Date oder Deal? von MariLuna ================================================================================ Kapitel 15: Dienstag VII ------------------------ Kapitel 15 Dienstag   Ungeduldig verlagert Victor sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und wirft einen Blick nach oben. Aber die Stadt ist zu hell, er kann nur den Mond sehen, keine Sterne. Schade. Irgendwo da hinten bei den Müllcontainern hört er eine Ratte rascheln. Sie denkt ans Fressen und an ihre hungrigen Kinder im Nest. Und an Sex. Uh. Frivoles kleines Ding. Victor verbeißt sich ein Grinsen und sieht zu Shredder hinüber, der drei Schritte neben ihm mit seinen Leuten im Technodrome „telefoniert". Jeder vernünftige Mensch hätte das im Warmen, in der Bar erledigt, aber nicht Shredder, oh nein. Aber seine Begründung war einfach nur süß: sie würden die Bar im Hintergrund hören und er wolle ihnen nicht noch unter die Nase reiben, dass er sich amüsiere, während sie in dieser Ruine festsitzen ... Ehrlich, dieser Mann ist einfach nur süß. Er will nicht lauschen, aber den wenigen Satzfetzen nach, die er auffängt, scheint die Energiequelle, die sie heute geklaut haben, den erwünschten Effekt zu haben. Es dauert zwar noch etwas, bis alle Reparaturen abgeschlossen sind, aber mit dem Technodrome geht es wieder bergauf. Man kann Shredder anhören, wie erleichtert er ist. Als sich das „Telefonat" offensichtlich dem Ende zuneigt, fasst Victor den Riemen der Reisetasche über seiner Schulter etwas fester und geht langsam auf Shredder zu. Er erreicht ihn, als dieser gerade seinen Kommunikator in seiner Jackentasche verschwinden lässt. „Na, alles paletti da drüben?" erkundigt sich Victor lässig. „Ja. Danke, dass ich sie anrufen durfte." Victor starrt ihn einen Moment nur völlig perplex an. „Gern geschehen", meint er und setzt dann, nur, damit das zweifelsfrei klar ist, hinterher: „Du darfst jederzeit nach Hause telefonieren. Dafür musst du mich nicht fragen." „Danke." Wieder starrt Victor ihn nur verdutzt an, beschließt dann aber, das Thema nicht weiter zu vertiefen. „Komm", meint er nur und wirft ihm seine Tasche zu - er ist schließlich nicht sein Butler, „wird Zeit, dass du deine Schulden bei mir einlöst." Shredder wird wieder so hübsch rot, doch er lächelt auch. Und bei diesem Anblick fragt sich Victor, wie lange er es wohl noch aushält. Aber er hat auch seine Prinzipien - kein Geknutsche auf offener Straße.     Es fällt ihm verdammt schwer, seinen Prinzipien treu zu bleiben. Shredder geht zu dicht neben ihm und die Erinnerungen sind noch alle viel zu frisch. Sogar die von Sonntag haben sich tief in sein Hirn geätzt. Sie sind teilweise sogar stärker als die von der Zugfahrt, und dabei sind Letztere gerade mal ein paar Stunden her. Victor findet es irritierend, wenn sein Körper seinem Verstand etwas diktieren will. Normalerweise, wenn sein Körper sagt: ich will Sex, dann hat sein Verstand das letzte Wort. So gut sollte Mann sich im Griff haben, findet er. Egal, wie hoch der Alkoholspiegel im Blut auch sein mag. Das ist es, was zivilisiertes Benehmen ausmacht. Aber diesmal ist es nicht die Spannung in seinem Unterleib, dieser Ruf nach Sex, der ihm zu schaffen macht – das empfindet er sogar als sehr angenehm – sondern noch etwas völlig anderes. Etwas viel Emotionaleres. Etwas, was er schon lange nicht mehr verspürt hat. Nicht einmal – und das tut ihm leid, vor sich selbst zugeben zu müssen – bei seinem Ex. Wenn er genauer darüber nachdenkt, gab es dieses Gefühl zwar als sie zusammenkamen, aber selbst damals war es viel schwächer als das, was er jetzt fühlt, wenn er den Mann neben sich nur ansieht. Und wenn er daran denkt, wie groß sein Liebeskummer war, als sein bescheuerter Ex ihn verließ, obwohl er nur im Ansatz dasselbe für ihn empfand wie jetzt augenscheinlich für Shredder …. dann sollte er schleunigst Reißaus nehmen. Das wird nicht gut enden. Das wird dich umbringen. Davon erholst du dich nie wieder... und dennoch … Als sie schließlich das Mietshaus erreichen, in dem er wohnt, hält er es nicht mehr aus. Er weiß, es ist ein Fehler. Einer, den er immer wieder begeht und den er sich irgendwie nie abgewöhnen kann. Er weiß doch, dass es ein Fehler ist, diesmal ein noch viel größerer als sonst und trotzdem... Vor der Wohnungstür zieht er Shredder - so warm und bildschön und genauso leicht angetrunken wie er selbst - dicht an sich und in seine Arme. Er riecht nach der Bar, aus der sie gerade kommen - nach kaltem Zigarettenrauch, Steaksoße und Bier - und das hat sich mit seinem Eigengeruch vermischt, daraus ist etwas herbes, absolut männlich-verwegenes geworden und noch nie, nie, niemals hat sich ein Mann in seinen Armen so verdammt gut angefühlt. Und trotzdem sind die Worte, die auf seiner Zunge liegen, ein Fehler. Aber er kann nicht anders. „Hm, Saki", murmelt Victor leicht beduselt in Shredders schwarzen Haarschopf, „ich glaube, ich verliebe mich hier gerade in dich. So richtig, mit Haut und Haaren." Shredder schweigt zuerst darauf, klammert sich nur stärker an Victors Mantel fest und schmiegt sein Gesicht an dessen Hals. „Gut", gibt er schließlich leise zurück. „Das geschieht dir ganz recht."     Vielleicht war es diese Bemerkung, die Victor zu dieser Entscheidung veranlasste. Vielleicht der unangenehme Stich in seiner Brust, den diese auslöste. Vielleicht war es aber auch nur zu lange her, vielleicht sehnte sich sein Körper schon viel zu lange danach, mehr zu spüren. Vielleicht fühlt er sich auch unter Druck gesetzt, Shredder zu beweisen, dass er es ernst meint. Letztendlich ist es unwichtig, wieso er es tut. Wichtig ist nur der Ausdruck in Shredders Gesicht, als Victor seine Erwartungen darüber, wie es diese Nacht ablaufen soll, auf den Kopf stellt. Victor kann es ihm nicht einmal verübeln – er hat ihm mit seiner Wortwahl und seinen Forderungen, was diesen Deal betrifft, ja keine andere Wahl gelassen als genau so zu denken. Victor hat nicht gelogen, als er ihm verriet, er sei genauso gerne Bottom wie Top. Und ja, Shredders überraschte Miene, als Victor sich einfach selbst kompromisslos auf ihn pfählt, ist Gold wert. Den leichten Schmerz in seinem Hinterteil, den das verursacht, weiß er zu würdigen – selbst Schuld, wenn man es so eilig hat. Und als er Shredder da so liegen sieht, mit diesem glühenden Blick, der sich ihm tief unter die Haut brennt, und ihn dazu noch in sich spürt, diese Verbindung, kann er gar nicht anders als sich zu ihm hinunterzubeugen. Nicht nur, um sich einen leidenschaftlichen Kuss zu stehlen, sondern auch, um ihn zu spüren. Es war ihm bisher nicht klar, aber sein Hunger nach Wärme und Nähe steht dem Shredders in nichts nach. Und an dieser Stelle sagt er Vernunft und Verstand nur zu gerne Adieu und lässt sich fallen.     Es dauert ziemlich lange, bis sein Verstand wieder zurückkehrt. Das erste, was er spürt, ist das tiefe, singende Gefühl tiefster Befriedigung irgendwo ganz tief drin in ihm, das nur langsam durch andere, weltliche Dinge abgelöst wird. Ein heftig pochendes Herz, ein kleiner Anfall von Luftnot und vor allem – das Wichtigste: Wärme. Ein warmer, lebendiger Körper und klebrige Nässe überall. Der scharfe Duft von Schweiß und Sex umhüllt ihn, weist sein träges Hirn darauf hin, was hier geschehen ist und wieso er sich so matt und zufrieden fühlt. Und dann erinnert er sich langsam auch wieder und für einen kurzen, kostbaren Moment badet er darin. Aber je klarer er wird, desto bewusster wird er sich, dass er Shredder immer noch in seinen Armen hält. „Hey, wo willst du hin?“ Shredder klingt leise und erschöpft, doch der Griff seiner Hand um Victors Taille ist sehr, sehr fest. Victor, der gerade dabei war, sich von ihm fort auf die andere Seite zu drehen, erstarrt verwirrt mitten in der Bewegung und fällt gehorsam wieder zurück in seine alte Position. Das heißt von Angesicht zu Angesicht, dicht an dicht, zurück in Wärme und Nähe. Zuerst zögerlich, doch dann immer sicherer werdend, wagt er es, Shredders Geste zu entgegen und seinerseits einen Arm um ihn zu legen. Es dauert eine Weile, bis seinem benebelten Gehirn bewusst wird, dass er dabei war, in alte Gewohnheiten zurück zu fallen. „Du magst das?“ fragt er leise, hoffend, während seine Hand sanft über diese schöne, goldbraune und jetzt auch sehr verschwitzte Haut streichelt. Shredder gibt nur ein zustimmendes Brummen von sich und kuschelt sich enger an ihn. Sein Atem ist ein warmer, schneller Hauch an Victors Schulter. Er schmiegt sich so mühelos an Victors Körper, als wäre er dafür geschaffen. Noch nie war ein Größenunterschied von einem halben Kopf so perfekt! „Wir sind so kompatibel“, stellt er leise staunend fest. „Sagte der, der mir eben die kalte Schulter zeigen wollte...“ grummelt es verschnupft gegen seine Schulter. „Verzeih“, lächelnd schließt Victor seine Arme etwas fester um ihn. „Die Macht der Gewohnheit. Mein Ex stand gar nicht auf Kuscheln nach dem Sex.“ „Und was war das vorgestern?“ „Ich sagte nicht, dass ich nicht darauf stünde, oder?“ Shredder schweigt einen Moment. „Wie lange hast du es denn mit diesem idiotischen Produkt eines Eisschranks ausgehalten?“ fragt er dann mit kaum verhohlener Verachtung für diesen „Eisschrank“ in seiner Stimme. „Drei Jahre.“ Victor hört und spürt, wie Shredder etwas hin und her rutscht, um eine bequemere Position zu finden. Als er sie schließlich gefunden hat, fühlt er sich von Armen und Beinen gleichermaßen umschlungen. Jesses – er hat sich einen Oktopus eingefangen! Er liebt das! Begeistert senkt er den Kopf etwas, vergräbt seine Nase in Shredders schönem, schwarzem Haar und zieht seinen Duft tief in seine Lungen. Es riecht nach Schweiß und Sex und kaltem Rauch, Steaksoße und einem letzten Hauch von Wald und Laub und Gras. Ein ganzer Tag steckt in diesem Duft. „Er hat sich vor drei Wochen von mir getrennt“, hört er sich plötzlich selber sagen. „Erklärte mir, ich sei zu langweilig, nahm mir den Schlüssel zu seiner Wohnung ab und setzte mich vor die Tür wie einen Sack Müll.“ Daraufhin schnaubt Shredder nur und platziert einen kleinen Kuss an seinem Hals, bevor er sich wieder eng an ihn schmiegt. „Ich nehme mal an, er kannte nur Victor, aber nicht den Rattenkönig?“ „Soll das heißen, ich bin langweilig, wenn ich nicht als Rat King unterwegs bin?“ protestiert Victor leicht gekränkt. „Nee.“ Mit einem genervten Seufzer hebt Shredder den Kopf und reckt sich ihm entgegen, bis ihre Gesichter auf gleicher Höhe sind. Jedes seiner Worte verursacht einen warmen Hauch auf Victors Lippen und sie sind sich so nahe, dass er die kleinen goldenen Sprenkel in Shredders braunen Augen sehen kann. „Das heißt nur, dass das nicht passiert wäre, wenn du du gewesen wärst.“ Er lächelt und Victor lächelt unwillkürlich zurück, als er versteht, dass sie beide gleichzeitig an seine Worte im Zug denken. Sei einfach du, okay? „Victor Falco ist Rat King und Rat King ist Victor Falco“, fährt Shredder dann fort. „So, wie ich Oroku Saki und immer gleichzeitig auch Shredder bin. Kann man nicht trennen. Ist nun mal so. Ich hab auch lange versucht, Oroku Saki abzuschütteln, aber das geht einfach nicht. Eine Maske hilft nur, so zu tun, als wäre man jemand anders. Du hast dich in deiner Beziehung mit diesem Eisschrank verbogen, und was hat es dir eingebracht?“ „Dich“, stößt Victor spontan hervor. Er will ihn küssen, aber Shredder kommt ihm zuvor. Und schon wenig später wälzen sie sich in den Laken und machen da weiter, wo sie vor zehn Minuten aufgehört haben.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)