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Mosaik

Urban Fantasy Thriller
von

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[20.11.2011 – F11 – Druckmittel]

Pakhet konnte förmlich das Adrenalin in ihren Adern brennen spüren. Sie war so angespannt, rechnete noch immer in jedem Moment mit einem Angriff.

Sie konnte nicht glauben, dass sie das gerade wirklich getan hatte.

Heidenstein lief neben ihr, klopfte ihr auf die Schulter. Auch er zitterte vor Anspannung. Sichtbar. Spürbar. Er sah zu ihr, lächelte, brachte kein Wort heraus.

Sie atmete tief durch. „Jetzt wird er noch mehr hinter uns her sein“, hauchte sie. „Wenn wir Pech haben, stürzt heute Abend unser Flieger ab.“ Das meinte sie nicht einmal komplett scherzhaft. Dass einer der kleinen Hopper, die zwischen den Städten Südafrikas hin und her flogen aus „politischen Gründen“ abstürzte, wäre nicht das erste Mal.

Heidenstein sah sie an. „Vielleicht wollen wir den Zwei-Tage-Trip mit dem Auto machen?“ Seine Stimme klang beinahe manisch, dank der Anspannung. Er lachte.

„Du rechnest auch noch damit, dass gleich jemand auf uns schießt, nicht?“, meinte sie.

Wieder lachte er leise. „Ja, vielleicht.“ Er atmete durch, schloss die Augen kurz. „Michael hat dich verraten.“

„Was du nicht sagst.“ Ihre Stimme war wütend, klang beinahe schon nach einem Knurren. Sie wusste, dass das langsam das Ende sein musste. Sie konnte mit Michael so nicht weiter machen. Sie musste von ihm fort und das hieß auch, dass sie einen Weg finden musste, ihn zu töten, ohne, dass sein Totmannschalter sie oder schlimmer noch Heidenstein oder Murphy umbrachte.

Verdammt. Aber sie hatte es die ganze Zeit gewusst. Sie hatte gewusst, dass Michael sie verraten würde. Er hatte es lang genug angedroht. Sie hatte nur gehofft, dass sie ihn für ein, zwei Monate noch würde hinhalten können. Doch sie hätte es besser wissen müssen: Er war ein manipulatives Arschloch. Er hatte die ganze Zeit die Fäden gezogen, um zu sehen, wie sie reagieren würde. Spätestens jetzt hatte sie jeden Wert für ihn verloren.

Offenbar jedoch noch nicht genug, als dass er sie gänzlich in Ruhe lassen würde.

Schnelle Schritte brachten sie dazu, sich umzudrehen. Schon hatte sie ihre Hand an ihrer Waffe, hatte ihre Waffe gezogen, als sie erkannte, dass es Michael war, gefolgt von einem der Bodyguards, der hinter ihnen herlief.

„Hey, Pakhet“, schnarrte er.

„Was willst du noch, Michael?“, fragte sie. Sie hatte gut Lust weiterzulaufen. Sie hatte ihm nichts mehr zu sagen. Nicht länger. Er würde sie nur wieder belügen, würde sie nur weiter reizen, würde sie nur weiter auslachen, weil sie ihn am Ende doch nicht erschoss.

Noch immer zierten die Weinflecken sein Hemd, er schien sich daran jedoch nicht zu stören. Er hatte sie erreicht, sah sie an. Auch in seiner Hand war eine Waffe. Hatte er sie von einem der Bodyguards geliehen oder die ganze Zeit dabei gehabt. „Ich wollte dir raten, deine Entscheidung zu überdenken“, meinte er. „Weißt du überhaupt, womit du dich da anlegst?“

„Ich habe es die ganze Zeit gewusst, Michael, und es ist mir egal“, erwiderte sie. „Es ist mir egal, weil egal was es für mich bedeutet, ich werde diese Kinder da nicht verraten.“

„Warum nicht?“, fragte er. „Ich habe doch Recht. Du hast andere in ihrem Alter schon ermordet, oder?“

„Nicht weil ich es wollte, Michael, und das weißt du ganz genau. Verdammt, du weißt es besser, als irgendjemand anderes. Du weißt, wie ich Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen gegenüberstehe.“ Sie hielt noch immer die Waffe mit ihrer rechten Hand umgriffen. Sie gab ihr etwas Sicherheit.

Michael seufzte. „Ja, ich weiß. Albern. Emotional.“

„Gefühle zu haben, ist nicht albern“, warf Heidenstein ein.

„Ach, du halt die Klappe, Doc“, zischte Michael ihm zu. „Das hier ist größtenteils deine Schuld, du elendiger Gutmensch!“

„Was ist seine Schuld?“, fragte Pakhet. „Dass ich etwas mache, an dass ich wirklich glaube? Verdammt, Michael, ich sage dir was: Ich hätte Dené gerettet, auch wenn du mich vor drei Jahren auf diese Mission geschickt hättest.“

„Und die anderen?“, fragte Michael. Er kam auf sie zu, sah dabei auf ihre Waffe.

Sie sollte sie erheben, sollte ihn erschießen. Sie könnte ihn einfach töten. Sie könnte diese Sache ein für alle Male beenden. Und doch konnte sie nicht, ließ zu, dass er bis auf ein paar Zentimeter an sie herankam.

Wie schaffte er es, sie so nervös zu machen? Er war schwach. Es wäre so einfach, ihn umzubringen. Verdammt, er war sogar kleiner als sie. Er sollte keine Macht über sie haben und doch … Verdammt. Er hatte nichts mehr gegen sie. Er hatte alle Informationen schon an Nel verkauft – oder?

Er lächelte, tätschelte ihre Wange. „Ich wusste doch, dass du mir nichts tun würdest, meine Liebe.“

„Lass sie einfach in Ruhe“, flüsterte Heidenstein, doch Michael ignorierte ihn.

„Komm. Komm mit mir zurück. Wir können noch darüber sprechen. Nel ist ein sehr geduldiger Mann. Aber auch ein sehr einflussreicher Mann. Dir sollte klar sein, dass du dieses Spiel nicht gewinnen kannst.“

„Das werden wir sehen, Michael“, erwiderte sie leise. „Ich würde an deiner Stelle keine voreiligen Wetten eingehen.“

Noch immer schwebte Michaels Hand neben ihrer Wange, wanderte dann aber zu ihrer Kehle hinab. Er griff nicht wirklich zu, ließ seine Hand jedoch dort liegen. „Komm mit mir zurück.“

„Oder du bringst mich um?“

„Vielleicht.“

„Glaubst du wirklich, dass du schneller wärst, als ich?“, flüsterte sie.

„Ich glaube, dass ich ihn vorher umbringen könnte“, erwiderte er und hob seine Waffe, richtete sie auf Heidenstein, der seinerseits die Dartpistole in der Hand hatte.

Ein Lächeln erschien auf Michaels Gesicht. „Warum bleibst du die ganze Zeit bei ihm. Ich verstehe es nicht.“

„Es tut mir wirklich sehr leid, dass du Freundschaft nicht verstehst“, zischte Heidenstein.

Michael lachte. Er griff Pakhets Kehle fester, jedoch nicht fest genug, um ihr wirklich Luft oder Blut abzuschnüren. Es war nicht mehr, als ein weiteres Kontrollspiel. „Freundschaft?“, fragte er dann und sah zu Heidenstein hinüber. „Bitte, mein Liebe, sehen wir es doch, als das, was es ist: Sadismus.“

„Halt die Klappe“, zischte Pakhet.

Wieder wurde sein Griff etwas fester. „Ach komm, du weißt es selbst, oder, Pakhet?“ Er betonte ihren Namen übertrieben, nannte sie jedoch zumindest nicht Joanne. „Du weißt, dass du ihn folterst, oder? Sie ihn dir doch an.“ Seine Hand griff etwas höher, griff sie am Kinn, um ihren Kopf zu drehen.

Sie spannte ihre Muskeln an, schaffte es ihren Blick auf Michael gerichtet zu haben.

Michael fixierte sie. „Bitte. Du weißt es ganz genau. Er sieht in dir nicht dasselbe, wie du in ihm, oder? Du weißt es genau.“

„Misch dich nicht in Sachen rein, die dich nichts angehen“, flüsterte Heidenstein und machte einen Schritt auf Michael zu, der seine Waffe wieder hob.

„Ich habe doch Recht, oder, Doc?“ Er sah zu ihm. „Ich meine, ich verstehe es nicht. Aber gut, so etwas war nie mein Bier. Wenngleich ich wirklich sagen muss, Doc, du hast schon einen seltsamen Geschmack. Bei all den Frauen dieser Welt musste es ausgerechnet die Kampfbraut sein, die deine Gefühle nie erwidern wird. Und dafür tust du, was? Dafür bringst du sie dazu, all diesen Kram durchzuziehen, der dich, sie und den Jungen töten wird?“

Pakhet griff nach Michaels Hand, zwang sie von ihrem Hals weg. „Lass ihn in Ruhe.“

„Du weißt, dass ich Recht habe, Pakhet“, erwiderte er. „Oder? Oder erwiderst du seine Gefühle?“

Hass brannte in ihrer Brust. Doch sie antwortete nichts, griff Michaels Hand nur noch heftiger. „Lass uns einfach in Ruhe.“

„Und dann was? Ich meine, komm schon. Komm mit mir zurück. Du weißt, dass das hier nicht auf ewig anhalten kann. Was meinst du, wie er auf Dauer reagieren wird? Im Moment ist er an deiner Seite, sicher, aber irgendwann wird er das nicht mehr sein. Nicht so. Und dann?“ Wieder sah zu Heidenstein. „Ich meine, wirklich, Doc. Was wirst du dann tun? Was wirst du tun, wenn die Zeit vergeht – vorausgesetzt, dass ihr überhaupt so lange überlebt – und sie am Ende deine Gefühle nicht erwidert?“ Dann wandte er sich zurück zu Pakhet. „Komm. Geh dahin. Mach den Job mit Nel. Du kannst wieder zur selben Art zurückkehren, wie früher: Einfach ignorieren, dass was da draußen passiert.“

„Und genau da irrst du dich“, zischte sie, „das werde ich nie wieder tun. Heidenstein hat keinen Einfluss darauf.“

„Wirklich nicht?“, fragte Michael. „Und was ist, wenn er es irgendwann nicht mehr aushält? Wenn er irgendwann …“

„Lass uns gehen, Pakhet“, flüsterte Heidenstein. „Lass uns einfach gehen.“

Sie ließ Michael los, machte einen Schritt zurück. „Ja. Lass uns gehen.“ Sie sah zu ihm.

Dann aber hörte sie ein vertrautes Geräusch: Eine Waffe, die entsichert wurde. Dieses Mal zeigte sie auf ihren Kopf, anstelle von Heidenstein.

Ein Grinsen breitete sich erneut auf seinem Gesicht aus. „Ich sehe, wir befinden uns alle in einem dauerhaften Zustand der Verleugnung. Wie wäre es, wenn wir euch damit auf die Sprünge helfen. Doc. Wie wäre es, wenn du ihr sagst, wenn du ihr sagst, wie du über sie denkst. Einfach nur um zu schauen, wie sie reagiert.“

„Hör mit diesen Spielchen auf.“ Unwillkürlich hob Pakhet die Hände. Sie war sich nicht sicher, wie sie reagieren sollte. Ach, verdammt, Michael würde sie nicht selbst ermorden.

„Pakhet?“, fragte Heidenstein.

„Geh einfach“, erwiderte sie. „Geh, dann verliert er das Interesse.“

„Willst du das wirklich riskieren?“, fragte Michael.

„Verdammt, Michael, hör mit den Spielen auf. Können wir uns nicht einfach darauf einigen getrennter Wege zu gehen? Du hast doch sowieso schon alles verraten.“

Michael zuckte mit den Schultern. „Aber das ist doch auch eine Frage, oder? Was habe ich verraten. Und was weiß ich?“ Noch immer war seine Waffe auf sie gerichtet.

Sie machte einen weiteren Schritt zurück.

Sein Finger spannte sich an. „Das würde ich wirklich nicht machen, Pakhet.“

„Was willst du?“, fragte sie.

„Habe ich doch gesagt“, erwiderte Michael. „Ich will, dass der gute Doktor ehrlich mit dir ist.“ Er sah zu Heidenstein. „Nicht wahr, Doc?“

Heidenstein suchte ihren Blick. Er schien nicht wirklich zu wissen, wie er reagieren sollte. Noch immer hatte er seine eigene Waffe in der Hand, traute sich aber nicht zu schießen. Das Gift wirkte zu langsam. Michael konnte bis dahin mehrfach abdrücken.

„Doktor“, meinte Michael. „Komm schon. Es sind nur ein paar Worte.“

Fuck. Nein. Sie hatte von diesem Spiel genug. Es war nicht so, als wüsste sie es nicht. Sie hatte nur entschieden, es zu ignorieren. Sie konnte im Moment nicht noch weitere Kapazitäten dafür aufwenden, sich darum zu scheren.

Wenn Michael sie so nicht gehen ließ, musste sie es anders machen.

„Pakhet“, meinte Heidenstein leise. „Ich …“

„Spiel seine Spiele nicht mit“, unterbrach sie ihn. „Ich weiß es sowieso.“

„Ach komm schon, Pakhet“, höhnte Michael. „Jetzt gib ihm schon eine Chance.“

Sie sah ihn an, sammelte ihre Energie. „Hör einfach mit deinen Spielen auf.“

Er lächelte sie an. „Warum?“

„Weil du dann ausnahmsweise nicht wie ein totales Arschloch wirken würdest.“ Sie machte einen einzelnen Schritt auf ihn zu. „Komm, du wirst mich genau so wenig erschießen, wie ich dich. Du willst immerhin wissen, wie das Spiel ausgeht, oder?“

„Vielleicht will ich ihn auch nur weiter leiden sehen“, meinte Michael, die Waffe auf ihre Stirn gerichtet.

Sie machte noch einen Schritt. „Das funktioniert nur, wenn ich dir glaube, dass du es tun würdest.“ Sie war nur noch zwei Meter von ihm entfernt.

Er musterte sie, schien zu warten, lächelte, sah zu Heidenstein, der erneut ansetzte.

„Pakhet …“

Sie ließ ihn nicht weitersprechen. In einer fließenden Bewegung sprang sie auf Michael zu, griff unter seine Hand, schob diese nach oben, während ihre rechte Hand nach der Handytasche an ihrem Gürtel griff, einen der Giftpfeile herauszog und Michael in die Seite des Halses rammte.

Ein Schuss löste sich aus Michaels Waffe, als er sie ansah. Seine Augen waren kühl, hasserfüllt.

Also hasste er sie auch? Wie passend.

Noch immer lächelte er. „Du wirst es so sehr bereuen.“

Seine Muskeln wurden entspannter. Sie konnte ihm die Waffe entnehmen, sicherte sie, ließ das Magazin rausfallen und warf die Waffe dann unter das nächste stehende Auto.

„Dann ist es so“, meinte sie, als Michael zu Boden ging, während der Bodyguard nur sprachlos zusah.

Sie sah zu ihm.

Er erwiderte den Blick, tat aber nichts.

Dann sah sie zu Heidenstein, ging zu ihm hinüber griff ihn bei der Schulter. „Ich habe wirklich genug“, hauchte sie. „Lass uns zum Flughafen.“ Dabei hasste sie den Gedanken daran, darüber reden zu müssen.

Oh, wie sehr sie Michael hasste. Warum musste er ihr Leben nur so viel komplizierter machen?



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Taroru
2022-04-08T21:27:56+00:00 08.04.2022 23:27
okay... ich halte michael für durchgeknallt? verrückt? und schon alleine weil er ihr hinter her läuft, für verzweifelt? ist vielleicht nicht ganz treffend... ich meine irgendwie hat das ja auch was mit bessenheit zu tun, sonst würde er nicht diese spielchen spielen? ich meine, was hat er davon?

Von:  Sunae
2022-03-17T18:20:14+00:00 17.03.2022 19:20
„Komm. Komm mit mir zurück. Wir können noch darüber sprechen. Nel ist ein sehr geduldiger Mann. Aber auch ein sehr einflussreicher Mann. Dir sollte klar sein, dass du dieses Spiel nicht gewinnen kannst.“

Hier kann man sehen wie sein Selbstvertrauen ins Wanken gerät. Sie hat sich einmal gegen ihn durchgesetzt und nun muss er sich seine Power zurückholen. Deshalb ist er so direkt.
Der erste Schritt für sie sich von ihm zu lösen während er vermutlich nen Azula Moment kriegt, jetzt wo er keine Macht mehr über sie hat.
Vermutlich geht er aufs nächst beste Ziel los, den Schwächsten, vielleicht Heidenstein? Er scheint ja schon auf ihn fixiert zu sein.


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