Spirit of Christmas von Linchen-86 ================================================================================ Kapitel 1: Past --------------- Vergangenheit. Mimi war nicht nur erfolgreich. Sie war eine weit bekannte Köchin und Bäckerin sowie ein Internet- und Fernsehstar. Durch viel harte Arbeit hatte sie sich einen Namen gemacht und irgendwie kannte sie jeder. Ganz gleich ob sich jemand fürs Kochen und Backen interessierte oder nicht. Am 09.12. sollte sie wieder vor der Kamera stehen. Eine wichtige Aufzeichnung stand an. Der Titel zur Show: Mimi backt in der Weihnachtsbäckerei. Leckere Zimtsterne, Vanillekipferl und Engelszungen sollten auf dem Rezeptplan und an der Tagesordnung stehen. Ihr Wecker hatte an diesem Morgen bereits um 5 Uhr geklingelt und nun war sie bereits seit zwei Stunden am Set. Gerade kam sie aus der Maske und begutachtete ihre hochglanzweiße Küchenzeile. Argwöhnisch zog Mimi eine Augenbraue nach oben und schließlich ertönte ein heller Pfiff. „Ja Ms. Tachikawa?“, fragte ein blondes Mädchen, das sofort angerannt gekommen war, nach. In der rechten Hand trug sie ein Mobilphone und in der linken ein Tablet. „Ruby, was sehen Sie hier?“ „Verzeihung, wo?“ Mimis Blick fixierte den von Ruby streng. Die Brünette deutete mit ihrem Zeigefinger auf eine winzig kleine Stelle auf der Arbeitsoberfläche. „Da!“ „Oh, das ist mir vorhin bei der Überprüfung gar nicht aufgefallen. Entsch...“ „Nicht aufgefallen? Wofür bezahle ich Sie denn bitte? Es ist ihr Job, auf genau solche Dinge zu achten! Sollte das neuerdings zu schwer für Sie sein, finde ich jemanden, der das besser macht und jetzt machen Sie den Fleck weg. Sofort!“ Wütend drehte die TV-Köchin sich um und ging zur Garderobe, um sich umziehen. „Wenn man nicht alles selber macht“, zischte sie und schmiss die Türe hinter sich zu. Kurze Zeit später klopfte es zaghaft an der Türe und nach einem kurzen „Ja.“ von Mimi streckte eine andere Mitarbeiterin unsicher ihren Kopf in die Garderobe. „Ms. Tachikawa, ihr Milchkaffee.“ „Stellen Sie in auf den Tisch, Zucker drin?“ „Ja, natürlich.“ Mimi nickte und rührte mit dem Teelöffel den Kaffee um. Immerhin eine, die einfachste Anweisungen befolgen konnte. Mimi zog sich ein dunkelblaues Satinkleid und die Markenschürze, die sie immer trug, an. Nun hatte sie noch fünfzehn Minuten Zeit, ehe sie zum Dreh erscheinen musste. Sie entschloss, langsam ihren Milchkaffee zu trinken und sich nochmal kurz zu entspannen. Was leichter gesagt als getan war. Denn entspannen konnte Mimi schon lange nicht mehr. Wochenlang hatte sie an dem Konzept für die heutige Show gearbeitet. Mimi kochte und backte nie einfach nur. Sie überlegte sich alles ganz genau. Die Dekoration im Studio, ihr Outfit und ihren Look. Ihre eigenen Rezepte, die sie teils als Buch veröffentlichte, und ihre Moderation. Sie überließ nichts dem Zufall. Sie hatte für alles einen Plan und wenn dieser scheitern sollte, einen Plan B. Perfektionismus war ihr zweiter Vorname und wenn es etwas gab, das Mimi nicht leiden konnte, dann waren es Schusseligkeit oder Unzuverlässigkeit. Bei Unpünktlichkeit kündigte die Brünette sofort. Sie hatte es schon immer gehasst, wenn man sie warten ließ. Zudem wollte sie mit dieser Sendung ihre guten Einschaltqouten vom letzten Jahr übersteigen. Die fünfzehn Minuten waren um, aber das konnte Mimi nur recht sein. Sie hatte viel Arbeit in den heutigen Tag gesteckt. Sie rückte ihren Stuhl zurück und verließ die Garderobe. Mittlerweile waren mehr Leute am Set. Der Kameramann, der Regisseur, die Regieassistentin, das Beautyteam, noch mehr Assistentinnen und Ruby. Ruby, die extrem angespannt war und immer wieder die Küchenzeile untersuchte, ob sie auch ja nichts vergessen hatte. „Alle weg!“ Mimi klatschte in die Hände und stellte sich hinter ihre Küchenzeile. „Wollen wir mal hoffen, dass mir nicht wieder ein paar Ausrutscher auffallen.“ Sie fuhr mit ihren Händen über die hellgraue Arbeitsplatte und überprüfte noch ein letztes Mal, ob auch wirklich alles an der Stelle war, wo es zu sein hatte. Die Handgriffe mussten nachher alle sitzen. „Gut, wir können anfangen.“ „Okay, alle auf ihre Plätze. Der erste Take startet!“ Der Regisseur hob seine Hand und zählte von fünf runter. Mimi sah in die Kamera und strahlte ihr schönstes Lächeln aus. „Hallo und herzlich willkommen zu Mimi zaubert. Heute mit einer besonderen Folge für all unsere kleinen Naschkatzchen die gerne selbstgebackene Plätzchen zur Weihnachtszeit essen, sowie ich“, kicherte Mimi und strich über ihren flachen Bauch. „Heute gibt es Vanillekipferl, Zimtsterne und Engelszungen und ihr werdet sehen, man muss kein Profi sein, um leckere Plätzchen zu backen. Das Wichtigste...“ Mimi fasste mit ihren Händen in die Schüssel mit dem Mehl drin und pfefferte ein bisschen was davon in die Luft, „die Arbeitsplatte sollte mit reichlich Mehl ausgestattet sein. Willkommen in meiner Weihnachtsbäckerei.“ Schließlich präsentierte Mimi, wie man im Handumdrehen all die köstlichen Plätzchen für die ganze Familie backen würde. Sie war gerade dabei, die letzten Bleche in den Backofen zu schieben. „So, und jetzt heißt es warten“, sagte sie in die Kamera und lächelte dabei. „Schnitt. Kurze Pause“, rief der Regisseur. Da es keine Livesendung war, würden sie es nachher so zusammen schneiden, dass keine langen Wartezeiten entstanden. „Ruby, Christin, macht in der Zeit die Arbeitsplatte sauber und zwar ohne etwas zu übersehen“, ordnete die TV-Köchin an. Mimi setzte sich auf einen Stuhl, trank ein Schluck Wasser und wurde nachgepudert. „Das ist wirklich eine ganz tolle Sendung. Ich freue mich schon darauf alles nachzubacken“, sagte eine Angestellte, die ein wenig adipös war. „Sicher?“, fragte Mimi nur kurz nach und zuckte schließlich mit den Schultern. Konnte ihr ja egal sein, wie sich andere Leute ernährten. Das interessierte sie schon lange nicht mehr. Die Zeit war abgelaufen und Mimi stellte sich wieder strahlend vor die Kamera. „Es ist soweit, seid ihr auch so gespannt wie ich?“ Sie öffnete den Backofen, zog sich einen Ofenhandschuh über und zog vorsichtig ein Backblech nach dem anderen heraus. Der Duft verbreitete sich im Studio und überall roch es nach den leckeren Weihnachtsplätzchen. „Jetzt kommt wohl der schwierigste Part, darauf warten, dass die Plätzchen ein wenig abkühlen. Gemein, oder? Aber lieber so, als dass man sich die Finger verbrennt. Und umso besser schmeckt es nachher. Versprochen.“ Schließlich nahm Mimi einen Zimtstern in die Hand und aß ihn auf. „Einfach lecker. Ich hoffe euch hat das backen genauso viel Freude bereitet wie mir. Schaltet auch nächste Woche wieder ein, wenn es heißt `Mimi zaubert´, dann mit dem Thema `das perfekte Weihnachtsdinner´. Bis dahin, eure Mimi.“ Mimi schenkte ihren Zuschauern noch einen Handkuss und schlussendlich beendete der Regisseur die Aufnahme mit „Cut!“ „Das wars für heute. Mimi, tolle Show.“ „Ich weiß.“ Auch Mimi hatte für diese Sendung ein sehr gutes Gefühl. Ein langer Drehtag neigte sich dem Ende und die meisten räumten ihre Sachen auf. „Ruby, ich möchte das gleich alles auf seinen Platz steht und diesmal keine Patzer.“ „Ähm, Ms Tachikawa, reicht das nicht auch morgen? Mein Freund hat heute Geb...“ „Was interessiert mich das? Der Arbeitsplatz wird aufgeräumt hinterlassen. Es bleibt sicherlich nichts bis morgen stehen.“ Eingetrocknete Teigreste? Manche kamen ja auf Ideen. Mimi ging in ihre Garderobe und zog sich um. Ihre Schürze musste gewaschen und gebügelt werden, weshalb sie diese auch gleich der nächstbesten Assistentin in die Hand drückte. „Kümmern Sie sich darum.“ „Ja Ms. Tachikawa.“ „Ruby!“ Sofort kam die blonde junge Frau angelaufen und sah zu ihrer Chefin. „Ja bitte?“ „Sind Sie fertig mit der Küche?“ „Gleich, dauert nicht mehr lange.“ „Gut, danach bringen Sie mein blaues Kleid in die Reinigung.“ „Aber …?“ „Aber was? Sie bekommen viel Geld für ihre Aufgaben. Sie arbeiten in der Fernsehbranche da hat man nie Feierabend, besser sie gewöhnen sich schnell dran. Sonst ist das Buisness vielleicht nichts für Sie.“ „Doch, ich mache das auch gerne. Nur ...“ „Wissen Sie was?“ „Ähm … was?“ „Sie können gehen.“ „Wirklich?“, fragte Ruby hoffnungsvoll nach. „Ja, Sie brauchen morgen aber auch nicht wieder zu kommen. Sie sind gefeuert!“ – Spät abends kam Mimi in ihrem New Yorker Apartment an. Sofort zog sie ihre Klamotten aus und stellte sich unter die heiße Dusche. Sie verzichtete auf ein Abendessen, öffnete eine Flasche Wein und genehmigte sich ein Glas Weißweinschorle. Die heutige Aufzeichnung war gut gelaufen und sie war sich sicher, dass die Sendung gut ankommen würde. Das musste sie schließlich feiern. Auch wenn sie alleine war. Sie schaltete den Fernseher an, sah aber nicht wirklich hin. Es war seltsam, wenn es so ruhig in der Wohnung war. Ehe sie sich versah, war die Flasche Wein zur Hälfte geleert. Der Wein hinterließ seine Spuren. Mimi hatte rote Wangen und lachte über irgendeinen Mann im Fernseher, der versuchte einen Auflauf zu kochen. „So ein I-idiot, der sollte sich mal lieber meine Sendung angucken...“, lallte sie. Ihr Kopf brummte und sie entschied sich dazu ins Bett zu gehen. Sie versuchte zwar den Fernseher auszuschalten, aber der würde früher oder später auch von alleine ausgehen. Sie stolperte über einen Tischbein und verschüttete einen kleinen Rest ihres Weines welches sich noch in ihrem Weinglas befunden hatte um. „Oh Mist! Ruby?“, rief Mimi durch ihre Wohnung, die wollte, dass ihre Assistentin sofort ihr Ungeschick weg machte. „Oh, wir sind ja bei miiihr und ich habe sie eben gefeuert. Gefeuert.“ Mimi kicherte und fasste sich an die Stirn als sie schließlich stand. Wahrscheinlich würde sie morgen einen richtigen üblen Kater haben. Langsam schlenderte sie in ihr Bett, ließ sich darauf fallen und bewegte sich nicht mehr. Schlaf, war alles was Mimi in diesem Moment wollte und brauchte. „Mimi?“ „Hmm … lass mich“, brummte die Brünette und versteckte ihren Kopf unter einem Kissen. „Mimi? Wie geht es dir?“ „Hmm … Was für eine Frage?“, zickte sie weiter und wollte ihre Augen nicht öffnen. Wer weiß, wie lange sie geschlafen hatte. Langsam zog sie ihr Kissen von ihrem Gesicht und wagte ein Blick auf ihren Wecker. 4 Uhr in der Nacht. Es war noch dunkel draußen, dann konnte sie ja beruhigt weiter schlafen. „ Mimi?“ Wer rief sie bitte? Es befand sich niemand in ihrer Wohnung. Kein Mensch, keine Angestellten, nicht mal ein Haustier besaß die junge TV-Köchin. „Mimi?“ „Ja?“, schrie sie wütend auf, setzte sich gerade hin und sah schließlich vor ihrem Bett einen kleinen - sie konnte es nicht anders sagen - Engel schweben. „Was zum Teufel?“ „Kein Teufel, Engel!“ „Ich sollte echt abends den Wein weglassen. Gute Nacht.“ Mimi ließ sich wieder nach hinten fallen und schloss ihre Augen. „Mimi?“ „Oh man, das darf ja nicht wahr sein, dass mich meine Tagträume vom schlafen abhalten.“ „Mimi?“ „Ja, was ist?“ Sie setzte sich wieder aufrecht hin und sah den Engel an. „Du hast dich sehr verändert, findest du nicht?“ „Jetzt echt? Ich habe keine Zeit für so etwas. Ich habe morgen ...“ „Viele wichtige Termine?“ „Ja!“ „Du solltest dir die Zeit nehmen.“ Mimi rollte mit ihren Augen. Konnte Alkohol ablaufen? „Jeder Mensch ändert sich im Laufe der Zeit. So ist das Leben eben.“ „Aber man kann sich zu seinem positiven oder zu seinem negativen entwickeln.“ „Und ich habe mich etwa zu meinem negativen entwickelt, oder was?“ „Na ja, früher hast du mit deinen Mitmenschen nicht so geredet oder sie in der Vorweihnachtszeit entlassen.“ „Hey, Ruby war daran selber Schuld. Sie hat in diesem Buisness nichts verloren. Ich habe hart dafür gearbeitet um da zu sein, wo ich jetzt bin. Ich kann mir keine Fehler erlauben. Ich habe sonst ...“ „Sonst was? Sonst nichts?“ „Nein, einen Ruf zu verlieren. Ich bin vielleicht hart, aber fair.“ „Es gab mal eine Zeit, da warst du ganz anders. Gestern war der zweite Advent und du hast ihn ganz alleine verbracht. Früher hast du die Adventszeit und Weihnachten so geliebt. Heute hängt hier nicht mal Weihnachtsdekoration.“ „Und? Ich bin doch eh nie zuhause.“ „Ist das nicht traurig?“ „Nö, ich habe es mir schließlich so ausgesucht.“ „Würdest du dich umentscheiden, wenn du könntest?“ „Umentscheiden?“, fragte die Brünette verwirrt. Ein helles Licht tauchte zwischen Mimi und dem Engel auf. Das Licht wurde größer und schließlich wurde der ganze Raum und alles um sie herum weiß. „Was ist das?“ Plötzlich war da wieder ein Zimmer. Sie kannte dieses Zimmer, aber sie hatte es lange nicht mehr gesehen. Sehr lange. Dort standen zwei Menschen. Ein Mann und eine Frau. „Tai?“, murmelte Mimi und sah hinunter zu dem jungen Mann, der mit einer jüngeren Mimi redete. „Aber wie?“ Mimi sah sich selber, wie sie mit Taichi Yagami redete. Es war zu einer Zeit in der die Beiden noch ein Paar gewesen waren. Noch ... „Taiiiii, ahh… Ich kann es nicht glauben“, rief Mimi hysterisch durch die Wohnung und sprang aufgeregt von einem auf das andere Bein. „ Was ist denn los, Prinzessin?“, fragte Taichi belustigt nach. „Ich habe gerade einen Anruf bekommen.“ „Von wem?“, hakte Taichi gleich nach. „Von einem TV-Produzenten aus Amerika.“ „Okay, ich verstehe aber jetzt nicht, auf was du genau hinauswillst.“ „Er hat meine YouTube Videos im Internet gesehen und findet, dass ich großes Potenzial habe. Er will mit mir eine richtige Kochsendung produzieren. Mit mir! Ist das nicht cool?“ „Okay, wow. Ja, das ist cool, aber wie wollt ihr das machen? Sendest du ihm das Material von hier aus zu?“ Traurig schüttelte Mimi ihren Kopf. „Nein, ein Haken gibt es schon. Die Produktion kann nur vor Ort gedreht werden. Also in New York.“ Taichi atmete erst einmal lange aus. Diese Neuigkeit musste er erstmal verdauen. „Du willst das wirklich machen, oder?“ Mimi nickte mit ihrem Kopf, lächelte dabei, zuckte aber auch bedauerlich mit ihren Schultern. „Es ist mein Traum, Tai. ..“ Taichi schluckte einen Kloß im Hals runter, räusperte sich und stellte schließlich die Frage, die er gar nicht stellen wollte. „Und was bedeutet das für uns?“ „Ich weiß es nicht. Ich liebe dich Tai, aber ich weiß nicht, ob das über so eine Distanz funktionieren kann. Kannst du nicht mitkommen?“ „Mimi, ich schreibe gerade an meiner Bachelorarbeit. Ich kann hier nicht weg und ich kann hier jetzt auch nicht einfach alles hinter mir lassen. Meine ganzes Studium würde in Amerika nicht einmal anerkannt werden und dafür habe ich nicht die letzten Jahre so hart gelernt.“ „Ich weiß“, murmelte Mimi. „Ich will dich wirklich nicht verlieren. Wollte ich nie.“ „Tja, das ist auch das Letzte was ich will. Ich werde dich aber auch nicht bitten meinetwegen hierzubleiben. Wie du schon sagtest, es ist dein Traum.“ „Ich würde es bereuen, wenn ich es nicht wenigstens versuchen würde“, wisperte die Brünette. „Ich weiß. Du musst tun, was du tun musst“, flüsterte Taichi mühsam und glaubte seinen eigenen Worten nicht. Seine Stimme brach, obwohl er das gar nicht wollte. Konnte er sie nicht doch darum bitten hierzubleiben? Er hatte doch ganz andere Pläne mit ihr. Nun stiegen Mimi endgültig Tränen in die Augen. „Diese Entscheidung ist die schwerste in meinem Leben, Tai. Ich habe noch nie jemanden so sehr geliebt wie dich und das werde ich auch nicht mehr, aber ich ...“ „Aber du wirst gehen? Du wirst mich verlassen!“ Fassungslos schüttelte Taichi seinen Kopf. Das sollte also das Ende von Taichi und Mimi sein? Sie verließ einfach so das Land? Mimi schluchzte auf, ging ein großen Schritt auf Taichi zu und schmiss sich in seine Arme. Zunächst wollte Taichi das nicht zulassen, aber konnte er auch nicht anders. Er wusste ja nicht, ob er sie je wieder in seinen Armen halten würde. „Es tut mir leid, so leid. Ich breche uns beiden das Herz.“ Die Tränen liefen wie Sturzbäche über ihre Wangen und auch Taichi konnte nicht verhindern, dass ihm eine Träne über die Wange rollte. So standen sie da, hielten einander fest und trauerten im ihre Beziehung. Es war das letzte Mal dass sie sich so nah gewesen waren. Mimi die oben in der Luft schwebte und auf das junge Paar hinunter schaute war ganz still. Sie bemerkte nicht mal, dass ihre Augen verdächtig glitzerten. Warum war sie hier? „Warum hast du mich hierher gebracht?“, fragte Mimi mit brüchiger Stimme bei dem Engel nach. „Ich wollte dir den Moment aus deiner Vergangenheit zeigen, der dich mit am meisten geprägt hat. Du hast sicher schon einige Menschen in deinem Leben verletzt, aber diesen wohl am meisten.“ Wieder sah Mimi auf das Pärchen zurück. Sie sah nur zu Taichi. Es war das letzte Mal, dass sie diese Art von Gefühlen zugelassen und solch ein Schmerz gespürt hatte. „Ich will zurück.“ Die Brünette wollte das nicht sehen. Das war einer dieser Momente, den sie seit Jahren versuchte zu verdrängen. Taichi war ihre Vergangenheit. Nicht mehr ihre Zukunft. „Wir sind hier sowieso fertig.“ Wieder wurde es von einer auf die nächste Sekunde ganz hell und im nächsten Moment lag Mimi wieder in ihrem Bett. Mimi schreckte aus ihrem Bett und sah sich hektisch um. Es war hell. Sie sah auf die Uhr, es war 9 Uhr morgens und draußen schneite es leicht vor sich hin. Keine Spur von einem Engel. „Was war das denn für ein Traum?“ Sie fasste sich an die Stirn, hinter der es hämmerte. Sie hatte gestern wohl eindeutig zu tief ins Glas geguckt. Doch der Traum aus der Nacht lies sie nicht vollends los. Taichi. Nach so vielen Jahren spuckte er immer noch in ihren Träumen umher. Warum? Kapitel 2: Presence I --------------------- Noch immer war Mimi wegen ihres Traumes in der vergangenen Nacht ziemlich verwirrt. Dieser Engel, die Unterhaltung ... alles hatte irgendwie so real gewirkt. Und dann war da noch Taichi. Es war schon seltsam, dass sie ausgerechnet an diesen Punkt ihres Lebens zurückgebracht worden war. Was dachte sie denn da? Dass sie ausgerechnet davon geträumt hatte! Jetzt stand sie im Badezimmer und schminkte sich. Ordentlich Concealer verteilte sie um ihre Augen herum. Den hatte sie echt nötig. Wimperntusche auftragen, perfekter Wimpernausschlag. Die Kaffeemaschine ertönte im Hintergrund, dies musste als Frühstück mal wieder ausreichen. Sie steckte sich ihre weiße Bluse in den Rock und öffnete den obersten Knopf. Fertig. Zügig eilte sie in die Küche füllte ihren Kaffee doch in den To-Go-Becher um und lief in den Flur. Dort stellte sie den Kaffeebecher erstmal auf einer Kommode ab, schlüpfte schnell in ihre Schuhe, schmiss sich in die Jacke, warf sich die Handtasche um und flüchtete aus der Wohnung. „Verdammt, Kaffee vergessen“, fluchte sie. Die Brünette kramte in ihrer Handtasche nach ihrem Wohungsschlüssel, schloss auf, nahm sich den Becher von der Kommode und lief wieder los. Jeden Morgen dasselbe Spiel, egal wie früh sie aufstand. Vor der Haustüre stand bereits ihr Auto bereit. Der Chauffeur hielt ihr die Autotür auf und wünschte ihr wie immer einen >Guten Morgen<. Wie jeden Morgen ignorierte Mimi den Fahrer und setzte sich nach hinten. Sie kontrollierte ihre E-Mails während der Fahrt. Schon wieder drei neue Anfragen. Der Verkehr war sehr dicht und es tat sich immer weniger auf den Straßen. Genervt seufzte die Brünette und sah zum Fahrer. „Was ist denn schon wieder los? Ich habe Termine“, zickte sie und tippte ungeduldig mit ihrem Fuß auf dem Boden herum. „Die Fahrzeuge bilden eine Rettungsgasse“, erklärte der Fahrer und man sah in dem Moment das Blaulicht leuchten und hörte das Martinshorn heulen. „Dann nutzen Sie doch die Gasse um weiter zu fahren“, herrschte Mimi an und rollte verständnislos mit den Augen. Sie hatte nur noch zwanzig Minuten Zeit! Sie konnte hier nicht einfach rumstehen. „Das kann ich nicht machen, Ms Tachikawa.“ „Können Sie nicht oder wollen Sie nicht?“ Der Krankenwagen fuhr an ihren vorbei und blieb 100 Meter vor ihnen stehen. „Los hinterher, der Weg ist frei“, rief Mimi von hinten. Das war doch die Gelegenheit. „Das geht nicht. Ich kann mein Führerschein dadurch verlieren.“ Die Autos reihten sich wieder normal ein und fuhren vorsichtig weiter. Mimi seufzte genervt aus. Verstand denn keiner, unter welchen Druck sie sich befand? Der Wagen fuhr an der Unfallstelle vorbei. Neugierig wie Mimi dann doch war, riskierte sie einen Blick. Man sah, wie zwei Rettungssanitäter aus dem Auto sprangen und zu einer jungen Frau liefen, die am Boden lag. Sie konnte nicht viel älter als Mimi selbst gewesen sein. Dann sah sie etwas das sie erschaudern ließ. Sah sie gerade etwa den Engel aus der vergangen Nacht? Ein paar Mal klimperte Mimi ungläubig mit ihren Augen. Der Engel schüttelte traurig den Kopf und sah danach Mimi direkt in die Augen. „Aber ...?“, kam ungläubig aus Mimis Mund. Konnte denn sonst niemand diesen Engel sehen? Keiner sonst schien sich für diesen kleinen fliegenden Engel zu interessieren, der da über dem Opfer schwebte. War das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? „Oh man“, murmelt sie und richtete ihren Blick nach vorne. Just in diesem Moment sah sie den Engel direkt vor sich. „Ahhh“, schrie sie hysterisch aus und hatte sich ganz schön erschreckt. „Alles in Ordnung, Ms Tachikawa?", fragte der Fahrer verwundert nach. „Ähm ja, fahren Sie weiter.“ Mimi betätigte einen Knopf und eine schwarze Scheibe fuhr nach oben. Der Fahrer konnte sie jetzt nicht mehr sehen. „Was machst du hier?“, richtete sie danach an den Engel. „Hallo Mimi, ach ist das nicht traurig, was alles so schreckliches in dieser Welt passiert?“ „Ja, kann schon sein. Ich habe aber keine Zeit für ...“ „Du hast irgendwie nie Zeit, kann das sein?“, fragte der Engel nach und sah Mimi interessiert an. „In meiner Position auch vollkommen normal.“ „Und was ist mit Freunden? Sie treffen? Zeit mit ihnen verbringen?“ „Freunde?“, murmelte die Brünette irritiert. „Ja, man sollte sich immer Zeit für seine Freunde nehmen, sonst kann es passieren, dass die Zeit einem die Freunde nimmt!“ Über diesen Satz musste Mimi erstmal nachdenken. Hatte sie überhaupt noch Freunde? Eine neue Nachricht erschien auf ihren Handydisplay. Wie automatisiert suchte sie nach der Mail. Absender: Takeru Takaishi, „Hä?“ Wie lange hatte sie nichts mehr von Takeru gehört? Es musste ewig her sein. Warum schrieb er ihr? Sie öffnete die Nachricht und las sie rasch. >Hallo Mimi, falls es dich interessiert. Kari liegt im Krankenhaus und es geht ihr sehr schlecht. Die Ärzte bangen um ihr Leben und wissen nicht was ihr fehlt. Möglich, dass sie es nicht mehr zeitig genug herausfinden. Takeru.< Mimi schluckte einen Kloß im Hals herunter. Sollte das bedeuten Hikari lag im sterben? Die kleine Kari? Die gerade mal 22 Jahre alt war? Mimi hob ihren Kopf, doch der Engel war weg. „Ich ...“ Fassungslos suchte sie den Wagen ab, doch der Engel war weg oder war er nie da gewesen? Sie las die Nachricht nochmal durch. Takeru würde ihr das niemals schreiben, wenn da nicht wirklich etwas ernsthaftes dahinter stehen würde. Mimi hatte schon lange den Kontakt zu den ehemaligen Digi-Rittern verloren. Mit der Auswanderung nach Amerika und dem Verlassen von Taichi, hatte sie auch alles andere zurückgelassen. Sie konnte einfach nicht anders. Sie konnte nicht mit Taichi befreundet sein oder mit seinen Freunden die von ihm erzählten oder eben nicht. Die erzählen könnten, dass Taichi eine neue Freundin hatte, verheiratet war und ein Kind bekommen würde. Nein, sie konnte und wollte das niemals hören. Sie hatte diesen radikalen Schritt gehen müssen, sonst wäre sie vermutlich durchgedreht, aber die Erkenntnis, dass es Kari im Augenblick nicht gut ging und sterben könnte, änderte alles. Sie konnte diese Tatsache nicht einfach verdrängen. Sie musste nach ihr sehen oder sich im schlimmsten Falle von ihr verabschieden. Alles andere könnte sie sich niemals verzeihen. „Wir sind da, Ms Tachikawa“, sagte der Fahrer und fuhr die schwarze Scheibe zwischen ihnen ein wenig nach unten. „Sir, ich habe es mir anders überlegt, Bringen Sie mich zum Flughafen.“ „Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie sehr entscheidungsfreudig sind?“ „Jap, höre ich nicht zum ersten Mal. Also bitte.“ Etwas irritiert sah der Chauffeur in den Rückspiegel zu Mimi. Sagte sie gerade etwa bitte? „Gerne Ms Tachikawa.“ – Tokyo, Ortszeit 10:53 Auf dem Weg zum Uniklinikum in Tokyo wurde Mimi tatsächlich nervös. Sie hatte sich während des Fluges mit den verschieden Krankenhäusern befasst und schließlich das gefunden, in dem Hikari lag. Sie hatte Takeru nicht auf seine E-Mail geantwortet. Was hätte sie auch schreiben sollen? Danke, für die Info, schöne Grüße? Käme wohl nicht so gut an. Der Taxifahrer hielt an und die Brünette beglich die Rechnung. Mehr als ihre Handtasche hatte sie ohnehin nicht dabei. Sie war einfach zum Flughafen gefahren und hatte den nächsten Flug nach Tokyo gebucht und der war zu ihrem Glück schon vier Stunden später geflogen. Die Zeit bis zum Start hatte Mimi genutzt, um ihre ganzen Termine abzusagen. Etwas, das sie noch nie getan hatte. Sie wollte sich bis zu ihrem nächsten Drehtermin in einer Woche frei nehmen und so spontan war das alles andere als einfach. Den Rest würde sie eben irgendwie nacharbeiten. Zielstrebig ging Mimi auf den Empfang zu und sah eine Dame an der Rezeption sitzen. „Ich suche das Zimmer von ...“ „Oh mein Gott, Sie sind Mimi Tachikawa, das sind sie doch, oder?“ Mimi hatte kurz vergessen, dass sie in Japan erst recht jeder kannte. Eine Japanerin die international erfolgreich war, das gab es auch nicht alle Tage. „Ähm ja.“ „Wahnsinn, ich sehe mir ihre Videos immer auf YouTube an. Ich bin ein großer Fan.“ „Danke. Ich suche das Zimmer von Hikari Yagami. Können Sie mir sagen wo sie liegt? Sie ist eine Freundin von mir.“ „Ja, ich sehe sofort nach … Wow, Mimi Tachikawa … Sie liegt in Zimmer 308. Dritte Etage, internistische Abteilung.“ „Vielen Dank.“ Mimi bewahrte ihr Lächeln. Fans waren wichtig und ihre Klicks auch. Anschließend ging sie zu den Fahrstühlen und betätigte die dritte Etage. Der Aufzug fuhr hoch und ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit. Was um Himmels Willen sollte sie nur sagen? Und waren ihre ehemaligen Freunde alle hier? Was würden sie zu ihr sagen? Würden sie überhaupt mit ihr reden? Sie hatte nicht viel Zeit um über all ihre Fragen länger nachzudenken, denn schließlich blieb der Fahrstuhl stehen und kündigte ihre Etage an. Die Türen gingen auf und andere Besucher wollten den Aufzug betreten. „Rauf oder Runter?“, fragte ein älterer Herr nach. „Ähm runter.“ Mimi konnte nicht. Sie blieb im Aufzug stehen und fuhr wieder runter. Was dachte sie sich eigentlich dabei, einfach nach Tokyo zu fliegen? So etwas dummes. Unten angekommen konnte sie den Fahrstuhl aber auch nicht verlassen. Verdammt, sie war Mimi Tachikawa und Hikari ging es nicht gut. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, sich kindisch zu verhalten. Hikari war mal so etwas wie eine kleine Schwester für sie gewesen und sie musste einfach wissen, wie es ihr ging. Auch wenn sie die letzten Jahre keinen Kontakt mehr zu der Jüngeren gehabt hatte. Schließlich drückte sie wieder den Knopf für die dritter Etage und fuhr erneut nach oben. Die Türe öffneten sich und langsam stieg sie aus dem Fahrstuhl aus. Tief atmete die Brünette ein und wieder aus. Zimmer 308, da lag Hikari. Sie ging ein Stück weiter, sah nach rechts und links. Zimmer 353. Mit kleinen Schritten ging sie noch weiter. Ihr Herz klopfte. Waren Hikaris Eltern da? Oh Gott, sie hassten sie sicher. „Was machst du hier?“ Diese Stimme erkannte Mimi sofort. Sie ging ihr durch Mark und Bein. Sachte drehte sie sich um und stand Taichi direkt gegenüber. Mimi reckte ihren Hals. Bloß keine Schwäche zeigen. Er sah nicht besonders erfreut aus, sie zu sehen. Auch wenn er selber unglaublich gut aussah. „Ich bin hier um Kari zu besuchen.“ „Ganz sicher nicht, verschwinde!“, spuckte Taichi die Wörter förmlich aus. „Ich weiß, dass es Kari nicht gut geht und ich bin hier, um für sie da zu sein und ich werde ...“ „Interessiert keinen. Es hat dich die letzten Jahre auch nicht interessiert, was mit uns war, dann braucht es dich auch jetzt nicht zu kümmern. Steig in das nächste Flugzeug und flieg davon. Das kannst du doch eh am besten.“ „Tai, können wir nicht ...“ „Wir können gar nichts“, schnitt Taichi der Brünetten das Wort ab und ließ sie kaum zu Wort kommen. „Du bist doch jetzt ach so berühmt, musst du nicht irgendwo ein Kochbuch signieren?“ „Du bist so ein Idiot“, blaffte Mimi den Älteren an. „Und du nach wie vor eine egoistische Prinzessin.“ Taichi ging an Mimi vorbei und hielt kurz vor Hikaris Zimmertür. „Wage es nicht, das Zimmer zu betreten. Du bist nicht erwünscht. Es hat dich die letzten Jahre sowieso niemand vermisst!“ Mit diesen Worten verschwand Taichi im Krankenzimmer und ließ Mimi stehen. Diese Worte hatten gesessen. Es war klar, dass Taichi nicht gerade begeistert sein würde sie zu sehen, aber es ging nicht um sie beide. Es ging um Hikari. Verstand er das denn nicht? Was sollte sie jetzt machen? Sie war doch nicht den ganzen Weg hierher geflogen, um jetzt einfach wieder nach New York zu fliegen. Vielleicht konnte sie einfach so lange warten, bis Taichi gegangen war. Mimi ging wieder durch den Flur und sah einen kleinen Wartebereich. Dort ging sie hin, nahm sich eine Zeitschrift und blätterte ein wenig darin herum. Sie wartete und wartete. Erst jetzt bemerkte Mimi ihren Jetlag und wie müde sie eigentlich war. Sie lehnte ihren Kopf zurück und schlief ein. „Mimi? Mimi?“ Jemand rüttelte an ihrer Schulter und mühselig öffnete sie ihre Augenlider. Es war hell, sie zwinkerte ein paar Mal mit den Augen um sich an das Licht zu gewöhnen. Dann erkannte sie ein Gesicht. „Sora?“, murmelte Mimi schläfrig. „Was, was machst du hier?“, wollte auch diese wissen und war sich offenbar nicht sicher, ob Mimi tatsächlich hier im Krankenhaus war. „T.K. hat mit eine E-Mail geschrieben. Eigentlich gar nichts konkretes, nur dass es Kari nicht gut geht. Ich bin dann sofort her gekommen und habe mich währenddessen darüber informiert, wo sie liegt.“ „Du bist extra wegen Kari zurückgekommen?“ „Natürlich.“ „Verstehe das jetzt bitte nicht falsch, aber so natürlich ist das gar nicht“, erwiderte Sora zaghaft. „Schon klar. Ich weiß dass ihr mich alle hasst. Ich wollte nur mal nach Kari sehen und wissen wie es geht und na ja was ihr eigentlich fehlt.“ „Na ja, sie liegt im Koma.“ „Was?“ Entsetzt sah Mimi die Rothaarige an. „Was ist denn passiert?“ „Wir wissen es nicht. Es begann alles mit einer normalen Grippe. Sie bekam Schweißausbrüche und Schüttelfrost, Kopfschmerzen und schließlich stieg das Fieber immer weiter an. Egal welche Medikamente sie bekam. Nichts schlug an. Jetzt liegt sie seit zwei Tagen im Krankenhaus. Es wurden viele Untersuchungen gemacht und wir haben noch nicht alle Ergebnisse vorliegen. Heute sollten wir mehr erfahren.“ „Okay, danke.“ „Und T.K. hat dir wirklich eine E-Mail geschrieben?“, fragte Sora nach und setzte sich neben Mimi auf den freien Stuhl. „Ja, ich weiß ehrlich gesagt auch nicht wieso.“ „Hmm.“ Sora schien verwundert. Es war wohl niemand besonders gut auf sie zu sprechen oder froh darüber, sie zu sehen. „Ihm schien es wohl wichtig gewesen zu sein, mir Bescheid zu geben und dann keine Ahnung, bin ich einfach her geflogen.“ „Und warum sitzt du dann hier?“ „Taichi hat mir verboten, sie zu besuchen“, erklärte Mimi knapp. „Du hast Tai schon getroffen?“ „Jap.“ Sora kratzte sich kurz am Hals und überlegte offensichtlich was sie sagen sollte. „Er kann ja nicht ewig hier bleiben. Ich wollte zu ihr, wenn er weg ist.“ „Na ja, Tai ist die ganze Zeit hier. Es wird schwer werden, ihn von ihr loszubekommen.“ „Habe ich mir gedacht, aber dann dachte ich, irgendwann muss er auch mal was essen und er wird nicht nur Krankenhausfraß essen.“ In dem Moment machte es >Klick< bei der Brünetten und sie hatte eine Idee. „Oh man, das ist es! Ich werde jetzt etwas kochen.“ „Was?“ „Ich werde jetzt etwas backen und kochen und dann werde ich Karis Eltern, Tai, T.K. und alle versorgen, die hier die ganze Zeit warten. Ich weiß nicht was Kari fehlt, aber ich weiß, dass sie es schaffen wird und wenn sie wach wird, soll sie das allerbeste Essen der Welt essen und nicht diesen Krankenhausfraß.“ „Ähm ...“ Sora schien irritiert, aber irgendwie war Mimi gerade so etwas wie ein Fabelwesen und insgeheim war sie froh, dass die Brünette hier war. „Und wo willst du das machen?“, fragte die Rothaarige nach. Mimi lächelte Sora an. „Na bei dir.“ „Bei mir? Woher wusste ich das nur?“ „Bitte Sora. Du musst mich danach auch nicht mehr sehen.“ Sora verzog eine Miene und sah Mimi danach eindringlich an. „Wenn du dass wieder machst, steige ich in den nächsten Flieger um dir höchstpersönlich in den Hintern zu treten und das vor laufender Kamera.“ Mimi war sprachlos, aber nickte schließlich mit dem Kopf, „Okay … Es ist bald Weihnachten. Plätzchen?“ „Ich habe deine Plätzchen immer sehr gerne gegessen“, lächelte Sora, stand auf und machte eine Kopfbewegung Richtung Aufzug. „Na los, Ms Tachikawa. Es ist mir eine Ehre mit ihnen zu backen und meine Küche zur Verfügung zu stellen.“ „Wehe die Küche ist nicht sauber“, sagte Mimi ernst, doch schließlich zuckten ihre Lippen und sie fing an zu lachen. Sora schüttelte lachend ihren Kopf. Das konnte ja noch was werden. Kapitel 3: Presence II ---------------------- Kaum waren Mimi und Sora in Soras Wohnung angekommen, stürmte Mimi in die Küche. Es war dieselbe Wohnung, die Sora auch schon vor fünf Jahren mit Matt bewohnt hatte. Etwas neugierig sah sie sich um. War er hier? Mimi entdeckte ein paar Fotos. Hochzeitsbilder. Wow, Sora und Matt hatten in der Zwischenzeit geheiratet und die Brünette hatte es nicht mal gewusst. Mimi wusch ihre Hände unter dem Spülbecken und sah unsicher zu der Rothaarigen. „Ähm, ist Matt auch hier?“ „Nein, er kommt abends erst nach Hause und momentan noch später, weil er nach Feierabend auch noch im Krankenhaus ist.“ Mimi nickte und orientierte sich kurz, wo die ganzen Zutaten standen. Sie mochte es, wenn alles bereit stand und sie nicht Zeit vergeuten musste, in dem sie Zucker und ähnliches suchte. „Was möchtest du als erstes backen?“, erkundigte sich die Rothaarige. „Ich fange mit den Zimtsternen an“, erklärte Mimi. „Hättest du etwas gegen Weihnachtsmusik?“ Mimi schüttelte ihren Kopf. „Nein, gute Idee.“ Sora ging zu der kleinen Stereoanlage, die in der Küche stand und ließ ein Weihnachtsalbum spielen. Falls es um die zwei Damen schweigsamer werden würde, war es gut ein wenig Musik im Hintergrund zu hören. Nach ein paar Stunden waren alle Bleche gefüllt und mit den Plätzchen im Backofen. Die ehemaligen Freundinnen unterhielten sich über oberflächliches, aber man merkte, dass einige Jahre ins Land gezogen waren. Sora brannten viele Fragen auf der Zunge und sie hatte die ganze Zeit überlegt, wie sie diese stellen sollte. Sie entschied, die für sie wichtigste zu stellen. Sie wusste ja nicht, ob sie nochmal die Gelegenheit bekommen würde, Mimi zu sehen. „Mimi?“ räusperte sich Sora. Mimi, die gerade ein paar E-Mails checkte, hob ihren Kopf an und sah die Rothaarige fragend an. „Ja?“ „Warum hast du mit uns allen Schluss gemacht?“ Anders konnte man es wirklich nicht nennen. Mimi hatte nicht nur Taichi verlassen, sondern alle anderen Digi-Ritter auch und Sora hatte nie gewusst, wieso. Was sie falsch gemacht hatte. „Es hatte nichts mit euch persönlich zu tun“, murmelte die Brünette und wollte gerade eine E-Mail beantworten. Sora verzog missgünstig eine Augebraue und nahm ihr schließlich das Handy weg. „Hey!“ „Nicht hey!“, schimpfte Sora und legte es auf die Arbeitsplatte. „Mimi, das ist keine Antwort auf meine Frage. Ich erwarte eine ehrliche Antwort. Du bist einfach weg gewesen und hast den Kontakt zu uns allen gebrochen. Wieso?“ Mimi massierte sich die Stirn. Es war alles so lange her und in der Zeit soviel passiert und doch war es so, als wäre es erst gestern gewesen. „Ich musste das tun.“ „Das reicht mir auch nicht“, entgegnete Sora prompt. So kannte Mimi die Rothaarige nicht, aber sie musste wohl einsehen, dass sie ziemlich viele Menschen die ihr sehr wichtig waren, verletzt hatte. „Es war wegen Tai“, zögerte Mimi mit ihrer Antwort und suchte nach den richtigen Worten. „Verstehe ich nicht. Was hat die Trennung von Tai mit uns anderen zu tun?“ „Sora, wenn sich innerhalb der Clique Pärchen bilden und dann trennen, ist es nicht einfach so zu tun, als wäre nie was gewesen. Schon klar, ich war eh nicht mehr im Land, aber darum ging es mir nicht.“ Mimi überprüfte die Uhr. Noch zehn Minuten, dann konnten die Plätzchen aus dem Backofen. „Ihr alle steht Tai auch so nah. Du bist seine beste Freundin, Kari seine Schwester. Ich wusste einfach nicht, wie ich mit euch allen weiter befreundet sein sollte. Ich wollte nicht mal, dass ihr wisst, ob es bei mir gut oder schlecht läuft, damit Tai es nicht weiß und ich wollte nicht wissen, wie es ihm ging. Ich wollte nicht zufällig von euch hören, dass es ihm gut geht und er sich wieder neu verliebt hat, heiratet, plant eine Familie zu gründen. Ich wollte keine Freundschaften, in denen man sich nicht alles sagen kann oder aufpassen muss, was man sagt und ich wollte keine Bilder sehen auf denen Tai drauf war. Egal ob mit oder ohne Frau an seiner Seite. Ich … ich konnte das alles einfach nicht.“ Mimi sah von dem Backofen zu Sora. Das waren ihre Beweggründe und wahrscheinlich hätte sie sich wieder zu entschieden. Alles andere hätte Mimi schlichtweg nicht verkraftet. Also verschloss sie ihr Herz, damit es nicht so weh tat, wenn sie an ihr Leben in Tokyo zurück dachte. „Am Anfang habe ich es ja versucht, habe ein paar Mails geschrieben, aber irgendwie ging es mir damit nicht gut. Ich konnte mich nicht so in meinen Traum reinhängen wie ich es wollte, weil ich mit meinen Gedanken bei euch war. Sie kreisten darum, was ich zurückgelassen und verloren hatte. Ich wollte aber auch da sein, wo ich in diesem Moment war. Es war das reinste Gefühlschaos und somit entschied ich für mich, damit aufzuhören. Ich entschied mich dazu, mich voll und ganz auf meine Arbeit und meinen Traum zu konzentrieren. Ich habe euch gehen lassen. Ich habe mich so sehr in die Arbeit gestürzt, dass ich gar nicht dazu kam, nachzudenken. Ich habe all die traurigen Gefühle sofort ignoriert und … sie verdrängt. Ich wurde kalt, aber es hat funktioniert. Ich habe es geschafft. Ich habe mehr erreicht als ich je zu träumen gewagt hatte.“ „Hmm. Ich glaube, dass wir damals sicher auch eine andere Lösung gefunden hätten, aber wenn du damals nicht anders konntest, muss ich das so akzeptieren. Bist du glücklich?“ „Ich bin stolz auf mich. Ich habe es ganz alleine geschafft. Kein Vitamin B, keine Kontakte. Alles durch harte Arbeit. Ich habe meinen Traum erfüllt, aber das heißt nicht, dass man danach keine neuen Träume entwickelt. Ich bin sicher nicht immer glücklich, aber wer ist das schon?“ „Wir wussten, welch eine Karriere du hingelegt hattest. Es war auch nicht so, dass man das hierzulande hätte ignorieren können. Jeder sprach von der schönen Japanerin, die in alle Munde war und so gut kochen und backen konnte.“ Mimi wusste, wie gut ihre Art, ihre Ideen und ihre Rezepte ankamen. Sie hielt ihren YouTube Kanal aufrecht und hatte auch durch Socialmedia wie Instagram und Facebook großes Ansehen gewonnen. Wie schlimm das wohl für ihre Freunde und für Taichi gewesen sein musste? Sie verdrängte sie aus ihrem Herzen und ihr Gesicht war wahrscheinlich überall zu sehen. „Hmm. „Wir sind übrigens stolz auf dich. Auch wenn es vielleicht nicht jeder zugibt“, murmelte Sora und lächelte. Sie hatte Mimis Karriere immer verfolgt. So war es, als wäre ein Teil von ihr doch noch geblieben. „Danke.“ In dem Moment ertönte die Eieruhr und Mimi ging zum Backofen. „Die Plätzchen sind endlich fertig und ich finde sie sehen gut aus.“ „Sehr gut. Ich möchte gleich eines probieren“, sagte Sora und sah interessiert zu, wie Mimi die Backbläche vorsichtig auf einem Untersetzer abstellte. „Noch nicht, sonst verbrennst du dich noch“, ermahnte Mimi die Rothaarige. „Und Sora?“ „Ja?“ „Herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit.“ Sora wurde etwas rot um die Nase. Seit einem Jahr waren Matt und sie verheiratet und sie war glücklich wie am ersten Tag. „Vielen Dank.“ -- Das flaue Gefühl im Magen hatte nicht nachgelassen und je mehr Mimi sich dem Krankenhaus näherte, um so schlimmer wurde es. „Alles okay?“ fragte Sora nach, als sie den Aufzug betraten. „Ja, passt schon.“ Sie verließen den Fahrstuhl und schließlich standen sie vor Hikaris Zimmertüre. Sora klopfte an und steckte als erstes ihren Kopf herein. „Oh hi, Sora. Was hast du denn mitgebracht?“, fragte Taichi neugierig nach und näherte sich gleich der Rothaarigen und ihrem Korb. „Das duftet echt gut.“ Mimi stand noch unschlüssig vor dem Krankenzimmer und war mit einem Mal wie erstarrt. „Selbstgebackene Plätzchen“, antwortete Sora. „Oh wow, Sora du hast gebacken?“, fragte auch Takeru nach, der Hikaris Hand losließ und ebenfalls den Korb betrachtete. „Darf ich mir eines nehmen?“, fragte er höflich. „Natürlich. Nur die sind nicht von mir“, erklärte Sora zögerlich. „Sondern von wem?“, hakte Takeru nach, ging zurück zum Krankenbett und hielt seiner Freundin das Plätzchen unter die Nase. „Riecht das nicht gut? Wach doch bitte auf und probiere das Plätzchen.“ Takeru klang traurig, aber das war wohl kein Wunder. „Na ja also die Plätzchen hat Mimi gebacken“, erklärte Sora in diesem Moment. „Mimi?“, wiederholte Taichi ihren Namen und spuckte den Vanillekipferl sofort wieder aus. „Schmecken nicht.“ Taichi öffnete die Türe und sah die Brünette wütend an. „Was machst du schon wieder hier? Habe ich mich vorhin nicht klar und deutlich ausgedrückt?“ Mimi zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. Sie durfte jetzt nicht einknicken. Nicht vor Taichi. Er würde ihre Unsicherheit sofort bemerken und sie wahrscheinlich nieder machen. „Ich habe verschiedene Weihnachtsplätzchen gebacken. Für euch alle. Ich wüsste nicht, dass das verboten ist. Du kannst sie essen oder sie alle ausspucken, wenn du meinst das du dass tun musst. Fakt ist, Kari hat meine Weihnachtsplätzchen immer sehr gerne gegessen und ich werde ihr jetzt jeden Tag etwas zaubern, was sie früher gern gegessen hat.“ „Du spinnst doch“, entgegnete Taichi. „Was bezweckst du damit?“ „Gar nichts. Ich will euch allen einfach nur eine Freude machen, wenn ihr schon den ganzen Tag hier sitzt und Kari sollte nur mit leckeren Gerichten konfrontiert werden.“ „Ich finde das nett von dir, Mimi“, merkte Takeru an und aß das Plätzchen auf. „Die sind echt lecker und ich bin mir sicher, Kari würde sie lieben.“ Sofort drehte Taichi sich zu dem Blonden um und funkelte ihn wütend an. „Dein Ernst jetzt? Mimi und nett?“ „Tai, du kannst mich noch so wütend angucken. Ich weiß, ihr habt zurecht eure Differenzen, aber das ist mir egal. Mir geht es um Kari und ich will, dass sie wieder wach wird und ich will, dass sie weiß, dass wir alle hier sind. Ich bin sicher, sie hört uns und vielleicht funktionieren ja noch ihre Sinne. Es ist doch ein Versuch wert“, wehrte sich Takeru. „Sie braucht Mimi nicht. Keiner braucht sie!“ Wütend knirschte Taichi mit seinen Zähnen. „Tai, beruhige dich. Ich bleibe nicht hier, okay? Ich gehe jetzt wieder. Ich bringe heute Abend das Abendessen vorbei“, erklärte Mimi, drehte sich um und ging. Sie hatte schließlich noch viel zu tun und sie würde sich auch von Taichi nicht davon abbringen lassen. Mimi hielt ihr Wort, welches sie sich selbst gegeben hatte. Noch am selben Abend hatte sie sich nach längerer Zeit an eine Nudelsuppe herangewagt und für alle Besucher, Familienmitglieder und Freunde ein Schälchen mitgenommen. Am nächsten Morgen backte sie frische Brötchen und Crossaints. Abends kam sie wieder und brachte allen Gyoza mit. Die Tage drauf bereitete sie Sushi, Reisbällchen und andere Leckereien vor. Alle freuten sich über das gute Essen. Nur Taichi weigerte sich auch nur eien Bissen davon zu probieren. Er würde niemals zugeben, dass ihm das Wasser im Munde zusammenlief, als er ihre Mahlzeiten sah oder roch und er ewig nichts gesundes oder vernünftiges mehr gegessen hatte. Mittlerweile wussten sie auch, was Hikari fehlte. Takeru und Hikari waren auf einer Asien Rundreise gewesen und sie hatte es leider geschafft, sich mit Malaria anzustecken. Zum Glück wirkten die Antibiotika recht gut und das Fieber sank. Dennoch schlief Hikari und wachte noch nicht wieder aus ihrem tiefen Schlaf auf. Der Körper war noch sehr geschwächt und die vielen Tage um Kampf zwischen Leben und Tod hatten deutlich ihre Spuren an der jungen Yagami gezeichnet. Auch heute stand Mimi wieder lange in der Küche und brachte die frischen Takoyaki Bällchen mit ins Krankenhaus. Am Anfang war das Krankenhauspersonal sichtlich irritiert und wollten dies unterbinden, aber als Mimi auch für die Schwestern und Pfleger Essen mitbrachte, waren sie ganz schnell anderer Meinung und feierten Mimi als fürsorgliche Freundin, was Taichi fast zum platzen brachte. Denn mittlerweile hatten sich alle, sogar die Eltern von Taichi, daran gewöhnt, dass sie ständig mit Essen auftauchte und freuten sich sogar darüber. Tokyo, 17.12. Mimi war jetzt den fünften Tag in Japan. Sie klopfte an der Türe des Krankenzimmers und wartete, dass sie hereingebeten wurde. Takeru bat sie jedesmal herein. Es war immer Takeru und niemals Taichi, aber sie hatte sich an seine feindlichen Blicke gewöhnt. So gerne hätte sie mit ihm gesprochen, ihm etwas erklärt oder wenigstens versucht eine neutrale Basis zu finden, aber es war unmöglich. Er ließ sie gar nicht an sich heran. „Hey ich bin wieder da und habe euch Tempuras mitgebracht.“ „Wow, Kari liebt Tempuras“, sagte Takeru und in dem Moment knurrte schon sein Magen. „Ich weiß. Sie muss unbedingt wach werden und sie probieren.“ Mimi ging einen kleinen Schritt näher und beugte sich leicht über die Jüngere. „Sie sieht noch sehr blass aus, aber doch schon etwas besser oder?“ Sie sah die Jüngere immer nur morgens und abends, wenn sie das Essen vorbeibrachte. Taichi duldete sie nicht länger in dem Krankenzimmer und sie wollte ihn nicht noch mehr provozieren, auch wenn er es anders sah. „Gut, dann kannst du ja jetzt gehen", gab er auch dieses Mal von sich. „Taichi!“, ermahnte ihn Yuuko streng. „Mimi steht den ganzen Tag in der Küche um uns zu versorgen. Du könntest wenigstens den nötigen Anstand haben und Danke sagen.“ Taichi schüttelte seinen Kopf. Würde er nie im Leben. „Es geht Kari wirklich schon etwas besser“, unterband Takeru schnell die entstehende, drückende Stille. Er wollte keine negativen Schwingungen in diesem Zimmer. Zärtlich fuhr er mit seinen Fingern über Hikaris Gesicht und legte ein paar Haarsträhnen hinter ihr Ohr. „Sie hat heute schon nach meiner Hand gegriffen und ein paar Mal stöhnende Laute von sich gegeben. Die Ärzte glauben, dass sie bald wach wird.“ „Das wäre ja schön“, freute Mimi sich ehrlich. „Dann werde ich morgen ein paar Donuts und einen großen Obstsalat mitbringen. Sie braucht Vitamine.“ „Du musst es ja wissen!“, zischte Taichi. „Tai!“, sagte Yuuko erneut streng. „Ich muss hier raus.“ Taichi drehte sich zur Türe um und verließ das Krankenzimmer. „Entschuldigung, ich bin schon wieder weg.“ „Mimi?“, hielt Yuuko die Tachikawa zurück. „Ja?“ „Warum machst du das alles hier? Verstehe das nicht falsch, ich habe ewig nicht so gut gegessen wie diese Woche, aber hast du nicht eigentlich eine TV-Show? Die offensichtlich zurecht Erfolg hat.“ „Habe ich und weil … weil ich das eben machen möchte. Ich hoffe Kari wacht bald auf und wird wieder Kerngesund. Ich muss in ein paar Tagen zurück in die USA. Es wäre schön, wenn ich noch erlebe, wie Kari gesund wird. Auch wenn mein Essen am wenigstens dazu beiträgt. Sie kann es ja nicht mal essen.“ Mimi lächelte unsicher und machte sich ebenfalls auf den Heimweg. Mimi sah, wie Taichi mit dem Rücken ihr zugewandt da stand und aus dem Fenster des Krankenhauses sah. Vorsichtig ging sie auf den Älteren zu. Sie holte ihre Bentobox heraus und reichte Taichi diese. Kurz schielte Taichi auf die Box, doch sah dann wieder stur aus dem Fenster. „Iss doch bitte. Die sind nicht vergiftet oder so.“ Mimi biss sich auf die Unterlippe. Wie sehr er sie hasste. „Hast du denn gar keinen Hunger?, versuchte sie es erneut. „Was isst du denn den ganzen Tag? Nur dieses Kantinenessen hier?“ „Mimi, geh!“ „Du hasst mich echt so richtig, oder?“ Taichi klatschte in die Hände und sah immer noch aus dem Fenster. „Verstehe ich okay? Ich weiß, ich bin einfach gegangen um in Amerika an meiner Karriere zu arbeiten.“ „Hat doch alles geklappt bei dir. Also bitte.“ „Oh man Tai, meinst du dich hinter mir zu lassen wäre damals irgendwie einfach für mich gewesen? Es war der Horror.“ „Aha.“ Mimi seufzte frustriert auf. Es war so hoffnungslos. „Nur weil ich gegangen und heute tatsächlich erfolgreich bin, heißt das nicht, dass ich diese Entscheidung nie in Frage gestellt hatte. Es tut mir leid wie das damals gelaufen ist und wie ich euch alle gemieden hatte. Ich konnte es einfach nicht. Du hast mir so sehr gefehlt, dass ich alles, was mit dir zu tun hatte, wegschließen musste. Es tat einfach zu weh und ich wollte die erste Zeit nur wieder zurück zu dir, aber dann … dann entschied ich mich, mich von dir zu lösen und nur noch zu arbeiten und irgendwie hatte das geklappt.“ Taichi sah immer noch regungslos aus dem Fenster. Mimi schloss ihre Augen, legte ihre Bentobox auf die Fensterbank und schob sie zu Taichi. „Es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn du mein Essen isst. Bitte iss.“ Mimi drehte sich um und ging ein paar Schritte, doch dann machte sie Halt. Sie musste ihm noch eine Sache sagen. „Eines hat sich nie geändert, über all die Jahre, nie kam je einer an dich heran. Heute hasst du mich vielleicht und damit werde ich irgendwie klar kommen müssen, aber ich … ich könnte dich nie hassen.“ Mimi drehte sich wieder um und ging bis zum Ende des Flures. Hinter einer Wand blieb sie stehen und beobachte Taichi. Zögerlich sah er sich um, öffnete die Bentobox und aß schließlich Mimis Tempuras. Es schien ihm zu schmecken und ein Lächeln legte sich auf Mimis Lippen. Sie war gerade auf dem Parkplatz des Krankenhauses angekommen, als Mimi hörte wie ihr Handy vibrierte und sie eine SMS bekam. Sie setzte sich auf den Fahrersitz und suchte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy. Eine Nachricht von Takeru. >Kari hat die Augen geöffnet.< Kapitel 4: Future ----------------- Mimi konnte gar nicht beschreiben wie glücklich sie in diesem Moment war. Hikari hatte es geschafft. Sie war aufgewacht. Am liebsten wäre sie sofort zurückgelaufen und hätte ihre jüngere Freundin in die Arme genommen, aber sie wusste dass ihre Familie und Takeru diesen Part schon übernehmen würden. Zudem der Arzt die junge Yagami erstmal ausgiebig untersuchen musste und sie sicher trotz allem wahnsinnig erschöpft sein würde. Dennoch war sie sich sicher, dass jetzt alles wieder gut werden würde. Sie war aufgewacht. Mimi fuhr zurück ins Hotel und gönnte sich ein ausgiebiges Bad. Sie schloss ihre Augen, der Duft nach Lavendel verwöhnte ihre Sinne. Sie hatte ein paar Kerzen aufgestellt und wollte sich einfach nur wohl fühlen. Es funktionierte. In den letzten Tagen war sie so wahnsinnig angespannt gewesen und so langsam erholte sie sich. „Mimi.“ Mimi zwinkerte mit ihren Augen. Hatte sie gerade jemand gerufen? „Mimi?“ Doch, da schon wieder. Sie atmete tief ein und aus, bildete sie es sich nur ein oder was das Wasser inzwischen kalt geworden? „Mimi, aufwachen!“ Mimi öffnete ihre Augen. War das tatsächlich wieder dieser Engel? „Aber wie?“ Diesmal hatte sie doch überhäuft nichts getrunken und doch wirkte diese Erscheinung ganz schön real. „Na endlich, es war ganz schön schwer dich die letzten Tage zu erreichen.“ „Ist das so?“, fragte die Brünette ungläubig. „Oh ja, ich wollte dir noch etwas zeigen. Komm mit.“ „Dir ist schon klar das ich nackt in der Badewanne sitze und mir kalt ist?“ „Na dann, komm raus und ziehe dir was an.“ „Ich gehe jetzt nirgendwo hin“, brummte Mimi und ließ sich zurückfallen. „Also entweder steigst du freiwillig aus der Wanne aus oder aber du wirst nackt mitkommen müssen.“ Mimi schüttelte immer noch genervt ihren Kopf. Konnte es sein das sie so überarbeitet ist, dass sie sich mittlerweile schon Engel einbildete? Sie halluzinierte und begann einen Burn Out zu riskieren? „Gut, dann eben nackt.“ Die Brünette öffnete ein Auge und sah sich den Engel an. Wie wollte dieser kleine Engel sie bitte hier raus bekommen? Der Engel hob beide Arme in die Luft, ihr Kopf ging zur Decke und dieses helle Licht welches Mimi schon mal gesehen hatte begann den gesamten Raum einzunehmen und schließlich begann Mimi zu schweben - nackt und nass. „Hey“, schrie sie energisch und versuchte sich mit ihren Händen zu verhüllen. Schwer, wenn man nur zwei Hände hatte. „Ich hatte dich gewarnt, aber sei unbesorgt. Niemand wird sich tatsächlich sehen.“ Der Engel und Mimi flogen los und das sogar durch die Wände. Wie konnte das sein? Sie kamen an einem Haus an oder eher einer Villa. Es war groß und wahnsinnig luxuriös eingerichtet. Sie sah eine Frau, die ihr nur allzu bekannt war. Es war Mimi jedoch ein wenig älter, als sie es jetzt war. „Bin das ich?“, fragte die Brünette bei dem Engel nach. „Ja, jedoch in 15 Jahren.“ „In 15 Jahren“, wiederholte sie leise und betrachte die Frau, die sie selbst war. Sie hatte eine schicke weiße Hochglanzküche mit den modernsten Elektrogeräten die es aktuell gab. Sie war am kochen. Nichts großes, lediglich eine Tomatensuppe. Sie streute ein paar Gewürze rein und schmeckte die Suppe ab. Sie nickte mit dem Kopf und stellte den Herd aus. Sie holte sich aus einer unteren Schublade eine weiße Schüssel heraus und füllte diese mit der Suppe auf. Anschließend nahm sie sich einen großen Löffel und lief damit zum Esszimmer. Mimi folgte ihrem Zukunftsich. Das Esszimmer bestand aus einem großen dunklen Holztisch und schwarzen Lederstühlen. Sie zog sich einen dieser Stühle zurecht und nahm Platz. Mimi sah sich um. War denn sonst niemand da? Kein Mann, keine Kinder? Nicht mal eine Katze? War sie nicht inzwischen 40 Jahre alt? Da hatte man doch eine Familie und eigene Kinder. „Wo sind meine Kinder?“ fragte Mimi daher beim Engel nach. „Kinder? Du hast keine und nein, du bist auch nicht verheiratet oder liiert. Hin und wieder gibt es einen Mann für einen kurzen Zeitraum, aber es gibt keine aufrichtige Liebe.“ Mimi wurde traurig und nachdenklich zu gleich. Beruflich hatte sie also alles geschafft, aber der Preis dafür war offenbar ihr Herz gewesen. Hatte sich das alles also gelohnt? Denn sie hatte sich immer Kinder und eine eigene Familie gewünscht. Dieser Traum würde wohl immer ein Traum bleiben. Mimi sah sich ihr Zukunftsich genau an. Ihre Haare hochgesteckt, Designerklamotten und nur ein paar winzige Fältchen um die Augen herum. Sie sah gut aus, aber nicht glücklich. Sie wirkte müde und einsam. Schnell löffelte sie ihre Suppe auf und machte sich fertig das viel zu große zu verlassen. „Sieht wirklich so mein Leben in der Zukunft aus?“ „Das kommt ganz darauf an, wenn du dein Leben wie bisher führst dann wird es eines Tages so sein, aber noch bist du jung und hast die Möglichkeit es zu verändern. Es liegt also ganz bei dir.“ Wollte Mimi das? Ihr gesamtes Leben ändern? Wären dann die letzten Jahre nicht vollkommen umsonst gewesen? „Möchtest du sehen wie es Taichi Yagami ergangen ist?“ Mimi war unsicher. Wollte und konnte sie das? Aber ihre Neugierde war einfach größer, als die Angst vor dem was sie sehen würde. Würde er nach all den Jahren immer noch wütend auf sie sein? „Okay, gerne.“ Wieder begannen sie zu fliegen und auch dieses Haus sah toll aus. Nicht ganz so luxuriös und groß wie das von Mimi, aber es war schön. Im inneren regierte das Chaos. Überall lagen Spielsachen herum. Malbücher, Autos, eine Werkbank für Kinder, Bälle und noch vieles mehr. Ein großer Tisch war gedeckt mit Luftschlangen und Girrlanden. Ein Tisch geschmückt mit Schokoladenkuchen und lustigen Ninja Turtels Muffins. Es sah aus als wäre für ein Kind zum Geburtstag eingedeckt worden. Es klingelte an der Türe. „Das ist für miiiich“, hörte Mimi eine Kinderstimme rufen. „Nicht so schnell“, hörte sie eine weitere, sehr vertraute Stimme. Taichi. Sie ging in den Flur. Vier Personen zählte sie. Zwei Jungs, Taichi und eine Frau. Taichis Ehefrau? Warum gefiel Mimi das ganz und gar nicht? Taichi öffnete die Türe. „Tante Kari, Onkel T.K.“ Der größere Junge schmiss sich gleich in die Arme seiner Tante, während Takeru mit einem großen Geschenk das Haus betrat. Hikari war eindeutig gesund. Wie sehr Mimi das freute und zudem war sie noch immer mit ihrer Jungendliebe zusammen geblieben. Wie schön das war. „Wo ist meine Cousine?“, fragte der Junge nach. „Ich bin hier“, sagte ein kleines Mädchen mit blonden Haaren und braunen Augen. Sie war auf jeden Fall noch im Kindergarten, vielleicht 4 oder 5 Jahre alt. Auch sie trug ein kleines Geschenk in den Händen. „Das ist für dich Kaito. Alles Gute zum Geburtstag.“ „Oh, danke“, sagte Kaito und riss das Papier noch an Ort und Stelle auf. „Cool, Papa guck mal ein Lego Technik Dinosaurier. Baust du den gleich mit mir zusammen auf? Bitte, bitte.“ „Na klar, Kaito. Jetzt lass aber erstmal die Gäste rein. Es fehlen nur noch Oma und Opa.“ Die zwei Jungs und das Mädchen liefen ins Wohnzimmer und begannen zu spielen. Taichi legte seinen Arm um diese Frau und zog sie näher zu sich. Die Frau drehte ihren Kopf zu Taichi um und lächelte ihn liebevoll an. „Unglaublich das Kaito heute schon 9 Jahre alt wird“, sagte sie. „Wem sagst du das. Es kommt mir noch wie gestern vor, dass ich euch aus dem Krankenhaus abgeholt und nach Hause gebracht habe.“ Diese liebevolle Geste fühlte sich wie pures Gift für Mimi an. Dabei hatte Taichi es doch Verdient glücklich zu sein. „Ich will hier weg. Das ist mir zuviel.“ „Okay, sicher?“ „Ja, ganz sicher.“ Der Engel ließ sie wieder schweben und kurz darauf fand sie sich wieder in ihrer Badewanne sitzend wieder. Der Engel war weg. Mimi sah sich erschrocken um. War das alles nur ein Traum gewesen? Würde es wirklich mal so sein? Ihr Smartphone klingelte und sie wickelte sich in ein kuscheliges Handtuch. „Als ob ich nackt durch die Zeit gereist bin. So ein Quatsch.“ Das klang doch wirklich mehr als Absurd und doch ließ sie das Bild nicht mehr los. Sie schaute auf das Displays ihres Handys. Ihr Manager. Mimi seufzte, ging aber schließlich mit ihrer typischen professionellen Stimme ans Telefon. „Ja, was gibt es?" „Was es gibt? Du bist total überstürzt abgereist. Kommst du bald mal wieder zurück? Du weißt das noch einiges ansteht. Was war mit dem Neujahrsspecial?“ „Ach ja, das Neujahrspecial...“ „Ach ja? Mimi was ist bei dir los?“ „Eine gute Freundin von mir lag im Koma. Ich muss hier noch ein bisschen was erledigen. Ich kann noch nicht zurück.“ „Du musst aber.“ Mimi wurde so langsam wütend. Wie sprach er eigentlich mit ihr? „Ich muss gar nichts, hörst du das? Sag das Neujahrsspecial wegen gesundheitlichen Gründen gefälligst ab. Ich habe gerade wichtigeres zu tun und by the Way nehme ich mir jetzt noch eine ganze Woche Urlaub.“ Damit beendete Mimi das Telefonat und legte auf. Sie hatte schon über ein Jahr keinen richtigen Urlaub mehr gehabt. Außerdem wollte sie noch Donuts backen und einen Obstsalat herrichten. Sie hatte jetzt wirklich besseres zu tun. Sie wollte Hikari sehen und noch einmal Taichi, wenn sie ehrlich war. Am nächsten Tag war sie wieder bepackt mit Essen. Es war bereits nach zwei Uhr am Mittag als Mimi im Krankenhaus ankam. Wie immer klopfte sie an die Zimmertüre und wartete darauf, dass sie jemand herein bitten würde. Wie so oft war das Takeru. Vorsichtig öffnete sie die Türe und trat herein. „Ich habe wieder etwas leckeres für euch mitgebracht. Oh, wo ist Kari?“ Die Brünette war sehr verwundert als sie sah, dass das Bett der Jüngeren leer war. „Es werden ein paar Untersuchungen bei ihr gemacht.“ „Aber es geht ihr soweit gut?“ wollte Mimi gleich wissen. „Überraschenderweise ja. Sie ist natürlich noch sehr schwach, aber sie weiß noch alles und das ist erstmal das Wichtigste.“ „Das stimmt und du wartest ganz alleine hier auf dem Zimmer?“ „Ja, die Eltern von Kari sind vor einer Stunde nach Hause gefahren. Sie wollten duschen, sich was frisches anziehen und dann am Nachmittag wieder kommen und Tai ist gerade unten in der Kantine.“ „Echt jetzt? Er weiß doch mittlerweile, dass ich jeden Tag etwas zu Essen mitbringe...“ „Rege dich nicht auf. Er ist eben...“ „...unendlich sauer auf mich? schon klar.“ Takeru sah Mimi mitleidig an. „Hast du einen Donat für mich?“ „Ja, bitte.“ Mimi leistete Takeru noch ein wenig Gesellschaft und nach etwa 20 Minuten wurde Hikari zurück aufs Zimmer gebracht. „Mimi?“ Sofort begann die Jüngere zu strahlen. „Ich habe gehört, dass du jeden Tag da warst und uns alle hier versorgt hast, danke.“ Mimi winkte sofort ab. „Ach bitte, das war das Mindeste.“ „Soviel Bescheidenheit? Interessant“, kicherte die junge Yagami. „Schön zu sehen, dass es dir schon wieder so gut geht.“ Darüber war Mimi wirklich glücklich, auch wenn sie immer daran geglaubt hatte. Kurz drauf kam Taichi vom Essen in der Kantine zurück. „Was macht die denn schon wieder hier?“, stöhnte er genervt auf. „Tai, jetzt beruhige dich mal. Mimi hat super leckeres Essen zubereitet und der Obstsalat ist der erste was ich hier runter bekomme.“ Hikari nahm demonstrativ einen großen Löffel vom Obstsalat und schien ihn wirklich zu genießen. „Na schön...“, maulte er und setzte sich auf den Stuhl neben Hikaris Bett. „Ich werde auch nicht lange bleiben“,versuchte Mimi den Älteren zu beruhigten. „Du kannst solange bleiben, wie du willst. Erzähl doch mal wie läuft es bei dir so?“ „Boah, keinen Bock“, meckerte Taichi und verschwand auch kurz darauf wieder aus dem Zimmer. Mimi wollte zwar stark sein, aber sein abwehrendes Verhalten verletzte sie sehr. „Wow, das man jemanden so sehr hassen kann...“ „Ich denke das liegt daran, dass er immer noch Gefühle für dich hat“, mutmaßte die junge Frau und legte sich wieder vorsichtig ins Bett. „Ja Hassgefühle.“ „Rede doch mal mit ihm.“ „Ich würde ja, aber er blockt mich gleich ab.“ Takeru übergab ihr zwei Donuts aus dem Korb und drehte sie Richtung Türe um. „Na los.“ Mimi wusste beim besten Willen nicht was das bringen sollte. Er sah regelrecht durch sie hindurch. „Wenn ihr meint“, seufzte sie und trat suchend aus dem Zimmer raus. Irgendwo musste er ja sein. Taichi stand wieder vor dem Fenster und sah in die Ferne. Mimi stellte sich mit klopfendem Herzen wieder neben ihn und wusste nicht so Recht wo sie anfangen sollte. „Wirst du nie wieder mit mir reden?“, fragte sie leise. „Ich wüsste nicht worüber. Dein tolles Leben als Star interessiert mich nicht.“ Die Brünette wusste wirklich nicht was sie sagen sollte. Eine Entschuldigung würde er ihr eh nicht abnehmen. „Wer sagt denn das ich meine Entscheidung niemals hinterfragt oder bereut habe.“ „Selbst wenn, was bringt es jetzt noch? Du hast uns alle einfach im Stich gelassen. Nicht nur mich, sondern alle die dir jemals was bedeutet haben und du glaubst du kannst hier eine Woche kochen und alles ist wieder gut? Meine Güte, naiv wie je und jeh...“ „Ich glaube nicht so alles wieder gut machen zu können, aber ich wollte trotzdem hier sein und wusste nicht was ich sonst hätte tun sollen. Kochen und Backen liegt mir eben und alles andere... na ja...“ „Genau in allem Anderen bist du ziemlich schlecht.“ Mimi atmete wieder tief ein und aus. Sie sah auf die zwei Donuts und bot Taichi eines an. „Woher willst du das Wissen, wenn du nie etwas davon isst?“ „Äh, weil ich es vielleicht von früher noch weiß.“ „Tai, es tut mir leid, alles. Ich meine, ich wollte so oft wieder zurück zu dir und dachte so leicht aufzugeben kann ich nicht bringen. Es war niemals meine Absicht dich oder die Anderen zu verletzen. Ich habe keinen anderen Ausweg gesehen, als alles was mit dir zu tun hat, zu verbannen...“ „Und offensichtlich hat es prima funktioniert.“ „Das denkst du also? Soll ich dir mal was verraten? Hat es nicht. Es war kindisch zu glauben ich könnte dich je vergessen. Wir hatten eine wundervolle Beziehung und ich habe sie weggeworfen, weil ich geglaubt habe nur so meinem Traum wirklich erfüllen zu können. Aber es war nicht das wonach mein Herz sich gesehnt hatte, okay? Ich weiß heute dass das der wohl größte Fehler meines Lebens war und das tut mir leid. Ich wollte es dir nur mal sagen und hoffe, dass du mir vielleicht eines Tages verziehen kannst.“ Es war nicht einfach das laut auszusprechen, aber es war das ehrlichste was Mimi seit langem gesagt hatte. Taichi jedoch reagierte nicht und die Brünette musste einsehen, dass es keinen Sinn mehr machte hier weiter stehen zu bleiben. „Ich verabschiede mich jetzt wieder von Kari, dann kannst du wieder zu ihr gehen.“ „Ich wusste damals, dass ich dich als meine feste Freundin verloren hatte, aber ich hätte nicht damit gerechnet das du einfach so komplett aus meinem Leben verschwindest. Als wäre dir alles was uns verbunden hatte total egal gewesen.“ „Oh nein, das war es nie. Glaube mir. Ich wollte nur irgendwie überleben.“ „Ich auch“, gab Taichi schließlich zu. „Ich weiß, dass ich dir sehr weh getan habe und das ich es so schnell nicht wieder gut machen kann, aber ich würde gerne wieder Kontakt zu euch allen aufnehmen. Auch sehr, sehr gerne zu dir. Du hast mir gefehlt. Ich weiß es ist viel verlangt, aber vielleicht wäre ja eine kleine mini Freundschaft wieder drin?“ „In dem du dich alle Jubeljahre meldest, wenn es dein Terminkalender zulässt?“ Taichi wirkte verunsichert und sie konnte es ihm nicht verübeln. „Ich habe ehrlich gesagt beschlossen mir von allem eine Auszeit zu gönnen und wieder herauszufinden was mich im Leben wirklich glücklich macht.“ Taichi wirkte tatsächlich sehr überrascht über diese Aussage. Aber er sah das erste Mal seit langem Mimi wieder direkt in die Augen. „Okay“, murmelte er noch sichtlich irritiert. „Ich möchte jetzt erstmal eine Zeitlang hier bleiben. Hier, jetzt iss doch bitte endlich einen Donut. Ich weiß das du sie magst.“ Taichi gab sich geschlagen und nahm einen Donut an. Er biss hinein und stöhnte gleich. „Hmm, echt lecker.“ „Na siehst du. War das jetzt so schwer für dich?“ „Nein und sie schmecken echt gut.“ Mimi lächelte. Das war doch ein ganz kleiner Anfang. „Kleine, mini Freunde?“, fragte sie zuckersüß nach. „Ganz kleine mini Freunde“, erwiderte Taichi versöhnlich. Mimis Lächeln wurde noch größer. Mehr wollte sie gar nicht. Einen kleinen Neuanfang. Ihr Herz begann zu hüpfen und sie spürte es war richtig vorerst hier in Japan zu bleiben. 15 Jahre später. Mimi stand in ihrem schönen Haus in ihrer modernen Küche und war Zwiebeln am Schneiden. Sie wischte sich ein paar Tränen weg, da der beißende Geruch von dem Gemüse ihr nach all den Jahren noch immer Tränen bereitete. Sie war gerade dabei einen Auflauf vorzubereiten. Irgendwie musste sie ja ihre Vierköpfige Familie satt bekommen. „Mama wie lange dauert das noch?“, fragte ihr ältester Sohn nach. „Noch etwa eine halbe Stunde“, antworte sie. „Was noch so lange? Bis dahin bin ich ja verhungert.“ Mimi rollte mit ihren Augen. „Hiroki du klingst schon wie dein Vater und soll ich dir was verraten? Er ist bis heute nicht verhungert. Gehe zu deinem Bruder und spielt noch etwas. Ich rufe euch, wenn das Essen fertig ist.“ „Okay“ maulte er und lief hastig aus der Küche. Sie sah ihm lächelnd hinterher und konnte bis heute ihr Glück nicht fassen. „Prinzessin, wie lange dauert das Essen noch?“ „Noch eine halbe Stunde“, antwortete sie erneut. „Was noch so lange?“ „Lass mich raten, bis dahin bist du verhungert?“ „Und das sogar zweimal.“ Mimi kicherte erneut. „Wie gut das du gar nicht übertreibst. Geh bitte zu den Jungs und schau das sie nicht das ganze Wohnzimmer zerstören." „Vorher brauche ich aber noch eine kleine Stärkung.“ Taichi griff nach Mimis Tailie, zog sie zu sich heran und küsste sie innig. Mimi ließ den Kochlöffel fallen und ließ sich ganz auf den Kuss ein. Wie unglaublich gut er küssen konnte. Taichi beendete den Kuss und wackelte anzüglich mit seinen Augenbrauen. „Ich glaube ich brauche heute Abend noch einen gewissen Nachschlag.“ Damit verließ er die Küche und ließ die Brünette weiter köcheln. Heute noch konnte sie manchmal nicht glauben, dass sie nochmal zueinander gefunden hatten. Es hatte lange gedauert bis Taichi Mimi wieder in sein Leben lassen konnte. Irgendwann begannen sie sich zu daten und allmählich wurde aus ihnen ein Paar und selbst die Anfangszeit war noch sehr holprig gewesen, aber Mimi zeigte ihm jeden Tag aufs neue wie sehr sie wieder alles gut machen wollte. Taichi verdiente es glücklich zu sein. Vor 10 Jahren heirateten sie sogar und bekamen zwei Jahre später ihren ersten gemeinsamen Sohn, Hiroki war 8 Jahre alt und zwei Jahre später kam ihr zweiter Sohn zur Welt, Kane. Seitdem war das Familienleben komplett und Mimi hatte niemals bereut ihre Karriere aufgegeben zu haben. Noch heute fragte sie sich, ob dieser Engel vor 15 Jahren ihr wirklich erschienen war oder nicht, aber sie hatte danach begonnen ihr Leben zu ändern und endlich war sie beruflich wie privat angekommen und könnte zufriedener nicht sein. Daher egal ob der Engel nun ein Traum war oder er tatsächlich zu ihr kam. Sie könnte deswegen nicht dankbarer sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)