Geheimnisse von irish_shamrock ([Wettbewerbsbeitrag - HarryPotter-OneShot~Sammlung]) ================================================================================ Kapitel 1: Ungeliebt -------------------- Ungeliebt Daphne Greengrass × Albus Potter Daphne sah von ihren Unterlagen auf und betrachtete den jungen Mann vor sich mit abschätzigem Blick. Sie kannte ihn. – Wer tat es nicht?! – Doch ging diese Begegnung über bloße Bekanntschaft weit hinaus. Der Ruf seines Namens eilte ihm voraus, wie ein widerlicher Geruch, der sich nicht vertreiben ließ: Potter Der beste Freund ihres Neffen und ständig streunte er im Hause ihrer Schwester herum. Und seit Astorias Ableben schienen die Fäden der Freundschaft zwischen den Jungen nur noch enger geknüpft. Um Draco und Scorpius beizustehen, hatte sie darauf bestanden, dass Terence und sie nach Wiltshire zogen, ins Anwesen ihres Schwagers. Obschon sich der Hausherr gegen diese Entscheidung stemmte wie ein stures Kind, hielt Daphne beharrlich an ihrem Vorhaben fest, sich dort einzuquartieren. Sie wollte ihm und dem Jungen eine Stütze sein, denn diese hatten nicht nur die geliebte Frau und herzensgute Mutter verloren, ihr hatte man die kleine Schwester genommen. Zähneknischend tolerierte Daphne die Entscheidung ihres Gatten, wann immer ihm danach war, in die kleine Wohnung, im Herzen Londons, zurückzukehren. Dass sich Terence in seinem Stolz verletzt sah, weil sie auf diesen Umzug bestand, ließ er sie spüren, wann immer die beiden aufeinandertrafen. Seine Einwände, bezüglich der Dauer ihres Aufenthalts, überhörte Daphne geflissentlich. Sie gestatte ihm den kleinen Freiraum, doch mit den ins Land ziehenden Monaten, nahmen nicht nur die Abende, an deren er nicht bei ihr war, zu. Die Einsamkeit erschien ihr wie ein neuer, treuer Begleiter. Ablenkung vom Schmerz und der Trauer fand sie in der Arbeit, er hingegen suchte Zerstreuung in den Armen einer anderen. Ob Hexe oder nicht, Terence Higgs suhlte sich statt in Kummer, vorzugsweise in weißen Laken. Schnaubend wandte sie das hellblonde, lockige Haupt. Eher noch hätte sie Draco diese Art der Therapie zugetraut. Doch ihr Gatte schob sein Tun auf den Mangel an Zweisamkeit. Unterstellte ihr sogar, sich mehr um Schwager und Neffen zu sorgen, statt ihm die Last eines harten Arbeitstages abzunehmen, ihn anzuhören und gelegentlich den Pflichten der Ehe nachzukommen. Die Empörung über solch üble Anschuldigungen saß noch immer tief. Sowie Scorpius seinen Abschluss auf Hogwarts machte, war das Trennungsjahr vorüber und die Scheidung eingereicht. In nicht mehr als einem halben Jahr, vielleicht schon in wenigen Monaten, war Daphne Higgs eine geschiedene Frau. Der Stachel der Wut steckte noch immer in ihrem Herzen. Sie verlangte nicht nur ihren Mädchennamen zurück, auch die Hälfte seines Vermögens. Und beides würde ihr zugesprochen! Sie würde ihn leiden lassen, so, wie sie litt, damals, als sie ihre Schwester zu betrauern hatte und er, aus Gram, Frustration und Unverständnis, einen Schritt zu weit nach vorn wagte. Sie war dem Irrtum erlegen, dass die stählerne Kette ihrer Liebe stark und unerschütterlich allem standhielt. Doch die Glieder zerbrachen, fielen tief und landeten im Staub und Dreck der Wahrheit. Das Rosarot ihrer Brille war beschmutzt, mit jeder Lüge, jedem gemeinen Wort ein wenig mehr, bis alles nur noch undurchsichtig schien. Ein Räuspern riss sie aus ihren Erinnerungen. Noch immer verharrte der Sohn des wohl größten Helden ihrer Generation vor ihrem Schreibtisch. »Albus.« Daphne zwang ihre Mundwinkel zu einem flüchtigen Lächeln, das routiniert und fachmännisch die flüchtige Begrüßung unterstrich. »Daphne«, entwich es ihm ebenso knapp. Dass sie ihm das Privileg einräumte, sie zu duzen, bezog sich einzig und allein auf ihre Zusammentreffen auf Malfoy Manor. Umso mehr straffte sie die Schultern, bog den Rücken durch, sodass die helle Bluse mehr als deutlich ihre Vorzüge offenbarte, die Terence verschmäht hatte. »Miss Greengrass, wenn ich dich daran erinnern darf!« Ihrem Zischen kam er jedoch nur mit dem Zucken der Schultern nach. »Dann ist die Scheidung endlich durch? Meinen Glückwunsch.« Dass dieser Grünschnabel über genügend Wissen verfügte, was ihre Privatsphäre anbelangte, behagte Daphne ganz und gar nicht. Doch dieser Umstand ließ sich, in all der Zeit, nach all den Jahren, die er im Hause Malfoy verbrachte, leider nicht vermeiden. Tief rang sie nach Luft, rieb sich die Schläfen. »Setz' dich.« Ihrer Bitte, die eher einer Aufforderung glich, kam Albus wortlos nach. Er ließ sich auf das Polster sinken und streckte die Beine aus, ehe sein Rücken das kalte, knarzende Leder berührte. »Wo waren wir beim letzten Mal stehen geblieben?« Daphne erhob sich von ihrem bequemen Drehstuhl, umrundete den Schreibtisch, ließ sich in den großen Sessel fallen und schlug die Beine übereinander, ehe sie ihr Klemmbrett zückte. »Können wir das nicht bei dir besprechen?« Wieder erdreistete er sich, alle Höflichkeit in den Wind zu schießen. »Dass ich dich hier, in meiner Praxis, empfange, ist dem geschuldet, dass ich Privates und Geschäftliches nicht vermische«, erklärte sie, wie die letzten drei Male zuvor. Doch noch immer schien der Potter-Spross darauf aus zu sein, den Preis für die Therapie so gering wie möglich zu halten. »Wir kennen uns doch bereits lang genug. Du hast mich gewissermaßen aufwachsen sehen. Warum kannst du mir deine Ratschläge nicht einfach umsonst geben?« Eine akkurat gezupfte Augenbraue schnellte zum blonden Haaransatz hinauf. »Hüte deine Zunge!« Albus verdrehte die Augen. Ihre Zurechtweisungen ertrug er nur in geringem Maße. »Dein Vater zahlt mir eine Menge Galleonen dafür, dass du dich jemandem anvertrauen kannst«, während sie sprach, kritzelte Daphne eine Notiz auf das leere Blatt, dass vom einem Metallbügel auf dem Plastikbrett gehalten wurde. Diese beinhaltete einen weiteren Aufschlag, eine Unverfrorenheitsgebühr. Wenn Harry Potter schon Geld lassen musste, dann in einer horrend-unverschämten Summe. Immerhin sah sich Daphne dem losen Mundwerk seines Abkömmlings ausgesetzt. »Ich will ihm aber nichts schuldig bleiben«, knirschte Albus. Überrascht hob Daphne den Blick. »So? Und ich dachte, du wärst darauf aus, ihn richtig zu quälen?« Die Mundwinkel des jungen Zauberers zuckten unweigerlich, doch dann besann er sich für einen flüchtigen Moment. »Du weißt, dass ich das meiner Mum nicht antun kann«, seufzte Albus ergeben und richtete seinen Fokus zur Zimmerdecke hinauf. »Hmhm«, träge entkamen ihr die Laute, mehr hatte jedoch Daphne nicht beizutragen. Eine Weile schwieg er. Offenbar hing Albus seinen Gedanken nach. Eine willkommene Abwechslung für ihr aufgewühltes Inneres. Sie durfte sich nicht in den Ängsten und Nöten, oder den wirren und verworrenen Gedanken ihrer Patienten verlieren, geschweige denn so etwas wie Mitgefühl aufkommen lassen. Ein Musterbeispiel an Rationalität und Sachlichkeit – das musste sie sein! Doch nicht selten ertappte sich Daphne dabei, wie sie den jungen Mann mit anderen Augen betrachtete. Sie kannten einander wahrhaftig lang genug und die Distanz zwischen ihnen, so, wie sie während der Stunden, in denen er Hilfe suchte, ob nun gewollt – oder nicht, sein sollte, verschwamm, verwischte die Grenzen. Daphne musste sich die Objektivität bewahren. »Weißt du … vielleicht … sind wir zwei gequälte Seelen, auf der Suche nach einander?«, brach es plötzlich aus ihm heraus. Verdutzt blinzelte Daphne, ehe ihr Lachen den Raum erfüllte, der vor Regalen mit Büchern über Psychologie beinahe überquoll. Sie schüttelte das blonde Haupt. »Albus, du bist ein netter Junge und ich weiß, dass du irgendwann jemanden finden wirst, der dir gut tut.« »Und wenn du das bist?« Seine Lippen bogen sich zu einem provozierenden Grinsen, jedoch glomm auch ein wenig Hoffnung in seinen Augen. Daphne neigte, leicht lächelnd, den Kopf. »Haben die letzten Stunden zu irgendeiner Erkenntnis geführt?« »Du meinst, dass du heiß auf mich bist?« Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen. Sie räusperte sich und ließ die Zunge schnalzen. »Im Bezug auf die Beziehung zu deinem Vater ...« »Du weißt es nur noch nicht«, gab er zurück, ohne auf ihre Worte einzugehen. »Albus, bleib bitte bei der Sache!« Ihre Rüge quittierte er mit einem Brummen. »Ich gebe mir Mühe, wirklich«, gestand Albus reumütig. Abermals rang Daphne nach Luft, nunmehr erleichtert, dass die vielen Sitzungen endlich Früchte trugen. »Schön zu hören.« »Geh' mit mir aus.« Ein schwerer Seufzer kroch, auf sein Bitten hin, zwischen ihren geschminkten Lippen hervor. »Nein«, dass ihre Stimme ein leichtes Knurren mit sich führte, behagte ihr nicht. »Bitte, nur ein einziges Mal.« Das Leder knirschte, als sich der junge Mann aufsetzt und die Beine über die Liege schwang. »Nein«, gebot sie ihm ein weiteres Mal, nun besonnener und darauf bedacht, keinerlei Emotionen zur Schau zu tragen. »Daphne?« Da sie keinerlei Reaktion zeigte, traktierte er sie von Neuem. »Daphne?« Doch diese ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Schon härtere Fälle hatten auf dem Sofa Platz genommen und waren, wie verwandelt und von neuem Lebensmut erfüllt, zur Tür hinausgeschwebt. »Albus!« Als sein Name von ihren Lippen wich, hatte dieser nichts Bedrohliches an sich. Es schien ihm, als sei die Frau, die vor ihm in dem großen Sessel saß, erschöpft, doch er verbot sich den Gedanken, dass er die Schuld daran trug. Ein ergebener Laut entkam ihm, ehe sich Albus wieder in jene halbliegende Position zurückbegab. »Okay«, sagte er leise. »Wir machen einen Deal.« Daphne horchte auf, ebenso huschte erneut eine Augenbraue gen Norden. Albus wandte den Kopf in ihre Richtung, suchte ihren Blick und wartete zugleich auf die Bestätigung seiner Worte. Daphne nickte ihm zu, er möge fortfahren. »Ich habe mich vielleicht ein bisschen unglücklich ausgedrückt«, räumte er ein. »Wir gehen aus, wenn du hier fertig bist. Dann hat all das nämlich nichts Geschäftliches mehr an sich.« »Wie erwachsen du auf einmal klingst«, höhnte Daphne und bemerkte zu spät, dass es ihrer Aussage an Professionalität mangelte. Nun war es an ihm, ihr einen argwöhnischen Blick entgegenzubringen. »Wir werden das hier fertig machen und dann begleite ich dich nach Hause.« »Ist das ein Angebot?«, dass ihr die Mundwinkel belustigt zuckten, konnte Daphne nicht bestreiten. »Und vielleicht machen wir einen kleinen Umweg?«, fügte Albus ungeniert hinzu. »Wenn wir hier fertig sind«, gebot sie ihm. »Genau, wenn wir hier fertig sind.« Ein schelmisches Funkeln blitzte in seinen Augen auf. »Also, gib dir Mühe!«, ordnete Daphne. »Das werde ich«, bestätigte er mit einem bejahenden Nicken des rabenschwarzen Hauptes. »Zahlt dir mein Dad wirklich so viel Kohle?« »Albus!«, warnte Daphne zum wiederholten Male. Der Potter-Spross hob beschwichtigend die Hände in die Höhe und ließ die Therapiestunde über sich ergehen. Kapitel 2: Ruhelos ------------------ Ruhelos Narzissa Malfoy × Blaise Zabini Wie ein getriebenes Tier zog es sie von einem Raum in den nächsten. »Nicht zu glauben, dass wir uns von einem der Freunde meines Sohnes vertreten lassen!« Abwesend und doch routiniert strich sie sich die verirrte Strähne ihres einst so blonden Haares aus der Stirn. Das Grau hatte mit den Jahren an Intensität gewonnen, überlagerte nunmehr das helle Leuchten, für das sie einst so bekannt war. »Eine erneute Anhörung, dass ich nicht lache!« Ihre Wut schien mit jedem Schritt, jedem Wort erneut entfacht. Das Räuspern des jungen Mannes brachte sie jedoch nicht davon ab, inne zu halten. Nicht sie. Nicht Narzissa Malfoy! Blaise Zabini verschränkte die langen Finger ineinander und lehnte sich in den hohen Ledersessel zurück. Für ihn war der Fall glasklar: Lucius Malfoy würde bestraft. Die Frage war nur wie? Dass er vor Jahren dem Schicksal einer Inhaftierung entging, war Glück. Doch wann war den Malfoys jemals so etwas wie Glück hold? Narzissa zog im Geiste ein Résumé: Die Ehe mit Lucius Malfoy – überwiegend positiv, trotz kleiner Fehltritte Die Geburt ihres Sohnes – positiv, trotz Schmerz und dem Wunsch, Lucius dasselbe anzutun Der Aufstieg und Fall des Dunklen Lords – Enthaltung jeglicher Stimme Die schiefen Blicke der Anderen – Ich habe mich nur angepasst und die Familienehre gesichert Das Drama um Lucius, nach der Schlacht – Ich bin zu schön und zu jung, um die Frau eines Ex-Knackis zu sein Die Hochzeit Dracos – Ein Reinblut musste her, wir hatten keine Wahl, außerdem war die andere Schwester bereits unter der Haube Die Geburt des ersten und einzigen Enkelkindes – Mein Goldstück Der Tod der Schwiegertochter - Ich gebe es ungern zu, doch ich habe sie gemocht Lucius' erneute Anklage, wegen - – Ja, warum eigentlich? Ihr Kopf schnellte zu Blaise Zabini herum. Sobald dieser ihren stechenden Blick auf sich spürte, quittierte er ihre Anwandlung mit dem Heben einer Augenbraue. Narzissa taxierte ihn. »Warum kann man uns nicht ein einziges Mal in Ruhe lassen?!« Der keifende Ton ihrer Stimme hallte in seinen Ohren nach. »Misses Malfoy.« Blaise erhob sich aus dem Sessel. »Unterlass' dieses 'Misses Malfoy', du bist praktisch bei uns aufgewachsen. Wie dieser Potter-Junge!«, ereiferte sie sich von Neuem. Dass ihr Anwalt nur mit den Augen rollte, ließ die Hexe zischend die Luft einziehen. »Hüte dich, Blaise Zabini!« Doch ihre Drohung ging in einem Quietschen der großen Flügeltür unter, als jene, unter großer Anstrengung, geöffnet wurde. Lucius sah furchtbar aus. Mit den Jahren und den zunehmenden Belastungen, der sich die Malfoys ausgesetzt sahen, war ihr geliebter Ehemann nur noch ein graues, zerfallenes Abbild des Mannes, dessen Pläne groß und Taten weitreichend waren. Ihr Ansehen hatte mit jedem Vergehen, jeder Schuldzuweisung, jedem Dilemma mehr und mehr an Glanz eingebüßt. Die Malfoys waren nicht länger der Auslöser für Furcht und Schrecken. Das Blatt hatte sich gewendet. Gegen sie. »Ich darf gehen?«, zaghaft, und mit brüchiger Stimme, wandte sich der Beschuldigte an den Henker und Kerkermeister. Eine lächerliche Figur. Narzissa wollte vor Scham im Boden versinken. Der hünenhafte Mann machte eine knappe Handbewegung. Sie begriff deren Bedeutung nicht, doch Blaise trat an ihre Seite und nickte die Geste verstehend ab. »Was?« Ein leises Keuchen entrang sich ihrer Kehle. »Er darf gehen«, beantwortete Blaise die, noch immer im Vorraum des Gerichtsaales umherschwirrende, Frage Lucius'. Erleichterung erfasste sie, ehe Narzissa auf ihren Mann zueilte, um ihn zu stützen. Dieser sank wie ein schwerer Stein, gepeinigt und geschunden, in die rettenden Arme seiner Gattin. »Ich bringe dich hier weg, fort von hier«, wisperte sie. »Was haben sie dir nur Schreckliches angetan?!« Behutsam strich sie ihm das lange, strähnige Haar aus dem verschmutzten Gesicht. Gemeinsam mit ihrem Anwalt verließen sie das Ministerium. Wohl niemandem war nach feiern zumute. »Wo steckt Draco?«, verlangte Narzissa zu wissen. Der Hauself, den die Familie seit dem Verlust Dobbys, ihr Eigen nannte, piepste eine knappe Antwort. »Du weißt es nicht?!«, abermals hallte die Stimme der Hausherrin durch das Gemäuer. Der Hauself trollte sich und ließ Dame allein zurück. Ihre Schritte führten sie in den großen Garten. Donnergrollen war bereits in weiter Ferne zu vernehmen. Kalter Wind pfiff über die Länderei, sodass sie sich alsbald gezwungen sah, ins Haus zurückzukehren. Narzissa schlang die Decke enger um ihren fröstelnden Leib. Ihr Blick huschte zum zweiten Stock hinauf, wo sich die Schlafzimmer befanden. Nach einem Bad und einer kleinen Stärkung hatte Narzissa darauf bestanden, dass Lucius zur Ruhe kam. Es zerriss ihr das Herz, ihn leiden zu sehen. Für Missetaten war also nicht einmal mehr ein Name zu gebrauchen, um Schlimmeres abzuwenden. Das Ministerium hatte das erkannt, und seit der Führung Hermione Grangers, waren Schurken in England so rar wie nie. Dass man Lucius nun für Dinge belangte, die, aller Wahrscheinlichkeit nach, bereits verjährt wären, lag ihr wie ein Stein im Magen. Narzissa schüttelte den Kopf. Das Grollen kam näher und würde in wenigen Augenblicken mit großem Getose über Wiltshire hereinbrechen. Der Schauer überfiel sie schneller, als sie ahnen konnte. Ein Aufschrei ihrerseits folgte und einzig der Donner schien ihr Antwort zu geben. Schwer rang Narzissa nach Atem, ließ Kälte und Regen über sich ergehen. Sie hatten es überstanden, wieder einmal, warum nur gelang es ihr dann nicht, befreit und erleichtert all das Böse hinter sich zu lassen? Noch ehe sie wusste, wie ihr geschah, setzten sich ihre Beine in Bewegungen, trugen sie über das saftige Grün, vorbei an den zerfallenen Mauern, die das Grundstück beschrieben und von den benachbarten Ländereien abgrenzten. Binnen weniger Sekunden war ihre Robe durchweicht. Sie fror, doch glaubte sie, für ihre Taten nun endlich Buße zu tun. Der Boden wurde weicher, Matsch tat sich an den teuren Stiefeln gütlich, bis auch diese bis auf den letzten Zentimeter benetzt waren. Erschöpfung nagte an ihr, doch sie zwang sich weiter vor. Der Weg war ungewiss, ebenso ihre Zukunft. Eine Zukunft mit Lucius? Ihr zuckten die Mundwinkel, jedoch nicht vor der beißenden Kälte. An einer Treppe, ihr gänzlich unbekannt, hielt sie inne. Die klammen Finger berührten das kalte, karge Gemäuer, das die Stufen säumte. Kraftlos sank sie auf die Knie. Doch statt von ihr abzulassen, schienen Wind und Wolken darauf aus, sich an ihrem Leiden ergötzen. Eine Stimme, so weit, viel zu weit. Ein Trugbild, das der eisige Novemberhauch mit sich brachte. Ihr ermatteter Körper fand Halt bei jenen Steinen. Die Augen brannten ihr, doch keine Träne wollte daraus hervorbrechen. Zittrig rang sie nach Luft und bemerkte die Gestalt nicht, die sich ihr näherte. Ein knisterndes Feuer, behagliche Wärme und Arme, die sich fest um sie schlangen, sie hielten. Narzissa wusste nicht, wann man ihr je ein solches Gefühl hatte zuteilwerden lassen. Überall diese wunderbare, wohlige Hitze auf ihrer Haut. Ob sie sich der Welt der Träume ergeben hatte? Oder war Gevattert Tod nun auch ihr zugeneigt? Unter flatternden Lidern öffnete sie die Augen. Der Versuch, sich zu orientieren, versagte sich ihr im ersten Moment. Ein Murren quoll zwischen ihren Lippen hervor, ehe Narzissa den Drang verspürte, sich zu bewegen. Der, der sie hielt, ließ von ihr ab, so rasch, dass ihr ein Protest bereits auf der Zunge lag. »Lucius, was -?« Ihr stockte der Atem. Es war nicht Lucius, der sich mit ihr im Kaminzimmer des Malfoy Manor befand. Sie schmälerte die Augen. »Du Rüpel! Was erlaubst du dir?!« Ihre Worte, die wie Peitschenhiebe durch die Luft sausten, ließen ihn jedoch gänzlich unberührt. Einzig eine dunkle Augenbraue schnellte zum nicht minder dunklen Haaransatz hinauf, ehe Blaise die Frau vor sich abschätzig musterte. Narzissa schälte sich aus dem warmen Kokon und baute sich vor ihm auf. Das Feuer im Kamin wärmte ihr die Kehrseite, doch war die jene Hitze plötzlich unerträglich und viel zu nah. Eiligst wandte sie sich um, sah an sich hinab und ehe ein spitzer Schrei das Anwesen erschütterte. »Du widerlicher -«, fauchte Narzissa erbost, klaubte die Decke auf und wickelte sich darin ein. »Scher' dich raus! Sofort!« »Hey, langsam!«, gebot ihr Blaise mit erhobenen Händen, als die Hausherrin, Gift und Galle spuckend, auf ihn zuhielt. Blaise tat gut daran, die Flucht zu ergreifen. »Jetzt, jetzt warte doch mal! Ich habe nichts getan!« »Hinaus!«, befahl sie und scheuchte den jungen Mann auf den Flur, ehe sie ihm die Tür vor der Nase zuschlug. Wutentbrannt sah sie sich im Zimmer um. Von ihrer Kleidung fehlte jedoch jegliche Spur. Dies war kein Traum, es war ein Albtraum! Ein Fauchen und Fluchen durchbrach die Stille, dann riss Narzissa die Tür auf. Zu ihrer Verblüffung verharrte der enge Freund des Hauses, mit vor der Brust verschränkten Armen, vor der Tür. »Wo -«, grollte sie erzürnt, »sind meine Sachen?!« Lässig deutete er mit einem Fingerzeig in Richtung Erdgeschoss. »Euer Hauself kümmert sich darum.« Jene Aussage unterstrich Blaise mit dem Heben und Senken der Schultern. »Hast du mich nackt gesehen?«, verlangte Narzissa zu wissen. Abermals wanderte seine Augenbraue gen Norden. »Du hast mich nackt gesehen?!« Ihr schwoll die Stimme um zwei Oktaven. »Niemand, außer Lucius -« Blaise machte eine beschwichtigende Geste. »Da ist nichts, was ich nicht schon oft genug gesehen hätte.« »Ja, aber ich bin keines deiner Flittchen«, fuhr Narzissa ungehindert fort. Nun war es an ihm, ihr mit Skepsis zu begegnen. »Wer von uns beiden sollte seine Zunge hüten?« Narzissa schnappte nach Luft. Das Wissen um seine Bekanntschaften konnte sie nur Draco verdanken. Tief grollte in ihm ein Brummen heran. »Beim nächsten Mal«, drohte er, »lass' ich dich einfach liegen.« »Du wagst es -? In meinem Haus?!« Ihre Stimme schwoll von Neuem an, doch statt ein solches Exemplar mit den üblichen Methoden zum Schweigen zu bringen, machte Blaise auf den Hacken kehrt. Sie öffnete die Lippen, doch nicht ein Laut kam daraus hervor. »Grüß' Draco von mir, du verbitterte, alte Schachtel.« Lässig hatte er die Hand zum Abschied erhoben, sah sich jedoch nicht einmal mehr um. Nicht einen Blick hatte er für sie übrig. Dass sie durchnässt und erschöpft im Regen ausharrte, schrieb er unweigerlich ihrem umnachteten Geisteszustand zu. Doch das Wissen um ihr Muttermal, das die Form eines Horklump aufwies, würde ihm sicherlich, eines Tages, noch einmal von Nutzen sein. Kapitel 3: Verdorben -------------------- Verdorben Lucy Weasley × Draco Malfoy Die Bässe wummerten durch den Club, ließen nicht nur den Boden, sondern auch die Gläser auf dem polierten Holz der Theke beben. Die Luft, stickig und drückend, glich einem Gemisch aus billigem Parfum, Schweiß und diesem widerlichen Nebel, der einem in der Nase brannte. Junge Körper, in mehr als knappen Outfits, schlängelten sich durch die Reihen. Mädchen, die Tabletts mit einer Hand balancierten und ihr Gewicht auf schwindelerregend hohen Hacken, boten den Gästen Drinks und andere Köstlichkeiten dar. Wieder zog es ihn hierher. An einen Ort der Versuchung, der Sünde. Wenn Astoria wüsste, was ihn antrieb, ihn umtrieb, die Scheidung wäre ihm gewiss. Ein knappes Schnauben entwich ihm. Scheidung, der Tod hatte sie bereits geschieden. Kalt und unbarmherzig. Plötzlich und unaufhaltsam. Sie ließ ihn allein, ihn und Scorpius. Verzweifelt versuchte er das plötzliche Brennen in seinen Augen zu vertreiben. Zehn Jahre – Eine Dekade voller Aufregung, Missverständnisse … »Ah, Mister Malfoy, wie schön, Sie wiederzusehen.« Madame Colette empfing ihre Stammgäste stets persönlich. Obschon ihr Name verführerisch klang, hatte sie nichts französisches an sich. Dennoch war sie adrett anzusehen: Das schwarze Haar zu einem strengen Knoten im Nacken gebunden, die Korsage so eng geschnürt, sodass er sich nicht selten fragte, wie Frauen in solch einer Bekleidung zu Atem kamen. Die lederne Hose schmiegte sich an ihre Kurven, ähnlich einer zweiten Haut und wie ihre Mädchen, trug auch Madame Colette Schuhwerk, das jeder Anderen, ohne jegliche Übung, womöglich die Knöchel, wenn nicht sogar das Genick brechen konnte. »Wie immer, Mister Malfoy?« Schweigend nickte er. Er sollte von Scham und Ekel erfüllt sein. Astoria würde ihn zum Teufel wünschen! Für Frauen bezahlen, die ihr Fleisch präsentierten! Die sich auf Bühnen räkelten, ihre trainierten Leiber zur Musik bewegten, an metallenen Stangen gar meisterliche Akrobatik vollführten, nur um den armen, willigen Seelen Knut, Sickel und Galleonen aus den Taschen zu ziehen. Doch die Männer, die hier ein- und ausgingen, brachten den Damen stets Respekt entgegen. Kein Betatsche, kein Geschrei und nichts, was nicht als einvernehmlich galt. Draco musste sich zur Ruhe mahnen, da es ihm bereits in den Fingerspitzen kribbelte und sein Puls verrückt zu spielen drohte. »Chloé, Chéri, bitte, sei so gut, und geleite unseren Gast ins Chablis.« Die leicht rauchige Stimme Madame Colettes drang nur vage an sein Gehör. Die privaten, kleinen Räumlichkeiten nach Weinsorten und anderen, wohlklingenden Alkoholika zu benennen, erschien ihm noch immer ein wenig seltsam. Doch seit seinem ersten Besuch, vor acht Monaten, hielt man das Chablis, ein mit dunkelgrünem Samt ausgekleidetes Zimmer, für ihn reserviert. Chloé, eine Blondine, nicht älter als vierundzwanzig Jahre, stöckelte auf den silbernen Riemchensandalen vor ihm her. Beim Stolzieren auf den bleistiftdünnen Absätzen, schwang Chloé provokant die Hüften, wackelte nicht weniger aufreizend mit dem Gesäß und warf ihm ab und an einen Blick über die Schulter zu, während sie sich das goldgelbe Haar von den Schultern strich. Doch sie war es nicht, wonach es ihm verlangte. »Lucille wird gleich bei Ihnen sein.« Die Stimme der jungen Dame stimmte mit ihrem puppenhaften Äußeren beängstigend perfekt überein. Knapp nickte Draco die Information ab. Chloé schenkte ihm jedoch ein Lächeln, das vielleicht mehr versprach, doch da er nicht sie, sondern eine andere bevorzugte, verschwand das vermeintliche Leuchten und Funkeln so rasch aus ihren blauen Augen, wie sich ihre Lippen verbogen. Dumpf fiel die Tür ins Schloss, lautlos beinahe, nur das kleine Klicken verriet ihm, dass die junge Frau gegangen war. Die Geräusche des Hauptsaals verebbten, nur eine sanfte Melodie drang aus den Lautsprechern, wo auch immer diese angebracht worden waren. Das Zimmer lag im Halbdunkel, keine flackernde, wilde Jagd nach bunten Lichtern. Er mahnte sich zur Ruhe, doch weder sein Verstand, noch sein Körper wollten ihm gehorchen. Es gab nichts, was ihn mehr in Aufruhr versetzte, als das Warten. Eine äußerst unnütze Tätigkeit, dass ihm bereits die Handflächen schwitzen. Dracos Blick wanderte durch den kleinen Privatbereich. Im Zentrum des Zimmers verharrte eine kleine Bühne, aus deren Mitte sich ein silber-glänzendes, raumhohes Gestänge bis zur Decke empor streckte. Er spürte, wie ihm Lippen und Kehle staubtrocken wurden. Ein leichter Schmerz ließ ihn zusammenfahren. Seine Zähne hatten sich so fest in die Unterlippe gegraben, dass ihm erst jene Reaktion begreiflich machte, was er da tat. Tief rang Draco nach Atem, tat einen Schritt in Richtung des plüschigen, halbrunden Sofas, das sich scheinbar durch den gesamten Raum zog. Er ließ sich auf das weiche Polster sinken, strich behutsam mit den Fingern über den schimmernden Stoff der Wand hinter ihm. Seine Postion war gut gewählt, denn so hatte er die Tür im Blick. In der Zeit des stillen Ausharrens, schweiften ihm die Gedanken: Lucille, ein Name, wie ein helles Glockenspiel. Eine Symphonie der Sinne und Freuden. Verheißungsvoll, strahlend. Geduld war nie eine seiner Tugenden. Was er wollte, bekam er. Keine Zurechtweisungen, keine Verbote. Kein Abweisen, kein Sträuben. Er verlangte, und erhielt. Ob sie noch bei jemand anderem war? Etwas Finsteres, Besitzergreifendes glomm in ihm auf. Gerade, als er sich erheben wollte, klickte es abermals. Leise, kaum zu vernehmen, doch sein Gehör schien unweigerlich geschärft. Das sanfte Klirren von Gläsern ließ ihn inne halten. Ihm versagten die Knie, sodass er sich erneut auf dem Sofa wiederfand. Draco betete, dass ihr das Knacksen seiner alten Glieder verborgen blieb. Und dann erschien sie. War ihm eines Engels gleich. Sie ließ die Tür hinter sich zufallen. Erneut protestierten die Champagnerflöten auf dem kleinen Tablett, ehe ihre Finger nach der Kordel haschten, die einen Vorhang im Zaum hielt, der nunmehr hinter ihr her flatterte und alles, was sich ergab, verschwieg. Was innerhalb der Räumlichkeiten geschah, blieb dort. Diskretion – Mit diesem Wort ließ sich wohl wahrlich eine Menge Geld verdienen. Doch weiteren Gedanken frönen, wollte er nicht. Sein Blick war auf sie gerichtet. Sie, die ihm so viel versprach und zu geben bereit war. Sie hielt auf ihn zu, mit einer Erhabenheit in den schneidigen Bewegungen, dass es ihn wahrliche Mühen kostete, sich zu zähmen. Sie sah frisch aus, mit rosigen Wangen und der Duft, der sie umhüllte, erinnerte ihn, so schmerzlich es auch sein mochte, an Astoria. Ihm entglitt das freudige Lächeln und der Schimmer in seinen Augen verlor sich für die Dauer eines Wimpernschlages. Lucille jedoch tat, als bemerke sie es nicht. Obschon sie sich seinem Leid gewiss war, schien ihr viel daran gelegen, ihm den schweren Weg leichter zu gestalten. »Möchtest du heute, dass ich für dich tanze?« Draco schluckte bei jenen Worten, machte sie ihm doch wieder einmal bewusst, weshalb ihn seine Schritte in dieses Etablissement lenkten. »Ja«, vernahm er seine Stimme meilenweit entfernt. »Ja, bitte.« Verwirrt darüber, dass er sich selbst noch überraschen konnte, registrierte Draco ihr Vorhaben erst, als Lucille das Tablett neben ihm abstellte. »Aber zuerst ...«, hob sie an und hielt ihm einen Champagner, mittlerer Preisklasse, entgegen. Bereitwillig nahm er ihr den Tropfen ab, öffnete die Flasche und goss das helle Prickelwasser in die ihm dargereichten Gläser. Ihr Kichern klang einstudiert, als der Perlwein drohte, über den Rand der Champagnerflöte hinwegzufließen. Forsch ließ Lucille die Gläser erklingen und nahm mutig einen winzigen Schluck. Obschon die erste Hürde genommen, und das Eis gebrochen schien, hielt sich Draco zurück. Ihr Blick wanderte über ihn und er ließ die Musterung geschehen. Was sie wohl denken mochte? Selten ließ er sich verunsichern, doch dies war einer jener Momente, der ihm begreiflich machte, wie abgewrackt er doch aussehen musste. Zwar pflegte er sich, trug teure Anzüge und Umhänge, immerhin brachte dies sein Beruf mit sich, doch es schien ihm, als sähe dieses Mädchen durch diese Fassade, durch all diese Schichten des Schutzes hindurch. Als erfasse sie sein Innerstes, das leer war, verloren und gebrochen. Erneut setzte Lucille das Glas an ihre Lippen, schmeckte die Säure und die kleinen Bläschen, die in ihrem Mund zerplatzten. Draco riss die Augen auf, als sie unvorbereitet und unkontrolliert auf ihn zuhielt, sich zu ihm herabbeugte. Ihre kühlen Finger langten nach ihm, strichen ihm über Kinn- und Kieferpartie, glitten über die leicht stoppelige Haut, ehe sie sich in seinem Nacken wiederfanden. In der anderen Hand hielt sie noch immer die Champagnerflöte, als sie sich ungeniert, rittlings auf seinen Schoß drappierte. Ein weiteres Nippen folgte, bis der letzte Tropfen seinen Weg ihre Kehle hinab fand. Dass sie jedoch noch einen kleinen Rest dessen im Munde hielt, bemerkte er erst, als Lucille ihm die Lippen aufdrückte. Die nunmehr warme Flüssigkeit über floss ihm über Mundwinkel und Kinn. Hastig rang er nach Luft und versuchte, den Schaden, den ihr Treiben verursachte, so gering wie möglich zu halten. Ein Knurren wallte in ihm auf. Eiligst wischte er sich die Überbleibsel des Gesöffs aus dem Gesicht. »Ein bisschen übereifrig ...« »Bitte entschuldige, ich dachte -« Sein Blick war erbarmungslos und verdammte sie zu schweigen. Er ließ sie spüren, dass ihm ihre Vorstellungen von Spaß missfielen. Hastig wandte sich Lucille zu allen Seiten um, sprang auf und hetzte auf eine kleine Nische zu, die ihm, auch während der letzten Male, schlichtweg entgangen war. Sie kam mit einer Pappschachtel zurück und zupfte aus dem Innern drei, vier dünne Papierfetzen hervor. »Für den Notfall vorgesorgt, hm?« Sein Brummen hallte ihr bis in die Knochen nach. Dass sie betreten die wunderschönen, vollen Lippen zu einem Strich zusammenpresste, mit gesenkten Kopf seine Worte bejahte und Reue zeigte, bewies ihm, dass er ein anständiges Mädchen vor sich hatte. Eine Regung überfiel ihn, sodass seine anfängliche Wut über ihren Fauxpas bereits fast erloschen war. Sowie sie ein weiteres, blütenweißes Papier herauszerren wollte, nahm Draco ihr die kleine Box ab und warf diese achtlos neben sich. »Ich dachte ihr küsst nicht?« Röte kroch ihr vom Hals aufwärts in die Wangen. »Wenn du deswegen hier bist, solltest du das nächste Mal ins Cherchez la femme.« Draco schnaubte nur. »Wir tanzen, wir erregen, aber wir ficken nicht.« Ihr Blick sprühte Funken. Dass er den Bogen überspannte, machte sie ihm bewusst, als sie Anstalten machte, gehen zu wollen. Hastig haschte er nach ihr. Erreichte knapp, dass sich seine Finger um ihr Handgelenk schlossen. »Dich zu beleidigen liegt mir fern.« »Ich bin … keines von diesen Mädchen!« Er hatte sie aufgebracht, erzürnt. Wenn gleich ihn nun Erleichterung erfasste, da sie weder schrie noch zeterte, sondern die Anspannung und Abwehrhaltung von ihr abfiel, gelang es ihm kaum, Worte zu finden, die sie beschwichtigten. »Das weiß ich, ich ...« Dass er sich vor Verzweiflung wand, machte ihm die Situation nicht erträglicher. Lucille rollte die Schultern, versuchte den starren Nacken zu lockern. »Du wolltest, dass ich für dich tanze, also setz' dich!« Hart schluckte er an dem Kloß in seinem Hals. Ihre Reaktion hatte ihn wachgerüttelt und unweigerlich daran erinnert, warum er hier war. Warum sie hier war. Ihr braunes Haar schimmerte rötlich im schwachen Schein der Leuchter. »Sind die Haare echt? Ich meine die Farbe.« Er sollte sich für das Krächzen, das seine Stimme begleitete, schämen! »Natürlich«, gurrte sie und schlängelte sich zwischen seinen geöffneten Beinen empor, während er den Druck genoss, den ihre Fingernägel auf seinen Oberschenkeln hinterließen. Je näher ihm ihr junger Körper kam, desto mehr musste er sich zwingen, lässig und abgeklärt ihr Tun über sich ergehen zu lassen. Doch glich dies einem unmöglichen Unterfangen. Dass sich bei ihm etwas regte, war ihren räkelnden Bewegungen geschuldet. »Ich küsse dich vielleicht, aber nur, wenn du nett zu mir bist«, soeben ließ sie ihren Busen über Bauch und Brust seinerseits gleiten. Er spürte ihre Wärme, die Sanftheit ihres Körpers, den sie mit Anmut und Grazie über ihn hinwegtrieb. Bevor sie sich bis zu seinem Gesicht empor arbeitete, hielt sie inne und trat den Rückzug an. Ihr Hintern wackelte mehr als vielversprechend, lockte und forderte, doch er würde sich hüten, sie zu berühren. So etwas gehörte nicht hier her, obschon es ihm in den Fingern juckte. Er wollte nicht reden, nicht dieses Mal. Er hatte um den Tanz gebeten und Lucille servierte sich ihm. Lasziv, im leisen Takt der Musik wippend. Als sie ihm zwischen die Beine rutschte, dort verharrte, sich, nach vorn lehnend, langsam seinem Heiligsten näherte, hatte ihr Anblick etwas Verruchtes, Verbotenes, dass ihm mehr und mehr die Sinne vernebelte. Ihr Augenaufschlag war liebreizend, verspielt, vielleicht sogar schüchtern, doch als sie sich mit einer wellenartigen Bewegung, die bei den Schultern beginnend und geschmeidig bei ihrem Gesäß endete, erhob, war ihm, als bliebe für einen flüchtigen Moment sein Herz stehen. In einer galanten Drehung langte sie nach der Stange und schwang sich zu dem Podest hinauf. Er wusste, dass diese Mädchen gelenkig waren. Dies war eine andere Art des Sports. Es war kein Auf- und Abrutschen an einem Rohr, obschon er ungern zugab, dass ihre Bewegungen mehr als reizvoll waren und in ihm der Wunsch heranreifen ließen, sie möge doch bei ihm dasselbe - Draco schüttelte den aufdringlichen Gedanken ab. Wenn er sich nach solchen Diensten verzehrte, dann war er am falschen Ort. »Und wenn mal was daneben geht?« Ihm selbst wurde der Klang seiner rauen, dunklen Stimme allmählich unangenehm. Lucille verharrte kopfüber an dem Gestänge, die langen Beine zum Spagat gespreizt, ehe sie diese gekonnt wieder zusammennahm, die Fußknöchel um das kalte Metall wickelte und sich, ohne Hast, gen Boden sinken ließ. »Daneben?«, hakte sie nach, schmiegte sich katzengleich an der Stange empor, sodass diese zwischen ihren Brüsten verschwand, während ihr Hintern zum Greifen nahe schien, da sie ihm jenen schwungvoll entgegenstreckte. »Dafür ist das Papier gedacht.« Ihren trällernden Worten folgte sein Blick zu der Schachtel, die links neben ihm verharrte. Doch lang hielt er sich nicht damit auf, denn sein Augenmerk war bereits wieder auf das Mädchen gerichtet. In einer fließenden Bewegung stieg sie von der kleinen Bühne und hielt abermals auf ihn zu. Ihn überfiel ein Zittern, je näher sie ihm kam. Dass Lucille nach seinen Händen verlangte, ließ ihn skeptisch dreinblicken. »Keine Angst«, sagte sie mit einem Zwinkern, »ich fresse dich nicht.« Als er die Hitze ihres Körpers unter seinen Fingerspitzen ausmachte und sie ihm gebot, energischer zuzupacken, umfassten seine Hände beinahe ihren gesamten, von einem kleinen Höschen umrahmten, Hintern. Wie lang es bereits her sein mochte, dass ihn eine solche Aufregung überfiel, sobald er eine Frau berührte, wusste Draco kaum zu beantworten. Seit dem Tod Astorias hatte es nur flüchtige Bekanntschaften gegeben. Er wollte seinem Sohn ein Vorbild sein und ihn nicht mit ständig wechselnden Partnerinnen überfordern, geschweige denn ihn zu etwas animieren, das jenseits von Gut und Böse war. Ebenso graute es ihm vor seiner Schwägerin, die nicht weniger Lasten mit sich führte. Doch Daphne wäre, einer Dampfwalze gleich, über ihn hereingebrochen und hätte ihm das letzte Bisschen Würde genommen. Nun jedoch, in diesem Augenblick, hoffte er, dass seine Frau ihm vergab, kurz wegschaute und ihm für den Hauch einer Sekunde wieder ein wenig Freude am Leben gönnte. Das zarte Fleisch in seinen Händen war ihm wie eine Erlösung. Ungefragt vergrub er sein Gesicht an der warmen Haut des Mädchens, während er still und leise, wie ein getretenes Tier, vor ihr saß. Jedem anderen Mädchen wäre vielleicht unwohl zumute, doch da ihre Treffen beinahe schon eine gewisse Regelmäßigkeit erfuhren und er von sich und seinem Leben berichtete, verspürte sie den Drang, den Mann gewähren zu lassen. Sie ließ ihn die stummen Tränen vergießen. Tränen, die ihr mehr als bekannt waren. Immer weinte er, wenn er bei ihr war. Erzählte von dem Verlust seiner Frau, dem schwierigen Umgang seines nunmehr erwachsenen Sohnes, die Bürde und Last, die er in seiner Jugend zutragen hatte. Nie fielen Namen. Und obschon sie um seine Person wusste, seinen Sohn kannte, und all die Geschichten um jene schreckliche Zeit, war es Hoffnung, die sie ihm zu vermitteln glaubte. »Ich werde nicht mit dir schlafen«, verkündete Lucille nach einer Weile des Schweigens. Sie spürte, wie er unter ihren Fingern erstarrte, wie sich seine Hände plötzlich einem Druck bedienten, der ihr blaue Flecken bescherte. Draco wandte den Kopf, wagte es nicht einmal, zu ihr aufzusehen. »Draco«, mahnte sie. Dieser ließ von ihr ab, als habe er sich am Herd verbrannt. »Es ist in Ordnung, nur … drück nicht so zu. Ich habe helle Haut, da bleiben unschöne Dinge nicht lange geheim.« Verstehend nickte er, strich behutsam über die geschundenen Stellen, die er ihr bereitet hatte. »Darf ich wiederkommen?«, brüchig war ihm die Stimme, keine Silbe mehr von Stolz und Arroganz durchwoben. Als sie seine Bitte, sein Anliegen bejahte, erfasste ihn ein Gefühl, als nehme sie ihm einen Brocken vom Herzen. Kapitel 4: Versäumt ------------------- Versäumt Marietta Edgecombe × Cormac McLaggen Er vernahm ihre Stimme bereits, noch ehe er sie erblickte. Cormac verdrehte die Augen. Diese Frau war die reinste Plage! Klein, ein wenig pummelig, doch sie hatte ein hübsches Gesicht und diese rotblonden Locken, die ihn beinahe jedes Mal in Versuchung führten, seine Finger darin vergraben zu wollen. Dennoch konnte all das nicht über ihren nervenden Charakter hinwegtäuschen. Er mochte schöne Dinge, liebreizende Dinge – und Marietta Edgecombe gehörte leider in keine dieser Kategorien. »Cormac!« Erneut drang ihre Stimme an seine Ohren. Es war zum Verzweifeln! »Ah, hier steckst du.« Die Erleichterung auf ihrem Gesicht schwand, sobald sie seinem Blick begegnete. »Jetzt guck nicht so arrogant.« Marietta stemmte die Hände in die Hüften und starrte zu ihm auf. Dass sie sich durch die Menge an Menschen gewühlt hatte, sprach für sie und noch mehr für ihren Sturkopf. Cormac ließ ein Schnalzen der Zunge vernehmen und wandte sich zum Gehen. Und Marietta war ihm dicht auf den Fersen. »Warum hast du nicht Bescheid gesagt, dass du früher aufbrichst?!«, verlangte sie zu wissen. Dass sie ihm wie ein Schatten folgte, war ihm ganz und gar nicht recht. So würde er nie eines der Mädchen an der Angel haben, wenn diese kleine Nervziege ständig in seiner Nähe war. »Vielleicht habe ich's einfach … versäumt?«, nuschelte er, wohl wissend, dass Marietta ihn sehr wohl hörte. Sie verfügte über ein besseres Gehör als es die Langohren der Weasleys je könnten. Er hielt inne, sodass auch Marietta stoppte. Cormac wandte sich zu ihr um. »Marietta, ich weiß, du bist absolut verrückt nach mir, aber das muss aufhören, okay, Babe?« Ihr klappte der Mund auf, doch nicht ein Laut kam daraus hervor. Sie blies die Wangen auf. »Jetzt siehst du aus, wie ein Frosch«, wieder verdrehte er die Augen, hoffte jedoch, dass ein Ausbruch ihrerseits nicht allzu viel Aufmerksamkeit auf sich zog. Zu seiner Verblüffung schluckte Marietta ihre Wut herunter, tatsächlich hoben sich ihr sogar Mundwinkel zu einem Lächeln. Ihre Reaktion war ihm nicht geheuer. »Du hast recht, Cormac, und vielen Dank.« Marietta reckte das Kinn und stolzierte an ihm vorbei. Argwohn zierte sein Gesicht, als er ihr mit den Blicken folgte. Dann bemerkte er, was seine Kollegin so erfreute: Heathcote Barbary Das ehemalige Mitglied der Schwestern des Schicksals, das sich nun auf das Schreiben von Büchern und den einen oder anderen Liedtext anderer, großer Musiker, fokussierte. Diese Frau galt als scheu und lebte sehr zurückgezogen, entsprechend wenig war über ihr Privatleben bekannt. Sie auf einer Veranstaltung wie dieser überhaupt wahrzunehmen, war ein wahrer Glücksgriff, sodass das eigentliche Spektakel in den Hintergrund rückte. Cormac setzte Marietta nach, doch diese hatte die ehemalige Gitarristin bereits in ein Gespräch verwickelt. Und zu seinem Leidwesen, beherrschte Marietta Edgecombe Konversation bis zur Perfektion. So leicht würde Barbary ihr nicht entkommen, und ihm auch nicht! Die Worte waren leise, beinahe nur ein Flüstern. Ein Knurren wallte in ihm auf, denn er konnte nicht eine Silbe von dem erhaschen, was die Frauen tuschelten. Als einer der begehrtesten Journalisten des Tagespropheten konnte er sich die Stars und Sternchen nach Lust und Laune herauspicken. Dass er es mit der Wahrheit nicht immer so genau nahm, versuchte er mit Charme und Witz zu übertünchen. Seine Chefin hatte wahrlich ihre liebe Mühe mit ihm und alle Hände voll zu tun, die erbosten Promis bei Laune zu halten und ihn zu entschuldigen. Dennoch erfreute sich Cormacs Kolumne großer Beliebtheit. Als Marietta von den wöchentlichen Kochrezepten in sein Metier wechselte, hätte er nie und nimmer zu glauben gewagt, dass diese Frau, die ihm schon zu Schulzeiten auf die Nerven ging, es tatsächlich fertig brachte, einen vernünftigen, annehmbaren Artikel zu schreiben. Geschweige denn, ein Interview zu führen. Als Glindola Donaghue darauf bestand, ihm, nach all den Unannehmlichkeiten, die er bereitet hatte, Marietta als 'Lehrling' zur Seite zu stellen, war für ihn eines klar: Edgecombe würde mit wehenden Fahnen untergehen! All das war bereits zehn Wochen her, und Cormac es leid, ständig auf das Pummelchen aufpassen zu müssen. Dass sie ihm nun den Rang ablief, gefiel ihm überhaupt nicht. Er verengte die grünen Augen zu Schlitzen, erlag dem Versuch, vielleicht von den Lippen lesen zu können. Jemand tippte ihm auf die Schulter, doch er scheuchte den Störenfried beiseite. Als ein erneuter Versuch unternommen wurde, seine Aufmerksamkeit zu erhaschen, wandte sich Cormac mit wutverzerrtem Gesicht zu dem Quälgeist um. Augenblicklich verschwand der Zorn, doch sein Gegenüber rümpfte nur das feine Näschen. Ellanore Silversbee Ihr Antlitz prangte seit Monaten auf den Covern der Hexenwoche, die Boulevardblätter waren voll mit Artikeln über ihren Erfolg und den Weg, der scheinbar einem Traum glich. Sie wäre sein nächster, großer Triumph. Hastig zwang Cormac seine Lippen zu einem einladenden Lächeln. »Verzeiht mein rüpelhaftes Benehmen, Schönheit.« Ihr Kichern war bei weitem nicht so liebreizend und wohlklingend, wie er angenommen hatte. Pummelchen und Barbary konnten ihm gestohlen bleiben, wenn er die bezauberndste Hexe seiner Zeit vor der Nase hatte. »Wo warst du denn gestern Abend?« Marietta hatte sich vor seinem Schreibtisch aufgebaut. Ihre Statur hatte nichts Bedrohliches an sich, dennoch jagte ihm ihr Blick einen leichten Schauer über den Rücken. »Sei leise, Pummelchen, mir schwirrt der Schädel.« Seine Worte unterstrich Cormac mit einem jammernden Stöhnen. »Scheinbar … hast du die Zeit vergessen?« Marietta neigte den Kopf, sodass ihr ein paar der rotblonden Locken über die Schulter fielen. Es hatte den Anschein, als glomm ein wenig Mitleid in ihren braunen Augen auf, doch Cormac traute der Fassade nicht. Zu recht – wie er in wenigen Sekunden feststellen musste. »Edgecombe«, diese horchte auf, als Miss Donaghue nach ihr rief. »Ein super Artikel. Grandios. Der wird unseren Kopf aus der Schlinge ziehen.« Marietta strahlte über das ganze Gesicht. Die Spitze, die seine Chefin jedoch austeilte, blieb ihm nicht verborgen. »Kopf aus der Schlinge, bla bla ...«, äffte er seine unmittelbare Vorgesetzte nach, erntete jedoch nur einen schiefen Seitenblick der Kollegin. »Du weißt, dass der Artikel heute noch in den Druck geht«, verkündete Marietta, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und wippte munter und sorglos von Hacken auf Ballen im Wechsel. »Ja, und? Das schaffe ich locker, auch mit Kater«, knirschte Cormac und machte eine scheuchende Bewegung in ihre Richtung. Marietta verstand den Wink, rührte sich jedoch nicht vom Fleck. »Ist noch was?«, knurrend entwich ihm jene Frage. »Vielleicht … habe ich versäumt dir mitzuteilen, dass Miss Donaghue den Artikel bis zwölf Uhr auf ihrem Schreibtisch haben möchte.« Sie mimte die Unschuld, doch sie nicht weniger verschlagen, als alle anderen Reporter. »Pfff«, schnaubte Cormac abfällig und schüttelte über ihre belanglose Information nur das blonde Haupt. »Zwölf Uhr, Mittags, Cormac. Also halte dich ran.« Marietta ließ endlich von ihm ab. Er pfiff auf ihren dämlich Rat, schmälerte jedoch kurz den Blick und keuchte, kaum hörbar, auf. »Schhhh … Drachenmist, verfluchter!« Die Uhr an seinem Handgelenk verwies auf viertel vor zwölf und er würde den Termin nicht einhalten können. Sich selbst anfeuernd, haute Cormac in die Tasten des altertümlichen Schreibgeräts. Mit einem breiten, selbstzufriedenen Grinsen, marschierte er an seinen Kollegen, Marietta eingeschlossen, vorbei und betrat er das Büro seiner Chefin. Miss Donaghue bedachte ihn mit einer erhobenen Augenbraue, nahm seine Schreibe jedoch entgegen und bedeutete ihm, sich wieder seiner Arbeit zu widmen. Der Tag neigte sich dem Ende, als ihm eine seltsame Nachricht in die Hände fiel. Schwebend hatte das Blatt Platz auf seinen Schreibtisch genommen. Cormac tat die Zeilen mit einem Wink ab. Zu viel Text. Doch als er das Getuschel der Kollegen vernahm, zwang er sich, das Papier näher zu betrachten. Seine Augen überflogen die Zeilen. Der Schreiber war gut, das musste er diesem Amateur lassen, denn sein Stil war es nicht. Der Abend der Gala wurde ansprechend beschrieben. Die Veranstalter gelobt und die Ehrengäste erwähnt. Kurz, bevor sich das Blatt dem Ende neigte, stutzte Cormac, hob den Blick, als wäre er auf der Suche. Marietta kam soeben den Gang entlang, in Begleitung von Eloise Cloverstone, eine der ältesten Mitarbeiterinnen des Tagespropheten. Doch der Wachhund würde ihn nicht aufhalten! »Du … du hast mich diskreditiert!« Seine Stimme schwoll an, als er sich den Frauen in den Weg stellte. Blut schoss ihm in die Wangen, während sein Puls unaufhörlich hämmerte. »Du hast dich selbst diskreditiert, als du deinen Kopf zwischen ihren unechten Brüsten hattest«, erklärte Marietta. »Sag bloß, die sind gar nicht echt?« Eloise Augenbraue hüpfte zum silbergrauen Haaransatz. Marietta schnaubte, schüttelte das lockige Haupt und verschränkte die Arme vor der Brust. Dass sie diesen dabei unweigerlich anhob, registrierte Cormac, doch sein Zorn auf diese Frau überwog, als den Anblick vielleicht genießen zu wollen. »Wir sind Journalisten, keine Paparazzi. Wenn du kopfüber im Ausschnitt von Silversbee hängst, wird es dich wohl kaum überraschen, dass gerade das eine fette Schlagzeile wert ist!« Wieder reckte Marietta das Kinn. Wut schäumte in ihm, reifte und brodelte. »Und eins noch: Beim nächsten Mal etwas weniger -« Marietta machte ruckartige Kopfbewegungen, die das Kippen von Shots imitieren sollte. »EDGECOMBE!« Seine von Zorn erfüllte Stimme hallte quer durch die Etage. Diejenigen, die sich noch an ihren Arbeitsplätzen befanden, zogen rasch die Köpfe ein. »Beruhig' dich, McLaggen«, gebot ihm seine neue Erzfeindin. »Du, du -«, schnaufte er und legte sich bereits genügend Beleidigungen zurecht, doch nicht eine wollte ihm über die Lippen kommen. »Das Ding geht nicht in den Druck.« Verdattert blinzelte er. »Sieh es einfach als kleinen Akt der Rache, als Dämpfer für dein Benehmen«, fügte Marietta hinzu und genoss das angenehme Gefühl des Erfolgs. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)