Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [20.11.2011 – D55 – Adrenalin] ------------------------------ Vorsichtig legte Crash sie auf der hinteren Sitzbank des Wagens ab, ging dann außen um den Wagen herum, setzte sich ans Steuer. Er blickte sich um. „Wohin?“ „Krankenhaus“, erwiderte Heidenstein, während er sich neben ihr niederließ. Er sah sie an. Die Sorgte stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er wirkte verzweifelt, schien nicht ganz zu wissen, was er sagen sollte. Joanne nahm es ihm ab. Sie sammelte ihre Energie, schaffte es ihre Arme unter sich zu bewegen. Sie bekam wenig Luft, ahnte, dass ihre Lunge bei der Explosion Schaden genommen hatte. Sie richtete sich auf. „Wir müssen Murphy retten.“ „Wir wissen nicht wo er ist.“ Heidenstein sprach leise mit besorgter Stimme. Sanft drückte er sie auf die Sitze zurück. „Pakhet, du bist in keiner Verfassung mehr weiter zu machen.“ Sie ließ sich zurückdrücken, schüttelte aber den Kopf. „Ich muss ihn retten. Ich muss.“ „Nein, das musst du nicht, Pakhet, dafür sind wir da“, erwiderte Siobhan und schaute über die Rückenlehne der vorderen Sitzreihe zu ihr. Heidenstein sah zu ihr, reichte ihr eine Taschenlampe. „Halt.“ Dann öffnete er Pakhets Jacke schob sie soweit wie möglich von ihrer Brust, untersuchte sie, tastete sie ab. Schließlich öffnete er ihre Hose, schob sie runter. Das war ihre größte Wunde. Irgendwie und irgendwann hatte eine Kugel sie hier getroffen. Von allem, was Pakhet sich zusammenreimen konnte, war es eine Kugel von diesem Helikopter gewesen. Fuck. Arschlöcher. Die hatten einen Heli gehabt. Warum? Wo hatten sie ihn gehabt? Wie waren sie so schnell gestartet? Oder hatte sie es einfach nicht gehört, einfach ignoriert? Sie wusste es nicht. Ihre Erinnerungen waren schwammig. Murphy. Sie legte ihren Arm über ihr Gesicht. Sie spürte sehr wohl, dass sie einige Wunden davon getragen hatte. Das meiste Blut verlor sie jedoch über die Wunde an ihrer Hüfte. Die Kugel, was auch immer es war, hatte sich tief in ihr Fleisch gebohrt, hatte vielleicht auch ihren Knochen beschädigt. Ihr Gefühl im Bein war schwach, aber noch vorhanden. Der Schmerz war jedoch die stärkere Empfindung. Eine Spritze. Betäubung. Sie war sich sicher. Sie sah unter ihrem Arm hinweg. „Du schickst mich nicht schlafen, oder?“ Sie merkte, wie Angst aus ihrer Stimme klang. Heidenstein musterte sie, schüttelte den Kopf. „Nein. Nur etwas gegen deine Schmerzen.“ Sein Blick war verzweifelt. Sie schloss die Augen wieder, vertraute ihm. Er operierte. Wahrscheinlich zog er die Kugel heraus. Ja. So etwas. Sie merkte, wie er schnitt. Wahrscheinlich hatte sich die Kugel zu tief in sie gebohrt. Er hielt die Wunde auseinander, schob einen anderen Gegenstand hinein. Wahrscheinlich etwas, um die Kugel zu greifen. Ja. Etwas bewegte sich. Er zog es heraus. Dann drückte er gegen die Wunde, drückte mit Mull dagegen, atmete tief durch. „Pakhet?“, fragte er noch einmal. Sie sah ihn an. „Ich werde dir einen der Tränke geben und dann versuchen das Gröbste zu heilen.“ Sie nickte matt. „Okay.“ Sie musste noch etwas weitermachen. Warum fiel ihr das Atmen so schwer? Wie viel Schaden hatte sie genommen? Sie merkte auch etwas am Rücken. Blaue Flecken wahrscheinlich. Sie glaubte nicht, dass viel durch ihre Weste und die Lederjacke gedrungen war. Am Nacken und Hinterkopf hatte sie jedoch Verbrennungen, auch kleine Schnitte von etwaigen Fragmenten. Es war ein Wunder, dass es nur so wenig war, dass ihre Trommelfelle nicht geplatzt waren. Schon wieder etwas, das sie eigentlich hätte töten sollen. Wie weit war sie von der Explosion entfernt gewesen, als diese hochgegangen war? Allerhöchstens zehn Meter. Es hätte sie zerreißen sollen. Es hatte den Van zerrissen. Was war nur los, dass sie nicht starb? Sie hätte wohl gewusst, wäre sie unsterblich und zumindest unverwundbar war sie nicht. Heidensteins Trank. Er spritzte ihn in ihre Bauchdecke. Sie merkte, wie die Schmerzen noch weiter nachließen. Das Atmen wurde etwas leichter. Dennoch rasselte ihr Atem. Wahrscheinlich hatte Heidenstein Recht, wahrscheinlich musste sie ins Krankenhaus. Wenn sie Pech hatte, war ein Teil ihrer Lunge gerissen, dann kollabierte sie gerade ihre Lunge nur weiter. Sie sollte operiert werden. Er sollte sie in Ruhe untersuchen. Doch sie konnte nicht. Sie konnte Murphy nicht einfach aufgeben. Auf ihren Atem bedacht, blinzelte sie. Heidenstein hatte die Augen geschlossen, hatte die Hände auf ihre Wunde gelegt. Ihre Wunde an ihrer Hüfte. Schweiß stand auf seiner Stirn. Wahrscheinlich war es führ ihn auch nicht das Einfachste, sie hier, ohne ein richtiges Ritual zu heilen. Zumindest war es so besser. Sie musste noch durchhalten. Noch ein paar Stunden. Noch ein paar Stunden, bis sie Murphy gefunden hatten. Dann wäre es okay. Dann konnte sie loslassen. Aber sie durfte nicht irgendwo im Krankenhaus liegen, während die anderen nach Murphy suchten. Noch weniger konnte sie zulassen, dass Heidenstein bei ihr blieb. Wenn Murphy verletzt war, würde er seine Hilfe brauchen. Noch immer hielt Siobhan die Lampe wie eine improvisierte OP-Leuchte über ihr. Rauschen. Zumindest verfolgte sie niemand. Zumindest waren sie erst einmal sicher, oder? Sie schloss die Augen wieder. Sie fühlte sich so müde und doch wusste sie, dass sie der Müdigkeit nicht stattgeben durfte. Verdammt. Sie musste durchhalten. Auf einmal schwankte das Licht etwas. Siobhan sah sich um. „Crash. Halt an.“ Crash kam ihrer Aufforderung nach. Siobhan stand auf, öffnete sie Seitentür des Wagens und etwas flatterte herein. Konnte es sein? „Ich habe den Rabenjungen gefunden“, krächzte der Geist. „Er ist an einem sehr stinkigen Ort.“ Pakhet richtete sich auf. „Wo?“ „Stinkiger Ort“, wiederholte Trixie. „Süden.“ Heidenstein öffnete seine Augen, sah zu Joanne. Noch immer stand Schweiß auf seiner Stirn. „Bitte, Pakhet. Du kannst nicht.“ Ihre Blicke trafen sich. Noch immer lag seine Hand über ihrer Wunde, die zumindest im Moment nicht mehr blutete. Sie verstand ihn. Wären ihre Positionen vertauscht, würde sie ihn auch nicht gehen lassen wollen. Doch konnte sie nicht einfach im Krankenhaus liegen bleiben. Sie nahm seine Hand. „Bitte, Doc. Bitte.“ Sie sah ihm in die Augen. Es war schwer zu glauben, dass sie noch am Nachmittag in einer so anderen Situation mit Michael gewesen waren. So anders und doch dasselbe. Sein Blick war zweifelnd. Stumm flehte er sie an, nachzugeben, wusste genau so gut wie sie, dass sie nicht mehr besonders lange stehen würde. Dann aber öffnete er seinen Koffer, holte etwas anderes daraus hervor. Eine weitere Spritze, ein kleines Fläschchen. Er füllte die Spritze auf, gab sie ihr, sah sie an. Sie wusste, was es war. Adrenalin. Damit würde sie noch ein wenig länger stehen. Nur noch ein wenig länger. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)