Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [21.11.2011 – D57 – Magische Heilung] ------------------------------------- Das erste Mal fühlte sich Joanne wirklich wach. Wie oft sie seit der Nacht aufgewacht war, konnte sie nicht sagen. Sie hatte klare Gedanken gehabt, aber wie viel davon auf welcher Ebene ihres Bewusstseins passiert war … Sie konnte es nicht sagen. Es überraschte sie nicht, dass Heidenstein an der Seite ihres Bettes saß, als sie die Augen öffnete. Gräuliches Licht flutete ins Zimmer. Es musste eins der normalen Krankenhauszimmer sein. Wahrscheinlich hatte man sie irgendwann im Verlaufe der Nacht oder des sicherlich schon verstrichenen Morgens hierher gebracht. Sie sah zu Heidenstein. Er hielt ihre Hand. Natürlich tat er so etwas albernes. Vorsichtig drückte sie seine Hand, wartete darauf, da er reagierte. Er schien in einer Art Wachschlaf zu sein. Nun schreckte er auf. „Pakhet.“ Er zögerte. „Du bist wach.“ Sie nickte stumm. „Trinken?“, brachte sie nach ein paar Sekunden hervor. „Natürlich.“ Dieses Mal stand bereits ein Glas auf ihrem Nachttisch, zusammen mit einer kleinen gläsernen Kanne. Vorsichtig richtete Joanne sich auf, dieses Mal ohne von Heidenstein aufgehalten zu werden. Ihre Hüfte schmerzte dabei, doch sie schaffte es irgendwie. Heidenstein hatte ihre Prothese nicht abgeschlossen, hatte jedoch offenbar herausgefunden, wie man sie abschalten konnte. Sie hing nutzlos an Joannes Seite. Vorsichtig tastete sie nach dem Schiebeschalter, der aus offensichtlichen Gründen versteckt lag. Erleichtert spürte sie das minimale Gefühl, das sie durch die Prothese hatte, in ihren Arm zurückkehren, griff dann damit nach dem Glas. „Wie fühlst du dich?“, fragte Heidenstein vorsichtig, nachdem sie getrunken hatte. Sie schluckte sehr bewusst, genoss das Gefühl des Wassers im kratzigen Hals. „Beschissen“, hauchte sie. Ihre Stimme war noch immer heiser. „Du kümmerst dich schon noch um deine anderen Patienten?“ Heidenstein nickte. „Natürlich. Aber … Ich habe eine ruhige Minute. Und ich …“ Sie lächelte müde. „Du machst dir Sorgen.“ „Ja.“ Er half ihr das Kopfende des Bettes wieder hochzustellen. „Du solltest dich noch schonen.“ „Ich weiß.“ Sie lehnte sich zurück. Es fühlte sich gut an, sich zu entspannen. Stille. Sie trank wieder. Es fühlte sich wirklich göttlich an. Sie schloss die Augen, erinnerte sich dann aber an etwas anderes: „Danke.“ Heidenstein sah sie an. „Was?“ „Dass du mich gestern hast noch mitkommen lassen“, meinte sie. „Danke. Auch dafür, dass du Murphy gerettet hast.“ Es war schwer, den Ausdruck auf Heidensteins Gesicht einzuordnen. Eine ungewohnte Verletzlichkeit lag in seinen Augen, als er ihre Hand wieder griff. „Ich sorge mich auch um den Jungen. Und um dich.“ Er verfiel wieder in Schweigen, leckte seine Lippen. „Weißt du noch, was du mir letzte Nacht erzählt hast?“ Sie nickte. Ihre Erinnerung an ihr Erwachen nach der OP war überraschend gut. „Ja.“ Sie schloss die Augen wieder. „Ich habe es so wirklich gemeint.“ „Ich weiß“, antwortete er leise. Wieder senkte sich Stille über sie. Sie hielt an, bis Joanne etwas einfiel: „Ist Murphy mittlerweile wach?“ „Ja. Aber er ist noch … Nun, etwas verwirrt. Er hat eine Gehirnerschütterung. Das zusammen mit den Drogen, war eine beschissene Mischung.“ „Verstehe.“ Sie zwang sich die Augen zu öffnen, auch wenn ihre Lider sich aktuell tonnenschwer anfühlten. „Aber er wird wieder?“ „Ich werde mein Möglichstes daransetzen.“ Offenbar bemühte er sich, sein Lächeln aufmunternd wirken zu lassen. Dann seufzte er. Er wich ihrem Blick aus, als wäre ihm noch etwas anderes eingefallen. „Was?“ Er schüttelte den Kopf. „Letzte Nacht war nur … Brutal.“ Sie verstand, wusste jedoch nicht, was sie sagen sollte. „Ja.“ Sie hatte nicht mehr darüber nachgedacht, nicht zu töten. Wer auch immer es gewesen war, hatte in ihrer Sicht sein Leben verwirkt, als sie Murphy entführt hatten. Sie hätten ihn beinahe sterben lassen. Sie atmete tief ein. Noch immer hatte sie das Gefühl, dass sie ihre Lungenkapazität nicht gänzlich nutzte. Ihre Brust fühlte sich zugeschnürt an. „Damit wird es nicht enden. Ich werde Michael töten. Und Nel.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Ich weiß“, hauchte Heidenstein. „Ich weiß.“ Er rieb sich die Augen. „Es wundert mich ehrlich gesagt, dass du Michael bisher nicht getötet hast. Wenn er immer so … So …“ „Manipulativ“, bot sie an. Ein Nicken. „Ja, wenn er immer so manipulativ war.“ „Ich habe es bisher nie so gesehen“, gab sie zu. „Ich habe ihn nicht für das gesehen, was er war. Oder besser … Ich habe es versucht zu ignorieren.“ Sie schürzte die Lippen. „Außerdem …“ Konnte sie es ihm sagen? Ein fragender Blick. Er schien sich nicht zu trauen, sie zu fragen. „Er hat Dinge gegen mich in der Hinterhand“, flüsterte sie. „Dinge … Einen Totmannschalter. Er wird so etwas haben. Ich … Ich muss einen Weg finden, ihn zu deaktivieren, bevor ich …“ Sie hasste es, so gezielt einen Mord zu planen. Doch was für eine Wahl hatte sie? Heidenstein nickte. Wieder nahm er ihre Hand, drückte sie. „Darüber machen wir uns Gedanken, wenn du wieder stehen kannst, ja?“ „Ja.“ Was konnte sie sonst antworten. Sie hielt seine Hand. Es fühlte sich gut an. Dann musterte sie ihn. „Kannst du … Kannst du mich vielleicht weiter heilen?“ Wieder merkte sie sein Zögern. Schließlich seufzte er. „Ich kann schauen. Eventuell … Werde ich Athea dazu holen. Aber ja. Ja. Ausnahmsweise.“ Er zwang sich zu einem Lächeln, zögerte wieder, lehnte sich vor, hielt inne, küsste sie dann aber doch auf die Wange. Nun schien er darauf zu warten, dass sie etwas sagte. Sie wusste nicht was. Deswegen drückte sie nur wieder seine Hand, hob ihre Hand dann aus der seinen, um sie auf seine Wange zu heben. „Idiot.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)