Date oder Deal? von MariLuna ================================================================================ Kapitel 17: Mittwoch Abend -------------------------- Kapitel 17 Mitwoch Abend   Dieser Tag war grandios, aber Victor freut sich darauf, ihn perfekt enden zu lassen. Auch wenn Shredder im Moment ein eher zweifelndes Gesicht zieht. „Wenn ich gewusst hätte, wohin du mich bringst, als du sagtest, dass wir Essen gehen..." Mit einer betont unschuldigen Miene langt Victor über den Tisch und wischt ihm ein nicht vorhandenes Staubkorn von der Schulter. „Du passt toll hier rein, keine Sorge", lächelt er dann. „Dieses schwarze Jeanshemd steht dir fantastisch." So fantastisch sogar, dass er kaum die Hände von ihm lassen kann. Aber so viele unsichtbare Staubkörner gibt es gar nicht und irgend wann wird es auffällig, also nimmt er jetzt lieber die Weinkarte zur Hand. Dies hier ist zwar ein französisches Restaurant, aber eher eines für „normale" Leute. In Jeans und T-Shirt sollte man hier zwar nicht sitzen, aber Jeans und Hemd sind völlig okay. „Hier bekommt man doch ohne Reservierung gar keinen Tisch", leichtes Misstrauen schleicht sich in Shredders Miene, je gründlicher er sich umsieht. Gehobenes Ambiente, stilvolle Tischdekoration und der Getränkekarte nach gute Weine. Und eines muss er zugeben: Victor sieht in seinen hellen Jeans und dem blauen Hemd mit den abgesetzten hellen Brusttaschen einfach nur blendend aus. Es fällt ihm schwer, ihn nicht ständig anzustarren, also kaschiert er das wie schon so oft an diesem Tag mit vorgeschobenen Pragmatismus. „Wann hast du hier angerufen und diesen Tisch bestellt?" Denn es ist bestimmt kein Zufall, dass sie einen der besonders schönen Tische, den einzigen mit Sitzbank und etwas abseits gelegen, einen Platz, wo ihre Privatsphäre gewährleistet wird, bekommen haben. „Sonntag", kommt es verschmitzt zurück, „gleich, nachdem du weg warst." Und als Shredder ihn daraufhin nur verdattert anstarrt: „Ja, du sagtest, dein Clou steige Dienstag. Und ich habe dich ja eigentlich erst Mittwoch, also heute, erwartet. An deinem ersten Abend wollte ich dir etwas Besonderes bieten. Um", fügt er mit gesenkter Stimme und blitzenden Augen hinzu, „dich in die richtige Stimmung zu bringen." Shredder starrt ihn weiterhin verdutzt an, blinzelt einmal und weicht dem herausfordernden stahlblauem Blick des Rattenkönigs geflissentlich aus. Stattdessen betrachtet er lieber die noch nicht angezündete Kerze und die gläserne Vase mit den Tulpen und Narzissen zwischen ihnen auf dem Tisch. „Ich verstehe...", er räuspert sich, hebt tapfer den Blick und wagt ein kleines Lächeln. „Du scheust wirklich keine Kosten und Mühen." Victor blinzelt schelmisch. „Wofür soll ich meine heute verdiente Provision sonst ausgeben?" Shredder lächelt zurück, aber noch bevor er etwas darauf erwidern kann, taucht die Bedienung an ihrem Tisch auf. Charmant lächelnd reicht sie ihnen die Speisekarte und zückt dann erwartungsvoll ihren Block. „Haben die Herren schon die Getränke gewählt?" Shredder gibt Victor mit einer Geste zu verstehen, dass er ihm allein die Auswahl überlässt, und so bestellt Victor einen guten Rotwein. Die Frau zögert und wendet sich dann mit einem verlegenen Lächeln an Shredder. „Tut mir leid, aber kann ich Ihren Ausweis sehen? Alkohol ist für Minderjährige verboten." Victor bricht in haltloses Kichern aus, tarnt es aber schnell als Hustenanfall, während Shredder erst ihm und dann der Bedienung einen wahren Todesblick zuwirft. Er holt aus seiner Gesäßtasche seine Brieftasche hervor und aus der seinen Pass, den er ihr wortlos reicht. Sie nimmt ihn mit spitzen Fingern und verwirrter Miene. „Was ist das?" fragt sie und beginnt ratlos darin zu blättern. „Ein japanischer Reisepass", erklärt Shredder betont freundlich. Sie wirft einen kurzen Blick hinein und reicht ihn dann verlegen zurück. „Ich bringe Ihnen Ihren Wein." Mit diesen Worten eilt sie davon. Victor gibt auf und bricht in unterdrücktes Gelächter aus. „Das arme Kind." Dann schnappt er sich das Dokument aus Shredders Hand, bevor dieser es wieder zurück stecken kann, um selbst mal einen Blick hinein zu werfen. Japanische Reisepässe, stellt er fest, sehen unglaublich cool aus. Abgesehen von dem Foto, interessiert ihn natürlich besonders das Geburtsdatum. „Stimmt, du bist definitiv älter als fünfundzwanzig", erklärt er in Anspielung auf ihr erstes Gespräch zu diesem Thema und gibt ihm den Pass zurück. „Aber trotzdem bist du jünger als ich. Und-", fügt er verschmitzt hinzu, „du siehst fast noch jünger aus als auf deinem Foto im Pass." Shredder steckt erst einmal ganz ruhig seinen Pass wieder ein, dann schnellt er nach vorne, packt ihn am Kragen und zieht ihn quer über den Tisch zu sich hinüber, ganz knapp an der Tischdeko vorbei. Wortlos drückt er ihm einen wilden Kuss auf und lässt ihn wieder los, bevor Victor Gelegenheit hatte, anständig darauf zu reagieren. Ein tadelndes Räuspern von einem der besetzten Nachbartische erinnert sie daran, dass sie hier nicht alleine sind. „Keine Sorge", erklärt Shredder dem Pärchen mittleren Alters kühl. „Das geht wirklich in Ordnung. Ich bin viel älter als ich aussehe." Victor versucht, nicht in hysterisches Gelächter auszubrechen. Wirklich gelingen will es ihm nicht. Es dauert eine Weile, bis er sich wieder gefasst hat. In der Zwischenzeit blättert sich Shredder durch die Speisekarte. „Na, zum Glück bieten die hier keine Froschschenkel an, dann müsste ich dich nämlich bitten, mit mir dieses Restaurant zu verlassen." Victor wirft ihm über seine eigene Speisekarte einen neugierigen Blick zu. „Nicht dass ich Froschschenkel mag, aber: was hast du dagegen, abgesehen von der brutalen Ernte-Methode?" „Hast du schon mal von den Punk-Fröschen gehört?" „Ja. Sie sind mit den Grünen befreundet, oder?" Aus Rücksicht auf alle, die hier zuhören, vermeidet er den Namen „Turtles". Sie haben mit diesem Kuss schon genug provoziert, für verrückt muss man sie nicht auch noch halten. „Leider." Shredder seufzt einmal tief auf. „Ich habe sie gefunden und trainiert. Sie sollten mir gegen die Grünen helfen, aber die haben sie umgedreht und gegen mich gehetzt. Seitdem versuchen die Froggies einfach nur neutral zu bleiben. Irgendwie gelingt es ihnen sogar, sowohl mit denen wie mit mir befreundet zu sein." „Das klingt wie eine spannende Geschichte." „Vielleicht erzähle ich sie dir mal", erwidert Shredder ausweichend. Victor nickt nur und hakt nicht weiter nach. Alles an Shredder verrät ihm, dass er es ihm entgegen seiner Zurückhaltung sehr wohl erzählen will, und so überrascht es ihn auch nicht, dass Shredder es nur bis zum Hauptgang durchhält. Glücklicherweise. Victor hat nichts gegen seichten Small Talk, vor allem nicht mit Shredder, aber die letzte halbe Stunde, wo sie erst auf ihr Essen gewartet und dann ihre Vorspeise (vier kreative Grüße aus der Küche) genossen haben, fiel es Victor immer schwerer, sich auf Worte zu konzentrieren. Seine Gedanken wanderten zunehmend in ganz andere Richtungen - und keine davon jugendfrei. Also nein, als Shredder ihm von sich und den Punk-Fröschen erzählt, ist er geradezu erleichtert. Shredders Stimme ist eine gute Untermalung zum Filet von der Dorade. Aber es ist, findet Victor, keine schöne Geschichte, auch wenn Shredder sie mit viel Selbstironie würzt. Victor hasst Illoyalität. Man kann und darf konträrer Meinung sein, aber darüber sollten Freundschaften nicht zerbrechen. Und eine Freundschaft war es, das verrät ihm Shredders schiefes Lächeln. Es hat ihn sehr getroffen, und er ist eindeutig froh, dass sie inzwischen wieder so etwas wie eine vorsichtige, freundschaftliche Basis gefunden haben. Aber das wundert Victor nicht im Geringsten. In Anbetracht der Tatsache, wie gerne und ausgiebig er nach dem Sex kuschelt, ist Shredder unter seiner harten Schale ein sehr harmoniebedürftiger Mann. Je länger er sich mit Shredder in diesem entspannenden Rahmen unterhält, desto besser versteht er, wieso er sich in ihn verliebt hat. Dieser Kerl besitzt nicht nur ein ansprechendes Äußeres, sondern auch einen brillanten Verstand. Er kann herrlich stur sein, aber er ist nicht engstirnig. Mit den richtigen Argumenten kann man ihn erreichen - wenn auch nicht immer überzeugen. Sich mit ihm zu unterhalten ist niemals langweilig. Und dazu dieser tiefschwarze Humor... Er ist einfach nur perfekt.     War das Essen schon eine Herausforderung für seine Selbstbeherrschung, so ist es der Heimweg jetzt erst recht. Deshalb bemüht sich Victor, den neben ihm schlendernden Mann möglichst nicht öfter anzusehen als nötig. Er versucht, nicht mal daran zu denken, wie bezaubernd Shredder in diesem Kurzmantel mit der Doppelreihe Goldknöpfen aussieht und wie gut ihm dieser lässige Military-Look einfach steht. Er könnte sonst seine Prinzipien vergessen. Zum Glück ist seine Wohnung nur zehn Minuten entfernt. So lange kann er sich bestimmt beherrschen. „Das fühlte sich irgendwie an wie ein Date", meint Shredder schon auf den ersten fünfzig Metern vergnügt. „War das ein Date?" Victor atmet einmal tief durch und ringt sich ein kleines Lächeln ab. „Das war nur ein Abendessen." „Oh." Weder Shredders Stimme noch seine Miene verrät, ob er darüber enttäuscht ist. Victor spürt, wie Schmetterlinge in seinem Bauch erwachen. „Du merkst es schon, wenn es ein Date ist", verspricht er ihm und schlägt sicherheitshalber einen scherzhaften Tonfall an. Dabei hat es sich auch für ihn wie ein Date angefühlt. Verdammt nochmal. Blöder Mist. Shredder gibt ein unbestimmtes Brummen von sich. Für die Dauer einiger Atemzüge gehen sie schweigend nebeneinander her. „Na", meint Shredder dann und tätschelt sich grinsend den eigenen Bauch, „auf alle Fälle habe ich lange nicht mehr so gut und viel gegessen." Victor stockt einen Moment. In Anbetracht der Schwierigkeiten, in denen das Technodrome und seine Bewohner steckten, ist diese Bemerkung nicht im Geringsten witzig. Scheiß drauf, denkt er dann, dreht sich zu ihm um und nimmt ihn fest in seine Arme. „Oh, mein armer Liebling. Dann wirst du ab jetzt gemästet." Und er meint das durchaus ernst. Nicht das mit den Mästen, aber auf regelmäßige Mahlzeiten wird er bestehen. „Unterstehe dich!" Lachend schiebt Shredder ihn von sich. „Ich muss die überflüssigen Pfunde dann nur wieder abtrainieren." Victor verbeißt sich ein Schnauben. Als ob Shredder das nötig hätte. Der Mann besteht quasi nur aus Muskeln. Aber trainieren klingt gut. „Ich gehe regelmäßig zum Kickboxen. Kannst gerne mitkommen. Ich hab schon lange keinen guten Sparringspartner mehr gehabt." „Ich auch nicht. Rock und Beeps sind keine richtigen Gegner für mich. Ich hab immer Angst, sie kaputt zu machen." Sie sehen sich einen Moment lang nur an und lachen dann beide beinahe gleichzeitig los. Und können dann irgendwie gar nicht mehr damit aufhören. Sie sind albern, stellt Victor bei sich fest. Das ist schön. Er hat schon lange nicht mehr so unbedarft herumgealbert. Immer noch lachend hakt er ihn bei sich unter und zieht ihn so dicht an seine Seite. Shredder ist hübsch und warm und riecht gut, und ehe es sich Victor versieht, hat er schon seine Nase in diesem schwarzen Haarschopf vergraben und zieht diesen Duft tief in seine Lungen. „Beeilen wir uns", raunt er verdorben. „Ich hab heute noch einiges mit dir vor." „Das hoffe ich doch", kommt es regelrecht zurück geschnurrt und dann ist nicht mehr so wirklich klar, wer hier wen eifrig mit sich zieht...   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)