Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [20.11.2011 – X29 – Panik] -------------------------- Die Parkanlage oder eher das, was sich in dieser Gegend als solche bezeichnete, lag im halbdunklen vor ihnen. Ein Teil der Straßenlaternen am Rand des Parks war kaputt, teilweise sogar zerschossen. Ein guter Teil des Lichts entstammte der residuellen Lichtverschmutzung des Gebiets. Eine Wolkendecke bedeckte den Himmel, ließ auch kein Licht von Mond oder Sternen hindurch. Pakhet stand am Rand des Parks. Hier irgendwo hatte Alice zuletzt Murphys Handy geortet. Sie sah sich um. In der Ferne erklangen Schüsse. Nicht ungewöhnlich für die Gegend. Das musste nichts für sie heißen. Wahrscheinlich waren es nur Gangs. Dennoch lief ihr ein Schauer über den Rücken. Heidenstein stand hinter ihr, sagte nichts. Wie sie hatte er seine Waffe gezogen. Anders als sie allerdings die Dartpistole. Sie hatte ihre P9 in der Hand, während sie auf die freie Fläche ging, die zwischen zwei betonierten, aber zerfallenen Straßen war. Die Fläche war mit dünnen, trockenem Gras bedeckt. Ein paar knorrige, alte Bäume standen am Rand. Da hinten war ein Feuer. Obdachlose? Eine Feier? Etwas stank. Der Geruch von brennendem Öl. Ihr Herz hämmerte weiter gegen ihre Brust. Da war etwas. Glassplitter bedeckten den Boden an einer Stelle. An einer anderen hatte etwas den Boden umgegraben. Sie ging hinüber, um es besser sehen zu können. „Was ist es?“, fragte Heidenstein. Sie hing in die Hocke, nahm die Waffe mit ihrer Prothese, streckte ihre Hand nach der Spur im Boden aus. „Das sind Motorradspuren.“ Damit stand sie auf, folgte den Spuren, die weiter auf die Fläche führten. Hier war auch noch etwas anderes. Kleine Löcher im Boden. Wieder ging sie in die Hocke, bestätigte ihre Vermutung: Einschlagslöcher von einer Patronen. Und da. Blut. Es war relativ frisch. Vielleicht ein paar Stunden alt. Sie schloss die Augen. Sie glaubte nicht an irgendwelche Götter, doch hätte sie es getan, hätte sie darum gefleht, dass es nicht bedeutete, was sie dachte. Die Motorradspuren wurden leichter. Es hatte weniger Halt gehabt. Es war ins Schlingern geraten. Dann musste es umgekippt sein. Sie waren nahe am Feuer, konnten nun auch sehen, was es war, das brannte: Es war Benzin, das aus dem Tank eines Motorrads, das gegen einen Stein, der die Seite des „Parks“ begrenzte, zum Liegen gekommen war, auslief. Hatte es jemand mit Absicht angezündet? War es beim Unfall passiert? Doch dann kam sie näher, erkannte das Motorrad, erkannte das Modell. Sie hielt inne. „Bitte nicht …“ Sie sah auf das Nummernschild. „Fuck.“ Hier war noch mehr Blut am Boden. Eine kleine Pfütze, die halb in den trockenen Boden eingezogen war. Heidenstein ging neben ihr in die Hocke. „Das ist …“ Er brachte den Satz nicht zu Ende. Sie schluckte, nickte. „Ja. Das ist mein Motorrad.“ Dann stand sie auf, sah sich um. Sie musste gegen die Panik ankämpfen, die stärker und stärker gegen ihr Bewusstsein ankämpfte, es zu übermannen drohte. Das durfte nicht sein. Es durfte nicht heißen, was sie glaubte, was sie wusste. „Murphy!“, rief sie. Ihre Stimme hallte Hohl in die Nacht. „Murphy! Kid!“ Keine Antwort. Stille. Schreie in der Ferne. Flüche. Entfernte Schüsse. „Murphy!“ Sie wusste, dass es vergeblich war. Doch was sollte sie sonst tun? Sie sah sich um, rannte zum Rand des Parks. Es gab nur einen Grund, warum Murphy auf die Parkfläche gefahren wäre. Nur eine, die sie sich vorstellen konnte: Jemand hatte ihn mit einem Wagen verfolgt. Einem Wagen, der zu breit war, um zwischen den Bäumen her zu kommen. Man hatte erst später auf ihn geschossen. Und wenn sie die Einschusslöcher richtig las, so waren die Angreifer auf die Straße parallel zum Park gefahren. Vielleicht fand sie etwas. Irgendetwas. Verdammt. Warum mussten ausgerechnet hier die Straßen betoniert sein? Warum konnten es nicht Schmutzstraßen sein, wie in anderen Teilen der Flats? Ihr Blick glitt von Steinen zur Straße, zur Mauer auf der anderen Seite. Irgendetwas. Irgendetwas. Ein Hinweis. Irgendetwas. Hier musste etwas sein. Vielleicht lebte Murphy noch. Vielleicht gab es eine Chance. Irgendetwas. Irgendetwas. Blut. Weitere Blutflecken. Sie wusste, dass es Murphys sein musste. Doch da endeten die Flecken. Und sonst? Da war nichts. Nicht einmal Reifenspuren. Vielleicht hatte er sich verwandelt. Vielleicht … Doch die wusste, dass dann ein Teil seiner Sachen hier zurückgeblieben wäre. Es war Murphy. Murphy, der seine Kleidung nie an sich band. Murphy. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)