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Wunschlos

Eine unweihnachtliche Weihnachtsgeschichte
von

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IV. Der Morgen danach

Blasses Sonnenlicht fiel durch die offenen Gardienen in das Hotelzimmer, ließ Pakhet blinzeln. Sie brauchte nicht lang, um sich zu erinnern, wo sie war. Joburg. Das Hotel. Da war jemand anderes im Bett. Ja, der Mann von gestern. Caleb. Genau, sie hatte ihn eingeladen. Er war nett gewesen.

Sie richtete sich auf, drehte sich zu ihm um. Er hatte sie respektiert, war deutlich auf der anderen Seite des Bettes geblieben, berührte sie nicht und döste offenbar noch glückselig. Er war nicht gegangen, war nicht abgehauen, wie es manche machten – wie sie es machte, wenn sie in ein fremdes Zimmer kam.

Egal.

Hoffentlich würde die Trennung jetzt nicht zu dramatisch.

Sie hatte ein dunkles Nachthemd übergezogen. Ein besseres Hemd, der Stoff seidig, wenngleich keine echte Seide. Schließlich mochte sie es nicht, nackt zu schlafen. Auch nicht nach dem Sex.

Vorsichtig schob sie ihre Beine aus dem Bett, richtete sich auf, streckte sich.

Ihre Kleidung lag noch immer am Sofa. Nur seine Unterhose hatte er wieder angezogen, nachdem sie ein weiteres Mal in der Badewanne gewesen waren.

Sie nahm ihr Handy, schaute hinauf. Es war kurz nach neun. Recht spät für ihre Verhältnisse. Sie war Frühaufsteher. Egal. Es waren Feiertage. Sie musste nirgendwo sein. Die kommenden Nächte sollten ebenfalls länger werden, entsprechend war es nicht falsch.

So stand sie auf, ging zum Fenster, sah auf die Stadt hinauf. Die Sonnenstrahlen ließen die Stadt glitzern. Hatte es über Nacht geregnet? Wahrscheinlich nicht. Es regnete selten in dieser Gegend. Dennoch war die Atmosphäre so. So, wie sie oft nach dem Regen war.

Kurz atmete Pakhet durch, dann wandte sie sich, um zur Toilette zu gehen. Sie hatte ihre Morgenroutine und solange Caleb noch schlief, störte es sie nicht.

Mit einer Hand griff sie vorsichtig unter den linken Oberarm, wo ein kleiner Schalter versteckt war. Hätte sie die Prothese über Nacht angelassen, hätte sie die Batterie entleert. Also hatte sie sie ausgeschaltet, als Caleb weggedöst war. Hoffentlich hatte er nichts bemerkt.

Es war nicht so, als würde sie sich dafür schämen, doch war es eine Schwäche und sie hasste ihre Schwächen.

Ach, wäre es nur möglich den Arm zurückwachsen zu lassen. Doch das war Magie die weit die Fähigkeit eines menschlichen Magiers überstieg. Soetwas brauchte höhere Geister, Fae, Wesen, die enorme Preise für ihre Dienste verlangten – und diese Preise wurden nicht mit Geld bezahlt.

Es waren Schulden. Dienste. Sklavenarbeit.

Egal.

Sie ging auf die Toilette, spülte ab, wusch sich die Hände, dann das Gesicht, bewegte vorsichtig die linke Hand. Die Reaktion kam ihr verzögert vor. Bald sollte sie die Prothese aufladen. Nun, so lange würde Caleb nicht bleiben, oder?

Sollte sie ihn aufwecken?

Sie ließ es erst einmal. Kehrte ins eigentliche Hotelzimmer zurück, trat zu ihrem Koffer. Sie hatte selten den Schrank eines Hotelzimmers benutzt. Rasch öffnete sie das Zahlenschloss, zog Kleidung für den Tag heraus. Eine Bluse mit Ausschnitt, eine enge Jeans. Ja, das wäre nicht schlecht. Mit dem richtigen BH könnte sie ihre Figur ein wenig besser wirken lassen.

Sie sah zu Caleb, der noch immer zu schlafen schien, zog dann ihr Nachthemd aus, um sich die neue Kleidung überzuziehen.

Gerade knöpfte sie die Bluse zu, was dank der nur schwergängigen linken Hand nicht einfach war, als Caleb blinzelte. Er drehte sich gänzlich auf den Rücken, hob noch im Halbschlaf seine Hand, um die Augen von der Sonne zu schützen. Dann blinzelte er sie an. Ein mattes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Hey“, meinte er sanft.

„Guten Morgen“, erwiderte sie.

Für einen Moment musterte er sie. „Wolltest du gehen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe mich nur schon einmal angezogen.“ Kurz hielt sie inne. „Frühstück gibt es nur bis zehn.“

„Oh, ja.“ Nun setzte er sich auf, streckte sich. „Klar. Wie spät ist es?“

„Halb.“

„Oh. Entschuldige.“

Sie deutete ein Schulterzucken an, schlüpfte in ihre Sandalen. Kurz überlegte sie eine Perücke aufzuziehen, ließ es aber. Es würde nur zu unnötigen Fragen führen.

Er dachte nach, legte die Stirn in Falten. „Stef?“, meinte er.

Sie erwiderte seinen Blick, hob eine Augenbraue. „Ja?“

„Darf ich dich auf ein Frühstück einladen?“ Er räusperte sich verlegen. „Ich kenne hier in der Nähe ein nettes Bistro.“

Sie seufzte. „Laufdistanz?“

„Na ja, zu Fuß sind es zwanzig Minuten.“

Was sollte sie sagen? Eigentlich hasste sie es mit ihren nächtlichen Eroberungen zu Frühstücken. Es bedeutete mehr reden und sie traf sich mit ihnen nicht zum Reden. Doch vielleicht … Sie zuckte noch einmal mit den Schultern. „Danach gehen wir getrennte Wege?“

„Wenn du willst“, erwiderte er.

Was sollte das heißen? „Ja, das ist es, was ich will.“ Sie seufzte, setzte sich wieder hin. Zum Laufen würde sie diese Sandalen garantiert nicht tragen.

Sie fischte ein Paar dunkler Laufschuhe aus dem Koffer, zusammen mit dünnen Socken, zog sich beides an. Dann musterte sie ihn. „Willst du in Unterhose gehen?“

Er lachte verlegen. „Natürlich nicht.“ Damit stand er auf, ging zu ihr hinüber, sammelte seine Kleidung auf. Sein Blick verharrte auf ihrem Ausschnitt.

Sie verdrehte die Augen, schaute ihn an. „Was?“

Jetzt zuckte er mit den Schultern, schlüpfte in sein Hemd, knöpfte es zu, zog sich dann seine Anzughose an. Sein Blick wanderte über den Boden, dann über das Sofa, bis er das Jackett auf dem Sessel entdeckte.

So zog er sich fertig an, ehe auch er kurz in der Toilette verschwand.

Während er dort war, überprüfte sie ihre Handtasche. Handy. Waffe. Portemonnaie. Gut. Noch alles da. Misstrauen war immer besser.

Dann schulterte sie die Tasche, nahm die Zimmerkarte und steckte sie in die hintere Hosentasche der Jeans.

Als Caleb aus dem WC kam, sah er sie an. Er wirkte wieder etwas angespannt, nervös. „Wollen wir dann?“

Sie nickte. Warum auch nicht? Bistro klang gar nicht so schlecht. Obwohl sie sich fragte, ob es nicht schwer wäre, am 25. Dezember irgendwo etwas zu finden. Weihnachtsbrunch war nicht so ungewöhnlich, oder?

Er wartete an der Tür auf sie, hielt sie für sie auf, brachte sie damit dazu die Augen zu verdrehen.

„Keine Sorge, ich glaube nicht, dass du dazu nicht fähig wärst“, murmelte er, trat zur Seite, um sie die Tür schließen zu lassen.

Sie gingen zum Aufzug, warteten. „Und?“, fragte sie. „Was machst du heute?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe heute Abend Dienst.“

„Keine Weihnacht für Polizisten, eh?“

„Nein“, erwiderte er. „Morgen fahre ich zu meinen Eltern.“

„Ah.“

„Ja.“

Der Aufzug öffnete sich mit dem wohlvertrauten doppelten Pling, das sagte, das es abwärts ging.

So stiegen sie in die Kabine, fuhren schweigend hinab. Ach, wahrscheinlich wäre es besser, wenn sich jetzt ihre Wege trennten. Es wäre einfacher. Warum zögerten sie es hinaus?

„Wo ist das Bistro?“, fragte sie.

Er nannte die Straße. „Es sollte wirklich nicht weit sein.“

„Ja.“ Sie nickte. „Was ist mit deinem Wagen?“

„Ich nehme ihn nach dem Frühstück mit.“

„Ah. Okay.“ Dann würden sie gemeinsam zurückgehen? Vielleicht konnte sie etwas vorschürzen, warten, ein Taxi nehmen oder so. Wenigstens lag ihre Tasche gewohnt schwer in ihrer Hand. Ihre Waffe, sie hatte immer ihre Waffe.

Sie gingen über den Parkplatz. Ein wenig ungewohnt waren Fußwege schon, selbst wenn es hier bei weitem nicht so ungewohnt, wie früher in den USA war. Amerikaner liefen so selten. Bei der grausamen Organisation von Suburbia kein Wunder.

Endlich erreichten sie die Straße, gingen in die Richtung, die Caleb vorgab. Noch immer schweigend.

Jetzt aber räusperte er sich. „Darf ich eine Sache fragen?“

Sie schenkte ihm einen Seitenblick. Wenn jemand so anfing, war die beste Antwort eher „Nein“. „Wahrscheinlich nicht.“

Er schürzte die Lippen. „Du musst nicht antworten.“

Sie erwiderte nichts.

Nervös räusperte er sich. „Dein Arm“, meinte er, „was ist damit?“

„Mein Arm?“ Sie stellte sich dumm.

„Dein linker Arm.“ Er seufzte. „Eine Prothese, oder?“ Als sie nicht antwortete leckte er sich erneut über die Lippen. „Ich habe so eine Prothese nur noch nie gesehen.“

„Woher nimmst du überhaupt, dass es eine Prothese ist?“ Der Zauber sollte ihn eigentlich täuschen. Hatte er vielleicht nachgelassen, als sie geschlafen hatte? Hatte er dabei etwas bemerkt? Hatte er gesehen, wie sie die Prothese ausgestellt hatte?

Caleb zuckte mit den Schultern. „Es war nur kalt und … Weniger fest. Es hat sich anders angefühlt. Und du hast eine Narbe auf der Schulter, die plötzlich anfängt. Ich nehme an …“ Er schüttelte rasch den Kopf, verstummte. „Es tut mir leid. Ich … Das hätte ich nicht erwähnen sollen.“

Sie erwiderte nichts. Ach, wie sie es hasste. Warum hatte er es sehen können? Wie hatte er den Zauber durchschaut?

Ach, es war egal. Es war egal. Sie musste ihn nicht wieder sehen. Sie würde ihn nicht wiedersehen. Niemals. Das Land war groß. Sie würde ihn nicht wieder treffen. „Ja. Es ist eine Prothese“, brummte sie. „Aber warum ich sie habe geht dich nichts an.“

Jetzt schwieg er.

„Hat es dich nicht gestört?“, fragte sie.

„Nein.“ Seine Antwort war nicht wortreich.

Sie wartete, lief weiter neben ihm.

„Wie gesagt, ich mache so etwas normal nicht und ich …“ Ein dieses mal sehr ausschweifendes Schulterzucken. „Ach, warum sollte es wichtig sein?“

Was auch immer sie darauf sagen sollte …

Sie lief stumm neben ihm her. Es war egal. Vielleicht sollte sie doch schon gehen, sollte sich von ihm trennen. Sie konnte auch woanders ein Frühstück finden. Dennoch war es schade. Er war nett. Netter als viele, mit denen sie normal schlief. Umgänglich. Die Art Person, mit der sie klarkam. Die Art von Person, mit der sie in einem anderen Leben vielleicht befreundet gewesen wäre, hätte ihr Lebensstil dafür den Platz. Sie seufzte.

Wie lange liefen sie so? Irgendwann stupste er sie an, nickte zu einer Ampel. „Da müssen wir rüber.“

„Okay.“ Sie nickte, blieb stehen, drückte auf den Fußgängerschalter. Dann wartete sie.

„Entschuldige“, meinte er. „Dass ich dich danach gefragt habe, meine ich.“

„Es ist schon gut“, murmelte sie. Es war eine Lüge, doch was sollte sie sonst sagen?

„Wieso habe ich das Gefühl, dass das nicht stimmt?“ Sein Lächeln war sanft. Er berührte sie nicht, ahnte wahrscheinlich, dass sie es jetzt nicht akzeptieren würde.

„Was soll ich sonst sagen?“

„Ich weiß es nicht.“

Wenigstens er war ehrlich.

Pakhet sah auf die Ampel auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die endlich auf grün sprang. Sie leckte sich über die Lippen. „Weißt du, du bist ein netter Typ.“ Hoffentlich würde sie diese Worte nicht bereuen. „Aber … Das hier war nicht mehr, als ein wenig Unterhaltung für eine Nacht. Und du … Die Dinge gehen dich nichts an, ja?“

„Ich verstehe.“ Er holte tief Luft, lief neben ihr her, als sie die Straße überquerte. „Entschuldige. Wirklich.“

Sie nickte.

Wieder schwiegen sie, bis er wieder sprach. „Danke“, meinte er dann.

„Wofür?“

„Letzte Nacht. Es war … schön.“ Er lächelte matt. „Ich hoffe auch für dich.“ Jetzt wirkte er wieder verlegen.

„Ja“, antwortete sie. „Wie gesagt. Du bist nett. Das ist mehr, als ich über viele andere sagen kann.“

„Danke.“ Er klang unsicher.

Erneutes Schweigen, bis seine Schritte sich verlangsamten. Er zeigte auf einen Laden, eine gläserne Front, auf der das Logo des Bistros aufgedruckt war. Langsam und tief holte er Luft. „Da sind wir.“

Sie nickte. Vorsichtig berührte sie seinen Arm. Jetzt suchte sie seinen Blick, lächelte matt. „Dann lass uns mal.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Taroru
2018-12-27T22:00:31+00:00 27.12.2018 23:00
an sich frage ich mich ja... warum sie so ein problem mit ihrer prothese hat, also was da noch dahinter steckt, wie es dazu kam und und und (das so was nicht angenehm ist, kann ich mir sehr gut vorstellen, aber ich hoffe du verstehst was ich meine)
und ja, mir kommt caleb auch echt nett vor, vielleicht etwas zu nett....
ich bin nu jedenfalls gespannt auf das frühstück ^^


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