Die Leiden des jungen Pizzaboten von Mondtaenzerin (Manchmal hat man Pech und manchmal einfach kein Glück) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Brite und sein ganz persönliches Italien ------------------------------------------------------- „Ah Harry, ich bin so froh, das'se du heute kommst arbeiten, mio amico! Sie werden uns einreißen die Hutte, du glaubst'e nicht,wie viele am Weihnachtsabend noch unsere Hilfe benötigen. 'S gibt’se in Amerika doch viele Menschen, die gute cucina italiano zu schätzen wissen. Oder erbärmliche falliti am Ofen sind!“ Wild gestikulierend lachte Luigi – mein Chef, seines Zeichens Amerikaner im Kopf, doch für immer Italiener im Herzen und bester Pizzabäcker in Portland – nein, den gesamten USA... Ach was, der ganzen Welt! - gehässig und wirkte voller Tatendrang. Ich bin zwar eher der Meinung, dass er ein Kleinganove mit viel zu großem Ego ist, der um keine Ausrede verlegen ist, meine Gehaltserhöhung Woche für Woche hinauszuzögern. Aber irgendwie mag ich den Kerl. Vielleicht, weil er mir zwar seit eineinhalb Jahren in regelmäßigen Abständen eine Kündigung androht, aber noch nie durchgezogen hat. Mit einer lockeren Handbewegung winkte ich ab. Es war für mich in Ordnung, am Weihnachtsabend Pizzen auszuliefern. Ich hatte ohnehin nichts Anderes zu tun. Meine Familie lebt auf der anderen Seite des Atlantiks in Portsmouth, Großbritannien. Vor zwölf Jahren bin ich auf eigene Faust in die USA ausgewandert, wollte den amerikanischen Traum in Form einer erfolgreichen Rockband leben, was sich bisher darin zeigte, dass diese Band – Trigger Button – zwar schon knappe sechs Jahre existierte und wir im Jahr 2083 mit unserem Song Rewind es auf Platz 98 der Billboard-Charts schafften und das… Das war's. Das Geld haben wir für einen vollausgestatteten Proberaum und eine Menge Bier auf den Kopf gehauen, weshalb ich mich seit meiner Ankunft in den Staaten immer wieder mit kleineren Jobs über Wasser halte – ohne eine Ausbildung ist die Auswahl nicht all zu groß. Aber hey, dafür bin ich mittlerweile ein echter Allrounder. Nur wenige können von sich behaupten, als Maskottchen in einem Vergnügungspark, in einer Kondomfabrik, als Proband in der Pharmazie – das war im Übrigen nicht so cool, ich hatte drei Wochen höllisch juckenden Ausschlag an meinen Hoden, den ich nicht mal Brady wünsche – und als Gehilfe auf einer Farm gearbeitet zu haben, um nur einige Jobs zu nennen. Das ich nun etwa neunzehn Monate schon für Luigi arbeitete, war daher schon eine Besonderheit. Und trotz der miesen Bezahlung und die Beleidigungen, die Luigi mir in einem Anflug italienischen Temperaments an den Kopf warf, wenn ich mal wieder zu spät zeitlich flexibel war, was meinen Arbeitsbeginn betraf, fühlte ich mich ganz wohl. Jeden Tag Pizza zu essen hatte schließlich auch was. Ob ich langsam die Nase voll habe? Vom täglichen Pizzakonsum? Ist die Frage ernst gemeint? Aber ich schweife ab. Da sich meine Familie also mehrere tausende von Kilometern entfernt befand und auch meine Freunde anderweitig verplant waren, kam mir die Arbeit ganz gelegen. Quentin – mein bester Freund – bot zwar an, dass ich mit ihm und seiner Verlobten zu seiner Familie nach Miami fliegen könnte, aber das lehnte ich direkt ab. Mit ziemlicher Sicherheit hätte ich mich da fehl am Platz gefühlt. Ich konnte mir nichts Schrecklicheres vorstellen, als Weihnachten alleine in meinem winzigen Appartement zu hocken. „Und Gracie?“, magst du dich jetzt vielleicht, lieber Leser, fragen, wohlbekannt, dass sie meine beste Freundin ist. Nun, das war so eine Sache… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)