, im Gegenteil, davon profitierten beide. Nein. Der Grund dafür war, weil Kyo wieder mit Kami zusammen war, Shinya mehr wusste, als er preisgab und Toshi einen Streit zwischen Sänger und Drummer zu schlichten versuchte, jedoch kläglich scheiterte und sattdessen heftig mit Kyo aneinander geriet. Da er alle seine Jungs mittlerweile mehr als nur mochte, wollte er Frieden stiften und tat das Falscheste, was er in dem Moment nur hätte tun können. „Kyo…versteh doch, wir wollen das Beste für dich und bald beginnt die Tour durch Japan, da können wir uns keine Fehltritte erlauben“, mischte sich der Bassist ein. „Ach ja? Das Beste wäre mich Mal in Ruhe zu lassen und kümmere dich um deinen eigenen Scheiß Tosh! Angefangen bei deinem Liebesleben! Mir entgehen deine Blicke nicht…ich weiß auf wen du abfährst, aber leugne es nur weiter und lenk dich damit ab, nach anderen zu gucken! Ich bin kein kleines Kind mehr, also lass es einfach, ja? Und du genauso Shin…ihr geht mir mit eurer über-fürsorglichen Art echt tierisch auf die Nerven!“, flippte Kyo völlig aus. „Ach ja? Auf wen steh ich denn deiner Meinung nach?“, äffte Toshiya den Sänger, nun auch aufgebracht, nach. „Na Die…wer sonst und tue nicht so scheinheilig…“ „Dein Ernst? Du glaubst ich hab ein Auge auf Daisuke geworfen? Das ich nicht lache…ich mag ihn, aber ich steh nicht Mal auf Männer…also“, versuchte sich der Schwarzhaarige aus der Affäre zu ziehen. Doch Kyo schüttelte nur mit dem Kopf, rollte mit den Augen und verließ den Proberaum. Die Tür flog hinter ihm mit einem lauten Knall ins Schloss. Er klingelte bei Kami. Als dieser nicht öffnete, betätigte er den Knopf ein weiteres Mal. Wenigstens einer in seinem Leben, der ihm nicht den Verstand raubte. Glaubte er zumindest. Der Summer ertönte und Kyo sprintete nach oben. Dabei nahm er zwei Stufen auf einmal. Denn der Fahrstuhl schien irgendwie defekt zu sein. Sein Liebster empfing ihn nur mit einer Decke umhüllt, was den Sänger grinsen ließ. Deshalb zog er ihn in einen stürmischen Kuss. Da fiel ihm auf, dass es sich bei der vermeintlichen Decke um ein Handtuch handelte. Er stutzte, ließ sich jedoch nicht beirren. „Süßer…hör zu…ich fühl mich ein bisschen schlapp. Kannst du in einer halben Stunde noch Mal kommen?“, flüsterte er. Warum sprach er so leise? „Schon gut, du kannst gerne fertig baden…ich warte im Schlafzimmer auf dich“, entgegnete er und schob sich an dem Rothaarigen vorbei, der ihn noch versuchte aufzuhalten. Kyo wollte sich schon auf das Bett werfen, um auf seinen Liebsten zu warten, doch hielt plötzlich Inne. Hier lagen viel zu viele Klamotten herum. Entweder fühlte sich Kami tatsächlich so schlecht, dass er seit Tagen nicht aufgeräumt hatte oder? Über das Oder wollte Kyo nicht nachdenken. Und was war das im Bett? Sexspielzeug? Das hatte Kami sicher nicht alleine benutzt. Eine böse Vorahnung beschlich den Blonden und sein Herz raste vor Verzweiflung. Das konnte doch nur ein schlechter Scherz sein. Er wandte sich um und sah Kami im Türrahmen lehnen. Seine langen roten Haare fielen aalglatt über seine Schultern und so, wie er da stand, hätte er fast die Unschuld in Person verkörpern können. In seinen Augen spiegelte sich sowas wie Reue und doch war er in Wirklichkeit der Wolf im Schafspelz. Der Kloß in Kyos Hals machte die Situation nicht besser. Kami setzte gerade zum Reden an, doch Kyo quetschte sich abermals an ihm vorbei und riss die Badezimmertür auf. Der große Mann mit den weiblonden Haaren zuckte erschrocken zusammen, doch als er den Diru Sänger erblickte, gab er sich nicht besonders viel Mühe seine Nacktheit zu bedecken. Kyo taumelte zurück und blickte abwechselnd von Juka zu Kami. Er war unfähig etwas zu sagen. „Oh…das ist ja blöd gelaufen…ich glaube Kami hat dich später erwartet“, sagte Juka und zuckte gleichgültig mit den Schultern. Auf seinen Lippen lag ein triumphierendes Lächeln. Kyo schluckte und seine Kehle fühlte sich staubtrocken an. „Kami…wie lange schon?“, wisperte Kyo und die bittere Enttäuschung in seiner brüchigen Stimme war kaum zu überhören. „Zwei Monate…es tut mir leid Tooru-chan…ich kann seinem Charme einfach nicht widerstehen…“ „Und was bin ich dann für dich?“, fuhr er den Rotschopf an. „Du bist auf deine Weise auch schön…mit deiner sadistisch angehauchten Ader…du hast deine Makel, aber ich kann dir ebenso wenig wiederstehen.“ „Wie kannst es dann wagen mir vorzulügen, dass du mich liebst!“, schrie Kyo jetzt. „Weil es so ist…der Schöne und das Biest…du bist manchmal wie eine wilde Bestie Kyo und das macht dich so unwiderstehlich.“   Verletzt und gedemütigt machte der Sänger kehrt und knallte die zweite Tür an diesem Abend hinter sich zu. Sein Gehirn befand sich im offline Modus und er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Wirre Bilder spielten sich vor seinem inneren Auge ab und trotz der erdrückenden Hitze umfing ihn Kälte. Er nahm seine Umgebung kaum mehr wahr. Kyo stolperte, fiel zu Boden und blieb liegen. Ihm fehlte die Kraft um wieder aufzustehen. Er konnte nicht Mal weinen, zu tief saß dieser Schock. Vermutlich wären die Tränen ohnehin zu kalten Eiskristallen gefroren. Blut. Er schmeckte Blut, als er sich mit der heißen Zunge über seine kühlen Lippen leckte. Sein Atem ging flach und es fühlte sich so an, als würde sein Herz in kleine Fetzen gerissen. Vereinzelt drangen Stimmen an sein Ohr. Jemand schrie auf und dann zogen ihn vermutlich zwei Menschen an seinen schlaffen Gliedern hoch. Eine minimale Sekunde umfing ihn Wärme, doch so schnell dieses Gefühl kam, schwand es auch wieder. Ein Motorengeräusch. Bunte Lichter sausten an ihm vorüber. Ein Arm legte sich um ihn, doch die Wärme des anderen Körpers erreichte ihn nicht. Zu dick war die Schicht aus Eis und ließ keine Wärme hindurch. Eine Tür wurde geöffnet und seine Füße bewegten sich fast von alleine. Kieselsteine knirschten unter den Sohlen seiner Sneakers und wieder Stimmen, doch er konnte nichts erkennen, geschweige denn die Stimmen zuordnen. Nur verschwommene Bilder umgaben ihn, so als müsste er die Linse der Kamera erst scharf stellen. Bilder ohne Sinn. Erneut stützte ihn jemand von beiden Seiten, da ihm sein Körper kaum mehr gehorchte. Ein Fahrstuhl. In seinem Magen rumorte es heftig und die Übelkeit stieg seiner Speiseröhre empor. Jetzt überkam ihn wieder diese Hitzewelle und er rang nach Luft. Die Wände des Fahrstuhls engten ihn ein und eine Panikattacke überwältigte ihn. Was war, wenn sich die Türen nicht mehr öffnen ließen? Getrieben von Angst schlug er wild um sich, doch zwei starke Arme hielten ihn erneut fest. Er verstand nichts, die Worte schafften es nicht zu ihm durch zu dringen. „Ich muss auf Toilette“, nuschelte er plötzlich kaum hörbar und seine Stimme war so unendlich weit weg. Endlich eine vertraute Umgebung, sein Badezimmer. Seine Hände tasteten nach etwas, was sich wie der Klositz anfühlte und er beugte sich darüber. Doch schon schwand das Übelkeitsgefühl. Langsam zog er sich hoch und spritzte warmes Wasser in sein schweißbenetztes Gesicht. Allmählich wurden die Umrisse seiner Umgebung schärfer und er blickte sich um. Ja, das war tatsächlich sein Badezimmer und er beruhigte sich ein bisschen. Die Panik verebbte gänzlich, als er merkte, dass er sich allein in dem Raum befand. Er schloss die Tür von innen ab und vergrub seine Nase in dem schwarzen Flokatiteppich. Nun, da sein Körper doch entspannte, wurde die elende Gefühlswelle auch wieder frei gesetzt und überrollte den Sänger wie eine Lawine und begrub ihn unter sich. Kyo weinte, konnte die Tränen unmöglich länger zurückhalten und sein Körper zitterte vom Schluchzen. Womit nur hatte er das verdient? Zum wievielten Mal war er jetzt auf diesen Mann hereingefallen? Er hatte zu Zählen aufgehört, doch heute war es am schlimmsten gewesen. Kami liebte ihn nicht, hatte ihn nie geliebt. Wie auch, schließlich war er das verabscheuenswürdige Biest. Jemanden, den man nicht lieben wollte. Wieder durchzuckte sein Körper eine tsunamiartige Welle aus Schmerz, sein Herz krampfte sich in seiner Brust zusammen und der Versuch aufzustehen scheiterte kläglich. Der Sänger stützte sich auf seine Unterarme und zog sich am Waschbecken nach oben. Erst jetzt fiel ihm die aufgeplatzte Lippe im Spiegel auf. Er betrachtete sich. Die zu tief liegenden Augen, die breiten Lippen und seine schiefen Zähne. Ja er kam sich hässlich und ungewollt vor. Dieser Gedanke warf ihn erneut zu Boden. Er hasste seinen Körper und verspürte deshalb den Drang sich selbst zu verstümmeln. Sich zu verletzen, weil das besser zu seinem hässlichen Wesen passte. Voller Hass und Verzweiflung grub er die Fingernägel in sein weißes Fleisch und kratzte seine Brust blutig. Kyo wollte diesen Schmerz nicht mehr spüren. Der verdammte Schmerz, der sein Herz zerfraß und ihn zu solchen selbstzerstörerischen Taten trieb. Er schrie, weil er es nicht länger aushielt. All seine Emotionen wollten nach draußen. Das Blut rann seinem Oberkörper hinab und der Sänger wälzte sich auf dem Boden, krümmte sich und versuchte gegen das Monster in sich anzukämpfen. Doch ihm fehlte die Kraft dazu. Noch tiefer gruben sich seine Nägel bis ihn die Schmerzen fast betäubten und ihm ganz schummrig wurde. Erschöpft und völlig kaputt starrte er mit leerem Blick an die Decke. Die offenen Wunden brannten höllisch, doch das tat gut, weil es ihn ablenkte. Mühsam stützte sich der Sänger auf seine Unterarme und versuchte aufzustehen. Er suchte Halt am Waschbecken, wollte sich hochziehen, doch seine glitschigen, blutbeschmierten Finger rutschten an dem glatten Keramik ab. Er knallte zu Boden und verlor gänzlich das Bewusstsein.   Die Dunkelheit lockte ihn mit ihren knochigen Spinnenfingern immer tiefer ins Verderben. Finsternis umfing Kyo und sein Körper bestand nur noch aus Schmerz. Schmerz gemischt mit Hass und der puren Verzweiflung. Sein Schädel dröhnte, als hätte ihm jemand eins mit einem Baseballschläger übergezogen. Mit flattrigen Lidern öffnete er seine Augen und wagte es nicht aufzustehen. Wieder drangen ferner Geräusche und panische Schreie an sein Ohr von einer Stimme, die ihm plötzlich sehr bekannt vorkam. Doch sein Körper rebellierte. Plötzlich überkam ihn wieder die Übelkeit und er hielt sich den Bauch. Hievte sich mit letzter Kraft hoch und schaffte es irgendwie den Kopf über die Kloschüssel zu hängen. Zum Glück rechtzeitig, denn sein Mageninhalt wurde katapultartig nach draußen befördert. Kyo ekelte sich noch mehr vor sich selbst und wieder kamen ihm die Tränen. Irgendwer rief seinen Namen. Also seinen richtigen Namen. Tooru Nishimura. Wie er diesen verdammten Namen verabscheute. Die Tür vom Badezimmer flog mit einem lauten Knall auf und der Sänger schaute kurz auf, bevor er erneut das Bewusstsein verlor.   Als Kyo zum dritten Mal erwachte, befand er sich definitiv nicht mehr in seinem Badezimmer und seine Gedanken waren klarer und geordneter als zuvor. Was zur Folge hatte, dass ihm urplötzlich die letzten Erinnerungen ins Gedächtnis schossen. Wie Kanonenkugeln prasselte sie auf ihn ein und er wollte schreien, doch das funktionierte nicht. Erschrocken schlug er seine Augen auf und schaute sich verwirrt um. Ein kleineres Zimmer und in dem dämmrigen Licht konnte er die irgendwie doch vertraute Umgebung nicht ganz ausmachen. Er blinzelte. Die Vorhänge waren zugezogen und tauchten den Raum in ein warmes rot. Wie ein Sonnenuntergang am Strand. Kyo stützte sich auf die Ellenbogen und ein heftiger Schmerz durchfuhr seinen Kopf. Er rieb sich die Schläfe. Von Draußen drang das Geräusch der fahrenden Autos an sein Ohr und er bildete sich ein, den Smog zu riechen. Gemischt mit dem Geruch von Duftkerzen, frischer Wäsche und Kaffee. Und jetzt erkannte er den Raum endlich, er lag in seinem eigenen Bett. Also zu Hause. Erschöpft und erleichtert sank Kyo wieder in die Kissen. Der Sänger hatte schon befürchtetet, jemand hätte ihn ins Krankenhaus gebracht. „Shin-chan…er ist wach“, ertönte eine sanfte Stimme rechts von ihm und ließ den Sänger zusammenfahren. Er wand sich um. Der schwarzhaarige Bassist saß dort und dann erschien da eine zweite Person in der Tür. Shinya. Sein liebster Freund. Tränen benetzten seine zarten, viel zu blassen Wangen und er schluchzte heftig. Beide machten den Eindruck, als hätten sie die Nacht kein Auge zu getan. Der Drummer schüttelte nur mit dem Kopf und wieder weinte er. Toshiya zog ihn auf seinen Schoß und legte seine Arme um dessen sanfte Gestalt. Keiner der Freunde sprach ein Wort und auch Kyo brachte keinen Satz über die Lippen. Mit wackeligen Beinen versuchte der Sänger aufzustehen, doch kämpfte er mit dem Gleichgewicht und stützte sich Am Fensterbrett ab. Jemand, vermutlich Shinya oder Toshi hatten sich um seine Verletzungen gekümmert und sie fein säuberlich mit einem Verband verarztet. Sein prüfender Blick schweifte durch seine Wohnung. Die Tür zum Wohnzimmer stand offen. Doch alles schien wie immer. Nein Moment, irgendjemand hatte Ordnung geschaffen, denn sonst war es hier nie so aufgeräumt. Seine beiden Freunde musterten ihren Sänger. Toshiya erhob sich und verschwand in der Küche.  Plötzlich wurde er von Shinya in dessen Arme gezogen. Er spürte die tränenfeuchte Wange an seiner eigenen. „Tooru…“, flüsterte der Drummer nur und zog den lieben Freund noch enger an sich. „Shini…du erwürgst mich…was ist passiert?“ „Du warst ohnmächtig…der Notarzt war da und die haben dich untersucht und dich dann ins Bett gesteckt. Toshi?“, rief der Drummer. „Hier drüben“, kam es vom Sofa und Kyo sah nur eine Hand hinter Lehne winken. Der Sänge zog Shinya mit zu dem Bassisten. „Können wir einen Film anschauen?“, fragte Kyo dann, als wäre nichts passiert. Er spürte die Blicke seiner Freunde auf sich ruhen und seufzte. „Tooru…ich will dich nicht noch einmal so sehen…das war das Schlimmste, was du mir antun konntest…“, schluchzte der Braunhaarige. „Es tut mir leid…bitte verzeih mir und auch du Toshi…ich bin ein grausamer und rücksichtsloser Mensch“, entfuhr es Kyo, doch die beiden nahmen ihn in ihre Mitte. „Du bist vieles mein Schatz, aber nicht grausam und rücksichtslos…emotional und wahnsinnig trifft es wohl eher…Tooru-chan…du brauchst Hilfe…dringend“, riet ihm der Bassist voller Sorge. „Und was hab ich davon Toshi…ich will nicht mit Fremden über meine Probleme reden.“ „Dann verflucht noch Mal lass so eine Scheiße wie gestern…ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange und außer Shini wagt sich keiner dir zu widersprechen Tooru, doch du bist mir verdammt wichtig und ich hab keinen Bock dich jemals wieder so am Boden zu sehen. Das war…zu hart“ „Wen interessiert es schon, ob so eine missratene Gestalt wie ich existiert oder nicht?“ Schockiert schaute ihn der Bassist an. „Wie bitte? Hat er dich schon so weit, dass du dich selbst so sehr hasst?“, gab der Drummer entrüstet von sich. „Schau mich doch an Shini…ohne euch wäre ich ein Nichts. Mein Leben bekomm ich nicht auf die Reihe und ziehe dauernd alle ungewollt mit ins Verderben. Ich will das nicht mehr, verstehst du?“ „Dann kämpfe dagegen, verdammt!“, fluchte der Drummer leise mit verzweifelter Stimme. „Weißt du warum ich stolz bin der Bassist von Dir en Grey zu sein? Deinetwegen. Keiner schafft es mich auf der Bühne so zu fesseln wie du…du bist verflucht gut in dem was du da ablieferst und daran sollte sich der Bastard Kami mal ein Beispiel nehmen. Kyoschatz, ich hab dich sehr gern und bin nicht bereit dich schon aufzugeben. Wir sind gerade am Anfang unserer Karriere und ich möchte mit dir und den Jungs noch viele Konzerte erleben. Glaub mir, schon bald gehören wir nicht mehr zu den kleinen Fischen im Teich. Wir erobern die Welt mit unserer Musik, doch das funktioniert nur mit dir als Sänger…hast du verstanden?“ Die Worte seines Bassisten rührten den Sänger zu Tränen. Was war das bloß für ein Geheule heute. Kyo nahm das Gesicht des Schwarzhaarigen zwischen seine Hände und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Danke Tosh…es war eine der besten Entscheidungen dich bei uns aufzunehmen. Und Shin-chan…es tut mir so leid…ich liebe dich, das weißt du…wissen Die und Kao von meinem Ausraster?“ Shinya nickte. „Ich konnte sie nicht ein weiteres Mal belügen…“ „Schon gut. Bestellen wir Pizza und schauen jetzt einen Film an?“, startete Kyo einen zweiten Versuch und schon war sein Drummer am Laptop auf der Seite des Lieferdienstes. Wenig später schmiegte sich dieser an seinen Sänger und Kyo wurde ganz warm ums Herz. Was wäre er nur ohne seinen Shinya. „Kannst du Toshi und mir was versprechen?“, murmelte der Braunhaarige und natürlich hatte diese Frage kommen müssen. „Was denn?“, fragte Kyo, auch wenn er sich denken konnte, worauf das hinaus lief. „Bitte tue das nie wieder…okay?“ Er seufzte tief. „Das kann ich nicht und das weißt du…“, flüsterte er kaum hörbar. „Dann lass dir helfen, wie Toshi schon sagt.“ „Shini…ich will mich doch nicht umbringen…es ist nur…so kann ich den Schmerz für eine Weile vergessen und ich spüre mich wieder.“ „Indem du dir selbst Verletzungen zufügst? Denkst du auch nur einen Moment daran, wie das auf uns wirkt? Tooru, das ist alles andere als normal…“ „Normal war ich noch nie und werde ich nie sein. Wenn dir das nicht passt, kannst du gern gehen“, fuhr er seinen Freund an. „So war das nicht gemeint…ich hab nur eine scheiß Angst um dich. Angst, dass du irgendwann nicht zurückkommst…das würde ich nicht ertragen.“ Mit dem Handrücken wischte sich Shinya über die Augen, um seine Tränen zu verbergen. „Ach Shin-chan…das passiert nicht…“ „Wenn ich dir doch nur glauben könnte.“ Kapitel 7: Warumono ------------------- Mit dem Album „Gauze“ wichen die Jungs von Dir en Grey schon ein bisschen mehr der J-Pop Szene und mittlerweile wurden auch andere Bands auf die jungen Nachwuchsmusiker aufmerksam. So kam es dazu, dass sie von Yoshiki, dem Gründer sowie Drummer der legendären Band X-Japan, entdeckt wurden und er ihnen einen Deal anbot, einige ihrer Songs zu veröffentlichen. Die fünf Freunde wussten nicht genau, wo ihnen der Kopf stand, denn dieses Angebot schien ihnen alle Tore zu öffnen und Kyo war Feuer und Flamme und wollte am liebsten sofort mit den Aufnahmen beginnen. Doch leider zogen sich diese noch bis zum Sommer hin, da Yoshiki selbst noch an ein paar eigenen Projekten arbeitete, die er zuvor beenden wollte. Doch auch der Leader war nicht untätig und machte ein paar Konzerte klar, die mit einem Festival in Tokio endeten. Insgesamt würden es fünf Auftritte werden, für die die Jungs fast jeden Tag im Proberaum schwitzen. Eine Woche vor der Tour erhielt Kyo Nachricht von seinem unliebsamen Lover und es zerriss ihn förmlich, weil er mit sich rang, ob er der Bitte, ihn zu besuchen nachkommen sollte oder nicht. Schließlich entschied er sich dagegen, auch wenn es ihn seine ganze Kraft kostete. Dafür glänzte er in den Proben umso mehr, weil es ihm hier möglich war, seine Gefühle raus zu lassen. Er schrie sie sich förmlich aus der Seele, doch danach fühlte er sich wie eine leere Hülle. Emotionslos und kaputt. Auch die Witze seiner Kollegen und Freunde vermochten sein düsteres Gemüt nicht zu erheitern, zu sehr war der Sänger in seiner Welt gefangen. So vergingen die letzten Tage vor der Tour und Kyo sehnte sich nur noch danach, endlich auf der Bühne zu stehen und sich der Welt zu offenbaren. Kaoru wollte nach den Proben noch ein Wort mit ihm wechseln und bat ihn ins Büro. Kyo nahm auf dem freien Stuhl platz und schaute seinen Leader gelangweilt an. „Ich wollte nur sichergehen, dass bei dir alles in Ordnung ist…du wirkst so…naja, distanziert.“ Der Sänger zuckte mit den Schultern und zündete sich eine Zigarette an. „Mir geht’s gut“, antwortete Kyo knapp, denn er hatte wenig Lust sich in eins von Kaorus aufklärenden Gesprächen verwickeln zu lassen. Der Leader zog seine rechte Augenbraue hoch und musterte sein Gegenüber. Diese Leere in seinen Augen schockierte den Braunhaarigen und er würde Kyo gern helfen, wusste jedoch nicht genau wie. „Dein Blick verrät mir aber was anderes…wenn dir das mit der Tour zu viel wird, musst du es nur sagen…“ „Mir geht es gut…und wage es nicht die Tour zu canceln…bis morgen“, gab er forsch zurück und erhob sich zum Gehen. Kaoru entfuhr ein tiefes Seufzen. Allein hockte Kyo in seinem Apartment und traf die letzten Vorbereitungen für den morgigen Tag. Checkte zum gefühlt hundertstens Mal sein Bühnenoutfit, was sich vermutlich am Ende ohnehin nur noch auf die Hose beschränken würde. Mit einer Mischung aus Ekel und Freude schob er das kleine Ding aus Metall in die Seitentasche seines Koffers. Vielleicht müsste er ja gar keinen Gebrauch davon machen, doch es tat gut zu wissen, dass es da war. Ziemlich krank, dachte er bei sich und schüttelte angewidert von sich selbst den Kopf. Erschöpft und müde sank er neben seinem Gepäck nieder und vergrub das Gesicht zwischen seinen Knien. Sein Telefon klingelte. Schon wieder und endlich ging er ran. Zuvor hatte er es einfach ignoriert, weil er mit niemandem hatte reden wollte und schon gar nicht mit einer unterdrückten Nummer. Als er den Anruf schließlich doch entgegen nahm, bereute er das sofort und er wiederstand dem Drang, sein Handy einfach in die nächste Ecke zu feuern. Der Klang seiner Stimme widerte den Sänger einfach nur an. Als hätte er nicht schon genug Niederlagen einstecken müssen. „Ich…dachte…ich ruf dich an…kommst du zu Kamis…Wohnung“, bat ihn der andere Musiker und der Sänger ballte seine freie Hand zur Faust. „Warum sollte ich Juka…willst du mich noch mehr demütigen? Reicht es dir denn nicht aus, mich am Boden zu sehen? Du hast gewonnen…okay? Ich will nicht mehr kämpfen…“ Stille. Dann ein Räuspern und ein Schluchzen? Moment Mal, schluchzen? Und Jukas erstickte Stimme. Shit, irgendwas stimmte da so ganz und gar nicht. „Ich hab keine Zeit zu diskutieren…komm einfach her…bitte.“ Tutututututututut. Weg war er. „Verdammt!“, fluchte Kyo und zog sich ein Shirt über, um der Bitte des Anderen nachzukommen. Die Hitze draußen drohte ihn fast zu erdrücken und er versuchte der prallen Sonne zu entfliehen und huschte von Schattenfleck zu Schattenfleck. Die Bahn war wie üblich vollgestopft mit Menschen und Kyo zwängte sich in deren Mitte, hielt die Luft an, um den Geruch der anderen nicht einatmen zu müssen. Es widerte ihn an ja so schon an, andere Menschen riechen zu müssen. Doch besonders im Sommer war es schlimm, wenn ihnen der Schweiß triefend dem Nacken hinab rann und Flecken auf ihren verschwitzten Klamotten hinterließ. Der Sänger unterdrückte den Würgereiz und hielt erneut die Luft an. Endlich. Vier Haltestellen später stieg er aus und nahm zwei Stufen auf einmal, die in den Park führten, den er durchqueren musste und schließlich links abbog. Gerade wollte er klingeln, da legte sich eine Hand auf seine Schulter. Erschrocken fuhr Kyo herum. Juka. Mit verheulten, verquollenen und geröteten Augen blickte er den kleineren an. Ohne Worte schritten sie in die Wohnung und Kyo fragte sich noch immer, was das hier alles zu bedeuten hatte. Angst überkam ihn und er war sich nicht mehr so sicher, ob er wissen wollte, was ihm Juka zu sagen oder zu zeigen hatte. „Ich hoffe du bist stark“, flüsterte der Blonde hinter dem Sänger und öffnete die Tür, um einzutreten. Kami lag im Wohnzimmer auf dem Teppich und als hätte ihn der Drummer niemals belogen und betrogen, war der Sänger mit einem Satz bei ihm. Ein ähnliches Bild schoss in seinen Kopf. Nein. Nein, das durfte einfach nicht sein. Nicht noch einmal. Kyo zitterte am ganzen Leib. Tränen rannen seinen Wangen hinab und er beugte sich über seinen schönen Drummer. Seine Augen waren schon geschlossen und doch wollte Kyo nicht wahrhaben, was er hier sah. Sein Körper wurde von einer heftigen Gefühlswelle überrollt und haltsuchend krallten sich seine Hände an den Schultern des Toten fest. Sein Gesicht vergrub er in den langen roten Haaren, die noch immer nach seinem Drummer rochen, die kalte Haut an seiner Wange war so unwirklich und quälend langsam bohrte sich eine unsichtbare Klinge in des Sängers Brust und schnitt sein Herz heraus. „Der Notarzt sagt, es war ein Schlaganfall…deshalb vermutlich auch die Kopfschmerzen in den letzten Monaten…solche unfähigen Arschlöcher…“, fluchte Juka und kam dem Sänger näher, wollte ihn in die Arme nehmen, doch Kyo wich panisch zurück und verkroch sich in der hintersten Ecke des Sofas. Das Sofa, auf dem er und Kami zum ersten Mal Sex hatten. Er brach zusammen. Das bisschen, was noch von seiner heilen Welt übrig war, stürzte nun über ihm ein und zurück blieb nichts. Nur Leere. Die Bestatter trafen soeben ein und hievten Kamis toten Körper in den schwarzen Leichensack. Kyo nahm das Geschehen wie in einem Kinofilm wahr. Das alles war vielleicht wirklich nur ein Film und gleich würde er in seiner Wohnung aufwachen. Seine Fingernägel krallten sich kurz in seinen Arm und als er die Schmerzen spürte, wurde er eines besseren belehrt. Das Geräusch des Reisverschlusses, als der Leichensack geschlossen wurde, war viel zu laut in seinen Ohren und ließ ihm deutlich werden, dass er Kami nie wieder sah. Das war einfach zu viel. Mehr als ein einzelner Mensch ertragen konnte. Er raffte sich auf, weil er diesen Ort verlassen musste. So schnell wie möglich schlug er den Weg zu Shinya ein, denn nur sein bester Freund vermochte ihn jetzt noch zu retten. Er rannte den Weg zur Bahn und achtete kaum auf seine Umgebung. Leute pöbelten ihn, die er um ein Haar über einen Haufen gerannt hätte, doch das alles war ihm egal. Kyo klingelte Sturm und hinter der Tür hallten schnelle Schritte. Im Morgenmantel riss der Dir en Grey Drummer die Tür auf, wollte schon fluchen, wer es denn so eilig hatte und ob es nicht genügte, die Klingel einmal zu betätigen, da stockte er. „Shin-chan…darf ich rein kommen?“, krächzte sein Sänger und Shinya zögerte keine Sekunde. Er holte den guten Sake, denn vermutlich, was auch immer passiert war, brauchte Kyo jetzt was Härteres. „Was ist geschehen?“, fragte der Braunhaarige besorgt, doch sein Freund schüttelte nur den Kopf und leerte sein Glas in einem Zug, griff nach der Flasche und schenkte sich nach. Shinya nickte. „Hast du dein Zeug schon gepackt?“ Der Drummer nickte. „Ja, warum?“ „Kannst du mit zu mir kommen? Ich zahl uns auch ein Taxi…aber ich kann heut nicht allein sein…“ „Verstehe…klar. Rufst du das Taxi, ich hole mein Gepäck.“ Kyo erzählte nicht, was er gerade erlebt und gesehen hatte, dazu war er einfach noch nicht in der Lage. Es zählte nur, dass sein Shinya bei ihm war und ihn in den Armen hielt. Den Schmerz zumindest für eine Weile linderte. Irgendwann schlief er dann tatsächlich ein, jedoch nicht ohne quälende Bilder des toten Geliebten, die ihn bis in seine Träume verfolgten. Gerädert und mit einem Gefühl, als hätte er die Nacht kein Auge zu bekommen, schleppte sich Kyo unter die Dusche, trank einen Kaffee und rauchte eine Zigarette. Der noch immer besorgte Blick seines besten Freundes verfolgte ihn, doch der Sänger ignorierte diesen. Ausdruckslos schlürfte er sein Heißgetränk und brachte kein Wort über die Lippen. Seine Augen starrten in die Leere und sein Körper fühle sich tot an. Eine halbe Stunde später fuhren die beiden mit dem Taxi zum Proberaum, wo der Tourbus auf die Jungs wartete. Ohne die anderen Musiker zu begrüßen, verkroch sich Kyo sogleich im hintersten Eck des Fahrzeuges, zog die Kopfhörer auf und ließ sich von lauter Musik beschallen. Er konnte und wollte nicht reden. Und jeder, der es versuchte oder sich ihm auch nur näherte strafte er mit eiskalten, emotionslosen Blicken, sodass ihn die Jungs von sich aus mieden. Gut so. Diesen Gesichtsausdruck perfektionierte der Sänger und so schaffte er es auch, dass ihn die Crew mied. Keiner sollte je wieder einen Einblick in seine Gefühlswelt bekommen. Keiner sollte ihn je wieder derart verletzen und so wuchs die imaginäre Dornröschenhecke um den Dir en Grey Sänger von Tag zu Tag höher. Die Ranken fuhren ihre Dornen aus und so stieß Kyo seine Freunde immer mehr von sich. Nur an einem Ort ließ der Blonde seine Gefühle raus- auf der Bühne, denn hier war er für niemanden erreichbar. Hier konnte ihm keiner schaden oder ihm weh tun. Er schrie seinen Schmerz in die Welt hinaus, ließ sich von seiner eigenen Musik mitreißend und versetzt sich selbst schon fast in Ektase. Leider verging die Zeit rasend schnell und nachdem Kyo seinen Fans noch Mal die Hände geschüttelt hat, verließ er nach seinen Jungs diesen wundervollen Ort. So lief das die ersten drei Konzerte. Auf der Bühne gab er alles. Verzauberte die Menge mit seiner Stimme, die in den verschiedensten Oktaven die Halle erfüllte, doch auch bei den härteren Songs, wo er ins Growlen abdriftete, feierten ihn seine Fans und Kyo suhlte sich im Jubelgeschrei der tobenden Masse. Er verausgabte sich mehr als es ihm gut tat und die Hitze tat ihr Übriges. Völlig erschöpft zog er sich jedes Mal im Tourbus zurück und fiel sogleich in einen unruhigen Schlaf. Ihm entging natürlich nicht, dass seine Jungs über ihn redeten, doch das interessierte ihn nicht. „Shini, kannst du es nicht noch einmal versuchen? Ich habe die Befürchtung, dass er es übertreibt…bis jetzt ist er recht brav auf der Bühne, aber was nicht ist kann ja noch werden. Immerhin stehen uns noch zwei Konzerte bevor und Tooru erinnert mich an ein wandelndes Pulverfass, dass bald zu explodieren droht“, wand sich der Leader an seinen Drummer. „Kao…gib ihm Zeit, mehr können wir nicht tun…glaub mir, er wird nichts tun, was uns schaden könnte oder unserem Image.“ „Darum geht es mir auch gar nicht…ich sorge mich eher darum, dass er etwas tut, das ihm schadet.“ Shinya biss sich auf die Unterlippe und schluckte die Tränen runter. „Ich weiß…ich weiß, aber ich komme nicht an ihn ran…noch nicht…selbst mich stößt er von sich“, wisperte der Drummer und Kaoru zog ihn in eine liebevolle Umarmung, als er merkte, wie sehr sein Freund wirklich unter Kyos Laune litt. „Vielleicht rede ich die Tage mit ihm…“, gab der Drummer zurück und schaute auf die hintere Sitzbank, auf der sein liebster Freund mit angewinkelten Beinen in sich versunken kauerte. Sein Blick so starr und doch so verletzt. Shinya seufzte und schloss seine Augen ein bisschen, um neue Kraft für den bevorstehenden Auftritt zu sammeln. Ein neues Hotel. Schon fast mühevoll fuhr Kyo den Henkel seines Koffers aus und steckte sich eine Zigarette an. Tatsächlich sträubten sich alle ein bisschen mit ihrem Sänger das Zimmer zu teilen, also erbarmte sich Shinya, wie sonst auch. Doch selbst ein weiterer Versuch mit seinem Freund zu reden, scheiterte kläglich und Kyo strafte auch ihn mit giftigen Blicken. Er hielt es nicht länger aus und auf der Bühne konnte niemand etwas dagegen tun. Das kleine Metallding glitt in seine Hosentasche, bevor er sein Reich betrat und schon allein der Gedanke, dass er die Rasierklinge bei sich trug, hatte eine beruhigende Wirkung. Wie immer betrat Kyo als letzter die Bühne und die Menschen jubelten ihm zu. Shinya stimmte Gauze an und der Sänger verschmolz mit den Tönen und gab sich voll und ganz seiner Musik hin. Seine Stimme erfüllte die Halle und das Publikum tobte. Wie in Trance wiegte sein Körper zur Musik. Nach dem vierten Lied entledigte er sich tänzerisch seines weißen Hemdes. Es folgte eine kurze Pause, dann kam Mazohyst of Decadence. Die krankhafte Sehnsucht nach dem Schmerz wuchs mit jedem Klang mehr und Kyo wusste, dass er es nicht länger zurückhalten konnte. Er schrie ins Mikro und brach auf dem Boden zusammen. Auch das Lied verklang. Der letzte Song, Mushi würde ihm den Gnadenstoß verpassen, denn schon jetzt befand er sich gefährlich nah an der Grenze, doch er sang die sanften Töne. Hielt die Augen geschlossen und sah Kamis toten Körper wieder und immer wieder. Das verblassende Rot seiner Haare, die eingefallenen Wangen, das schöne Gesicht, welches im Leichensack verschwand. Das war einfach alles zu viel. Seine Stimme versagte ihm einen kurzen Moment den Dienst, weil ihm der Schmerz die Kehle zuschnürte, doch er fing sich wieder, denn schließlich war das hier ein Konzert und die Leute waren seinetwegen da. Seine Hand glitt in die Hosentasche und die Klinge wanderte in seine Handfläche. Dort ruhte sie. Bei Kaorus letztem Gitarrensolo sauste das winzige Metallblättchen fast von selbst durch die Haut seines linken Unterarms. Immer und immer wieder, sodass sich die rote Körperflüssigkeit über seinem Arm ergoss. Kyo brach erschöpft zusammen und lag auf dem Rücken. Starrte zu den Scheinwerfern empor, schloss seine Augen kurz und öffnete sie wieder. Sein Herz wummerte in seiner Brust und der Schmerz in seinem Arm hatte zu pulsieren begonnen. Die beugte sich über den Sänger und streckt ihm die Hand entgegen, die er zögerlich ergriff und dann sofort die Bühne verließ. Ziemlich benebelt torkelte der Sänger zum Backstagebereich und exte ein Flasche Wasser. Mit Sicherheit hatte sein blutender Arm eine Spur hinterlassen, doch das war ihm gleich. Genau wie der Aspekt, dass Kaoru angeordnet hatte, dass sie sich nach dem Konzert kurz hinter der Bühne versammelten, um ein paar wenige Fans in Empfang zu nehmen. Kyo wollte jetzt keine Menschenseele um sich haben. Deshalb machte er sich auf den Weg zum Hotel, welches nicht weit entfernt von der Konzerthalle lag. Er duschte und zog sich eine bequeme Hose an. Morgen das Festival. Irgendwie freute er sich darauf, doch machte es ihm auch Angst. Nur mit Hose bekleidet trat er auf den Balkon, um noch eine Zigarette zu rauchen. Er inspizierte die neuen Wunden, doch die Blutung ließ allmählich nach. Mit zittrigen Händen schob er sich den Glimmstängel zwischen die Lippen und inhalierte tief, als er die Zigarette anzündete. Diese glomm auf und er hörte das knisternde Geräusch der verbrennenden Glut. Die Wut und die Trauer in ihm drohten ihn aufzufressen und er wusste nicht wohin mit seinen Gefühlen. Gepeinigt vom seelischen Schmerz kratzte er erneut über die ohnehin schon verletzt Haut. Sofort quoll das Blut wieder heraus und bahnte sich seinen Weg. Kyo hielt sich nur noch mit Mühe auf den Beinen. Sein Körper bettelte nur so nach Erholung, doch die konnte er ihm gerade nicht geben. Er lehnte sich übers Geländer und legte den Kopf auf seine verschränkten Arme. Da hörte er, wie die Zimmertür ins Schloss fiel. Doch er drehte sich nicht um, als Shinya zu ihm auf den Balkon trat. Warum auch. Er zuckte kurz zusammen, als sich eine warme Hand auf seine Schulter legte. „Willst du wohl endlich reden? Ich dreh durch vor Sorge, verstehst du das denn nicht?“ Kyo blies den Rauch aus und wandte sich seinem Freund zu. „Dann geh doch…wenn du mich nicht erträgst…“, entgegnete er Zähneknirschend. Der Drummer schüttelte nur mit dem Kopf und biss sich auf die Unterlippe. Dann schauten sich die beiden Freunde an. Shinya versuchte die dunklen Augen seines Sängers zu ergründen und er wurde fündig. Tief am Grund traf er auf Hass, Enttäuschung und Trauer. Kyo drückte die Zigarette aus und drängte sich vorbei ins Schlafzimmer. „Warum nur Tooru?“ „Weil es eben so ist…finde dich damit ab“, schnitt er ihm in eisigem Ton das Wort ab und Shinya bekam fast ein bisschen Angst. Was nur war passiert? Behutsam griff er nach dem verletzten Arm seines Freundes und verband die erneut aufgekratzte Stelle. Doch die verbitterte Miene von Kyo verdeutlichte ihm, dass es zwecklos war mit ihm zu reden. Schließlich schmiss sich Shinya schweren Herzens auf sein Bett und schaltete den Fernseher an. Dort liefen gerade Nachrichten und es wurde darüber berichtet, dass es einen unerwarteten Todesfall in der Musikszene gab. Und zwar handelte es sich um den bekannten Drummer der Band Malice Mizer. Shinya hielt den Atem an, seine Hand schnellte vor Entsetzen auf seinen Mund und ein erstickter Laut entfuhr ihm. Jetzt wurde ihm alles klar. Mit einem Satz war er bei seinem Freund und schlang seine Arme um dessen wimmernden Körper. Kami war also tot. Die Ursache- ein Schlaganfall. Shinya schaltete die Flimmerkiste wieder ab, um Kyo nicht noch mehr zu quälen. „Es tut mir so unendlich leid…“, flüsterte er, zog den Freund mit auf sein Bett und da sich dieser nicht wehrte, schien es in Ordnung zu sein. „Shini…es tut so weh…verzeih mir…aber…ich konnte nicht…“, wisperte der Sänger plötzlich, als hätte sich ein Schalter in seinem Hirn umgelegt und der Größere tätschelte ihm behutsam den Kopf. „Schon gut…jetzt weiß ich es…was kann ich nur für dich tun?“ Kyo schüttelte mit dem Kopf und ließ seinen Tränen jetzt freien Lauf. Der Schmerz zerfraß ihn zwar noch immer, doch es tat gut Shinya hier zu haben. Seinen lieben Shinya. „Ich glaube nicht viel…ich…es fühlt sich so schrecklich an. Ich will nie wieder lieben…will der Liebe abschwören…dieses verdammte Ding in meiner Brust, ich hab das Gefühl es killt mich. Es ist wie ein Parasit, der mich von innen zerfleischt. Niemals wieder will ich eine Person lieben, weil ich das nicht ertrage.“ „Mein armer Schatz. Gilt das etwa auch für mich?“, fragte der Drummer etwas verunsichert. „Nein…dich hab ich immer lieb…das ist was anderes…doch ich wünschte mein Herz wäre aus Stein, dann würde es nicht so weh tun…ich bin so kaputt…ich hasse die Liebe…ich will damit nie mehr was zu tun haben…kannst du mir was versprechen?“, fragte er und schaute seinen Freund direkt in die Augen und dieser nickte, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. „Verlass mich nicht…niemals.“ Jetzt auch biss der Drummer auf die Unterlippe und drückte seinen Freund an sich. „Niemals…ich bin da…immer…“ Allmählich wurde der Atem des Kleineren ruhiger und Shinya stellte fest, dass sein liebster Freund eingeschlafen war. Auch ihm fielen die Augen zu und etwas beruhigter als die Tage zuvor sank er in einen Dämmerschlaf. Kyo lag noch immer schlafend neben dem Drummer. Deshalb stahl sich dieser so leise aus dem Bett wie möglich, um etwas zum Frühstück zu beschaffen. Er schrieb eine kurze Notiz auf einen Zettel und legte diesen neben den Schlafenden. Tee. Grüner Tee, der ihn munter machte. Shinya hielt Ausschau nach dem Rest der Band, fand sie auch schnell und gesellte sich zu dem Grüppchen. Seine Jungs wünschten ihm einen guten Morgen. Er lud sich Obst auf und zwei Brötchen, sowie Käse und Marmelade. Toshi strich über seinen Arm. „Shin-chan…weißt du was?“ Er schluckte und nickte. „Es gibt gute und schlechte Neuigkeiten…die Gute ist, ich weiß, was mit Tooru los ist…die Schlechte ist…naja, habt ihr in den letzten Tagen Nachrichten geschaut?“, druckste er rum. Die Jungs verneinten diese Frage. Deshalb schob Shinya ihnen den kurzen Bericht aus der Zeitung unter die Nase. Kao stöhnte verächtlich und den anderen beiden entfuhr ein gequälter Laut. „Scheiße…das erklärt dann wohl so einiges…heute das Festival…meinst du er packt das?“ Shinya zuckte mit den Schultern. „Ich befürchte, der Auftritt heute endet in einem Blutbad…aber was sollen wir dagegen tun?“ „Keine Ahnung…uns bleibt nicht viel übrig…ach verdammt!“, fluchte der Leader. „Mit ihm reden bringt vermutlich auch nicht viel“, überlegte Die und tätschelte mehr oder minder bewusst Toshiyas Hand, der sich der Berührung blitzschnell entzog. Da räusperte sich der Bassist und machte eine kaum sichtbare Kopfbewegung in Richtung Eingang. Kyo näherte sich seiner Truppe und schlürfte seinen Tee. Immerhin begrüßte er die Jungs, wenn auch nur mit einem brummigen „Morgen“. „Tooru-chan…bitte lass den Mist…ich hab keine Lust den Notarzt bei dem nächsten Auftritt zu holen“, entfuhr es dem quirligen Gitarristen und Kao strafte diesen mit einem warnenden Blick. Auch Kyo funkelte den Rotschopf an und trank einen Schluck. „Ich hör erst auf, wenn du mal wieder richtig isst…oder glaubst du mir fällt das nicht auf Die…so hat wohl jeder von uns seine Probleme“, konterte der Sänger und jetzt war es Daisuke, dem die Worte fehlten. „Das…das ist was anderes…“, stammelte er. „Klar…sorry, dass ich mich überhaupt bequemt hab euch mit meiner Anwesenheit zu strafen.“ „Jungs…muss das jetzt sein?“, versuchte der Leader die beiden zu beruhigen. „Und du…“, wand dich Kyo jetzt an seinen Leader. „…solltest dich vielleicht nicht auf Mitglieder deiner Band fokussieren, für die es eh keine Hoffnung mehr gibt…kümmere dich besser Mal um unseren Rotschopf!“ Mit diesen Worten erhob sich der Sänger wieder und verließ die Runde, um eine Zigarette zu rauchen. Eine halbe Stunde später befanden sich die Jungs auf der Fahrt nach Tokio. Kyo hatte sich wieder verkrochen und mied seine Band. Doch alle sorgten sich nur noch mehr um ihren Sänger und sie bangten ein wenig um das bevorstehende Konzert. Noch ein heißer Tag Anfang Juli. Kyo lief jetzt schon der Schweiß, was sollte das erst auf der Bühne werden. Doch heute fühlte er sich besser. Irgendwie befreiter. Lag das an seinem Gespräch mit Shinya? Sein Arm brannte noch immer vom Vortag, doch so wusste er, dass er noch etwas spürte. Dass er irgendwie am Leben war und gefangen in seiner eigenen Hölle. Die Tracklist war genauso wie am Tag zuvor mit einer Neuheit. Als Zugabe wollten sie ein neues Lied spielen- the Final. Und er hatte sich heute den Jungs zuliebe zurückgenommen, weil er sie nicht enttäuschen wollte, doch in mitten des Konzertes überkam es ihn dann doch wieder. Kyos Stimme kam an ihre Grenzen und die Rasierklinge tat auch heute ihre Dienste, schnitt unterhalb der Rippen durch die leicht sonnengebräunte Haut. Wenige Sekunden später drang auch aus dieser Wunde das Blut und Kyo fing es mit den Fingern auf und verschmiertes es in seinem Gesicht. Leid und Schmerz krochen heraus, drangen an die Oberfläche und wieder kreisten Kyos Gedanken um Kami. Und wieder verließ er die Bühne fluchtartig, nachdem der letzte Song verklungen war. Der Sänger stolperte über das Festivalgelände, holte sich ein Bier und mischte sich unters Volk. Dummerweise hatte er nicht darauf geachtet, wer als nächstes spielte, doch als der Mann mit den platinblonden Haaren und dem schrillen Outfit die Bühne betrat, brach Kyos Welt erneut in sich zusammen. Juka. Wie er diesen Menschen hasste. Kami hasste er auch, weil er ihn betrogen hatte und nicht ihn sondern Juka gewählt hatte. Liebe. Warum mussten Menschen überhaupt lieben? Zur selben Zeit am Tourbus von Dir en Grey: Toshiya und Die waren auch etwas erschöpft. So sehr sie das Bühnenleben liebten, zehrten die Kräfte an ihnen und Kyo machte das mit seinen blutigen Shows nicht einfacher. Der Sänger wusste, dass es der Rothaarige nur schwer ertragen konnte Blut zu sehen und dennoch nahm er darauf keine Rücksicht. Doch konnte er das überhaupt? In Gedanken versunken rauchte er eine Zigarette und trank von seinem Bier. Vielleicht sollte er Mal etwas essen? Aber er verspürte kein Hungergefühl. Der Bassist riss ihn aus seiner Gedankenwelt. „Die…stimmt es, was Kyo heute früh sagte?...Dass du nichts isst?“ Noch immer etwas in Gedanken starrte er in das sorgenvolle Gesicht Toshiyas. „Ich kann nun Mal nicht so viel essen und schon gar nicht vor Auftritten. Und ja, ich hatte früher eine leichte Essstörung und? Wen juckt’s? Dir kann’s doch egal sein“, fuhr er den Bassisten eher ungewollt an, doch auch seinen Frust wollte er nicht länger verbergen. „Natürlich interessiert es mich wie es dir geht Die…“ Der Rotschopf lächelte traurig und zuckte mit den Schultern. „Mhh…aber nicht so, wie ich es mir wünschen würde.“ „Ähm…wie meinst du das denn jetzt?“, fragte Toshiya vorsichtig. „Ich steh auf dich Tosh und das schon ne ganze Weile, aber egal…ich komm damit klar, dass du kein Interesse hast.“ Dem Schwarzhaarigen fiel die Kinnlade runter und er war unfähig etwas zu erwidern. „Außerdem hast du ja mehr als einmal erwähnt, dass du ausschließlich an Frauen interessiert bist…also…alles cool.“ „Mo-moment…du…ich meine, du bist schwul?“ Ein bisschen amüsiert grinste Daisuke. „Naja eher bi…aber kann es auch verstehen, wenn du nicht willst…dachte nur, dass du das wissen solltest.“ Toshiya stand da, wie vom Donner gerührt und wusste nicht, wo ihm der Kopf stand oder was er von dem Geständnis halten sollte. Deshalb drehte er sich auf dem Absatz um und lief weg, einfach der Nase nach. Das traf den Gitarristen dann doch schon ziemlich heftig und deshalb schenkte er sich noch einen Drink ein. Hoffnungsvoll schaute er auf, als er Schritte näher kommen hörte, denn vielleicht hatte es sich Toshi ja doch anders überlegt. Allerdings musste er dann doch wohl mit seinem Sänger vorlieb nehmen. Kyo sah ziemlich fertig aus. Das Blut in seinem Gesicht war verschwunden, doch sein Arm wies noch immer Spuren seiner letzten Verletzung auf. Ohne etwas zu sagen griff er nach dem Sake und trank aus der Flasche. In Gedanken kaute er auf seinem Lippenpiercing herum und Die beschloss mit seinem Sänger zu reden. Diesen Entschluss hatte er wohl auch ein bisschen seinem berauschten Zustand zuzuschreiben. Er zündete sich eine Zigarette an und bot auch dem Blonden eine an, die er dankend annahm. „Na mein kleiner Warumono…was verschlägt dich hier her? Willst du dich nicht unters feierwütige Volk mischen?“ Kyo schüttelt kurz seinen Kopf, als müsse er seine Gedanken erst ordnen, dann warf er seinem Gitarristen einen verächtlichen Blick zu. „Hatte eh vor nach der Kippe pennen zu gehen…also lass dich von mir nicht stören.“ Und schon plagte den Rothaarigen das schlechte Gewissen. „So war das doch gar nicht gemeint…du kannst mir gern noch etwas Gesellschaft leisten…ein bisschen fehlst du mir sogar“, gab er zu und hatte er da etwa gerade Kyos Mundwinkel zucken sehen? „Damit ich dich mit meiner miesen Laune noch mehr runter ziehe? Super Idee.“ „Jetzt komm schon…du tust ja fast so, als wärst du der Teufel in Person…ich bin ziemlich betrunken, deshalb sag ich dir das jetzt…wir haben dich alle sehr gern und du kannst uns noch so böse angucken, das wird sich nie ändern.“ Der Sänger ignorierte dieses wärmer werdende Gefühl in seiner Brust und trank stattdessen noch einen Schluck. Plötzlich tauchte hinter ihnen ein völlig aufgelöster Shinya auf und als er Kyo erblickte, schlang er seine Arme von hinten um ihn. Wenige Minuten später trudelten auch Toshiya und Kaoru ein. „Nanu? Was denn hier für eine Grabestimmung?“ Er konnte ja nicht ahnen, dass sich seine Jungs gerade nicht so ganz grün waren. Doch da erhob sich der blonde Sänger auf einmal, ging auf seinen Leader zu und zog diesen in eine Umarmung. Kao staunte nicht schlecht und wusste nicht so ganz, wie ihm geschah. So nah war seinem Freund schon lange nicht mehr gewesen. „Kao…ich…ich wollte einfach Mal danke sagen…danke, dass du alles immer so perfekt organisierst, dich um alles kümmerst und an uns glaubst…“ Er ließ den Leader los und wand sich nun auch an die anderen Jungs seiner Band. „Das gilt für euch alle…ich weiß, ich bin gerade alles andere als einfach und doch haltet ihr zu mir…irgendwie…sicher hat euch Shini schon erzählt, dass Kami…“. Mitten im Satz brach Kyos Stimme und so sehr er die Tränen hatte zurückhalten wollen, konnte er das nicht. Alle vier Diru Members sammelten sich um ihren Sänger und umarmten ihn. Das rührte den Blonden zutiefst und diesen einen Moment ließ er seine Freunde durch die Dornenhecke dringen. „Wir haben dich sehr lieb kleiner Warumono und das wird immer so bleiben“, flüsterte Daisuke und zog den Kleineren auf seinen Schoß. Kyo ließ es zu und sank in die Arme des Rotschopfes, der ihm schon wieder die Sakeflasche reichte. „Ich hab euch auch lieb, aber das wisst ihr ja…nur gerade kann ich an meinen Launen nicht viel machen…es ist wie es ist…es tut gut euch zu haben…Dai Dai…ich geh jetzt schlafen…und Tosh…sag dem verrückten Rotschopf endlich Mal, dass du voll auf ihn stehst. Sonst schmeiß ich euch aus der Band…denn euer Gehabe geht mir tierisch auf die Nerven.“ Die Gesichtsfarbe des Bassisten nahm ein tiefes tomatiges Rot an und am liebsten würde er im Boden versinken. Im Gehen griff der Sänger noch nach der Hand seines Drummers und dieser Verstand die Geste und folgte ihm. Ohne Widerrede zog der Kleinere sein Shirt über den Kopf und ließ sich verarzten. Ein zischender Laut entfuhr ihm, als Shinya seine Wunde reinigte. Der Verband linderte die Schmerzen. Kyo putzte zu erst seine Zähne in dem engen Bad, schlüpfte dann in seine Schlafkoje und wartete auf seinen Freund. „Shin-chan…schläfst du bei mir?“, flüsterte er kaum hörbar und der Drummer konnte seinem liebsten Freund diesen Wunsch kaum abschlagen. „Natürlich…“ Der Kopf des Sängers sank gegen die Brust seines Drummers und dessen ruhiger Atem ließ auch den Blonden etwas runterfahren. „Tooru…ich verspreche dir, dass es auch wieder besser wird…und wenn ich mich selbst dafür verbiegen muss, um dich wieder Lächeln zu sehen.“ Und tatsächlich, allein für diese Worte hätte Kyo fast gelächelt, aber eben nur fast. Er drückte seinem Freund einen Kuss auf die Wange. „Wie gern würde ich dir glauben…jetzt sollten wir schlafen…Gute Nacht.“ „Schlaf gut“, antwortete Shinya und war mehr als froh, dass er jetzt hier bei seinem Feund sein konnte und nirgendwo anders. Kapitel 8: Dunkelheit --------------------- Seit den Aufnahmen mit Yoshiki waren jetzt etwa zwei Wochen ins Land gezogen und im Leben des Diru Sängers kehrte langsam wieder der Alltag ein. Naja oder wie man das Leben neben der Band eben nennen konnte. Doch genau das war es, wovor sich Kyo gefürchtet hatte. Denn Alltag bedeutete keine Musik, zumindest nicht mit Bühnenperformance. Keine Musik bedeutete keine Ablenkung und keine Ablenkung führte nur wieder dazu, dass er in seine düstere Seelenwelt abdriftete und dieses Monster, welches ihn ab und an zu verschlingen drohte, seine Arme nach ihm ausstreckte. Es schnürte ihm die Luft ab und zog ihn an einer unsichtbaren Kette am Hals immer mehr in den Abgrund. Mit leeren Augen an die Zimmerdecke starrend, lag Kyo auf dem Rücken seines Wohnzimmerteppichs und spürte wie sein Herz von dieser unsichtbaren Klaue umklammert wurde. Immer wieder und wieder und gerade fehlte ihm die Kraft dagegen anzukämpfen. Tränen rannen seinen Wangen herab und er wusste nicht wohin mit seinen Gefühlen, die ihn Mal wieder wie eine Lawine überrollten. Zwei geliebte Menschen hatte er in den letzten Jahren verloren und allmählich begann er sich Vorwürfe zu machen, zumindest was den Tod seiner geliebten Mama betraf. Wäre er öfter zu Hause gewesen, hätte er das alles vielleicht verhindern können. Vielleicht hätte sie ihm helfen können, das Verhältnis zu seinem Vater zu verbessern, doch jetzt war alles zu spät. Sie war tot und er verloren. Die Schuldgefühle zerfraßen ihn. Nun lebte er immer mehr in einer Welt, in die er anderen keinen Zutritt gewährte, obwohl er es manchmal gern gewollt hätte. Aber dieses Monster in ihm ließ das nicht zu, es wollte ihn für sich allein haben, ihn foltern und zerstören. Sein geschundener Körper krampfte sich zusammen und Kyo schluchzte, schlang seine Arme um die angewinkelten Beine, um so dem Drang zu widerstehen, sich selbst weh zu tun. Als es klingelte, fuhr der Sänger erschrocken zusammen. Er erwartete keinen Besuch, deshalb blieb er liegen. Doch es klingelte ein weiteres Mal. Schwermütig zog er sich an der Sofalehne hoch und wankte zur Tür. Da es ein älteres Haus war, gab es keine Freisprechanlage und so musste er an der offenen Tür warten, wer denn der ungebetene Gast war. Im Treppenhaus leuchtete auf einmal ein schwarzer Haarschopf auf und Kyo seufzte. Recht gut gelaunt hüpfte der Bassist die Treppen hinauf. Dabei nahm er immer zwei Stufen auf einmal. Zur Begrüßung zog er den Kleineren in eine sanfte Umarmung, der Kyo nur wiederwillig zustimmte und einen brummenden Laut von sich gab. „Hey…ich dachte ich schau Mal, was du so treibst…“, gab Toshiya von sich, doch sein Sänger warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Mir ist gerade nicht nach Gesellschaft.“ Doch als hätte ihn der Freund nicht gehört, fläzte er sich auf die Couch und legte die Füße auf den Tisch. „Hast du was zum Trinken da?“ „Tequila…“, gab Kyo kurz und knapp zur Antwort. Toshi grinste seinen Sänger an und bediente sich sogleich an der Vitrine mit den Gläsern. „Geht’s dir gut Tooru-chan?“, fragte der Freund dann und Kyo biss sich heftig auf die Unterlippe, schenkte sich nach und zündete sich eine Zigarette an. „Was interessiert es dich Tosh…ich mein es gerade ernst, dass ich meine Ruhe will…außerdem solltest du dich endlich Mal um dein Die- Problem kümmern. Der heult mir nämlich auch die ganze Zeit die Ohren voll…ich hab gerade echt keinen Nerv mich mit eurem Scheiß zu beschäftigen…“ Der Bassist warf seinem Sänger einen nachdenklichen Blick zu. „Ich weiß nur nicht wie…seit der Tour geht er mir aus dem Weg und antwortet nicht auf meine Nachrichten…ich bin verzweifelt…“ „Dann geh zu ihm verdammt und nerv mich nicht!“, fuhr ihn der Blonde jetzt recht herrisch an und Toshiya wusste, weshalb er wirklich hier war. Shinya kannte den kleinen Griesgram wirklich besser als jeder andere, denn er hatte heute Morgen mit ihm telefoniert und meinte, dass er schon seit Tagen nichts mehr von Kyo gehört hatte und sich deshalb sorgte. Jedoch war es ihm heute nicht möglich selbst nach dem Sänger zu schauen. Die letzten Monate hatten Toshiya sehr mitgenommen. Einerseits wegen der unausgesprochenen Sache zwischen Die und ihm und dann noch Kyo. Er wollte seine Band nicht verlieren, denn mit anderen Menschen wollte er nicht zusammen spielen. Das wäre nicht mehr Dir en Grey, sondern eine billige Kopie. „Aber ich habe das Gefühl, du brauchst gerade eher Gesellschaft, auch wenn du das nicht hören willst…“ „Ohne scheiß, wollt ihr jetzt im Wechsel Babysitter für mich spielen? Kümmere dich um dich Toshi und lass mich einfach allein.“ Mit ernstem Blick sah der Freund seinen Sänger an. „Ich meine es ernst! Du bist uns allen wichtig Kyo…also leb damit…“ Der Blonde setzte die Flasche an, um die Wut, den Frust und diese unendliche Leere in sich wegzuspülen. Natürlich hatte Toshi Recht, doch Kyo war nicht gut darin anderen Recht zu geben. In ihm breitete sich wieder diese Dunkelheit aus, gegen die er kaum mehr ankam und auch seine Freunde waren immer weniger imstande ihm aus diesem Loch zu helfen. Nur die Musik vermochte ihm da noch eine Nische zu bieten oder eben die Betäubung durch Schmerz und gerade sehnte sich sein Körper so sehr danach. Lechzte schon fast nach der süßen Selbstverletzung. Wie hypnotisiert erhob sich Kyo, steuerte auf die Küche zu und öffnete mit zittrigen Händen die Schublade, in der auch das Taschenmesser lag. Toshi war nicht blöd und verfolgte ihn mit seinem Blick, doch Kyo stand mit dem Rücken zu seinem Bassisten. Gut so. Der Sänger betrachtete seine Unterarme, die schon von so vielen Narben gezeichnet waren und schon allein der Gedanke, sich neue Schnitte zuzufügen, erfüllte ihn mit einem berauschenden Gefühl. Er spürte Toshis Blick im Rücken, doch er wagte es nicht, den Freund anzuschauen, während er sich verletzte. Kyo schloss die Augen kurz, als die Klinge durch seine Haut schnitt. Er wusste, wie tief er schneiden durfte, ohne sich lebensbedrohlich zu verletzen. Doch dieses Mal brauchte er mehr. Mehr von dem betörenden Schmerz, nach dem er schon fast süchtig war. Als das Blut seinem Arm und die Hand benetzte, fiel ihm das Messer aus der Hand und landete klirrend auf dem Boden. Auch Kyo sank in sich zusammen, vergrub sein Gesicht zwischen den Knien und schluchzte. Ihm war gerade völlig egal, ob Toshiya ihn sah oder nicht. Heulend kippte er zur Seite und krallte sich in die neue Verletzung, um dem Schmerz Nachdruck zu verleihen. Mit einem Satz war der Freund neben ihm und fluchte leise vor sich hin, doch Kyo stieß ihn von sich. „Geh! Lass mich in Ruhe! Ich ertrage gerade keine Menschen!“, fuhr er seinen Bassisten an. „Damit du dich umbringst? Tooru-chan…das ist nicht normal und das weißt du…bitte lass dir helfen!“ „Ich will aber keine Hilfe, warum kapiert das keiner! Außerdem hab ich nicht vor mich umzubringen…doch das versteht niemand! Keiner von euch wird mich jemals verstehen…also lasst mich doch endlich in Ruhe und kümmert euch um euren eigenen Scheiß Toshiya! Ich komm allein klar und jetzt hau ab…verpiss dich einfach…“ Kyos Stimme wurde mit jedem Wort lauter und Toshi bekam es langsam mit der Angst zu tun. Zwar waren ihm die emotionalen Ausbrüche seines Sängers bekannt, doch so hatte er ihn noch nie erlebt. Er rang mit sich den Kleineren jetzt allein zu lassen oder nicht? Doch plötzlich sprang dieser auf, schnappte sich den Schlüssel, schlüpfte in seine Schuhe und verschwand, denn er meinte es durchaus ernst, dass er jetzt keine Menschen um sich haben wollte. Seinen blutenden Arm ignorierte er und rannte, ohne wirklich darauf zu achten wohin. Da es noch hell war musste er aufpassen, dass er nicht mit irgendwelchen Passanten zusammenstieß. Doch seine Füße trugen ihn, bis sie auf einmal anhielten. Kyo blickte auf und erkannte das Friedhofstor. Sein Herz krampfte sich zusammen. War das sein innigster Wunsch? Hier zu sein, bei ihm? Langsam und mit schmerzenden Herzen, sodass er sich kurz an die Brust fasste, schritt er in Richtung des Grabes. Davor brach er wieder zusammen und trotz der wärmenden Sonne kroch die Kälte in ihm auf. Behutsam und mit noch immer zittriger Hand strich er über den marmorierten Grabstein des Geliebten. „Kami…warum nur?...was hast du mit mir gemacht? Welches Monster hast in mein Herz gepflanzt? Ich ertrage es nicht mehr…wäre manchmal so gern bei dir, auch wenn du mich nicht geliebt hast…allein der Gedanke, dass ich dich lieben durfte, hielt mich am Leben…doch jetzt? Was soll ich mit mir anfangen?...du brachtest mir bei, mich zu hassen…meinen Körper zu verabscheuen…und doch hast du mich begehrt…doch jetzt tut das niemand mehr…es schmerzt so…tut so weh…“, schluchzte Kyo und vergrub sein Gesicht wieder in seinen Handflächen. Dann fiel sein Blick wieder auf die Wunde am Arm. Die Blutung hatte gestoppt und auf einmal wusste, was er zu tun hatte. Noch immer etwas benommen, doch ruhiger erhob er sich und machte sich auf den Weg nach Hause. Sein Freund hockte noch immer auf dem Sofa und schien auf ihn gewartet zu haben. Schon sprang er auf und wollte zu ihm eilen, doch da hielt ihn der Sänger mit einem bösen Blick davon ab. Schließlich verschwand er im Bad, duschte, verarztete seinen Arm und schminkte sich. Sein Make-up fiel sehr sehr düster aus, wie auch die Wahl seiner Klamotten. Er zog seine schwarze Lieblingshose an, die schon an mehreren Stellen etwas durchlöchert war und eines seiner Tanktops darüber. Dann trank er noch etwas von dem Tequila und verstaute die Flasche schließlich in seinem kleinen Rucksack. „Also geh jetzt noch Mal wohin…wenn du nichts Besseres zu tun hast bleib hier oder kümmere dich um Die…“ Mit diesen Worten fiel die Tür ins Schloss. Kyo kannte da in der Nähe einen kleinen Club, wo auch gern Mal heiße Homo-Typen rumhingen und das brauchte er jetzt. Schrille Punkmusik schlug ihm entgegen als er die Tür öffnete und den rotbeläuchteten Raum betrat. In dem dämmrigen Licht fühlte er sich unter den anderen zwielichtigen Gestalten irgendwie wohl. Er hockte sich an die Bar auf einen der Holzhocker und bestellte einen Schnaps, den er sogleich exte. Die Theke klebte, wahrscheinlich hatte hier schon lange keiner mehr geputzt. Überall, an den Wänden und Türen klebten Poster oder Aufkleber von Bands. Kyo wollte nicht wissen, wie dieser Schuppen hier bei normalem Licht aussah. Keine zwei Minuten später schob ihm jemand einen weiteren Drink zu. Kyo drehte seinen Kopf nach links und schaute in die Vampiraugen eines anderen Mannes. Dieser trug Kontaktlinsen und grinste ihn an. Der Sänger nickte ihm leicht zu und trank, um sofort einen weiteren zu bestellen. Der Typ neben ihm grinste noch immer und Kyo sprangen seine tätowierten Arme förmlich ins Auge. Ob er wohl noch an anderen Stellen seines Körpers geschmückt war? „Da hat es aber jemand nötig…“, scherzte der Vamp und rückte noch ein Stück zu ihm heran. Kyo warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Was geht’s dich an…und statt dumm zu gucken, könntest du auch mittrinken…“ „Ich hab ne bessere Idee“, erwiderte der Fremde, griff seine Hand und zog ihn durch einen Vorgang klirrender Perlen. Dann durch eine ramponierte Tür, die ebenfalls voller Aufkleber von irgendwelchen Bands besetzt war, in ein weiteres Zimmer, welches auch in rotes Licht getaucht war und mit dem kleinen Sofa, dem Tisch mitten im Raum und dem Kühlschrank recht gemütlich wirkte. Triumphierend zog Kyo den Tequila aus seinem Rucksack und setzte die Flasche an. „Mh, nicht übel…und was jetzt?“, fragte er den schönen Fremden leicht provokant, im Wissen, dass er schon mehr getrunken hatte, als ihm gut tat. „Du warst noch nicht oft hier oder?“ Der Blonde schüttelte mit dem Kopf und trank noch einen Schluck. Dann fingerte er seine Kippen aus der Hosentasche und schob sich eine zwischen die Lippen. Die Augen seines hübschen Fremden blitzten kurz auf und plötzlich war er ihm wieder sehr nahe. Doch dieses Mal störte es ihn gar nicht so sehr, was er wohl auch seinem Rausch zuzuschreiben hatte. Seine gepiercten Lippen machten Kyo ziemlich an und absichtlich ließ er seine Zunge über die eigenen Lippen gleiten, um seine Reaktion zu sehen. Er grinste. Und dann endlich umfassten seine Hände Kyos Hüften und er drückte den Kleineren auf’s Sofa. Seine Lippen suchten gierig nach denen des Sängers und dieser spürte auch sogleich sein Zungenpiercing. Heilige Scheiße. Kyos Hände glitten unter sein Shirt und zunächst ertastete er nur seine weiche Haut, doch dann spürte er noch etwas anderes. Kleine Narben. Zuerst dachte Kyo, es wäre nur eine oder zwei, aber es waren mehrere nebeneinander. Ist er wie ich? Dachte Kyo bei sich und stieß ihn ein bisschen weg, um sich dann auf seinen Schoß zu setzen. „Ich will dich sehen“, raunte der Sänger. Doch plötzlich drohte die Stimmung des anderen zu kippen, das konnte Kyo nicht zulassen. „Warum willst du mich sehen? An mir ist nichts Sehenswertes…“ Trotzdem zog er ihm sein Shirt über den Kopf und verschloss seinen Mund mit einem Kuss, bevor er etwas dagegen sagen konnte. Kyo betrachtete seinen geschundenen Körper und das gab ihm irgendwie Kraft, weil er merkte, dass er damit nicht alleine war. Deshalb löste er den Verband am Arm, damit auch er sah, dass sie gleich waren. Gleich kaputt. Ein trauriges Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Du bist ziemlich heiß…und außerdem hast du mich doch angeflirtet…jetzt mach was draus…“, raunte Kyo ihm zu und sein Lächeln wurde breiter. Auch er zog ihm das Shirt über den Kopf, saugte an seinen Nippeln und warf ihm dann einen seltsamen Blick zu. „Darf ich was ausprobieren?“ Kyo nickte nur und auf einmal wurde sein Körper von einer Leidenschaft gepackt, die er so nicht kannte. Der Schwarzhaarige trug einen Vollfingerring mit einer Spitze, diese setzte er an Kyos Brust an und zog sie quer über den Oberkörper des Sängers. Ein leichter roter Kratzer blieb zurück. Sein Herz wummerte in seiner Brust und sein krankhaftes Hirn schrie nach mehr. Deshalb umschloss er die Hand des Anderen und kratzte über die ohnehin schon geschundene Haut oberhalb der Rippen. Kyo schloss die Augen und brachte die Stelle selbst zum Bluten. Die Zunge des Fremden fing die rote Flüssigkeit ein und er leckte über die Verletzung. Kyos Körper durchzuckte ein süßer Schmerz und er stöhnte auf. Er wollte mehr davon und kratzte erneut über seine Brust. Wieder fing der Andere die Tropfen ein und der Sänger bebte vor Verlangen, stieg von ihm und drückte ihn auf das Sofa. Machte sich an seiner Hose zu schaffen und zog sie ihm ein Stück runter. Auch an dem Anderen war ihr Vorspiel besonderer Art nicht regungslos vorbeigegangen, denn sein Glied präsentierte sich in voller Größe vor ihm. Kyo befeuchtete seine Finger mit Spucke, weil er gerade kein Gleitgel zur Hand hatte und bereitete ihn vor, was er sichtlich zu genießen schien. Doch da der Sänger selbst zu erregt war, hielt er es das nicht länger aus. „Ich will dich…“, wisperte Kyo und er nickte grinsend. „Dann nimm mich…“ Kyo holte das Kondom aus seiner Tasche und rollte es über seine eigene Erektion. Da er kein Freund von süßem Kuschelsex war, drang er in ihn ein und sein One-Night-Stand drückte sich ihm entgegen. Mit jedem Stoß ging sein Atem flacher und das lustvolle Stöhnen seines schönen Fremden turnte ihn nur noch mehr an. Seine Hände umfasste Kyos Hüfte und er führte ihn, was ihm viel zu schnell zum Höhepunkt brachte und auch der Schwarzhaarige folgte wenige Sekunden später. Mit runtergelassener Hose schlurfte dieser in Richtung Tisch, wo die Küchenrolle stand, womit er die Spuren seines Ergusses entfernte. Auch Kyo rollte das Kondom ab und warf es in den Müll, zog sich wieder an und zündete sich eine Zigarette an. Der pochende Schmerz durch die Kratzer auf seiner Brust entlockte ihm ein Grinsen. „Sag Mal, wie heißt du eigentlich?“, fragte ihn der hübsche Fremde dann. „Kommt drauf an, ob es sich lohnt, dir das zu verraten“, gab Kyo charmant von sich, um ihn ein bisschen zu ärgern. „Wenn wir sowas öfter tun, vielleicht? Ich bin Tzuzuki.“ Nun er wusste nicht, ob er es gut oder schlecht fand, dass seine neue Affäre einen Namen hatte. Der Sänger war sich nicht Mal sicher, ob er ihn wiedersehen wollte. Doch irgendwas faszinierte ihn an dem Anderen. „Kyo“, stellte er sich vor. Sie tranken noch ein bisschen und der Alkohol vernebelte ihm vollends die Sinne. Irgendwann wankte er dann nach Hause. Wusste nicht genau, wie viel Uhr es war und hatte erhebliche Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er an seiner Wohnung an und schaffte es irgendwie in seinem betrunkenen Zustand das Schlüsselloch zu treffen. Er stolperte die Treppe hoch und fing sich gerade so in letzter Sekunde am Geländer ab, sonst hätte es ihn richtig fies hingehauen. Kyo schaffte es gerade noch seine Schuhe von den Füßen zu kicken und sich zum Sofa zu schleppen. Dort fiel er in die weichen Kissen und pennte sofort weg. Mit einem brummenden Schädel, einem widerlichen Geschmack im Mund und noch komplett angezogen erwachte er. Fluchend zog er die Vorhänge zu und schälte sich aus seinen Klamotten, zündete sich eine Zigarette an und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Tzuzuki. Der Sänger schaute an sich herab und wie sagt man so schön? Nach jedem Hoch kommt ein Tief und dieses traf ihn Mal wieder mit voller Wucht. Heulend brach Kyo zusammen und verfluchte sich und sein Leben. Er wollte nicht mehr existieren, denn das brachte nur Trauer und Schmerz mit sich. Quälende Schmerzen und dennoch wünschte er sich jetzt irgendjemanden, der ihm Halt gab. Doch wie sollte er seinen Zustand erklären? Er war sich sicher, dass nicht einmal sein bester Freund ihn verstehen würde. Auch Toshi hatte ihn nach der Aktion gestern verlassen und sicher würde er seinen Mund nicht halten. Aber warum war dann niemand hier? Warum hatte der Bassist ihn verlassen? Sonst führte er sich doch auch nicht so zimperlich auf. Doch überleg Mal, was du gestern getan hast! Flüsterte diese dunkle Stimme in Kyos Kopf. Er hatte seinen Freund, der ihm vielleicht hätte helfen können, weg geschickt und wer weiß, ob sein Bassist sich je wieder blicken lassen würde. Eine erneute Heulattacke überkam den Sänger und er ließ die Dunkelheit zu. Schwebte hinüber, weil es zwecklos erschien, sich dagegen zu wehren. Kurz dämmerte er in einen leichten Schlaf, doch dann schreckte er auf, weil die Glut seiner Zigarette schon fast bis zu seinen Fingern hinunter gebrannt war und diese ansengte. Fluchend drückte Kyo den Glimmstängel aus und kochte sich einen Kaffee. An Essen war jetzt ohnehin nicht zu denken. Er zappte durch das Fernsehprogramm, doch es lief nur Mist. Schon war er fast dabei die Flimmerkiste wieder auszuschalten, da blieb sein Blick auf einmal am Bildschirm kleben. Der Musiksender berichtete über eine Band und deren Karriere. Am liebsten hätte Kyo ausgeschaltet, da er die Fernbedienung noch immer in der Hand hielt, aber er konnte nicht. „Vor allem trug der Drummer Kami zum raschen Aufstieg und Erfolg der Band bei. Durch seine einzigartigen Schlagzeugsolos verzauberte er seine Fans und natürlich stach er auch durch seine langen roten Haare heraus. Leider verstarb der junge Musiker letztes Jahr und wird von vielen Fans und Freunden betrauert…“, sprach der Reporter, doch endlich gehorchten ihm seine Glieder wieder und Kyo schmiss die Fernbedienung in Richtung des Bildschirmes und starrte ins Leere. Sein Kopf fühlte sich seltsam leicht an, aber leer. Sogar sein Herz hatte aufgehört zu schmerzen. Sein Handy piepte und Kaoru bestellte alle in den Proberaum. In einer Stunde. Na super. Kyo sprang unter die Dusche, doch versuchte er die Spuren der letzten Nacht in seinem müden Gesicht gar nicht erst zu überschminken. Dann mussten die andere diesen Anblick, wie fertig er aussah, eben ertragen. Als ob sie das nicht schon wüssten. Dennoch versteckte der Sänger seine Verletzungen unter einem weißen Shirt und der Jeansjacke. Er erreichte als letzter den Proberaum und erst jetzt fiel ihm auf, dass er sich seit zwei Tagen ausschließlich von Alkohol und Zigaretten ernährte. Deshalb holte er sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, doch das Rauchen ließ er nicht sein. Kyo wich dem Blick seines Bassisten aus und zog die Sonnenbrille ab. „Yoshiki hat mir die CD’s geschickt und meinte, er ist sehr zufrieden mit uns. Dennoch sollten wir uns gerade jetzt nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Ich bin dafür, dass wir mindestens zwei Mal die Woche proben und…Tooru…hast du vielleicht schon neue Texte?“ Kyo nickte, drückte den Kippenstummel in dem viel zu vollen Aschenbecher aus, um sich sofort die nächste anzuzünden. Sogleich schnappte er sich ein paar Zettel und ließ den Gedanken in seinem Kopf freien Lauf. Ihm war egal, was Kaoru noch zu sagen hatte. Das interessierte ihn ohnehin kaum. Ohne darüber nachzudenken, zog er dann doch seine Jacke aus, weil es hier drinnen verdammt warm wurde. Sollten doch alle das Werk seiner Selbstzerstörung sehen. Tun konnten sie ohnehin nicht viel. Während seine Jungs Gedanken austauschten, miteinander lachten und ihren Spaß hatten, versank Kyo in seiner Welt. Schrieb Texte und machte der Dunkelheit in seiner verletzten Seele Platz. Der Stift verschmolz regelrecht mit dem Papier. Auch als seine Band eine kleine Jamsession veranstaltete, hielt er sich raus. Irgendwer setzte sich dann neben ihn, aber Kyos Blick war weiter auf sein Blatt gerichtet. Die Zettel mit den Texten schob er fein geordnet auf einem Stapel an den Rand des Tisches. Wieder griff er nach dem Stift und begann zu zeichnen. Das Motiv geisterte schon lange in seinem Kopf umher und nun wollte er es endlich zu Papier bringen. Ein Buddah. Groß, stark und voller Würde sollte er auf seinem Sockel thronen und andere beschützen. Ihn beschützen, vor dem grausamen Monster, welches zur Zeit in ihm wohnte. Der Gott sollte umringt von Wolken sein und darin schweben. Dieses Motiv strahlte Ruhe aus und irgendwie ging dieses Gefühl auf den Sänger über. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte er sich wieder etwas besser. Er ließ den Stift sinken und dieser rollte über das Blatt. Kyo zündete sich noch eine Zigarette an und lehnte sich zurück. Erst jetzt bemerkte er, wie erschöpft sein Körper eigentlich war. „Tooru-chan…geht’s dir gut?“, fragte kein anderer als Shinya neben ihm und Kyo schaute seinen Freund an. „Ich weiß es nicht.“ Kapitel 9: Wacken 2007 ---------------------- Jahre waren vergangen. Jahre voller Schmerz, Selbsthass und Zerstörung. Jahre in denen Kyo sich verloren hatte, zumindest einen Teil seiner Selbst. Die Texte von Dir en Grey hielten ihn am Leben, waren ein Spiegel seines Seelenlebens und halfen ihm dabei eben dieses zu verarbeiten. In emotionalen Momenten auf der Bühne überkam es den Sänger noch immer, wenn er einen besonders schlechten Tag hatte, doch ansonsten bekam er seine Selbstverletzungsattacken ganz gut in den Griff. Shinya und Toshiya nervten ihn zwar noch immer, dass er endlich Mal einen Psychologen aufsuchen solle, doch das wollte Kyo nicht, denn was konnte er einem fremden Menschen schon erzählen, was er nicht selbst schon wusste? Ihm war klar, dass seine Ausbrüche nicht normal, sondern krankhafter Natur waren, aber er kannte doch die Ursachen. Weshalb sollte er dann seine kostbare Zeit damit vergeuden, sich mit irgendwelchen Psychodocs herumzuschlagen? Kyo war sich voll und ganz bewusst, dass sein Trauma einerseits daher rührte, weil er seine Mama und seine erste große Liebe verloren hatte, doch er schaffte es immer mehr diese Gefühle in Musik umzuwandeln und somit zu verarbeiten, ohne sich blutig zu kratzen oder mit einer Rasierlinge bewaffnet auf die Bühne zu gehen. Wie gesagt, manchmal überkam es ihn noch, aber das war selten der Fall. Auch sein Umzug an den Rand der Stadt hatte dazu beigetragen, dass er sich besser fühlte. Nicht länger eingeengt zwischen anderen Wohnhäusern, den vielen Menschen und dem Dunst der Stadt. Wenn er aus seinem Arbeitszimmer schaute, blickte er auf Wälder und Felder, was ihn immer beruhigte und ihn runter holte, wenn es ihm schlecht ging. In ein paar Tagen würden sie nach Europa, genauergesagt nach Deutschland fliegen. Zu einem Festival namens Wacken. Kyo war gespannt, was ihn da erwartete und ob sich dieses Festival sehr von den japanischen unterschied. Die Koffer standen gepackt im Wohnzimmer und so hatte der Sänger Mal wieder Zeit für sich. Er ließ sich am Schreibtisch nieder und arbeitete an seinem Tattooentwurf für den Rücken. Es sollte eine Senju Kannon werden, denn mit diesem Tattoo wollte der Sänger endgültig seinen Seelenfrieden mit sich schließen. Das war seine Art von Therapie. Körperkunst und Musik, mehr benötigte er nicht. Vorsichtig und mit ein wenig Reue strich er über die kleinen Narben an seinem Arm, die mittlerweile durch die Tätowierungen weitestgehend überdeckt wurden. Nur, wer ihn kannte oder ihm näher kam, was er natürlich zu verhindern wusste, konnte sehen, dass sich dort ein kleines Schlachtfeld seiner Selbstzerstörung befand. Die Wohnung am Stadtrand brachte noch einen weiteren Vorteil mit sich- er lebte weit weg von den anderen. Nicht, dass er seine Jungs nicht mochte, im Gegenteil, sie waren seine Familie, doch früher verging fast keine Woche, in der nicht Shinya, Die oder Toshiya vor seiner Tür standen. Jetzt mussten sie mit der Bahn, dem Bus oder dem Auto fahren, um ihn zu besuchen. Aber das bedeutete nicht, dass sich Kyo einsam fühlte, nein. Im ging es gut, so gut wie schon lange nicht mehr, obwohl seine Jungs diese Meinung nicht mit ihm teilten. Immer wieder bekam er mit, wie sie über ihn sprachen, sich noch immer sorgten und auch jetzt noch Pläne schmiedeten, wie sie ihm helfen könnten. Dabei hatte er doch ausdrücklich gesagt, dass er keine Hilfe wollte. Nur, weil er nicht mehr über alle Dummheiten lachte, sich nach Konzerten lieber zurückzog und weniger daran interessiert war mit Fans oder allgemein nach Auftritten noch was trinken zu gehen, hieß das nicht, dass er sich schlecht fühlte. Ihm fehlte schlicht und ergreifend die Lust an diesen Aktivitäten, das würden die Jungs irgendwann schon noch begreifen. Der Sänger erhob sich und schritt durch die Schiebetür auf die Veranda hinaus, um eine Zigarette zu rauchen. Eine leichte Sommerbrise umwehte ihn und der Duft von Blumen, Gras und Sonne stieg ihm in die Nase. Die Vögel zwitscherten, was ihm sogar ein minimales Lächeln auf die Lippen zauberte.   Die Limousine fuhr vor und Kyo schlenderte mitsamt Gepäck über den gepflasterten Weg entlang zum Parkplatz. Seinen Koffer verstaute er im hinteren Bereich des Fahrzeuges und stieg zu seinen Jungs ins Auto. Mit einer einfachen Handbewegung grüßte er die Freunde, wand sich dann in Richtung Fenster und ließ die vertraute Umgebung an sich vorbeiziehen. Bis zum Flughafen waren es etwa 30 Minuten, die der Sänger schweigend neben seinen Kollegen verbrachte. Zum Glück hatte die Band seit diesem Jahr ihren Privatjet, denn anders war das kaum auszuhalten. Deshalb verlief das Einchecken schnell und schon machten es sich die Jungs im Flugzeug bequem. Ein ruhiger Start. Kyo sauste es ein wenig in den Ohren. Als sie sich wieder abschnallen durften, holte sich der trinklustige Daisuke natürlich zuerst ein Bier und schlug vor, mit allen anzustoßen. Nicht ohne mit den Augen zu rollen ließ sich Kyo schließlich überreden. Doch er nahm vorlieb mit Sake. Das schlimmste an diesem langen Flug würde sein, dass er nicht rauchen konnte. Das machte ihn schon jetzt leicht nervös. „Ich freu mich wahnsinnig mit euch auf diesem Festival zu spielen…ich hab immer gewusst, dass wir es so weit schaffen. Aber noch stolzer bin ich darauf, dass wir es nach allem, was wir erlebt haben, immer wieder schaffen uns zusammenzuraufen und niemanden im Stich lassen…wie viele Bands haben sich schon getrennt, weil es Streitereien gab, doch wir halten zusammen…ich liebe euch Jungs…“, lobte der Leader seine Freunde und erhob das Glas. Allgegenwärtiges Gemurmel und bestätigende Dankesworte kamen von den anderen Musikern, nur Kyo blieb stumm. Wie immer. Er leerte sein Glas in einem Zug und verzog sich wieder ins hinterste Eck, um ein bisschen zu schlafen. Energie tanken, denn die würde er die nächsten Tage sicher brauchen.   Der Sänger erwachte durch das Auftreffen der Räder auf der Rollbahn. Der Tourbus wartete bereits auf die Jungs und sollte sie zum Festivalgelände kutschieren. Allerdings würden das noch ein paar Stunden Fahrt sein, deshalb beschloss sich der Sänger schon zu duschen und ein bisschen zu stylen. Auf ausgefallenes Make-up hatte er jedoch keine große Lust. Erstens wegen der verdammten Hitze und zweitens wollte er nicht mehr ganz so feminin wirken wie zu Zeiten von La Sadie’s. Als sie eine kurze Rast einlegten, nutzte Kyo die Chance, um zu rauchen. Naja eigentlich zwei, um seine Sucht zu stillen. Während er so im Schatten am Bus lehnte, dachte er darüber nach, was ihn erwartete. Ihm ging es ohnehin nicht ganz in den Kopf, dass es ausgerechnet in Deutschland Menschen gab, die auf ihre Musik abfuhren. Es überwältigte und rührte ihn zugleich, weil er sich nie hatte erträumen lassen, dass Dir en Grey die Leute mit ihrer Musik über Japan hinaus erreichten. Ihr Fahrer scheuchte sie wieder in die Kühle und etwas benommen von der Hitze und dem Nikotin, dämmerte er wieder weg und erwachte erst, als sie das Festivalgelände tatsächlich erreicht hatten. Der Bus parkte in einem abgesperrten Bereich für Bands und sie erhielten spezielle Bändchen. Kao sprach mit einem der Organisatoren auf Englisch und trat dann wieder zu seinen Jungs, um sie über den Ablauf der nächsten zwei Tage in Kenntnis zu setzen. „Also Jungs, es wird so sein…wir spielen morgen Nachmittag und haben heute Zeit uns andere Bands anzuschauen oder einfach hier rum zu hängen. Getränke und Essen gibt’s für uns gratis und genau dahin werde ich mich jetzt bewegen. Kommt jemand mit?“ Fragend schaute der Leader in die Runde und alle schlossen sich an, bis auf Kyo. Der Sänger wollte die Ruhe vor dem Sturm lieber genießen und erkundete das Gelände im Backstagebereich. Überall standen kleine und größere Busse. Vor manchen war ein Pavillon aufgebaut, der Schatten spendete. Unter einem der Überdachungen stand eine Gruppe schwarzgekleideter Männer. Vermutlich auch so eine Metalband, dachte Kyo bei sich. Zunächst versuchte er das Trio links liegen zu lassen, doch scheinbar weckte er ihr Interesse, denn der mit den schwarzen langen Haaren und einem Bart, der um seinen Mund herum lief, winkte den Sänger heran. „Hey…du siehst ein bisschen verloren aus…hast du vielleicht eine Zigarette?“ Der Blonde fingerte seine Packung aus der Hosentasche heraus und schmiss eine Runde. „Von welcher Band seid ihr?“, fragte er schließlich. „Type o Negative und du?“ „Dir en Grey…falls ihr die kennt“, antwortete der Kleinere, doch der andere Musiker schüttelte verneinend mit dem Kopf. „Hätte mich auch gewundert. Wir sind noch nicht so bekannt und das erste Mal außerhalb von Japan…ich bin übrigens Kyo.“ „Peter, freut mich. Wann spielt ihr? Das kann ich mir ja fast nicht entgehen lassen?“, fragte der der andere Sänger. „So gegen 18 Uhr auf der Black Stage. Und ihr?“ „20 Uhr same Stage…“ Auf einmal tat der schwarzhaarige Amerikaner sehr geheimnisvoll und flüsterte hinter vorgehaltener Hand. „Magst du ne Nase Koks haben?“ Kyo zog die Augenbrauen hoch und verneinte. „Aber ein Bier könnte ich jetzt vertragen“, entgegnete er stattdessen und nachdem sich Peter eine Nase gegönnt hatte, zog er den Kleineren mit zum Biervorrat der Doommetaler. Er gesellte sich zu der anderen Musikern und plauderte über dies und das. „Sag Mal, hast du Lust mit auf’s Festivalgelände zu kommen? Ein paar Fangirls abchecken und so?“ Doch auch das verneinte Kyo. Irgendwie reizte ihn dieses ganze geflirte und gevögel mit irgendwelchen Fans gar nicht. Hatte es noch nie und er schwor sich, nie etwas mit einem Fan anzufangen. „Sorry, bin nicht so der Menschenfreund…eher ein Einzelgänger, aber wir sehen uns.“ Sie gaben sich zum Abschied ein High 5 und der Blonde schlug wieder den Weg zum eigenen Tourbus ein. Vielleicht waren seine Jungs ja bereits zurück. Doch nichts. So beschloss sich Kyo dann doch ein bisschen die Beine zu vertreten und wagte sich hinaus zu den Fans. Wer weiß, ob die ihm überhaupt Beachtung schenkten. Mit einem neuen Bier schlenderte er durch die staubtrockene Graslandschaft. Musik drang von irgendwo her an sein Ohr und er beschloss dieser zu folgen. Kyo kam an mehreren Fressbuden vorbei und ihm stieg der Geruch von gebratenem Fleisch in die Nase, doch so richtig Hunger hatte er noch nicht. Nahe dieser Stände schien gerade irgendeine Band mit wildgewordenen Fangirlies zu posen und als der Sänger genauer hinsah, schlug er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn, weil es sich um keine anderen als seine Pappnasen handelte. Er wollte sich schon davonstehlen, da erblickte ihn Daisuke und schleifte ihn förmlich zu der Mädchentraube. „Das gibt ne saftige Revanche“, fauchte der Sänger seinen Gitarristen an, doch der schien sich göttlich zu amüsieren. Die Mädchen knippsten mit ihren Handys was das Zeug hält. Dann endlich schienen sie zufrieden und die Band hatte ihre Ruhe. Kyo entschloss sich seinen Jungs anzuschließen und die eine oder andere Band anzuschauen. Tatsächlich fand er Gefallen an der Musik. Ziemlich hart und Metal-lastig aber die Künstler hier hatten definitiv was auf dem Kasten. Gegen elf Uhr Abends machten sich die Freunde auf den Weg zurück zum Tourbus. Kyo machte sich bettfertig, da er mehr als erledigt war. Da stand Shinya plötzlich vor ihm und legte seine Hand freundschaftlich auf die Schulter des Kleineren. „Alles okay? Du wirkst so abwesend…so weit weg…“ „Mir geht’s gut Shin-chan“, bestätigte Kyo und meinte seine Worte auch so. Ein schwaches Lächeln huschte über die Lippen seines Drummers. „So hast du mich schon ewig nicht mehr genannt…du fehlst mir…“ Kyo seufzte. „Willst du heut bei mir schlafen?“, fragte er deshalb und die Miene seines Freundes erhellte sich augenblicklich und er nickte. So kuschelte sich der Drummer mit in die Schlafkoje seines Sängers und kuschelte sich an diesen. Auch Kyo merkte, dass er die Nähe seines Freundes vermisst hatte.   Als Kyo erwachte, da war Shinya schon weg. Wahrscheinlich duschte er oder so. Der Sänger schlüpfte nur in seine Hose und die Flip Flops und beschloss sich am sogenannten Frühstücksbuffet zu bedienen. Doch als er aus dem Bus trat, wartete davor schon ein reich gedeckter Tisch auf den Sänger. Das liebte er an seinem Leader. Er sorgte dafür, dass es allen gut ging. Kyo setzte sich zu den Freunden, schenkte sich Kaffee ein und schmierte sich ein Brötchen. Doch viel bekam er bei der Hitze nicht runter. Und dann kündigte Kao eine weitere Überraschung an. Er hatte, wer weiß woher ein Planschbecken organisiert. Dort lagen auch schon ein paar Bier zum Abkühlen, doch Kyo schob die Dosen weg und ließ sich ins kühle Nass fallen. Da würde er bleiben, bis sie zum Auftritt mussten. Genüsslich schloss er seine Augen und entspannte in der Sonne. Seine Haut neigte schnell dazu braun zu werden, ohne zu verbrennen. „Vergiss es…du musst das Becken teilen Tooru, sonst ist‘s unfair“, murrte sein Gitarrist, doch der Sänger grinste diesen provokant von unten an. „Vergiss es Dai Dai…du kannst gern Bier haben, aber ich beweg mich kein Stück.“ Beleidigt verschränkte der Größere die Arme vor der Brust und zog eine Schmollschnute. Kyo musste lachen. Schließlich gab er den Platz dann doch frei, weil er sich für den Auftritt vorbereitete. Gestylt und ein bisschen aufgeregt machten sich die Jungs auf den Weg zur Bühne. Das Wetter schlug ein wenig um und die Sonne versteckte sich hinter ein paar Wolken, doch Kyo konnte es kaum mehr erwarten auf der Bühne zu stehen und die Leute mit seiner Musik mitzureißen.    Der Sänger betrat als letzter die Bühne und schon setzten die ersten Takte von G.D.S ein. Bereits im ersten Lied verlor er sich fast schon in seiner Musik, jumpte herum, kreischte ins Mikro und heizte die Menge an. So viele Menschen, das konnte er kaum fassen. Immer wieder hüpfte er auf eine Empore am Bühnenrand und besah die Massen an Zuschauern. Sein Herz blühte auf und jetzt überkam es den Sänger. Beim dritten Song Saku zerbiss er die Blutkapsel in seinem Mund und die rote Flüssigkeit ergoss sich über sein Kinn bis hinab zu seiner Brust. Kunstblut war okay, das hatte er zumindest auch seinen Jungs versprochen. Kyo fühlte wie die Hitze seinen Körper erfasste, deshalb zog er sein schwarzes T-Shirt aus und warf es hinter sich. Bei Obscure flippten die Fans so richtig aus und der Sänger versank in seiner Welt. Bewegte sich zwischen den unsichtbaren Gitarren und Basswellen hin und her, geriet sogar hin und wieder ins Wanken, weil er die Schwerkraft unterschätzte, doch immer wieder fing er sich. Da kam ihm auf einmal in den Sinn, dass the Final ja auch auf der Setlist vertreten war. Verdammt und Kyo hatte noch überlegt es auszutauschen. Jetzt musste er wohl durch. Und dann verspulte es den Blonden, der Schalter in seinem Kopf switchte um und es kostete ihn sehr viel Kraft die Worte zu singen. Sein Herz pochte wild und auch das Stechen setzte ein. Kyo war kurz vorm Durchdrehen, deshalb tat er das einzige, was ihm in diesem Moment Linderung verschaffte. Doch womit? Er besah sich kurz seine Fingernägel, knipste mit den Zähnen den Nagel ab und schnitt mit der spitzen Kante durch die Haut oberhalb seiner Rippen. Sofort setzte der süße Schmerz ein. Oh Gott, wie hatte er das vermisst. Das Blut bildete sich seinen Weg doch er fing es auf, verschmierte es im Gesicht und wäre beim Hinunterspringen beinahe hingefallen. Wieder kreischte er ins Mikro und sang den letzten Ton so lang wie möglich. Applaus und Jubelrufe. Kyo wagte es nicht nach hinten zu Shinya  zu sehen. Doch worum machte er sich eigentlich Gedanken? Die letzten vier Songs, dead tree, Merciless Cult, THE DEEPER VILENESS, THE IIID EMPIRE, verlangten ihm alles ab und er gab 200 Prozent. Schließlich verklangen die letzten Töne und er füllte Wasser aus der Plastikflasche in einen Eimer vor sich, auf dem witziger Weise Rape Me stand. Wie passend, denn ein bisschen so fühlte sich sein Körper gerade an. Die Jungs nahmen Abschied von den Fans und verließen die Bühne. Kyo zog sein Shirt wieder über und wollte nur noch unter die Dusche. Deshalb beeilte er sich zum Tourbus zu kommen, doch leider holte ihn sein Drummer kurz vorher ein. Shit. „Kannst du mir Mal bitte sagen, was das gerade sollte?“, fuhr er Kyo an. Dieser blieb auf dem Absatz stehen und fokussierte den Freund. „Geht das schon wieder los? Manchmal brauch ich das eben Shin…ich war so versunken in der Musik…“ „Verdammt Tooru, du hast es versprochen…ich dachte die Zeiten sind vorbei!“ „Das habe ich nie behauptet. Außerdem, was hätte ich denn tun sollen? Zwischendurch kurz sagen- Shinya…hilf mir?“ „Du hättest dich zusammenreißen können. Was läuft bei dir nur falsch Tooru? Alle wollen dich mögen, doch du stößt uns weg! Redest immer von Schmerz und so…tust aber genau das mit mir oder Toshi…“ „Ja und? Besser als euer ständiges Gelaber zu ertragen, ich soll zum Psychodoc gehen und so…das ist nämlich auch keine Hilfe.“ „Wie kann man nur so stur sein…du hast es nicht Mal versucht“, keifte Shinya jetzt und auch Kyos Stimme schwoll immer mehr an. „Na und? Will ich auch nicht! Der kann mir nichts Neues sagen, kapierst du? Ich weiß, dass mein Verhalten sehr impulsiv und eher abnormal ist…ja ich bin gestört und ziemlich kaputt…danke, das weiß ich selbst. Für diese beschissene Diagnose benötige ich keinen Arzt.“ „Aber er kann dir helfen damit zu leben, wieder zu dir zu finden…wieder glücklich zu werden.“ Ich lachte traurig und zündete mir eine Zigarette an. „Daran glaub ich nicht, tut mir leid.“ „Gerade bist du unerträglich Tooru“, wisperte sein bester Freund. „Danke. Das wollte ich schon immer von dir hören“, erwiderte er und rauschte davon. Duschte und wollte dann wieder zur Black Stage, um Type o Negative spielen zu sehen, denn es interessierte ihn brennend, was für Musik sie machten. Er drängte sich durch die Menge, um in den abgesperrten Bandbereich zu gelangen, zeigte sein Bändchen vor und die Securities ließen ihn durch. Düstere, doomige Gitarrenklänge erfüllten die Bühne und Peters tiefe Stimme hatte so ihren Reiz. Kyo faszinierte es, das er Gitarre spielte und sang. Für ihn selbst würde das nie in Frage kommen, denn zu sehr war er auf seinen Gesang fokussiert, doch dem anderen schien das zu liegen. Kyo lauschte fasziniert der Musik und wiegte sich mit geschlossenen Augen hin und her. Eines der Lieder stach besonders heraus. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelte es sich um eine Ballade und immer wieder sang er „love you to death“ oder so ähnlich. Da kam ihm Kami augenblicklich in den Sinn. Liebe. Ich werde dich bis in den Tod lieben und darüber hinaus, hallte es in seinem Kopf und er kämpfte mit den Tränen. Wieder verfluchte er seine verdammten Gefühle. Atmete tief ein und wieder aus, um gegen den Schmerz anzukommen, doch es glückte ihm nicht ganz und so ließ er die Gefühle zu. Schaute sich weiter das Konzert an und sehnte sich selbst nach der Bühne. Dort oben zu stehen und sich die Seele aus dem Leib zu singen. Kyo merkte, wie ihn schon allein der Gedanken ein bisschen beruhigte und sein Puls hatte allmählich wieder seinen Normalzustand erreicht. Peter freute sich riesig, als er den anderen Sänger hinter der Bühne traf, umarmte ihn und drückte ihm ein Bier in die Hand. „Ihr wart nicht übel Kyo…ich habe zwar kein Wort verstanden, aber eure Show hat mir gefallen…du bist ziemlich wild auf der Bühne“, stellte er fest und Kyo musste grinsen. Es tat gut mit ihm zu reden, denn er schien ihn nicht für seine Taten zu verurteilen. „Ja, ich versinke immer ziemlich schnell in meiner Musik und da flippe ich eben auch ab und zu ein bisschen aus. Euer Gig hat mir auch gefallen…sehr düstere Klänge, aber sehenswert…ich mochte vor allem eure Ballade…irgendwas mit love…“, überlegte der Dir en Grey Sänger. „Ah du meinst love you to death? Ich liebe diesen Song, obwohl sich deshalb auch schon einige unserer Fans beschwert haben, das wären nicht wir und so weiter. Ziemlich bescheuert.“ Sie waren mittlerweile wieder an ihrem Bereich im Backstage angekommen und Kyo setzte sich zu den Jungs. „Naja soweit sind wir noch nicht…ich habe das Gefühl, wir müssen uns noch finden…also nicht als Band, sondern in der Musik. Mir gefällt zwar das, was ich mache, aber ich bin auch nicht hundertprozentig zufrieden.“ Peter lächelte ihn an und Kyo erwiderte diese Geste. Er bot dem Schwarzhaarigen eine Zigarette an, die er dankend annahm. „Trotzdem habt ihr Potenzial…deine Jungs sind klasse und musikalisch echt sehr begabt.“ „Danke, das bedeutet mir viel…ich richte es ihnen aus. Was macht ihr heut noch?“ „Mhh, vermutlich das eine oder andere Konzert anschauen und dann pennen gehen. Morgen früh geht’s es ziemlich zeitig los.“ „Ist bei uns ähnlich…also dann, ich schau mal nach der Chaosgang…war nett dich kennenzulernen.“ „Das kann ich nur zurückgeben…ich wünsche euch alles Gute Kyo.“ Wieder zog ihn der große Mann in eine Umarmung und so schlenderte der Sänger zu seinem Tourbus. Und was er da sah, erfreute ihn sehr. Die und Toshi hockten wild knutschend aufeinander und schienen sich auch nicht daran zu stören, dass ihr Sänger nebenan stand und sie mit einem Schmunzeln beobachtete. Auf Zehenspitzen schlich Kyo ins Innere des Fahrzeuges und erblickte seinen besten Freund dort auf dem Sofa hocken. Er hob die Hand und winkte. Dem Sänger entfuhr ein tiefes Seufzen und schließlich sank er neben Shinya auf die Couch. „Was hast du gemacht?“, fragte ihn sein Drummer. „Hab das Konzert von Type o Negative angeschaut…sind schwer in Ordnung die Jungs…und du?“ „Nicht viel…hab auch ein Konzert angeschaut zusammen mit Kao, aber der ist jetzt wer weiß wo…knutschen die beiden da draußen immer noch?“ Kyo nickte nur und holte sich ein Bier. Shinya bat ihn ein zweites mitzubringen. Die Freunde prosteten sich zu. „Tut mir leid…ich wollte dich vorhin nicht so anfahren…“, meinte der Drummer etwas besorgt. „Schon okay…“, wollte Kyo dieses Thema schon mit einer lässigen Handbewegung abtun. Doch etwas in ihm sagte, dass das hier noch nicht vorbei war. „Es ist nur…du bist so anders geworden…nichts freut dich mehr. Es bricht mir das Herz dich so zu sehen mein Schatz.“ Der Blonde wagte es kaum seinem besten Freund in die Augen zu sehen, weil er das nicht ertragen hätte. „Dann lass es einfach Shin-chan…mir ist gerade nicht zu helfen. Da ist ein Loch in meinem Herzen und ich fürchte, dass kann niemand mehr reparieren.“ Dann tat Kyo etwas, was er schon seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht hatte, er ließ seinen Kopf in den Schoß seines Drummers sinken und dieser schien das sichtlich zu genießen. „Du lässt es auch nicht zu…“ „Weil ich es nicht kann. Ich will das alles nicht noch einmal durchmachen müssen. Lieber lebe ich allein und ohne Beziehung…akzeptiere das bitte. Es ist mir schon immer schwer gefallen anderen zu vertrauen und ich bin nun Mal ein Einzelgänger…ein Griesgram…ein Warumono…leb damit oder lass es bleiben.“ Shinya strich durch Kyos feuchte Haare und bei jedem anderen wäre er sofort an die Decke gegangen, doch bei dem Drummer hatte das etwas Beruhigendes an sich und der Sänger genoss es fast ein bisschen. „Du bist weder das eine noch das andere Tooru und das weißt du selbst, aber ich respektiere deinen Entschluss…weil ich dich liebe. Trotzdem tut es weh dich so zu sehen und ich gebe nicht dir die Schuld, sondern denen, die das aus dir gemacht haben.“ „Wie gnädig von dir…nur leider ist der Verantwortliche tot, Shin…und genau das nimmt mich so mit.“ „Willst du mir mehr von deinem Loch im Herzen erzählen?“ Kyo schluckte schwer und wusste selbst, dass das jetzt die Gelegenheit wäre sich seinem liebsten Freund anzuvertrauen. Ihm alles zu sagen. Dem Chaos in seinem Kopf Luft zu machen, doch er konnte nicht. Die Worte blieben ihm im Hals stecken. Stattdessen stiegen ihm die Tränen in die Augen und die Dunkelheit in seiner zerfetzten Seele zog ihn ganz, ganz langsam in ihre Höhle. Deshalb schüttelte er den Kopf, sprang auf und rannte an die frische Luft, dicht gefolgt von Shinya. Denn der Drummer ließ seinen Freund nicht noch einmal ins Verderben rennen. Die beiden Turteltäubchen schauten etwas verdutzt auf, als ihr Sänger völlig verzweifelt aus dem Bus stolperte und dabei sein Bier verschüttete. Mit zittrigen Fingern zündete er sich eine Zigarette an und sein Drummer drückte ihn auf den Klappstuhl. Wütend funkelte Kyo den Größeren an. „Ich lass dich nicht schon wieder so einfach davonkommen…nicht noch Mal…bitte, rede mit mir…ich flehe dich an“, bettelte Shinya, doch Kyo blieb stumm und nahm einen tiefen Zug. Sein Freund kniete vor ihm nieder, seine Hände lagen auf Kyos Schenkeln und dieser atmete hektisch. Auch entging dem Sänger nicht, dass sich kleine Tränchen in dessen Augen sammelten. „Und was soll das bringen?“, fuhr er den Drummer jetzt an. „Dass ich dich verdammt noch Mal wieder ein bisschen verstehe…seit einer Ewigkeit schiebst du jetzt deinen Egotrip…ziehst ans Ende der Stadt, sodass dich ja keiner mehr besuchen kommt und heute das? Wir sind auch am Ende, geht das nicht in deinen Kopf rein? Uns nimmt das genauso mit!“ Kyo sprang auf, weil er die Worte seines Freundes nicht länger ertrug. Sie wirkten fast wie Gift und automatisch krampfte sich sein Herz schmerzhaft zusammen. „Dann solltet ihr euch nen anderen Sänger suchen! Weil ich hab keinen Bock auf dieses ständige Drama!“ Schon war er im Begriff wegzurennen, da ergriff in Shinya am Arm und zog ihn zurück und unsanft landete er in den Armen seines Freundes. Kyo wehrte sich mit Händen und Füßen, doch der Drummer ließ nicht locker. Verdammt, seit wann war Shinya so stark? Durch die wilden Bewegungen des Sängers fielen die beiden zu Boden auf die Wiese, wodurch Shinya seinen Griff unfreiwillig lockern musste. Diese Chance nutzte Kyo und befreite sich. Er rutschte auf dem Gras aus und es haute ihn erneut zu Boden. Zwei Securities kamen, um nach dem Rechten zu sehen, doch Die und Toshi gaben ihnen zu verstehen, dass alles in bester Ordnung sei. Die etwas zu aufgepumpten, solariumgebräunten Männer schüttelten nur mit den Köpfen und verschwanden wieder. Weiter hinten auf der Wiese kämpften Kyo und Shinya noch immer miteinander. Mittlerweile hatten beide Grasflecken, Staub und Matsch im Gesicht und an diversen anderen Körperstellen. Der Drummer lag jetzt auf seinem Sänger drauf und fürwahr, diese Stellung sah nicht danach aus, als wären sie kurz davor sich zu prügeln. Der Größere fixierte Kyos Arme, doch der kleine Kampfzwerg gab noch immer nicht nach. „Sag nie wieder, dass wir uns einen neuen Sänger suchen sollen!“, flüsterte Shinya seinem Freund bedrohlich zu. Dieser lachte höhnisch auf. „Das wäre doch das Beste für alle. Ihr habt keine Probleme mehr, müsst vor den Auftritten nicht Panik schieben, ob ich was Schlimmes mache oder nicht und…und ihr könnt…einfach…euer Leben…leben…“, schluchzte Kyo jetzt und sein Körper erschlaffte. Shinya rollte sich von ihm runter und legte sich neben seinen Sänger. „Kyoschatz…jetzt hör mir Mal genau zu…“, flüsterte sein Drummer und nahm sein Gesicht zwischen die Hände. Seine wunderschönen blauen Augen schienen in die Tiefe seiner Seele zu blicken und darin lag so unendlich viel Liebe, dass Kyo nur noch mehr heulen musste. „…das alles ist kein Problem und um Himmels Willen, wir wollen nur dich als Sänger. Du gehörst zu uns und was würdest du denn ohne Dir en Grey tun? Dir eine andere Band suchen? Hör auf sowas zu denken du Spinner…wir sind eine Familie und werden immer füreinander da sein…nur bitte mein liebster liebster Schatz…rede mit mir…ich dreh sonst durch…wirklich.“ Das war zu viel. Viel zu viel. Kyo brach zusammen, vergrub seinen Kopf ins Shinyas Schoß und weinte bitterlich. Zu viele Gefühle hatten sich angestaut und nun endlich war es seinem Freund gelungen den Schutzwall niederzureißen. Toshi kam und brachte den beiden die letzte Flasche Sake. Mit einer stummen Geste wies ihn der Drummer an, wieder zu verschwinden. Shinyas Nähe fühlte sich so unglaublich gut an und Kyo fühlte sich das erste Mal seit langem wieder geliebt. Wie hatte er auch nur eine Sekunde daran zweifeln können, dass ihn sein bester Freund im Stich ließ. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schaute zu dem anderen Blondie auf. „Weißt du, warum ich kein Psychodoc will?“ „Warum nicht?“, fragte Shinya und strich dem Kleineren eine Strähne aus dem Gesicht. „Weil ich Angst habe mit fremden Menschen zu reden Shin…ich meine, schau mich doch an…ich verkörpere all das, was in Japan verabscheut wird und sicher sitzen dort auch die übelsten Spießer…ich kann das nicht. Verstehst du das?“ „Ja…dann komm aber wenigstens zu mir, kannst du mir das versprechen?“ Kyo nickte, schob sich eine Zigarette zwischen seine Lippen und griff nach der Sakeflasche in der Hand seines Freundes. „Das mach ich…“, flüsterte er kaum hörbar, doch Shinya verstand ihn. „Kannst du mir eine Frage beantworten, ohne gleich auszuflippen?“ Wieder schaute der Sänger seinen Drummer an und nickte nur, weil er sich schon denken konnte, was jetzt kam. „Was bringt es dir…dieses…dich selbst zu verletzten?“ Wieder schluckte Kyo und nahm einen tiefen Zug. Blies den bläulichen Rauch aus und beobachtete, wie der Wind das Wölkchen davontrug. „Es ist…naja, wenn es dir schlecht geht, spürst du dann auch dieses miese Gefühl in dir? Du kannst kaum noch essen, manchmal lastet ein unglaublicher Druck auf deinem Herz und…naja, diese Dunkelheit…wobei ich glaube, das hat nicht jeder so extrem…kannst du dir das vorstellen?“ „Ja ungefähr schon…“, bestätigte Shinya und wartete ab, was sein Freund noch zu sagen hatte. „Und eben diese Dunkelheit überwiegt Shini…sie treibt mich in den Wahnsinn…verstärkt alle anderen Faktoren, sodass es mir richtig beschissen geht…naja und eine der Möglichkeiten, diese Dunkelheit zu vertreiben ist, mich selbst zu verletzen…ziemlich gestört was?“ Nachdenklich betrachtete der Drummer seinen Sänger und am liebsten würde er ihn in seine Arme nehmen und nie mehr loslassen. „Aber tut das nicht weh?“ „Schon, aber es fühlt sich auch gut an…der Schmerz lenkt mich ab und holt mich wieder zurück…ich weiß, das ist alles andere als normal und ich hab mich auch schon ein bisschen informiert…das kann tatsächlich eine Persönlichkeitsstörung sein und ich weiß, dass es das bei mir definitiv so ist…trotzdem hab ich das Gefühl irgendwie damit klar zu kommen. Und du musst dir vorstellen…in solchen Momenten wie heute auf der Bühne bin ich vollkommen offen, wegen der Musik und so…da kommt das manchmal ganz unerwartet und naja…bei the Final…das…das ist…war Kamis Lieblingssong…deshalb. Ich erwarte nicht, dass du das nachvollziehen kannst, aber vielleicht verstehst du mich ja jetzt ein bisschen besser…“ Shinya hielt sich die Hand vor den Mund und schluchzte. Natürlich hatte auch er sich belesen und sich seinen Teil zusammengereimt, doch dass es jetzt tatsächlich so war und sein Freund mit ihm darüber einfach so sprach, erschreckte ihn. Dennoch war er ihm für seine Offenheit mehr als dankbar. Er rutschte näher zu Kyo heran und schlang seine Arme um den Kleineren. „Danke für dein Vertrauen mein Schatz.“   Im Tourbus als auch später im Flugzeug wich Shinya nicht von Kyos Seite. Er wollte seinen besten Freund einfach nicht noch einmal so nahe am Abgrund sehen. Viel mehr hatte er sich zur Lebensaufgabe gemacht, ihm zu helfen und wenn das hieß jede Sekunde bei ihm zu sein, um auf ihn aufzupassen. Der Drummer schmökerte in seinem Buch, während sein Sänger mit einem Kissen auf seinem Schoß eingekuschelt friedlich schlummerte. Dem Jüngeren huschte ein Lächeln über die Lippen. Er ließ seinen Blick kurz durch den Privatjet schweifen. Auch Toshiya und Die lagen aneinander gekuschelt auf einem der Sitznischen, nur Kaoru konnte es nicht lassen zu arbeiten, wie typisch für den Leader. Shinya strich seinem liebsten Freund noch einmal durch die Haare und beschloss dann selbst ein bisschen zu ruhen. Kapitel 10: Viele Probleme und keine Lösung ------------------------------------------- Zurück in Japan war den jungen Musikern erst einmal eine Woche Pause gegönnt und dann sollte es weiter mit den Studioaufnahmen gehen. Toshiya hatte sich in seinen eigenen vier Wänden verschanzt und wollte von der Außenwelt nichts hören oder sehen. Die Sache mit dem rothaarigen Gitarristen war mal gründlich in die Hose gegangen und er bereute es, sich überhaupt auf diesen Tunichtgut von Daisuke eingelassen zu haben. Schließlich kannte er ihn schon eine Weile und wusste, wie er tickte. Hätte vorher die Notbremse ziehen sollen, doch jetzt war es zu spät und in einer Woche würden sie sich im Proberaum wieder über den Weg laufen. Der Bassist wollte nicht auch nur eine Minute daran denken und dennoch schwirrte der Gitarrist dauernd in seinem Kopf herum. Es war zum Verrückt werden. Toshi zog sich eine leichte Jacke über und beschloss etwas frische Luft schnappen zu gehen. Vielleicht würde ihn das auf andere Gedanken bringen. Ohne darauf zu achten, wohin ihn seine Füße trugen, fand er sich plötzlich in einer sehr vertrauten Gegend wieder. Erst jetzt schaute er sich näher um und erkannte, wo er gelandet war. Vor ihm erhob sich der Hochhausblock. Am Eingang las er fast hypnotisch die Namen. Andou.  „Verflucht!“, entfuhr es dem Schwarzhaarigen. Und schon drehte er sich um, weil er diese Gegend so schnell wie möglich verlassen wollte. „Tosh? Bist du das?“ Erklang hinter ihm eine Stimme und der Bassist musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es sein Gitarrist war, der ihn hier gerade rief. Toshiya atmete tief ein und wieder aus. Erst dann drehte er sich um. „Die…“, entfuhr es ihm genervt. „Wolltest du zu mir?“, fragte dieser überrascht, doch der Bassist schüttelte den Kopf. „War eine Runde spazieren und bin eben hier gelandet, ist ja wohl auch nicht so verwerflich. Schließlich wohnen wir nicht so weit voneinander entfernt.“ Seine Stimme schien mit jedem Wort an Aggressivität zu gewinnen und schwoll mehr und mehr an. „Hey Tosh…jetzt beruhige dich. Ich hab Pizza, hast du Lust mit hoch zu kommen?“ „Nein!“, keifte der Angesprochene. „Toshi bitte…dann kann ich dir alles erklären…“, flehte der Rotschopf und der Jüngere bekam schon wieder fast weiche Knie. „Und was sollte mir das bringen?“, versuchte er es ein letztes Mal. „Wir haben nie darüber gesprochen und ich finde es wird langsam Zeit. Bitte…sonst werf ich dich über meine Schulter und trag dich hoch.“ Toshiya funkelte seinen Gegenüber wütend an und warum konnte dieser Arsch eigentlich schon wieder so lockere Witze reißen? „Dann sage ich Kao, er soll dich aus der Band werfen“, drohte er, doch Die entfuhr ein amüsiertes Lachen, was den Bassisten nur noch wütender werden ließ. „Als ob du das könntest und Kao das wöllte. Never ever…sorry Toshi-chan…jetzt komm endlich.“ Der Rotschopf wollte schon nach seiner Hand greifen, doch blitzschnell entzog er sich diesem Lüstling und stapfte schnaubend hinter dem Älteren her. Daisuke wärmte die Pizza noch einmal im Ofen auf und holte selbstgemachten Eistee aus dem Kühlschrank. Mit verschränkten Armen und noch immer angefressen beobachtete Toshiya den anderen. Mit dem Tee und der Pizza gingen die beiden Männer auf die Dachterrasse hinauf. Den Bassisten beschlich nun wieder dieses dumpfe Gefühl und augenblicklich spürte er, wie sich sein Magen zusammenzog. Er biss ein Stück Pizza ab, kaute schweigend und schluckte den Bissen runter. Nachdem sie eine Weile so dagesessen hatten, ergriff Die wieder das Wort. „Toshi…es tut mir leid. Wirklich. Ich wollte dich nicht so überrumpeln, aber ich dachte, du wolltest es auch…“ „Ich hab dich vielleicht auf dem Festival geküsst, aber das heißt nicht, dass ich auf Männer stehe Die…und schon gar nicht auf dich…ich kann das nicht. Außerdem bin ich wieder mit meiner Freundin zusammen…solltest du vielleicht wissen…“ Trotz der Wärme wich alle Farbe aus dem Gesicht des Gitarristen. Das geschah ihm, Recht. Was versuchte er auch seinen Freund und Kollegen zu verführen. „Dann ist das wohl auch geklärt…ich geh dann wohl besser. Wir sehen uns zur Probe.“   Daisuke ließ sich auf den Boden fallen und schaute geistesabwesend in den blauen Himmel. Das Projekt ich-gestehe-Toshi-meine-Gefühle war ja mal sowas von nach hinten los gegangen. Und jetzt war auch er noch wieder mit dieser dummen Tussi zusammen. Wütend trat der Rothaarige nach der Pizzaschachtel, sodass sich der Inhalt kreuz und quer auf dem Boden verteilte. Auch egal, an Essen war jetzt ohnehin nicht mehr zu denken. Na super, jetzt konnte er den Wein alleine trinken. Moment Mal, das war eine super Idee. Zum Glück hatte er eine Flasche mit Schraubverschluss gekauft. Die fingerte sich eine Zigarette aus seiner schon wieder halbleeren Schachtel heraus und begann mit trinken. Da er den Tag über kaum feste Nahrung zu sich genommen hatte, stieg ihm der Alkohol schnell zu Kopf. Umso besser. Jetzt zogen kleine Wolken an ihm vorbei und trotz des schönen Wetters fühlte sich der Musiker hundeelend. Voller Verzweiflung trank er noch mehr und bekam schon jetzt Panik vor der nächsten Probe. Wie sollte er das aushalten? Jede Faser seines Körpers verzehrte sich nach dem schönen Bassisten und wie gern würde er ihn noch einmal küssen. Toshis raue Hände auf seinem Körper spüren. Verflucht, je mehr er trank und an den Jüngeren dachte, desto verrückter machte ihn das. Die fasste sich an seine Körpermitte und spürte die Härte. Verdammt! „Ich hasse dich Toshiya, hab ich dir das schon Mal gesagt?“, fluchte der Gitarrist vor sich hin, schloss seine Augen und rief sich das Bild des Umschwärmten ins Gedächtnis, was ihm nicht schwer fiel. Dabei berührte er sich selbst und keuchte lustvoll. So ging das nicht, dachte Die und öffnete seine mittlerweile viel zu enge Hose, packte seine harte Erregung und ließ sämtliche Bilder seiner schwarzhaarigen Schönheit wie ein Film vor seinem inneren Augen vorbeiziehen. Immer schneller bewegte sich seine Hand und sein Höhepunkt nahte. Unter Tränen ergoss sich Die blieb so liegen. Säuberte sich mit dem ohnehin eingesauten T-Shirt, zog dieses über den Kopf und schmiss es irgendwo hin. Er knöpfte seine Hose wieder zu und musste definitiv mehr trinken. Der Gitarrist schob sich eine neue Zigarette zwischen die Lippen und nahm einen großen Schluck aus der Weinflasche. Seine Umgebung sah er nur noch durch einen Schleier aus Tränen. Er tippte eine Nachricht in sein Handy und wenig später, ohne, dass die Nachricht beantwortet wurde, klingelte es an seiner Haustür. Daisuke torkelte nach unten und öffnete. „Wow…und ich dachte schon, ich bin am Arsch…“, begrüßte ihn sein Sänger. „Danke, find auch schön dich zu sehen Tooru-chan.“ Die beiden Männer stiegen wieder auf’s Dach und genossen die letzten Sonnenstrahlen. „Wie lang trinkst du schon Die?“, fragte Kyo mit sichtlich besorgter Stimme. „Kein Plan…nich lang genug…“, lallte der Rothaarige. „Und was soll die Pizza hier auf dem Dach?“ „Is doch egal…essen wird überbewertet…“ Kyo sammelte die verstreuten Pizzastücke ein und legte die Schachtel auf den runden Glastisch. „Willst du drüber reden?“, fragte der Sänger schließlich. Die zuckte mit den Schultern. „Dai Dai, wann hast du das letzte Mal überhaupt was gegessen?“ Wieder ein Schulterzucken. Kyo seufzte. „Is doch egal…grad is alles scheisssegal…“ „Verdammt…bist du schon wieder so weit unten?“ „Hab vor zwei Tagen gegessen….heut wollt ich nen schönen Abend mit Toshi haben…daraus wurde leider nichts…“ „Hast du ihm nichts gesagt?“ „Ich wollte…verstehst du, aber er is einfach abgehauen…nich Mal ausreden konnt ich…“ Kyo setzte sich hinter seinen Gitarristen und nahm ihn in die Arme. „Ach Schatz…soll ich mit ihm reden?“ Die schüttelte heftig mit dem Kopf und fuhr über den verletzten Arm seines Sängers. „Und bei dir? Szwei Gestörte auf nem Haufen…super…“ „Halt einfach die Klappe Die…“, ermahnte ihn der Kleinere. „Is doch soo…was sin wir für ne Band Tooru? Einer hat ne Essstörung und der andere? Liebt es sich selbst zu verletzen.“ „Eine ziemlich verrückte Band würde ich sagen…lass das Kao bloß nicht erfahren. Der macht dich zur Schnecke, wenn er erfährt, dass du schon wieder nichts isst.“ „Mir doch egal…scheiß auf unseren Leader…der is nich mein Babysitter…“ Kyo rollte mit den Augen. „Mann Die, du bist echt ein Kotzbrocken, wenn du betrunken bist. Ich bring dich jetzt ins Bett und später reden wir, klar?“ Irgendwie schaffte es der Sänger seinen betrunkenen Freund ins Schlafzimmer zu bugsieren. Er selbst machte es sich bequem auf dem Sofa. Zumindest so gut es ging. Eigentlich hatte er noch was machen wollen, doch wollte er Die jetzt ungern allein lassen. Scheiß Freunde, immer mussten die ihm in die Quere kommen. Kyo zappte durch das Fernsehprogramm und wählte die Nummer seines Bassisten. „Ja Hallo?“ „Toshi, ich bin es…kannst du mir bitte sagen, was mit Die los ist?“ Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille. Dann ein Räuspern. „Er hat mich angefasst…ich war mir nicht sicher, ob ich schon bereit für diesen Schritt bin, aber er hat einfach weiter gemacht. Da hab ich ihm eine rein gehauen und bin abgehauen….“ „Ooookay…und das war wann?“ „Vor zwei Wochen, kurz nachdem wir von dem Festival in Deutschland zurück gekommen sind.“ „Das erklärt einiges…kannst du kurz herkommen? Ich will den Mist ungern am Telefon besprechen.“ „Zu dir?“ „Nein, zu Die…ich bin dort, aber er schläft. War völlig dicht und hat mir geschrieben.“ Wieder Stille, doch dann willigte der Jüngere schließlich ein. Kyo ging selbst eine rauchen und wartete auf den Bassisten. Dieser ließ auch nicht lange auf sich warten und  an seinen geröteten Augen erkannte der Sänger, dass auch Toshi geweint haben musste. „Was ist das zwischen euch?“ „Keine Ahnung…ich bin auch wieder mit Mariko zusammen…wir haben uns vor drei Tagen getroffen.“ „Weiß Die davon?“ Toshi nickte und Kyo seufzte tief. „Verdammt…und jetzt? Bist du wirklich glücklich mit ihr?“ „Ja...vielleicht…wir wollen es halt noch Mal versuchen, was ist daran so schlimm?“ Der Sänger erwiderte lange nichts und zündete sich noch eine Zigarette an. Dann warf er seinem Bassisten einen eindringlichen Blick zu. „Eigentlich nichts, nur solltest du dir Mal Gedanken darüber machen, wen du wirklich liebst Toshi…vor allem, bevor du dich in Angelegenheiten von anderen Personen einmischt!“ Der bissige Unterton in Kyos Stimme entging auch dem Schwarzhaarigen nicht und doch fühlte er sich ungerecht behandelt. Nur weil er dem Blonden hatte helfen wollen? „Schon klar, jetzt bin ich bei euch beiden der Arsch.“ Abermals rollte der Sänger leicht genervt mit den Augen. Sein Handy klingelte, doch er ignorierte den Anruf, da er ohnehin wusste, wer es war. „Nein, bist du nicht…nur damals bei dem Festival hatte es den Anschein, dir gefällt das mit Die.“ „Hat es irgendwie auch, aber ich stehe nun Mal nicht auf Männer…ich hab es versucht, doch es geht nicht Tooru…ich muss auch los, wollte mich noch mit Mariko treffen.“ Kyo zuckte nur mit den Schultern und versuchte seinen Freund erst gar nicht aufzuhalten. Sein Telefon klingelte ein weiteres Mal, doch auch dieses Mal drückte er den Anrufer weg. Ob er nach Daisuke schauen sollte? Vielleicht hatte er seinen Rausch ein bisschen ausgeschlafen. Und tatsächlich, sein Freund hockte auf dem Sofa, die Füße auf dem Tisch und- oh nein, bitte nicht. Einer Flasche Tequila in der Hand. „Dein ernst?“, fragte der Jüngere und setzte sich zu dem anderen Musiker. Dieser zuckte nur mit den Schultern und prostete ihm zu. Kyo holte zwei Gläser und schenkte sich ebenfalls ein. „Na schön…dann eben so. Wenn du dich schon aus dem Leben schießen willst…“ „Du musst nich bleiben, hast sicher auch besseres zu tun, als hier mit mir zu hocken…“ „Ja, das hätte ich tatsächlich, aber ich lass dich jetzt sicher nicht allein…Cheers…“ „Jetzt geh schon an das verfluchte Telefon, sonst werf ich persönlich aus dem Fenster.“ Nach einem kurzen Zögern reichte der Sänger seinem Gitarristen das Handy. Dieser zog fragend die Augenbrauen hoch. „Dann mach…“, wisperte Kyo kaum hörbar und jetzt merkte der Rothaarige, das da etwas ganz und gar nicht zu stimmen schien. „Wer?“, fragte er deshalb nur. Sein Freund biss sich auf die Unterlippe, leerte sein Glas und sprang auf. Die hatte aufgrund seines Rausches leider mit dem Gleichgewicht zu kämpfen und kam zu spät. Die Tür flog ins Schloss und Kyo war verschwunden. Sein Telefon lag auf seinem Wohnzimmertisch und klingelte schon wieder. Auf dem Display leuchtete ein Name auf. Juka. Wer war das schon wieder? Trotz seiner eigenen Sorgen überwiegte die Angst um seinen Sänger und er rief Shinya an. Vielleicht wusste der Drummer mehr. Kyo stolperte aus der Wohnung seines Gitarristen und wäre fast in ein Auto gelaufen. Hupend und fluchend bekam der Fahrer gerade noch so die Kurve. Der Sänger stolperte weiter und erreichte eine halbe Stunde später den Friedhof. Völlig erschöpft brach er vor Kamis Grab zusammen und heulte. Sein Herz schlug unkontrolliert in seiner Brust und seine Hände zitterten. Schon wieder war er versucht den Schmerz in seiner geschundenen Seele zu mildern, doch er konnte nicht. Die Wolken am Himmel schienen noch dunkler zu werden und es begann zu tröpfeln. Erst ganz leicht, dann wurde der Regen heftiger. Doch Kyo regte sich nicht. Allmählich drang die Nässe durch seine Kleidung, aber das störte ihn nicht. Die Umgebung um ihn herum nahm er nur noch durch einen Tränenschleier wahr und wie sehr wünschte er sich seinen Kami herbei. Diesen einen Menschen, den er so sehr hasste und doch abgöttisch liebte und Juka könnte diese Liebe in gewisser Weise am Leben erhalten, doch konnte das der Sänger ertragen? Vor ein paar Tagen hatte er eine Nachricht von dem Blonden erhalten, in dem er ihm gestand, dass er den Sänger auf eine gewisse Art und Weise anziehend fand. Ihn gern besser kennenlernen wollte, auch um über Kami zu sprechen. Verzweifelt hämmerte Kyo auf den Boden und brach in sich zusammen. Schloss seine Augen und spürte den Regen auf seinem Gesicht, was ihn irgendwie beruhigte. Doch auf einmal hörte es auf, obwohl er das Rauschen des Regens noch immer hören konnte. Ein bisschen ängstlich öffnete er die Augen wieder und wünschte sich sogleich es nicht getan zu haben. Unter dem schwarzen Regenschirm wirkte seine helle Gestalt fast engelhaft. „Hier bist du also…meinst du nicht, du hast lange genug gebadet?“ „Verpiss dich einfach…lass mich in Ruhe Juka.“ „Ich wünschte das könnte ich…du erkältest dich noch, lass mich dir bitte helfen“, sagte der andere und streckte dem Sänger seine Hand entgegen. Schließlich ergriff er diese und wurde hochgezogen. Juka hakte sich bei Kyo unter und schweigend gingen die beiden nebeneinander her. Irgendwann standen sie vor seiner Wohnung. Der größere warf ihm einen fragenden Blick zu und Kyo fummelte den Schlüssel aus seinen durchnässten Klamotten. Juka folgte ihm in sein Reich, was ihn nicht gerade erfreute, doch ihm fehlte die Kraft dem anderen Paroli zu bieten. Der Sänger zog seine Klamotten im Badezimmer aus und schlüpfte in die kurze Joggonghose, die dort ebenfalls noch von heute Morgen herum lag. Außerdem holte er einen Kapuzenpulli aus dem Schrank, weil ihm doch ein bisschen kalt war. Seine nassen Haare rubbelte er mit einem Handtuch trocken. Dann schlurfte er in die Küche, setzte Teewasser auf und zündete sich eine Zigarette an. Juka hatte er schon fast vergessen und zuckte deshalb zusammen, als auch dieser in die Küche trat und auf einem der Stühle platz nahm. Kyo funkelte ihn böse an. „Du bist das einzige, was mich noch an ihn erinnert Kyo…du könntest es wenigstens versuchen…“, säuselte er ihm zu und irgendwas faszinierte ihn tatsächlich an dem anderen Musiker. Plötzlich stand dieser vor ihm. Viel zu nahe und ließ seine Hände an seinen Seiten entlang wandern. Vielleicht etwas zu grob griff der Sänger danach und stoppte die Berührung. „Schön, aber dann zu meinen Bedingungen und du fasst mich nur an, wenn ich es will…“ „Oho, jetzt gefällst du mir schon besser“, raunte Juka und näherte sich seinen Lippen, doch Kyo stieß ihn von sich, was dem anderen ein amüsiertes Lachen entlockte. Doch was tat er jetzt? Juka fing an sein Hemd aufzuknöpfen und darunter zeichnete sich seine helle Haut ab. So makellos und Kyo wollte ihn berühren. Wagte es, auf ihn zuzugehen und seine Hände über den perfekten Körper streichen zu lassen. Er streifte ihm das Hemd von den Schultern und delegierte ihn weiter Richtung Sofa, auf dem er rücklings landete. „Du willst mich also? Dann muss ich wohl dafür sorgen, dass du das nie vergisst“, richtete Kyo seine Worte mit einer Mischung aus Bedrohung und Erregung an Juka. Dieser lächelte nur. „Mehr will ich nicht…oder glaubst du Kami ist zimperlich mit mir umgesprungen?“ Der Name versetzte dem Sänger einen Stich, welchen er zu ignorieren versuchte. Auch er zog sich wieder aus und befreite Juka von seinen überflüssigen Kleidern. Ohne großartige Vorbereitungen rollte er das Kondom über seine Erregung und schob Jukas Pobacken auseinander. Dieser schien sich bereits im Lusthimmel zu befinden, denn schon diese Berührung ließ ihn aufstöhnen. Scheinbar stand er wirklich drauf hart genommen zu werden. Kyo drang in ihn ein und auch er keuchte lustvoll auf. Bewegte sich fordernd und immer schneller, bis sich Jukas Fingernägel in seine Oberschenkel krallten. „Ohhh…jaaa…härter…“ Da der Sänger ohnehin nicht viele Worte benötigte, kam er der Bitte wortlos nach und wurde von seinem Höhepunkt überrollt. Doch augenblicklich wurde ihm die Nähe zu dem anderen Musiker wieder zu viel und schnell entzog er sich ihm, um kurz im Badezimmer zu verschwinden. Deshalb also hatte Kami Juka so gemocht. Wegen seiner Unterwürfigkeit. Etwas, das er ihm nie hatte geben können. Diese Erkenntnis traf den Sänger mit voller Wucht und wieder brach er schluchzend in sich zusammen. Nein, er wollte nie mehr jemanden lieben und das heute war eine einmalige Sache. Viel zu nahe hatte er diesen verfluchten Juka an sich herangelassen. Dieser Fehler durfte ihm kein weiteres Mal unterlaufen. Kyo raufte sich zusammen und kehrte ins Wohnzimmer zurück. „Du solltest jetzt gehen…und das du Bescheid weißt, mehr bekommst du von mir nicht…das heute war eine Ausnahme. Verschwinde aus meinem Leben Juka.“ „Und was ist, wenn ich das nicht tue?“, fragte der andere provokant. „Dann werde ich dafür sorgen, dass du es tust.“ Scheinbar nahm er die Drohung dann doch ernst und zog sich schnell wieder an, um die Wohnung des Sängers zu verlassen. Da an Schlaf jetzt unmöglich zu denken war, verkroch sich Kyo in seinem Arbeitszimmer und brachte das Gedankenchaos in seinem Kopf zu Papier.   Bandprobe, ja richtig. Das hatte Toshiya die letzten Tage erfolgreich verdrängt. Er hauchte Mariko einen sanften Kuss auf die Stirn, worauf ihre Lippen sich zu einem Lächeln verzogen. „Guten Morgen mein Hübscher…machst du mir Frühstück?“, fragte sie noch ein bisschen verschlafen. „Sehr gerne…aber wir müssen uns ein bisschen beeilen. In zwei Stunden muss ich im Proberaum sein.“ Die junge Frau zog einen Schmollmund. „Stimmt, das hatte ich vergessen…du bist mit deiner Musik verheiratet…“ „Sorry, das wusstest du vorher“, erwiderte der Bassist nun auch leicht angefressen und erhob sich, schlüpfte in seinen dunkelroten Morgenmantel aus Satin und kochte Kaffee. Anschließend bereitete er Pfannkuchen zu, um seine Freundin wieder ein bisschen milde zu stimmen, was ihm offensichtlich auch gelang. Denn schon legte sie ihre Arme um ihn und küsste ihn. Seine langen schwarzen Haare fielen ihm leicht über die Schulter. „Essen wir im Bett?“ „Sehr gerne“, gab Mariko zurück und verschwand mit der Kaffeetasse wieder im Schlafzimmer. Toshiya folgte ihr wenig später und schnitt ein Stück von der Süßigkeit ab, um seine Freundin zu füttern. Diese kicherte und tat es ihm gleich. „Ich bin froh, dass wir wieder zusammen sind Tosh…“ Tosh? Seit wann nannte ihn Mariko denn so? Nur Die benutzte sonst diese schon fast liebevolle Abkürzung seines vollen Namens. Die. Fuck, warum musste er auch wieder an den Rothaarigen denken? „Ist alles okay? Du wirkst auf einmal so geschockt…“, fragte die junge Frau und Toshiya nickte nur. „Ja ja, alles gut…ich geh dann Mal duschen.“ Mariko folgte ihm, doch er gab ihr zu verstehen, dass er allein duschen wollte. Na toll, jetzt war die romantische Stimmung dahin. Er beeilte sich, um noch das Geschirr zu spülen, während seine Freundin das Bad blockierte. Schon fast ein bisschen zu spät verließen sie gemeinsam seine Wohnung und Toshiya verabschiedete sich von Mariko. „Sehen wir uns morgen?“ Der Bassist zuckte mit den Schultern. „Kann ich dir noch nicht sagen, aber ich meld mich, okay?“ Sie nickte und verschwand in die andere Richtung. Schnell flitzte Toshiya zur Metro, um diese noch zu erwischen und kam völlig außer Puste im Proberaum an. Doch als er die Tür öffnen wollte, war diese verschlossen. Was war denn jetzt los? Verwirrt öffnete er diese, um festzustellen, dass niemand außer ihm da war. Hatte er sich im Tag geirrt? Nein, definitiv nicht. Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er war eine Stunde zu früh da. Mit der flachen Hand schlug er sich gegen die Stirn. Wo war nur sein Gehirn, wenn er es brauchte. Naja besser zu früh, als zu spät. Da konnte er noch ein bisschen auf seinem Bass üben. Kurz überlegte Toshiya auch, Mariko zu schreiben, ob sie nicht noch herkommen wolle, verwarf diese Idee jedoch schnell wieder, denn sicher würde Die das nicht unbedingt begrüßen. Die. Warum konnte nicht alles einfach wie früher sein? Warum hatte er den Rotschopf auch küssen müssen? Dafür könnte sich der Bassist steinigen. Er wollte einen neuen Riff probieren, der ihm schon eine Weile im Kopf hing und begann zu spielen. Seine Finger zupften die Saiten geschickt und der Klang seines Instrumentes beruhigte Toshiya ein wenig. Erschrocken hob er den Kopf, als er einen Schatten bemerkte. Erleichtert stellte er fest, dass es nur Kaoru war. „Nicht übel…aber warum bist du schon da?“ Der Bassist errötete etwas. „Hab mich wohl in der Zeit geirrt und war etwas früh dran.“ Der Leader lachte. „Naja, besser zu früh, als zu spät“, witzelte er. Nun trafen auch Kyo und Shinya ein. Der Sänger sah aus, als hätte er kaum geschlafen und als sich die Tür vom Proberaum ein weiteres Mal öffnete, blickte der Schwarzhaarige zu Boden. Die Jungs nahmen ihre Plätze ein und begannen mit Spielen. Allerdings klang das alles andere als professionell. Kyos Stimme schien sehr lädiert zu sein, Die war so was von gar nicht bei der Sache und selbst Shinya schien irgendwo anders zu sein. Genervt schnallte Kao seine Gitarre ab und befahl seine Jungs zum Sofa in den vorderen Raum. „Kann mir einer von euch bitte Mal sagen, was das gerade war?“, fauchte er seine Band wütend an. „Vielleicht solltest du das Toshi und Die fragen“, platze es aus dem Sänger raus und sofort richteten sich zwei zornige Augenpaare auf ihn. „Du solltest dir besser an die eigene Nase fassen!“, fuhr der Drummer den Sänger an. Kyo zündete sich eine Zigarette an und Die tat es ihm gleich. „Okay, scheinbar gibt es Probleme…könnten wir die bitte aus der Welt schaffen? Oder auf später verschieben und jetzt mal ordentlich proben?“ „Na schön…Tosh und ich hatten was am Laufen, doch jetzt ist er wieder mit seiner beschissenen Ex zusammen, weil er sich nicht eingestehen will, dass er insgeheim auf mich steht!“ Alle starrten entsetzt zu dem rothaarigen Gitarristen. Nur Kyo klatschte Beifall. „Na super…vögelt sonst noch irgendwer mit irgendwem? Leute, wird sind ernst zu nehmende Musiker und keine beschissenen Lustknaben! Was ist nur kaputt bei euch? Vielleicht sollte ich die Regel aufstellen- kein Sex innerhalb der Band!“, fuhr Kaoru seine Jungs mehr als aufgebracht an. „Sagte der, der kein Sexleben hat und sich der Arbeit verschrieben hat“, konterte Kyo. „Immerhin besser, als den Lover seines Exfreundes flach zu legen!“, mischte sich nun auch Shinya ein. „STOPP!!! Bevor wir uns noch zerfleischen, sollten wir die Probe besser verschieben“, versuchte Toshiya den Streit noch zu schlichten. „Damit zu du schnell wieder zu deiner Mariko kannst oder was! Du solltest dir wohl besser klar machen, was dir wichtig ist Tosh, die Band oder sie!“ „Ohne Witz…ich finde die Idee super. Lasst uns wann anders proben“, begrüßte auch Kyo den Vorschlag seines Bassisten. Doch Kao drückte ihn wieder in die Kissen des Sessels. „Keiner geht irgendwo hin! Ich glaub ihr habt alle eine Vollmeise. In drei Wochen beginnen die Aufnahmen! Reißt euch jetzt verdammt noch Mal zusammen, sonst such ich mir wirklich eine andere Band…“, drohte der Leader und keiner zweifelte an der Wahrheit seiner Worte. Also nahmen die Jungs ihre Plätze wieder ein und rissen sich am Riemen, denn insgeheim wollte das niemand. Alle hingen an der Band und es würde jeden einzelnen an den Rand der Verzweiflung treiben, wenn es Dir en Grey nicht mehr geben würde. Die nächsten Stunden herrschte höchste, konzentrierteste Professionalität und so wurde auch der Diru Leader zufrieden gestimmt. Ohne noch großartig miteinander zu reden, gingen die Jungs danach wieder ihre eigenen Wege, nur Shinya und Kaoru blieben noch übrig. „Nimm’s ihm nicht übel Kao-chan…“ „Stimmt das, was du zu ihm gesagt hast?“ Der Drummer nickte traurig und schluckte die Tränen hinunter. „Es nimmt mich jedes Mal auf’s Neue mit, wenn er mich so von sich stößt…weil ich dann weiß, wie schlecht es ihm wirklich geht…ich hab solche Angst…“ „Hey, Shin…ich glaub Tooru weiß, was er tut und wenn er dich braucht, wird er kommen…das tut er doch immer.“ „Da bin ich mir nicht so sicher…gerade habe ich eher das Gefühl, ich verliere ihn und ich möchte nicht, dass er dahin geht, wohin ich ihm nicht folgen kann…“ „Das wird er nicht…da bin ich mir sicher.“ Der Drummer seufzte tief und wischte sich über die feuchten Augen. „Jetzt geh dich ausruhen. Schlaf ein wenig und wir sehen uns morgen.“ Die beiden Männer lagen sich länger in den Armen als nötig, dann löschte Kaoru das Licht im Proberaum und folgte seinem Drummer in die Dunkelheit. Ein Stück des Weges liefen sie noch gemeinsam, dann schlugen sie unterschiedliche Richtungen ein und winkten sich zum Abschied. Kapitel 11: Rummel ist nicht gleich Rummel ------------------------------------------ Mit einem mulmigen Gefühl im Magen ging Shinya nach Hause. Wenn er doch nur wüsste, wie er seinem liebsten Kyo helfen konnte? Es zerriss ihn, den Freund so nahe am Abgrund zu sehen, zu wissen, er könnte jederzeit abstürzen. Und wieder trieb es dem Drummer fast die Tränen in die Augen. Warum nur war dieser Idiot auch noch so stur? Shinya stieg die Stufen der Metrostation hinauf und lief durch das noble Viertel mit den Villen zu seiner Wohnung. In den meisten Häusern brannte noch Licht, doch der Drummer kannte die Menschen in seiner Nachbarschaft nicht und legte auch keinen Wert darauf. Das verzierte Holztürchen knarzte ein bisschen, als er es aufdrückte und durch seinen Vorgarten schritt. Doch plötzlich hielt er abrupt inne. Auf den Treppen vor seiner Haustür kauerte jemand. Seinen blonden Schopf verdeckte die Kapuze seines Pullis und die Zigarette zwischen seinen Fingern war fast komplett herab gebrannt. Er schaute auf, als er Shinya kommen hörte, nahm einen letzten Zug und drückte die aufgerauchte Kippe aus. Er trug noch immer dieselben Klamotten wie bei der Probe. Das konnte nur heißen, er war danach gleich hier her zu ihm gekommen? Der Drummer fühlte sich ein bisschen geschmeichelt und kuzte sich neben seinen Sänger. „Hey…was machst du denn hier?“, fragte er mit sanfter Stimme und legte seinen Arm um den Freund. Sogleich sank dessen Kopf an seine Schulter. „Ich glaub ich brauch meinen besten Freund gerade…“, flüsterte Kyo. „Lass uns nach drinnen gehen.“ Shinya organisierte Kissen, zwei Decken, Tee und Knabberzeug. Sein Freund ließ sich schon beinahe erschöpft in seinen Schoß sinken. Die unendlich leeren Augen des Sängers jagten dem Drummer eine heiden Angst ein. Und insgeheim war er ein bisschen froh, dass Kyo einen Pulli trug, denn er befürchtet die Arme seines besten Freundes sahen wieder schlimmer aus. „Was ist los?“, fragte er schließlich vorsichtig. „Ich bin am Ende Shin-chan…ich kann nicht mehr…es bringt mich um“, wisperte der Kleinere und brach in Tränen aus. Shinya zog ihn in seine Arme und hielt ihn einfach nur. Ganz fest, damit er merkte, wie sehr er ihn brauchte. Kyo zitterte und der Drummer zog die Decke um ihn. Auch wenn es draußen theoretisch noch Sommer war, in seiner Wohnung herrschten kühlere Temperaturen, weil diese im Erdgeschoss lag. „Mein armer Liebling…ist es wegen Juka?“ „Auch…weißt du, warum Kami ihn geliebt hat? Weil Juka ihm die Unterwürfigkeit gegeben hat, die ihn befriedigte. Mich hat er nie so geliebt wie ihn…ich war stets das zweite Rad am Wagen…nicht, dass ich das nicht wusste, aber der Grund fehlte mir. Den kenn ich jetzt und es tut so weh…so schrecklich weh, denn selbst wenn ich am Ende um Kami gekämpft hätte, ich wäre nie in der Lage gewesen zu gewinnen…und dann…ich hätte mich gar nicht erst auf Juka einlassen dürfen…ich hab das Gefühl mein Herz erträgt diese Schmerzen nicht länger…“ Shinya nahm das Gesicht seines Freundes zwischen seine Hände und küsste ihn auf die Stirn. „Wir schaffen das…gemeinsam…ich lass nicht zu, dass du noch tiefer stürzt…“ Kyo vergrub sein Kopf in den Haaren seines liebsten Freundes und schluchzte erneut. „Und was wenn nicht…was ist, wenn ich zu schwach bin Shini? Ich meine, was hält dich bei mir? Warum lässt du mich nicht einfach fallen?“ „Oh weil ich das niemals könnte…ich hab dich lieb, so sehr…und ich möchte, dass du deine Musik…dein Talent noch weiter in die Welt hinaus trägst…du zeigst mir jedes Mal auf’s neue, dass wir unsere Bestimmung gefunden haben…ich glaube an keine Götter oder so Tooru, aber ich glaube an dich…“ „Aber weshalb? Ich bin unausstehlich, launisch, exzentrisch, selbstzerstörerisch…hab nicht Mal ein nettes Wort für andere übrig. Sag mir also, was macht mich denn so liebenswert?“ Der Selbsthass und der Schmerz in seiner Stimme trieben auch dem Drummer die Tränen in die Augen. „Weil du immer wieder zu mir zurück kommst…dich mir anvertraust…mir dein wahres Wesen offenbarst…ich kenne dich wie kein anderer Tooru-chan und dafür liebe ich dich, denn das bedeutet, dass du nicht aufgibst, weil du tief in dir noch Hoffnung hast. Hoffnung auf Liebe.“ „Niemand wird es jemals schaffen dieses Feuer wieder zu entfachen.“ „Du weißt genau, dass das nicht stimmt…du bist ein so toller Mann und irgendwann wird das auch jemand sehen…“ „Ich halte es für unmöglich eine Beziehung außerhalb der Musik zu führen. Wie soll das denn funktionieren? Ich schätze deine Bemühungen sehr, aber ich glaube nicht dran Shin-chan…aber du bist da und gibst mir Halt, wie auch immer du mich erträgst…ich geb dir nicht Mal was zurück. Komm immer nur dann, wenn ich was brauche oder es mir scheiße geht“, grummelte der kleine Warumono und Shinya musste ein bisschen grinsen. „Du gibst mir das Gefühl gebraucht zu werden und das bedeutet mir alles…ich meine, du könntest sicher auch mit Die, Toshi oder Kao reden, aber du kommst zu mir. Immer zu mir und das ist schön.“ „Danke dafür…darf ich ein paar Tage bei dir bleiben? Bis ich wieder klar komme?“ „Was fragst du mich das überhaupt…jetzt in deinem Zustand lass ich dich ohnehin nicht allein. Hast du noch Lust auf einen Film?“ Kyo nickte und bediente sich an der Schüssel mit den Chips. „Splatterhorror?“  „Auf jeden Fall…du darfst mich aber nicht los lassen…weißt du, ich hasse Nähe…aber bei dir ist es was anderes. Wenn du mich umarmst, geht es mir immer besser.“ Shinya lächelte und war so froh, dass Kyo jetzt hier bei ihm war und nirgendwo anders. „Aber kurz muss ich aufstehen und den Film einlegen…bin sofort wieder da und du siehst mich ja noch.“ „Na gut.“ Der Sänger löste sich aus der Umarmung seines Drummers und zog seinen Pulli über den Kopf. Die Freunde vertrieben sich den Rest des Abends mit Horrorfilmen und lustigen Anekdoten aus älteren Tagen. Das tat Kyo gut und lenkte ihn ab. Und wieder einmal war es sein bester Freund, der ihn wieder aufpäppelte und tief in ihm glomm ein winziger Funken des Gefühls auf, dass er vielleicht doch noch nicht ganz verloren war.   Auch Toshiya erwartete eine Überraschung, als er nach Hause kam. Vor seiner Wohnung lauerte ihm der Rotschopf auf. Nicht auch das noch. Dabei hatte er gerade überlegt seiner Mariko noch zu schreiben, um sie zu fragen, ob sie nicht doch Lust hatte, noch vorbeizukommen. Genervt drängte er den Gitarristen von der Tür, um aufzuschließen. „Nicht mal ein hallo?“ „Ich hab dich doch heut schon gesehen“, fuhr ihn der Bassist verzweifelt an. Warum konnte Daisuke nicht einfach verschwinden und ihn in Ruhe lassen? „Tosh, bitte, können wir nicht vernünftig reden? Diesen Mist aus der Welt räumen? Ich komm sonst echt nicht mehr klar.“ „Na schön, aber wehe du kommst mir zu Nahe.“ „Keine Sorge, ich lass meine Hände bei mir.“ Die jungen Männer setzten sich auf den Boden auf die Sitzkissen gegenüber. „Egal was du zu sagen hast, mach schnell, ich bin voll erledigt.“ „Tosh…ich wollte dir nur sagen, dass ich es verstanden hab. Aber ich fände es schön, wenn wir immerhin als Freunde wieder normal miteinander umgehen können. Wäre das für dich machbar?“ Der Bassist schaute seinen Gitarristen lange an, dann zuckte er mit den Schultern. „Wahrscheinlich hast du Recht…es ist eben passiert, aber ja…lass uns das vergessen…Freunde?“ Er streckte dem Rothaarigen die Hand zur Versöhnung hin und dieser schlug ein. Ein Lächeln huschte über seine Lippen und schon wollte er sich erheben und gehen. „Ähm, willst du nicht noch auf einen Drink bleiben?“, fragte Toshiya und Die freute sich sogar ein bisschen, doch er fühlte sich müde und kaputt und bevor er wieder etwas tat, was er später bereute, trat er besser den Heimweg an. „Danke für das Angebot, aber ich sollte dringend schlafen. Ein anderes Mal gerne.“ Nach einem Moment des Zögerns umarmten sich die Freunde und Toshi rief seine Freundin noch an, die vorbeikommen wollte. Sie tranken Wein, plauderten über den Tag und gingen schließlich schlafen. Mariko kuschelte sich an ihn und doch fühlte er sich so leer? Vielleicht sollte er auch Mal wieder richtig schlafen.   Daisuke marschierte in die nächste Bar, denn wenn er jetzt nach Hause ging, würde er zusammenbrechen. Er bestellte sich Schnaps. Schnaps  und  noch mehr Schnaps. Der Barkeeper kannte den jungen Musiker zwar und normalerweise mischte er sich nicht in das Trinkverhalten seiner Gäste ein, doch das schien eindeutig nicht gesund zu sein. „Hey…ich glaub du hattest genug heute. Geh nach Hause, schlaf dich aus und morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus“, riet der Barkeeper dem rothaarigen Trunkenbold. „Ja klar, wer’s glaubt!“, murmelte dieser in seinen nicht vorhandenen Bart, erhob sich und stolperte geradewegs in den nächsten Club hinein, dessen Pforten noch geöffnet hatten. Dort flirtete er mit irgendeinem Mädel und beschloss sie kurzerhand mit zu sich nach Hause zu nehmen. Von dem, was da passierte, bekam er kaum etwas mit. Am nächsten Morgen fand er sich nackt auf seinem Wohnzimmerteppich wieder. Das Mädel lag neben ihm, ebenfalls nackt. Toll. Super Sex musste das ja gewesen sein. Der Gitarrist ging duschen, kochte sich Kaffee und schlug dann den Weg zum Proberaum ein. Er wollte seinen Kummer in der Musik ertränken. Besser als andere Dummheiten anzustellen. Nach einer Weile trafen auch die anderen Jungs ein. Alle begrüßten sich zwar wieder normal und die Jamsession verlief auch ganz gut, dennoch schwebte noch immer diese dunkle Wolke über den Köpfen aller. Wenn sich das Mal nicht wieder einrenkte. Für den Abend suchte sich der Rothaarige wieder eine nette Begleitung und der Sex war dieses Mal gar nicht so übel. Das lag wohl daran, dass er nicht ganz so betrunken war wie am Tag zuvor. Und so trug sich das Abend für Abend zu. Woche für Woche. Die wollte seine Gefühle abstellen, seine Lust ausleben, doch immer mit demselben Ergebnis. Toshiya spukte in seinem Kopf herum und machte ihm schöne Augen. Wie hatte er auch nur eine Sekunde glauben können, dass der Bassist Interesse an ihm hatte. Traurig ließ er sich mit deinem Tequila auf der Dachterrasse nieder.   „Schatz, was hast du denn? Du bist gar nicht bei der Sache“, meckerte Mariko und Toshiya schreckte auf. Sie saßen im Kino, doch er hatte seine Umgebung ausgeblendet. Bekam kaum etwas mit. Der Film schien zu Ende zu sein, denn der Saal erhellte sich und alle Gäste erhoben sich von ihren Plätzen. Mariko wollte unbedingt noch auf diesen Rummel gehen. Na schön, warum auch nicht. „Möchtest du Zuckerwatte?“, fragte er schließlich, um seine Freundin wieder ein bisschen aufzumuntern. Sie nickte ihn mit strahlenden Augen an. Glücklich stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss. Toshi versuchte zu lächeln, als er seiner Freundin das rosa Zuckerzeug reichte. „Willst du auch was haben mein Schatz?“ „Nee danke“, lehnte er höflich ab. „Bitte ein bisschen für mich…es ist sooo lecker!“ Schließlich ließ er sich breit schlagen, verzog jedoch sofort das Gesicht, als die klebrige Masse in seinem Mund zusammenpampte. Immer, wenn er im Augenwinkel einen roten Haarschopf sah, schrak der Bassist zusammen und drehte sich paranoid um, doch es waren immer andere Menschen, nicht sein Gitarrist. Moment Mal, sein Gitarrist? Warum dachte er sowas? Schnell schüttelte Toshiya den Kopf, um diesen Gedanken los zu werden. Mariko schleifte ihn noch ins Geisterhaus, zu einem der schnelleren Fahrgeschäfte, wobei sie ihm die ganze Zeit ins Ohr schrie und sich an ihm festklammerte, obwohl sie angeschnallt war und dieses dauernde Gekuschel. Am Ende des Abends war der Bassist nur noch genervt und ihm war jegliche Lust auf weitere Aktivitäten vergangen. Deshalb begleitete er Mariko noch nach Hause und trat dann selbst den Heimweg an. Dazwischen kam er an diesem Club vorbei, der ihn magisch anzog und wo er kurzerhand einflog. Er hatte sich schließlich schon lange nicht mehr amüsiert und die Musik schien nicht schlecht zu sein. Rockig, das mochte er. Nachdem er den ersten Shot weg gekippt hatte, beschloss er zu tanzen. Auf einmal erklang ein Lied, welches ihm sehr bekannt vorkam. Dieser Riff? Woher kannte er den doch gleich? Wow, super Gitarreneinsatz. Interessante Stimme. Oh Gott! Das war seine Band. In dem Club lief gerade Dir en Grey. Toshiya hüpfte vor Freude und wählte die einzige Nummer, die er neben der seiner Freundin auswendig kannte. Es klingelte. „Komm schon Die, geh an dein beschissenes Handy!“, fluchte der Bassist vor sich hin. Pech. Da sprang ihn auf einmal jemand von der Seite an und die beiden Männer gingen beinahe zu Boden. „Die? Du hier? Wahhhh, hörst du das gerade? Das ist unser Lied…ich meine, die spielen unsere Musik in nem Club!“ „Jaaaaa, ich freu mich wie verrückt! Das ist der Wahnsinn Tosh und muss definitiv gefeiert werden. Was willst du trinken?“ „Long Island Icetea bitte…brauchst du Geld?“ „Nee lass stecken, die erste Runde geht auf mich.“ Die Freunde stützten sich auf der etwas klebrigen Bar ab, grinsten sich an und schauten zu, wie ihr Cocktail gemixt wurde. Ihnen wurden die Gläser mit Schirmchen gereicht. „Na dann, auf uns! Das müssen wir den Jungs morgen erzählen.“ „Ohne scheiß. Ich bin immer noch voll aus dem Häuschen. Wie geht es dir? Bist du gar nicht mit Mariko unterwegs?“ „Nee, sie hat mich über den Rummel da ums Eck geschleift…aber war voll ätzend.“ „Hast du gerade Rummel gesagt? Mit Zuckerwatte und so? Ohhhhh Tosh, bitte, lass uns hingehen…bitte, bitte, bitte…“, flehte ihn der Rotschopf an. „Die, wie alt bist?“ „Haha, gerade 10. Komm schon, der hat sicher nicht mehr lange auf. Nur kurz.“ „Hat dir schon Mal jemand gesagt, dass du eine verdammte Nervensäge bist?“ Der Gitarrist grinste breit. „Ja du, gerade eben“, witzelte er und lachte los. Toshiya konnte nicht anders und musste mit lachen. Also stürzten sie ihren Cocktail runter und machten sich leicht betüdelt wieder auf den Weg in Richtung Rummel. Daisuke kaufte sich zuerst Zuckerwatte. Natürlich in rosa. Mit der Zunge fische er geschickt nach dem klebrigen Zeug und Toshi lief ein kurzer Schauer über den Rücken. Was sollte denn das jetzt? Seit wann faszinierte ihn denn Dies Zunge so sehr? Auch egal. Die beiden Jungs organisierten sich noch einen Sluched-Ice Wodka Waldmeister. Der Gitarrist schien alles zu lieben, was bunt und knallig und süß war. Amüsiert schüttelte der Bassist den Kopf. „Komm wir haben nur noch eine Stunde. Lass Mal nen Schlachtplan machen- Autoscooter, Gruselhaus, Riesenrad und dieses schnelle Drehdings da. Okay?“ Toshiya nickte nur, weil er wusste, dass es sinnlos war, dem verrückten Rotschopf zu widersprechen. Die ließ die erste Runde springen. Die beiden jungen Männer hatten ein wenig Probleme sich mit ihren langen Beinen in die kleinen Autos zu quetschen. Doch irgendwie schafften sie es und noch bevor Toshiya startete, wurde er von dem wagemutigen Gitarristen gerammt. „Tosh, du musst auch fahren!“, ärgerte er ihn und drehte um. Da fuhr auch der Bassist los, um den anderen einzuholen. Und WUUUUMMMMS. Der Schwarzhaarige kicherte und drehte schnell um, weil er Die entkommen wollte. Doch scheinbar war der Rotschopf nicht nur im Gitarrespielen geübt und so wurde Toshiya ein zweites und drittes Mal gerammt. Ein bisschen außer Puste stiegen sie wieder aus und rannten zur nächsten Attraktion. Das Gruselhaus war alles andere als gruselig, doch  Die erschrak sich trotzdem dauernd. In dem dunklen Gang krallte sich der Gitarrist an seinem Freund fest und versteckte sich hinter diesem, als am Ende des Weges ein Skelett auf sie zugerast kam. Auf dem Friedhof sprangen hin und wieder einige der Gräber auf und ein Zombie versperrte den Weg oder monströse haarige Spinnen seilten sich von der Decke ab. Für Die schien es echt schlimm zu sein, doch Toshiya nahm das alles mit Humor. Da erlaubte sich der Bassist doch glatt einen Spaß und versteckte sich hinter der nächsten Ecke. Der andere rief nach ihm und Toshiya musste aufpassen nicht laut loszulachen. „Ich komm gleich um die Ecke und wehe du stehst…aahhhhhhhaahhhhh!!!! Ich hasse dich….echt, sowas macht man nicht….“ „Die, du kreischt wie ein Mädchen….hahahahahah, ich kann nicht mehr…“ „Haha, sehr witzig…du bist echt doof“, murrte der Rothaarige und Toshiya legte kurz seinen Arm um den Älteren. „Sorry, ich konnte einfach nicht widerstehen…die nächste Runde geht auf mich, in Ordnung?“, versuchte er seinen Freund zu beschwichtigen. „Na gut“, murrte dieser. Auch der Rotschopf schrie in dem schnellen Fahrgeschäft um sein Leben, krallte sich an seinem Bassisten fest und führte sich auf wie ein pubertierendes Mädchen, doch komischerweise störte es Toshiya nicht. Im Gegenteil, er genoss die Nähe des anderen. Wollte ihm Halt geben, auch wenn es nur ein blödes Karussell war. „Boah ich glaub mir ist schlecht“, kam es von dem Gitarristen. „Die, wehe du kotzt mir auf die Schuhe.“ „Nee alles gut, geht schon wieder. Riesenrad?“, fragte er und klimperte mit den Augen. „Okeee…aber dann noch was trinken.“ Die nickte und ergriff eher unbewusst nach der Hand seines Freundes, doch auch Toshiya fiel das nicht weiter auf. Sie setzten sich in eine Gondel, allein und als diese ganz oben anhielt, stellte sich Daisuke hin und schaute hinaus. Reflexartig schloss der ängstliche Bassist seine Arme um dessen Beine. „Du hast doch einen Vollknall. Setzt dich wieder hin!“, fuhr er seinen Freund in forschem Ton an. Doch dieser hielt sich in der Mitte an der Stange fest und zog den Schwarzhaarigen vorsichtig hoch. „Schau doch, wie schön…das ist unsere Stadt Tosh…und heute kam unsere Musik einfach im Club…“ „Können wir uns trotzdem wieder hinsetzen?“ Die grinste und setzte sich wieder, Toshiya noch immer in seinen Armen haltend. „Dir ist schon klar, dass ich dich gerade im Arm halte?“, fragte der Rotschopf vorsichtig. „Ja, ich weiß und die lässt du da bitte auch, so lange wir hier oben sind…hab ich Mal erwähnt, dass ich Höhenangst habe?“ „Und du bist trotzdem mit mir hier oben? Oh Tosh, hättest du eher was gesagt. Da wären wir was anderes gefahren.“ „Nein alles gut, solange du mich nicht los lässt.“ „Tue ich nicht…danke, dass du mitgekommen bist…vor allem nach all dem Stress und so.“ „Ist doch klar, wir sind doch Freunde Die…“ Der Gitarrist seufzte kaum merklich. „Ja, Freunde…“ Das Riesenarad setzte sich wieder in Bewegung und hielt unten an. Die beiden stiegen aus und bewegten sich Richtung Ausgang. „Was machen wir noch?“ „Magst du noch mit zu mir kommen? Was trinken oder so?“ Der Bassist willigte ein, was sollte denn schon passieren? Die nahm eine Flasche Wein mit auf die Dachterrasse, zwei Decken und Kissen. Dort machten es sich die beiden Freunde bequem. Der Gitarrist sprang noch einmal auf, um das Feuer in der Feuerschale zu entfachen und seine Klampfe zu holen. Er spielte ein bisschen vor sich hin und der Schwarzhaarige schaute ihm einfach nur zu. Seine rotblonden Haare fielen ihm ein bisschen ins Gesicht, welches so entspannt und zufrieden wirkte. Gar nicht so aufgedreht wie eben auf dem Rummel. War Die wieder dünner geworden? Ein bisschen sorgte sich der Bassist um seinen Freund. Naja, immerhin hatte er ein ganzes Ding Zuckerwatte verputzt. „Du hast mir schon lang nichts mehr vorgespielt“, stellte er etwas verträumt fest. Die grinste ihn an. „Du bist ja auch kaum noch da. Wenn du willst können wir das wieder öfter haben.“ „Ich wollte dann auch langsam los…morgen ist Probe oder?“ „Jepp…ich bring dich noch zur Tür.“ Die beiden lagen sich lange in den Armen und es fühlte sich so gut an. Toshiya konnte nicht anders und musste den Weg zu seiner Wohnung die ganze Zeit grinsen. Oben angekommen, entledigte er sich seiner Kleider, doch als er das Licht im Schlafzimmer anknipste, traf ihn fast der Schlag und er schrie kurz auf. „Was zur Hölle machst du denn hier?“, fragte er seine Freundin. „Auf dich warten, was sonst! Ich hatte gedacht, wir könnten uns noch einen schönen Abend machen, aber du hattest ja scheinbar besseres zu tun! Wo warst du Toshiya?“ „Muss ich mich vor dir jetzt rechtfertigen oder was?“ Mariko stemmte die Hände in die Hüften und funkelte ihn wütend an. „Wo warst du?“ „Ich war mit Die unterwegs okay?“ „Die? Dein Gitarrist? Habt ihr nicht gerade Streit…“ „Nein, wir haben uns wieder versöhnt. Und im Allgemeinen fänd ich es super, wenn du mich vorher anrufst und nicht einfach hier rein schneist!“, fuhr er die junge Frau an. „Ach, schmeißt du mich jetzt raus oder was?“ Toshiya ließ sich auf dem Sofa nieder und rauchte die Zigarette, die er noch von Die bekommen hatte. Mariko kam aufgebracht aus dem Schlafzimmer gestapft. „Toll, du rauchst also wieder?“, fragte sie mit ungewöhnlich hoher Stimme. Toshi verdrehte die Augen. „Ich hab nie aufgehört…und kannst du mich jetzt bitte einfach in Ruhe lassen? Meinetwegen kannst du hier schlafen, aber jetzt hör endlich auf zu reden Mariko!“ „Schön! Wie der Herr wünscht. Gute Nacht.“ Mit diesen Worten verschwand sie wieder im Schlafzimmer und schloss die Tür nicht gerade leise. Toshiya ließ sich noch tiefer ins Sofa sinken. Er hatte keine Lust sich jetzt ins Bett zu seiner Freundin zu legen. Viel lieber wäre er bei Die. Die. Sein Freund, mit dem er heute einen wundervollen Abend verbracht hatte. Die, der ihn gehalten hatte, weil ihn die Angst in der Höhe packte. Die, dessen verführerische Zunge ihm nicht mehr aus dem Kopf ging, wie er an der Zuckerwatte leckte. „Ach verflucht!“, schimpfte der Bassist und boxte gegen das Sofakissen. Er musste jetzt mit jemandem reden. Am besten mit jemanden, der nicht Daisuke war. Blieb nur noch ein Mensch, der um diese Uhrzeit vermutlich noch auf war. Shinya und Kaoru legten Wert auf ihren Schönheitsschlaf. Es klingelte. Immerhin. „Ja?“ „Tooru…ich bin’s Toshi…bist du zu Hause?“ „Ja, warum?“ Der Bassist seufzte. „Kann ich bei dir pennen? Ist gerade irgendwie alles kompliziert…“ „Komm her…ich bin da.“ „Cool, bis gleich.“ An Auto fahren war wohl jetzt nicht mehr zu denken, deshalb bestellte sich der Bassist ein Taxi zum Haus des Sängers, da dieser am Rande der Stadt wohnte. Leise schlich er ins Schlafzimmer, um seine Sachen zu packen. „Wo willst du hin?“, fragte Mariko verschlafen und scheinbar wieder zahm wie ein Lämmchen. „Ich muss weg…Mariko, wir können nicht zusammen sein…tut mir leid. Du kannst bleiben so lange wie du willst, dein Zeug aus der Wohnung räumen…aber ich kann nicht mehr mit dir zusammen sein. Tut mir leid, dir Hoffnung gemacht zu haben.“ Die junge Frau brach in Tränen aus, doch Toshiya ließ sie allein. Nicht gerade sehr nett, das wusste er selbst, aber er konnte nicht anders. Kyo erwartete seinen Bassisten schon und stand in der Tür. „Willst du bei mir einziehen?“, fragte er verwundert. „Nee…ich musste vor Mariko flüchten…können wir morgen reden? Ich bin völlig erledigt. Und danke…“ Der Sänger winkte mit der Hand ab. „Keine Ursache. Ich hab dir schon alles fertig gemacht…kannst im Wohnzimmer schlafen.“ Und es dauerte auch nicht lange, da fiel der Bassist in einen nahezu traumlosen Schlaf. Kapitel 12: die unschöne Wahrheit --------------------------------- „Und? Weshalb flüchtest du vor Mariko?“, fragte Kyo jetzt bei einem frischen Kaffee und einer morgendlichen Zigarette auf dessen Balkon. Toshiya seufzte tief und trank einen Schluck. „Ach…ich war gestern mit Die unterwegs…danach hab ich mit ihr Schluss gemacht…ich bin durcheinander“, murrte der Schwarzhaarige und legte seinen Kopf auf die verschränkten Arme. „Meine Meinung dazu kennst du ja schon.“ Toshiya nickte betrübt. „Ich weiß…ich weiß…aber vielleicht mag ich ihn auch einfach nur als Freund…also Kumpel Freund.“ Kyo zog die Augenbrauen hoch und machte ihm so sein Unverständnis deutlich. „Du verarscht dich selbst Toshiya und das weißt du. Riskiere einmal was, spring über deinen Schatten…nenn es wie du willst.“ Der Bassist schlug die Hände über dem Kopf zusammen und insgeheim wusste er, dass sein Sänger Recht hatte, doch war auch er bereit diesen Schritt zu wagen? Immerhin war es Daisuke, sein langjähriger Freund und Bandkollege. Und hinzu kam noch, dass das sein erster Mann sein würde. Noch nie zuvor hatte Toshiya intimen Kontakt mit einem Mann gehabt, nicht Mal ein Kuss. Was war, wenn es ihm nicht gefiel? Nein, das stimmte nicht. Der Kuss mit Die! Oh Gott! Wie hatte er das nur vergessen können? Hin und hergerissen von seinen Gefühlen schüttelte er den Kopf hin und her und raufte sich die Haare. Er wusste einfach nicht, was er tun sollte und sein Sänger schien ihm die Verzweiflung anzusehen. „Toshi…rede am besten mit Die…nur so kannst du dir Klarheit verschaffen.“ „Ja, was anderes bleibt mir wohl nicht übrig. Gehen wir zum Proberaum?“ Kyo nickte und der Sänger beschloss mit dem Auto zu fahren. Immerhin wären sie da schneller unterwegs, als mit den Öffentlichen und es war weniger nervenaufreibend. Nervös knetete Toshiya seine Hände und er bekam unglaublich Herzklopfen, wenn er daran dachte, seinem Gitarristen gleich gegenüber zu stehen. Kyo parkte hinter dem Proberaum der Band und eiligst sprang der Bassist aus dem Auto, zündete sich noch eine Zigarette an und schon kam auch der Rotschopf angeschlendert. Ein bisschen müde wirkte er, doch als sein Blick den von Toshiya traf, lächelte er und schon lagen sich die beiden in den Armen. „Bekomm ich nen Zug?“, fragte Die den Freund und der Schwarzhaarige hielt ihm die Zigarette an die Lippen. Doch dann weckte eine unschöne Entdeckung die Aufmerksamkeit des Bassisten und er inspizierte den Hals des Rothaarigen genauer. „Ist das, was ich denke was es ist?“, fragte er unsicher und der Gitarrist schien erst gar nicht zu checken, worauf sich diese Frage bezog. Doch dann lachte er und rieb sich verlegen über den Knutschfleck an seinem Hals. „Ach das…naja, hab gestern ein süßes Mädel abgeschleppt…sie meinte auch, dass sie später noch da ist, wenn wir fertig mit proben sind…“ Toshiyas Eingeweide gefroren zu Eis und das Lächeln wich augenblicklich aus seinem Gesicht. Urplötzlich war ihm speiübel und er wollte Die am liebsten eine reinhauen. Doch versuchte er sich am Riemen zu reißen und ließ die Probe und Kaorus Gemecker über sich ergehen. Alles schien ohnehin in dem einen Ohr rein und aus dem anderen Ohr wieder raus zu gehen. „Tosh, alles gut?“, fragte ihn Die, der sich neben ihn gesetzt hatte. Wann war denn das passiert? „Danke, alles bestens Daisuke!“, bemerkte er zynisch. „Wow…welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“ Wütend zuckte der Bassist mit den Schultern und zündete sich eine neue Zigarette an. „Ach weiß nicht…vielleicht eine mit roten Haaren? Echt spar dir deine Weibergeschichten für wen auf, den es interessiert!“ Kyo rollte nur genervt mit den Augen und verabschiedete sich von seinen Jungs. Auch Shinya und Kaoru hielten es für besser, die beiden Streithähne allein zu lassen und verließen den Proberaum fluchtartig. Toshiya kochte noch immer vor Wut und räumte seinen Platz noch etwas auf, da sich schon wieder überall leere Flaschen angesammelt hatten. Er räumte sie in die dafür vorgesehene Kiste in der kleinen Küchenzeile. Dann verschwand er auf der Toilette, in der Hoffnung der rothaarige Gitarrist würde dann gehen. Irgendwie erschöpft sank er an der Wand der kleinen Kabine hinab und schüttelte nur traurig lächelnd den Kopf. Wie hatte das nur wieder passieren können? An dem Tag, an dem er Die seine Liebe gestehen wollte, krallte sich dieser Lüstling natürlich wieder die erstbeste Tussi. Das war so typisch. Von draußen klang eine Melodie an sein Ohr. Na super, jetzt spielte dieser Idiot auch noch auf seiner Gitarre! Warum nur hatte er auf dem Rummel so lieb und süß sein müssen? Wenn das nicht passiert wäre, würde Toshiya jetzt noch glücklich mit Mariko sein. „Tosh, könntest du mich freundlicherweise Mal aufklären? Was ist gerade dein Problem?“, fragte Die dann nach einer Weile vor der Klotür. Doch der Bassist hatte nicht vor zu antworten. Noch immer beleidigt und verletzt hockte er an der Wand und schmollte. Jetzt folgte ein Klopfen. „Tosh bitte, rede mit mir…wir können das doch klären!“ Plötzlich riss Toshiya die Tür auf und funkelte seinen Freund böse an. „Du Die! Du bist mein verfluchtes Problem!“, fuhr der Jüngere jetzt vollkommen aus der Haut, doch sein Freund schaute ihn nur verwirrt an. „Bitte mehr Details…ich kann dir nicht ganz folgen…“ „Ich…es ist…ach verdammt…!...mir fehlen die Worte…“ „Warum bin ich auf einmal dein Problem? Ich versteh dich nicht Tosh…wenn du auf den Tag auf dem Rummel anspielst…ich hab nichts gemacht. Du warst es doch, der dauernd ankam…und du willst, dass wir Freunde sind, also sind wir nicht mehr…“ „Verflucht…ja das ist wahr, aber musst du mir deshalb auf die Nase binden, mit wem du alles vögelst?“ „Sorry, aber ich dachte, das kann ich dir als Freund sagen…wo also ist dein beschissenes Problem?“ Noch bevor der Bassist die Möglichkeit bekam, seine Worte in einen klaren Satz zu packen, wurde die Tür vom Proberaum aufgerissen und ein völlig verzweifelter Shinya stand dort. Oh nein, Toshiya kannte diesen Ausdruck in seinen Augen und das verhieß nichts Gutes. Noch während er mit Reden begann, füllten sich seine Augen mit Tränen. „Toshi…du musst mitkommen, bitte…es ist schlimm…schlimmer als ich erwartet hab…“ Mit einem Satz war der Bassist bei seinem Freund. „Shin-chan, beruhige dich…geht es um Tooru?“ Der Drummer nickte heftig und zog den anderen mit sich. Toshiya warf Die noch einen hilfesuchenden Blick zu und ohne zu zögern folgte der Rotschopf seinen Freunden. Der Streit von eben schien wie weggeblasen. Sie fuhren zum Haus ihres Sängers und davor parkte ein schwarzer PKW. Schnell eilten die Drei zur Haustür. Von drinnen ertönte Geschrei, so als würde sich Kyo mit jemandem streiten. Alles klopfen, hämmern und Klingeln half nichts. Keiner der beiden öffnete. Bekamen sie überhaupt mit, dass jemand an der Tür wartete? Shinya war kurz vorm Durchdrehen und er schien die andere Person zu kennen. Auch die Nachbarn kamen schon angeschlichen und drohten die Polizei zu alarmieren, wenn diese Ruhestörung nicht bald ein Ende nahm. „Ich versichere Ihnen, das wird sich bald geben…das ist ein Freund von uns und wir klären das gerade“, fertigte Die eine aufgebrachte Nachbarin ab. Panisch lief Shinya auf und ab und überlegte schon über den Balkon ins Haus einzusteigen, da sprang die Tür auf und der Blonde rauschte wütend an den drei Freunden vorüber, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Sie schauten ihm eine Weile nach. Er bewegte sich langsam und ein wenig quälend. Der Drummer folgte ihm. „Juka…was ist passiert?“ rief er ihm nach. Dieser blieb abrupt stehen und wendete ihm sein schmerzverzerrtes Gesicht zu. „Das solltest du deinen gestörten Freund besser fragen“, entgegnete er, stieg in sein Auto, wobei man ihm deutlich ansah, dass er höllische Schmerzen verspürte und verschwand in der Dunkelheit. Shinya machte auf dem Absatz kehrt und rannte voller Angst in die Wohnung. Doch zu spät. Er musste mit ansehen, wie sich sein bester Freund in genau diesem Moment die Pulsadern aufschnitt und zwar nicht quer, sondern längs. Schon einmal fand er ihn mit aufgeschnittenen Armen vor, aber noch nie war er Zeuge dieser selbstzerstörerischen Tat geworden. Das Messer schnitt durch Kyos tätowierte Haut und hinterließ eine klaffende Wunde, aus der das Blut sickerte, welches über seine Hand floss und auf den Boden tropfte. Doch das schlimmste an diesem ganzen Szenario war, dass der Gesichtsausdruck seines besten Freundes zufrieden wirkte. Aus der pulsierenden Wunde drang immer mehr Blut und der Drummer versuchte die Blutung mit bloßen Händen zu stoppen. Kyos Lieder begannen zu flattern und plötzlich sank er bewusstlos in Shinyas Arme. Alles ereignete sich in einem Bruchteil von Sekunden und auf einmal rannten zwei Rettungssanitäter ins Wohnzimmer, rissen ihm Kyo aus dem Arm und kümmerten sich um die Verletzung. Shinya bestand darauf im Rettungswagen mit ins Krankenhaus zu fahren und nachdem er den Ärzten erklärt hatte, dass sie keine andere Wahl hätten, gaben sie schließlich nach. Er ließ die unverletzte Hand seines besten Freundes keine einzige Sekunde los und weinte bitterlich. „Lebt er noch?“, fragte er dann vorsichtig und einer der jungen Männer nickte mit dem Kopf. „Wären wir eine Minute später dran gewesen, wäre er jetzt tot!“ Das versetzte dem jungen Musiker den Gnadenstoß und heulend brach er neben seinem Freund zusammen. Schon allein der Gedanken, Kyo für immer verloren zu haben, jagte einen unerträglichen Schmerz durch Shinyas Brust und er wollte sich das einfach nicht vorstellen. Im Krankenhaus brachte man den Sänger sofort in die Notaufnahme, um ihn dort zu behandeln. Auch Toshi und Die erreichten das Krankenhaus und der Drummer fiel seinen Freunden erschöpft und bitterlich weinend in die Arme. „Oh Shin-chan…es tut mir so leid“, flüsterte ihm Die zu und schlang seine Arme um den Jüngeren, dessen Tränenfluss noch immer nicht versiegte. „Ich wusste nicht, dass es so schlimm um ihn steht“, bemerkte Toshiya sichtlich geschockt, denn auch die Farbe in seinem Gesicht glich der einer Kalkwand. Schließlich gab einer der behandelnden Ärzte Bescheid, dass der Patient jetzt Besuch empfangen könne und schon stürmte der Drummer los. Kyo schlief. Sein Arm war versorgt und trotzdem konnte Shinya nicht mit weinen aufhören. Seine Freunde ließen ihn eine Weile mit ihrem Sorgenkind alleine. Noch immer hallten die Worte der Rettungssanitäter in seinem Kopf. Wenn sie wenige Minuten später eingetroffen wären, würde Kyo nicht mehr leben. Erneut traf ihn diese Erkenntnis wie ein Schlag. Vorsichtig legten sich zwei Arme von hinten um den Drummer. „Shini…du kannst nichts mehr für ihn tun…lass ihn sich ausruhen und wir fahren morgen wieder her, versprochen“, flüsterte ihm Daisuke zu und Shinya flüchtete sich in die Arme seine Gitarristen. „Und wenn er aufwacht und ganz allein ist? Tooru hast Krankenhäuser Die, das weißt du genau…was ist, wenn er sich erneut versucht was an zu tun?“, schluchzte der Jüngere. „Dann sagen wir der Schwester einfach, dass sie öfter nach ihm gucken sollen und du hinterlässt deine Nummer, dass sie dich anrufen können, falls was ist.“ Kaum merklich nickte Shinya und sein Freund hatte Recht, er benötigte dringend Schlaf. Er hauchte seinem Freund noch einen zärtlichen Kuss auf die Stirn und ließ sich dann nach Hause bringen.   Kyo schlief unruhig. Immer wieder suchten ihn die Bilder der letzten Tage heim. Das Gesicht des Blonden hatte sich in sein Gehirn gebrannt und nun hockte er in seinem Kopf, nistete sich dort regelrecht ein und erinnerte ihn immer wieder daran, was er getan hatte. Zu welchen Taten er imstande war und somit ein grausamer Mensch. Ein übler, schrecklicher, gefühlloser Mann, dem es wichtiger schien, seine eigenen Triebe zu befriedigen, als sich um die Emotionen eines anderen Lebewesens zu kümmern . Das Schlechte in ihm würde immer überwiegen und egal, wie oft er versuchte jemanden zu lieben, würde er scheitern. Denn seine Beziehungen konnten niemals gut enden, weil er seine Liebe verloren hatte. Und dann passierte es. Erst ein kurzer Schmerz und dann das wegdämmern in andere Dimensionen. Doch sollte er nicht tot sein? Warum um alles in der Welt dachte er dann noch so viel nach? Tote waren nicht in der Lage zu denken oder doch? Augenblicklich packte ihn die Angst. Panik vor dem, was ihn erwartete, wenn er seine Augen öffnete. Nein, das konnte nicht sein. Das durften sie nicht tun. Sie wussten doch genau, dass er das hasste wie die Pest. Erschrocken fuhr der Sänger auf und der Raum, in dem er sich befand war in ein dämmriges kühles Licht getaucht. Steriles weiß umgab ihn und durch eine Glasscheibe erhaschte er einen Blick auf eine Theke, hinter der eine Ärztin oder Schwester saß. Wie von der Tarantel gestochen sprang der Sänger auf und bewegte sich auf die junge Frau zu. Ihm war gerade völlig egal, dass er nur eine Unterhose trug. „Ich will nach Hause…sofort!“, bluffte er die Krankenschwester an, doch die schien sowas gewohnt zu sein. „Herr Nishimura…das kann ich leider nicht anordnen…Sie müssen mindestens noch bis morgen bleiben…“ „Das ist mir scheißegal, ich geh nicht zurück in dieses beschissene Zimmer…das macht mich fertig. Ich kann da nicht wieder rein.“ Die junge Frau ließ den Patienten einen Moment stehen und rief eine Nummer an, die ihr der Kollege aus der Spätschicht hinterlassen hatte. Mit Nachdruck hatte er ihr nahe gelegt diese Nummer anzurufen, falls es notwendig wäre. Kyo tigerte auf und ab, betrachtete seinen verbundenen Arm und pulte an dem Verband herum. Sofort war die Krankenschwester an seiner Seite und versuchte ihn davon ab zu halten. Doch er stieß sie grob von sich. Mit einem „Bing“ öffneten sich die Türen des Fahrstuhls und Shinya kam angerannt. Seine Augen verquollen und gerötet. Sanft zog er seinen Freund ins Zimmer zurück, doch auch bei ihm protestierte er heftigst. Dennoch schaffte es der schmächtig wirkende Drummer seinen liebsten Freund zurück ins Bett zu bugsieren und schloss die Tür hinter sich. Die junge Schwester versuchte erst gar nicht sich den beiden zu nähern. „Was soll das? Ich will nach Hause Shin-chan…sofort!“, fauchte Kyo. „Nein! Und ich bleib jetzt bei dir…erinnerst du dich an das, was passiert ist?“ „Natürlich erinnere ich mich…ich wollte mir die Pulsadern aufschneiden und jetzt bin ich hier…“ Shinya schluckte und nun wurde auch seine letzte Hoffnung zerschlagen, dass er es versehentlich getan haben könnte. Er kuschelte sich zu seinem Freund unter die Decke. „Du wolltest dich also umbringen?“ Lange schwieg der Sänger und schaffte es auch nicht seinem Drummer in die Augen zu schauen. „Vielleicht…dann passiert sowas nie wieder“, flüsterte er kaum hörbar. „Was ist denn passiert?“ Kyo schüttelte nur den Kopf und rollte sich zusammen, als erlitt er schlimme Schmerzen. „Hast du ihm…Juka weh getan?“ „Ist das denn so wichtig? Was würde das ändern!“, fuhr er seinen Freund jetzt an, doch dem Drummer entging die Verzweiflung in dessen Stimme nicht. „Schon gut, du musst es mir nicht erzählen…“, sagte Shinya und strich seinem liebsten Freund behutsam über den Kopf. „Ich bin ein Monster Shin…ein grausames Monster, das du verachten solltest…Lass mich einfach in Ruhe…“, wimmerte der Blondschopf und der Drummer biss sich heftig auf die Unterlippe. Was konnte er tun? Stand es überhaupt in seiner Macht irgendetwas zu tun oder war Kyos Störung schon ein Fall für den Psychologen? „Du bist kein Monster…“ „Und ob ich das bin! Du hast ja keine Ahnung!“, fuhr ihn der kleine Giftzwerg jetzt an. „Ich hab vielleicht keine Ahnung, aber ich weiß, wie viel du mir bedeutest und jetzt hör endlich auf, diesen Aspekt infrage zu stellen! Du hast vielleicht Mist gebaut, aber du bereust es oder?“ „Ja, aber ich kann nicht garantieren, dass es beim nächsten Mal nicht wieder passiert, verstehst du? Ich hab Juka gegen seinen Willen gevögelt…er bat mich aufzuhören, doch ich tat es nicht…machte immer weiter…bis er mich weg stieß…und jetzt sag mir nicht, dass das normal ist!“ „Nein, das ist nicht normal, aber wenn du nicht so verflucht stur wärst und immer deine Alleingänge durchziehen würdest, könnte ich dir helfen…aber du meinst immer alles auf deine Weise regeln zu müssen. Kyoschatz…jeder braucht Menschen, die einen lieben…ich wünschte nur, ich hätte deine Anzeichen eher bemerkt…“ „Bitte bring mich weg von hier…dieser Ort macht mich irre…“ „Morgen früh…ich bleibe bei dir…“ „Ich hasse dich ein bisschen Shini…du kannst mich nicht retten…“ Da platzte dem Drummer endgültig der Kragen, er holte aus und ließ seine flache Hand auf die Wange seines Sängers sausen. Dieser rieb sich das schmerzende Körperteil und sah seinen Freund überrascht an. „Und jetzt hör endlich auf mir das zu sagen…ich will diesen Satz nie mehr hören. Außerdem kann ich retten, wen ich will.“ Tatsächlich dämmerte Kyo wieder weg, jedoch plagten ihn dieses Mal nicht die grausamen Bilder der letzten Stunden. Kapitel 13: Verzweiflung ------------------------ Ein Tag zuvor   Gerade fiel die Haustür ins Schloss und der Dir en Grey Sänger wollte es sich nach der Probe gemütlich machen, da läutete es. Mit schlurfenden Schritten durchquerte Kyo den Flur, öffnete die Tür nur einen Spalt breit, um sehen zu können, wer der ungebetene Besucher war. Und augenblicklich stieß er die Tür wieder zu, doch zu spät, denn Juka schob seinen Fuß dazwischen. Ein scheues Lächeln stahl sich auf dessen Gesicht. „Was willst du?“, brummte Kyo genervt, auch wenn er die Antwort kannte. „Dich…ich weiß, du hast gesagt, dass du mich nicht mehr sehen willst, aber das glaube ich dir nicht“, raunte ihm der Blonde zu und drückte den Sänger gegen die Wand. „Juka, hör auf…ich kann nicht…“ „Natürlich kannst du…ich hab auch ein paar Spielsachen dabei…bitte Kyo…sonst muss ich mich wieder selbst befriedigen und das magst du doch nicht…ich hab mich extra hübsch gemacht…schau mal“, zwitscherte Juka, ließ seinen Mantel an Ort und Stelle fallen, um dem Sänger seinen Körper zu präsentieren, der nur einer knallengen Lackhotpan steckte. Die schlanken rasierten Beine des anderen Musikers verschwanden zur Hälfte in den schweren Plateaustiefeln, ebenfalls aus Lack. Natürlich fand Kyo Juka attraktiv, doch er würde ihm wieder weh tun. Er wollte ihm weh tun. Der Kontrast von dem Rot seines Blutes, zu dem fast schon schneeweißen Teint seiner Haut. Einfach zu schön. Kyo verfluchte sich für diese obszönen Gedanken. Und schon ergriff diese unstillbare Gier wieder Besitz von ihm. Mit der flachen Hand holte er aus und schlug Juka kräftig ins Gesicht, sodass dieser auf seinen hohen Absätzen ins Wanken geriet, sich jedoch noch halten konnte. Er grinste den Sänger lüstern an und leckte sich über die rosigen Lippen. „Mehr davon…“ „Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich hier nicht mehr blicken lassen!“, fuhr Kyo den anderen Musiker an, doch jetzt bereit zum Spielen. Schließlich mochte er es auch, so angeschmachtet zu werden. „Verzeih mir, aber ich kann nicht anders…du machst mich so willenlos…schlag mich noch mal…bitte“, bettelte Juka und Kyos Faust traf ihn erneut. Aus der kleinen Wunde an der Lippe sickerte Blut. „Komm schon, das kannst du besser…ich will, dass du mich fesselst und heißes Wachs auf meinen Körper tropfen lässt…überall hin…bitte…ich will den Schmerz spüren Kyo…“ Grob zog dieser Juka hinter sich her ins Schlafzimmer und legte ihm Handschellen an. „Fester“, bat er und so zog der Sänger das Metall noch enger um die Handgelenke des Jüngeren. Er stieß ihn wieder vor sich her und als Juka stolperte, fiel er zu Boden und wand sich unter dem schmerzenden Knie. Das würde sich sicher zu einer Prellung entwickeln. Doch er war nicht bereit aufzuhören und Kyo sicher auch nicht. Deshalb blieb er liegen, die Hände auf dem Rücken verschränkt und schaute den anderen erwartend an. Die rote Kerze verlieh dem Dir en Grey Sänger etwas finsteres und diabolisches, doch genau das mochte Juka so an ihm. Diese düstere Seele, die ihm Schmerz und Lust verschaffte. Der Gedanke ließ seine Erregung wachsen und sogleich zuckte er zusammen, als das heiße Wachs auf seine Haut traf.  Er wand sich lüstern und die Handschellen begannen seine Gelenke aufzureiben, doch das störte ihn nicht im Geringsten. Der Riss in seiner Unterlippe brannte kurz, als er mit der Zunge darüber leckte. Sein Stöhnen nahm zu, als ihn Kyo von seiner Hotpan befreite und das heiße Wachs auf seine zuckende Erregung traf. Das Stöhnen ging in ein Wimmern über und Juka überlegte sich kurz, ob er noch mehr ertrug und entschied sich letztendlich dafür. Doch nicht wie sonst hielt sich Kyo zu Beginn ihres Spielchens noch zurück, nein er schien regelrecht Gefallen daran zu haben seinen Körper zu verstümmeln. Als er das Wachs entfernte, gruben sich seine Nägel in Jukas Haut. Er schrie auf, ob vor Lust oder Schmerz, das konnte er nicht so recht definieren. Und erneut spürte er die spitzen Fingernägel in seinem zarten Fleisch. „Kyo…nicht so arg…“, wisperte Juka, doch der andere Sänger schien sich jetzt in seiner Welt zu befinden. Bedrohlich fixierten ihn diese fast schwarzen Augen und zum ersten Mal begriff Juka, weshalb es Kyo nicht auf die Spitze treiben wollte. Doch nun war es scheinbar zu spät. Unsanft drückte der Sänger seine Beine auseinander und ohne jegliche Vorbereitung spürte Juka die Erregung an seinem Eingang. Ein stechender Schmerz durchzuckte seinen Unterleib und wieder schrie er auf. Vor Schmerz, der ihm die Tränen in die Augen trieb und doch hörte Kyo nicht auf. Es hatte sogar den Anschein, als gefalle es ihm. Immer und immer wieder stieß er zu. Jukas Schreie verebbten in Gewimmer. Seine Wangen benetzt von Tränen. Die Worte blieben in seinem Hals stecken, schafften es nicht über seine Lippen, um diesem Grauen ein Ende zu bereiten. Schließlich schaffte er es doch, Kyo mit den Beinen zur Seite zu stoßen. Dieser knallte mit dem Kopf auf den Boden und entdeckte das Blut zwischen Jukas Beinen und an sich selbst. Erschrocken sprang er auf und stürmte ins Bad, um sich zu waschen. Was um alles in der Welt hatte er getan? Er war nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen. Juka folgte ihm und wies ihn an, die Handschellen los zu machen. Ohne Protest folgte er der Bitte und wurde unsanft von Juka gegen die Badezimmertür geschubst. „Was stimmt eigentlich nicht mit dir Kyo? Du bist ja völlig irre!“ Aufgebracht stürmte Juka wieder ins Wohnzimmer und zog sich an. „Du wolltest ja nicht auf mich hören! Ich hab dich gewarnt Juka, mehr als einmal.“ „Total krank bist du! Jetzt hast du, was du willst. Mich siehst du nie wieder…treib mit anderen deine Spielchen…ich hoffe du bekommst irgendwann Mal deine gerechte Strafe…!“ „Juka ich…es tut mir leid, aber du hast mich herausgefordert! Und  tue doch nicht so, als wäre es meine alleinige Schuld!“ „Klar ist es deine Schuld Kyo…ich wollte, dass du aufhörst! Fahr zur Hölle!“ Der Dir en Grey Sänger sank hinter dem Sofa zu Boden und eher unbewusst hatte er das Messer aus der Küche mitgenommen. „Glaub mir, da bin ich schon…“, murmelte er mehr zu sich selbst. Juka verschwand und würde nie wieder kommen. Gut so. Und falls doch, gab es ihn nicht mehr. Kyo hing dem Wunsch nach Befreiung so sehr nach, denn ein solcher Mensch wollte er nicht sein. Er wollte anderen nicht weh tun. Nie mehr. Er wusste, wo er sich schneiden musste, damit er die Pulsadern traf und seine sonst eher harmlosen  Verletzungen lebensbedrohlich wurden. Er musste längs schneiden. Schmerz durzuckte ihn. Irgendjemand kam, doch zu spät. Kyo wurde schwarz vor Augen und er kippte um.   Toshiya zitterte noch immer am ganzen Leib, als sie seine Wohnung erreicht hatten. Es brannte kein Licht, demnach war Mariko hoffentlich verschwunden. Er zuckte zusammen, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. „Tosh…es ist alles gut…er ist jetzt im Krankenhaus…“ Plötzlich konnte der Bassist nicht mehr und brach zusammen, doch Die hielt ihn fest. Sein Die. Schluchzend vergrub er sein Gesicht in dessen Halsbeuge und wollte diese Bilder vergessen. Noch nie hatte er einen geliebten Menschen verloren, doch heute wäre es fast so weit gewesen. „Möchtest du, dass ich dich hoch bringe?“, fragte der Gitarrist schließlich und Toshiya konnte nur mit dem Kopf nicken. Also ergriff der Rothaarige seine Hand und führte ihn in seine Wohnung, kochte ihm einen Tee und setzte sich mit ihm auf’s Sofa. „Shini fährt morgen sicher wieder zu Tooru…mhh, soll ich mit Kao reden? Er sollte es erfahren…“ Der Bassist nickte nur und schluchzte noch immer ein wenig. „Warum Die? Er hätte jederzeit zu uns kommen können.“ „Es liegt nur leider nicht in unserer Macht das zu entscheiden Tosh…“ „Bedeuten wir ihm denn gar nichts?“ „Ich denke nicht, dass es etwas damit zu tun hat…vielleicht sollten wir auch öfter zu ihm kommen und ihn fragen, wie es ihm geht. Tooru hat sich im letzten Jahr immer mehr zurückgezogen…das tat ihm nicht gut. Manchmal sollten wir wohl doch auch so nervig wie Shinya sein und ihm beistehen, auch wenn er es nicht will.“ „Mhh…Die…kannst du die Nacht hier bleiben? Ich bin müde, aber fürchte ich kann nicht einschlafen…“ „Klar. Hast du eine Decke für mich, ich hau mich auf’s Sofa.“ Ohne groß nachzudenken, zog der Gitarrist seine Hose aus, brachte seinen Freund ins Bett und machte es sich auf dem Sofa bequem. Er konnte auch ziemlich schnell einschlafen, doch irgendetwas weckte ihn. Oder eher irgendjemand. Ein völlig zitternder Toshiya kuschelte sich zu ihm unter die Decke. Irgendwie freute ihn das, aber er hatte auch die Befürchtung, er könnte dem Jüngeren zu nahe kommen. Der Rothaarige musste sich schon sehr zusammenreißen, als die Hand seines Bassisten auf seinem Bauch ruhte. Zum Glück hatte er sein Shirt anbehalten. Trotzdem wurde ihm auf einmal viel zu heiß und süße Geruch des Schwarzhaarigen war zu betörend. Dennoch wagte er es nicht sich zu bewegen oder irgendeinen Annährungsversuch zu machen. Deshalb schloss er die Augen und versuchte die Nähe des Freundes zu genießen. Doch dann schossen ihm die Worte wieder ins Gedächtnis. Toshi hatte gesagt, dass er mit ihm ein Problem hatte, doch welche Art von Problem konnte das sein? „Toshi…schläfst du schon?“, fragte er schließlich und augenblicklich hob der Bassist seinen Kopf und schaute ihn an. „Nein…mir geht zu viel durch den Kopf.“ „Sag Mal…was meintest du vorhin damit, dass du ein Problem mit mir hast?“ Ein Räuspern kam von dem anderen Musiker und er stützte sich auf seine Ellenbogen. „Nicht mit dir direkt…nur damit, wie du diverse Freizeitaktivitäten auslebst…“, nuschelte Toshiya peinlich berührt. Zum Glück konnte Die nicht sehen, wie er gerade errötete. „Aha…bist du etwa eifersüchtig?“, stichelte der Gitarrist und schon verlor der Jüngere den Mut und er legte sich wieder hin. „Lass einfach gut sein…“ „Tosh, du kannst sowas nicht anschneiden und mich dann hängen lassen. Wenn du mir etwas sagen willst, dann tue es bitte jetzt.“ Der Bassist seufzte und setzte sich wieder auf. „Ich kann es nicht genau in Worte fassen Die, doch Fakt ist, dass es mich irgendwie trifft, wenn du mit anderen zusammen bist. Der Abend auf dem Rummel…das war wundervoll und ich weiß, dass es vermutlich nicht fair ist…aber ich hasse es, wenn du andere hast.“ „Toshimara Hara…versuchst du mir gerade zu sagen, dass du ganz rein zufällig doch auf mich stehst?“, freute sich der Rotschopf, doch versuchte dies in bisschen zu unterdrücken, um den Freund nicht zu überfordern. „Mhh, vielleicht…ich hab mich von Mariko getrennt…aber ich bin auch nicht gut in sowas…außerdem hatte ich noch nie einen Mann und war mir auch nicht im Klaren, dass ich das kann oder will…Die, ich möchte dich nicht verletzen, aber ich bin mir so unsicher über diese Gefühle und wie ich damit umgehen soll.“ Nun setzte sich auch der Ältere Mann auf und schaute seinen Liebsten an. Ein zaghaftes Lächeln umspielte seine Lippen und er strich Toshi eine Strähne aus dem Gesicht. „Tosh…wir können es einfach versuchen und du sagst mir, wann oder ob wir den nächsten Schritt gehen…“ „Ist das nicht ein wenig zu viel verlangt?“, fragte der Schwarzhaarige etwas unsicher. „Nicht, wenn du es versuchen möchtest. Ich weiß, ich übertreibe es gerne mit trinken und dann kommt wieder eine tolle Frau, die in meinem Bett landet…doch wie oft hab ich mir schon gewünscht, du würdest da liegen und nicht irgendeine Tussi, an deren Namen ich mich am anderen morgen nicht mehr erinnern kann. Das tue ich nur, um meine Befriedigung zu bekommen Tosh. Nichts, worauf du eifersüchtig sein solltest.“ „Aber wenn ich dich nicht befriedigen kann? Ich hab Angst etwas falsch zu machen Die.“ Wieder musste der Rotschopf schmunzeln. Toshi war einfach zuckersüß und am liebsten würde er jetzt sofort seinen Körper liebkosen und küssen. „Darüber können wir ja reden…und ganz ehrlich…ich kann es dir zeigen, wenn du mich lässt.“ Toshiya biss sich leicht auf die Unterlippe und sein unsicherer Blick wanderte zu seinem Freund. „Jetzt? Kannst du mich küssen?“ „Nichts lieber als das“, hauchte Daisuke ihm zu und seine Lippen befanden sich bereits ganz nah an den seinen, sodass er das leichte Kitzeln seines Atems spürte. Der Kuss war sehr zaghaft, fast schon verhalten und der Rotschopf versprach, was er angekündigt hatte, nämlich nichts zu überstürzen.   Kyo erwachte durch den pochenden Schmerz in seinem Arm. Er hatte das Geschehen vom letzten Tag weitestgehend verdrängt, aber der Verband und die Wunde darunter erinnerten ihn doch unweigerlich daran. Er kniff die Augen fest zusammen, weil er nicht aufwachen wollte, denn das bedeutete, die Realität würde ihn schon bald wieder einholen und das ertrug er kaum. Unruhig wälzte er sich hin und her, als sich unschöne Bilder in seinen Kopf schlichen. Als ihn dann auch noch jemand an seinem unverletzten Arm berührte, schreckte er hoch und schaute sich panisch um. Doch vorsichtig wurde er in die Kissen zurück gedrückt und sein bester Freund versuchte ihn mit einem verhaltenen Lächeln zu besänftigen. „Tooru-chan…es ist alles gut. Du kannst übrigens heute nach Hause, ich hab gerade mit dem Arzt gesprochen.“ „Alles gut? In welchem Universum ist denn bitte alles gut?“, fuhr er Shinya an. „Wir sollten gehen…ich hab deine Sachen schon gepackt.“ Der Sänger sprang aus dem Bett, zog sich an, griff nach seiner Tasche und verließ das Krankenhauszimmer fluchtartig. Er musste noch einen Zettel unterschreiben, dass er sich quasi selbst entließ und dann bloß weg hier. Er musste dringend eine Zigarette rauchen, was er vor dem Krankenhaus auch tat. Mit zittrigen Händen versuchte er den Glimmstängel anzuzünden, doch ohne Erfolg. Wütend schmiss er das Feuerzeug auf den Boden. Da hob es sein Freund auf und half ihm. Kyo nuschelte ein „Danke“ und paffte schweigend vor sich hin. Wie sollte es jetzt weitergehen und was würde sein Band von ihm halten? Wussten sie überhaupt Bescheid? Sicherlich. Der Drang, seine Wunde einfach wieder aufzukratzen war groß. Er fühlte sich elend und hasste sich so sehr wie noch nie. Zu Hause wollte er sich schon wieder im Badezimmer einschließen, doch sein Drummer hielt ihn davon ab und kassierte den Schlüssel ein. Wütend funkelte er ihn an und knallte die Tür hinter sich zu. Warum konnte ihn Shinya nicht einfach in Ruhe lassen? Er war ohne ihn besser dran. Könnte sich ein hübsches Mädel suchen und glücklich werden. Glücklich, ein Zustand, den der Sänger kaum mehr kannte. So fremd und unbekannt erschien ihm dieses Gefühl. Er ließ sich Wasser in die Wanne und versuchte den ganzen Dreck und Ekel von sich zu waschen. Nachdem er sich abgetrocknet hatte, holte er sich im Schlafzimmer eine bequeme Hose und zog einen seiner Kapuzenpullis über. Shinya brachte ihm einen Tee und wollte der Anweisung vom Arzt folgen und Kyos Verband wechseln. Abschätzend betrachtete er die Narbe ließ seinen Freund die Salbe auftragen und ebenso den neuen Verband. „Lass mich raten…du bleibst jetzt hier?“ „Ja, das tue ich.“ „Na super. Als würde ich nen beschissenen Babysitter brauchen“, murrte der blonde Sänger. „Scheinbar brauchst du den schon…und bemüh dich nicht erst Süßer…auch deine schlechte Laune oder Beschimpfungen aller Art vertreiben mich nicht.“ „Aber warum? Nenne mir nur einen guten Grund! Ich bin ein skrupelloses Arschloch, das scheinbar über Leichen geht, um seine Befriedigung zu bekommen! Ich bin ein verfickter Sadist, der es geil findet anderen Schmerzen zuzufügen. Außerdem dazu noch völlig kaputt im Kopf. Und jetzt wage es ja nicht mit heulen anzufangen, weil dich meine Worte treffen.“ Shinya lächelte traurig, doch hielt dem Blick seines Freundes stand. „Ach Tooru…ich wünschte so sehr, du wärst bereit professionelle Hilfe anzunehmen. Doch ich kann dich nicht zwingen…wärst du bereit mit mir ein paar Tage weg zu fahren?“ „Nen Scheiß mach ich! Ich will einfach keine Menschen um mich haben…ich hasse Menschen…dich gerade eingeschlossen Shin…ich hasse dich, hörst du!“, fuhr ihn der Sänger an und der Drummer konnte nicht leugnen, dass ihm diese Worte bis ins Mark trafen. Doch er durfte keine Schwäche zeigen, denn dann hätte er verloren. Deshalb tat er das, was er immer tat- schlang seine Arme um Kyo, doch dieser wehrte sich mit Händen und Füßen. Was allerdings nicht viel half. Schließlich gab er auf und ließ sich in die Arme seines Freundes sinken. „Ich weiß, dass du mich nicht hasst…Tooru-chan, bitte fahr mit mir weg. Es ist eine Art Kloster. Dort hast du deine Ruhe, kannst Texte schreiben und dich erholen.“ „Wenn ich aber nicht will!“ „Dann sorge ich dafür, dass du dort hin kommst…“, drohte der Drummer jetzt und Kyo entging der harte Tonfall in dessen Stimme keinesfalls. „Oh ich hasse dich Shin-chan…so sehr. Wann geht der Spaß los?“ „Morgen…ich weiß…doch das geht vorüber.“ Kapitel 14: Senju Kannon ------------------------ Kyo wollte sich nicht von seinen Freunden verabschieden. Nicht, weil er keinen Wert darauf legte, sondern, weil er ihnen nicht unter die Augen treten konnte. Er wollte ihnen nichts erklären müssen und zum Glück verstand Shinya seine Ängste. Nachdem der Sänger eine Tasche mit seinen wichtigsten Sachen zusammengepackt hatte, das hieß- Zeichenblock und Stifte, bequeme Hosen und Pullis, stiegen sie in Shinyas Wagen und fuhren los. Schon während der Fahrt arbeitete Kyo an seinem neusten Tattooentwurf weiter, den er sich vielleicht demnächst stechen lassen wollte. Die Freunde sprachen kaum miteinander, doch das war auch nicht nötig, denn der Drummer wusste, dass sein kleiner Warumono gerade ohnehin nicht sehr redselig sein würde. Er hoffte nur, dass sich Kyo wirklich ein bisschen erholen konnte. Nach etwa einer Stunde bog eine schmalere Straße nach links, in die Shinya hinein fuhr. Als weitere zwanzig Minuten verstrichen waren, erhob sich vor ihnen ein altertümliches Gehöft. Der Drummer parkte seinen Wagen im etwas matschigen Innenhof. Das Gepäck nahmen sie gleich mit. Eine breite Treppe, zu der sich links und rechts hohe vergoldete Säulen erhoben, führte zu einem Eingangsbereich, wo sie ein alter Mann in rotem Kimono und Glatze empfing. Er faltete die Hände vor der Brust und verbeugte sich zum Gruß. Die Freunde taten es ihm gleich. „Angenehm. Ich werde euch zu den Zimmern begleiten“, sagte der Alte mit tiefer, leicht kratziger Stimme. Die Einrichtung der Unterkunft fiel sehr spartanisch aus, doch war sie völlig ausreichend. Inmitten des Zimmers befand sich ein Esstisch und darum herum lagen Kissen. Der hintere Bereich wurde durch eine Schiebetür getrennt, wo die Schlafmatrazen lagen. Von dort aus gelangte man zu einer kleinen Terrasse, die einem einen wundervollen Blick auf die Berge bot. „Jeden Tag bereiten wir frisches Essen zu und ihr könnt kommen oder eure Mahlzeiten im Dorf unten einnehmen. Wie es euch beliebt. Wenn ihr etwas braucht, ich halte mich meist in der große Halle, im Tempel oder in den Gewächshäusern auf. Einen angenehmen Aufenthalt wünsche ich.“ Damit verabschiedete sich der Alte und ließ die Freunde allein. Trotz Kälte verzog sich Kyo auf die Terrasse, um eine Zigarette zu rauchen. Hier konnte er sich vielleicht tatsächlich ein bisschen entspannen, wie gut ihn Shinya doch kannte. Doch noch immer fühlte er sich mehr als schlecht und dieses Gefühl schnürte ihm fast die Luft ab. Er starrte hinaus in die Weite und wünschte sich an einen Ort, wo er vergessen konnte. Ein Ort, an dem er von vorne beginnen konnte. Ein Ort, an dem nicht zu viele Menschen lebten und es ihm möglich war, wieder mit sich ins Reine zu kommen, ohne dieses selbstzerstörerische Verhalten an den Tag zu legen. Schließlich hielt er es nicht länger aus, nur in die Ferne zu schauen. Kyo wollte dorthin. Deshalb sprang er auf, nahm zwei Treppen der Stufen auf einmal und rannte los. Einfach gerade aus. Kalte Luft peitschte ihm entgegen und er spürte, wie die eisige Kälte in seine Lungen kroch, doch dieser Rausch gab ihm mehr, als alles, was er in den letzten Wochen erlebt hatte. Ein leichtes Stechen in seinen Bronchien ließ ihn schließlich anhalten. Er lockerte sich etwas und rannte dann zurück.   Und so verbrachte der junge Sänger seine Tage. Trotz Wind und Schnee stand er jeden Morgen auf, um joggen zu gehen und anschließend in den Trainingsraum, wo er Gewichte stemmte oder seinen Körper trainierte. Seinen besten Freund traf er dann meist beim Essen oder auf dem Zimmer. „Tooru,…ich würde gerne über die Weihnachtsfeiertage zu meinen Eltern…wäre das in Ordnung für dich?“ Kyo zuckte nur mit den Schultern. „Klar. Kann dir das ja kaum verbieten.“ Shinya warf seinem Freund einen leicht vorwurfsvollen Blick zu. „Ich bleib nicht lange…nur ein oder zwei Tage, versprochen. Morgen früh fahre ich und komme baldmöglichst wieder.“ „Okay.“ Der Drummer zog seinen Sänger in eine lange Umarmung und küsste ihn auf die Stirn.   Als Kyo nach seinem morgendlichen Lauf wieder einmal allein auf der Terrasse hockte, bemerkte er, wie ihn jemand beobachtete. Der kleine Junge schien auch zum Tempel zu gehören. Der Sänger warf ihm einen bösen Blick zu, doch das schien den Jungen nicht abzuschrecken, denn er kam aus seinem Versteck hervor und schritt langsam auf Kyo zu. „Wie heißt du?“, fragte er mit fester noch kindlicher Stimme und dieses selbstbewusste Auftreten beeindruckte den Älteren. „Kyo und du?“ „Hiro. Du zeichnest gern oder? Ich hab dich schon oft zeichnen sehen und ich mag deine Bilder.“ „Danke. Kannst du auch zeichnen?“ „Nein, aber ich würde es gern können“, entgegnete Hiro voller Enthusiasmus. Kyo seufzte. Normalerweise hielt er sich fern von Kindern, aber Hiro schien ganz in Ordnung zu sein. Also nahm er ihn mit in sein Zimmer, suchte Papier und Stift heraus und begann zu zeichnen. Der Stift flitzte fast automatisch über das Blatt und schmerzlich stellte Kyo fest, dass sein Verstand das heraufbeschwor, was er am meisten vermisste. Kami. Er hielt kurz inne und legte den Stift beiseite. „Warum hörst du auf?“, fragte Hiro. „Ich mach mir einen Tee, willst du auch einen?“ Der Junge nickte, schnappte sich ein Papier und Kyos Stift von zuvor und begann ebenfalls etwas auf das leere Blatt zu kritzeln. Etwas belustigt schaute ihm der Sänger über die Schulter und stellte die heiße Teekanne und zwei Tassen auf den Tisch. „Wir sollten zuerst mit den kleinen Dingen beginnen. Du solltest mit den Augen anfangen. Wir üben jetzt Augen zeichnen.“ Kyo entzog ihm seine Skizze und malte verschiedene Augenpaare auf, die Hiro nachzeichnen sollte. Dabei stellte sich der Junge nicht mal dumm an. Von draußen ertönte die Stimme des Alten und Hiro schaute auf, erhob sich und öffnete die Schiebetür zum Flur. „Hier bin ich Opa…Kyo bringt mir gerade das Zeichnen bei.“ Mit den Armen auf dem Rücken verschränkt, schritt der Alte zum Zimmertür. „Dann ist ja gut. Es ist Zeit für dein Gebet. Du kannst später wiederkommen.“ Der Junge nickte. „Tut mir leid Opa, das hab ich ganz vergessen.“ „Du würdest sogar deinen Kopf vergessen, wenn der nicht angewachsen wäre“, tadelte der alte Mann seinen Enkel, welcher beschämt zu Boden schaute. Als die beiden schon fast außer Sichtweite waren, rannte ihnen Kyo nach und der Alte drehte sich überrascht um. „Ähm…kann ich…vielleicht mitkommen?“, stammelte der Sänger etwas unbeholfen und auf das Gesicht des Mönches schlich sich ein sanftes Lächeln und er nickte. Die Gebetshalle glich denen, die Kyo schon in Kyoto gesehen hatte. Hoch mit Säulen rechts und links. Ganz vorne des Raumes thronte eine goldene Buddhastatur auf einem Sockel und wirkte sehr respekteinflößend auf den Sänger. Er tat es dem alten Mönch und Hiro gleich, als sich die beiden auf den Boden knieten. Der Mönch murmelte etwas vor sich hin, hielt die Hände dabei vor der Brust und hatte seine Augen geschlossen. Kyo versuchte sich darauf einzulassen und schloss ebenfalls seine Augen. Und irgendwie fühlte er sich an diesem Ort sicher. Dieses Grauen, das in ihm wohnte schien sich wer weiß wohin verzogen zu haben und eine unbekannte Energie floss plötzlich durch seinen Körper. Erfüllte den jungen Mann mit neuen Lebensmut und diesem Gefühl gab er sich vollends hin. Nur das Raunen der Stimme des alten Mönches schien jetzt von Bedeutung. Nichts anderes. Und Kyo schaffte es sogar an nichts anderes zu denken. Ihm gelang es tatsächlich nach all den Qualen der letzten Tage an nichts zu denken und das tat unglaublich gut.   Seinen Entwurf hatte er nun fertig, deshalb fragte er, wie weit der Weg ins Dorf sei. „Etwa eine Meile“, antwortete der Alte. „Wissen Sie, ob es da ein Tattoostudio gibt?“ Ein geheimnisvoller Schatten legte sich auf das Gesicht des alten Mannes. „Dort nicht, aber hier mein Junge. Nicht vielen ist bekannt, dass unser Kloster auch die alte Tradition der Körperkunst weiterführt. Aber keine Angst, auch wir sind mit der Zeit gegangen und haben unsere Methoden etwas modernisiert.“ Das beeindruckte Kyo zutiefst und er folgte dem Mönch in ein kleines Häuschen, in dem sie einen anderen Mönch antrafen. „Kundschaft Sezuki.“ „Oh, ich bin erfreut. Wie kann ich helfen?“ Kyo zeigte dem jungen Mönch den etwas verknitterten Entwurf der Senju Kannon und dieser lächelte. „Ein schönes Motiv. Glaubst du an Gott?“ Der Dir en Grey Sänger zuckte mit den Schultern. „Ich bin nicht sicher…vielleicht glaubte ich einmal an ihn, doch ich fürchte, ich habe meinen Glauben verloren.“ „Und die Senju soll dir helfen ihn wieder zu finden?“ „Möglicherweise. Aber vielleicht soll sie mir auch nur dabei helfen, den Glauben an mich selbst wieder zu finden.“ „Möchtest du gleich beginnen? Wo soll die Tätowierung überhaupt hin?“ „Auf den Rücken“, antwortete Kyo kurz und knapp. Sezuki nickte, wies den Sänger an, sich bäuchlings auf die Pritsche zu legen, damit er mit seiner Arbeit beginnen konnte. Es dauerte eine Weile, bis die Farben in den Töpfchen gemischt waren und dann erklang das Surren der Nadel. Kyo schloss die Augen und spürte sogleich den lieblichen Schmerz. Und wieder beschwor im sein Gedächtnis diesen einen schlimmen Gedanken herauf. Er war ein grausamer Mensch und nicht normal, weil er auf Schmerzen stand. Nicht nur das, es turnte ihn an, anderen Qualen zuzufügen. Heftig biss er sich auf die Unterlippe und konzentrierte sich auf das Surren der Nadel. Er versuchte sich vorzustellen, wie die Farbe in seine Haut einzog und aus den Linien mehr und mehr ein Bild entstand. Das Bild der Senju Kannon, die seine Seele heilen sollte. Als würde er an einen solchen Schwachsinn glauben. Falls es einen Gott gab, würde dieser dann Taten wie die seinen, dulden? Wohl eher nicht. Nach fünf Stunden beendete Sezuki die erste Sitzung. „Ich fürchte du musst noch einmal wiederkommen. Möchtest du es sehen?“ „Gerne.“ Der junge Sänger schaute seinen Rücken im Spiegel an und ihm fehlten die Worte. Die feinen grazilen Linien übertrafen alles und er hätte vor Freude weinen können. „Ich danke dir. Es ist wundervoll.“   Kyo zog sich wieder in seinem Zimmer zurück. Morgen wollte Shinya zurückkommen. Noch immer spürte er die leichten Schmerzen auf seinem Rücken, deshalb zog er den Pullover aus und suchte ein weites Shirt in seinen Sachen. Mit Blatt und Stift bewaffnet setzte er sich auf ein Kissen am Tisch und legte das Papier vor sich hin. Zuerst starrte er auf die weiße Seite, kaute auf dem Stift umher und überlegte krampfhaft, wie er seine Gedanken in Worte fassen konnte. Doch alles, was er zu Papier brachte, hörte sich bescheuert an und entschuldigte seine Taten nicht. In einem Meer aus zerknäulten Zetteln versunken, schreckte er plötzlich auf, als es an seiner Tür klopfte. Er bat den Besucher herein und zu seiner Überraschung war es der alte Mönch Kenzo. Ohne zu fragen, setzte er sich zu ihm. „Wie geht es dir mein Junge?“ „Geht so…hatte schon schlechtere Tage“, erwiderte der Sänger wahrheitsgetreu. Kenzos faltiges Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. „Mein Enkel scheint einen Narren an dir gefressen zu haben…hast du eigene Kinder?“ Diese Frage überraschte Kyo und er hatte sich tatsächlich noch nie Gedanken darüber gemacht. Oder auch noch nie wirklich in Erwägung gezogen, da sich das in seinem Job eher als Hinderlich erweisen würde. Außerdem bräuchte er dafür eine Freundin und da stand er wieder vor seinem altbekannten Problem, er wollte niemanden mehr lieben. „Nein hab ich nicht und werde ich sicher auch nie haben. Mein Leben ist meine Musik.“ „Also trübten mich meine alten Augen doch nicht…ich weiß wer du bist Tooru Nishimura…schon jetzt ist Dir en Grey eine sehr erfolgreiche Band. Doch sieh dich vor, Erfolg ist nicht alles und er ist trügerisch…kann dich auf falsche Wege leiten…und dein Wesen ist zart besaitet, auch wenn du das vor den meisten zu verbergen versuchst.“ „Aber wie schaffe ich es dem Erfolg stand zu halten?“ „Das kann ich dir nicht sagen…es liegt allein bei dir, das herauszufinden. Aber das wichtigste dabei ist, dass du an dich glauben musst Tooru-chan.“ „Mhh“, brummte der Sänger eher unzufrieden, so als wöllte er das, was ihm Kenzo zu sagen hatte nicht hören. „Weil das auch so einfach ist.“ Auf der Stirn des Greises zogen sich Falten. „Ich würde nie behaupten, dass es einfach ist…doch du kannst es schaffen…ich spüre diese Energie, die du ausstrahlst. Du bist ein Kämpfer.“ Kyo nickte traurig. Als Kenzo gegangen war, widmete er sich erneut dem Schreiben des Briefes.   Juka, ich schreibe dir, weil ich noch nicht in der Lage bin, dich persönlich aufzusuchen. Das, was ich dir angetan habe, ist unverzeihlich und ich frage mich noch immer, weshalb du mich nicht wegen Körperverletzung angezeigt hast? Dann würde es mir vielleicht besser gehen, weil ich für meine Schuld bestraft werden würde. Doch möglicherweise ist auch genau das, was du möchtest, indem du genau das nicht getan hast? Und vielleicht willst du mich so bestrafen, in dem Wissen, dass ich auf ewig mit dieser Tat leben muss? Wenn dem so sein sollte, kann ich dir das nicht einmal verübeln. Ich habe mir an diesem Abend versucht das Leben zu nehmen, weil ich nicht so sein will und ich würde alles tun, um diese Taten ungeschehen zu machen, doch leider funktioniert das Leben nun Mal nicht so. Wäre ja auch zu einfach. Ich weiß nicht, ob du mich jemals wieder sehen willst, vermutlich eher nicht, doch ich möchte, dass du weißt, wie leid es mir tut und ich entschuldige mich für alles, was ich dir angetan habe. Vielleicht  beruhigt es dich, wenn ich dir sage, dass ich ein verdammt schlechtes Gewissen habe, keine Nacht mehr ruhig schlafen kann, weil mich noch immer die Erinnerungen quälen und ich es auf ewig bereue. Ich habe der Liebe abgeschworen und werde nie mehr einen Menschen anfassen, zumindest in sexueller Hinsicht und ja, vielleicht brauche ich Hilfe. Doch wer könnte mir schon helfen? Ich wünsche dir ein glückliches und erfülltes Leben. Hoffentlich schaffst du es mich irgendwann zu vergessen. Kyo   Ohne den Brief ein weiteres Mal zu lesen, verstaute ihn Kyo in einem Umschlag, kritzelte die Adresse darauf und frankierte ihn. Dann zog er seine Jacke über und stapfte hinaus in die Kälte, um den Brief ins Dorf zu bringen. Es hatte bereits begonnen zu dämmern und er musste sich beeilen, wenn er den Ort noch vor Anbruch der Dunkelheit erreichen wollte. Mit schnellen Schritten kam er voran, da es nahezu nur bergab ging. Das Dörfchen bestand tatsächlich nur aus ein paar wenigen Häusern, in denen noch vereinzelt Licht brannte. Auf ein größeres Haus, das einer Gaststube ähnelte, steuerte Kyo zu und fragte, ob er den Brief hier lassen könne. Der Wirt nickte. Doch er brachte es letztendlich nicht übers Herz seine Worte abzuschicken. Deshalb ließ er es dann bleiben und steckte ihn zurück in seine Jackentasche. Nach einem Moment des Zögerns fragte der Sänger noch, ob er eine Flasche Sake kaufen könnte. Wieder nickte der Wirt und nannte ihm den Preis. Schnell bezahlte Kyo und verschwand wieder. Schon auf dem Weg zum Kloster öffnete er die Flasche und verzog das Gesicht beim ersten Schluck. Naja, gut war anders, dachte er bei sich. In der Dunkelheit fand er den Weg eher schlecht, doch irgendwann erkannte er das Tor und die Lichter, die aus dem Innenhof strahlten. Schnell, wie ein scheues Reh schlich er zu seinem Zimmer und fühlte sich ein bisschen wie früher, wenn er sich von irgendeiner Party in sein Elternhaus schleichen musste, in der Hoffnung sein Vater würde ihn nicht erwischen. Etwas erschöpft ließ er sich mit der halbleeren Flasche in die Kissen sinken und schon fielen ihm die Augen zu.   Am nächsten Morgen wurde er von seinem liebsten Freund geweckt, doch war dieser weit aus weniger begeistert, als er sah, dass Kyo getrunken hatte. „Findest du nicht, dass du sowas in Zukunft lassen solltest?“, ermahnte der Drummer seinen Freund. Dieser rollte nur genervt mit den Augen. „Weil du Angst hast, ich könnte mir wieder die Pulsadern aufschneiden? Glaub mir, dieser Gedanke kam mir in den letzten Tagen mehr als einmal. Trotzdem stehe ich noch hier. Ich will übrigens zurück…keinen Tag länger halt ich es hier aus…ich möchte in meine Wohnung.“ Shinya seufzte. „Ich hatte gehofft, wir verbringen noch ein paar Tage hier…zusammen.“ „Du kannst ja bleiben, ich komm auch ohne dich zurück…“, keifte der Sänger und packte seine wenigen Sachen zusammen. Sein Freund sah ihm dabei zu. „Tooru, bitte…zwei Tage…“ „Na schön…aber nur, wenn du nach zwei Tagen mit mir zum Proberaum fährst. Ich muss was ausprobieren.“ Mehr sagte der Sänger nicht und Shinya hätte sich so sehr gewünscht, dass es seinem Freund ein bisschen besser ging. Immerhin konnte der Drummer in den letzten Tagen wieder neue Kraft tanken und er war noch immer fest entschlossen seinem besten Freund beizustehen. Kyo ignorierte das Kratzen im Hals. Vermutlich hatte er sich bei seinem Spaziergang etwas verkühlt. Als hätte Shinya seine Gedanken gelesen, kochte er ihm einen Tee. Fast war der Sänger versucht zu fragen, wie es bei seinem Drummer zu Hause gewesen sei, doch eigentlich wollte er das auch gar nicht wissen, denn die schönen, harmonischen Geschichten, wie sein Freund die Tage bei seiner Familie verbrachte hatte, machten ihn nur wütend.   Nach zwei Tagen war das Halsweh noch immer nicht weg, doch Kyo wollte unbedingt in den Proberaum, um die neuen Songs zu singen. „Tooru, bist du dir da sicher? Deine Stimme klingt echt heißer. Nicht, dass du sie noch mehr belastest“, kam es von seinem Freund sorgenvoll. Doch der Sänger winkte ab und zündete sich vor dem Proberaum eine Zigarette an. „Kann nichts schlimmes sein. Nur etwas erkältet.“ Verständnislos schüttelte Shinya mit dem Kopf und Kyo schloss den Proberaum auf. Zum Glück waren die anderen nicht da, denn er war noch immer nicht bereit seine Freunde zu sehen. Er sang sich etwas ein und dann bat er seinen Drummer ihn ein bisschen zu begleiten. Der Sänger machte all den angestauten Gefühlen Luft und beanspruchte seine ohnehin schon geschädigte Stimme bis aufs Äußerste. Irgendwann war er so heißer, dass er kaum noch einen Ton herausbrachte. „Es reicht! Wie schlimm muss es denn noch werden!“, bluffte ihn der Drummer jetzt an. Kyo strafte seinen Freund mit giftigen Blicken und steuerte das Sofa an, wo er sich eine Zigarette anzündete und seine Wasserflasche öffnete, um etwas zu trinken. Das fehlte ihm jetzt noch. Und Shinya hatte Recht, er durfte seine Stimme nicht weiter strapazieren, sonst konnte er seinen Job an den Nagel hängen und was dann? Kyo wollte soweit nicht denken. „Du bist schlimmer als ein kleines bockiges Kind.“ „Tut mir leid…“, wisperte er und nahm einen tiefen Zug. Sein Freund ließ sich auf der Lehne nieder und legte seinen Arm um Kyos Schulter. „Was geht nur gerade in deinem Kopf herum? Du bist so gar nicht du…dabei fehlst du mir so schrecklich Tooru-chan…“ „Pech für dich…ich fürchte ich habe gerade den mir-ist-alles-egal-Modus an…es interessiert mich nicht, was andere denken Shini…“ „Ich merks…willst du nach Hause?“ Kyo nickte, doch gab er seinem Freund zu verstehen, dass er allein nach Hause wollte. Deshalb setzte Shinya seinen Sänger schweren Herzens vor dessen Haus ab. Ohne sich wirklich zu verabschieden, sprang Kyo aus dem Auto und verschwand in seiner Wohnung. Totunglücklich trat dann auch der Drummer den Heimweg an.   „Shini hat geschrieben, dass Tooru wieder zu Hause“, sagte Toshiya zu Daisuke, der nun schon fast einen Monat täglich bei ihm ein und aus ging. „Und, meinst du, wir sollten ihn besuchen gehen?“ Der Bassist zuckte mit den Schultern. „Ich bin nicht sicher…Shini meinte auch, dass er noch übellauniger ist als sonst…“ „Na dann erst Recht oder? Hatten wir nicht eine Abmachung Tosh? Ich will ihn nicht noch Mal so weit unten sehen und ich glaube Shini braucht Mal eine Pause. Vor zwei Tagen wirkte er sehr mitgenommen. Also, ich kauf Sushi und dann fahren wir zu unserem kleinen Warumono.“ Wie so oft ließ sich der Jüngere von der guten Laune seines Liebsten anstecken. Sie kauften frisches Sushi in der Stadt und fuhren mit der Metro zu Kyo. Doch dieser war alles andere als begeistert, als er seine Bandkollegen kommen sah. Auslandend stellte er sich vor die Tür, damit sie gar nicht erst in Versuchung kämen ins sein Haus zu kommen. „Wow, unser Sängerchen hat wirklich miese Laune…“ Die und Toshiya zogen Kyo in die Arme, drängten ihn beiseite und zogen den verwirrten Sänger mit ins Wohnzimmer. Der Gitarrist holte Teller und Gläser, um den Tisch einzudecken und Kyo musste sich eingestehen, dass er dem Essen kaum wiederstehen konnte. Die leckeren Sushiröllchen mit Lachs, Avocado und Gurke, wie er es liebte. Die hatte auch noch einen Reiswein besorgt und prostete seinen Freunden zu. Kyo versuchte kaum bis gar nicht zu reden, um seine Stimme zu schonen, denn dass diese ziemlich in Mitleidenschaft gezogen wurde, merkten auch die anderen beiden schnell. Dem Sänger entging nicht, wie sich Die Und Toshiya immer wieder liebevolle Blicke zuwarfen oder sich manchmal eher zufällig gegenseitig berührten. Irgendwie freute ihn das, aber es versetzte ihm auch einen kräftigen Stich ins Herz, weil er das nie wieder haben konnte oder wollte. Deshalb verzog er sich, um eine Zigarette zu rauchen. Und plötzlich brach alles wieder heraus. Der Schmerz über seinen Verlust. Seine verlorene Liebe. Doch ehe er zusammenbrach, hielten ihn zwei Arme fest und erschrocken schaute er in die braunen Augen seines Gitarristen. Und selbst, wenn er etwas hätte sagen wollen, dazu war er nicht imstande. Die zog ihn an sich. „Ich weiß, du gehst vermutlich gerade durch die Hölle und du willst niemanden um dich haben…nicht, dass wir von deinen wahren Gefühlen etwas mitbekommen. Aber das hält kein Mensch aus…und du bist nicht allein…wir vermissen dich alle…“ Kyo schluchzte heftig und sein Freund brachte ihn wieder ins Warme. Toshiya setzte sich auf die andere Seite, sodass er zwischen seinen beiden  Freunden hockte. Langsam sank Kyos Kopf an Toshis Schulter. „Es tut mir leid…alles…ich bin ein Feigling, ein arroganter Arsch und ein egoistischer Mensch, der auf die Meinung und Gefühle anderer scheißt…“ Toshiya seufzte. Dann klingelte es ein weiteres Mal und Die sprang auf. Kyo ahnte schon, um wen es sich bei den Besuchern handeln könnte. „Du weißt, dass das nicht stimm…“ Von hinten legten sich zwei Arme um den Sänger und als er sich umdrehte schaute er überrascht in das Gesicht seines Leaders. Dieser grinste ihn nur freudestrahlend an. Shinya hielt sich im Hintergrund. „So…das wird ein Bandmeeting der besonderen Art…Kyo…ich hab meine halbe Videospielsammlung mitgebracht, such dir was aus…wir können die ganze Nacht durchzocken wenn du willst.“ Auf einmal leuchteten die Augen des Sängers ein bisschen und er entschied sich für Resident Evil, welches vor nicht all zu langer Zeit erschienen war. Kaoru lachte. „Das dachte ich mir fast und es wundert mich, dass du es noch nicht gekauft hast.“ Kyo zuckte mit den Schultern und öffnete sich ein Bier. „Hatte wohl andere Dinge im Kopf.“ Seine Freunde fragten nicht, was alles passiert war und weshalb er für eine Weile von der Bildfläche verschwunden war. Im Gegenteil, sie lenkten ihn ab und sorgten dafür, dass er Spaß hatte. Kyo begann und fuhr mit dem Auto in die Zombiestadt, um dort zum Polizeirevier zu gelangen. Jedes Mal, wenn es gruselig wurde oder plötzlich ein Zombie auftauchte, kreischten Shinya und Die um die Wette. „Eyyy Jungs, das Spiel hat noch nicht Mal richtig angefangen und ihr schreit schlimmer als unsere Fangirlies“, amüsierte sich der Sänger und Kao lachte neben ihm. Im Polizeirevier konnte man an bestimmten Stellen speichern und sie mussten die Räumlichkeiten erkunden. Kyo gab den Controller an Toshiya weiter und rutschte zu seinem besten Freund. „Es ist nur ein Spiel Shin-chan…aber ich beschütze dich.“ Der Drummer hielt sich die Augen zu und versteckte sich halb hinter Kyo. Dieser schüttelte amüsiert den Kopf und zündete sich eine Zigarette an. Auch Die suchte Schutz bei seinem Liebling. „Na super, fangen jetzt alle an rum zu kuscheln? Und ich gehe wieder leer aus“, beschwerte sich der Leader und versuchte gerade eine Horde Zombies im Keller abzuschütteln. „Kao renn, du kannst die nicht alle besiegen…die killen dich!“, rief ihm Kyo zu und Kaoru rannte um sein Leben. Gerade noch rechtzeitig erreichte er die Halle des Polizeireviers halbwegs unversehrt. Die wurde dann ganz mutig und wollte unbedingt auch mal spielen. Er schaffte es sogar bis in die erste Etage, da auf dem Weg dahin schon fast alle Zombies tot waren. Naja, die Betonung liegt auf fast. In einem der Räume, hinter einem Schreibtisch kroch einer hervor und der Rotschopf schmiss den Controller schreiend weg. Alle außer Shinya, der zwar nichts gesehen hatte, weil er sich wieder hinter Kyo abduckte, aber durch Dies Schrei so zusammenzuckte, brachen sie in schallendes Gelächter aus. „Und Teil 1 hast du ernsthaft allein gespielt?“, fragte der Drummer seinen Sänger völlig ungläubig. Dieser nickte grinsend und nippte an seinem Bier. „Klar…kann ja nicht jeder so ein Angsthase sein wie du“, ärgerte er seinen Freund. Plötzlich sprang Toshiya auf und drückte eher unbewusst Die den Controller in die Hand, der ihn sogleich an Kyo weiterreichte und heftig mit dem Kopf schüttelte. „Was ist los Tosh?“, fragte der Rothaarige. „Ich hab das Popcorn vergessen…Tooru, wo waren Schüsseln?“ „Ganz hinten rechts unten.“ Wenig später kehrte der Bassist mit einer Schüssel voll Popcorn sowie neuem Bier für alle zurück. „Sag mal Toshi und Die…seid ihr jetzt eigentlich zusammen?“, fragte der Leader schließlich und nun wurde auch Kyo hellhörig. „Ähm ja…irgendwie schon…hoffe das geht in Ordnung…“, murmelte Toshiya und Kyo konnte sein Gesicht zwar nicht sehen, dennoch sah er regelrecht, wie der Schwarzhaarige errötete. „Mir egal, so lange sich das nicht negativ auf die Arbeit auswirkt und ihr euch auf der Bühne anschmachtet, anstatt zu spielen…“ „War ja klar, dass du gleich wieder die Arbeit im Kopf hast Kao-chan“, beschwerte sich Die und gab seinem Liebsten einen Kuss. „Naja, ein gutes hat es, Die schleppt keine komischen Mädels mehr ab“, wirtzelte Shinya und alle lachten außer der Rotschopf. „Haha witzig Shini…besser als keine zu haben“, konterte dieser frech. „Naja, ich hab nie gesagt, dass ich niemanden hab, nur häng ich das eben nicht so an die große Glocke.“ „Oho, jetzt wird’s spannend…erzähl uns mehr“, kam es wieder von Kyo, der in einer Seelenruhe durch die dunklen Gänge schlich. „Naja, es gibt da so ein Mädel…wir haben uns jetzt ein paar Mal getroffen…hab sie in einem Modegeschäft kennengelernt…viel ist noch nicht passiert.“ „So so…dann halt dich ran, bevor unsere nächste Tour kommt. Ein paar Konzerte hab ich die nächsten Wochen hier in Japan schon geplant.“ „Hoffentlich ist meine Stimme bis dahin wieder einsatzbereit.“ „Wir werden sehen…ich glaub ich werde müde…“ „Ihr könnt gern alle hier schlafen. Zwei auf dem Sofa und ein Gästebett steht im Arbeitszimmer…“ Kyo warf seinem liebsten Freund einen Blick zu und er musste die Frage gar nicht laut aussprechen. Shinya nickte ihm zu und lächelte. Der Sänger organisierte noch Bettzeug und Kissen. Dann machte er sich im Badezimmer bettfertig und verschwand im Schlafzimmer. „Ohhh krass, dreh dich noch Mal um“, bat ihn sein Freund. Stimmt das Tattoo. „Hab ich im Tempel anfangen lassen, muss aber nächsten Monat noch Mal hin, um es fertig zu stellen.“ „Wow, das ist wunderschön Tooru und passt voll zu dir.“ „Danke…Shin-chan…ich hab dich lieb…sehr sogar.“ Shinya zog seinen Freund behutsam in die Arme. „Süßer, das weiß ich doch…ich dich auch…deshalb bin ich ja manchmal so penetrant.“ „Guck Mal…“, ärgerte Kyo seinen Freund und tat so, als wäre er ein Zombie. Der Drummer schreckte leicht Quietschend zurück. „Ahhhh hör auf…ich mag Zombies wirklich nicht…“ Der Sänger lachte und umarmte seinen besten Freund wieder. „Tut mir leid…es ist zu witzig…ich würde ja sagen, ich tu’s nie wieder, aber ich fürchte das Versprechen kann ich unmöglich halten…“ Shinya schmollte und verzog sich unter die Bettdecke. „Es ist schön, wenn ich dich zum Lachen bringe.“ „Ich weiß deine Mühen wirklich zu schätzen…Gute Nacht…“ Kapitel 15: In der Nacht ------------------------ Als Kyo am nächsten Morgen erwachte, quälte er sich aus dem Bett und kochte Kaffee. Die und Toshi schliefen ineinander gekuschelt und sahen dabei sehr zufrieden aus. Ein verhaltenes Lächeln huschte über Kyos Gesicht und schon hingen seine Gedanken wieder bei Juka und Kami. Er seufzte tief, stützte sich mit den Ellenbogen auf den Küchentisch ab und vergrub seinen Kopf in den Händen. Nur das Plätschern des durchlaufenden Kaffees war zu hören. Sonst blieb das Haus noch recht still. Der Sänger musste sich etwas strecken, um eine Tasse aus dem Regal zu fischen. Mit dem frischen heißen Getränk schlich er auf Zehenspitzen durch das Wohnzimmer zum Balkon, um dort seine morgendliche Zigarette zu rauchen. Doch auch sein Leader schien um diese frühe Uhrzeit schon auf den Beinen zu sein. „Guten Morgen“, grinste Kaoru fröhlich, bekam von seinem Sänger jedoch nur ein spärliches Nicken. „Zigarette und Kaffee, das ist echt ne super Idee.“ „Kaffee gibt’s noch in der Küche“, nuschelte Kyo. Wenige Minuten später kehrte Kaoru mit einer vollen Tasse zurück und zündete sich ebenfalls eine Zigarette an. „Sowas wie gestern sollten wir wieder öfter machen.“ Kyo nickte nur. Ihm war nicht nach reden, schon gar nicht mit seinem neugierigen Leader. Doch er spürte den Blick des anderen Mannes deutlich auf sich ruhen. „Kao…was soll das? Hör auf mich so anzustarren…das nervt.“ „Aber immerhin redest du so mit mir“, amüsierte sich der Braunhaarige. „Und…das ist nicht witzig!“, grummelte Kyo. Aber Kaoru schien das anders zu sehen. „Ein bisschen schon…komm schon Tooru…gestern warst du mal wieder richtig gut drauf…ich mach mir nur Sorge um meinen Lieblingssänger.“ „Dem geht’s blendend. Gespräch beendet.“ Der Leader rollte überspitzt mit den Augen, sodass es der Blonde nicht übersehen konnte und nahm einen tiefen Zug. „Der Meinung bin ich leider ganz und gar nicht, aber es ist okay, wenn du nicht mit mir darüber reden möchtest…Ich wollte dir eigentlich auch nur sagen, dass du dir gerne eine Auszeit nehmen darfst…solange es nötig ist…tue das, was dir gut tut, mit wem auch immer…“ Kyo schaute Kaoru sehr lange an und der Leader vermochte diesen Blick nicht so recht zu deuten. Es erweckte den Anschein, als wollte ihm sein Sänger irgendwas beichten, doch die Worte blieben aus. „Ich will auf die Bühne Kao…da gehöre ich hin…eine Auszeit hatte ich jetzt lange genug.“ „Wie du denkst…darf ich dir was sagen, ohne, dass du gleich ausflippst?“ Der Sänger neigte den Kopf und schaute fragend zu seinem Freund. Dann nickte er. „Ich bin mir manchmal nicht sicher, ob du für deine Arbeit gelobt werden möchtest…dennoch wollte ich dir schon immer sagen, dass ich dich als Musiker und Komponist sehr schätze…du trägst viel dazu bei, dass Dir en Grey mittlerweile wirklich unsere Arbeit ist und wir uns nicht mehr mit unnötigen Nebenjobs über Wasser halten müssen. Unsere Fans lieben dich und ich bin sehr stolz darauf mit dir in einer Band spielen zu dürfen…“ Die Worte seines Leaders rührten Kyo zutiefst, natürlich würde er das niemals offen zugeben. Der Sänger war sich zu hundert Prozent sicher, dass Kaoru wusste, was er in den letzten Wochen und Monaten getan hatte und trotzdem lobte er ihn so? Wie konnte das möglich sein? Sollte er ihn nicht hassen oder verachten? Etwas verwirrt schüttelte Kyo den Kopf und lächelte traurig. „Danke…das baut mich gerade wirklich auf…ihr seid meine Familie Kao…und scheinbar die einzigen Menschen, die mich wirklich kennen und trotzdem irgendwie mögen…der Grund dafür ist mir jedoch ein Rätsel…“ „Ernsthaft? Du machst dich kleiner als du bist…auf der Bühne bist ein verdammtes Genie Kyo und darüber hinaus…jeder macht mal Fehler…das gehört zum Leben dazu…“ „Mal? Fehler? Das ist das verfluchte Problem Kao…alles, was ich probiere…egal wo ich versuchte eine Beziehung aufzubauen, scheiterte ich oder es artete aus und endete mit dem Tod! Das einzige…ja, damit meine ich wirklich das einzige, was mich am Leben hält ist meine Musik, weil ich auf der Bühne meine Gefühle herauslassen kann…Gefühle, für die ich ansonsten keine Verwendung habe…Gefühle mit denen ich absolut nicht umgehen kann und die mich maßlos überfordern. Ich werde niemals ein fröhliches Lied schreiben können und alle meine Texte enden in einer Tragödie oder in purer Verzweiflung. Hast du nicht den Wunsch in einer Band zu spielen, die eben dem nicht entspricht?“ Kaoru dachte einen Moment über Kyos Worte nach und einerseits hatte der Sänger zwar Recht, aber andererseits wollte der Leader auch nichts anderes. Sein Gemüt war zwar fröhlich und ausgelassen, doch wenn er auf der Bühne seine Musik spielte, erfüllte ihn das mit einer Art Macht und mit Stolz, obgleich die Texte seines Sängers Düsternis und Verzweiflung repräsentierten. „Macht nicht genau das Dir en Grey aus? Ich meine, es muss doch auch eine Band geben, die eben nicht auf diesen Friede-Freude-Sonnenschein-Zug aufspringt und wir wären nicht wir, wenn wir uns der breiten Masse anpassen. Ich liebe unsere Musik und ich liebe es, dich auf der Bühne zu sehen…und etwas anderes erwarten unsere Fans auch nicht. Sie kommen, um uns zu sehen. Also lautet meine Antwort definitiv nein…ich will nie mehr in einer anderen Band spielen.“ „Oh Kao…und dich stört es auch nicht, dass Toshiya und Die was am Laufen haben?“ „Quatsch…wobei…naja, ich hoffe wirklich, dass sich das nicht auf unsere Arbeit auswirkt…“ Kyo musste grinsen und beschloss noch eine zu rauchen. „Ich glaub die haben sich im Griff…Die hat doch viel zu viel Respekt vor dir.“ „Glaubst du? Manchmal hab ich das Gefühl ich sollte strenger mit euch Chaoshaufen umspringen.“ „Wie du denkst. Ich mach eh, was ich will und lass mir nichts sagen“, ärgerte der Sänger seinen Leader und Kaoru versuchte böse zu gucken. „Das ist leider wahr…aber wie gesagt, ich wollte es ja so.“ „Eben.“ „Ach halt einfach deine Klappe Tooru…“ Der Sänger musste jetzt wirklich herzhaft lachen, weil er seinen Freund so beim besten Willen nicht ernst nehmen konnte. „Na schön…ich denke, ich sollte dann auch los…mein Date wartet nicht gern…“, rutschte es dem Braunhaarigen raus und jetzt wurde Kyo hellhörig. „Wie Date? Jetzt will ich aber mehr wissen! Und vor allem, wer schafft es denn, unseren arbeitswütigen Leader-sama so um den Finger zu wickeln, dass er mal nicht ans Arbeiten denkt?“ Auf einmal passierte etwas, was Kyo niemals für möglich gehalten hätte. Der sonst so standhafte, selbstbewusste Kaoru lief knallrot an und presste seine Lippen verlegen aufeinander. Jetzt platzte der Sänger fast vor Neugier. „Mhh…es ist kompliziert…können wir uns drauf einigen, dass ich es dir sage, wenn es offizieller ist?“ „Na gut…“, kam es etwas enttäuscht von dem Blonden. „Und kein Wort zu den anderen…das ist mein ernst!“, fügte Kaoru noch hinzu. „Niemals“, schwor Kyo und kreuzte Mittel-und Zeigefinger, um seinem Versprechen Ausdruck zu verleihen. „Danke…also, sehen wir uns in zwei Tagen zur Probe?“ Kyo nickte und umarmte den Freund kurz zum Abschied. Auch Die und Toshiya traten ziemlich schnell den Heimweg an. Hin und wieder streifte der Gitarrist die Hand seines Bassisten, der ihm daraufhin ein schüchternes Lächeln zuwarf und sein Blick verriet, dass sie das auf offener Straße besser bleiben ließen. „Zu dir oder zu mir?“, fragte der Rotschopf dann, als sie Toshiyas Apartment fast erreicht hatten. „Mh, zu dir?“, schlug der Angesprochene vor. Also folgten sie dem Weg noch etwa einen Kilometer länger. In der kühlen Küche wollte Die gerade beginnen, etwas Essbares zu suchen, um seinem Lover Frühstück zu servieren, als dieser auf einmal dicht neben ihm stand. Das brachte den sonst so beherrschten Gitarristen jedoch wie immer hart an seine Grenzen. Und der Aspekt, dass bisher nicht mehr als nur ein bisschen herumknutschen passiert war, machte das die Situation nicht gerade leichter. „Möchtest du was frühstücken? Ich glaub ich hätte da noch Tiefkühlfrühlingsrollen im Angebot…oder Reis mit Soße?“, versuchte er abzulenken. „Frühstück klingt super…aber ich hätte auch Lust auf dich…“, bemerkte Toshi und das schien seinen Freund nun gänzlich aus der Bahn zu werfen. „Ähm…Tosh…nichts für Ungut, aber seit nem Monat lässt du nicht mehr zu, als diese wirklich verdammt heißen Küsse…bist du dir sicher?“ Ohne zu antworten, schlang der Bassist seine Arme um Dies Nacken und küsste diesen recht stürmisch. Seine Zunge schob sich zwischen die Lippen des Rotschopfs, woraufhin dieser ein erregten Laut von sich gab. Toshiya hatte lange darüber nachgedacht und er wollte seinen Liebsten nicht länger zappeln lassen. Langsam öffnete er jeden einzelnen Knopf von Daisukes Hemd und die Vorfreude stieg mit jedem Knopf, den er löste, mehr. Er schob den leichten Stoff über Dies leicht kantigen Schultern und streichelt über seine Arme. „Die?“ „Ja?“ „Kannst du mir zeigen, wie es ist einen Mann zu lieben? Ich möchte mehr von dir…“ „Oh Tosh, du weißt nicht, wie lange ich auf diesen Moment gewartet habe“, raunte der Rotschopf seinem Liebling zu. Doch nicht wie erhofft widmete sich Die Toshiyas Klamotten, sondern küsste ihn wieder. Seine Hände berührten dabei sein Gesicht, seine Wangen und gruben sich in seine Haare. Er verteilte zaghafte Küsse auf dem Hals seines Bassisten und wagte es nun endlich seine Hände unter dessen Shirt zu schieben. Als er das das letzte Mal versuchte hatte, war Toshi völlig ausgeflippt, doch jetzt ließ er es zu. Und es fühlte sich so gut an. Die weiche Haut unter seinen Fingern ließen den Gitarristen leicht aufstöhnen. Und auch den Schwarzhaarigen ließen diese Berührungen nicht ganz kalt. Im Gegenteil. Wenn er zurückdachte, wie es ihn die letzten Mal schon fast angewidert hatte, als Mariko ihm näher kam. Doch das jetzt? Fühlte sich so neu und anders an. Und nicht die zierlichen Hände einer Frau wanderten über seine nackte Haut, sondern die rauen Finger seines Gitarristen und die Hornhaut auf dessen Händen zu spüren fand Toshiya verdammt sexy. Jetzt wurde ihm klar, wie sich all die Groupiemädels fühlen mussten, die von Dies magischen Händen berührt wurden. Schneller als sonst, wanderte das Blut von seinem Kopf in südlichere Regionen. Verdammt, wie schaffte er das bloß? So plötzlich? „Die…können wir irgendwohin…Sofa oder Bett? Ich fürchte ich fall gleich um…“, nuschelte der Bassist zwischen küssen und Luft holen. Daisuke grinste und delegierte seinen süßen verwirrten Toshiya ins Schlafzimmer. „Keine Angst, ich halt dich fest…nach was steht dir der Sinn mein Schatz?“ „Ich hab keine Ahnung…mach einfach weiter…deine Hände auf meinem Körper sind einfach der Wahnsinn…“ „Mh…sind halt echte Männerhände, die wissen, wo sie anpacken müssen“, witzelte der Rotschopf und kniff in Toshiyas Hintern. „Spinner…aber da muss ich dir wohl oder übel Recht geben…“ Und wieder lagen die Lippen der beiden aufeinander. Die befand sich kurz vorm Durchdrehen, weil sich Toshis sündhaft schöner Körper noch viel intensiver und schöner anfühlte, als er sich vorgestellt hatte. Die straffe muskulöse Brust und der flache Bauch mit dem leichten Sixpack. Um Himmels Willen, wie hatte er dem nur so lange widerstehen können? Endlich zog er ihm das Shirt über den Kopf und betrachtete seinen wunderschönen Mann. „Tosh…du bist verflucht heiß, weißt du das?“, raunte er seinem Liebsten zu und musste ihn erneut küssen. „Das kann ich nur zurückgeben…auch wenn es sich noch immer seltsam anfühlt, das zu nem Mann zu sagen.“ Während des Kusses presste der Bassist seine Hüfte gegen die seines Lovers und stellte etwas schockiert fest, dass dieser mittlerweile mehr als bereit zu sein schien. „Sorry…ich hab ja schon erwähnt, dass du echt heiß bist…stört es dich?“ Toshiya schüttelte mit dem Kopf. „Gehört ja auch dazu…nur zählt das auch zu den Dingen, an die ich mich echt gewöhnen muss.“ „Wenn es dir zu schnell geht, musst du mir das sagen“, warf Die etwas besorgt ein. „Nein. Alles gut“, antwortete Toshiya schnell, damit sein Gitarrist ja nicht auf den dummen Gedanken kam, aufzuhören. Und das tat er auch nicht. Er drückte ihn sachte auf das Bett und presste den Bassisten mit seinem gesamten Körpergewicht in die Kissen. Und wieder entfuhr Toshi ein verhaltenes Seufzen, denn diesem tollen Männerkörper so auf sich zu haben, hatte schon seinen Reiz. Und dann endlich traute auch er sich seinen Freund anzufassen. Zunächst sehr verhalten, doch das Kribbeln, welches sich von seinen Fingerspitzen langsam durch seinen gesamten Körper zog und einen angenehmen Schauder hinterließ, den Toshiya so zuvor noch nie hatte wahrnehmen können. Seine heiße Körpermitte drückte sich nun mehr als deutlich gegen Dies Oberschenkel. Dieser grinste natürlich. „Mach ich dich etwa so geil?“ „Oh…wenn du wüsstest…ich…kannst du mich ausziehen…“ „Nichts lieber als das…“ Langsam zog der der Rotschopf seinem Bassisten den Pullover über den Kopf und genoss einen Augenblick, was sich da vor ihm entblößte. Nicht, dass er Toshi noch nie oben ohne gesehen hatte, doch das war immer nur beim Duschen nach Konzerten oder eben in seinen leicht bekleideten Bühnenoutfits. Da hatte er stumm leiden müssen. Doch jetzt? Gehörte das alles ihm. Er küsste diesen wunderschönen Mann vom Hals an abwärts, liebkoste seine Brustwarzen und folgte dem schmalen Pfad aus feinen dunklen Härchen unterhalb des Bauchnabels. „Oh Tosh…ich steh sowas von auf dich…“ Der Angesprochene bekam nur mühsam ein verlegenes Lachen zustande, da er sich gerade kaum auf etwas anderes, als Dies Zunge konzentrieren konnte. Quälend langsam öffnete Die den Knopf seiner Hose und zog sie dem Bassisten über die schlanken Beine. Nun lag er nur noch in Unterhose vor seinem Freund. Die küsste ihn an seinen Schenkelinnenseiten und Toshiyas Finger krallten sich in die rote Mähne des Gitarristen. Seine Hände strichen wieder über seine Seiten und reizten seine Nippel. Toshi stöhnte auf und wand sich lustvoll unter Dies Berührungen. Wieder küsste er ihn und seine weichen Lippen hinterließen feuchte Spuren auf dem Körper des Bassisten. Er reizte ihn immer wieder, nur sparte er seine Körpermitte aus. Toshiyas kompletter Körper schien völlig verrückt zu spielen. Es kribbelte und das Adrenalin schoss durch seine Venen. Dann plötzlich lag auch Die auf ihm. Nackt. Wie hatte er das bloß geschafft? Und dann zog er ihn hoch. „Komm auf meinen Schoß…“ Der Bassist war ohnehin unfähig zu denken und folgte der Bitte. Auf einmal umschloss die Hand seines Liebsten seine Erregung und er keuchte auf. Doch nicht nur das, Toshi bemerkte die glühende Hitze, die ebenso von Dies erregtem Glied ausging, das sich an das seine schmiegte und der Gitarrist begann ihnen beiden gleichzeitig einen runter zu holen. Der Jüngere kam nicht umhin und musste zwischen sich und Die schauen. Eine Hitzewelle erfasste ihn und lustvoll warf er seinen Kopf zurück. Raue Hände an seiner zarten Haut, die sich immer schneller bewegten und ihn mitrissen. „Fuck…das fühlt…sich…ahhh Die“, stöhnte der Schwarzhaarige erregt. „Oh ich liebe es, wenn du meinen Namen so lustvoll sagst“, amüsierte sich der Rotschopf angetan. Alles begann zu verschwimmen und der Höhepunkt näherte sich, doch ließ der Gitarrist seinen Liebsten nicht so weit kommen. Er hatte andere Pläne. Mit dem Daumen fuhr er über Toshis Spitze und entlockte ihm ein Keuchen, sodass er wieder seinen Namen sprach. Diese verruchte tiefe Stimme seines Bassisten, in der dieser Funken Erregung mitschwang. Einfach unglaublich sexy. „Kannst du meine Lippen kurz entbehren?“, fragte er deshalb. Mit verschleiertem Blick musterten ihn diese rehbraunen Augen, von denen der Gitarrist niemals genug bekam. „Was hast du denn noch vor?“, raunte Toshiya und Die grinste nur verführerisch zu ihm und wand seinen Blick kurz nach unten. „Ich will wissen wie du schmeckst Tosh…ich will von dir kosten…“, hauchte er in sein Ohr und dem Bassisten krabbelte ein leichter Schauer über den Rücken. Und noch bevor Die eine Antwort erhielt, begab er sich wieder in südlichere Regionen und leckte zunächst zaghaft über Spitze seines Liebsten. Dieser zuckte leicht zusammen und wand sich unter den geschickten Züngeleien seines Gitarristen. Als Die Toshis Erregung ganz in sich aufnahm, krallte sich dessen Hände in Dies Schultern und sein Becken bäumte sich auf. „Ahhhh…Die…“ Der Angesprochene grinste wieder, hörte jedoch nicht auf und verwöhnte seinen Bassisten nach allen Regeln. Leckte über den Schaft und hin und wieder verirrten sich seine Finger an Toshiyas Hintern, doch er wollte ihn nicht zu sehr überfordern mit den neuen Reizen. Schließlich sollte er Spaß daran finden. Ein weiteres Mal nahm Die ihn ganz in sich auf und das Pulsieren von Toshis Glied wurde nun unregelmäßiger und wieder spürte der Rothaarige, wie sich die Fingernägel seines Liebsten in seine Schultern gruben, gefolgt von wunderschönen stöhnenden Lauten, die über Toshiyas Lippen drangen. Doch Die wollte ihn schreien hören. Noch lauter, deshalb beschloss er ihm Erlösung zu verschaffen. Mit einem lusterfüllten Schrei ergoss sich Toshiya in Dies Mund. Dieser schluckte den Samen runter und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. „Sorry…ich wollte nicht so schnell kommen…aber…“ „Aber?“ „Das war so gut…“ Da der Bassist schneller zum Abschluss kam, als erwartet, musste sich der Gitarrist jetzt wohl oder übel selbst Abhilfe verschaffen. „Schaust du mir zu? Ich denk auch nur an dich…versprochen“, scherzte der Rotschopf und legte erneut Hand bei sich selbst an und so sehr Toshi diese Situation zunächst so gar nicht behagte, war es nicht möglich weg zu sehen. Zu schön und sexy war dieses Bild, das sich ihm da gerade bot. Und auch Die kam zum Orgasmus. Etwas schüchtern lächelte Toshiya zu ihm rüber und wurde sofort wieder in einen Kuss gezogen. „Okay, jetzt aber Frühstück…“ Der Schwarzhaarige konnte nur nicken, so berauscht war sein Verstand. Das mussten sie widerholen. Unbedingt.   Kapitel 16: Geschwisterliebe ---------------------------- Bis zum Halse in der Arbeit steckend schreckte Kyo etwas überrascht auf, als es so spät am Abend noch an seiner Haustür klingelte. Genervt, wie immer, wenn er bei der Arbeit gestört wurde, erhob er sich und schritt zur Tür. „Akira?“ Erstaunt musterte Kyo sein Gegenüber und ließ ihn schließlich eintreten. „Ja. Ich bin es. Damit hättest du wohl nicht gerechnet, was?“ „Nein…tatsächlich nicht. Was willst du hier?“ Der jüngere Mann schaute Kyo mit einem enttäuschten Blick an. Traurig schüttelte er mit dem Kopf. „Ist es etwa verboten meinen Bruder zu besuchen?“ „Natürlich nicht…nur was willst du von mir?“ „Dich sehen verdammt! Was ist nur los Tooru? Ist dir Hana so egal? Oder ich? Seit Jahren meidest du uns. Ist es wegen Papa?“ Kyo schluckte schwer und zündete sich eine Zigarette an. Das brauchte er jetzt gerade noch, eine Diskussion mit seinem kleinen Bruder. Er steuerte wieder auf sein Arbeitszimmer zu und schenkte sich vom Sake ein, der auf seinem Arbeitstisch neben den zahlreichen losen Blättern stand. Akira lehnte in der Tür und schien noch immer auf eine Antwort seinerseits zu warten. Doch was sollte er ihm sagen? Dass er zu feige war und nicht den Arsch in der Hose hatte nach Hause zu kommen? Weil er es nicht ertrug von seinem Vater bloß gestellt zu werden. Natürlich fehlten ihm Akira und Hana, doch sein Vater? Auf den konnte er gut und gern verzichten. „Hana fragt ununterbrochen nach dir…sie möchte dich sehen…du fehlst ihr…und mir auch“, fügte Akira kaum hörbar hinzu. „Ich…es ist…kompliziert…“ „Kompliziert also? Weißt du, anstatt immer nur Geburtstagskarten zu schreiben, könntest du auch zu Besuch kommen.“ „Warum muss ich eigentlich immer kommen? Wenn ich euch so fehle, könntet ihr mich doch genauso besuchen Aki.“ Der Jüngere schwieg und betrachtete seinen Bruder eine Weile. Ihm war schon länger klar, dass es Kyo nicht gut ging, doch wie schlimm genau war dieses nicht gut? „Damit hast du nicht ganz unrecht…deshalb bin ich ja auch zu dir gefahren.“ Er holte noch ein weiteres Glas und machte Akira deutlich, dass er ihm ins Wohnzimmer folgen sollte. Erschöpft ließ sich der Sänger in den Sessel sinken. Die letzte Nacht hing ihm noch immer ein wenig in den Knochen, obwohl er den Abend mit seinen Freunden sichtlich genossen hatte. Doch am liebsten würde er jetzt weiterarbeiten. „Wie geht es dir und Hana?“ „Soweit ganz gut…ich wohne mit meiner Familie zwei Häuser weiter und Hana lebt noch bei Papa. Sie hat immer Mal wieder einen Freund, doch scheint das nie etwas Festes zu sein.“ „Mit deiner Familie? Heißt das, du bist verheiratet und hast Kinder?“ Akira nickte. „Bisher nur verheiratet…“ „Freut mich für dich…ehrlich“, fügte Kyo nach einer längeren Pause hinzu und meinte seine Worte auch so. Zum Glück trug er ein langärmliches Shirt, sodass Akira seine Verletzungen am Arm nicht sehen konnte, denn er verspürte nicht gerade den Drang, seinem jüngeren Bruder erklären zu müssen, weshalb er versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. „Hör zu Aki…ich muss noch was fertig machen…fühl dich wie zu Hause. Bin gleich für dich da.“   Schweigend hockten sich Toshiya und Die gegenüber. Beide wussten nicht so recht, was sie sagen sollten und etwas verunsichert schaute der Bassist immer wieder zu dem Rotschopf. Dieser frittierte gerade die Frühlingsrollen, schnitt noch etwas Gemüse auf und kochte einen Jasmintee. Hatte Toshiya erwähnt, dass das sein Lieblingstee war oder war das purer Zufall? Vielleicht hatte Die auch überlegt, welche Sorte zu ihm passen könnte. Dieser Gedanke ließ den Schwarzhaarigen lächeln. Als auch die Frühlingsrollen bereit zum Verspeisen waren, stellte Die alles auf ein Tablett und wies seinen Liebsten an, ihm auf die Dachterrasse zu folgen. Dort breitete er eine Decke aus und verteilte Schälchen mit Soße darauf, sowie die Tassen und den Tee. Er schenkte etwas ein und das Essen duftete köstlich. Nachdem die beiden so vor sich hin aßen, tunkte Die seine Frühlingsrolle in die süß-saure Soße und hielt Toshiya die dampfende Teigtasche vor die Nase. „Fütterst du mich?“, fragte dieser ein bisschen irritiert. „Tun das verliebte Pärchen denn nicht?“ „Mhh, weiß nicht…mit dir ist es irgendwie so anders, als mit anderen…aber schön anders.“ Schließlich biss er ab und beinahe wäre die Frühlingsrolle abgestürzt, wenn Toshi sie nicht mit der Hand aufgefangen hätte. Nichtsahnend leckte er sich die Soße von den Fingern und fing unbewusst Dies Blick ein. Dieser schmachtete ihn schon wieder an. „Oh Tosh…warum bist du so verflucht sexy…tut mir leid, aber das ist die Wahrheit. Ich musste mich jetzt so lange zurückhalten und deshalb werde ich dir das vermutlich dauernd sagen…“ „Ist okay…geht mir mit dir nicht anders“, antwortete der Bassist und legte seinen Kopf schief. Er rutschte näher zu seinem Liebsten und küsste ihn. Die schmeckte nach Tee und den knusprigen Teigtaschen. Und schon wieder wandere sein Blut vom Kopf woanders hin. Seine Zunge schob sich zwischen Dies Lippen. „Da ist wohl jemand auf den Geschmack gekommen“, freute sich dieser. „Ich fürchte ja…oh Die, wie soll ich das nur auf der Bühne aushalten? Kaoru bringt uns um, wenn wir uns gegenseitige lüsterne Blicke zuwerfen.“ Jetzt brach der Gitarrist in schallendes Gelächter aus. „Ach was…wir müssen uns einfach benehmen, das bekommen wir hin. Davor und danach bleibt uns ja genügend Zweisamkeit“, wisperte der Gitarrist und zog seinen Liebsten schon wieder in seine Arme.   Kyo und Akira hatten sich noch lange unterhalten, dann hatte der Diru Sänger seinem Bruder ein Nachtlager auf dem Sofa hergerichtet, denn er wollte nicht, dass der Jüngere heute noch zurück nach Hause fuhr. Bevor er sich schlafen legte, öffnete er seine Nachttischschublade und zog den Brief heraus, den er im Kloster an Juka geschrieben hatte. Zum hundertsten Mal las er die Zeilen, doch noch immer wusste er nicht, ob der Brief jemals bei seinem Empfänger ankam. Zu groß war Kyos Angst, wie Juka reagieren könnte. Also faltete er das Papier wieder zusammen und steckte es zurück in den Umschlag, um es wieder in der Schublade zu verstauen. Doch er konnte und konnte nicht einschlafen. Er wälzte sich unruhig hin und her. Als er schließlich einsah, dass es zwecklos war, griff er nach seinem Handy und tippte eine Nummer ein, die er mittlerweile Inn und auswendig konnte und hätte sie selbst im Schlaf herunterbeten können. Nur leider fehlte ihm eben dieser ja oder hatte sich gegen ihn verschworen. Wie auch immer. Wenige Minuten später erklang die verschlafene Stimme seines Schlagzeugers am anderen Ende der Leitung. „Tooru? Ist alles in Ordnung?“, murmelte dieser. „Ich bin nicht sicher…“, antwortete Kyo und spürte wieder diese schon fast vertraute Dunkelheit, die in ihm empor kroch und ihm die Kehle zuschnürte. „Was ist los?“ „Shin…ich weiß es nicht…im Kloster hab ich Juka einen Brief geschrieben…aber er hat ihn noch nicht…ich würde gern, dass er ihn bekommt…aber ich hab Angst.“ Der Sänger vernahm ein mitfühlendes Seufzen. „Möchtest du ihn mir vorlesen?“, fragte der Drummer und der Blonde überlegte kurz, holte den Brief erneut vor und faltete ihn wieder auf. „Wenn du es hören möchtest?“ „Ich würde doch sonst nicht fragen…und warum sonst rufst du mich mitten in der Nacht an…also los.“ Kyo seufzte und las seine geschriebenen Worte. Immer wieder legte er eine Pause ein, weil es ihm alles andere als leicht fiel. Immerhin handelte es sich hier um seine ganz intimen Gefühle, die er ohnehin nicht gern preisgab. Doch bei seinem besten Freund war das okay.  „…Hoffentlich schaffst du es mich irgendwann zu vergessen. Kyo“, las er bis zum letzten Satz. Shinya erwiderte lange nichts, dann entfuhr ihm ein tiefes, emotionales Seufzen. „Das ist wunderschön geschrieben…und es trifft mich jedes Mal, weil mir dann wieder bewusst wird, wie es in deinem Inneren wirklich aussieht.“ „Tut mir leid, wenn ich dich damit belaste“, fuhr der Sänger seinen Freund gekränkt an und schon bereute der Drummer seine Worte und hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. „Tooru-chan…so war das nicht gemeint. Es ist nur, ich würde dir so gern helfen…ich wünschte ich könnte etwas tun, das dich wieder glücklich macht.“ Kyo biss sich auf die Unterlippe, um die heran rollende Welle aus Schmerz zu unterdrücken. „Du weißt, dass das unmöglich ist. Außer der Musik.“ „Die erfüllt dich, macht dich aber nicht glücklich…soll ich vorbeikommen?“ Kyo überlegte kurz einen Augenblick und musste sich eingestehen, dass der Gedanke Shinya jetzt bei sich zu haben, etwas Beruhigendes an sich hatte, doch er wollte seinem besten Freund auch nicht noch mehr zur Last fallen, als ohnehin schon. „Schon okay…aber vielleicht sehen wir uns morgen?“ „Gern…und jetzt versuch etwas zu schlafen…bis morgen“, beendete Shinya das Gespräch und legte auf. Auch Kyo fiel in die Kissen, hielt den Brief noch immer fest an sich gedrückt und eine einzelne Träne rann seiner Wange hinab. Die Dunkelheit hatte sich zurückgezogen. Vorerst.   Nach gefühlt einer Stunde erwachte Kyo erneut, den Brief noch immer an sich gedrückt. Als er seinen Kopf zur Seite neigte und einen Blick auf den Wecker auf seinem Nachttisch warf, zeigte dieser 8.30 Uhr an. Naja, scheinbar hatte er doch länger als nur eine verfluchte Stunde im Land der Träume verbracht, auch wenn er sich ganz und gar nicht ausgeschlafen fühlte. Eher im Gegenteil. Das Dröhnen in seinem Kopf nahm zu, als würden kleine Männchen mit einem Vorschlaghammer darin nisten und von innen heraus gegen seinen Kopf schlagen. Auch der Rest seines Körpers war lädiert, als hätte er diese Nacht auf einem Zuggleis geschlafen, auf dem er mindestens von einem Dutzend Zügen überrollt worden war. Unter Ächzen erhob er den schmerzenden Körper und quälte sich in die Küche. Vielleicht half Kaffee. Er rieb sich den schmerzenden Schädel und wollte sich schon wundern, als jemand in seine Wohnung geschneit kam, doch es gab auch nicht so viele Menschen, denen er seinen Zweitschlüssel anvertrauen würde. Um genau zu sein, gab es da nur Shinya. Also ließ sich Kyo davon nicht beirren und starrte weiterhin die Kaffeemaschine an und wie sich die braune Flüssigkeit in seinen Kaffeepott ergoss. Eine kurze Umarmung seines Drummers, die er jedoch nicht erwiderte. „Ich hab Frühstück mitgebracht“, flötete der Größere gut gelaunt und postierte seine Tüten auf dem Küchentisch. „Hab keinen Hunger“, grummelte Kyo allerdings nur und griff nach der Milch im Kühlschrank. Doch verzog er im gleichen Moment angewidert das Gesicht. Zum Glück war das geronnene Etwas da in de Packung noch nicht in seiner Tasse gelandet. Mit zugehaltener Nase leerte er die saure Milch in den Abfluss seiner Spüle. „Nur gut, dass ich frische Milch mitgebracht hab.“ „Dann gib Mal her.“ Shinya wühlte in einer der Tüten und reichte seinem Freund, wonach er verlangte. „Hast du die Nacht überhaupt etwas schlafen können?“, fragte der Drummer und handelte sich einen giftigen Blick ein. „Seh ich etwa so aus?“, motzte Kyo und er hasste sich dafür, dass er Shinya heut Nacht in seiner Verzweiflung eingeladen hatte. „Nein und deshalb frag ich dich ja, weil ich mir Sorgen mache“, kam es nun auch etwas überspitzter von dem Brünetten. „Und im Übrigen habe ich nachgedacht…du solltest Juka den Brief geben…und wenn du ihn nur in den Briefkasten wirfst. Dann bekommt er ihn, ohne, dass du ihn sehen musst.“ „Toll, als wäre mir diese grandiose Idee nicht auch schon gekommen Shinya, aber herzlichen Glückwunsch zu diesem supertollen Vorschlag“, applaudierte der Sänger und seine Stimme triefte nur so vor Zynismus. „Gut dann eben nicht…und ich bin sicher nicht die Person, an der du deine miese Laune auslassen musst.“ „Du bist aber die einzige, die sich permanent mit meinen beschissenen Launen auseinandersetzen will…also heul nicht rum!“, giftete der Sänger weiter. Da fiel ihm sein Bruder ein, der ja auf dem Sofa schlief. Jetzt vielleicht auch nicht mehr. „Übrigens stand Akira gestern einfach so plötzlich vor meiner Tür…hat er die Adresse von dir?“ Shinya zuckte etwas betroffen mit den Schultern. „Ich dachte du freust dich vielleicht.“ Kyo verengte seine Augen zu schlitzen und funkelte seinen Freund böse an. „Kannst du dich etwa erinnern, dass ich dich irgendwann in irgendeiner Art und Weise um deine Hilfe gebeten habe? Bin ich zu dir gekommen und hab dich angebettelt Shini, bitte, bitte ruf doch meinen kleinen Bruder an, damit er mich Mal besucht und sieht, wie abgefuckt ich in Wirklichkeit bin…ich kann mich nicht entsinnen, dir sowas gesagt zu haben!“, fuhr er seinen verdatterten Freund schroff an und ihm war völlig egal, ob Akira durch den Streit aufwachte oder nicht. „Nein hast du nicht, aber ich hab langsam das Gefühl, du bekommst dein Leben allein nicht mehr auf die Ketten Tooru! Ich weiß nicht einmal mehr, wer du bist…bin nur noch damit beschäftigt dich vor der nächstbesten Katastrophe zu bewahren…“ „Auch darum hab ich dich nie gebeten! Also warum verflucht tust du dir das an, wenn es dich scheinbar so ankotzt!“ „Weil ich die Hoffnung einfach nicht aufgeben will, dass da…“ und er tippte Kyo gegen seine Brust „sich da drin irgendwo noch mein bester Freund befindet und ich will ihn zurück…koste es, was es wolle…ich gebe nicht auf.“ Kyo entfuhr ein höhnisches Lachen. „Du bist zuckersüß…viel Spaß beim Suchen“, gab der Sänger nur zurück und strafte seinen Freund mit einem abwertenden Blick, als wäre dieser ein widerliches Insekt. Ein Eindringling. Ein Verbrecher und genauso fühlte sich Shinya auch. Sicher wusste er vorweg, dass er nie ganz sicher sein konnte, in welcher seiner schwindelerregenden Launen Kyo anzutreffen war, doch kam es immer öfter vor, dass es ihn zu tief traf. Diese niederschmetternden Worte, mit denen Kyo aus seiner Festung schoss und so einen Kugelhagel auf sein Gegenüber regnen ließ. Doch das war nicht alles. Das Schlimmste daran war, dass er sich dessen bewusst war und ihn mit Absicht verletzte, um ihn letztendlich gänzlich von sich zu stoßen. Der Drummer rang mit sich und wusste dennoch, dass er nicht nachgeben durfte. Nicht noch einmal. Lieber setzte er sich dem Feuer aus und erlitt zahlreiche Wunden, die er später irgendwann wieder flicken musste. „Tooru-chan…okay…es tut mir leid, dass ich mich eingemischt hab…doch anders ging es nicht, ich würde es jederzeit wieder tun…du brauchst uns, ob du es willst oder nicht…“ In Kyos wutentbrannten Augen tanzten gefährliche Funken und Shinya bekam es langsam mit der Angst zu tun. Und schließlich holte er aus und schmiss seine Kaffeetasse nach seinem Freund, doch der Drummer duckte sich rechtzeitig, sodass das Gefäß aus Porzellan scheppernd an der Wand zerschellte. Schnaubend, wie ein wildgewordener Drache stampfte Kyo aus der Küche auf den Balkon. Der Drummer sackte in sich zusammen und vergrub das Gesicht in den Händen. Jetzt bloß nicht mit heulen anfangen. Akira kam ebenso betroffen in die Küche geschlichen, in der Shinya schon damit beschäftigt war, die Scherben aufzufegen und in den Müll verfrachtete. „Oh…morgen“, grüßte er die jüngere Ausgabe seines besten Freundes. „Morgen…wow…Temperament besaß Tooru schon immer…was hat er? Ich meine, warum ist er gerade so ausgeflippt?“ Shinya seufzte mitgenommen und etwas verärgert, vor allem über sich selbst. „Weil dein lieber Bruder ein suizidgefährdeter, selbstzerstörerischer, egoistischer Arsch ist, den ich sehr gerne hab…er bringt mich vermutlich irgendwann ins Grab Aki-chan…doch wenn es das letzte ist, was ich tue, ich möchte ihn wieder glücklich sehen…das hab ich mir zur Lebensaufgabe gemacht…“ „Liebst du ihn…also so richtig? Nicht nur als Freund oder Kumpel?“ „Nicht so…aber ich liebe ihn und ich möchte ihn verdammt noch Mal zurück. Das schlimme ist, ich weiß, wie er wirklich sein kann und ich will diesen Menschen zurück.“ „Flippt er öfters so aus?“, erkundigte sich Akira, doch der Drummer schüttelte mit dem Kopf. „Nicht so…hin und wieder streiten wir uns oder er stößt all seine Freunde von sich, doch im Normalfall lässt er mich immer an sich ran…heute wohl nicht…vielleicht hast du mehr Glück.“ „Du meinst, ich soll mit ihm reden? So wie der gerade getobt hat?“ „Bitte versuche es…ich glaube zusammen könnten wir es schaffen…und wir brauchen ihn beide…“ Etwas betrübt nickte der Jüngere und ermutigend legte ihm Shinya die Hand auf die Schulter. Langsam und mit leicht zittrigen Beinen schritt Akira auf den Balkon zu seinem tollwütigen Bruder. Auch jetzt noch blickte er den Jüngeren feindesselig an. Doch Shinya hatte Recht, so konnte das nicht weitergehen. „Du hast Recht, ich hätte mich auch melden können…und nicht alles sollte an dir hängen. Wenn du möchtest, vereinbaren wir einen Tag im Monat, wo wir uns immer sehen…du, Hana und ich…sie würde sich freuen dich zu sehen, wirklich.“ Kyo schüttelte jetzt traurig mit dem Kopf und zündete sich eine weitere Zigarette an. „Alle wollen den alten Tooru…den fröhlichen, gut gelaunten…aber den gibt’s nicht mehr Aki…ich hasse diesen Namen und den Menschen dahinter, weil er mir nichts als Trauer und Schmerz brachte. Am liebsten würde ich diese Person begraben, sie mir aus dem Körper schneiden, doch das funktioniert nicht…ich bin nicht länger Tooru. Mit Dir en Grey ist Kyo ebenso geboren und der bin ich heute Aki-chan. Es liegt bei dir, ob du mich dennoch als deinen Bruder siehst.“ Akira schaute seinen großen Bruder lange an und trotz der Finsternis in seinem Blick war da noch immer diese Vertrautheit. „Ist doch egal, wie du dich nennst…Tooru oder Kyo, für mich bist du immer mein Bruder…und lass mich wieder mehr an deinem Leben teilhaben, bitte.“ Kyo seufzte tief und blies den bläulichen Rauch aus, während sein Blick geistesabwesend in die Ferne schweifte. „Und Shinya meint es nur gut“, fügte er noch schnell hinzu. „Glaubst das weiß ich nicht?“ Als hätte es der braunhaarige Drummer geahnt, stand auch er plötzlich in der Tür und schaute seinen kleinen Warumono liebevoll an, als hätte es die letzte halbe Stunde nie gegeben. Die beiden nahmen Kyo in ihre Mitte und umarmten ihn. Doch ein bisschen überfordert wand sich der Sänger aus dem Klammergriff. „Ihr seid ekelhaft…“, beschwerte er sich. „Ich fahr zum Tempel, mein Tattoo fertig stechen lassen, kommt ihr mit?“ Akira zuckte mit den Schultern und Shinya zwinkerte ihm heimlich zu. „Gut gemacht“, flüsterte der Drummer ihm noch ins Ohr und sie folgten Kyo. „Kyoschatz, soll ich fahren?“, fragte er den Kleineren und heimste sich schon wieder einen garstigen Blick ein, den er dieses Mal jedoch mehr als gelassen nahm. „Du bist doch nur darauf erpicht mit meinem Wagen zu fahren, also lautet meine Antwort nein! Und seit wann nennst du mich Kyo? Hab ich irgendwas verpasst?“, grummelte der Sänger schon wieder. „Seit du beschlossen hast, Tooru zu begraben…also, was dagegen?“ Kyo schüttelte nur mit dem Kopf und erwiderte nichts mehr. Nahm die Autoschlüssel vom Schlüsselhaken, schlüpfte in seine Sneakers und schritt voran. „Wenn du noch einmal lauscht Shin-chan, kannst du was erleben“, drohte Kyo seinem Drummer. „Ich hab dich auch lieb…also los jetzt.“ Kapitel 17: Hide Memorial Summit Part I ---------------------------------------   Das Tätowieren tat gut und Kyo entspannte sich vollkommen. Nur das monotone Surren der Nadel drang an sein Ohr und ließ ihn schon fast wegdämmern. Auch Sezuki akzeptierte wohl, dass er nicht unbedingt dazu aufgelegt war, um mit ihm eine hochphilosophische Diskussion zu führen. Wobei ihn das Leben der Mönche hier oben schon irgendwie interessierte. „Sag Mal Sezuki-sensei, wart ihr schon immer Mönch hier?“ Kyo spürte, wie der ältere Mann grinste und dabei eine ungewöhnliche Wärme ausstrahlte. „In gewisser Weise schon…man nahm mich hier auf, als ich noch ein junger Knabe war. Meine Eltern verlor ich sehr früh und wuchs die ersten Jahre in einem Waisenhaus auf, welches der alte Kenzo des Öfteren besuchte und mich irgendwann mit zum Tempel nahm. Und so bin ich hier gelandet.“ „Wie alt ist Meister Kenzo?“ Wieder vernahm der Sänger einen belustigten Laut von seinem Tätowierer. „Sehr sehr alt, keiner weiß das so genau.“ „Und Hiro? Ist er sein wirklicher Enkel oder auch nur ein Kind aus dem Waisenhaus?“ „Du stellst viele Fragen mein Junge…aber ich will sie dir beantworten. Nein, auch Hiro ist nicht sein richtiger Enkel, doch der Kleine kam als Baby zu uns und wir zogen ihn wie unseren Sohn auf. Und da Kenzo nun Mal der älteste von uns ist, nannte er ihn immer Opa.“ Das faszinierte Kyo irgendwie und er fragte sich einen Augenblick, was wohl aus ihm geworden wäre, wenn er ein Leben im Tempel, dem seinen vorziehen würde? Könnte er hier seine Glückseligkeit erreichen? Schließlich beantwortete er diese Frage mit nein, denn sicher würde er dann nicht dort stehen, wo er heute mit seiner Band stand. Und schon bald mussten sie sicher auch wieder ins Studio, denn die neuen Songs für das kommende Album warteten nur darauf aufgenommen zu werden. Nach etwa vier Stunden beendete der Mönch seine Arbeit und Kyo war mehr als zufrieden. Shinya und Akira hatten währenddessen einen ausgiebig langen Spaziergang hinter sich, sowie ein Plausch mit dem alten Kenzo. Also wurde es Zeit zurück zu fahren, denn Kaoru würde sicher nicht erfreut sein, wenn seine Musiker zu spät zur Probe erschienen. Kurzerhand beschloss Kyo einfach, seinen kleinen Bruder mit zur Bandprobe zu nehmen. Schließlich wollte dieser ja mehr Teil an seinem Leben haben, warum also nicht so. Nach einer zweistündigen Jamsession trafen sich alle um den Tisch herum und ihr Leader schien schon wieder irgendwas ausgeheckt zu haben. Irgendwie wirkte er ohnehin sehr entspannt. Schon fast zu entspannt für Kaorus Verhältnisse. Moment Mal, hatte das etwa mit seinem ominösen Date zu tun? Konnte es sein, dass sich ihr Leader tatsächlich in jemanden verliebt hatte? Kyo wollte es unbedingt wissen, denn wenn er sich auch sonst nicht sonderlich für das Liebesleben seiner Mitmenschen interessierte, musste er diesen Glückpilz kennenlernen, der es geschafft hatte, seinen Leader-sama um den Finger zu wickeln. „Ihr habt ja sicher mitbekommen, dass demnächst das Hide Memorial Summit in Tokio stattfindet und Yoshiki hat uns gebeten zu spielen. Es kommen auch noch eine Menge anderer bekannter Bands und wir haben Mal wieder die Chance uns zu beweisen.“ „Wer kommt noch so?“, fragte Shinya. „X-Japan, Versailles, Luna Sea, MUCC und D’espairsRay…das sind die, von denen ich weiß…“ Um Kaorus Lippen spielte ein seltsam verknalltes Grinsen. War es möglich, dass es sich bei seinem Date um einen Musiker einer der anderen Bands handelte? Dabei hätte Kyo wetten können, sein Leader war hetero. Naja, so konnte man sich täuschen. „Für Konzerte bin ich immer zu haben“, freute sich Kyo und zündete sich eine Zigarette an. Akira fragte ihn, ob er da auch mitkommen dürfte und der Sänger nickte nur. Bis Mai waren es noch knapp drei Monate in denen Kaoru seine Jungs hart ran nahm und nicht gerade zimperlich in den Proben mit ihnen umsprang. Doch Kyo war das gleich, für ihn hieß es ohnehin immer 200% geben, schließlich wollte er erfolgreich sein, im besten Fall auch außerhalb von Japan.   Daisuke war völlig erledigt. Kaoru hatte seiner Meinung wieder Mal maßlos übertrieben. Dennoch wollte er seinen Plan, der ihm schon den ganzen Tag im Kopf herumspukte, noch in die Tat umsetzen. Das rotblond nervte ihn mittlerweile tierisch und außerdem kamen schon Beschwerden seitens seines Sängers, weil er angeblich dieselbe Haarfarbe wie Kyo hatte. So ein Schwachsinn. Dennoch mochte Die seine aktuelle Farbe nicht mehr sehen und hatte beschlossen wieder dunkler zu werden. Im Bad warf er sein Shirt achtlos auf den Wäschehaufen und legte sich ein Handtuch um die Schultern. Dann zog er sich die Handschuhe über die Hände und mischte die Haarfarbe an und verteilte sie großzügig auf seiner mittlerweile schulterlangen Haarpracht. Als er fertig war und die Farbe einwirken musste, holte er sich ein kühles Bier aus dem Kühlschrank und fläzte sich aufs Sofa, legte seine Füße auf den niedrigen Couchtisch und ließ sich vom Fernseher berieseln. So richtig nahm er gar nicht wahr, was gerade lief, da seine Gedanken ohnehin schon wieder ganz woanders hin abdrifteten. Die grinste wie ein verliebter Volltrottel vor sich hin. Bei den Proben warf er hin und wieder einen Blick nach rechts zu seinem süßen Bassisten, wie dieser angestrengt und konzentriert seine Saiten zupfte, um den großen Leader-sama auch ja zufrieden zu stellen. Manchmal wünschte sich Die, Kaoru hätte eine liebe Freundin, die ihn wieder ein bisschen in Anspruch nahm, denn seit der täglichen Proben war es ihm und Toshiya kaum vergönnt, Zeit miteinander zu verbringen, weil sie immer so kaputt und müde waren. Außerdem vermisste er das Feiern, Party machen und zu trinken. Die leerte sein Bier und verschwand wieder im Badezimmer, um die Farbe aus den Haaren zu waschen. Mit dem Endresultat war er mehr als zufrieden. Hoffentlich gefiel es seinem Liebsten ebenso.   „Komm schon Kao…nur kurz. Auch du musst dich Mal entspannen und ich könnte für deine Entspannung sorgen, mehr noch“, flötete der andere in den Hörer und zum Glück sah er nicht, wie dem Diru Leader die Röte den Wangen empor kroch. „Daran zweifle ich nicht…nur ich bin wirklich müde.“ „Pass auf, ich unterbreite dir einen Vorschlag, ich komm vorbei…du bekommst eine Massage und wenn du möchtest verschwinde ich danach wieder.“ „Mhh, klingt verlockend, aber nein…ihr müsst doch sicher auch noch für das Hide Memorial Summit proben, oder nicht?“ Ein genervtes Seufzen erklang aus dem Hörer. „Jaja…aber ein bisschen Abwechslung schadet uns beiden nicht…“ Kaoru musste ebenfalls tief seufzen. „Gegenvorschlag…morgen Abend bei mir mit Pizza, Massage und…naja, was du sonst noch so willst.“ Der Mann am anderen Ende der Leitung lachte lauthals. „Du bist unmöglich Kao-chan, aber okay…wie könnte ich dazu nur nein sagen. Wann wünscht du mich zu sehen?“ Oh verflucht, Kaoru mochte es sehr, wenn er so redete. Tat er das mit Absicht? „Gegen neun?“ „Fein. Dann bis morgen und schlaf schön“, flötete seine tiefe, etwas raue Stimme wieder in den Hörer. Fühlte sich so verliebt sein an? Da es draußen stürmte, kochte er sich einen Tee und ließ sich ein heißes Bad ein. Jetzt vermisste er seinen Lover doch und was sprach schon gegen eine harmlose Massage? Nein, nicht schwach werden. Die Arbeit stand für Kaoru an erster Stelle, das musste auch der andere begreifen. Der Diru Leader sah in der Affäre ohnehin nichts Ernstes. Oder doch? Papperlapapp. Liebe hin oder her, jetzt galten andere Prioritäten. Langsam ließ sich Kaoru in die Wanne mit warmen Wasser gleiten und augenblicklich entspannten sich seine Glieder. Er drückte seine Handgelenke, sodass diese lautstark knacksten. Mh, eine Massage wäre jetzt wirklich toll. Er lehnte sich zurück, schloss die Lider und vor ihm entstand ein Bild. Seine schlanke, jedoch nicht zu dünne Gestalt. Diese wundervollen hellbraunen Augen, die ihn immer so forschend anschauten und aus denen er einfach nie schlau wurde. Manchmal wurde er das Gefühl nicht los, sein Blick verspottete ihn gelegentlich ein wenig, auf eine liebenswerte Art und Weise. Je mehr sich Kaoru gehen ließ, desto mehr hing er seinen Gedanken nach und desto mehr musste er sich eingestehen, dass er den anderen Bassisten sehr gerne bei sich hätte. Viel zu gerne, das sagte ihm auch sein Körper. Um genau zu seine, eine ganz bestimmte Stelle seines Körpers. „Ahhh, ich verfluche dich!“, schimpfte der Leader, stieg aus der Wanne und hinterließ patschnasse Fußtapsen hinter sich. Es klingelte. Einmal. Zweimal. Dreimal. „Was verschafft mir die Ehre?“, fragte sein Lover sichtlich amüsiert. „Beweg deinen süßen Arsch hier her. Sofort, bevor ich es mir anders überlege!“ „Da ist wohl jemand leicht untervögelt? Oder weshalb so gereizt? Aber ich komme gern…nur für dich…“ „Ach fick dich doch…“ „Kaoschatz…ich bin gleich da…bye…und bitte bleib genau so, wie du jetzt bist.“ „Nackt?“ „Ohhh ich wusste es. Genau, nackt…bis gleich mein Schöner…“ Wütend schmiss Kaoru sein Handy aufs Sofa, als könnte dieses dumme Teil aus Plastik etwas dafür, dass er diesem Teufel von Mann verfallen war.   Kyo stattete seinem Friseur noch einen Besuch ab, denn seine Haare hatten mittlerweile eine furchtbare Länge und standen in alle Richtungen, wenn er sie nicht bändigte. Außerdem musste er sein blond auffrischen. Na hoffentlich legte sich Die bis zum Festival eine andere Haarfarbe zu. Er als Sänger war der einzige mit goldblonden Haaren. In den Längen ließ er seine Frisur wieder etwas kürzen und die Seiten sollten ganz abrasiert werden, etwa auf 3 Millimeter. Voller Tatendrang und strotzend sah Kyo dem Festival entgegen. Er freute sich auf die Bühne und den Liveauftritt, denn endlich hatte er wieder die Gelegenheit seine Musik in die Welt hinaus zu tragen. Den Menschen zu zeigen, was für eine grandiose Band Dir en Grey war. Zu Hause in seinem Zimmer sang er einen Tag, bevor es losging noch ein bisschen vor sich hin, um seine Stimme zu trainieren und dann legte er sich tatsächlich früh schlafen. Am nächsten Tag trafen sie sich am Proberaum und fuhren mit ihrem zweiten zu Hause, dem Tourbus nach Tokio. Kyo beobachtete Kaoru, der die ganze Zeit am Handy hing und mit irgendwem schrieb. Das machte ihn dann doch echt neugierig und deshalb schlich er sich an seinen Leader heran, um ihm über die Schulter zu schauen. Doch dieser bekam das schnell mit und drehte sein Handy so, dass er nichts mehr sehen konnte. „Komm schon Kao…wer ist der Glückliche?“ Etwas irritiert musterte ihn sein Leader. „Woher weißt du, dass es sich um einen Kerl handelt?“ „Ich bin nicht blöd und als du uns erzählt hast, wer noch alles auf dem Festival spielt hast du gegrinst wie ein Honigkuchenpferd.“ „Aha…aber ich will es eben noch nicht sagen.“ Kyo rollte genervt mit den Augen. „Du bist ein Spielverderber.“ Kaoru streckte seinem Sänger die Zunge raus.   Als sie das Festivalgelände erreicht hatten, war bereits die Nacht hereingebrochen, doch Die benahm sich wie ein ungehaltenes Kind und versuchte seine Bandkollegen zu überreden noch zu irgendeiner Aftershowparty zu gehen. Ihr Leader redete sich raus, dass er müde sei und morgen fit sein wollte. Kyo lehnte sich unauffällig gegen diesen und flüsterte ihm „ich glaub dir kein sterbens Wörtchen“ zu. Doch der Braunhaarige ließ sich davon nicht beirren und tat so, als würde er seinen Sänger nicht hören. Schließlich flog seine Partygang dann doch noch aus und er befand sich allein am Tourbus. Zufrieden und tatsächlich mit der Intention, früh schlafen zu gehen, holte er sich noch ein letztes Absacker-Bier, setzte sich vor den Bus, zündete sich eine Zigarette an und dann stockte ihm der Atem. Sein Herz begann wie wild zu pochen und jagte das Blut durch seine Venen. Was zur Hölle? Um die Ecke bog gerade der Mann, der ihm seit Wochen den Schlaf raubte, der seinen Verstand derart vernebelte und ihn völlig verrückt machte. Kaoru setzte an, um etwas zu sagen, doch ihm blieben die Worte im Halse stecken. Warum auch hing seine Hose so verflucht tief auf seinen Hüften und warum zum Henker stand sein Hemd halb aufgeknöpft. Seine hellbraunen Augen funkelten ihn lüstern an und seine süßen Lippen umspielte dieses leicht fiese Grinsen. „Hey schöner Mann, freust du dich, mich zu sehen?“, fragte er mit fester, aber fordernder Stimme und näherte sich dem Diru Leader gefährlich. Dieser nahm einen tiefen Zug und atmete tief durch. „Wie könnte ich diese Frage verneinen Zero…stalkst du mich jetzt?“ Der D’espairsRay Bassist lachte herzhaft. „Sei nicht albern, schließlich ist es kein Geheimnis, dass wir auf demselben Festival spielen. Und es war auch nicht sonderlich schwer in Erfahrung zu bringen, wann ihr ankommt und da dachte ich, ich überrasche dich.“ „Und was wäre gewesen, wenn die Jungs noch hier gewesen wären?“, fragte Kaoru ein bisschen schüchtern. Zero zuckte mit den Schultern. „Was sollte dann sein? Wir sind ja auch nicht mehr soooo unbekannt und man darf sich doch noch hallo sagen dürfen…“ Kaoru druckste herum und kaute nervös auf seiner Unterlippe umher. „Jaaaaaa, aber weißt du…sie schöpfen Verdacht…“ Wieder entfuhr dem anderen Bassisten ein herzhaftes Lachen. „Warum, weil du nicht mehr so griesgrämig und mürrisch bist?“ Der Diru Leader funkelte den Anderen böse an. „So bin ich gar nicht!“, protestierte er. „Doch Kao, so bist du…griesgrämig, mürrisch und sehr perfektionistisch. Willst kein Chaos in deiner Ordnung zulassen, doch tada…hier bin ich und stelle deine heile, ordentliche Welt gewaltig auf den Kopf.“ Zero stand jetzt genau vor ihm und ließ sich auf seinem Schoß nieder. Kaoru konnte nichts tun, viel zu sehr genoss er die Nähe dieses Mannes. „Verflucht sollst du sein Zero“, wisperte er und küsste ihn endlich. Und schon begann sich alles wieder zu drehen, weil ihn seine Gefühle überrollten. Diese warmen, weichen Lippen vernebelten seine Sinne und er vernahm nur das Geräusch seines rauschenden Blutes. „Oh wie mir deine Küsse gefehlt haben…mich dürstet es nach mehr“, raunte Zero seinem Kaoru ins Ohr. Aus der Ferne drangen elektronische Beats zu ihnen heran. „Darf ich dich was fragen Zero?“ „Klar, alles was du willst?“ Kaoru zögerte eine Weile und wusste nicht so recht, wie er beginnen sollte. Zaghaft streiften die Finger dieses schönen Mannes über seine Wangen. „Zero, was ist das zwischen uns? Ich wollte dich das nie fragen, aber ich muss es, eben weil ich so perfektionistisch veranlagt bin. Ich kann dieses Affären-dings da nicht…was bin ich für dich?“ Plötzlich umspielte ein schon fast liebevolles Lächeln die Lippen des anderen Bassisten. „Passiert das gerade wirklich?“ Kaoru rollte genervt mit den Augen und nickte. „Jaaahaa…“ „Mh, na dann…ich könnte mir ehrlichgesagt vorstellen unsere Affäre zu vertiefen und lass uns sehen, wohin das führt.“ Ein schepperndes Geräusch riss die beiden Turteltauben abrupt auseinander. Beide starrten etwas geschockt zu dem blonden Dir en Grey Sänger, der gerade zurückkam, weil ihm die Party zu viel geworden war. Er legte seinen Zeigefinger auf seine Lippen und signalisierte Kaoru somit, dass er den anderen nichts sagen würde, solange ihm der Leader kein grünes Licht gab. Dennoch sprang dieser auf und rief seinen Freund zurück. Kyo drehte sich um und schaute seinen Leader fragend an. „Trinken wir noch was zusammen?“ Der Sänger zuckte die Schultern und organisierte drei Bier, mit denen er sich dann zu den beiden gesellte. Er schwieg zwar, doch seine Blicke sprachen Bände und Zero war nicht so ganz sicher, wie er diese deuten sollte. „Hey, schön dich Mal persönlich kennenzulernen Kyo…unter den Fans kursieren ja viele Wahrheiten oder Unwahrheiten über dich…“ Kaoru gab seinem Liebsten einen, für Kyo nicht sichtbaren, Tritt vor’s Schienbein. Daraufhin sog der D’espairsRay Bassist die Luft scharf ein, ließ sich jedoch nichts anmerken. „Ich geb nen Scheiß darauf, was die Außenwelt über mich erzählt…denk, was du willst. Allerdings bin ich gerade der einzige der Band, der von eurem kleinen Tächtel Mächtel weiß, also wäre es gesünder für dich, wenn du nett zu mir bist.“ Zero musterte den Diru Sänger eine Weile und fand, dass da etwas sehr bedrohliches in seinem Blick lag, was ihn ein bisschen einschüchterte. „Verstanden…“, nuschelte er und wand sich wieder seinem Kaoru zu. „Und noch was…wehe Kao ist deinetwegen noch Mal so abgelenkt…das kann ich nicht für gut heißen“, sprach der Sänger weiter und Zero wurde immer kleiner, Kaorus Grinsen hingegen immer breiter und er stand kurz vor einem Lachanfall. Sollte er schon einschreiten oder seinen Lover ins offene Messer laufen lassen? Die zweite Möglichkeit sagte ihm deutlich mehr zu. „Warum hab ich ihn abgelenkt?“, fragte Zero schließlich. „Weil unser lieber Leader völlig neben sich stand und ihm jegliche Autorität bei den Proben fehlte. Nur dieses dämliche verknallte Grinsen lag auf seinen Lippen…zum Kotzen…“ „Moment Mal, war ich echt so schlimm?“, mischte sich jetzt auch Kaoru ein, weil Kyos Worte sehr glaubwürdig klangen. Doch jetzt lachte der Sänger los. „Ihr seid so leichtgläubig…fast schon…naja…süß hätte ich fast gesagt, aber wollte dieses Wort aus meinem Wortschatz streichen.“ Kyo leerte sein Bier in einem Zug und drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. Dann erhob er sich. „Was ziehst du morgen eigentlich auf der Bühne an?“, fragte Kaoru noch. Kyo drehte sich ein letztes Mal um. „Jogginganzug“, brummte er nur und zuckte mit den Schultern. Seinem Leader fielen fast die Augen aus den Höhlen. „Nicht dein ernst?!“, schimpfte er. „Kao…ich scherze nicht, das solltest du mittlerweile wissen.“ „Na super…gut, wie der Herr wünscht…mach doch was du willst!“ „Mach ich auch so, dafür brauch ich deine Erlaubnis nicht…kannst dir ja nen anderen Sänger suchen.“ „Zero, kann ich mir Hizu ausborgen?“ Der andere Bassist lachte wieder. „Ähm, glaub der kann eure Texte nicht so gut…“ „Lasst mich halt alle im Stich.“ „Heul nich rum Kao-chan…Zero, ich befehle dir, besorg es ihm die Nacht so richtig, dass er mal wieder entspannter wird“, kam es noch von Kyo, bevor er im Bus verschwand. Kaoru lief knallrot an.    „Ich fürchte, das muss ich tun…du bist die pure Versuchung Kao…lass uns irgendwo hingehen, wo wir ungestört sind“, wisperte Zero an sein Ohr. Kaoru seufzte. Dabei wollte er doch nur schlafen. „Als könnte ich dir widerstehen.“ Wieder musste er Zero küssen und folgte ihm in die Dunkelheit. Kapitel 18: Hide Memorial Summit Part II ---------------------------------------- Shinya fühlte sich ein bisschen wie das dritte Rad am Wagen, nachdem ihn auch Kyo einfach im Stich gelassen hatte. Was für eine Frechheit. Deshalb beschloss er Toshiya und Die noch ein bisschen Privatsphäre zu gönnen und machte sich ebenfalls auf den Rückweg Richtung Tourbus. Da lauerte ihm doch tatsächlich eine Gruppe Mädels auf, die ihn zu erkennen schien. Er überlegte, ob er einen Bogen um sie schlagen sollte, entschied sich dann jedoch, sie zu begrüßen. Denn schließlich hätte er sich in dem Alter auch gefreut, wenn er seinen Lieblingsmusiker irgendwo erkannt hätte und dieser sich dann kurz mit ihm unterhalten hätte. Die Mädels kicherten aufgeregt und wollten unbedingt ein Bild mit dem Drummer schießen. Also setzte Shinya sein charmantestes Lächeln auf und grinste in die Kamera. Dann redeten sie noch über die Musik, welche Bands noch so spielten und, welche Diru Songs morgen auf dem Plan standen. Doch das reichte dann auch und der Drummer verabschiedete sich und war ein bisschen erleichtert, als er wieder in dem abgegrenzten Bereich für die Bands ankam. Fans hin oder her, manchmal überforderte ihn das ein wenig, denn auch, wenn er jetzt berühmt war, wollte er manchmal lieber unerkannt bleiben. Er liebte seine Musik und die Band, doch hin und wieder genoss er es auch, nicht im Rampenlicht zu stehen. Kyo war ebenfalls noch wach und winkte Shinya zu. „Na, haben dich die beiden Turteltäubchen vergrault?“, scherzte er und Shinya steckte ihm die Zunge raus. „Nee, ich hab ihnen noch ein bisschen Zweisamkeit gelassen…ist Kao schon schlafen gegangen?“ Auf einmal wirkte der Ausdruck auf Kyos Gesicht sehr amüsiert. „Mhh, so in etwa.“ Fragend musterte er seinen besten Freund. „Wie jetzt? Ist er da oder nicht?“ „Shini…er bringt mich um, wenn ich dir das sage…wobei, vor dir hatte ich noch nie ein Geheimnis…“ Jetzt wurde auch der Drummer hellhörig. „Sag bloß er hat da was am Laufen?“ „Jepp…und du errätst nie, mit wem!“, amüsierte sich der Sänger noch immer. „Ohh, jetzt sag schon!“ „Zero von Despa…“ Shinya fielen beinahe die Augen aus dem Höhlen und der Mund klappte ihm auf. „Waaaaaaaas? Unser Kaoru mit Zero? Ich glaub ich spinn…du verarscht mich nicht gerade zufällig?“, fragte er noch einmal nach und Kyo schüttelte mit dem Kopf. „Krasser scheiß, was? Hätte ich auch nie gedacht, doch als ich vorhin zurück kam, saßen die beiden knutschend vor unserem Bus.“ Der Drummer schüttelte etwas verwirrt mit dem Kopf. „Ooookay, das muss mein Gehirn erst Mal verarbeiten…willst du schon schlafen?“ „Weiß nicht…geht irgendwie noch nicht. Können noch was trinken“, schlug Kyo vor. Shinya nickte und holte den guten Sake mit zwei Gläsern. Da es draußen recht kühl wurde, suchten sich die beiden Freunde im Bus ein gemütliches Plätzchen. „Sag Mal…magst du Kyo wirklich lieber?“ Kyo nickte und prostete seinem Freund zu. „Auch, wenn in Kyoto viel Mist passiert ist, mag ich diese Stadt…und Kyo ist eben der Mensch, der ich jetzt bin Shin-chan.“ „Okay…damit komm ich klar, so lang du du bist…so stark und ein Kämpfer…ich hab noch nie einen tolleren Menschen als dich getroffen…das meine ich ernst. Du bist toll…Kyo…“ „Shini…wie viel hast du heut schon getrunken?“ „Mhh, weiß gar nicht…vorhin zwei oder drei so Cocktail Zeugs“, kicherte der Drummer und kuschelte sich an seinen Sänger. Dieser legte seinen Arm und seinen betrunkenen Freund. „Ich hätte voll Lust tanzen zu gehen…die Musik ist gar nicht so übel…“ Kyo rollte etwas genervt mit den Augen. „Sicher nicht. Vorher veranstalte ich lieber unsere eigene Privatparty.“ Plötzlich leuchteten Shinyas Augen und er schaute seinen liebsten Freund freudestrahlend an. „Ernsthaft? Dann kümmere ich mich um die Leute und du dich um die Musik.“ „Oh Shit, du meinst das gerade wirklich ernst oder?“ „Ja klar, du nicht?“, fragte der Drummer leicht enttäuscht und Kyo seufzte tief. „Du darfst das gern Kaoru erklären, aber okay…“ „Was darf er mir erklären?“, kam es auch schon von dem Diru Leader, der gerade mit einem breiten grinsen den Bus betrat. Shinya sprang sofort auf und flog auf Kaoru zu. „Wir machen heute Party hier!“ „Party?“, mischte sich eine vierte Stimme ein, die scheinbar von draußen kam und Shinya musste wissen, ob es stimmte. Und tatsächlich, da stand noch immer Zero und winkte dem Drummer herauf. „Ich hab eine bessere Idee…Zero, sag deinen Jungs doch Bescheid, dass bei uns eine Party steigt und sie alle kommen sollen.“ „Alles klar, bis gleich.“ Shinya klatschte vergnügt in die Hände und suchte Gläser und Getränke zusammen. Kyo betat sich schon an der Musikanlage im vorderen Teil des Busses. Kaoru stand nur wie versteinert da und rührte sich nicht. Was zur Hölle passierte hier gerade? War sein Sänger nicht sonst immer der schlimmste Partymuffel? Er vergrub sein Gesicht nur in seinen Händen und schüttelte verzweifelt mit dem Kopf. Und dann noch die ganze Sache mit Zero. Wenn auch jetzt der Rest der anderen Band ankam, wie sollte er sich gegenüber seines Freundes verhalten? Von nicht all zu weit weg vernahm er Stimmen, als er vor dem Bus eine Zigarette rauchen ging und wenige Minuten später tauchten da die Jungs von D’espairsRay mit Die und Toshi im Schlepptau auf. Die beiden machten kein Geheimnis aus ihrer Beziehung, aber er war der Leader von Dir en Grey und konnte sich keine Fehlritte oder dumme Schlagzeilen erlauben. Er musste alles unter Kontrolle behalten und dafür sorgen, dass seine Jungs am nächsten Tag ein gutes Set spielten. Was lief hier gerade nur schief? Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter und drehte sich erschrocken um. Er schaute leicht panisch in die dunklen Augen seines kleineren Sängers. „Kao…es ist alles gut…komm jetzt und hab ein bisschen Spaß mit uns. Ich verspreche dir hoch und heilig, unser Konzert morgen wird super, aber die letzten Monate waren wirklich hart, auch für uns. Du hast uns ganz schön gefordert und deshalb wird das morgen super. Glaub mir, jeder deiner Jungs kann unsere Songs mindestens im Schlaf auswendig…weil du so bist, wie du bist, aber auch du hast dir eine Auszeit verdient und wir sind auf einem Festival…also komm schon…“ Verzweifelt klammerte sich  der Ältere an seinen Freund. „Ich hab Angst…gerade geschieht so viel, was ich nicht geplant hab…so unberechenbare Dinge…damit komm ich nicht klar…“ Kyo seufzte und legte seine Arme und seinen Leader, fixierte ihn mit seinem Blick und gab ihm ein Kuss auf die Wange. „Das war unerwartet oder? Na und? Kao lass es einfach passieren und im schlimmsten Fall macht es dich glücklich…geh jetzt da rein, dort wartet ein cooler Typ auf dich, der dich echt heiß findet…hab Spaß und versprochen, morgen klappt alles. Ich sorge dafür, dass alle rechtzeitig ins Bett kommen.“ „Danke…“ Kyo grinste nur und folgte seinem Freund in den Partybus. Die Musik hatte eine angenehme Lautstärke, sodass man sich noch unterhalten konnte, doch Die und Toshi hatten den Gang schon in einen Dancefloor verwandelt und gaben ein ziemlich heißes Paar ab. Kaoru nährte sich seinem Zero langsam und brachte ihm einen Drink, nachdem er die andere Band begrüßt hatte. „Hallo Hübscher…ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr. Ist alles okay?“ Der Braunhaarige nickte. „Sollen wir es vor unseren Jungs offiziell machen?“ Zero grinste und zog Kaoru auf seinen Schoß. Genau in diesem Moment schien die Zeit still zu stehen und alle Blicke richteten sich auf die beiden Männer. Alle konnten ihren Augen nicht trauen, als sich Kaorus Kopf etwas senkte und seine Lippen auf denen des anderen Bassisten lagen. Und es war wirklich schwer zu sagen, welche der beiden Bands blöder aus der Wäsche schaute. „Hizuuuu, hab ich’s dir nicht gesagt? Zero hat was am Laufen, allerdings das? Oho, hätte ich nicht gedacht…“ „Tsu, ich hab die Wette trotzdem gewonnen…weil du wolltest nicht glauben, dass es ein anderer Kerl ist uuuuund, ich gewinne auch, weil ich auf nen anderen Musiker getippt hab…“, freute sich der D’espairsRays Drummer und Zero schüttelte nur etwas peinlich berührt mit dem Kopf. „Sorry Schatz…die Jungs haben echt einen an der Waffel…damit müssen wir jetzt wohl leben…“, wisperte Zero seinem Liebsten zu, doch Kaoru grinste nur. „Ich glaub damit kann ich leben, so lange du mir gehörst“, raunte der Diru Leader und zog seinen Bassisten wieder in einen Kuss. Auch Shinya mischte sich jetzt unter die Tanzenden und zog Kyo mit sich, dieser rollte jedoch nur genervt mit den Augen. „Shini, dein ernst?“ Sein Drummer beäugte ihn mit flehendem Blick und schließlich ließ sich der Sänger breit schlagen. Denn hatte er Kaoru vorhin nicht etwas von Spaß haben erzählt? Also biss er Zähne zusammen und tanzte mit seinem Freund, der schon mächtig einen Sitzen hatte. Was nicht oft vorkam, denn eher war es Die oder auch selten Mal Kaoru, die sich abschossen aber Shinya? Naja, weniger. Außerdem schien er auch sehr liebesbedürftig zu sein, denn er legte seine Arme um seinen Sänger und tanzte ihn ein bisschen an. In ihm regte sich wieder dieses seltsame Gefühl und wenn es sich um eine andere Person handeln würde, hätte Kyo das sicher nicht mit sich machen lassen, denn eigentlich war ihm diese Nähe viel zu viel. Normalerweise. Doch bei Shinya konnte er die Nähe zulassen, ja sogar halbwegs ertragen. Würde er sich zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn er sich eingestand, dass ihm die Nähe gut tat? Er schluckte, als ihm dieser Gedanke kam, weil er das eigentlich nicht wollte. Doch Shinya war sein bester Freund und er würde es nicht wagen, ihn zu verletzen oder? Kyos Herz begann zu rasen und in seinem Kopf drehte sich alles. Seine Hände krallten sich in das Shirt seines Freundes und sein Kopf sank gegen dessen Brust. Natürlich entging dem einfühlsamen Drummer nicht, dass sein Sänger Irgendwas hatte. Und als er sich schließlich losriss und nach draußen ging, folgte er ihm. Kyo lehnte am Bus und rauchte. „Ist alles okay bei dir?“ Der Sänger zuckte mit den Schultern. „Denk schon“, antwortete er, im Wissen, dass ihm das Shinya mit Sicherheit nicht glaubte. „Aber?“, ließ dieser wie immer nicht locker. „Es ist doch immer dasselbe…deine Nähe gerade…es hat sich schön angefühlt und trotzdem ertrage ich das nicht…doch du ignorierst das, was ich ja irgendwie okay finde, weil ich glaub, dass ich deine Nähe hin und wieder brauche. Aber ich halte es eben nicht lange aus. Ich will nur, dass du weißt, dass ich es mag…dich mag Shini und kannst du mir was versprechen?“ Der Drummer spürte einen Kloß im Hals, denn das, was Kyo ihm gerade sagte, hätte er nie für möglich gehalten. Ihn rührte das so sehr. „Alles…“ „Es ist etwas von großer Bedeutung und vermutlich sehr viel verlangt, aber…kannst du mir versprechen, dass wir immer Freunde bleiben, egal, was passiert?“ „Oh natürlich verspreche ich dir das…ich werde immer für dich da sein, das weißt du doch.“ „Kannst du mir auch versprechen, dass du mich niemals verletzt?“ „Das ist wohl sehr viel verlangt, aber ja…ich verspreche es dir. Und ich sage dir noch was. Du bist viel viel besser, als du dich selbst darstellst. Ich wünsche mir, dass du der Welt irgendwann zeigen kannst, wer du wirklich bist. Du präsentierst jetzt vielleicht knapp die Hälfte davon auf der Bühne, dabei ist da noch so viel Potenzial nach oben. Kyoschatz, du bist großartig, ein Zauberkünstler, ein Genie und das solltest du allen zeigen.“ Shinya hatte seine Arme ausgebreitet und tanzte unter dem sternenklaren Himmel. Sein zierliches Gesicht zierte dieses süße glückliche Lächeln, was dem Sänger zeigte, dass er all das, was er eben von sich gegeben hatte, ernst meinte. Und das gab ihm Kraft. Vielleicht hatte sein Freund Recht, er musste noch viel absurdere Bühnenshows aufziehen. In seinem Kopf begann es schon zu arbeiten und er war voller Vorfreude auf die Umsetzung. „Ach hier seid ihr…das Szenario da drinnen gleicht langsam einer Pornoshow, dürfen wir zu euch kommen?“, fragte Tsukasa und Kyo nickte. Also gesellten sich die anderen drei hinzu und der betrunkene Shinya ließ sich auf Kyos Schoß fallen. Fragend schaute Hizumi zu beiden und noch bevor er seine Frage laut ausgesprochen hatte, beantwortete sie Kyo. „Ähm nein, wir sind kein Paar…Shin-chan ist nur mein gerade ziemlich betrunkener bester Freund…“ „Jaaaaaa und Kyo kann sehr süß sein…wenn er will…du bist der tollste, beste Freund auf der ganzen Welt“, schwärmte der Diru Drummer und wäre beinahe nach hinten umgekippt, wenn Kyo ihn nicht festgehalten hätte. „Mhh, was du nicht sagst…ich lass dich nie mehr trinken. Da mutierst du echt zur Nervensäge…“, antwortete er. „Aber es ist wahr.“ Der Sänger zuckte nur mit den Schultern. „Da es fast zwei ist, würde ich sagen, wir gehen jetzt alle schlafen. Morgen wird ein stressiger Tag. Also sammelt Mal euren Bassisten ein und ich setzte dieser Pornoshow ein Ende.“ Kyo zog seinen Drummer hinter sich her und verfrachtete ihn geradewegs ins Bett. In diese Richtung schob er dann auch Die und Toshi. Hizumi war schon damit beschäftigt, Kaoru und Zero zu trennen und nach einem ausgiebigen Gute-Nacht-Kuss trennten sich auch die beiden voneinander.   Die Dir en Grey Jungs schliefen lange, denn die Partynacht hatte dem einen mehr und dem anderen weniger zugesetzt. Kyo war früh auf den Beinen, schlenderte ein bisschen übers Gelände und organisierte etwas zum Frühstück. Als er wieder am Bus ankam, war das Dir en Grey Liebespaar auch schon auf den Beinen und wer hätte es gedacht, sie klebten schon wieder aneinander. „Ihr seid echt schlimm“, brummte der Sänger. „Wir müssen unsere Energie für später aufladen“, meinte Die und half Kyo beim Tisch decken. Toshi ging Kaffe kochen und die anderen beiden wecken. „Bin ja Mal gespannt, ob es Shini aus den Federn schafft“, versuchte der Gitarrist die Konversation mit seinem Sänger aufrecht zu halten. „Muss er wohl, sonst bekommt er Ärger.“ „Oder auch nicht…denn das sind ja tolle Neuigkeiten bei Kao…hätte ich nicht gedacht.“ „Tja auch unser Leader braucht mal ein bisschen Spaß würde ich sagen.“ „Und du? Was ist mit dir?“, fragte der Schwarzhaarige nach einer kurzen Pause. „Was soll schon mit mir sein Dai Dai? Mir geht’s gut.“ „Willst du keine Beziehung mehr? Ich meine, ich hab auch viele Mädels und andere Affären hinter mir, aber das jetzt…es ist…“ „Ich will es einfach nicht! Klar!“, schnitt ihm Kyo das Wort ab und Die nahm ein bisschen Abstand von dem Kleineren. „Sorry, wollte dich nicht so anfahren, aber das ist ein heikles Thema gerade…also lassen wir es dabei…ich freu mich für euch und du sollst es auch genießen…“ „Schon okay. Sag Mal, wollte Akira nicht heute kommen?“ Kyo nickte und zündete sich eine Zigarette an. „Er will mich anrufen, wenn sie da sind. Ich hab mich schon um VIP Bändchen gekümmert. Da alle anderweitig beschäftigt waren, hüpfte der Sänger schon unter die Dusche und schmiss sich anschließend in sein Bühnenoutfit. Seinen schwarzen Satinanzug und die weißen Sneakers. „Du meinst es echt ernst oder?“, fragte Kaoru noch einmal nach und warf seinem Sänger einen vernichtenden Blick zu. „Klar…ich weiß gar nicht was du hast. Außerdem brauch ein bequemes Outfit. Du stehst ja nur rum und machst nicht viel“, konterte er und Kao schaute noch finsterer. „Wenn noch jemand im Jogginganzug auf die Bühne geht, wechsel ich die Band“, murrte der Leader. „Die Connection hast du ja jetzt!“, setzte Die noch eins drauf und handelte sich so einen Klaps auf den Hinterkopf ein. „Diiieeee!“, hallte es aus dem hinteren Teil des Busses und ein völlig verschlafener Shinya kam angeschlurft und hielt sich mit beiden Händen den Kopf. „Was denn Shini…oh nein, geht’s dir nicht gut?“ Der Drummer schüttelte sein zerzaustes Haupt und bereute dies sogleich. „Ich brauch dringend ne Kopfschmerztablette, sonst müsst ihr euch Tsukasa ausborgen.“ „Maaaannn, fängst du jetzt auch noch, mich aufzuziehen Shini? Danke auch…“, rief der empörte Kaoru nach hinten. Die eilte zu seiner Tasche und suchte nach der rettenden Medizin und reichte sie seinem Drummer mit einem Glas Wasser. „Aber sonst alles okay?“, fragte er etwas besorgt nach. „Ja alles gut. Ich dusche erst Mal und dann sieht die Welt hoffentlich wieder klarer aus.“ Als alle beisammen saßen, klingelte Kyos Telefon und Akira teilte ihm mit, dass er da sei. Deshalb sprang der Sänger schnell auf, schnappte sich Kappi und Sonnenbrille und eilte zum Eingang. Dort regelte er das kurz mit den Leuten vom Einlass und eilte seinem Bruder entgegen. Doch was für eine Überraschung, Akira war nicht allein. Neben ihm stand ein nicht mehr ganz so kleines Mädchen, welches Kyo sofort erkannte. Deshalb also hatte er zwei Bändchen besorgen sollen, soweit hätte er auch Mal denken können. Er zog die beiden mit in den sicheren Bereich, weil er umgehen wollte, dass ihn einer der Fans anlaberte und brachte sie sicher zum Bus. Dort entledigte er sich auch seiner provisorischen Tarnkappe und begrüßte Hana zuerst. Schloss sie fest in seine Arme und freute sich so sehr, seine kleine Schwester nach Jahren Mal wieder zu sehen. Auch Akira umarmte er kurz und dann wurden die beiden vom Rest der Band willkommen geheißen. Hana und Kyo liefen ein Stück. Das Mädchen hakte sich bei ihrem großen Bruder unter. „Wenn du auf’s Festivalgelände willst, werde ich dich nicht begleiten…zu viel Trubel, wenn du verstehst…aber hier ist‘s auch okay. Es gibt ein paar Stände. Hast du Hunger?“ „Oh ja, ich will Pommes oder sowas…und einen Drink?“ „Das finden wir sicher beides. Was möchtest du trinken?“ „Irgendetwas Erfrischendes…gibt’s hier Cocktails?“ „Klar.“ Mit dem Essen und dem Getränk hockten sich die beiden auf eine Bank. „Schön dich zu sehen Niichan.“ „Finde ich auch. Wie geht’s dir?“ „Gut, ich hab mit studieren angefangen. Tourismusmanagement. Ziemlich cool und ich lerne viele Sprachen. War neulich mit einer Freundin auf einer Party und da kam Dir en Grey. Hab ihr erzählt, dass mein großer Bruder der Sänger ist, aber ich glaub sie hat mir kein Wort geglaubt.“ Kyo musste lachen, weil das aus dem Mund seiner Schwester so absurd klang. „Wollen wir ein Beweisfoto machen?“, fragte er deshalb. Hana schaute ihn erfreut an. „Unbedingt.“ Da die Kamera beim Tourbus lag, kehrten die Geschwister wieder dorthin zurück. Shinya kümmerte sich um die sogenannten Beweisfotos. Auch mit Akira drauf. Wenn Kyo so neben seinem Bruder stand, war die Ähnlichkeit der beiden verblüffend. „Hana, wie hast du geschafft, dass sich Tooru fotografieren lässt, das tut er sonst kaum.“ Hana erzählte Kaoru dieselbe Geschichte, wie ihrem Bruder zuvor und der Leader lachte. „Jungs in anderthalb Stunden beginnt unser Auftritt. Wir sollten uns langsam Richtung Bühne begeben“, forderte Kao seine Bande auf. „Alle klar…Süße, wir sehen uns später okay? Es tut gut dich zu sehen“, flüsterte Kyo seiner Hana ins Ohr, als er sie ein weiteres Mal umarmte und ihr einen Kuss auf die Wange hauchte. „Gibt’s dann eine Aftershowparty?“, witzelte sie und Kyo nickte. „Klar. Also bis dann!“ Im Gehen wuschelte er Akira noch einmal durch seine Haare. „Kann hier eigentlich keiner was dagegen sagen, dass unser Sänger im Jogginganzug auf die Bühne geht?“, beschwerte sich Kaoru, während sich Die die Haare zu einem Knoten zusammenband und Toshiya noch einen letzten Kuss stibitzte, bevor sie die Öffentlichkeit betraten. „Es gibt schlimmeres Kao, also reg dich nicht auf“, gab der andere Gitarrist zurück somit war diese Diskussion beendet. Es gab wieder so eine Art Schleichweg für die Bands zu der Bühne. Noch wurden aufgebaut und alle sämtliche Technik gecheckt. Die hatte sich schon wieder sein erstes Bier organisiert und Kyo zündete sich eine Zigarette an. Nach einer knappen Stunde durften die Jungs der Crew dann die Instrumente anschließen und stimmen. Am Himmel war es noch taghell und die Sonne schien. Perfektes Wetter für ein Open Air. Inmitten der Bühne hing ein großes grün-pinkes Herz, in dem „Hide Memorial Summit“ stand. Es hatte ein bisschen Ähnlichkeit mit dem Logo eines Hippiefestivals. In ihrer üblichen Konstellation betraten die Jungs die Bühne. Kyo zum Schluss und schon begannen die ersten Gitarrenriffs zu dem Song the Final. Die Menge tobte und Kyo hüpfte schon wieder auf der Bühne umher. Ein leichter Schauder lief ihm durch den Körper, als er mit dem Gesang begann. Und als er die Mengen besah, war er zutiefst beeindruckt und ein angenehmes berauschendes Gefühl erfüllte ihn. Wie, als wäre er betrunken, doch das war er ja nicht. So beschloss er alles zu geben und diesen wundervollen Menschen dort unten, die selbstverständlich auch hier waren, um Hide diese Ehre zu erweisen, beweisen wollte, was Dir en Grey wirklich drauf hatten. Der kleine Sänger schrie und sang sich in Grund und Boden. In allen möglichen Oktaven hallte seine Stimme über das Festival und er vermochte kaum zu beschreiben, was dieses Feeling mit ihm tat. Zwischendrin ließ er seine Jacke fallen und genoss den kühlen Lufthauch, der seine nackte verschwitzte Haut streifte. Auch Kaoru bewegte sich heut ein bisschen mehr und Toshi wirkte manchmal wie eine majestätische Statur, doch ihm entging nicht, wie er ab und zu seinen Blick zu Die schweifen ließ. Lustigerweise trugen beide weiße Shirts und schwarze Hosen. Ob das Absicht gewesen war und sie somit zeigten- wir gehören zusammen? Der Gedanke wäre ziemlich süß, aber auch gewagt. Die Stunde ging viel zu schnell rum und völlig verschwitzt verließen die Jungs ihre Bühne und Kyo schnappte sich sogleich ein Handtuch. Die Jungs von D’espairsRay standen auch schon bereit und sie beschlossen sich deren Show noch anzusehen. „Hey…später wieder Aftershowparty bei euch?“, fragte Hizumi und Zero schaute die ganze Zeit zu Kaoru, doch hier tummelten sich zu viele Leute. „Klar…morgen ist ja nichts“, antwortete der Diru Leader. Kyo zog sich ein bisschen zurück von diesem Trubel und wollte nur Wasser und eine Zigarette. Nachdem die andere Band gespielt hatte, gingen alle in Richtung Bandgelände.   Kyo spürte eine Hand, die nach seiner griff und als er sich zur Seite drehte, erblickte er Hana und lächelte seine Schwester an. „Wow, ihr wart der Hammer. Ich glaub ich muss öfter zu euren Konzerten kommen.“ „Das kann ich nur unterstützen“, entgegnete ihr Bruder und machte sich etwas frisch. Er holte sich noch ein kaltes Wasser und exte es auf einen Hieb, dann ließ er sich etwas geschafft in den Klappstuhl fallen und zündete sich eine Zigarette an. Das Kratzen im Hals war seit den letzten Proben nicht wirklich verschwunden und so langsam bereitete das dem Sänger Sorgen, doch um dieses Problem würde er sich kümmern müssen, wenn sie zurück in Kyoto waren. Er beobachtete Hana, wie sie mit den anderen Jungs seiner Band  Quatscht machte und ihren Spaß hatte. Das freute ihn und Akira hatte Recht, sie sollten wieder öfter etwas miteinander unternehmen und wenn es nur ein Tag im Monat war. Erst jetzt merkte er, wie sehr er vor allem seine kleine Hana vermisst hatte. Und als hätte sie es gespürt, drehte sie sich zu ihm um und kam in seine Richtung gehüpft. Trotz ihrer 22 Jahre wirkte sie fast noch wie das kleine Mädchen, so wie er sie in Erinnerung hatte. Sein kleines Mädchen. „Na du…alles gut?“, fragte Hana und ließ auf seinen Schoß sinken. „Ja, nur etwas müde.“ „Sag Mal…arbeitet ihr schon an einem neuen Album?“ „Auf jeden Fall, es soll ja nicht still um uns werden…weißt du Hana…ich will nicht zu den Bands gehören, die sich irgendwann wieder auflösen, weil irgendwas nicht klappt oder es in der Band Komplikationen gibt. Ich meine du bist mittlerweile auch in nem Alter, wo du dich für Musik interessierst oder?“ „Ja klar. Und ich mag Despa voll und natürlich Dir en Grey. Wobei deine Texte schon echt heftig sind, das macht mir manchmal ein bisschen Angst…Tooru? Ist diese Angst berechtigt?“ Kyo seufzte tief und steckte sich eine weitere Zigarette zwischen seine Lippen, jedoch ohne diese anzuzünden. „Eigentlich nicht…ich will nicht, dass du dir Sorgen machst.“ Das Mädchen verdrehte ihre Augen, griff nach der Kippe zwischen seinen Lippen und zündete sie sich selbst an. Etwas schockiert musterte Kyo seine kleine Schwester und schüttelte nur mit dem Kopf und holte sich den Glimmstängel zurück. „Das tue ich aber, weil ich dich lieb habe. Ich meine deine Musik ist wunderschön und ich fürchte ich kann mittlerweile jedes deiner Lieder auswendig…bis auf die, wo du so viel schreist…aber ich spüre deine Verzweiflung regelrecht. Ebenso auf der Bühne…ich hab ein bisschen Angst, dass du es irgendwann Mal übertreibst…“ Hana schien besser als jeder andere in sein Inneres blicken zu können, obwohl sie sich so lange nicht gesehen hatte und obwohl er ihr nichts erzählt hatte. Naja gut, sie kannte seine Lieder, das erklärte schon so einiges. Dennoch beeindruckte ihn ihre Tiefgründigkeit, mit der sie seine Texte betrachtete, denn das gelang den Wenigsten. „Ich war schon immer extrem und werde es immer ausreizen, aber ich werde mich dazwischen nicht verlieren, versprochen. Außerdem war viel davon auch Kunstblut.“ Sie zog die rechte Augenbraue hoch und stibitzte ihrem Bruder erneut die Zigarette, um einen Zug zu nehmen. Dann fuhr sie über seine tätowierten Arme und er sollte sie ihr entziehen, doch das ließ sie nicht zu. Sie biss sich heftig auf die Unterlippe und Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Ach ja? Kunstblut? Davon entstehen bestimmt nicht solche Narben! Lüg mich nicht an Tooru-chan!“, ermahnte sie Kyo mit einem bitteren Unterton in der Stimme. „Na schön, aber nicht hier!“, zischte er und zog seine jüngere Schwester mit in den Bus. Dort holte er sich ein Bier aus dem Kühlschrank und reichte Hana auch eines. „Bitte…erzähl es mir…“, flehte sie und jetzt kullerten perlenartige Tränchen über ihre rosigen Wangen. Das versetzte dem Sänger einen heftigen Stich in der Brust. „Süße, hör zu…ich kann dir nicht alles sagen, weil ich manche Dinge selbst noch verarbeiten muss…außerdem will ich dich damit nicht belasten. Es ist eben passiert und das war mein Mittel, um mit dem Schmerz klarzukommen.“ „Und was ist mit heute? Hast du dich da absichtlich zurückgehalten?“ „Naja…eigentlich nicht, denn gerade geht es mir gut…Hana…warst du schon Mal verliebt? Ich meine so richtig?“ Das Mädchen nickte. Kyo seufzte tief, weil er ihr die Illusion der wahren Liebe nicht nehmen wollte, doch wollte sie es nicht so? „Ja…gerade…warum?“ „Ich war es auch…bin es noch, doch das spielt leider keine Rolle mehr, denn der Mensch, den ich liebe ist tot, verstehst du? Und alles, was danach kam…nein, sorry, ich kann nicht…“, unterbrach er und schluckte dieses dumpfe Gefühl hinunter, um vor seiner kleinen Schwester nicht wie der letzte Idiot dazustehen. „…es ist eben beschissen gelaufen und ich bin glücklich mit meiner Musik…da würde mich die Liebe nur stören…ich will nicht mehr und bin zufrieden damit. Mehr kann ich dir nicht sagen. Und ich sage dir jetzt etwas, was ich auch Aki neulich gesagt habe…ich bin nicht mehr der, der ich vor ein paar Jahren war. Ich hab mich verändert meine Süße und ich verabscheue meinen Namen…Tooru, aber du darfst mich immer so nennen…bei dir ist es okay…denn vielleicht kann ich in deiner Gegenwart noch ein bisschen so sein, wie ich Mal war.“ Hana wischte sich die Tränen weg und lächelte ihren großen Bruder schwach an. Dann schlang sie ihre Arme um ihn und hielt ihn ganz ganz fest. „Wow, dass wir solche Gespräche Mal führen…du bist anders als früher, aber trotzdem vertraut und ich liebe dein kreatives Wesen…ich möchte dich immer unterstützen und ich will wieder öfter für dich da sein…auch, wenn du jemanden zum Reden brauchst.“ „Danke meine Süße, das weiß ich zu schätzen und es tut wahnsinnig gut, das zu wissen. Ich hab dich lieb…gehen wir noch ein bisschen feiern?“ Hana nickte und hakte sich wieder bei ihrem Bruder unter. Irgendwer hatte einen Fußball organisiert und scheinbar lieferte sich Dir en Grey ein Turnier gegen D’espairsRay. Und Kaoru gegen Zero? Na wenn das Mal gut ging. Kyo feuerte seine Jungs an. „Du musst auch mitspielen!“, rief ihm Shinya zu, doch der Sänger schüttelte nur mit dem Kopf. „Keinesfalls. Außerdem ist das unfair, wir sind einer mehr.“ Schließlich wurde es irgendwann zu dunkel und alle versammelten sich am Tisch mit Kerzenlicht. Schon fast romantisch. Hana wich an diesem Abend nicht von Kyos Seite, doch das störte ihn auch nicht. Er genoss es wenigstens einen Teil seiner Familie wieder zu haben. Sicher, die Sache mit seinem Vater saß noch immer tief, doch Narben verblassten, das wusste er nur zu gut. Und irgendwann würden sie ganz verschwinden. Vielleicht. Kapitel 19: Tourleben --------------------- Die kommenden Monate verbrachten die Jungs wieder vermehrt im Studio und die Tour durch England und Irland stand vor der Tür. Doch erst sollte das neue Album Uroboros fertig werden. Die Aufnahmen liefen vorerst gut, auch wenn Kyo hin und wieder mit seiner Stimme zu kämpfen hatte, jedoch war er zu eitel, um das vor seinen Kollegen zuzugeben. Deshalb legte er immer wieder Pausen ein und fing sich wieder. Nach Yoshiki hatten sie ihr Label gewechselt, nicht weil sie mit ihm nicht mehr klarkamen, nein eher, weil sie jetzt fast zu groß für den X-Japan Leader wurden. Und er unterstützte die Jungs trotzdem noch, wo es ihm möglich war. Kaoru meckerte wieder viel mit seiner Band, was vielleicht auch eher daran lag, dass sich sein liebster Zero gerade auf Tour aufhielt und sich die beiden nicht oft sahen. Der Fluch aller Musiker, dachte Kyo da nur bei sich und war froh in keiner Beziehung zu sein. Nach knapp zwei Monaten hatten sie alles im Kasten und die Verkaufszahlen stiegen rasant. Dir en Grey waren nun nicht länger eine der kleinen J-Rock Bands, nein, sie überzeugten mit ihrem manchmal leicht aggressivem Stil und Kyo schwebte auf Wolke 7. Nach so vielen Jahren hatten sie endlich den Durchbruch geschafft. Es folgten auch immer mehr Interviews, zu denen er allerdings eher selten ging, nur, wenn sein bester Freund auch anwesend war. Sonst überließ er Die, Toshi oder Kaoru dieses Feld. Und ihn kribbelte es schon wieder in den Fingern, wenn er an die bevorstehende Tour in England und Irland dachte. Endlich wieder mehr als nur einen Tag auf der Bühne stehen. Dieser Gedanke beflügelte ihn und ihm fielen schon jetzt Ideen für sein Bühnenoutfit ein. Kyo hockte sich mit einem Bleistift bewaffnet an den Tisch und brachte seine Einfälle zu Papier. Im Hintergrund lauschte er dem Schlagzeug, das gerade gesampelt wurde. Toshiya näherte sich seinem Sänger eher vorsichtig, doch als dieser aufschaute, setzte sich der Bassist neben ihn. „Was zeichnest du?“, fragte dieser nach. „Ein paar Ideen für mein Bühnenoutfit…soll etwas skurril werden.“ „Na dann, ich bin gespannt.“   Die ersten Konzerte der Tour starteten in Japan und verliefen ohne Probleme, doch als es dann nach England ging, war Kyo schon ein wenig aufgeregt, wie immer, wenn sie im Ausland auftraten. Schließlich konnte er seine japanischen Fans mittlerweile einschätzen, doch wie verhielt es sich mit den anderen Fans? Würde sie seine Musik genauso schätzen wie die Leute hier? Das alles ging durch seinen Kopf während sie auf dem Weg zum Flughafen waren. Und dann noch der lange Flug. Naja, er würde versuchen zu schlafen, wie immer. Shinya nahm neben ihm platz und er nickte nur. Kaoru tippte noch schnell eine Nachricht ein und dann hoben sie schon ab. Der Sänger dämmerte langsam weg und merkte gar nicht, dass sein Kopf an die Schulter seines Drummers sank, dieser grinste nur und war insgeheim sehr froh, dass es seinem Freund scheinbar besser ging. Vielleicht sogar so gut wie schon lange nicht mehr. Als sie in England landeten, bezogen sie erst einmal ihre Zimmer im Hotel. Kaoru reichte Die und Toshiya einen Schlüssel, sowie Kyo, der dieses Mal um ein Einzelzimmer gebeten hatte. Dort haute er sich noch ein bisschen auf’s Ohr, bevor er sich mit den anderen zum Essen traf. Sie hatten noch einen Tag Pause, bevor es mit den Liveshows losging. Zaghaft klopfte es an seiner Tür und der Sänger schreckte auf. Von draußen erklang die Stimme seines Drummers und er rief herein. In seiner Tasche suchte Kyo nach einem Pulli, den er sich überziehen konnte. Dann kramte er den nächstbesten heraus und zog ihn an. Noch etwas gejetlagged folgte er seinem Freund mit schlurfenden Schritten und verkroch sich unter der Kapuze seines Pullovers und am liebsten wäre er auf dem Zimmer geblieben, weil er gerade so gar keine Lust auf Menschen hatte. Etwas lustlos stocherte er in seinem Essen herum und hörte nur mit halbem Ohr zu, was sein Leader über morgen und die Location erzählte. Er wollte wieder ins Bett und den Tag verschlafen, damit er für morgen fit war. „Hörst du überhaupt zu?“, fragte ihn sein Leader etwas genervt. Kyo sah ebenso genervt von seinem Teller auf. „Sehe ich so aus? Was gibt’s denn so wichtiges? Es war doch alles geplant.“ Kaoru rollte mit den Augen. „Ja schon, aber ich wollte mir die Halle nachher noch anschauen fahren und vielleicht will ja jemand mitkommen“, entgegnete er. „Ich sicher nicht, ich muss noch bissl schlafen, sonst müsst ihr morgen ohne mich auf die Bühne.“ „Dann eben nicht“, murrte der Ältere und Kyo warf ihm einen giftigen Blick zu. „Tut mir leid, wenn nicht alle so obermotiviert sind und ihre Ruhe brauchen“, konterte er und beschloss sich wieder auf sein Zimmer zu verziehen. Zum Glück war er allein dort und musste es nicht mit irgendeinem nervigen Zimmernachbarn teilen. Kyo ließ sich auf’s Bett fallen und schaute ein bisschen Fern. Zwar nur auf Englisch, aber ein paar Brocken verstand er. Irgendwann schlief er dann ein und erwachte erst am nächsten Tag, jedoch sehr erholt. Er packte seine Sachen, suchte die schwarze Hose für den Auftritt raus, sowie die Lederjacke. Dann kümmerte er sich um seine mittlerweile schulterlangen Haare. Föhnte sie, sodass sie ein paar schöne Wellen warfen. Die Kontaktlinsen ließ er weg, doch ein bisschen Kajal. Zufrieden schnappte er sich seine Tasche und klopfte an Kaorus Tür. Ebenso schon fertig schaute ihn sein Leader überrascht an. „Warst du gestern noch bei der Halle? Falls nicht, komm ich jetzt mit dir mit…hab Lust mich ein bisschen einzusingen.“ „Klar, gib mir fünf Minuten.“ „Ich warte unten, da kann ich noch eine rauchen“, erwiderte der Blonde und erhaschte gerade noch den Fahrstuhl. Oh nein, da musterten ihn zwei Augenpaare länger als üblich. Bitte, lass das keine Fans sein, schoss es ihm durch den Kopf. Sowas konnte er einfach nicht. Und zu seinem Glück blieb es beim Augenkontakt. Schnell schritt er durch die Lobby ins Freie und steckte sich dort eine Zigarette an. Wenige Minuten später folgte ihm Kaoru und sie nahmen ein Taxi zu der Konzerthalle. Dort war die Crew schon fleißig damit beschäftigt, alles aufzubauen und die ersten Soundchecks durchzuführen, sowie die Leinwände und den transparenten Vorhang vor der Bühne zu befestigen. Kyo stellte sich an sein Mikrofon uns sang sich ein und so langsam kroch wieder diese Vorfreude in ihm empor. Die Freude, wenn die Halle gefüllt sein würde und er auf sicherem Abstand zu seinen Fans auf der Bühne stand und ihnen eine Show bot. Und so zog er sich um. Auch der Rest seiner Chaosband hatte sich schon im Umkleideraum eingefunden. Kyo schlüpfte gerade in seine Hose, befestigte den Gürtel und zog die leichte Lederjacke darüber. Warf noch einen letzten Blick in den Spiegel, da umfingen ihn von hinten zwei Arme und der Kopf seines Drummers lugte über seine Schulter. „Du siehst sehr hübsch aus heute“, bemerkte Shinya und Kyo lächelte ein bisschen. „Danke…selber hübsch, aber das bist du ja immer, kleine Diva“, ärgert er seinen liebsten Freund und plötzlich drehten sich beide um, weil es scheinbar Aufruhr gab. „Ist das dein ernst Die? Woher hast du dieses Glitzerding?“, fragte Kaoru etwas empört und deutete auf das silberne Hemd, welches Daisuke trug. Doch dieser schüttelte nur amüsiert mit dem Kopf und knöpfte genau einen Knopf zu. „Ja ist es…hast du ein Problem damit? Ich find’s schön oder Tosh?“, wollte er seinen Freund mit ins Boot holen. „Naja, zumindest betritt heute keiner im Jogginganzug die Bühne“, murrte der Leader und warf einen Blick in Richtung seines Sängers. „Wenn dich unser Klamottenstil so sehr stört, bestell uns doch Uniformen in denen wir aussehen wie kleine Schulmädchen. Da nimmt uns nur leider keiner mehr ernst!“, amüsierte sich Kyo. „Mhh, ich für meinen Teil fände das ja ganz süß“, grübelte Shinya und entlockte seinem besten Freund ein Kichern. „Es war so klar, dass dir das gefallen würde Shin-chan…doch wärst du höchstwahrscheinlich auch der einzige, zu dem das passen würde.“ Plötzlich brach Toshiya in schallendes Gelächter aus, musste sich sogar hinsetzten, weil ihn der Lachanfall so sehr einnahm. Mit der flachen Hand wischte er sich die Tränen aus den Augen, er musste allerdings sofort wieder lachen. „Ohhhh…shit, stellt euch Tooru bitte vor…oh…Gott, ich kann nicht mehr…dieses Bild bekomm ich nie wieder aus meinem Kopf…hahahaha…“ Kyo rollte nur mit den Augen und nur Kaoru schien der Einzige zu sein, der das nicht witzig fand. „Ohhh, jetzt sei Mal nicht so ein Spielverderber Kao…oder hast du Angst, dass unsere Fans dein Beziehungsbäuchlein sehen, wenn du in einer so süßen Uniform steckst…“, stichelte der Sänger weiter und wich dem Kleiderbügel aus, den sein Leader in dem Moment nach ihm warf. „Kann ich bitte meinen alten Sänger zurück haben? Was auch immer du mit ihm getan hast du Alien, gib ihn mir zurück…ich mochten mein grummeliges Kyolein…“, schmollte der Leader sichtlich gekränkt. Da umarmte ihn Kyo. „Wir gehen uns jetzt ne Weile auf die Nerven, also genieß das spaßige Bandleben und wenn du den grummeligen Kyo willst, musst du mich einfach nur früh wecken…aber, ich garantiere für nichts…“ Jetzt musste auch Kaoru lachen. „Okay, Challenge accepted…“ Augenblicklich verfinsterte sich Kyos Blick wieder. „Glaub mir, das willst du nicht…Kao…tue es einfach nicht, sonst passieren echt unschöne Dinge“, drohte ihm der Kleinere. Erleichtert atmete der Leader auf. „Puh, jetzt bin ich erleichtert…du bist es doch…also dann, gehen wir? Zeigen wir England, was wir so drauf haben.“ Die anderen vier nickten und gemeinsam begaben sich die Freunde in Richtung Bühne. Zu Beginn sah Kyo seine Fans nur etwas verschleiert durch den Vorhang und er würde gerne sehen, wie ihre Silhouetten aus der anderen Perspektive wirkten. Wieder erfüllte ihn sogleich dieser Rausch. Früher hatte er die Menge manchmal ausgeblendet, weil es mittlerweile wirklich nicht mehr wenige Menschen waren, die ihre Konzerte besuchten, so auch hier außerhalb seines geliebten Japans. Das rührte ihn zutiefst und deshalb wollte er die Menge nicht ausblenden. Er wollte all den Leuten da vor ihm eine Show bieten. Deshalb tänzelte er mehr als sonst herum, wackelte mit seinen Hüften und sang aus voller Leidenschaft. So langsam wurde es wirklich heiß auf der Bühne und er öffnete seine Jacke, sehr zur Begeisterung seiner Zuschauer. Naja, er konnte immerhin zeigen, was er hatte. Aufreizend ließ er seine Jacke irgendwann ganz fallen und spornte die Menge zwischendurch immer wieder an. Auch seine Freunde schienen von seiner Laune angesteckt zu werden, denn zwischendurch sprang Kaoru zu Die rüber und die beiden spielten nebeneinander. Und schräg hinter ihm, auf der rechten Seite erhaschte er immer Mal wieder einen Blick auf seinen Bassisten, der auch mehr als sonst abging und herum hüpfte. Ja, Kyo hatte das Gefühl sie waren angekommen und das machte ihn zum glücklichsten Menschen, zumindest in diesen Momenten, wo er auf der Bühne stand. Nach der Show jubelten die Fans noch immer und deshalb gaben die Jungs eine saftige Zugabe. Glücklich und erschöpft gab es hinter der Bühne eine kleine Wasserschlacht.   Die übrigen Konzerte verliefen ähnlich und die Zeit eilte viel zu schnell voran. Die Konzerte in Irland und später im Sommer in Deutschland und Österreich nahten. Kyo und auch die anderen waren ein bisschen geflasht von der Fangemeinde und wie bekannt sie mittlerweile waren. Die Fanbase wurde immer größer und somit auch die Konzerthallen. Vor allem der Sänger liebte das Tourleben, auch wenn es mittlerweile ziemlich an seiner Energie zehrte. Zu wenig Schlaf, die dauernden Jetlags, aber volle Hallen und tobende Fans, die ihre Musik vergötterten. Nun wurde es auch im Ausland zunehmend schwerer unerkannt durch die Straßen zu laufen und vor allem in Deutschland und Österreich waren die Fans echt hartnäckig und wiesen schon fast stalkerhafte Allüren auf. Deshalb war es auch immer komplizierter danach noch feiern zu gehen, was vor allem Die sehr auf’s Gemüt schlug. Denn er mochte die ausländischen Clubs. Hin und wieder mieteten die Jungs oder bessergesagt Nora eine VIP-Lounge. Dort konnten sie bleiben oder sich eben in die tanzende Menge begeben. Doch immer häufiger mied Kyo diese Partys, weil ihm der Schlaf heilig war. Und außerdem machte ihm seine Stimme zunehmend mehr Probleme, doch noch immer verschwieg er das vor seinen Freunden und Kollegen. Sollte er sich an Nora wenden? Immerhin sprach sie am besten Englisch und konnte ihm vielleicht einen Arzt empfehlen. Und das musste schon viel heißen, wenn er solche Gedanken hegte. Kyo hasste Ärzte und Krankenhäuser noch mehr. Deshalb verwarf er das ganz schnell wieder, sondern telefonierte mit seinem Arzt in Japan. Das schien ihm das einzig Sinnvolle. Doch eben dieser riet ihm einen Spezialisten aufzusuchen. „Herr Nishimura, wenn Ihnen ihre musikalische Karriere am Herzen liegt, sollten sie dieses Problem nicht mehr all zu lange hinauszögern.“ „Ja, das weiß ich. Danke für die Zeit. Auf Wiedersehen.“ Er legte auf und machte sich auf den Weg zu Nora. Die kleine Japanerin schien mehr als überrascht den Sänger zu sehen. Er drückte ihr einen Zettel in die Hand, auf dem er sich die Medikamente notiert hatte, die ihm eventuell schnell helfen könnten. Die Betonung lag auf könnten. „Huch…muss ich mir Sorgen machen?“, fragte sie. Kyo schüttelte mit dem Kopf. „Nein…nur etwas erkältet, vermute ich…wäre lieb, wenn du mir das heute noch besorgen kannst…wo mein Zimmer ist, weißt du ja.“ Und damit verschwand er auch wieder dorthin. Etwa eine Stunde später klopfte es und Nora brachte ihm seine Bestellungen. Dankend nahm er es entgegen und die junge Frau klärte den Sänger noch auf, wie er was einnehmen musste. „Kyo…willst du nicht lieber zu einem Arzt gehen?“ Energisch und genervt schüttelte er mit dem Kopf. „Es wird schon wieder.“ Besorgt schauten ihn ihre großen braunen Augen an. „Halt mich bitte auf dem Laufenden. Es ist keinem geholfen, wenn deine Stimme mitten in der Show den Geist aufgibt.“ „Schon klar…das weiß ich auch“, murrte er und machte seiner Managerin somit deutlich, dass er ihre Dienste nicht länger benötigte. Die Konzerte in Österreich verliefen ohne Probleme und Kyos Stimme schien sich wieder zu beruhigen. Jetzt folgte nur noch Russland und dann ging es erst Mal wieder zurück nach Japan. Ein bisschen fehlte ihm seine Heimatstadt.   Während dessen: „Kannst du eigentlich Mal aufhören Kaoru dauernd anzutanzen?“, beschwerte sich der Bassist und Die musste herzhaft lachen. „Oh mein Schatz…erstens, was kann ich dazu, wenn er auf der Bühne dauernd zu mir kommt und das mögen die Fans doch…beide Gitarristen vereint…bist du etwa eifersüchtig?“ „Nein…es nervt mich nur…“ „Liebling…ist das dein ernst? Nur du gehörst mir Tosh…außerdem ist Kao doch vergeben.“ „Jaaaaa, ich weiß…vielleicht fehlt mir auch gerade einfach unsere Zweisamkeit Die…ich bin echt ein bisschen fertig. Klar liebe ich es auf der Bühne zu stehen, aber wann haben wir denn gerade Zeit für uns? Nie!“, grummelte der Bassist und Die schenkte ihm ein liebevolles Lächeln. Dann machte er einen Schritt auf seinen Freund zu und legte seine Arme um seine Hüften. „Mh, wir haben jetzt Zeit…es sei denn du willst noch zur Aftershowparty.“ „Glaub nicht…und was machen wir? Hast du Lust mit unter die Dusche zu kommen?“ „Ich war zwar vorhin schon, aber mit dir wird es sicher erotischer…“, säuselte Die seinem Liebsten ins Ohr und befreite ihn von seiner Hose. Auch Toshis Hände wanderten unter das Shirt seines Gitarristen und zogen es über dessen Kopf. „Und auch wenn Kao dein Hemd nicht mag, mich macht es schon ein bisschen an, wenn du da so mit halboffenen Klamotten auf der Bühne stehst.“ Die grinste und küsste seinen Bassisten. „Das allein ist Sinn und Zweck der Sache mein Schöner.“ Toshi kniff Die in den Hintern. „Das ist nicht nett…auf der Bühne hab ich doch gar nichts davon.“ „Nicht? Du kannst mich anschmachten, wenn du zu mir schaust“, witzelte der Ältere. „Süßer, da verspiele ich mich und bekomm Ärger mit unserem Leader…“ „Ach der verkraftet das schon…und jetzt ab mit dir in die Dusche du heißer Kerl…ich will versaute Dinge mit dir anstellen…“, gab der Gitarrist zurück und delegierte seinen Freund ins Badezimmer zur Duschkabine. Toshi grinste nur und stahl sich noch einen Kuss von seinem Liebsten. Das Wasser musste erst warm werden. „Willst du zuerst?“, fragte Die dann und warf seinem Lover einen fragenden Blick zu. Dieser grinste noch immer. „Oh ja, ich gehöre ganz dir…“ „Ah Tosh…ich liebe es, wenn du sowas sagst…“, gab er zurück und knabberte an Toshiyas Unterlippe. Warmes Wasser rann auf die beiden herab und der Bassist lehnte sich mehr an die Wand, als ihn sein Liebster am Hals entlang küsste und sich ein bisschen dort festsaugte. Ein wohliges Seufzen drang über Toshis Lippen und das wurde nur verstärkt, als Dies geschickte Hände südlichere Regionen ansteuerten. Er griff unter seinen Hintern und zog ihn hoch, sodass seine Beine auf den Hüften des Gitarristen lagen. Sie hörten nicht auf sich dabei zu küssen und der Bassist genoss diesen intimen Moment mit seinem Schatz so sehr, dass er sich komplett fallen ließ, als er Dies Finger an seinem Eingang spürte. Er drängte sich ihm entgegen und machte somit deutlich, dass er bereit war. „Ahhhh Die…“ Sein Gitarrist massierte seinen Muskelring, knetete ihn weich, um ihn für sich vorzubereiten. Toshi ließ seinen Kopf auf Dies Schulter sinken und biss leicht zu. Die Welle der Lust, die ihn so eben erfasste, ließ ihn erschaudern. Und tiefer drangen die Finger seines Liebsten. Oh ja, wie hatte ihm das gefehlt. Kaum zu glauben, dass es eine Zeit in seine Leben gegeben hatte, in der er den gerade schwarzhaarigen Rotschopf gehasst hatte. Ein Keuchen entfuhr ihm, als diese wundervollen rauen Finger seine Prostata streiften. Und wieder gruben sich seine Zähne in die Schulter seines Liebsten. Toshis Hände suchten nach Dies Erregung. Er wollte ihn anfassen. Seine Männlichkeit in den Fingern halten und sein lustvolles Stöhnen in seinen Ohren hören. Oh wie ihn schon allein dieser Gedanke erregte. Und tatsächlich, seinem Gitarrist drangen diese wunderschönen Laute über die Lippen, als er ihn anfasste. Mit dem Finger fuhr er über seine Spitze und leckte sich über die Lippen. Wie gerne würde er die feuchte Eichel selbst mit seiner Zunge berühren. Doch das hieß, Die müsste seine Finger aus ihm nehmen. Deshalb suchte er schnell die Lippen des Älteren und verwickelte ihn in einen leidenschaftlichen Kuss. „Du wirst wohl langsam geil?“, amüsierte sich dieser. „Oh du hast ja keine Ahnung…“ „Dann nimm mich in dir auf mein Schatz…ich will dich erobern…mein Schwanz ist schon ganz hart und voller Vorfreude auf dein süßes Loch…“ „Awee Die…es macht mich ganz verrückt, wenn du sowas sagst…“, raunte Toshi und ihm wurde ganz schummrig von dieser Leidenschaft. Deshalb ließ er den Bassisten nach unten und drehte ihn um, schob seine Pobacken auseinander und ließ sich langsam ihn sein Inneres gleiten. Beiden entfuhr ein Stöhnen. Die bewegte sich langsam und kostete jeden Zentimeter aus. Toshiyas Enge machte ihn noch immer total verrückt und als sich dieser unregelmäßiger zusammenzog, verlor er fast seine Selbstbeherrschung. „Die…schneller…“ Das ließ er sich nicht zweimal sagen und stieß heftiger zu. Währenddessen legte Toshi bei sich selbst Hand an und auch er hielt es kaum noch aus. Die beschleunigte seine Stöße und in den Momenten, wo er seinen Lustpunkt streifte, keuchte der Bassist jedes Mal auf. Schneller und wieder langsamer und wieder schneller. Oh Hilfe, lange würde er nicht mehr aushalten können. Schließlich überkam es ihn und er ergab sich seinem Höhepunkt. Auch sein Liebster folgte ihm wenig später und ergoss seine warme Flüssigkeit in ihm. Langsam glitt der Jüngere an der Fliesenwand zu Boden und grinste nach oben. „Das war längst überfällig…“ Die nickte und zog ihn hoch, um seinen Liebling einzuseifen. Toshiya tat es ihm gleich und dann stiegen sie aus der Dusche. Die rubbelte sich durchs feuchte Haar, welches dann über seine Schultern fiel. „Mhh, ich mag dich mit langen Haaren“, bemerkte der Jüngere und hauchte einen Kuss zwischen die Schulterblätter seines Liebsten. Dieser wuschelte ihm liebevoll durch seine kurzen Haare und grinste. „Oh Mann, ich brauch jetzt glaub nen Bier und ne Kippe…Tosh…du heißer Kerl, ich liebe dich…“ Und schon wieder knutschten sie miteinander. „Ich dich auch…teilen wir uns eine Zigarette? Ich mag gerade keine ganze.“ „Okay“, erwiderte Die und kuschelte sich in den Bademantel, in den er auch seinen süßen Bassisten mit hineinzog und das Fenster öffnete. „Die?“ „Mh?“, murmelte dieser und schaute Toshiya fragend an. „Glaubst du Kyo geht es gerade gut?“ Daisuke nahm einen tiefen Zug, blies den Rauch in die dunkle Nacht hinaus und schaute nachdenklich in die Ferne. Dann zuckte er mit den Schultern. „Zumindest wirkt er gerade so oder? Keine blutigen Shows auf der Bühne…im Gegenteil, er wirkt sehr gefasst und scheint sich wieder mehr zu mögen…vielleicht sollten wir morgen was mit ihm unternehmen, was meinst du?“ „Klar…wenn er will…lass uns Zähne putzen und schlafen. Morgen müssen wir früh raus.“ „Jaja…ich freu mich auf mein eigenes Bett…Tosh, kann ich dich was fragen?“ Erwartend schaute der Bassist zu ihm auf und nickte. Etwas nervös kaute der Gitarrist auf seiner Unterlippe herum. „Naja…wir sind ja irgendwie eh nur bei dir oder bei mir und…naja…ich dachte vielleicht…magst du zu mir ziehen?“ Toshiya war geplättet von dieser Frage und etwas überfordert, dennoch rührte es ihn und ihm gefiel der Gedanke mit seinem Die zusammen zu wohnen. Seine Lippen formten sich zu einem Grinsen. „Lass mich ne Nacht drüber schlafen, aber ich glaub ich mag die Vorstellung mit dir zusammen zu wohnen.“ Jetzt lächelte auch Daisuke erleichtert. Ein letzter Kuss, dann kuschelte er sich an den Jüngeren und sein Kopf sank auf dessen Brust, um seinem Herzschlag zu lauschen. Wie glücklich er sich trotz Stress doch schätzen konnte seinen Liebling immer bei sich zu haben. Kapitel 20: eine unschöne Nachricht ----------------------------------- Die Jungs versammelten sich gerade im Proberaum, besprachen die Details der neuen Songs und Kyo ließ seine Band nun endlich an den Ideen für die kommenden Bühnenshows teilhaben. Ausgelassen teilten die Freunde ihre Begeisterung und Kaoru telefonierte mit Nora, um auch die Managerin von ihren Plänen in Kenntnis zu setzen. Es war der Abend des 21. Septembers 2010. Noch ahnte keiner der Jungs, welch besorgniserregende Nachricht durch die Medien kursierte. Gerade beendete der Leader sein Gespräch, da klingelte sein Handy erneut. Ein Anruf von Zero. Sie wollten ohnehin nicht mehr lange arbeiten, deshalb beschloss er ihn später zurück zu rufen. Doch wenige Minuten später blinkte sein Handy erneut auf und sein Freund hinterließ ihm eine Nachricht auf der Mailbox. Das war mehr als ungewöhnlich für Zero, denn das tat er sonst nie. Nun doch besorgt warf er einen Blick in die Runde. „Ähm…ich höre mir kurz an, was er zu sagen hat, scheint irgendwie wichtig zu sein“, unterbrach Kaoru das Bandmeeting und drückte auf den grünen Hörer, um seine Mailbox abzuhören und mit jedem Wort mehr, welches er dort von seinem Liebsten vernahm, wurde er bleicher. Nach der fast zehnminütigen Voicemail glich die Gesichtsfarbe des Diruleaders einer Kalkwand. Völlig entsetzt ließ er sein Telefon sinken und starrte ins Leere. „Boah…sorry Jungs, wir machen Schluss für heute, ich muss zu Zero…“, sagte Kaoru endlich, als er seine Stimme wiedergefunden hatte. Alle schauten ihn verwundert an. „Kao, was ist los?“, fragte Kyo endlich. „Hizu…er hat Probleme mit seiner Stimme, deshalb hat D’espairsRay gerade bekannt gegeben, dass sie erst mal keine Musik mehr machen…naja Zero sprach von einer Zwangspause, aber er klang nicht sehr überzeugt. Scheint schlimm zu sein…“ Mit diesen Worten verschwand der Leader und dem Diru Sänger lief es eiskalt den Rücken runter, denn auch ihm wurde jetzt bewusst, dass das Versagen seiner eigenen Stimme Dir en Grey das Genick brechen konnte. Was sollte Kyo jetzt tun? Momentan machte ihm seine Stimme zwar keine Probleme, doch was war, wenn sich sein Zustand wieder verschlechterte? Was war, wenn er nie mehr singen konnte? Diese beschissene Angst schnürte ihm beinahe die Luft ab und er versuchte das Zittern seiner Hände vor den anderen zu verbergen. Sein Herz pochte wild und unkontrolliert in seiner Brust. Er musste seinen Blick nicht gen Shinya richten, um zu merken, dass ihn dieser beäugte, doch er würde seinen Jungs nichts sagen. Das würde er allein ausbaden und auch alleine schaffen. Schließlich war er kein Hizumi. Zwar schätzte er die andere Band, doch Hizu mit seinem zarten einfühlsamen Wesen war mal genau das Gegenteil von ihm. Kyo wollte sich nicht mit dem D’espairsRays Sänger vergleichen und sicher würde er niemals aufgeben. Dennoch sichtlich betroffen kaute er auf seiner Unterlippe umher und verließ dann fluchtartig den Proberaum, denn diese Wände drohten ihn zu erdrücken. Der Sänger ließ sich ein Taxi kommen und sein Ziel war der Friedhof. Schon lange, vielleicht zu lange hatte er diesen Ort gemieden. Leise, wie eine Katze schlich er durch die Reihen der verschiedenen Totengräber, bis er seinen Kami erreichte. Langsam ließ er sich vor dem Grabstein nieder. Die Schwere zog ihn zu Boden, wie einen Stein ins Meer, ohne die Möglichkeit jemals wieder aufzutauchen. „Hey…lange nicht gesehen, alter Freund. Du fehlst mir noch immer und die Leere in mir ist kaum mehr zu ertragen…neulich wollte ich mich von diesem Leid erlösen, doch Shini hat mich gerettet…wer sonst. Hättest du mich auch gerettet Kami-chan? Hast du mich jemals geliebt? Wenigstens ein bisschen? Diese Frage quält mich und auch, wenn ich die vermeintliche Antwort kenne, wurmt es mich, dass ich dich das nie mehr fragen kann…ich weiß jetzt übrigens, was dich an ihm…also Juka so fasziniert hat…doch tat mir diese Art von Beziehung mehr als gut, wenn du verstehst, was ich meine…ich bin kaputter denn je Kami…unfähig zu lieben…unfähig eine Beziehung zu anderen Menschen zu führen…unfähig irgendwas zu empfinden…da ist nur der Schmerz und diese unendliche Leere. Was soll ich denn tun? Ich kann nicht mehr…und ich wünschte mir, du wärst da…bei mir…könntest mich halten und mir sagen, dass alles wieder gut wird…“ Mit dem Handrücken wischte sich Kyo über die feuchten Wangen und schluchzte. Er würde es niemals ertragen Dir en Grey ins Verderben zu stürzen, doch die Angst überwiegte. Je mehr er darüber nachdachte zum Arzt zu gehen, um seine Stimme untersuchen zu lassen, desto heftiger geriet er innerlich in Panik davor, was diagnostiziert werden könnte. Die Welt, die sich der Sänger so mühevoll aufgebaut hatte, hing am seidenen Faden und das wusste er, doch nur er allein war imstande dies zu ändern, doch ihm fehlte die Kraft und der Mut. Er befand sich in einem Teufelskreis. Aber vielleicht ist da ja auch gar nichts, flüsterte ihm diese mehr oder minder gute Stimme  seines Unterbewusstseins wieder zu, aber das beruhigte ihn nicht wirklich. Kyo musste sich dringend ablenken, doch womit? Was tat man, wenn man sich selbst als beziehungsunfähig einstufte? Als jemanden, der es nicht auf die Reihe bekam andere Menschen kennenzulernen. Schmerzhaft zog sich sein Herz zusammen und er presste seine Lippen aufeinander, um den Schrei zu unterdrücken. Seine zittrigen Finger berührten die Buchstaben von Kamis Namen und stumme Tränen benetzten seine Wangen. Auf einmal erstarrte sein Körper, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Bilder stiegen vor seinem inneren Auge hoch, die er nie mehr hatte sehen wollen. In seinem Magen grummelte es und ihm wurde speiübel. Noch weniger wagte er es sich umzudrehen. Die Hand grub sich fester in seine Schulter und der Druck schmerzte schon fast. „Juka, falls du das bist…bitte geh…ich ertrage es nicht dich zu sehen…“, kam es kaum hörbar über Kyos Lippen. Doch eine erhoffte Antwort blieb aus. Entweder wollte ihm der Blonde einen Streich spielen oder es war womöglich gar nicht Juka? Schließlich hatte Kami noch andere Freunde, die sicher hin und wieder sein Grab besuchten. Der Sänger nahm all seinen Mut zusammen, erhob sich mit noch immer schlotternden Knien und drehte sich in Zeitlupengeschwindigkeit um. Tatsächlich brauchte sein Gehirn eine Weile, um die einzelnen Puzzleteile zusammenzufügen. Ja, zu realisieren, welch atemberaubenden Geschöpf er da gerade gegenüberstand. Er atmete tief ein und dann wieder aus, doch die Worte blieben ihm im Halse stecken. Die pechschwarzen Lippen seines Gegenübers formten sich zu einem leicht amüsierten Grinsen. Er hielt Kyo seine schlanke Hand entgegen, die in schwarzen Samthandschuhen steckte. Zögerlich ergriff der Sänger diese und ließ sich wohin auch immer führen. Nahe des Friedhofs befanden sich ein paar schicke Villen und genau dort führte ihn der andere Gitarrist hin, schloss die dunkelbraune Holztür auf und auf einmal umfing Kyo Dunkelheit. Naja, nicht ganz, nur der Flur, den er soeben betrat, zierte schwarze Brokattapete mit Kerzenleuchtern an den Wänden. Dort hängte er seine Jacke auf und entledigte sich seiner Schuhe, wie auch sein Gastgeber. Er folgte diesem weiter ins angrenzende Zimmer, welches ebenfalls mit derselben Tapete an den Wänden ausgestattet war. Es gab immerhin einen einzigen roten Fleck, das Sofa, welches sich zentral im Raum befand. „Darf ich dir einen Drink anbieten?“ Kyo zuckte so heftig zusammen, dass es ihm mehr als peinlich war und er die ansteigende Röte in seinen Wangen kaum vermeiden konnte. Mit ausgetrockneter Kehle nickte er. In seinem Kopf drehte sich alles, deshalb ließ er sich auf dem einladenden Sofa nieder. Sein Gastgeber kehrte mit einer Flasche Wein und zwei violetten Weinkelchen zurück. Hier in diesem Haushalt schien wirklich alles sehr exquisit zu sein. Die beiden Männer prosteten sich zu und Kyo benetzte seine Lippen mit der blutroten Flüssigkeit. „Wow…ich meine, wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf, bist du nicht gerade er Typ, der viel redet Mana-sama“, begann er das Gespräch und wieder umspielte die Lippen des Gitarristen ein süffisantes Lächeln. „Gerade von dir hätte ich erwartet, dass du diesem Geschwätz keine Beachtung beimisst.“ „Wohl wahr, mich interessiert es einen Scheiß…trotzdem hört man dich nie reden. Früher schon bei Malice Mizer nicht und später bei Moix dix Mois ebenso wenig…was ist der Grund dafür?“ Mana zuckte amüsiert mit den Schultern und schlug seine Beine übereinander. Der Rock, welcher vorne kürzer geschnitten war als hinten, verdeckte so nur einen Teil der schlanken Beine, sodass Kyo der Blick auf die mit Rüschen besetzten halterlosen Strümpfe des Gitarristen nicht verborgen blieben. „Ich pflege die verbale Kommunikation nur mit Menschen, die es meiner würdig sind. Warum sollte ich kostbare Worte verschenken?“ „Damit hast du nicht ganz unrecht.“ Der Sänger konnte es nicht lassen Mana anzuschauen. Sein Blick wanderte höher, über die weißblaue Korsage, die seiner Meinung nach viel zu viel von diesem schönen Körper verbarg. Dann noch diese weiße Bluse. Kyo hasste Lolitas, denn das war ihm einfach zu viel, doch Mana? Das war eine ganz andere Liga und er merkte jetzt, dass er schon viel viel zu lange keinen Sex mehr gehabt hatte. Fuck. Wie genau war das eigentlich passiert? Also, dass er hier in Manas Wohnzimmer saß? „Na, gefällt dir, was du siehst?“, fragte Mana mit tiefer und zu Kyos Bedauern sehr erregter Stimme. Seine Finger zierten nun mehr unzählig viele Silberringe mit und ohne Steine. Manche mit schwarzen oder roten Diamanten. Seine langen rotlackierten Fingernägel streiften Kyos Wangen und er bekam eine Gänsehaut, deshalb rutschte er ein bisschen weg. Er führte sein Weinglas an seine Lippen und trank einen Schluck. „Vielleicht…aber ich fürchte ich muss dich enttäuschen…meine letzte Affäre ist etwas kompliziert gewesen, deshalb lasse ich es lieber bleiben…“ Der andere Gitarrist zog die eine seiner perfekt geschminkten Augenbrauen hoch und in seinem Blick lag eine unausgesprochene Frage. „Das finde ich sehr schade…du bist ein sehr attraktiver Mann Kyo und ich könnte mir vorstellen, dass wir viel Spaß miteinander hätten“, schmeichelte Mana dem Sänger und es tat sogar irgendwie gut ein Kompliment von jemandem zu hören, den man nicht so gut kannte. „Bin ich deshalb hier? Weil du vorhattest mich ins Bett zu kriegen?“ Wie auf frischer Tat ertappt zuckte der Schwarzhaarige mit den Schultern und schmunzelte vor sich hin. „Wie gesagt, du passt in mein Beuteschema und ich teile mein Bett nicht jedem Dahergelaufenen, nur weil er mir schöne Augen macht. Du hingegen? Arrrrrr, da ist dieser trotzige, rebellische Ausdruck in deinem Blick und naja, von deinem Körper brauch ich ja gar nicht erst anfangen.“ Der Wein vernebelte ihm etwas die Sinne und sein Körper, den Mana eben als so wundervoll betitelt hatte, verschwor sich gerade mächtig gegen ihn. Und ein bisschen Sex würde ihm nicht schaden. Außerdem war Mana nicht Juka und sah auch nicht gerade danach aus, als wäre er ein unterwürfiges kleines Lolitamädel. Im Gegenteil, Kyo wollte ihn aus diesem Outfit schälen, um seine Männlichkeit in voller Pracht bewundern zu können. Deshalb rückte er wieder ein Stück zu dem düsteren Gitarristen, leerte ein Glas und leckte sich mit der Zunge über seine Lippen. Doch da war auch etwas, was Kyo verunsicherte, ihn abschreckte, auch wenn er nicht genau wusste, woher dieses Gefühl kam. Doch über eines war er sich klar, nämlich, dass er bei der Wahl seiner zukünftigen Sexpartner Vorsicht walten lassen wollte. Und irgendwie zum ersten Mal hörte er auf sein Gefühl und ließ sich nicht von der Wünschelrute zwischen seinen Beinen leiten. „Ich bin aber nicht so leicht zu haben, da kannst du mich noch so sehr bezirzen…ich kann nicht leugnen, dass ich dich wunderschön finde, aber ich schätze meine wilde Zeit, in der ich mich der Lust hingeben habe, ist vorbei.“ „Oh du schöner Mann…das bedaure ich sehr, doch ich muss deine Entscheidung akzeptieren.“ Mana geleitete Kyo noch zum Ausgang, die beiden verbeugten sich voreinander und der Sänger schlenderte durch die sternenklare Nacht. In seiner Jackentasche trug er wie fast immer Jukas Brief mit sich umher und heute wollte er diesen endlich loswerden, denn länger konnte und wollte er diese Last nicht mit sich herumtragen. Seine Füße trugen ihn fast automatisch zu dem Apartment. Glücklicherweise war hier spät abends nicht mehr so viel los, im Gegensatz zu Tokyo. Dort war Kyo von Zeit zu Zeit auch gern, doch dieser Trubel dort und diese Menschenmassen hasste er. Das Wort überfüllt war noch fast lachhaft, wenn man Jukas Briefkasten anschaute. Leerte er diesen etwa nicht? Oder konnte es sein, dass der andere Musiker gar nicht in der Stadt war? Mit pochenden Herzen nahm Kyo all seinen Mut zusammen und klingelte, doch niemand antwortete. Ein zweites Mal traute er sich nicht, verstaute den Brief wieder in seiner Tasche und kehrte um. Da drang das Geräusch von Rädern eines Rollkoffers an sein Ohr und noch bevor er flüchten konnte, stand er Juka von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Shit, so war das nicht geplant. Der Sänger schluckte, zückte das Kuvert und drückte es dem irritierten Juka in die Hand. „Du solltest deinen Briefkasten leeren“, sagte er, drehte sich um und ging. „Kyo, warte!“, rief ihm der Blonde entgegen, doch er tat so, als würde er die Worte nicht hören. Die schnellen immer näher kommenden Schritte ließen ihn dann doch anhalten. „Komm doch mit hoch…“ Heftig schüttelte er mit dem Kopf. „Juka nein…du weißt, dass das keinem von uns beiden gut tut…“ „Dann sag mir, was in dem Brief steht.“ „Lies ihn doch einfach!“, fauchte der Sänger und Juka öffnete das Kuvert, schaute ihn noch einmal an. „Aber nur, wenn du versprichst, dass du nicht wegrennst…“ „Na schön…“, ergab sich Kyo und hielt es kaum aus den blonden schlanken Mann dabei zuzusehen, wie nahe ihm seine Worte gingen, sowie der entsetzte Blick in seine Richtung, als er an dieser einen Stelle angelangt war. Seine Augen flogen über die Zeilen und schließlich ließ er das Stück Papier sinken und fixierte den Sänger mit seinen eisblauen Augen. „Ist das wirklich wahr? Du hast versucht dich umzubringen?“ Kyo konnte nur nicken. „Ziemlich feige, was?“ „Weiß nicht…danke dafür“, erwiderte Juka und deutete auf den Brief. Doch bevor er noch etwas hinzufügen konnte, fiel ihm der Dir en Grey Sänger ins Wort. „Juka…ich sollte jetzt gehen…“, kam es kaum hörbar über seine Lippen. „Bekomm ich einen Abschiedskuss?“ Kyo seufzte schwer und zog den anderen zu sich heran. Küsste ihn voller Begierde, schubste ihn unsanft von sich und rannte davon. Er rannte, so schnell ihn seine Beine tragen konnten. Irgendwann brannten seine Lungen so heftig, dass er anhalten musste. Völlig außer Puste hielt er seine Hand über das wild pochende Herz und schnappte nach Luft. Erst dann besah er sich die Umgebung und stellte mit einer Mischung aus Überraschung und totalem Entsetzen, dass er vor der Bar stand, in der er Kami kennenlernte. Das reichte dann, um ihn völlig durchdrehen zu lassen. Er betrat das spärlich beleuchte Ambiente, hockte sich an auf den nächstbesten Barhocker und bestellte Schnaps. Trank einen nach dem anderen und den Typen hinter der Theke schien das nicht zu interessieren, wie heftig er sich mit dem Alkohol aus dem Leben schoss. Erst, als er auf seinem Platz hin und her schwankte, bezahlte er die Drinks und wankte aus der Bar. Er fummelte sein Handy aus der Hosentasche und bekam es gerade noch so auf die Reihe, die Kurzwahltaste zu treffen. Als die Mailbox ran ging, hielt ihn sein betrunkenes Gehirn nicht davon ab, das Gespräch zu beenden, wie er es sonst tat. Stattdessen quasselte sich Kyo alle angestauten Gedanken von der Seele. „Hyyyy Shhinii…ich binns, aber das siehst du ja selbs…hab echt einen Sitzen un irre durch die Stadt. Hab Juka den Brieef gegeben, is also alles cool…bis auf der Kuss sum Abschied…hat mich völlig aus der Bahn geworfen…davor hab ich sufällig Mana getroffen…ja, der Moix dis Mois Mana, von dem keiner glaubt, dass er reden kann…ich sag dir Shin…der kann reden…un hat mir ein paar sehr ansügliche Dinge gesagt…wollte mich rum kriegen…aber nee, ich bin durch mit dem Thema…außerdem is da noch wass…meine Stimme is vielleicht bissl im Arsch, aber ich krieg das hin…bitte sag Kao nix…das wars…schlaf schön…gude Nacht…“, beendete Kyo seinen Monolog und steckte das Handy wieder weg. Nach gefühlten Stunden hatte er den Weg zu seiner Wohnung endlich gefunden, brauchte mehrere Anläufe, um das Schloss zu treffen, stolperte und legte im Hausflur noch einen galanten Bauchklatscher hin und verschwand dann in seiner Wohnung. Hoffentlich hatte das niemand gesehen, dachte er bei sich. Irgendwie schaffte es Kyo auch seine Klamotten auszuziehen und landete quer auf seinem Bett. Kapitel 21: Jeder trifft seine Vorbereitungen --------------------------------------------- „Kyyyyooooo, jetzt komm endlich. Hana wartet nicht ewig.“ Genervt rollte der Diru Sänger mit den Augen und schulterte sein Gepäck, um Akira zu folgen. „Was machst du eigentlich für ein Stress“, grummelte er und warf seinem jüngeren Bruder einen vernichtenden Blick zu. „Ich mein ja nur, weil auf den Straßen bestimmt das volle Chaos herrscht.“ Er und seine Geschwister hatten beschlossen, Weihnachten zusammen zu feiern und da ihr Vater ohnehin nicht viel von dieser Zeit im Jahr hielt und sich in die Arbeit stürzte, hielten die drei das für eine gute Möglichkeit, Zeit miteinander zu verbringen. Hana hatte eine kleine Villa in der Nähe von Mitoyo gebucht. Sie würden etwa viereinhalb Stunden dort hin fahren, zwischendurch mussten sie mit einer Fähre passieren und Maut zahlen, aber das war nicht unüblich in Japan. Hana saß hinter dem Steuer ihres Wagens und trommelte genervt mit den Fingern auf dem Lenkrad. Gemächlich schlurfte Kyo zum Kofferraum, um sein Gepäck zu verstauen und schaffte es doch noch vor seinem kleinen Bruder zur Beifahrertür. „Ich bin der Ältere, also ab mit dir nach hinten.“ Akira streckte ihm die Zunge raus und zog eine Schmollschnute. Die Autofahrt verlief relativ gelassen. Hana sang den Text von irgendeinem Song im Radio mit und Akira reichte ihr dann eine CD, die Kyo blitzschnell abfing und seinem Bruder einen finsteren Blick nach hinten zuwarf. „Nicht dein ernst!“ „Komm schon, wenn ich schon hinten sitzen muss, darf ich wenigstens über die Musik bestimmen!“, beschwerte sich der Jüngere. „Sagt wer?“, fragte Kyo. „Ich, also mach die CD rein.“ „Echt Leute, ich hab jetzt keinen Bock mich singen zu hören. Ihr seid ja schlimmer als die Groupies“, murrte der Sänger und wog die CD in den Händen. Schließlich ließ er sich breit schlagen und legte die Scheibe ein. Dann lehnte er sich zurück, zog die Kapuze seines Hoodies über und schloss die Augen. Er musste schmunzeln, als seine Geschwister krampfhaft versuchten seine Parts, in denen er crawlte, mitzusingen. An der Mautstation hielten sie an und Kyo drehte die Musik leiser. Auf der Fähre tranken sie einen Kaffee und der Sänger suchte sich ein Plätzchen, wo er ungestört eine Zigarette rauchen konnte. Kalter Wind umhüllte ihn und er kuschelte sich enger in seinen Pulli. Außerdem stieg ihm der fischige Geruch des Meeres in die Nase, die er deshalb kurz rümpfte. Als sich an seinen Händen schon kleine Eiszapfen bilden wollten, suchte er wieder die warme Kajüte auf. Langsam traten sie den Weg zum Auto an und konnten schon eine viertel Stunde später wieder ans Festland fahren. Wieder wurde er mit der neuen Platte gequält. Naja nicht gequält, aber Kyo fand es seltsam, wenn er seine eigenen Songs im Auto anhörte. Hana fuhr an Myoto vorbei, in eine sehr ländliche Gegend und bog dann in eine schmale Straße ein, um dort am Ende in der Einfahrt zu halten. Auch hier umfing sie der Geruch des Meeres, doch das störte den Sänger nicht weiter. „Ohhh, wir schlafen ja alle in einem Zimmer, das ist ja fast wie früher“, freute sich Akira und klatschte vor Freude in die Hände. Kyo verstaute seine Sachen schon im Schrank und räumte die Küche mit den Lebensmitteln ein, die sie vor ein paar Tagen zusammen gekauft hatten. Die kleine Villa aus Holz war sehr ländlich eingerichtet. Vom Wohnbereich, der aus einer offenen Küche, Esstisch und Schaukelsessel bestand, ging eine Veranda nach draußen. Hana bestand darauf, ihre Jungs zu bekochen. Kyo öffnete sich ein Bier und nahm es mit raus, um den Ausblick zu genießen und eine zu rauchen. „Wow es ist echt schön hier“, bemerkte sein Bruder, der ihm eher unauffällig gefolgt war. Der Sänger nickte und betätigte sein Feuerzeug. Den Rauch blies er Richtung Meer und lauschte dem Geschrei der Möwen. Von weiter weg vernahm man auch eine Schiffshupe. „Weiß…er, dass wir die Tage zusammen verbringen?“, fragte Kyo dann und Akira schreckte aus seiner Träumerei auf. „Ähm…meinst du Papa? Ja, wir haben es ihm gesagt. Er lässt dich grüßen.“ Der Ältere schaute seinen Bruder verächtlich an. „Lüg mich nicht an Aki-chan…das würde er niemals tun. Ich bin doch schon lange nicht mehr sein Sohn.“ „Sorry, wollte nur nett sein…“ „Schon gut.“ Drinnen war es im Gegensatz zu draußen mollig warm und es duftete nach einer leckeren Suppe. Erst jetzt knurrte Kyos Magen und er verspürte einen großen Hunger. Zusammen deckten sie den Tisch und Hana stellte den Topf mit köstlich dampfenden Ramen in die Mitte. „Das war sehr lecker Schwesterherz“, bemerkte Akira und rieb sich den vollen Bauch. „Danke, das freut mich, wenn ich euch zwei satt bekommen habe.“ „Hat jemand Lust Schach zu spielen? Ich hab vorhin ein Spiel hier entdeckt“, schlug Kyo vor und stieß bei Hana auf helle Begeisterung. „Voll gerne. Ich spül nur noch schnell ab, du kannst ja schon aufbauen.“ Akira half dem Mädchen. Die Geschwister hatten vor ihrem Trip einstimmig beschlossen, sich nichts zu schenken, sondern eher die wiedergewonnene Zeit miteinander zu genießen. Kyos Gedanken schweiften immer Mal wieder zu Mana. Seit der letzten Begegnung hatten sie sich noch zwei weiter Male zum Kaffetrinken getroffen und nie war was passiert. Sie unterhielten sich und doch schien der Gitarrist ihn immer mit seinen Blicken auszuziehen. Kyo fühlte nichts als Lust für den anderen Mann. Keine Liebe oder Zuneigung, nur Lust und er wollte ihn haben, obwohl er sich hoch und heilig geschworen hatte, nach Juka keinen anderen Kerl mehr anzufassen. Doch Mana? Ahhh, schon allein bei dem Gedanken an ihn wurde dem Sänger ganz heiß und er entledigte sich seines Pullis. Hana kam endlich zum Schach spielen. Zum Glück. „Na bereit zum Verlieren?“, ärgerte sie ihren älteren Bruder, doch dieser wippte nur mit den Augenbrauen. „Du hast wohl ein bisschen zu viel Landluft geschnuppert.“ Hana kicherte und begann mit dem ersten Zug. Eine ganze Weile passierte nichts und die Figuren wanderten auf dem Schachbrett hin und her. Ab und zu wurde ein Bauer gecatcht, aber sonst blieb das Spiel recht ereignislos. Deshalb drifteten Kyos Gedanken wieder ab, natürlich eher ungewollt und diesen Schwachpunkt nutzte das Mädchen schamlos aus. Auch eine Revenge verlor der Sänger und ergab sich schließlich. „Hast du heimlich geübt?“, fragte er etwas genervt nach, doch Hana störte sich daran nicht und zuckte nur belustigt mit den Schultern. „Naja, das auch…aber wo warst du nur mit deinen Gedanken Niichan?“ Kyo winkte ab und ging eine letzte Zigarette für diesen Abend rauchen. Das Kratzen in seinem Hals war die letzten Tage wieder etwas schlimmer geworden und vielleicht sollte er die Finger ganz von Zigaretten lassen, denn das Rauchen unterstützte sein Problem vermutlich nur. Doch noch war alles gut oder? Es konnte auch nur eine harmlose Erkältung sein, die sich da anbahnte. Kyo redete sich das alles so lange ein, bis er es selbst fast glaubte. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, kehrte er wieder ins warme Wohnzimmer zurück und steuerte das Badezimmer an, um sich bettfertig zu machen. Der kleine Spiegel über dem Waschbecken zeigte ihm dennoch ein Mann, der dem Sänger immer fremder wurde. Jemand, mit dem es immer schwerer wurde zu leben. Er mochte, ja zelebrierte es nahezu Kyo auf der Bühne zu sein, doch außerhalb seiner Band war er trotzdem einfach nur Tooru Nishimura. Ein unbedeutender Mann, geprägt von lauter Selbstzweifeln, Schmerz und Hass. Jemand, der es niemals schaffen würde, sich selbst zu lieben.   „Kyo hat was?“, fauchte ihn der Leader an und Shinya duckte sich augenblicklich vor Scham, weil er seinen liebsten Freund verraten hatte. Und das einen Tag vor Weihnachten, doch er konnte nicht anders. Kaoru musste es erfahren, denn der Drummer kam nicht mehr gegen seinen Sänger an und es musste definitiv etwas passieren, bevor es endgültig zu spät war. Auch einen Tag vor dem Fest der Liebe hockte das Arbeitstierchen von Leader noch im Büro des Proberaumes und wertete die neuesten Texte aus, telefonierte mit dem Management und kam einfach nicht zur Ruhe. „Er meinte es ist nicht schlimm und er bekommt es in den Griff. Ich wollte nur, dass du es weißt…wegen Hizu und so…irgendwie würde es uns ja alle betreffen…“ „Verflucht sei dieser starrköpfige Esel!“, fluchte Kaoru und schlug mit der flachen Hand auf seinen Schreibtisch. „Ich denke, es ist nicht so schlimm wie bei Hizumi und Tooru treibt es nicht so weit…“ „Kannst du mir Mal verraten, warum er seine Kämpfe immer mit sich allein ausfechten muss? Warum lässt er sich nicht helfen Shin-chan? Gerade könnt ich echt vermöbeln! Wie kann er so rücksichtslos sein?“, fragte der Leader und in seinem Blick flammte die pure Verzweiflung. „Kao, er ist nicht rücksichtslos…er will uns nur nicht noch mehr belasten. Schon immer macht er Dinge mit sich selbst aus, so ist er nun Mal…“ Der braunhaarige schüttelte verständnislos mit dem Kopf und vergrub diesen in den Händen. „Ich finde schon. Was erhofft er sich dadurch? Ich habe keine Lust, dass wir irgendwann auf Tour sind und der Herr auf der Bühne zusammenbricht, nur weil er sich zu fein war zum Arzt zu gehen.“ „Hast du Angst es könnte unserem Image schaden oder wie soll ich das jetzt verstehen?“, fragte der Drummer jetzt etwas misstrauisch und die Gesichtszüge seines Leaders wurden ein bisschen weicher. Er seufzte tief. „Ja und nein…das könnte ich verkraften. Den Fans und auch dem Management kann ich irgendwas erzählen…aber mir graut es davor unseren Sänger zu verlieren Shini.“ Der Blondschopf nickte nur gequält und sein schlechtes Gewissen schwand ein bisschen. Es war also doch gut, damit zu Kaoru zu gehen, denn nun endlich lenkte er ein bisschen ein. „Ich weiß…soweit ich weiß, kommt er in einer Woche zurück…lass mich einen letzten Versuch unternehmen, mit ihm zu reden“, bat der Drummer und erhielt nur einen unsicheren Blick seitens des Leaders. Damit verabschiedete er sich und trat den Heimweg an, um seine Tasche zu packen, denn auch er wollte über die Feiertage zu seiner Familie fahren.   Kyo hatte die Feiertage halbwegs gut überstanden, ohne sich weiter in seine düstere Gedankenwelt zu begeben. Trotzdem strengte ihn das Zusammensein mit seinen Geschwistern immer an, weil er das Gefühl hatte, er könnte nicht er selbst sein und musste seine dunkle Seite immer unterdrücken. Erlleichtert und mit einem Seufzen stopfte er die dreckigen Klamotten in die Waschmaschine und schrieb Shinya, dass er wieder zu Hause sei. Als hätte der Drummer nur darauf gewartet, klingelte es auch schon wenig später an seiner Haustür. Kyo rollte genervt mit den Augen. Shini hatte zwar betont, dass er mit ihm reden wolle, nicht aber, dass er sofort zu ihm nach Hause kommen wollte. Jetzt war es ohnehin zu spät und der Sänger öffnete die Tür. Die Freunde umarmten sich kurz und Kyo setzte Tee auf. Ihm entging nicht, dass den größeren irgendetwas zu bedrücken oder zu beschäftgen schien. Auch das noch. Musste er jetzt etwa als Zuhörer irgendwelcher Liebesgeschichten seines Drummers herhalten? Das würde er kaum ertragen. Nervös kaute der Braunhaarige auf seiner Unterlippe und räusperte sich. „Jetzt erzähl schon…das ist ja nicht zum Aushalten…“, motze der kleine Giftzwerg. „Ich hab mit Kaoru geredet…wegen deiner Nachricht, die du auf meinem Handy hinterlassen hast…“, flüsterte er kaum hörbar und Kyos Herz setzte einen Moment aus. Shinya hatte was? Oder nein, er musste sich verhört haben. Sein bester Freund würde ihn doch niemals hintergehen. Oder doch? Langsam wanderte Kyos Blick zu seinem Drummer. „Sag das noch Mal“, wisperte er mit bedrohlicher Stimme, dass es Shinya ganz mulmig zumute wurde. „Tooru…ich kann sowas nicht für mich behalten…hast du das mittlerweile abklären lassen?“ „Verdammt Shinya, ich hab dir das im Vertrauen erzählt!“, keifte der Kleinere. „Ja…ich weiß, doch beantworte meine Frage! Hast du dich darum gekümmert?“ „Nein, hab ich nicht, weil es nichts ist! Ich bin kein Schwächling, der irgendwann einfach zusammenbricht. Ich schaff das. Ende der Diskussion!“ „Du bist so stur…was kostet es dich, mal zum Arzt zu gehen Kyo? Ich kann dich auch begleiten“, bot sein Freund an, doch der Sänger schüttelte heftig den Kopf. „Ich hatte jetzt genügend Zeit, um mich zu erholen, also hört auf aus ner Mücke nen Elefanten zu machen…ihr übertreibt echt.“ Shinya seufzte laut und stellte fest, dass es tatsächlich keinen Wert hatte, weiter mit seinem Freund zu reden. Bei den Proben beschloss Kaoru seinen Mund zu halten und Kyo nicht auf sein Stimmproblem anzusprechen, auch wenn er befürchtete, der Sänger könnte sich übernehmen. Denn genau so ähnlich war es bei Hizumi gelaufen, nur, dass er weniger den Kopf einen störrischen Esels besaß, im Gegensatz zu Kyo. Die Trennung von D’espairsRay hatte dem Leader schwer mitgenommen und ohnehin schien ihm das Universum zur Zeit nicht wohlgesonnen zu sein, denn auch mit Zero geriet er immer öfter aneinander, weil er ihm so gerne von seinen Problemen erzählen wollte, es aber aus Angst nicht tat, da sein Liebster noch immer unter der Trennung seiner Band litt und sein Zustand nicht unbedingt der stabilste war. Und dann sein eigener Chaoshaufen, den er irgendwie immer weniger unter Kontrolle bekam. Sein einzger Verbündeter schien momentan Shinya, doch auch der Drummer war so langsam mit seinem Latein am Ende. Bei Die und Toshiya schien auch irgendwas im Busch zu sein, denn die beiden fetzten sich in letzter Zeit auch mehr, als dass sie sich mochten. Was war nur aus ihnen geworden? Sollte ein Leader nicht dafür sorgen, dass seine Band sich verstand, miteinander harmonierte und eben zusammenhielt? Doch hier schien jeder seinen eigenen Weg zu gehen. Kaoru dachte sehnlichst an die Zeit zurück, in der sie alle mehr Freunde als Kollegen waren und es trotzem schafften, auf professioneller Ebene zu arbeiten. Die Jungs hatten ihn noch ernst genommen, doch das Gefühl geschätzt zu werden, hatte er schon lange nicht mehr. Traurig starrte Kaoru die Proberaumtür an und wartete darauf, dass sich diese öffnete, denn wie immer war er als erstes da. Wenigstens das änderte sich nie, denn wenn er aufgab, würde das vermutlich das Ende für Dir en Grey sein und was dann? Wahrscheinlich würde sich Kyo irgendwo verkriechen und die anderen würden schon was mit ihrem Leben anzufangen wissen. Der Leader schluckte den Kloß im Hals runter und schob die düsteren Gedanken beiseite. Er erhob sich schwermütig und schloss schon Mal seine Gitarre an. Der Sänger betrat den Raum und warf seinem Leader sogleich giftige Blicke zu, so als wolle er sagen: Wehe du fängst mit dem Thema an! Deshalb hielt er sich zurück und hob grüßend die Hand. Kyo ließ sich auf dem Sofa nieder, zündete sich eine Zigarette an und sortierte seine Texte. Wenig später trudelte der Sonnenschein der Band auf- Shinya. Er winkte Kaoru und grinste. Er hängte seine Daunenjacke ordentlich auf, schnappte sich ein Wasser aus der Küche und begrüßte Kyo vorsichtig. Dann kam auch er zu den Intrumenten und begleitete Kaoru. Mit einem Knall flog die Tür auf und Toshiya kam hereingestürmt. Der verletzte Ausdruck auf seinem Gesicht ließ darauf schließen, dass er sich wieder Mal mit Daisuke gestritten hatte, der dem Bassisten wenige Sekunden später folgte. Sogleich öffnete er sich ein Bier und ließ sich genervt neben Kyo fallen. Dieses Schauspiel verfolgte Kaoru nun schon seit geraumer Zeit und wenn er ehrlich zu sich selbst war, würde es nicht nur seine Jungs zerstören, wenn es zu einer Trennung kam, nein. Am meisten würde es ihn selbst kaputt machen. Kaoru liebte sein Band, seine Jungs und seine Musik. Es zeriss ihm beinahe das Herz, wenn er auch nur daran dachte. Selbstbewusst schritt er zu seinen Jungs. „So, können wir dann? In einer Woche wollen wir auf Tour nach Amerika und das ist die vorletzte Probe, dann habt ihr noch vier Tage frei.“ Jeder der jungen Männer nahm seine Position ein und so arbeiteten sie die Setlist ab. Alles lief mehr als gut und der Leader schöpfte neue Hoffnung, denn alle schienen sich in der Musik zu verlieren, doch nicht jeder für sich. Jeder schien auf den anderen zu hören. Und da war es wieder, dieses unsichtbare Band, das sie miteinander verband. Doch leider verschwand dieser Zauber nach der Probe schnell wieder und alle verdünisierten sich. Kaoru blieb allein zurück.   Gerade schien jeder sein Päckchen zu mit sich zu tragen, denn auch bei Toshiya und Die hing der Haussegen gewaltig schief. In den letzten Monaten gab es viele Interviews und Meetings, bei denen vorwiegend die beiden Gitarristen, der Basist sowie der Drummer präsent waren. Kyo mochte diesen Trubel nicht und das ließen die anderen durchgehen. Doch war Toshiya nicht entgangen, wie sich sein Liebster im Blitzlicht der Kameras, Fans und Moderatoren gesuhlt hatte. Wie selbstsicher und gewitzt er immer auf alle Fragen eine kokette Antwort parat hielt und somit alle Lacher auf seine Seite zog. Keine Frage der Bassist liebte diese Seite an Die, aber ihm gegenüber wurde er immer verschlossener und die Angst ihn langsam zu verlieren, wurde immer größer. Wenn er sich denn Mal traute seinen Gitarristen auf diese Probleme anzusprechen, tat er immer so, als sei nichts und betrank sich stattdessen. „Soll ich uns noch was kochen?“, fragte er Die vorsichtig. „Nö, hab keinen Hunger…aber mach dir ruhig was…ich ess später oder so“, antwortete dieser vom Sofa aus und das ploppende Geräusch, wenn man eine Flasche öffnete drang an sein Ohr. Automatisch zog sich sein Herz zusammen und wütend gruben sich seine Fingernägel in die Handflächen. Warum nur tat er das dauernd? War er nicht mehr gut genug? Toshiya vergrub seinen Kopf in den Händen und unterdrückte die Tränen nur mit Mühe. Da umfingen ihn auf einmal zwei Arme von hinten. „Alles okay mein Süßer?“, fragte Die liebevoll und Toshiya umwehte seine Bierfanhe, doch er sagte nichts, sondern genoss seine Nähe. Schmiegte sich an seine Brust und versuchte die Tränen wegzublinzeln. „Wem willst du hier eigentlich was vorspielen? Glaubst du echt, ich bin blind Die?“ Die Miene des Älteren wurde ernster. „Mich schaffen die letzten Monate sehr und es wird auch wieder besser, versprochen…nur gerade lenkt mich das ein bisschen ab.“ „Aha…und was ist mit der Tatsache, dass du kaum was isst? Du bist dauernd betrunken und essen tust du kaum noch was…ich mach mir Sorgen.“ Plötzlich löste Daisuke die Umarmung und funkelte seinen Freund schon fast wütend an. „Ja und? Ich esse, wann ich Lust hab und in so ner stressigen Zeit hab ich eben nicht so viel Hunger, klar? Was geht dich das überhaupt an!“, fuhr der Gitarrist jetzt völlig aus der Haut und dieser Ausbruch der Gefühle erschreckte den Bassisten jedes Mal aufs Neue. „Verflucht ich mach mir Sorgen! Ist das zuviel? Darf ich mir denn keine Sorgen um die Menschen, die ich liebe machen? Die…du kannst mit mir reden…über alles.“ Doch die letzten Worte schien der Ältere kaum noch zu hören, denn er schnappte sich seine Jacke, schlüpfte in seine Schuhe und knallte die Tür hinter sich. Toshiya wusste, was das bedeutete. Die verkroch sich in irgendeiner Bar, betrank sich und würde irgendwann sternhagelvoll zu ihm zurückkommen. „Scheiße!“, fluchte der Bassist und trat mit dem Fuß gegen das Sofa. So konnte das unmöglich weitergehen. Toshiya fühlte, dass seinen Liebsten irgendwas bedrückte, doch wollte er ihm nicht sagen, was es war. Warum auch immer. Doch ihm blieb nur das warten. Also versuchte er sich mit zocken abzulenken. Zombies killen, das war jetzt die perfekte Ablenkung, während er auf seinen Trunkenbold wartete. Kyos Wecker klingelte viel zu früh und mit einem Grummeln drehte er sich zu dem nervtötenden Gerät, um es auszuschalten. Ein Arm legte sich um ihn und zog ihn enger zu sich. Dann spürte er den anderen Körper. Die Nacktheit und die Erregung. Wohlig seufzte er in das schwarze Satinkissen, als sich zwei Finger zwischen seinen Pobacken schoben und dort ihr vertrautes Territorium erkundeten. Seine eigenen Hände suchten nach seiner Erregung und begannen diese zu massieren. Jemand küsste seinen Nacken und diese zarten vollen Lippen liebkosten auch seinen Hals. Die langen Haaren seines Liebsten kitzelten seine Brust und das Rot schimmerte im Licht der Sonne, das sich nur bedingt durch einen Schlitz im Vorhang kämpfte. Kyo genoss es so geweckt zu werden und drehte sich um. Er wurde mit einem liebevollen Lächeln belohnt, was Kamis Lippen umspielte. Und sofort schossen ihm die Tränen in die Augen. „Du…du bist nicht echt…“, wisperte er mit erstickter Stimme, doch Kami strich ihm zaghaft über die Wange. „Vielleicht nicht, aber trotzdem bin ich immer bei dir Süßer…“ Kyo schüttelte energisch mit dem Kopf und schon verblasste das Bild seines Liebsten. Mit den Händen versuchte er es noch krampfhaft einzufangen, doch ohne Erfolg. Als er dann tatsächlich erwachte, war Kami verschwunden und Kälte umfing ihn. Auf seinen Wangen spürte er die salzigen Tränen. Einen solchen Traum hatte er schon lange nicht mehr gehabt und es traf ihn jedes Mal auf’s Neue. Am liebsten würde er sich dieses widerlich pochende Ding in seiner Brust heraus reißen, wenn er es doch nur nicht zum Leben bräuchte. Tatsächlich hatte er es gescgafft vor seinem Wecker aufzuwachen und an Schlafen war jetzt ohnehin nicht mehr zu denken. Also beschloss er aufzustehen. Seine Reisetasche stand schon fertig gepackt im Flur. Er schlüpfte in seinen Jogginganzug, weil er gestern Abend schon geduscht hatte und kochte sich einen Kaffee. Während er darauf wartete, dass seine Tassee voll lief, zündete er sich eine Zigarette an und schon jetzt graute ihm vor dem langen Flug nach Amerika. Knapp 18 Stunden würden sie in der Luft sein und Kyo hatte sich Schlaftabletten mitgenommen, sodass er wenigstens ein bisschen Ruhe bekam. Zum gefühlt hunderstens Mal checkte Kyo, ob er auch alles eingepackt hatte und bestellte sich schließlich ein Taxi zum Proberaum, von wo aus ihr Shuttle zum Flughafen nach Tokio fuhr. Mehr oder weniger gut gelaunt kam er dort an und traf auf seine müden Bandkollegen. Die Jungs begrüßten sich und stiegen in den Kleinbus. Kyos Aufregung stieg ein wenig, als sie den Flughafen erreichten und sich zum Check in begaben. So lange war er zuvor noch nie geflogen. Der einzige, der sich wirklich halbwegs gestylt hatte, war Shinya. Etwas belustigt schüttelte der Sänger den Kopf. „Wen willst du denn aufreißen Shini? Die Stewardessen?“ Etwas pickiert muserte der Drummer seinen Freund. „Ich lege halt Wert auf gutes Aussehen und ich kann eben nicht im Jogginganzug herumlaufen. Tut mir leid“, versuchte er sich zu rechtfertigen. „Schon gut…ich zieh dich nur auf…mach, was du willst…“ Die Warterei am Gate verging auch recht schnell und schon befanden sich die Jungs über den Wolken. Kyo dämmerte zum Glück auch schnell weg. Kapitel 22: Verlust ------------------- Die erste Stadt sollte Los Angeles sein und das Hotel lag ganz in der Nähe der Konzerthalle. Kyo beschloss jedoch im Hotel zu bleiben, denn das fremde Land bereitete ihm eher Unbehagen, was wohl auch damit zu tun hatte, dass sein Englisch nicht gerade das Beste war. Klar konnte er sich schon irgendwie verständigen, wenn er wollte, doch er wollte schlicht und ergereifend einfach nicht. Warum auch sollte er neue Leute kennenlernen? Bei diesem Gedanken schüttelte er sich kurz. Und dann würde ihn vielleicht noch jemand erkennnen. Dieses Risikio war er nicht bereit einzugehen, denn dann würde er reden müssen. Nein, ausgeschlossen, er blieb in den sicheren Wänden des Hotels, da störte ihn niemand und er konnte ungehindert zeichnenen oder was auch immer tun. Achtlos glitt ihm die Tasche aus der Hand und er holte sich ein Wasser aus der Minibar. Auch diese Tour hatte der Sänger drauf bestanden in einem Einzelzimmer unter zu kommen, denn sie würden mehrere Monate unterwegs sein, da brauchte er seine Ruhe und konnte sich keine schrillen Parties leisten. Auch hatte er wenig Lust sein Zimmer mit einem seiner Bandkollegen zu teilen, die ihm ohnehin dauernd viel zu viel über ihre privaten Angelegenheiten erzählten. Irgendwie mochte er sie schon, aber manchmal nervten ihn die Jungs auch. Außerdem konnte er auch nicht riskieren, dass sie von seinem Dilemma Wind bekamen. Shinya hatte ohnehin schon viel zu viel mitbekommen und Kyo konnte nur hoffen, dass Kaoru die Füße still hielt und ihn nicht etwa noch in eine dumme Situation brachte. Der Sänger ließ sich auf’s Bett fallen, dass die Federn unter seinem Gewicht leicht quietschten und starrte an die Decke. Morgen Vormittag würde er sich ein bisschen einsingen.   Toshiya betrachtete seinen schlafenden Schatz. Wenn er doch immer so friedlich sein könnte. Seit dem letzten Streit hatten sie kaum ein Wort gewechselt und dem Bassisten fiel es mehr als schwer seinem Drang, sich an Die zu kuscheln, nicht nachzukommen. Er war noch immer verletzt, konnte das sein Liebster denn nicht verstehen? Warum nur hielt er ihn gerade so krass auf Abstand? War ihm die Beziehung doch zu viel und sehnte er sich nach seiner Freiheit zurück? Nach den Affären, die ihn möglicherweise doch glücklicher machten, als das Zusammensein mit ihm? Toshiya biss sich auf die Unterlippe, um die Tränen zurück zu halten. Am liebsten würde er eine Runde spazieren gehen, doch er hatte Angst, dass Die dann verschwunden sein könnte. Deshalb blieb er im Hotelzimmer und wachte über seinen Liebsten. Vielleicht konnte er später mit ihm reden, wenn er aufwachte. Vorsichtig strich er dem Gitarristen eine Haarsträhne aus dem Gesicht und hätte ihn so gerne geküsst. Da rutschte Die auf einmal näher zu dem Bassisten und legte seine Hand auf dessen Oberschenkel. Dennoch hielt er seine Augen weiterhin geschlossen. Ein schwaches Lächeln huschte über Toshis Gesicht. „Ach Die…wenn ich doch nur wüsste, was mit dir los ist…“, flüsterte er kaum hörbar zu sich selbst.   „Hey…bist du bereit für die Tour?“, fragte Shinya und Kaoru schaute von seinem Laptop auf. „Mhh, denke schon…ich hoffe die anderen drei sind es auch.“ „Ja…meinst du, ich soll zu Tooru gehen? Vermutlich will er niemanden sehen und verbarrikadiert sich in seinem Zimmer, aber…ich weiß auch nicht“, überlegte der Drummer laut vor sich hin. „Wir können es wohl beide nicht lassen. Versuchen unsere Band mit aller Kraft zusammen zu halten. Ich bin wirklich froh, dass ich dich habe Shin-chan…du bist irgendwie gerade der einzige, der mich nicht innerhalb kürzester Zeit auf die Palme bringt.“ Der Drummer lachte etwas verlegen und zwirbelte seine Haare zwischen den Fingern. „Naja, wenn nicht wir, wer dann? Weißt du, was mit Toshiya und Daisuke los ist?“ Kaoru legte seine Arbeit zur Seite und seufzte tief. „Ich wünschte ich wüsste es…hoffentlich trennen sie sich nicht…das wäre fast so schlimm, wie Kyos Stimmverlust.“ „Hoffen wir mal nicht das Schlimmste…ich schau mal nach ihm…“ Der Leader nickte nur und versuchte seinem Drummer ein ermutigendes Lächeln zu schenken.   Am Tag des Konzertes bekam Kyo kaum einen Bissen runter, weil ihn das Lampenfiber packte. Wie eine Raubkatze tigerte er in der Halle auf und ab, sang sich ein bisschen ein und verschwand schließlich im Backstagebereich, um sich für das Konzert vorzubereiten. Er schlüpfte in seine recht weite schwarze Hose und beschloss das Make up, sowie die Kontaktlinsen sein zu lassen. Seine Stimme versuchte er zu schonen und trank noch einen letzten Schluck Wasser. Da kam Die auf ihn zu und grinste breit. „Oho…welch Anblick, willst du dass die Damen schon beim ersten Song in Ohnmacht fallen?“, scherzte der Gitarrist und der Sänger konnte sich ein kaum merkliches Grinsen nicht verkneifen. Lässig zuckte er mit den Schultern. „Ich weiß halt, dass ich umwerfend bin. Außerdem ist es auf der Bühne verflucht heiß, da kann ich auch gleich das Shirt weglassen.“ „Wenigstens halbwegs normal“, mischte sich jetzt auch ihr Leader ein.   Die Shows verliefen meist gleich. Nach dem Konzert kreischten die Fans nach einer Zugabe und die bekamen sie. Die Band tourte durch die USA und dann folgte Europa. Erst wieder auf dem deutschen Festival, auf dem sie schon einmal aufgetreten sind und wenig später noch ein paar größere Städte. Zwischendurch bekamen sie hin und wieder eine kleine Auszeit, in der sie sich erholen konnten, doch im Großen und Ganzen war Kyo sehr zufrieden mit dem Bandleben und auch Die und Toshiya schienen sich wieder vertragen zu haben. Der Sänger wirkte sogar schon fast etwas aufgeschlossen und ließ es sich auch nicht nehmen während der Liveauftritte mit seiner Band zu agieren. Show folgte auf Show und der kleine, schwarzhaarige Sänger konnte gar nicht genug von diesem Leben bekommen. Auf der Bühne gab er sich diesem schon fast irren Gefühl hin- der Musik und es berauschte ihn von Mal zu Mal mehr. Oft behielt er seine Augen geschlossen um ganz zu versinken. Seine Stimme bewegte sich in den wildesten Nuancen, erklang in den schrillsten und schönsten Tönen. Manchmal konnte es Kyo selbst kaum mehr kontrollieren. Es war schon fast so, als würde dies automatisch passieren. Hier präsentierte er sich in voller Größe und lebte das Gegenteil von seinem sonstigen Ich aus. Denn nur hier war ihm das möglich. Die Melodie ergriff ihn wie ein Tornade und schleuderte ihn sogleich in die Luft, wo er zu tanzen begann. Er liebte diese Perfektion seiner Band, wie sie miteinander harmonierten und sich gegenseitig ergänzten. Doch jedes Mal nach einem Konzert ließ der Rausch viel zu schnell nach und Kyo verschloss sich der Welt wieder. Wenn Musik wahrhaftig eine Droge wäre, so wäre das die seine, denn dieses Gefühl machte ihn irgendwie abhängig, auf eine wundervolle Art und Weise. Deshalb entging ihm wohl auch, dass seine Karriere wohl mehr und mehr am seidenen Faden hing. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Die vielen Shows beanspruchten seine Stimme, das machten auch die Pausen zwischendurch nicht besser und auch, wenn sich Kyo den Partyplänen der anderen nicht anschloss, kaum Alkohol trank und auch sonst mehr als üblich auf seine Gesundheit achtete, schlich dieser dunkle Schatten Tag und Nacht um ihn herum. Doch der Sänger ignorierte ihn, wollte ihn nicht wahrhaben und bildete sich ein, er wäre nur ein Trugbild seiner krankhaften Fantasie.   Nun stand das letzte Konzert an. Kyo betrat sein Reich. Ihn umfing tosender Jubel und das stetig ansteigende Geschrei der Fans. Mit geschlossenen Augen umklammerte er sein Mikrofon und lauschte der Musik. Gitarre, Bass, zweite Gitarre und das Schlagzeug. Diese nahm Farben an, wenn auch nur eher düstere Farben, wie grau oder schwarz. Hin und wieder verirrte sich ein roter oder violetter Schimmer in dieses Gemisch. Und nun endlich setzte sein Part ein, der Gesang. Schon zu beginn der Show merkte der Sänger, dass heute irgendetwas anders war als sonst. Er begann zu singen, setzte sein ganzes Stimmvolumen ein, dabei geriet er ins Taumeln. Fing sich jedoch wieder. Kyo ließ alles raus, kreischte, ging wieder hoch in einen eher befremdlichen Singsang und sank zurück ins Growlen. Immer wieder hüpfte er auf das Podest und schrie ins Mikrofon. Alles verschwamm und seine Welt hielt ihn gefangen, ließ ihn agieren, duldete kein entfliehen. Schon fast überkam ihn das Gefühl, als würde ihm sein Körper nicht mehr gehorchen. Schwankend trugen ihn seine Beine gerade noch so. Und erneut der Part, wo er ins Mikro schrie. Sein Herz pochte wild in seiner Brust und ohne es wirklich zu realieseren schlug er das Mikrofon gegen seinen Oberkörper. Doch der erhoffte Schmerz, der ihn zurück in die Realität holen sollte, blieb aus. Immer und immer wieder schlug er auf sich ein. Ohne Erfolg. Der Schatten der letzten Monate tanzte mit ihm, streckte seine Klauen nach ihm aus und Kyo lief es eiskalt den Rücken runter, als er endlich kapierte, was da gerade passierte. Erschrocken riss er pansich die Augen auf, versuchte seiner Attacke Herr zu werden und schnappte in kurzen Atemzügen nach Luft, während er sich fester ans Mikro klammerte, dass seine Knöchel weiß hervor traten. Doch der erhoffte Hilfeschrei blieb ungehört. Sein Schreien blieb ungehört, weil es keinen Schrei gab. Kein Ton. Nichts. Kyos Hände zitterten und hilfesuchend wand er seinen Blick dem Leader zu. Kaoru musste doch merken, dass hier gerade etwas gewaltig schief lief. Doch nichts. Abgewand klimperte der Gitarrist auf seinem Intrument. Kyo stolperte näher zu Toshiya und dieser erwiderte seinen Blick. Auch bei seinem Bassisten spiegelte sich nun die nackte Angst und die tiefen Saiten des Basses hörten augenblicklich auf zu klingen. Der Sänger taumelte nun noch mehr, weil ihn allmählich seine Kräfte verließen. Irgendetwas Beängstigendes ging da in seinem Inneren vor. Bevor noch schlimmeres passierte, verließ er fluchtartig die Bühne und wünschte sich, der Boden täte sich unter ihm auf. Er hatte alles zerstört. Hatte alle, die ihm etwas bedeuteten, enttäuscht und sich selbst sowas von belogen und betrogen. Seine Stimme versagte ihm ihren Dienst. Kyo schlug sich seinen Weg durch die Crew. Drängte die Menschen, die sich ihm in den Weg stellten, grob mit den Händen zur Seite. Er rannte, wollte weg von diesem Ort der Schande. Seine Lungen brannten, doch er rannte weiter. Weg von den Massen an Menschen, bis zum schützenden Tourbus. Dort brach er vollends zusammen und erst jetzt bemerkte er das getrocknete Blut an seinen Händen. Wie hypnotisiert starrte er seine zitternden Hände an und fuhr die Linien in seinen Handflächen nach. Schließlich wagte er einen Blick an sich herab und da wurde ihm klar, dass es sich um sein eigenes Blut handelte. Sogleich empfing ihn der stechende Schmerz der Wunde und wimmernd brach er erneut zusammen. Heiße Tränen benetzten seine Wangen. Kyo wollte schreien, doch keinen Ton brachte er über seine Lippen. Um ihn herum herrschte plötzlich Aufruhr, dabei wollte er doch nur allein sein. Das unendlich laute Stimmengewirr schwoll an und er presste seine Hände auf die Ohren. Zu viel Lärm. Irgendjemand zog ihn hoch, doch er wehrte sich mit Tritten dagegen. „Ich brauche Hilfe!“, rief jemand und erneut wurde er gepackt. Dieses Mal mit Erfolg, so sehr er auch um sich schlug und Tritte mit den Füßen austeilte. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr und der Sänger ließ sich nun endgültig von der Dunkelheit einlullen. Ihm war egal, dass seine Arme und Füße fixiert wurden, um ihn ruhig zu stellen. Alles war egal. Kyo hasste sich, denn er hatte es geschafft, das zu zerstören, was ihm am Wichtigsten war. Seine Musik, seine Leidenschaft, sein Leben. Wenn er dazu fähig gewesen wäre, hätte er sich jetzt die Pulsadern erneut aufgeschnitten, doch dieses Mal richtig. Er spürte ein Pieken im Arm und dämmerte allmählich weg. Seine Lider wurden immer schwerer und sein Körper erschlaffte. Endlich umgab ihn eine wundervolle Ruhe.   „Scheiße, scheiße, scheiße!!!“, fluchte Kaoru nun schon eine gefühlte halbe Stunde. Das war mal eine Glanzleistung von Ende gewesen. Sechs Augenpaare musterten den Dir en Grey Leader, doch dieser wollte gerade nicht die Verantwortung für das, was da eben auf der Bühne passiert war, übernehmen. Und Antworten konnte er schon gar nicht geben, dafür war er viel zu aufgebracht. Zu spät hatte er gemerkt, was mit Kyo los war, weil er sich so auf’s Spielen konzentriert hatte. Erst, als Toshiyas Bass schräg hinter im erstarb, wurde er auf den Sänger aufmerksam. Kyos aufgerissene Augen richteten sich auf den Bassisten. Er stand mit dem Rücken zum Publikum und schwankte gefährlich hin und her. Aus der nicht ganz ungefährlichen Verletzung seiner Brust sickerte noch immer Blut und noch bevor Kaoru handeln konnte, ergriff Kyo die Flucht. Die Band beendete ihr Konzert, so als wäre es geplant und würde zur Show gehörte. Doch innerlich tobte Leader. Shinya erreichte den Tourbus als erstes und alamierte sogleich den Notarzt, der auch keine Zeit zu verlieren schien und wenige Minuten später eintraf, um den kleinen Kampfzwerg abzutransportieren. Natürlich nicht ohne dessen Protest. Wie ein tollwütiges oder verletztes Tier schlug und trat er um sich. Kaoru war sich auch sicher, dass er mit Sicherheit geschrien hätte. Doch das war das Problem. Kyo konnte nicht mehr schreien. Auf einmal sprang Daisuke auf. „Ich fahre zu ihm. Ich kann nicht riskieren, dass er allein ist, wenn er aufwacht.“ Der Gitarrist stieß auf keinerlei Widerstand seiner Band und stolperte aus dem Bus, um sich ein Taxi zum Krankenhaus zu ergattern. Die wusste selbst nicht, warum ausgerechnet er Kyo folgen wollte. Zwar verstanden sie sich, aber oft überkam ihn das Gefühl, das er derjenige war, der dem Sänger am unwichtigsten war. Klar, sie kamen miteinander aus und er würde Kyo schon als seinen Freund bezeichnen, doch wann hatten sie sich das letzte Mal unterhalten? Immer hielt er alle auf Abstand, nur Shinya oder Toshiya schienen manchmal zu ihm durchzudringen. Toshi, sein liebster Toshi. Doch über diese Baustelle in seinem Leben wollte er gerade so gar nicht nachdenken. Ebenso über andere Probleme, die er gerade sehr gut ausblendete. Und Kyos Auftritt würde hoffentlich erst Mal für genug Aufruhr sorgen und von seinen Sorgen ablenken. Insgeheim wusste er natürlich, dass er Toshiya nichts vormachen konnte. Vermutlich ahnte sein Bassist schon lange, was ihn bedrückte. „Können Sie nicht schneller fahren?“, fuhr er den armen Taxifahrer an, der ja nun wirklich nichts für seine miese Laune konnte und wohl kaum etwas an dem Verkehr in Tokio zu ändern vermochte. Der ältere Mann zuckte auch leicht zusammen und nuschelte irgendwas vor sich hin. Die lehnte sich in den Sitz und trommelte nervös mit den Fingern auf seinem Oberschenkel. Nach einer halben Stunde erreichten sie endlich das Klinikum und der Gitarrist bezahlte. Sprang aus dem Wagen und eilte so schnell wie möglich dem hell beleuchteten Block entgegen. Krankenhausluft empfing ihn, als er durch die Drehtür kam. Schließlich fragte er sich nach seinem Sänger durch und musste seine grauen Zellen doch tatsächlich anstrengen, um darauf zu kommen, wie Kyo eigentlich mit vollem Namen hieß. Glücklicherweise ließ ihn sein Gehirn nicht im Stich und er wurde auf das Zimmer geleitet. Kyo schien irgendwie noch zu schlafen. Eine junge Schwester gesellte sich zu dem Gitarristen. „Sind Sie ein Freund?“, fragte sie. Die nickte nur und schluckte. Denn irgendwie wurde ihm erst jetzt das ganze Ausmaß der Situation klar. „Ja…irgendwie…wird er wieder?“ „Dazu können wir morgen mehr sagen. Der Chefarzt unterzieht ihn morgen mehrerer Gesundheitschecks.“ „Fuck!“, fluchte Daisuke leise, ließ sich auf den Stuhl neben Kyos Bett sinken und versteckte sein Gesicht hinter den Haaren. „Kann ich bei ihm bleiben?“, fragte er die Schwester dann. „Eigentlich dulden wir in der Nacht keine Besucher.“ „Bitte…er kann nicht allein sein. Wenn es Ärger gibt, kann ich mich auch solange im Schrank verstecken oder mir einen Arztkittel borgen“, schlug der Rotschopf vor und das junge Mädchen kicherte verlegen und amüsiert zugleich. „Ähm…schon gut. Ich sehe, was ich machen kann. Bleiben Sie einfach da und lassen mich wissen, wenn Sie etwas brauchen.“ „Danke.“ Daisukes Blick ruhte auf dem schlafenden Sänger und er fragte sich nicht zum ersten Mal, wie schlimm es um seinen psychischen Gesundheitszustand wirklich stand. Irgendwo hatte er in einem Musikmagazin gelesen, dass sich die Psyche auch auf die Stimme auswirken konnte. Traf das etwa bei Kyo zu? Ging es ihm so schlecht? Dabei wirkte er doch in den letzten Monaten schon fast fröhlich und ausgeglichen. Irgendwann nickte der Gitarrist dann weg und sein Kopf sank auf’s Bett, nicht unweit von Kyos Hand entfernt.   Schmerzen. Unerträgliche Schmerzen plagten Kyo. Noch immer machte sein Körper keine Anstalten sich zu bewegen, wenn er das wollte. Ein beißender Geruch stieg ihm in die Nase und augenblicklich wurde ihm speiübel. Nein, nicht schon wieder. Und dieses Mal schien er der Situation völlig ausgeliefert zu sein, weil er sich nicht regen konnte, geschweigedenn sprechen. Eine erneute Panikattacke kündigte sich an. Sein Herz begann zu rasen und Schweiß trat auf seine Stirn. Seine Füße gefroren zu Eisklötzen und auf seinen Handflächen bildtete sich ein schmieriger, schweißiger Film. Doch auf einmal spürte er eine Hand auf seiner Schulter und der Krankenhausgeruch vermischte sich mit einem vertrauten Geruch. Noch immer panisch riss der Sänger die Augen auf und brauchte eine Weile, bis er erkennen konnte, dass Daisuke neben ihm auf der Bettkante hockte und seine Hand hielt. Augenblicklich entzog er ihm diese. Die? Warum ausgerechnet Die? Hatte er die anderen so sehr enttäuscht? Und wieder plagten ihn diese unerträglichen Schuldgefühle. „Wie geht’s dir?“, fragte der Gitarrist und Kyo zuckte mit den Schultern. „Kannst du reden?“ Er schüttelte mit dem Kopf und Die verschwand kurz, kehrte jedoch wenig später mit einem Block und einem Stift zurück, die er dann an den Sänger übergab.   Was machst du hier?   „Schauen, wie es dir geht natürlich. Du hast uns allen einen ordentlichen Schrecken eingejagt.“   Sind die anderen sehr sauer auf mich?   „Naja, sauer nicht denk ich…eher enttäuscht vielleicht.“   Ist Toshiya nicht bei dir?   Die schüttelte den Kopf. „Bin allein her gefahren, weil ich nicht wollte, dass du aufwachst und niemand ist bei dir.“   Danke. Kannst du mir einen Gefallen tun und Shinya anrufen? Ihm sagen, dass es mir soweit gut geht.   Der andere Musiker nickte und verschwand ein zweites Mal. War das tatsächlich das Ende von Dir en Grey? Kyo schluckte schwer, weil er das eigentlich nicht glauben wollte. Doch er hatte es versaut und vermutlich nicht nur seine Karriere ruiniert, sondern auch seine Freunde verloren. Er schluckte diese dummen Tränen runter. Da kam Die auch schon zurück und setzte sich vorsichtig wieder zu ihm. Erneut griff der Sänger zu Zettel und Stift. Hast du ihn erreicht?   Dieser nickte, wirkte jedoch eher zurückhaltend, deshalb fixierte ihn der Sänger. „Na schön…er ist weggefahren und will vorerst niemanden von uns sehen. Ich vermute er ist bei seiner Familie.“ Diese Worte reichten, um Kyo das Herz zu brechen. Shinya, sein Shinya verachtete ihn. Jetzt hatte er es ganz und gar versaut. Heiße Tränen benetzten sein Gesicht, welches er in dem Kissen zu vergraben versuchte. „Das wird schon wieder. Jetzt konzentrieren wir uns erst Mal darauf, dass du wieder auf die Beine kommst und dann sehen wir weiter. Morgen will dich der Chefarzt untersuchen, um herauszufinden, was dir fehlt.“ Kyos Blick wurde wieder leicht panisch.   Und was isst, wenn er sagt, dass ich nie wieder singen kann? Die! Ich hab Angst.   Der Sänger vermochte nicht genau zu sagen, woran es lag, doch Die schien der einzige aus seiner Band zu sein, der ihm irgendwie wohlgesonnen war. Deshalb beschloss er etwas zu tun, was er sehr selten tat. Seine Hand kritzelte die Worte sehr unleserlich auf den Zettel, doch der Gitarrist schien sie entschlüsseln zu können und grinste Kyo an. „Aber ich will nicht auf dem Sessel pennen…“ Der Jüngere rollte leicht genervt mit den Augen.   Dann komm ins Bett.   Daisuke glaubte nicht richtig zu lesen. Nicht, dass er seinen Sänger unattraktiv fand, aber mit ihm in einem Bett schlafen? „Pass auf, ich telefoniere kurz mit Toshi und bin gleich wieder da.“ Kyo nickte, was sonst blieb ihm auch anderes übrig. Die streifte sich seine Schuhe ab und schlüpfte zu ihm unter die Decke. Er fühlte sich seinem Sänger so nahe wie noch nie. Aber nahe im freundschaftlichen Sinne und irgendwie tat ihm das gut. „Kyo…darf ich dir was erzählen?“, fragte er schließlich und der andere nickte. „Ich…ich glaub ich bin wieder da, wo ich schon Mal gewesen bin…kann kaum mehr essen…dafür trinke ich das, was ich essen sollte…und Toshi weiß das. Wir streiten deshalb viel…“   Mhh, ich weiß und das ist mehr als dumm von dir. Toshiya liebt dich Dai Dai. Mach dir das nicht kaputt. Nicht so. Du musst mit ihm reden.   „Aber was ist, wenn er mich dann nicht mehr will? Was mach ich, wenn er mich dann hässlich findet oder sich vor mir ekelt? Das würde ich nicht ertragen“, flüsterte der Ältere, doch Kyo schüttelte nur mit dem Kopf.   Quatsch. Toshi ist nicht dumm und du sagst ja selbst, dass du vermustest, dass er was weiß oder ahnt. Rede mit ihm. Gleich morgen.   „Na gut, aber nur, wenn ich dir morgen Kaoru vorbeischicken darf…er macht sich Sorgen um dich.“   Nur, wenn du garantieren kannst, dass er mir nicht den Kopf abreißt.   Die musste lachen. „Keine Angst, das wird er nicht. Wir sollten noch ein bisschen schlafen. Gute Nacht.“   Daisuke blieb noch, bis der Chef Kyo durchgecheckt hatte, um sicher zu gehen, dass es dem kleinen Warumono halbwegs gut ging. Auch durfte er bei dem Gespräch anwesend sein, was der Arzt mit Kyo führte. „Also, Herr Nishimura. Die gute Nachricht ist, dass sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% wieder genesen. Die schlechte Nachricht ist, dass Sie jetzt mindestens einen Monat nicht reden dürfen und ich kann nicht sagen, wann sie wieder auf die Bühne können. Sie sollten noch zwei Tage hier bleiben und ich werde jeden Tag kommen und Ihnen persönlich Ihre Medikamente verabreichen. Die erste Dosis bekommen Sie jetzt. Drei Mal täglich zur Behandlung der Stimmbänder. Das wär’s soweit. Sie haben die Erlaubnis herum zu laufen. Viel Trinken ist gut. Bis später.“ Mit einem Nicken verabschiedete er sich und Kyo seufzte. Griff nach Dies Hand und drückte diese. Der Gitarrist lächelte seinen Sänger liebevoll an. „Ich gehe zu Toshiya…soll ich später noch Mal wiederkommen?“ Kyo nickte.   Daisuke kam im Hotel an, doch sein Zimmer war leer. Er zog seine stinkigen Klamotten aus und begab sich unter die Dusche. Wie gut das doch tat. Warmes Wasser regnete auf seine verschwitzten Körper und er seifte sich ein. Im Zimmer war noch immer kein Toshi. Der Gitarrist seufzte und schlüpfte in einen bequemen Pulli und die kurze Shorts. Er öffnete die Balkontür, um eine zu rauchen. An Essen war nicht zu denken, denn schon bei dem Gedanke, etwas Festes zu sich zu nehmen, drehte sich sein Magen rum. Deshalb beschloss er mit Wasser anzufangen. Kein Alkohol. Immerhin ein Anfang. Er zuckte leicht zusammen, als die Tür ins Schloss fiel. „Die?“, wisperte sein Liebster kaum hörbar. Mit wenigen Schritten war er bei dem Bassisten und schloss ihn fest in seine Arme. So verharrten sie eine ganze Weile und es tat so gut. „Tosh…es tut mir so leid…“, flüsterte er und drückte sein Gesicht an Toshiyas Brust. Dieser kraulte seinem Gitarristen den Kopf und konnte gerade kaum mit Worten beschreiben, wie glücklich er war. „Ich weiß…wie geht es Tooru?“ „Soweit ganz gut, aber ich will später noch Mal zu ihm. Kommst du mit?“ „Sehr gerne.“ Plötzlich wurde die Miene des Älteren wieder ernster und er löste sich aus der Umarmung. „Ich muss dir was sagen…“, flüsterte er und der Bassist schaute seinen Liebling besorgt an. „Vor ein paar Jahren hatte ich eine Essstörung…doch hab ich das immer irgendwie wieder in den Griff bekommen…naja, bis jetzt.“ „Aber warum hast du mir nie etwas davon erzählt?“ „Weil ich fürchtete, du könntest mich nicht mehr lieben. Findest mich unattraktiv…“ Toshiya zog Die wieder in seine Arme. „Manchmal bist du echt bescheuert. Ich hab mir schon das Schlimmste ausgemalt. Dachte, du findest mich langweilig und vermisst es, mit den Fans zu flirten oder sie abzuschleppen…sorry…“ Die sah seinen Freund etwas schockiert an und rollte dann mit den Augen. „Das hast du geglaubt? Da bin ich wohl nicht der Einzige, der bescheuert ist…“, amüsierte er sich jetzt ein bisschen. „Wir sollten wohl echt wieder mehr miteinander reden.“ „Das sollten wir“, antwortete der Gitarrist und küsste seinen Liebsten endlich. Viel zu lange hatten sie schon keine Zärtlichkeiten mehr ausgetauscht und erst jetzt merkte Daisuke, wie ihm die Nähe seines Schatzes doch gefehlt hatte. „Aber Die…du musst mir versprechen wieder mehr zu essen“, nuschelte der Bassist in den Kuss. „Hilfst du mir dabei? Allein schaff ich das nicht Tosh.“ „Natürlich…danke, dass du es mir gesagt hast. Wir bekommen das hin, zusammen.“ „Ich liebe dich so sehr Toshiya…denk bloß nie wieder, ich würde dich gegen eine meiner Affären eintauschen wollen…“ Der Schwarzhaarige nickte etwas verlegen und auf einmal war ihm der Gedanke mehr als peinlich. Kapitel 23: Versöhnung ---------------------- Kyo bewaffnete sich mit seinem Block und dem Stift und ging ein bisschen auf den Flur hinaus. Er merkte, wie ihn diese verfluchten Medikamente veränderten. Sein Gesicht bekam die Form des Mondes, wenn er in seiner vollen Pracht am Himmel strahlte und auch sonst entging ihm nicht, dass er schneller als sonst an Gewicht zulegte. Doch hatte ihm der Arzt darauf hingewiesen, dass das passieren konnte. Aus zwei Tagen war jetzt doch eine Woche geworden, weil sie ihn zur Beobachtung hier lassen wollten und so sehr der Sänger Krankenhäuser hasste, siegte diesmal die Vernunft. Denn auch, wenn er wusste, dass er wieder gesund werden würde, wollte er dennoch nichts riskieren. Nicht noch mehr riskieren, sollte er wohl eher sagen. Die und Toshiya hatten ihn heute noch besucht und Kaoru wollte wohl heute oder morgen auch noch vorbeischauen. Alle kamen, nur Shinya ließ sich nicht blicken. Kyo ballte seine Hände zu Fäusten und der Frust in seiner Brust wuchs noch mehr. Es war nie seine Absicht gewesen seinen Freund so derart zu enttäuschen, er wollte doch nur keinen mit seinen Problemen belasten, war das so schwer zu verstehen? Draußen schien die Sonne und der Park nebenan zeigte schon die ersten Anzeichen, dass der Herbst vor der Tür stand. Kyo fühlte sich so leer und musste sich anstrengen, nicht gleich wieder eine Panikattacke zu bekommen. Vielleicht tat frische Luft gut? Er holte sich eine leichte Jacke, die er über das weite Shirt zog, um so zu verbergen, dass er dick geworden war, als es an seiner Zimmertür klopfte. „Na, willst du dich etwa schon wieder selbst entlassen?“ Kyo fuhr herum und stand seinem Leader gegenüber, schüttelte mit dem Kopf und zeigte nach draußen. „Ah, darf ich dich begleiten?“ Wieder nickte der Sänger. Kaoru gab einer Schwester Bescheid und folgte Kyo in den Park. Dort gingen sie eine Weile schweigend nebeneinander her und hielten schließlich auf einer kleinen Brücke an. Die Sonne schien durch die Bäume und wärmte Kyos Gesicht. Er schloss einen Moment die Augen. Dann zückte er Zettel und Stift und schrieb.   Willst du mir denn gar keine Standpauke verpassen?   Kaoru zog die Stirn in Falten. „Naja, vor hatte ich das schon, nur was sollte das bringen? Ändern kann ich ohnehin nichts mehr.“   Wow, so geht’s auch.   „Tooru, was erwartest du denn von mir? Kannst du dir eigentlich auch nur im Entferntesten vorstellen, wie es ist diese ganze Scheiße zwei Mal durchzumachen? Erst hab ich das ganze Drama mit Hizu von Zero hören müssen und dann mein eigener Sänger? Schön ich wollte eigentlich normal mit dir reden, weil es irgendwie auch nicht fair ist, dir das vorzuhalten.“   Und trotzdem tust du es. Außerdem verstehe ich nicht, warum sich alle immer ihre Probleme erzählen müssen.   „Und genau da fängt dein eigenes an. Wenn du nicht so stur sein wärst und alles mit dir selbst ausmachen würdest, hätten wir dir eher helfen können! Dafür sind Freunde da Tooru! Nur du hast ein echtes Talent, deine Freunde auf Abstand zu halten. Doch zu welchem Preis? Damit du dann in Selbstmitleid versinken kannst? Über manche Probleme solltest auch du einfach reden“, tobte der Leader und Kyo schaute ihn mit finsterer Miene an. Ja zu welchem Preis? Um alles zu verlieren? Kaorus Wut war berechtigt, doch schien er sich tatsächlich auch ernsthaft Sorgen zu machen. Alle sorgten sich um ihn, nur Shinya kehrte ihm den Rücken.   Glaub mir, das hab ich jetzt auch begriffen. Irgendwie. Nur bin ich eben nicht der Typ Mensch, der gern über seine Probleme redet. Ich will euch nicht belasten. Ihr habt genug eigene Sorgen.   Der Leader rollte genervt mit den Augen. „Ja die haben wir, aber Freunde sind dazu da, damit man mit ihnen reden kann, wann geht das endlich in deinen Kopf rein? Und falls es dir noch nicht aufgefallen ist, wir sind in den letzten Jahren viel mehr als nur Kollegen geworden. Ich würde mich nicht dauernd mit euch rumärgern, wenn ihr mir egal wärt…vor allem du Tooru. Zu dir komme ich nicht durch und das nur, weil du uns nicht belasten willst? Mir wäre das lieber gewesen, als das hier jetzt!“ Kyo setzte sich wieder in Bewegung und auch wenn es Kaoru nicht böse meinte, seine Worte setzten ihm nur noch mehr zu. Das sagte er so einfach, doch der Sänger war eben anders. Hatte noch nie viel Wert auf Gefühle gelegt oder stundenlang mit anderen darüber diskutiert. Ihm war es nicht egal, aber seiner Meinung nach gab es eben wichtigere Dinge im Leben. Sie hatten fast wieder den Eingang erreicht.   Es tut mir leid Kao. Ich dachte wirklich, ich bekomme das hin oder glaubst du, ich find es cool hier fest zu sitzen ohne zu reden? Ich glaub ich brauch noch ein bisschen Zeit für mich. Danke, dass du da warst.   Der Leader zog den Kleineren in eine kurze Umarmung und verabschiedete sich von ihm. Kyo blieb noch eine Weile vor dem Gebäude sitzen, widerstand dem Drang eine Zigarette zu rauchen und schrieb Shinya eine Nachricht. Die dritte in den letzten beiden Tagen. Doch erhielt er keine Antwort.   Die Tage zogen sich endlos und Kyo hatte das Gefühl, ihm könnte die Decke auf den Kopf fallen. Sein Körper fühlte sich aufgeschwemmt und krank an, sodass er sich schon fast selbst verabscheute, mehr noch als sonst. Zwar konnte er zwischen den Aufenthalten im Krankenhaus immer wieder nach Hause, da er von Tokio nach Kyoto verlegt wurde, doch viel besser fühlte er sich trotzdem nicht. Die Medikamente wirkten sich auf seine miese Stimmung aus und durch dieses Hin und Her fehlte ihm gerade auch die Zeit die Pfunde wieder runter zu bekommen, es war ein Teufelskreis. Alle zwei Tage folgte jetzt das Stimmtraining. Es begann mit Atemübungen und leisen Lauten. Kyo kam sich richtig bescheuert vor und hätte das am liebsten sausen lassen. Doch er zwang sich das durchzuziehen. Seiner Band zuliebe. Und natürlich auch für sich selbst.   Nach einem Monat durfte er dann auch endlich wieder sprechen und er sollte erst nächsten Monat zur Kontrolle wiederkommen. Innerlich machte der Sänger Freudensprünge, denn auch die Dosis der Medikamente verringerte sich. Als er zu Hause ankam, brannte Licht. Hatte er vergessen den Lichtschalter aus zu knipsen? Mit einem mulmigen Gefühl im Magen schloss er die Tür auf und wurde sogleich mit Freudenrufen empfangen. Der Sektkorken knallte und alle seine Jungs umarmten ihren Sänger. Moment nein. Nicht alle. Einer fehlte und das traf Kyo wie einen Schlag. Er konnte es ja verstehen, wenn er ihm nicht antwortete, aber seine Entlassung zu verpassen? Das sah dem Drummer ganz und gar nicht ähnlich. Der Sänger schluckte den Kloß im Hals runter. Außerdem fühlte er sich schon fast fett, wenn er seine Jungs so betrachtete. Schlank und durchtrainiert. Eher zurückhaltend nahm er das Sektglas entgegen. Dann räusperte er sich und hob das Glas zum Anstoßen. „Ähm…ich bin wohl irgendwie sprachlos…danke ist glaub ich ganz angebracht…ich verspreche euch, dass ich es nicht noch Mal so weit kommen lasse…Mann und es tut gut wieder sprechen zu dürfen“, freute er sich und trank mit den Jungs. „Juhu unser Sängerchen ist zurück“, jubelte Die. „Und wenn du mich noch einmal Sängerchen nennst, kannst du was erleben Daisuke!“, drohte Kyo seinem Gitarristen an, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. „Das Risiko gehe ich ein…ach wie hab ich dich vermisst eure Grummeligkeit…“ Der Sänger verengte seine Augen zu Schlitzen und funkelte sein Gegenüber böse an. „Du spielst gerade mit dem Feuer, mein Freund.“ „Komm schon Kyo…das sind doch nur liebevolle Neckereien…das macht mit dir am meisten Spaß. Die anderen lassen sich nicht aufziehen…“ „Ich sollte dich einfach ignorieren.“ Insgeheim hatte Kyo die dummen Sprüche von Die allerdings vermisst. Die Jungs tranken noch ein bisschen und ließen ihren Sänger dann allein.   Am nächsten Tag beschloss er joggen zu gehen und auch sonst tat er alles, um seinen Körper wieder in Form zu bringen. Zwar dauerte es eine Weile, bis er sein Traumgewicht wieder erreicht haben würde, aber es half schon ins Tun zu kommen. Heute wollte Kaoru proben und Kyo hoffte, dass er Shinya endlich sehen würde. Er entschied sich noch immer für die weiten Klamotten, weil er nicht wollte, dass ihn die anderen so sahen. Es tat verdammt gut den Proberaum zu betreten und die unsichtbare Energie hier zu spüren. Ehrfürchtig näherte sich Kyo seinem Mikroständer und strich vorsichtig über den Kopf des Mikrofons. Noch immer hatte er Angst, dass sowas wie beim letzten Konzert erneut passieren könnte. Doch der Arzt hatte ihm versichert, dass das nicht der Fall sein würde, wenn er jetzt regelmäßig zu den Kontrollterminen kam und auch sonst besser auf sich acht gab. Der Sänger schaltete sein „Instrument“ ein und wagte sich an „the Final“. Mit geschlossenen Augen traf er jeden Ton und es fühlte sich so gut an. Eine Welle des Glücks erfasste den Sänger und es fühlte sich an, als wäre er nie weg gewesen. Auf einmal setzte hinter ihm das Schlagzeug ein und abrupt verstummte er und drehte sich um. Shinya hatte seinen Kopf gesenkt, sodass seine Haare das Gesicht verdeckten. Er schenkte dem Sänger keine Beachtung und das traf ihn mit voller Wucht. Auch die anderen drei nahmen jetzt ihre Plätze an den Instrumenten ein und Kyo hatte im Moment keine Chance mit dem Drummer zu reden. Das musste wohl dann bis nach der Probe warten. Er schaffte es, den Anschluss wieder zu finden, übernahm sich allerdings nicht. Etwas erschöpft legte er eine Pause ein und kochte Tee. In dem Moment legten sich zwei Arme von hinten um ihn und er wünschte sich so sehr, es wäre Shinya. Doch dafür waren die Hände zu männlich und zu tätowiert. Kaoru umarmte ihn? Jetzt war er leicht verwirrt. „Es tut gut dich wieder zu haben.“ „Es tut gut wieder hier zu sein Kao…aber ich glaub für heute bin ich fertig…will es nicht übertreiben.“ „Kein Problem, das verstehe ich.“ Der Leader erklärte die Probe somit als beendet und sofort schnappte der Drummer sein Zeug und stürmte zur Tür. Doch Kyo bekam seinen Arm gerade noch zu fassen. Erschrocken schaute er seinen Freund an. „Shin-chan…bitte warte“, bat er den anderen Musiker, doch dieser schüttelte nur mit dem Kopf. „Ich…ich kann nicht…“, wisperte dieser und verschwand. Traurig ließ sich Kyo auf dem Sofa nieder und sogleich gesellte sich Toshiya zu ihm. „Gib ihm Zeit. Das alles hat den Kleinen echt hart getroffen.“ „Ich hab Angst, dass er nie mehr was mit mir zu tun haben will…nicht mal begrüßt hat er mich Toshi…er hat mir mal versprochen, dass er immer zu mir hält und mich nie enttäuschen wird. Aber ich hab es ausgereizt und bin selbst Schuld, dass er mich jetzt hasst.“ „Er hasst dich nicht…im Gegenteil. Nur du kennst doch unseren Shini, er ist so zart beseitet und schon einmal hat er mit ansehen müssen, wie du vor seinen Augen fast gestorben wärst.“ Der Sänger leerte seine Tasse, erhob sich und verabschiedete sich von seinen Jungs.   Nach dem Aufstehen ging er noch eine Runde joggen, um den Kopf frei zu bekommen. Er musste handeln und zwar schnell. Ja, er hatte Shinya zutiefst enttäuscht, aber er wollte seinen besten Freund zurück und er musste ihm zeigen, wie wichtig er für ihn war. Er rannte den Feldweg entlang und kleine Schweißtröpfchen rannen seinem Gesicht hinab. Die Sonne ging auf und bald würde es echt heiß werden. Kyo suchte sich noch eine ruhige Ecke und startete mit seinem Trainingspogramm, was aus Sit ups, Mountain Climbers, Sumo Squats, Leg Raises und Planks mit Rotations bestand. Diese Prozedur widerholte er drei Mal hintereinander und sank dann etwas lädiert ins Gras. Seine Gedanken kreisten um Shinya und, wie er es anstellen sollte, sein Vertrauen zurück zu gewinnen. Kyo hätte nie geglaubt, dass es überhaupt möglich war, den Drummer so von sich zu stoßen, eben weil er immer versuchte für ihn da zu sein. Doch nun hatte der Sänger genau das geschafft. Wirklich eine Glanzleistung. Er joggte den Weg zurück und ging duschen. Mit nur einem Handtuch um die Hüften traute er sich nach Wochen einen Blick in den Spiegel zu werfen. So langsam nahm sein Körper wieder Form an und zum ersten Mal seit langer Zeit empfand er Stolz, weil er nicht aufgegeben hatte und den Mut nicht verlor. Er zwängte sich in eine seiner engeren Hosen, zog ein weites Shirt mit Blumenmuster darüber und setzte sich auf die Terrasse, um die Worte in seinem Kopf auf Papier zu bringen. Denn es fiel ihm schon immer leichter etwas in schriftlicher Form besser rüber zu bringen, als wenn er es so sagen musste.   Shinya, ich habe dich enttäuscht. Doch bitte glaub mir, das wollte ich nicht. Du bist der einzige Mensch, den ich in den letzten Monaten am meisten gebraucht hätte, doch du warst nicht da. Das soll kein Vorwurf sein, denn ich weiß, dass es meine Schuld ist. Ich habe dich von mir gestoßen, immer und immer wieder. Und jetzt kommst du einfach nicht wieder, dabei dachte ich, du bist mein Bummerang. Egal, wie weit ich dich werfe, du kommst zurück. Aber ich habe mich getäuscht und das tut weh. Es ist furchtbar, wenn ich dir schreibe und du nicht antwortest, weil du mir so zeigst, wie schlecht es dir geht. Doch sollten wir nicht genau deshalb zusammenhalten? Sollte ich nicht für dich da sein, wenn es dir schlecht geht? Oder hast du mich tatsächlich aufgegeben? Das würde ich dir nicht Mal übel nehmen, aber ich kenne dich zu gut Shin-chan und ich weiß, dass du mich niemals aufgeben würdest. Und weißt du auch woher ich das weiß? Weil auch ich dich niemals aufgeben könnte. Du hast mich schon so oft vor mir selbst gerettet und für mich war es immer selbstverständlich, dabei war es das nie. Ich habe mich in den letzten Monaten oft gefragt, weshalb du soviel Zeit in unsere Freundschaft investiert hast und ebenso, warum es dir egal ist, wenn ich meine Launen an dir auslasse. Dabei war es dir nie egal, aber du hast es über dich ergehen lassen, weil ich dir wichtig bin. Und das ist das Selbstloseste, was jemals ein Freund für mich getan hat. Verdammt Shinya, ich könnte heulen oder schreien, weil ich dich nicht verlieren will. Du wundervoller Mensch, bitte lass mich wieder Teil deines Lebens sein. Sonst gehe ich kaputt und ich habe bei der Probe gesehen, dass es auch dir mehr als mies geht. Ich renne nicht mehr weg, zumindest nicht vor dir. Bitte gib uns noch eine Chance. Ich brauch dich. Kyo   Kyo wischte sich die Tränen aus den Augen und begab sich zum Proberaum, weil er als erster da sein wollte. Den Brief legte er auf Shinyas Hocker hinter den Drums. Dann wartete er auf die anderen und lenkte sich währenddessen mit Zeichnen ab. Seine vier Freunde kamen fast zur gleichen Zeit an und begrüßten ihren Sänger, sogar der Drummer winkte ihm zu, schaute dann jedoch ganz schnell wieder weg. Kyos Herz pochte schneller, denn er beobachtete seinen besten Freund genau und gerade setzte er sich hinter das Schlagzeug, faltete den Brief auseinander und begann zu lesen. „Oh Shini, bekommst du etwa Liebesbriefe?“, zog ihn Die auf. Doch geheimnissvoll zuckte der Drummer mit den Schultern. „Neidisch?“, fragte er gewitzt zurück. „Ich brauch keine Liebesbriefe…“, säuselte der Gitarrist und stibizte sich einen Kuss von seinem Bassisten. Kyos Anspannung wuchs immer mehr, deshalb ging er vor die Tür, um eine Zigarette zu rauchen. Das brauchte er jetzt dringend, auch wenn ihm nicht ganz so wohl dabei war. Er traute sich auch nicht aufzuschauen, als die Tür hinter ihm ein weiteres Mal auf und wieder zu geschlagen wurde. „Hey…“, erklang die Stimme des Drummers und Kyo blinzelte seine Tränen weg, als er aufschaute. „Shin-chan…“ Noch immer nervös kaute der Sänger auf seiner Unterlippe herum und wusste nicht, was er sagen sollte. „Danke für deine Ehrlichkeit…aber ich brauche Zeit Tooru…natürlich gebe ich dich nicht auf, aber das sitzt tief. Ich muss das selbst erst irgendwie verarbeiten. Das wäre fast das Aus für uns gewesen. Weißt du, ich hab mich ernsthaft gefragt, was ich machen würde, wenn sich Dir en Grey auflösen würde und ich habe noch keine Antwort gefunden. Weil ich es ehrlich nicht weiß. Ihr seid mein Leben und ich will auch in keiner anderen Band spielen, weil sich das irgendwie falsch anfühlt. Das ist sehr egoistisch, dessen bin ich mir bewusst, aber ich glaub, dir geht es nicht anders. Und genau dieser Aspekt macht es so schwer für mich zu verstehen, was passiert ist. Du hast soviel auf’s Spiel gesetzt. Warum?“ Shinyas Worte waren schlimmer als jede Standpauke von Kaoru, denn er hielt ihm die knallharte Wahrheit vor Augen. „Ich kann dir keine Begründung geben, außer der, dass ich dachte, ich schaff es allein. Glaubst du, ich hätte nicht früher was unternommen, wenn ich gewusst hätte, dass es so schlimm ist?“ „Vermutlich nicht und trotzdem fühlt es sich ein bisschen wie Verrat an.“ „Verrat? Dein Ernst? Unterstellst du mir jetzt wirklich, ich hätte das absichtlich gemacht?“ „Nein, aber alles drehte sich Mal wieder um dich. Dich interessiert es nicht im Geringsten, wie es Kaoru geht, der schon seit Monaten am Ende ist, weil ihn das mit Zero so nahe geht. Dir ist es egal, dass Die und Toshi ihre Probleme haben und ebenso, wie es mir geht, wenn ich dich so zerstört sehe. Hauptsache du tust immer so cool, versteckst alles, machst es mit dir selbst aus und verteilst Beleidigungen. Und ich habe keine Lust und keine Kraft mehr dir zu sagen, wie sehr ich dich mag. Denn scheinbar kommt das ja doch nicht an. Dein Brief ist vermutlich das ehrlichste, was ich je von dir bekommen habe.“ Kyo musste sich am Treppengeländer festhalten. Er hatte viel von Shinya erwartet, aber nicht das. Doch er wollte sein Tagesziel erreichen, koste es, was es wolle. Deshalb sah er dem Drummer tief in die Augen. „Okay…mach weiter…was hast du noch an mir auszusetzen?“ „Ich hasse es, wenn du dir selbst weh tust, weil ich es nicht verstehe…ich versuche alles, aber du hälst mich auf Abstand. Was hab ich dir getan? Macht es dir Spaß die Menschen, die dir nahe stehen, immer wieder zu verletzen und zu beleidigen? Ich halte das alles nicht länger aus Tooru…“, redete sich der Drummer in Rage und auf einmal brach er zusammen und Kyo konnte ihn gerade so auffangen. Und jetzt fühlte er sich noch schlechter. Deshalb schlang er die Arme um seinen Freund. Shinya, dieses engelsgleiche Wesen und Kyo hatte ihn zerstört. Der Drummer wehrte sich nicht dagegen und hielt seine Tränen nun nicht mehr zurück. Der Sänger strich ihm behutsam über den Rücken. „Oh Shini, es tut mir so leid…aber ich verspreche dir, dass ich jetzt immer da bin. Wir alle gehören zusammen und Dir en Grey wird es geben, bis wir alt und grau sind. Ich hab dich lieb, weißt du das?“ Shinya schluchzte noch immer, doch er versuchte zu nicken. Dann schaute er seinen Freund wieder an. „Ich hab versucht dich zu hassen und böse auf dich zu sein, hast du das gemerkt?“ „Ja und es war echt beschissen…all das gerade von dir zu hören ist hart…aber du hast Recht und so geht es nicht weiter.“ „Nein das tut es nicht…ich brauch dich auch und du fehlst mir ganz schrecklich. Tooru, tue das nie, nie wieder…versprichst du mir das?“ Kyo nickte und zog seinen liebsten Freund erneut in eine Umarmung. „Ich verspreche es dir.“ „Noch eine letzte Sache. Deine Stimmprobleme, können die wiederkommen?“, fragte der Drummer besorgt. „Ganz ausgeschlossen ist das nie, aber ich bin jetzt vorsichtiger und lasse mich jetzt regelmäßig durch checken.“ „Und keine blutigen Bühnenshows mehr?“ „Wenn, nur noch Kunstblut oder skurrile Outfits.“ Jetzt endlich lächelte Shinya und Kyo erwiderte es. „Mh, skurrile Outfits find ich gut. Hast du schon Ideen?“ Der Sänger nickte geheimnissvoll. „Willst du sie sehen? Hab ein paar Zeichnungen davon angefertigt.“ Im Proberaum hatten Kaoru, Daisuke und Toshiya wieder mit spielen begonnen, deshalb verzogen sich Kyo und Shinya zur Sitzecke. Der Sänger zückte sein Zeichenbuch, welches er fast immer bei sich trug und schlug es auf, blätterte darin und schob es stolz zu seinem Drummer. „Wow, voll cool und echt ziemlich creepy. Aber es passt voll zu dir.“ „Ich fürchte nur dafür muss ich eine Stunde früher in die Maske“, murrte der Sänger. „Wer soll dich schminken?“ „Na ich, wer sonst. Als ob ich da jemanden ran lasse.“ Shinya lachte. „Ich glaub auch nicht, dass sich jemand trauen würde. Die haben doch Angst vor dir, so böse, wie du immer schaust.“ „Zu Recht. Darf ich dich was fragen?“ „Klar.“ „Findest du, dass ich dick geworden bin?“ Der Drummer schaute seinen Sänger irritiert an und schüttelte mit dem Kopf. „Quatsch…wer sagt denn sowas?“ „Ich, weil die beschissenen Medikamente mich schon echt aufgebläht haben.“ Shinya lächelte aufmunternd. „Du siehst gut aus…“ „Danke.“ „Ich hab noch Sushi zu Hause, kommst du mit?“ Kyo zuckte mit den Schultern. „Warum nicht.“ Sie winkten den anderen dreien und machten sich auf den Weg zu Shinyas Wohnung. Kapitel 24: von Liebe und süßen Versuchungen -------------------------------------------- „Ohhh Hilfe, ich fürchte ich platze gleich…warum hast du mich nicht abgehalten?“, quengelte der Drummer und rieb sich den vollgefressenen Bauch. Von seinem Freund kam nur ein amüsiertes Kichern. „Tut mir leid, ich hab‘s versucht, aber du warst nicht aufzuhalten. Wir können ja eine Runde spazieren gehen, wenn du magst.“ Shinya zog die Stirn in Falten und warf Kyo einen verwirrten Blick zu. „Seit wann bist du denn so ein Fitnessfreak geworden?“, fragte er verwundert. „Erstens ein Freak war ich wohl schon immer und zweitens, seit ich dick bin.“ Der Schlagzeuger rollte mit den Augen. „Dick? Wo denn das bitte, hinter den Ohrläppchen? Du spinnst!“ Kyo ergriff das Sofakissen neben sich und feuerte es zielsicher in Richtung seines besten Freundes. Dieser unternahm einen kläglichen Versuch, sich zu ducken, doch zu spät. Das Kissen traf in mitten ins Gesicht. Empört schüttelte er den Kopf. „Nimm mich gefälligst ernst!“, maulte der kleine Warumono. „Tue ich doch…aber ich finde nicht, dass du dick bist…vielleicht ein bisschen fülliger…“, redete Shinya weiter, doch beim Versuch den Satz zu vollenden, wurde er unterbrochen, denn ein wütender Sänger stürzte sich mit einem weiteren Kissen auf ihn. „Füllig? Dein beschissener Ernst?“ Der Größere schaffte es gerade so den Klauen des Giftzwerges zu entkommen, sprang auf und flüchtete hinter die Sofalehne. Doch Kyo sprang mit Leichtigkeit darüber und nahm die Verfolgung auf. Der Drummer flüchtete in die Küche und suchte Schutz hinter dem Küchentisch. „Naja, mehr als sonst eben, aber nicht dick…ich mag dich, wie du bist, also jetzt hör auf und beruhig dich wieder…“, kicherte Shinya und ihm fiel es so schwer nicht gleich einen Lachanfall zu bekommen. „Shini!…Na warte“, brummte Kyo und versuchte seinen Freund um den Tisch herum zu erhaschen, doch sie bewegten sich stets im Kreis. So langsam ging den beiden auch die Puste aus. Schließlich wagte es Shinya ins Schlafzimmer zu fliehen, die Tür zuzuschlagen und fast abzuschließen. Doch eben nur fast, denn sein Sänger war schneller und stieß diese auf, warf sich auf den Drummer und beide landeten unsanft auf dem ungemachten Bett. Kyo kitzelte den Größeren, der sich mit Händen und Füßen versuchte zu wehren, was ihm unter seiner Lachattacke nicht gerade leicht fiel. „Ooookkayyy…ich ergebe mich…wenn du mich weiter kitzelst, pinkel ich mir gleich ins die Hose…oh Gott, ich kann nicht mehr…“ Kyo ließ tatsächlich von ihm ab und beobachtete seinen Freund dennoch mit Vorsicht. Shinya reichte ihm die Hand. „Frieden?“ Der Sänger schlug ein und nickte. „Wenn du das füllig zurück nimmst? Oder nenn mich doch gleich mopsig!“, grummelte der Kleinere und zog eine Schmollschnute. Shinya musste wieder mit Lachen anfangen und es half auch nichts, als er versuchte den Anflug der Belustigung zu unterdrücken, indem er sich die flache Hand auf seinen Mund presste. Kyo boxte ihn gegen seinen Arm. „Jetzt hör auf mich auszulachen! Ich will nicht dick sein…“ Nachdem er ein paar Mal Luft geschnappt hatte und sich die Tränchen aus den Augen gewischt hatte, setzte er zum Reden an. „Dann lass uns eine Runde laufen, wenn es dich glücklich macht.“   Im Park strahlte die Sonne durch das Blätterdach und wärmte die jungen Männer. Shinya legte seinen Arm um den Kleineren und es tat verdammt gut ihn nicht mehr ignorieren zu müssen, denn das hatte den Drummer viel zu viel Energie und Kraft gekostet. Drei Kinder, gefolgt von einem Jungen Paar, rannten an ihnen vorbei und schnell zog der Drummer seinen Arm weg, weil er auf andere Passanten keinen falschen Eindruck erwecken wollte. Kyo schien das nicht zu merken oder zu stören und falls doch, zeigte er das nicht. „Sag Mal…hast du irgendwann eigentlich dran gedacht eigene Kinder in die Welt zu setzen?“, fragte er seinen Freund, welcher abrupt stehen blieb und ihm diesen typischen Kyo-Blick zuwarf, als sei er von allen guten Geistern verlassen. „Dazu müsste ich erst einmal eine funktionierende Beziehung auf die Reihe bekommen…und ähm nein…hab echt keinen Bock auf so eine Miniausführung von mir, die mir den letzten Nerv raubt.“ „Manchmal denke ich, es wäre schon schön…aber ich bin mir nicht sicher…auch, ob ich auf Männer oder Frauen stehe. Den meisten Damen bin ich zu feminin“, erwiderte der braunhaarige Drummer etwas betreten. „Dann sind sie bescheuert Shin-chan…und nenn es doch eher weiche oder liebevolle Seite…es gibt eben solche Männer und solche. Lass dir nicht so einen Bullshit erzählen, ja? Und die nächste Tussi, die sowas behauptet, lade ich persönlich zum Konzert ein, dass sie dich hinter deinem Schlagzeug bewundern kann…wenn sie dann immer noch meint, du seist nicht männlich, weiß ich auch nicht.“ Ein liebevolles Lächeln huschte über das Gesicht des Drummers und er tätschelte die Schulter seines Freundes. „Hast du später Lust auf Männerabend? Mit Sake, Videospielen und ganz viel Junkfood?“ „Mh, wir haben ja morgen frei. Bald beginnt der Videodreh zu Lotus und dafür muss ich noch ein bisschen abspecken. Ich will nie wieder in ein beschissenes Krankenhaus und diese verfickten Tabletten sind auch zum Kotzen“, fluchte Kyo und Shinya warf ihm einen mitfühlenden Blick zu. „Du wirst schon wieder. Wie lang musst du die Medikamente noch nehmen?“ „Nur noch diese Woche.“ „Das ist ja überschaubar.“ Der Sänger nickte. Es begann allmählich zu tröpfeln, aber nur ganz leicht. Auf einmal hielt er an und blickte etwas gedankenverloren in die Ferne. „Shini…können wir nen Abstecher zu Kamis Grab machen? Ich hab das Gefühl, ich muss das irgendwie abschließen…“, flüsterte er schon fast reuevoll. „Klar…kann ich dich was fragen?“ „Mh“, brummte der Sänger. „Ist zwischen Juka du dir wieder alles in Ordnung?“ Wieder schwieg der Diru Vocal eine Weile und Shinya hegte schon Bedenken, er könnte dem anderen mit seiner Frage zu nahe getreten sein. Doch da räusperte sich Kyo und setzte zur Antwort an. „Ich bin nicht sicher…nach dem Brief wollte er, dass ich mit hoch komme, aber ich konnte nicht…ist wohl gesünder für uns beide, wenn wir uns nicht mehr sehen.“ Der Drummer buhlte nicht noch weiter in dieser Wunde, weil er sich denken konnte, dass sein Freund nicht erpicht darauf war noch mehr zu dem Thema preis zugeben.   Aufgeregt tigerte Daisuke in seiner Wohnung auf und ab. Ja, er hatte Toshiya ein Versprechen gegeben, doch es fiel ihm verdammt schwer nach diesem ganz Trubel mit Kyo überhaupt ans Essen zu denken. Sein Liebster meinte, dass er einkaufen wolle, um ihn zu bekochen, was ja lieb gemeint war, doch Die war sich seines Problems mehr als bewusst und konnte nicht mal eben ein drei Gänge Menü verspeisen. Sonst würde es noch mehr ausarten und die Krankheit vollends zurück kehren. Das wollte er nicht riskieren. Mit der Tür, die ins Schloss fiel, eilte er zu seinem Liebling, um ihm bei den Einkäufen zu helfen. Doch der Gitarrist war nicht bei der Sache und so glitt ihm die Tüte aus der Hand und das komplette Gemüse verteilte sich in der Küche. Glücklicherweise befand sich nichts Zerbrechliches unter den Lebensmitteln. Seine Hände zitterten und ihm entging nicht, dass er in den letzten Monaten stark abgebaut hatte. Toshiya legte seine Hand sanft auf seine Schulter. Doch als ihn diese dunkelbraunen Augen mit diesem Bambiblick einzufangen versuchten, riss er sich los. „Die…du hast mir was versprochen!“, raunte der Bassist und zog ihn in die schützende Umarmung. Sofort fühlte er sich wieder schuldig und vergrub sein Gesicht in den Haaren seines Lieblings. „Ich weiß, nur ist das nicht so einfach Tosh.“ Doch der Jüngere grinste auf einmal, als wäre im in diesem Moment die Erleuchtung des Jahrhunderts gekommen. „Gib mir eine halbe Stunde…ich werde dich schon zum Essen kriegen“, versicherte er, doch Die sah schwarz und versuchte sich stattdessen mit Rauchen auf seiner Dachterrasse abzulenken. So in Gedanken versunken entging ihm, wie die Zeit an ihm vorbei rannte. Er erhielt von seinem Freund eine Nachricht, dass er ins Wohnzimmer kommen solle. Verwirrt schüttelte er mit dem Kopf und fragte sich, weshalb er ihn nicht einfach geholt hatte. Etwas benommen vom Nikotin begab er sich wieder eine Etage tiefer. Im Wohnzimmer brannten überall Kerzen, was diesem Raum einen romantischen Touch verpasste. Doch das war bei weitem nicht alles. Im Hintergrund lief leise Musik und wo steckte Toshiya? Als sich die Augen des Gitarristen an das spärliche Licht gewöhnt hatten, suchte er den Raum nach seinem Lover ab. Da blieb er auf einmal wie angewurzelt stehen. Seine Augen weiteten sich und er blinzelte, um sicher zu gehen, dass dies kein Trugbild oder eine verrückte Spinnerei seiner Fantasie war. Auf dem Sofa lag sein Liebster. Nackt und vor ihm stand ein großes Tablett mit Leckereien. In der Luft hing noch ein lieblicher Geruch. Der Bassist grinste nur und kam zu dem verwirrten Die, nahm seine Hand und führte ihn zum Schlaraffenland. Wieder legte er sich hin, dies Mal auf den Rücken. „Auf was hast du Appetit, mein Schatz?“ Die gesellte sich nun auch auf die Couch und es kostete ihn eine Menge Selbstbeherrschung Toshiya so zu sehen. „Mh, auf dich?“, sagte er mit rauer Stimme. „Das dachte ich mir, aber daran sind leider Bedingungen geknüpft. Für jeden Kuss, den du verlangst, einen Bissen von was du willst. Jede Berührung ebenso.“ „Kann ich nicht ein bisschen an dir knabbern?“, versuchte der Gitarrist die Regeln ein letztes Mal zu ändern, doch der Bassist schüttelte mit dem Kopf. „Netter Versuch, aber nein…warte, ich hab eine Idee…“ Toshiya griff nach dem kleinen Löffel und verteilte damit Schokoklekse der Schokosauce auf seinem Oberkörper. In diese setzte er verschiedene Früchte, die er aufgeschnitten hatte. Die lief bei diesem Anblick das Wasser im Mund zusammen und ihn rührten Toshis Bemühungen. Zum Dank wollte er ihm zeigen, wie er das zu schätzen wusste und begann die Früchte aus ihrem Schokospiegel zu hapsen. Die Kombination gefiel ihm und als er alle Früchte gegessen hatte, begann er selbst seinen Liebsten mit Essen zu dekorieren. Daisuke erstaunte es selbst wohl am meisten, wie viel Freude ihm das auf einmal bereitete und dieses warme Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Er griff nach den Stäbchen und fütterte Toshiya mit Reis und Gemüse. Dabei fiel etwas auf die Brust des Bassisten, was Die sogleich vernaschte. Zufrieden mit sich schob Toshi das Tablett beiseite. „Wow, ich bin überwältigt…“, flüsterte der Ältere und stibitzte sich einen Kuss. „Ich sag doch, ich sorge dafür, dass du was isst…bekomme ich jetzt meine Belohnung?“, fragte er ein bisschen frech und es war klar, dass die Belohnung nichts mit Essen zu tun hatte. Zumindest nicht im wörtlichen Sinne. Lüstern streifte der Gitarrist sein Shirt über den Kopf. „Oh ja, Baby…du, mein wundervoller Schatz…womit beginnen wir?“ Toshiya zuckte etwas schüchtern mit den Schultern, da beugte sich Die schon zu ihm herab und verwickelte ihn in einen Kuss. Zu süß schmeckte der anderen nach Früchten und Schokolade, daran könnte sich Toshiya gewöhnen. Auf einmal merkte er etwas Kühles auf seiner Haut . Die hatte sich die Sahne geschnappt und verteilte diese großzügig auf dem Körper seines Liebsten und leckte diese anschließend ab. Dabei verfehlte er sein eigentliches Ziel selbstverständlich nicht, nämlich Toshi ein bisschen in den Wahnsinn zu treiben, denn der Gitarrist hatte die Schlagsahne bewusst an eher empfindsamen Stellen seines Schatzes verteilt. So stöhnte dieser regelrecht auf, als er über seine Schenkelinnenseite leckte und zaghaft mit den Zähnen an der weichen Haut seines Bassisten knabberte. Toshiya wand sich unter Die und seine Erregung wuchs noch mehr, als ihn sein Gitarrist dort verwöhnte. Er räkelte sich seinem Schatz entgegen und verlangte nach Mehr. Als sich Die aufsetzte, seine Hände an seinen Hosenbund legten und diese aufknöpfte, leckte sich Toshiya über die Lippen. Da die Haare seines schönen Mannes schon wieder erheblich an Länge gewonnen hatten, fielen ihm diese leicht verrucht über die Schulter. Mit seinen eigenen Händen streichelte er die Wölbung in Dies Hose, worauf dieser seinen Kopf nach hinten warf und diese Berührung mit einem lustvollen Stöhnen quittierte. Endlich entledigte er sich diesem lästigen Stück Stoff und lag nun in seiner vollen Pracht auf dem Bassisten. Wieder fanden ihre Lippen zueinander und das heiße Zungengefecht begann von vorne. Toshiya schmeckte jetzt nicht nur Früchte, sondern auch sich selbst auf Dies Zunge. „Mhhh…“, kam es von beiden und der Gitarrist näherte sich langsam intimeren Sphären seines Liebsten, verschmolz mit dessen Körper und fühlte sich auf einmal wieder so vollkommen. Sie bewegten sich im Einklang und mittlerweile verstanden sie die Körpersprache des anderen, konnten sich auch ohne Worte lesen und den anderen blind verstehen. Toshiya, dem dieses Spielchen mit dem Essen zuvor schon mächtig eingeheizt hatte, verlor sich in seinem Universum. Noch nie zuvor hatte es jemand geschafft, dass er sich so bedingungslos einem anderen Menschen hingab. Immer hatte er sich davor gescheut, aus Angst er könnte etwas falsch machen. Doch Die entführte ihn in ganz andere Welten und er liebte es dort zu sein. Eine Welt fern von allem, was er bisher kennengelernt hatte, farbenfroher und so voller purer Leidenschaft. Denn das war sein Die- die pure Leidenschaft. Eine zuckersüße Versuchung, der er nie wieder widerstehen wollte. Vor seinem inneren Auge tanzten verschwommene Bilder, die ihm wohl eher durch sein Unterbewusstsein hervorgerufen wurden. Sein wunderschöner Gitarrist auf der Bühne, doch sie waren alleine und Die näherte sich seinem Bassisten. Sie spielten gemeinsam, harmonierten miteinander, spornten sich gegenseitig an und tauschten hin und wieder Küsse aus. Die rauen Hände des Diru Gitarristen griffen nach den Armen seines Bassisten, dessen Muskeln sich anspannten und den Älteren verliebt grinsen ließen. Wo auch immer sich Toshiya gerade befand, er sah dabei so unglaublich schön aus, dass Daisuke gar nicht anders konnte, als seinen Liebsten zu küssen. Das gab ihm dann noch den erlösenden Kick, weil er einfach nicht genug von den Lippen seines Bassisten bekommen konnte. Dieser bäumte sich unter ihm ein letztes Mal auf und gab sich seiner Leidenschaft hin. Die griff etwas benommen nach einem Taschentuch und säuberte seinen Freund einigermaßen. Ließ es sich dabei nicht nehmen seine Finger über Toshis von einem leichten Schweißfilm überzogenen Körper zu streicheln. Dieser öffnete allmählich seine Lider und kehrte langsam in die Realität zurück. Dort empfing ihn ein grinsender Die und der Bassist erwiderte es. Erschöpft sank der Kopf des Gitarristen auf die Brust seines Schatzes, welcher ihn behutsam im Nacken kraulte. „Ich hab das Gefühl, es wird immer besser…“, meldete sich Toshiya endlich zu Wort, als sein Gehirn langsam wieder zu denken begann. „Das stimmt…und du bist so unglaublich schön Tosh…ich liebe dich…auch dafür, dass du dir solche Mühe mit mir gibst.“ Der Angesprochene schluckte schwer, denn auf einmal hing dieses Problem wieder in der Luft. Doch nach heute hatte er neue Hoffnung geschöpft. „Ich versuche mein Bestes…“ „Weißt du was jetzt toll wäre?“, fragte Die mit einem süffisanten Lächeln, wobei sich  einer seiner Mundwinkel mehr nach oben zog als der andere. „Nein, was denn?“ „Eine Badewanne voller Eiswürfel oder ein Pool…“ „Oder gleich ein Einhorn?“, lachte Toshiya. „Mach dich nur lustig“, grummelte der Gitarrist. „Das wäre zu schön, aber leider können wir nicht alles haben mein Liebling…da muss wohl eine kalte Dusche genügen. Kommst du mit?“ Die nickte und zog seinen Liebsten hoch, um ihn ins Badezimmer zu geleiten. Kapitel 25: Freunde kann man wählen, Familie nicht -------------------------------------------------- Etwa ein Jahr später:   Kyo hatte sich von den Strapazen der letzten Monate ganz gut erholt und es gab zwei Dinge, die er tatsächlich daraus gelernt hatte. Mit seinen Problemen und sind sie noch so banal, würde er jetzt immer Rat bei seinen Freunden suchen. Seine Freunde, die für den Sänger eher Familie waren als seine eigentliche Familie. Bis zur nächsten anstehenden Tour blieb ihnen eine Woche Auszeit, die alle der Jungs nutzten, um Zeit mit ihren Liebsten zu verbringen. Alle bis auf Kyo. Er genoss das Alleinsein. Nicht, dass er gern mit sich allein war, doch nervte ihn der Trubel und unnütze Gespräche noch mehr. Während der letzten Proben hatte er viele Unterhaltungen mit seiner Band geführt und ihnen auch deutlich gemacht, dass er nach wie vor nicht mochte im Rampenlicht zu stehen, es sei denn er performte auf der Bühne. Das war etwas anderes. Nein, ihm kamen da anstehende Meetings und Interviews in den Sinn, denen er lieber aus dem Weg ging. Und zum Glück akzeptierten seine Freunde diesen Wunsch. Natürlich wollte er sich nicht ganz aus diesem Metier ziehen, nur eben wenn es nicht zwingend vonnöten war. Kyo fuhr sich durch die blonden, viel zu langen zotteligen Haare. Die Frisur gefiel ihm so gar nicht mehr und er beschloss, es war mal wieder Zeit für eine Veränderung. Und da er einen Friseurbesuch genauso viel mochte wie bei einem Interview Rede und Antwort zu stehen, nämlich gar nicht, legte er nun selbst Hand an. Unachtsam zog er sein Shirt aus und warf es achtlos auf den Wäschehaufen neben der Maschine. Mit einer Schere, die mehr oder minder dafür geeignete war um Haare zu schneiden, kürzte er das Deckhaar grob. Den Rest würde der Haartrimmer erledigen müssen. Seine blonde Mähne fiel neben ihm auf den gefliesten Badezimmerboden. Nun stellte er den Trimmer auf 3 Millimeter und begann fein säuberlich über seinen Kopf zu rasieren. Das Endergebnis stimmte ihn mehr als zufrieden. Mit dem Föhn blies er kleine Härchen weg, fegte alles zusammen und sprang kurz unter die Dusche. Kyo schlüpfte in eine bequeme Hose, kramte seine Zigaretten aus der Jeans von gestern und ging auf die Terrasse, um eine zu rauchen. Genüsslich zog er an dem Glimmstängel und verfolgte den Rauch, der nach oben stieg und sich schließlich in Luft auflöste. Dann schaute er an sich herab und stellte auch dieses Mal erleichtert fest, dass seine Figur wieder ihre frühere Form zurückerlangt hatte. Vielleicht noch ein bisschen muskulöser. Diese Medikamente und das Zunehmen waren für den Sänger sehr schlimm gewesen, denn sein Körper war ihm mehr als heilig. Schließlich präsentierte er sich vor aller Welt und wer wollte schon einen fetten Sänger haben, der keuchend und schnaubend auf der Bühne dahinvegetierte? Bei diesem Gedanke schüttelte er sich. Ein absolutes no-Go. Kyo mochte sich sogar wieder ein bisschen und er hatte seinen Freunden tatsächlich ein weiteres Versprechen gegeben- keine Selbstverletzung mehr. Das war er ihnen schuldig. Er überlegte, was er die nächsten Tage noch anstellen könnte. Wäsche waschen erschien ihm sinnvoll. Einkaufen konnte er auf seiner imaginären To-Do List schon abhaken. Viel benötigte er die Tage ohnehin nicht mehr, sonst müsste er wieder essen wegwerfen und das mochte der Sänger nicht. Kyo drückte die aufgerauchte Zigarette im Ascher aus und sein Weg führte ihn in sein Musikzimmer. Dort lagen auf dem Schreibtisch ein paar neue Texte, die aus den tiefen seiner Seele entsprungen waren. Der Inhalt? Immer dasselbe. Dunkelheit, Hass und Verzweiflung. Naja, nicht nur. Auch seine Kritik an der Menschheit kam immer öfter zum Ausdruck. Das sich niemand mehr um andere kümmerte, sondern jeder um sich selbst. Man vergaß schon fast wie sich zwischenmenschliche Nähe oder Vertrauen anfühlte. Ebenso gab es immer weniger intensive Freundschaften, weil den Menschen die Zeit zur Pflege von Freundschaften fehlte. Nur noch die Arbeit und das Geld zählten. Irgendwie traurig. Aber war Kyo anders? Auch er lebte nahezu nur für seinen Job. Doch Menschen mit seiner Musik zu begeistern erschien ihm etwas anderes zu sein. Immerhin schaffte es Musik andere zu berühren. Bevor er jetzt weiter vor sich hin grübelte, schlüpfte er in seine schwarze Joggingjacke und begab sich in den Proberaum. Auch die von Hand geschriebenen Zettel sowie seinen Laptop packte er ein. Den Reisverschluss zog er bis zur Hälfte nach oben. Die letzten Proben hatten den Sänger schon fast über motiviert und er konnte es kaum erwarten wieder auf der Bühne zu stehen. Dem einzigen Ort, wo er sich wirklich traute, frei zu sein. Er selbst zu sein. Als Kyo seine Hände um das Mikrofon legte und mit singen anfing, dauert es nicht lange, bis er sich darin verlor. Lieder, die sie auf der Setlist hatten und, die er Inn und auswendig beherrschte, gab er noch den letzten Schliff. Spielte mit seiner Stimme und bastelte hier und da herum. Und auf einmal spürte er etwas, das er schon so lange nicht mehr gefühlt hatte. Die Dunkelheit schien sich langsam wieder zu zeigen. Schon fast etwas schüchtern kroch sie aus dem Innersten seiner Seele empor, als fürchtete sie sich vor ihm. Bei diesem Gedanken musste der Sänger unweigerlich grinsen. Und plötzlich traf ihn die vielleicht wichtigste Erkenntnis seines Lebens. Die Dunkelheit in ihm würde wohl immer existieren, doch anstatt sich von ihr einlullen zu lassen, könnte er auch versuchen mit ihr zu harmonieren. Und genau das tat er dann. Er ließ das kleine Ungeheuer frei und augenblicklich wurde er in einen tranceähnlichen Zustand versetzt. Doch nicht wie sonst engte ihn das ein, nein, dieses Mal verlieh ihm dieser Zustand Kraft. Noch immer war Kyo Herr seiner Sinne und das beeindruckte ihn sehr. Mehrere Mal sang er seine Stücke und vor allem Lotus tat es ihm an. Er spielte mit seiner Stimme und holte mehr aus ihr heraus, als jemals zuvor. Mit dem Handrücken wischte er sich über die leicht verschwitzte Stirn. Ein Klatschen holte in wieder zurück in die Realität. „Wow…mal was Neues“, lobte ihn sein Leader. „Meinst du meine Frisur oder den Gesang?“, witzelte Kyo. „Mh, irgendwie beides…nein ohne Scheiß, das war gerade echt beeindruckend…mehr als sonst.“ Der Sänger ließ sich in dem abgewetzten Sessel nieder, hängte seine Füße über die Lehne und zündete sich eine Zigarette an. Kaoru tat es ihm gleich. „Wie lang bist du schon hier?“ Kyo zuckte mit den Schultern. „Um ehrlich zu sein, keine Ahnung…nur ist mir heute Vormittag die Decke auf den Kopf gefallen und da bin ich zum Proberaum gefahren.“ Der Leader schaute seinen Freund ein bisschen entgeistert an. „Oha…jetzt haben wir fast Abend…hast du zwischendurch was gegessen?“ Kyo verneinte die Frage. „Mh. Hast du Lust was essen zu gehen?“ „Oh ja bitte, ich sterbe vor Hunger. Aber wie wäre es, wenn wir uns was holen und hier essen? Du weißt schon, Menschen und so…“ Kaoru war einverstanden und so schlenderten die beiden zu einem Imbiss in der Nähe, holten sich einen Snack und kehrten in den Proberaum zurück. Zunächst aßen sie schweigend voreinander hin und zufriedenes Schmatzen war das einzige Geräusch im Raum. Naja, wenn man das Ticken der Uhr außer Acht ließ. Satt und zufrieden knüllte Kaoru das Papier zusammen und brachte es zum Mülleimer. Kyo tat es ihm gleich, holte sich noch eine Flasche Wasser und beschloss vor dem Proberaum eine Zigarette zu rauchen. Sein Freund folgte ihm. „Bist du gar nicht bei Zero?“, erkundigte sich der Sänger. Sein Leader schüttelte mit dem Kopf. „Nee…er ist irgendwie gerade komisch, weil wir schon wieder auf Tour gehen und ich angeblich zu wenig Zeit für ihn habe.“ „Deshalb führe ich keine Beziehung…sowas stört nur…“ Kaoru seufzte und sein Blick wanderte hinauf zu den Sternen. „Aber es kann auch schön sein…man ist füreinander da…“ Kyo schnaubte und der Leader hielt inne. „Klar…ich halt trotzdem nicht viel davon…genieße dein Glück nur verschone mich bitte mit Details…“, fuhr er den anderen jetzt sichtlich genervt an. „Tut mir leid…ich wollte dich nicht nerven…“, entschuldigte sich Kaoru. All das wurde dem Sänger schon wieder zu viel. Er kehrte zurück in den Proberaum, packte seine sieben Sachen zusammen und verabschiedete sich von seinem Freund.   Die Autotür schlug mit einem lauteren Knall als beabsichtigt hinter ihm zu und er atmete tief durch. Dann drehte er den Schlüssel rum und das Motorengeräusch ertönte. Kyo wollte nicht nach Hause fahren, denn dort würde er durchdrehen, wieder zu viel nachdenken. Doch ohne zu wissen, wohin er fahren wollte, schien ihm sein Instinkt diese Entscheidung bereits abgenommen zu haben, denn er befand sich auf der Schnellstraße aus der Stadt raus. Ab und zu blendeten ihn die Scheinwerfer des Gegenverkehrs ins Gesicht und er kniff die Augen zusammen. Sein Weg führte ihn nach Osaka und als er sein Auto vor dem Haus parkte, überlegte er, ob das wirklich so eine gute Idee war. Jetzt nur nicht kneifen, dachte er bei sich. Kyo schloss sein Fahrzeug ab und näherte sich fast wie ein Eindringling langsam dem Haus, in welchem sogar noch Licht brannte. Die Klingel hallte im Flur und es folgten schnelle Schritte. Die Tür wurde aufgerissen. „Niichan? Was machst du denn hier?“, fragte das leicht verwirrte Mädchen. „Hana…ich dachte ich komm dich besuchen…“, antwortete er seiner kleinen Schwester, die ihn noch immer etwas verdutzt anschaute und erst jetzt fiel ihm auf, dass sie vermutlich sowas wie einen Pyjama trug. Seine Mundwinkel zuckten amüsiert. „Oder störe ich bei deiner Pyjamaparty?“ „Ähm…nein, eigentlich nicht…das heißt, es sind zwei Freundinnen zum Filmeabend da, aber bleib doch…“ „Nur, wenn es wirklich nicht stört.“ „Kyo-chan, jetzt komm einfach rein“, gab das Mädchen schon fast genervt zurück und jeden anderen hätte Kyo tödliche Blicke zugeworfen, wenn er ihn bei diesem Namen nannte, nicht aber Hana. Sie führte ihn in ihr kleines, aber gemütliches Wohnzimmer, wo noch zwei andere Mädchen auf Matratzen auf dem Boden hockten. Überall lagen verstreut die Überreste von Süßigkeiten und inmitten der Mädels stand eine bis zum Rand gefüllte Schüssel mit Popcorn. Kyo winkte in die Runde und die beiden schauten den Sänger etwas irritiert an. „Mei, Yui…das ist mein Bruder Kyo.“ Noch immer ruhten zwei Augenpaare auf dem Sänger, doch die Lippen der an Angesprochenen blieben stumm. Deshalb setzte sich der Sänger einfach dazu und lehnte sich an der Wand an. „Was schauen wir überhaupt?“, fragte er. „Gerade haben wir überlegt, entweder das wandelnde Schloss oder Prinzessin Mononoke. Was meinst du?“ „Das wandelnde Schloss. Kenn ich tatsächlich noch nicht.“ Erst jetzt bemerkte Kyo die leeren Sektflaschen der Damen. Scheinbar hatten sie schon ihren Spaß gehabt. Hana legte den Film ein und die vier rückten ein bisschen zusammen. Das Mädchen machte es sich zwischen Kyos Beinen bequem und lehnte sich an ihn. Ob bewusst oder unbewusst fanden sich die Hände der Geschwister und Hana genoss die Nähe ihres großen Bruders. Was auch immer er in den letzten Monaten wieder getrieben hatte, irgendwie wirkte er noch abwesender als sonst. Ihre Anrufe oder Nachrichten schien er zu ignorieren oder hatte er sie abgehört? War er deshalb hier? Hana konnte sich kaum auf den Film konzentrieren, weil ihr schon wieder hunderte von Fragen im Kopf umher schwirrten. Sie liebte Kyo, keine Frage, doch es machte ihr auch zu schaffen, dass er so selten etwas von sich hören ließ. Rockstar hin oder her. Und dann das Medientheater der letzten Monate, angeblich zog sich Dir en Grey zurück, weil es Probleme gab. Doch welche Art von Problemen? Und hatten diese etwas mit ihrem Bruder zu tun? Yui schob ihr einen Zettel zu, den Kyo über ihre Schulter hinweg auch mitlas. Er grinste und wand seinen Blick dem Mädchen zu. „Ja, ich bin der Kyo. Und ja, ich bin der Sänger von Dir en Grey. Aber ich hasse es Bilder mit irgendwelchen Fangirlies zu machen.“ „Nicht mal für uns? Immerhin hocken wir hier im Pyjama.“ Kyo lachte ein bisschen und ließ sich schließlich zu einem Bild mit den Mädels breit schlagen. „Aber wehe ich finde das irgendwo im Internet“, sagte er bestimmend und die Botschaft dahinter kam an. Hana freute sich, dass ihr großer Bruder so nett zu ihren Freundinnen war. Schließlich dösten die beiden neben ihnen weg, doch von Gedanken geplagt fand Hana keinen Schlaf. Sie drehte sich um und schaute ihren Bruder an. „Geht es dir gut?“, fragte sie schließlich vorsichtig und ein sanftes Lächeln schlich sich auf sein sonst so ernstes Gesicht. „Schätze schon. Hatte schon schlimmere Tage. Wieder zögerte das Mädchen und nahm Kyos Hand, strich über die Tätowierung dort und versuchte zu entziffern, was da geschrieben stand. „Das meine ich nicht…was ist an den Geschichten dran, die vor nicht all zu langer Zeit durch die Medien kursierten?“ Ihr Bruder zuckte nur mit den Schultern. „Keine Geschichten…es ist alles wahr. Ich war ne Weile im Krankenhaus, durfte nicht reden, aber jetzt ist alles wieder okay.“ Mit einer Mischung aus Empörung und Enttäuschung schaute Hana ihren Bruder an. Sie sprang auf und er folgte ihr. „Und du denkst nicht Mal dran uns Bescheid zu sagen? Ich meine, du warst im Krankenhaus…verdammt Kyo…“, fluchte Hana und funkelte den Älteren wütend an. „Ich wollte, dass es so wenig wie möglich Leute mitbekommen. Es war schon kritisch unserem Management zu erklären, was passiert ist…und ich wollte euch da nicht mit rein ziehen…“ „Es wäre ja auch so unnormal…und ich dachte wir sind eine Familie…“ Der Sänger seufzte tief und machte sich zum Gehen bereit. „Und trotzdem kann immer noch ich entscheiden, wen ich mit meinen Problemen belaste und wen nicht!“, fauchte er zurück. „Willst du jetzt ernsthaft noch zurückfahren?“ „Ich hab halt keine Lust morgen aufzuwachen und von deinen Freundinnen wie ein Affe im Zoo begafft zu werden.“ Hana war den Tränen nahe, denn sie hatte das Gefühl ihr Bruder entglitt ihr immer mehr. „Weißt du, manchmal würde ich mir wünschen, dass es Dir en Grey nicht geben würde…vielleicht wärst du dann öfter bei uns…“ Den Kommentar, der so eben durch seinen Kopf schoss, schluckte der Sänger mit einem bitteren Beigeschmack wieder runter. „Grüß Akira von mir. Vielleicht sehen wir uns nach der Tour.“ Er umarmte seine Schwester noch und verschwand dann. Schneller als er sollte, fuhr er zurück nach Hause und bereute es, wie fast jedes Mal, seine Familie besucht zu haben. Die dunkle Nacht rauschte an ihm vorbei und als sein Tacho schon fast 200 kmh anzeigte, drosselte er das Tempo. Kyo fuhr links ran, wo ein Feldweg in ein kleines Wäldchen führte. Diesen konnte er zwar gerade nicht sehen, doch er kannte die Strecke nur zu gut. Seine Finger umklammerten das Lenkrad und sein Kopf sank dazwischen. Hana wünschte sich also, dass es seine Band nicht geben würde. Doch ohne Dir en Grey würde er niemals existieren können. Er liebte seine Band, weshalb also hegte seine kleine Schwester solche Gedanken? Immer endeten diese Begegnungen mit Drama. Drama, welches Kyo auch gut und gern gestohlen bleiben konnte. Und Hanas Worte trafen ihn zu sehr und er schaffte es nicht rechtzeitig die Zugbrücke seiner Festung einzuholen. Zu schnell prasselten die Worte und die damit verbundenen Gefühle erneut auf den Sänger ein. Seine Finger krallten sich fester ins Lenkrad und sein Herz raste vor Verzweiflung. Wie sollte er in diesem Zustand heil zu Hause ankommen? Heiße Tränen benetzten seine Wangen und er beschloss frische Luft zu schnappen. Vielleicht half das. Und eine Zigarette. Er setzte sich auf die Motorhaube und blickte erneut zu den Sternen empor. Langsam ließ er sich auf den Rücken sinken und überkreuzte seine Beine. Durch die Fahrt gab der Motor noch immer Wärme ab, die sich unter ihm ausbreitete. Immer wieder versuchte er einen Schritt in die richtige Richtung und immer scheiterte er. Wie frustrierend das langsam wurde. Genau aus diesem Grund hielt er sich von seiner Familie fern, denn wieder und wieder schafften sie es, ich zu verletzen. Für Hana und Akira war er doch nur noch gut genug, um vor ihren Freunden zu prahlen, dass sie mit dem Sänger von Dir en Grey verwandt waren. Doch Kyo wollte kein dummes Vorzeige-Idol sein, mit dem man sich brüstet. Er war doch auch noch Kyo, der eben neben der Musik existierte. Zählte das denn gar nicht mehr? Wie gerne wäre er Hana und Akira ein liebevoller großer Bruder, wenn sie ihn nur ließen. Aber für die beiden zählte nur seine Berühmtheit. Der Mensch, mit dem sie angeben konnten. Nur eine Spielfigur und Kyo wollte mehr als das sein. Wenn jemand das Recht darauf hatte, ihn als Spielfigur zu missbrauchen, dann war das immer noch er selbst. Und das in einem Spiel, dessen Regeln er bestimmte. Der Sänger widerstand dem Drang seine Nägel in seine Haut krallen, denn dieses Versprechen wollte er nicht brechen. Für kein Geld der Welt wollte er die vier Menschen, die ihm alles bedeuteten ein weiteres Mal enttäuschen. Seine vier Liebsten, die ihn kannten, ihn ertrugen, ja ihn sogar tolerierten und ihn dennoch liebten. Dieser eine Gedanke in der dunklen Nacht war so wunderschön und so herzzerreißend, dass es den Sänger niederschmetterte und er sich seinen Gefühlen ergab. Und dann wusste er, was zu tun war. Er tippte in Rekordgeschwindigkeit vier Nachrichten in sein Handy, stieg wieder zurück in sein Auto und fuhr los. Konnte es kaum erwarten endlich nach Hause zu kommen. Ein verhaltenes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er sah, dass in seinem Haus Licht brannte. Der Sänger beeilte sich. Seine Handyuhr verriet ihm, dass es mittlerweile zwei Uhr war und doch schienen alle da zu sein. Sein Herz vollführte Freudensprünge und er stürmte ins Wohnzimmer, wo seine Freunde bereits auf ihn warteten. Etwas benommen von dem Rausch seiner Gefühle stolperte er zum Sofa, wischte sich erneut die Tränen weg und versuchte alle auf einmal zu umarmen. Kaoru holte den Sake mit den Schälchen und stellte dieses in die Mitte ihres kleinen Sitzkreises. Kyo musterte jeden seiner Jungs einzeln und versuchte dankend zu lächeln. „Ich hoffe es gibt einen guten Grund, weshalb du uns um diese Uhrzeit zu dir bestellst!“, murrte kein anderer als der Leader und reichte jedem Sake. Etwas verlegen zuckte Kyo mit den Schultern. „Den gibt es leider nicht…ich wollte euch einfach sehen, das ist alles…“, antwortete er ehrlich und etwas erstaunt musterten ihn seine Freunde. Er erhob sein Glas und prostete den Jungs zu. „Auf die besten Freunde der Welt“, sagte er wieder und alle tranken. „Du wolltest uns sehen? Einfach so? Obwohl du uns in ein paar Tagen für knapp zwei Monate an der Backe hast?“, warf Die etwas verwirrt ein. „Ich hab euch ziemlich gern um mich, auch wenn du mir manchmal tierisch auf die Nerven gehst Dai Dai.“ „Shin-chan, fühl Mal, ob Kyo Fieber hat…“, meldete sich nun auch der Bassist zu Wort und der zierliche Drummer gehorchte. Kyo schob dessen Arm jedoch beiseite. „Lass den Mist, mir geht es gut…jetzt zumindest…ich dachte, ich besuch Hana mal wieder…doch das endete nicht gut, wie immer. Meine Familie ist und bleibt beschissen…aber ich hab euch und ihr seid da, obwohl es mitten in der Nacht ist. Ihr seid echt ne ziemlich schräge Truppe.“ „Wenn unser Sänger nach uns verlangt, folgen wir seinem Ruf!“, erklärte Kaoru leicht theatralisch und nun musste Kyo lachen. „Und ihr habt gewaltig einen an der Waffel…schätze deshalb hab ich euch so gern.“ Er rauchte noch eine letzte Zigarette auf dem Balkon. Sein liebster Freund folgte ihm und legte seine Arme von hinten um den Kleineren. Ein kaum hörbares Kichern entfuhr dem Drummer. Er konnte nicht anders und drückte seinem Sänger einen Kuss auf die Wange. „Danke…“, flüsterte er. „Wofür? Dass ich euch mitten in der Nacht völlig grundlos zu mir bestelle?“ Shinya nickte. „Und dafür, dass du uns vertraust.“ „Wenn nicht euch, wem denn dann Shin-chan?“ „Oh du bist so süß Kyolein…darf ich bei dir im Bett schlafen?“ Ein Grummeln entfuhr dem Sänger, doch er verkniff sich den Kommentar.   Kapitel 26: Epilog ------------------ Heute war Kamis Todestag und wie jedes Jahr brachte ihm Kyo Blumen ans Grab. Und nach wie vor, obwohl inzwischen neun Jahre vergangen waren, ging dem Sänger dieser Tag noch immer sehr nahe. Seine Freunde wussten, dass er in diesen 24 Stunden in Ruhe gelassen werden wollte. Doch heute fühlte sich Kyo besonders schlecht. Der Gedanke oder die Überreste davon riefen diesen unerträglichen Schmerz hervor. Mit letzter Kraft erreichte er eine kleine verrauchte Bar und hielt Ausschau nach einem freien Tisch. Alles belegt, nur ganz vorne, nahe der kleinen Empore, die wohl als Bühne fungierte, erblickte der Sänger einen unbesetzten Tisch. Zwar stand dort noch ein Glas, doch dieses war bereits leer, also kämpfte er sich durch und nahm platz. Einer der Gäste wies ihn darauf hin, dass er seine Bestellung an der Bar aufgeben müsse. Genervt rollte der Sänger mit den Augen, erhob sich erneut und holte sich ein Bier. Auf der kleinen Bühne tat sich auf einmal etwas. Ein junger Typ mit Gitarre bewaffnet kündigte sich an. Kyo verstand seinen Namen nicht und ihm war auch völlig egal, wer da spielte. Konnte ja nichts Besonderes sein, wenn er in einem Schuppen wie diesem hier auftrat. Viel zu schnell leerte der Sänger sein Glas und bestellte sich ein weiteres Bier. Seine Laune sank auch weiterhin und einem blondhaariger Schnösel, der es schon wagen wollte, sich mit zu ihm zu setzen, feuerte er vernichtende Blicke entgegen. Auf einmal hielt Kyo inne und lauschte. Hatten die Helden endlich Mal den Sender gewechselt und auf gute Musik gestellt? Das war doch schon viel entspannter. Doch Moment, die Musik kam von der Bühne und diesem Jungsprun, der dort mit seiner Gitarre saß und sang. Spielte der ernsthaft live? Kyo musste sich eingestehen, dass ihm gefiel, was er sah oder auch hörte. Auch wenn der Junge einen recht weiten Hoodie trug, konnte man seine eher schmächtige Gestalt darunter erahnen. Seine schlanken Finger zupften die Saiten des Instrumentes, als hätte er nie etwas anderes getan. Außerdem gefiel Kyo diese Stimme. So klar und voller Emotionen. Das berührte den Sänger.   Auch die nächsten Tage besuchte Kyo die Bar wieder. Doch nicht, weil ihm das Bier dort so gemundet hatte, nein. Der Grund war der junge Musiker, der ihm seit gestern nicht mehr aus dem Kopf ging. Irgendetwas faszinierte Kyo an diesem jungen Mann. Ein bisschen enttäuscht wollte er diese Spelunke schon wieder verlassen, als er den anderen Mann an der Bar ausmachte. Gerade kippte er den Rest seines Bieres runter und nahm seinen Platz auf der Bühne wieder ein. Fasziniert beobachtete er den Jungen und hin und wieder trafen sich ihre Blicke. Kyo durchfuhr ein leichter Schauer, doch dieses Gefühl ignorierte er gekonnt. Nach dem Konzert zog sich der junge Musiker an der Bar zurück und kippte dort seinen Kurzen runter, als wäre es Wasser und nahm einen Schluck von seinem Bier. Er zündete sich eine Zigarette an und rauchte vor sich hin. Keiner der Gäste schien das, was er hier ablieferte zu würdigen. Warum tat er das überhaupt? Ein so talentierter Musiker hatte es doch nicht nötig in einer Bar wie dieser zu spielen. Ein bisschen schwankend bewegte sich Kyo in die Richtung des Jüngeren. Dieser schien ihn gar nicht zu bemerken. Kyo stand eine Weile hinter ihm und nicht zum ersten Mal fielen dem Sänger die kleinen Narben an den Armen des Jungen auf. Der Dir en Grey Sänger wusste nur zu gut, woher diese stammten. „Du könntest mehr aus deiner Stimme holen, wenn du dich anstrengen würdest“, flüsterte Kyo dem anderen Musiker zu und verschwand.   So verhielt es seine ganze Weile. Der Sänger suchte die Bar auf, um den jungen Musiker zu bewundern, betrank sich dabei und verschwand wieder. Nur Shinya hatte er davon erzählt und Kyo schrieb mit seinem Drummer während er der Musik lauschte. Mit jedem Bier wurden seine Nachrichten an Shinya schwammiger, bis dieser plötzlich auftauchte und Kyo zum Gehen bewegen wollte. Doch der Sänger wehrte sich und wollte bleiben. Sein Freund rollte leicht genervt mit den Augen. „Aber erwarte nicht, dass ich dich später einsammle“, fauchte er den Trunkenbold wirsch an und verschwand tatsächlich aus der verrauchten Bar. Der Sänger verlor irgendwann das Gefühl für Zeit. Nur sein berauschter Zustand, dem er dem Alkohol zu verdanken hatte, nagelte ihn hier fest. Dabei sehnte er sich doch nach seinem Bett. Sein Kopf hatte mittlerweile Bekanntschaft mit dem Tisch gemacht und immer wieder fielen ihm die Augen zu. Warum kam er bloß noch hier her? Eigentlich widerten ihn andere Menschen und solche Drecklöcher von Bar doch regelrecht an. Auf einmal packte ihn jemand unsanft am Arm und zog ihn hoch. Super, jetzt wurde er auch noch aus der Bar geschmissen. Kyo schaffte es irgendwie in seine Jacke zu kommen. „Wo wohnst’n du?“, fragte ihn jemand und als der Sänger sich umblickte, sah er in die dunklen Augen des jungen Musikers. Mit einem Lallen beantwortete Kyo die Frage und wurde sogleich in ein Taxi befördert. Während der Fahrt nickte er immer wieder ein. Wenn er denn Mal wach war, versuchte er gegen diesen Schwindel in seinem Kopf anzukämpfen. Irgendwann hatten sie dann wohl ihr Ziel erreicht. Der Sänger stieg mit Mühe aus dem Wagen und schaffte es mit noch größerer Mühe seinen Schlüssel endlich aus der Hose zu kramen und die Tür aufzusperren. Der Typ folgte ihm aus unerklärlichen Gründen. Das würde vermutlich kein gutes Ende nehmen, denn nicht zum ersten Mal fiel Kyo auf, dass er den anderen mehr als attraktiv fand. Seit Ewigkeiten empfand er wieder Lust für eine andere Person. Und sein Kopf schien auf einmal wie leergefegt. Ohne Verstand, der ihm hätte reinreden können. Der Sänger ging auf den Jüngeren zu und ließ seine Hände unter dessen Shirt gleiten. Doch sogleich stieß er ihn von sich. „Du solltest besser deinen Rausch ausschlafen“ „Schlafen wird überbewertet. Außerdem gibt es Dinge, die ich jetzt viel lieber tun würde“ „Aber du kennst mich doch gar nicht…“ „Na umso besser. Für Beziehungen und Liebe habe ich eh nicht viel übrig“, wisperte ihm Kyo zu. Diese Aussage schien ihn irgendwie zu irritieren, denn wieder spannten sich die Muskeln seines Körpers an. „Ich sollte besser gehen“, versuchte er es erneut ohne sich aus Kyos Umarmung zu lösen. So lange hatte es der Sänger geschafft standhaft zu bleiben und konnte der Versuchung widerstehen, doch bei ihm schien das unmöglich zu sein. Dieser Mann zog den Sänger förmlich in seinen Bann und er ahnte, dass hinter dieser Fassade viele Geheimnisse schlummerten. Sollte er ihn nach seinem Namen fragen oder würde das den Zauber zerstören? Kyo schob ihm das Shirt über den Kopf und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass ihn dieser Anblick anzog und dennoch spürte er diesen kurzen Stich in seinem Herzen. Er fing den Blick des anderen kurz ein und las darin soviel Trauer und Unsicherheit. Vorsichtig berührte er die kleinen Narben auf seiner Brust und am liebsten würde er fragen, warum er das tat. Auch am Bauch, direkt unter den Rippen zierten diesen zierlichen wunderschönen Körper Male der Selbstzerstörung. Kyo schluckte heftig und er wusste nicht mal selbst, weshalb ihm das so nahe ging, denn schließlich kannte er den anderen Mann nicht. Trotzdem tat es so gut ihn zu umarmen, seine Wärme zu spüren und den immer schneller werden Schlag seines Herzens. Ob er ihn erkannt hatte? Kyo konnte nicht anders und ergab sich diesem Gefühl. Er küsste dieses wundervolle Geschöpf entlang des Halses und so allmählich entspannte sich der Jüngere. Auch seine Hände begaben sich jetzt auf Wanderschaft und befreiten Kyo von seinem Shirt. Die leicht rauen Hände auf seinem nackten Oberkörper raubten dem Dir en Grey Sänger beinahe den Verstand und er zog den Schwarzhaarigen hoch und trug ihn zum Sofa. Dort drückte er ihn unsanft in die Kissen und liebkoste seinen Körper. Er musste unbedingt diese zarten rosafarbenen Knospen kosten. Diese versteiften sich augenblicklich, als Kyos Zunge dieses neue Territorium erkundete. Ihre Hüften pressten sich jetzt gefährlich erotisch aneinander und der Sänger unterdrückte ein Lustschrei. Ganz anders als sein süßer Lover. Eine unerwartete Lustwelle erfasste ihn und er krallte sich kurz in die Kissen. „Du bist so wunderschön unperfekt“, flüsterte Kyo ihm zu und hoffte, dass er das nicht falsch auffasste. Schließlich wagte er es noch weiter zu gehen und hielt am Hosenbund inne. Unter dem Stoff konnte er schon deutlich die Erregung des anderen erkennen und wieder ergriff ihn diese Lust, die er so lange zurückgehalten hatte. Vorsichtig löste er den Knopf und zog die Hose runter. Keine Unterwäsche. Und dieser Piercing. Kyo verging beinahe vor Lust. Hatte er jemals etwas schöneres gesehen als diesen Mann, der da gerade vor ihm lag? Mit der Zunge reizte er die Eichel seines Lovers und dieser stöhnte auf. Das nahm der Sänger als Einladung und ging weiter, nahm die Erregung ganz in sich auf und ließ den anderen Mann jedoch nicht aus den Augen. Sein Becken hob sich leicht und die Augen hatte er geschlossen. Scheinbar war der Sänger nicht außer Übung. Kurz unterbrach er sein Tun und verteilte Gleitgel auf seinen Fingern und am Eingang seines süßen Fremden. Kurz schalt er sich für diesen Gedanken, denn das Wort süß hatte er schon lange nicht mehr in Gebrauch. „Ohh ja bitte…“, flehte ihn der Jüngere an und Kyo tat ihm den Gefallen. Drang in ihn ein, verweilte dort ein paar Sekunden und bewegte sich dann. Hilfe, das fühlte sich viel zu gut an. Viel, viel zu gut und ihre Körper schienen schon fast miteinander zu harmonieren, als würden sie sich kennen. Kyo krallte sich eher unbewusst in die Oberschenkel des anderen Mannes und als ihn die Welle der Lust ein weiteres Mal überrollte, gab er sich ihr hin. Während der andere Musiker kurz im Badezimmer verschwand, nachdem Kyo ihm mit der Hand den Weg gewiesen hatte, säuberte sich auch der Sänger und schlüpfte in seine Hose. Er steckte sich eine Zigarette an und fragte sich, was er da getan hatte. Oder sollte er sich besser fragen, wie das passiert war? Wie konnte er Gefühle zulassen? Selbst wenn sie nur sexueller Natur waren. So erfolgreich konnte er das all die Jahre kontrollieren, doch dann verdrehte ihm dieser Junge vollkommen den Kopf. Als er zurückkehrte, setzte er sich neben Kyo und bediente sich an seiner Kippenschachtel. Mit der Zigarette in seinem Mund zwängte er sich wieder in seine knallenge Jeans. Verflucht, wie konnte man nur so verflucht heiß sein. Ohne weiter drüber nachzudenken zog Kyo seinen Lover auf seinen Schoß. „Ich habe eine Frage an dich…was treibt einen so talentierten Musiker wie dich in eine solche Absteige?“, fragte er ihn schließlich. „Talentiert also? Das ist mir neu…ich spiele halt um Geld zu verdienen…das war’s.“ „Dir hat also noch keiner gesagt, dass du gut bist?“ „Nein. Naja, wobei ab und zu rutscht Takashi ein freundliches Lob raus. Aber mehr nicht. Ich mach halt meinen Job.“ „Das mach ich auch…und ab und an verfluche ich die Musik auch, aber ich liebe meinen Job…das scheint bei dir nicht der Fall zu sein.“ Kyo versuchte in dem Blick des Jüngeren etwas zu lesen, doch fiel ihm das nicht leicht, da dieser es perfekt zu beherrschen schien seine Gefühle vor anderen zu verbergen. „Vielleicht würde ich es lieben zu musizieren, wenn die Voraussetzungen anders wären“ „Ich könnte es dir zeigen, natürlich nur, wenn du willst und zu meinen Bedingungen.“ Der Schwarzhaarige brachte wieder etwas Abstand zwischen sie. „Warum solltest du das tun? Hilfst du jedem kleinen No-Name Musiker, der dir gefällt und gut zu vögeln ist?“ Diese Aussage passte irgendwie so gar nicht zu diesem wunderschönen Geschöpf und spätestens jetzt wurde Kyo klar, dass stille Wasser tief und vielleicht auch etwas dreckig sind. „Vielleicht. Warum sollten gute Talente verschenkt werden? Überleg es dir, ich geh jetzt schlafen.“   Der Sänger erwachte mit mörderischen Kopfschmerzen und zunächst bildete er sich ein, letzte Nacht könnte doch nur ein Traum gewesen sein. Doch da hing noch der Geruch des anderen an ihm. Dafür, dass er andere Menschen nicht sonderlich mochte, betörte ihn dieser Geruch viel zu sehr. Deshalb verschwand er schnellstens unter die Dusche. Doch danach fühlte er sich komisch. Als würde etwas fehlen. Was passierte da nur und warum spielte dieses schlagende Ding in seiner Brust völlig verrückt, wenn er an seine nächtliche Bekanntschaft dachte? All diese seltsamen Gefühle überforderten den Sänger total und er beschloss mit irgendwem darüber zu reden. Da ihm nicht gerade danach war sich raus unter Menschen zu begeben, rief er Shinya an, der ihm versprach bald bei ihm zu sein. Währenddessen kochte sich Kyo Tee, der würde vielleicht gegen die Kopfschmerzen helfen. Keine halbe Stunde später schneite der quirlige Drummer herein und begrüßte seinen Freund. „Oh Tooru…du siehst furchtbar aus!“ Kyo warf seinem Freund einen vernichtenden Blick zu. „Danke Schatz…der Kommentar hat mir noch gefehlt…irgendwas ist mit mir Shin-chan…“ Plötzlich wurde der Ausdruck in Shinyas Augen sehr besorgt. „Was ist? Macht deine Stimme wieder Probleme?“ Der Sänger schüttelte den Kopf. „Nein, nicht sowas…meine Gefühle spielen völlig verrückt…erst häng ich dauernd in dieser schäbigen Bar rum, weil mir die Musik des Kleinen so gefällt und dann hab ich ihn gestern mit zu mir genommen…das heißt er hat mich gebracht…wir hatten Sex und jetzt? Ich hab das Gefühl, ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen.“ Shinya unterdrückte es nur mit Mühe sofort aufzuspringen und Kyo um den Hals zu fallen. Er hatte eine klare Vermutung, was mit seinem Sänger nicht stimmte. Der Drummer grinste bis über beide Ohren. „Sieht er gut aus?“ „Er ist verflucht heiß…ich glaub ich würde ihn gern wiedersehen…“ „Oh…wie süß, ich glaub dich hat es mächtig erwischt Kyoschatz.“ „Erwischt? Wie meinst du das?“, murrte er Sänger und zog seine Stirn in Falten. Amüsiert schüttelte Shinya den Kopf. „Erwischt…im Sinne von verliebt…so, wie du von deinem schönen Fremden sprichst.“ Kyo riss die Augen auf und schüttelte heftig den Kopf. „So ein Quatsch…ich hab der Liebe abgeschworen und ich will mich nicht verlieben.“ „Tja, das mein Schatz liegt wohl nicht länger in deiner Hand. Dein Herz hat das schon für dich entschieden.“ Kyo steckte sich eine Zigarette an und sein wütender Blick hätte wohl die Luft zerschneiden können, wenn dies möglich wäre. „Ich will mich aber nicht verlieben…das bringt nur Unglück!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)