Die Leiden des jungen Pizzaboten von Mondtaenzerin (Manchmal hat man Pech und manchmal einfach kein Glück) ================================================================================ Kapitel 7: Mit echtem Guanciale und ohne Zwiebeln ------------------------------------------------- Nachdem ich drei weiteren weiteren, einsamen Seelen den Weihnachtsabend mit Pizza versüßt hatte – denn Pizza macht bekanntlich alles besser – führte mich meine letzte Bestellung an diesem Abend in ein eher abgefucktes sozialschwaches Viertel. Die Wohnungen an dem Haus besaßen keine Sprechanlage und mehrmals drückte ich auf den Namen Lenghton, wollte schon die Nummer anrufen, die mir bei der Bestellung hinterlassen wurde, als man mich dann noch in das Haus ließ. Gewöhnt daran, dass die Leute mir die Wohnungstür dann auch direkt öffneten, lief ich einmal durch das gesamte Treppenhaus, nur um dann wieder ins Erdgeschoss mit Blick auf die Klingelschilder zu hechten. Dort fand ich dann den gesuchten Namen, auch wenn ich mich etwas unwohl fühlte, als ich das Gebrüll hinter der verschlossenen Tür vernahm. „Mum, ich mach' die Tür auf! Nein! Scheiße, du bist betrunken wie sonst was! ARGH! Ich wusste, ich hätte zuhause bleiben sollen!“ Irgendwas fiel um und zerbrach auf dem Boden, dann ein Knall. Ich schluckte. Für einen Sekundenbruchteil kam mir der Gedanke, die Bestellung einfach vor die Tür zu stellen und dann das Weite zu suchen. Doch kaum geschehen, wurde die Tür schwungvoll aufgerissen und die junge Frau blies sich genervt eine verirrte, pinke Strähne aus der Stirn. „Hallo, Ihre Bestellung... Äh, dich kenne ich doch. Theresa?“ „Tarisa.“ Skeptisch zog sie eine geschwungene Augenbraue in die Höhe, während ich schon mit dem Finger vor ihrem Gesicht schnippte. „Du bist doch die Freundin von... Ehm... Hier! Na... Wie hieß sie doch gleich?! Jenny?!“ Mit einer lockeren Bewegung schob sie meine zuckende Hand weg. „Jenna“, kam es knapp von ihr, während ihr Blick auf der Thermobox haften blieb. Wie ihr seht, ist das merken von Namen eine meiner Spezialitäten. „Genau! Die Iri... Schottin.“ Tatsächlich wanderten nun die Mundwinkel meiner Kundin nach oben, verzogen sich zu einem amüsierten Grinsen. „Für den Versprecher hätte sie dich erschossen.“ Nun grinste ich auch. „Da habe ich ja Glück, dass sie gerade nicht hier ist.“ Kurz trafen sich unsere Blicke, noch immer belustigt, ehe ich den Kopf schüttelte und den Deckel der Box öffnete, zwei Pastagerichte und eine Pizza herausholte. „Deine Bestellung.“ Sie nahm die Schachteln entgegen, stellte zwei auf der Kommode neben sich ab. „Die 42 ist auch ohne Zwiebeln?“ Sie hob vorsichtig den Aluminiumdeckel an, verzog dann das Gesicht. „Ich hab‘ doch extra geschrieben, dass ich keine will!“ Ich checkte diese unerhörliche Behauptung über das Tablet – und sie hatte Recht. Ich wollte ihr schon entgegnen, dass sie das Gericht nicht zahlen muss, da fiel mir aber etwas ein: „Die 42? Das sind doch Spaghetti Carbonara. Nach dem Originalrezept.“ Ich hatte Luigis Stimme sofort im Ohr. „Mit echtem Guanciale. Da kommen keine Zwiebeln rein.“ Scharf sog Tarisa die Luft zwischen ihren Zähnen ein. „Und was ist das da? Komm' mal gucken.“ Irritiert – denn so ein Fehler würde Luigi niemals passieren! - schritt ich an sie heran, roch ihr teures Parfüm. „Hier.“ Sie rückte noch etwas näher, deutete mit ihrem Finger auf eine Stelle in ihrem Gericht und ich nahm die Schachtel selbst in die Hände und so dicht, wie sie mir auf die Pelle gerückt war, konnte ich froh sein, aus der Pubertät heraus zu sein – auch wenn manch einer etwas Anderes behaupten mochte - denn ihr Ausschnitt war ziemlich einladend. Und gut sah sie auch noch aus. Wobei ich mir eher Sorgen um ihre Gesundheit machte: es war Winter und kalt. Hoffentlich erkältete sie sich nicht. Konzentriert starrte ich auf die Pasta, versuchte da irgendwo eine Zwiebel zu erkennen, während Tarisa noch etwas näher kam, augenscheinlich meinen Blick verfolgte. Eine ganze Weile ging das so, ehe ich mich räusperte. „Das ist Parmesan.“ Peinlich berührt hielt sie die Hand vor den Mund. „Oh.“ Ich reichte ihr die Spaghetti Carbonara zurück, fuhr mir dann durchs Haar. „Also dann... Frohe Weihnachten. Und grüß mir die Schottin.“ Ich wollte mich schon abwenden, da hörte sie noch einmal „Hey“ rufen und kaum hatte ich mich umgedreht, hielt ich zwei Dollar Trinkgeld in der Hand. „Wegen Weihnachten und so.“ „Cool, danke.“ Ich war gerade auf dem Rückweg zum Luigi's, da ereilte mich ein Anruf – dreimal dürft ihr raten, wer der Anrufer war. Ich hielt an, um das Telefonat entgegen zu nehmen. „Cheffe?“ Überraschung! „Harry! Ich mus'se den Laden schließen. Ich fahre su Sophie! Ihr geht es gar nicht gut. Du kannst morgen zum Abrechnen...“ „Morgen? Ich dachte, ich hab' Morgen fr... Scheiße!“ Fluchend tanzte ich auf einem Bein herum, denn abgelenkt vom Gespräch war ich in eine Tiefe Pfütze gelatscht. Und ich trug nur Chucks. „Mann!" Ich hatte mal gehört, dass Brady Brody immer ein Paar Ersatzsocken mit sich herumtrug und mich selbstverständlich, wie sich das für unsere Fehde gehört, darüber lustig gemacht. In diesem Moment beneidete ich ihn. „Du bringst Morgen das Portemonnaie rein, ja? Danke! Ciao, mio amico!“ Tut-tut-tut. Gut, das wir das auch geklärt hatten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)