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Mosaik

Urban Fantasy Thriller
von

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[03.11.2011 – R05 – Ehrlichkeit]

Was tat sie hier überhaupt? Warum wartete sie hier? Sie sollte hochgehen. Sie sollte Robert anrufen und sagen, dass er nicht herkommen brauchte. Aber es war unsinnig. Er würde dennoch kommen. Er dachte wahrscheinlich, ihr wäre etwas passiert. Sie hatte ihm am Telefon gehört.

Sie war verrückt. Warum hatte sie ihn überhaupt angerufen? Warum hatte sie es überhaupt getan? Es war eine dumme Idee. Doch man hatte sie von Heidenstein weggeschickt. So sehr sie es auch hasste. Man hatte sie von Heidenstein weggeschickt, um in Ruhe zu operieren. Und dann hatte sie sich nicht unter Kontrolle gehabt. Sie hatte Robert angerufen. Eigentlich nur um nachzufragen, doch jetzt?

Sie ging auf dem Parkplatz auf und ab, genoss die frische Nachtluft und war gleichzeitig nervös. Zu nervös. Viel zu nervös.

Was sollte sie Robert denn sagen? Sie war eine beschissene Freundin ihm gegenüber gewesen, hatte vor ihm so viel geheim gehalten. Verdammt. Sie hatte ihn seit knapp zwei Monaten nicht mehr gesehen. Er musste so sauer auf sie sein. Und dann? Dann würde er auch noch erfahren, dass sie ihr altes Haus aufgegeben hatte. Klasse. Er würde sich betrogen fühlen.

Da. Ein Auto fuhr ein ganzes Stück zu schnell auf den Parkplatz, als der Fahrer sie sah und auf sie zuhielt. Robert musste sich zusammenreißen, erst auf einen der freien Parkplätze zu fahren, ehe er aus dem Wagen sprang und zu ihr lief. „Joanne?“

Sie verbesserte ihn nicht, merkte nur mit weiteren Gewissensbissen, wie besorgt er wirkte. „Alles okay“, erwiderte sie. „Mir geht es gut.“

Er musterte sie, sah dann zum Krankenhaus. „Warum wolltest du dann, dass ich hierher komme?“ Seine Stimme war zweifelnd, so als wüsste er nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte.

Sie seufzte nur. „Komm mit.“

Robert sah zu ihr, schloss dann seinen Wagen ab und folgte ihr durch den Hintereingang ins Krankenhaus hinein.

Sie wusste nicht, wie sie es ihm erklären sollte, deshalb hatte sie sich entschlossen, es ihm einfach zu zeigen. Es war die beste Möglichkeit, redete sie sich ein.

„Joanne?“, fragte er, als sie den Aufzug rief. „Wo bringst du mich hin.“

Pakhet schaute ihn an, schürzte die Lippen. „Ich habe dir …“ Wie sollte sie anfangen. „Du wirst es gleich sehen.“ Als sie den Blick auf seinem Gesicht bemerkte, fügte sie hinzu: „Keine Sorge, es ist nichts Schlimmes.“

Sie hatte missmutig mittlerweile Jacke und Weste ausgezogen. Sie hätte sich mit sicherer gefühlt, vor allem, da sie wusste, dass diese Assassinen noch dadraußen waren. Doch es war albern und sie wusste es.

Der Aufzug kam an, die Türen öffneten sich, sie stiegen ein, fuhren in das oberste Stockwerk hinauf. Hier war der Flur leer, sah aus, wie auf einer Baustelle. Alles war leer, verlassen, dunkel. Einige der Deckenplatten hier hinten fehlten sogar – vorrangig, da sie neue Stromkabel verlegt hatten, was das Baustellengefühl jedoch definitiv verstärkte.

„Jo?“, fragte Robert erneut.

„Gleich.“ Sie lief den Gang hinunter. Normal nahmen sie den Aufzug an der Vorderseite des Krankenhaus, mit dem man am Ende direkt vor der Doppeltür der Station, die nun ihre vorläufige Wohnung war, endete.

Unter der Tür des Zimmers, dass sich Hazel als das ihre ausgesucht hatte, schimmerte Licht hervor. Es war ein einfaches Krankenzimmer, das wahrscheinlich, wenn sie die Position bedachte, entweder für Ärzte zum Übernachten oder für ambulante Patienten gedacht war.

Die Zimmer, die sie bezogen hatten, waren eigentlich als Untersuchungsräume und Aufenthaltsräume für Ärzte gedacht, zumindest hatte Heidenstein es ihr so erzählt.

Sie blieb vor der schweren Doppeltür stehen, gab den Code in das Zahlenfeld ein, während Roberts Blick fragend auf ihr ruhte. Dann öffnete sie die Tür, schaltete das Licht an und ließ ihn herein.

Überrascht und ungläubig kam Robert in das Wohnzimmer, sah sich um. „Was ist das hier?“, fragte er, während ihm wahrscheinlich klar wurde, dass das hier keine einfachen Krankenhausräumlichkeiten waren.

Sie seufzte, ging zum Sofa hinüber und lehnte sich dagegen. „Hier wohne ich mittlerweile.“

Sie sah ihn an, wartete auf eine Reaktion, doch für den Moment starrte er sie nur wortlos an.

Nach einigen Sekunden runzelte sich seine Stirn. „Was?“

„Ich wohne hier“, wiederholte sie.

„Was?“ Auch er wiederholte sich, schien es aber selbst zu bemerken. Dann sah er sie an. „Warum?“, fragte er. Dann: „Seit wann?“

Wieder seufzte sie, ehe sie in die Küche marschierte. Sie hatte beschlossen, ihm die Wahrheit zu sagen. Warum? Sie konnte es nicht sagen. Weil er es verdiente, vielleicht, oder weil sie sich ihm gegenüber einfach nicht schlecht fühlte. Jedenfalls gab es jetzt kein zurück mehr.

Sie nahm zwei Whiskey-Gläser aus dem Hängeschrank, dann die Flasche Whiskey von über dem Kühlschrank. Damit kehrte sie ins Wohnzimmer zurück.

Robert musterte sie fragend. „Was soll das?“

„Macht es leichter zu reden“, erwiderte sie und stellte die Gläser vor ihn, ehe sie sich ebenfalls auf das Sofa niederließ.

Langsam, um Zeit zu schinden, füllte sie die Gläser auf. Sie nahm ihres, trank einen Schluck. „Ich wohne seit fast zwei Monaten hier“, antwortete sie dann.

„Aber wieso?“, fragte Robert. „Dein altes Haus war doch schön und das hier …“ Er sah sich um, und was er sagen wollte, war deutlich: Das hier war alles andere als luxoriös.

„Die Kurzfassung ist, dass es einen anderen Söldner gibt, mit dem ich mich angefreundet habe, dass ich mit ihm und jemand anderes einen Fall bearbeitet habe und dass wir dabei …“ Sie hielt inne, trank noch einen Schluck, begann den Satz noch einmal neu. „Wir haben Menschenhändler gefunden, die irgendwelchen magischen Kram auch machen.“ Mehr würde sie Robert nicht erklären. Das Konzept von realer Magier überforderte ihn noch immer meistens. „Jedenfalls … Es gibt ein paar Leute, die nun ein Problem mit mir haben und mich …“ Sie hielt inne. Robert würde es nicht mögen. „Ein paar Leute, wollen mich tot sehen.“

„Was?“ Robert starrte sie fassungslos an. „Aber du … Wie? Ich meine, schützt dein Arbeitgeber, dieser schmierige Typ, schützt der dich nicht?“

Sie schüttelte nur langsam den Kopf. Sie würde ihm die Situation mit Michael nicht weiter erklären.

Nun trank tatsächlich auch Robert von seinem Whiskey und starrte dann für eine Weile auf das Glas, die Stirn in Falten gelegt. „Aber was hat das hiermit zu tun?“

Ja, das war schon eine schwierigere Frage zu beantworten. „Wie gesagt, ich habe einen Freund unter den anderen Söldnern. Und er … Er ist ein guter Mann. Ein guter Arzt. Er arbeitet hier. Ihm gehört diese Wohnung. Und er hat mir angeboten, dass ich herziehen kann, dass ich zumindest Hilfe habe, sollte mich jemand angreifen.“ Nur um jetzt wegen ihr beinahe erschossen zu werden.

Robert zögerte. „Okay“, sagte er schließlich tonlos.

Sie sah auf ihren Whiskey. Ach, verdammt. Warum war es nur so schwer über diese Dinge zu reden? „Jedenfalls hat er mir auch … Er hat mir einen anderen Job gegeben, hier im Krankenhaus. Also, ich mache meinen alten Job weiter aber …“ Wieder zögerte sie. „Ich bin mir aktuell nicht sicher. Ich glaube, ich will raus.“

Nun starrte Robert sie unverhohlen an. Sein Mund stand offen. Er holte Luft. „Wow“, brachte er schließlich hervor.

Pakhet sah ihn an. Sie hatte es so vorher noch niemanden gesagt. Aber es fühlte sich richtig an, mit Robert darüber zu reden. Für eine Weile suchte sie seinen Blick, dann schloss sie die Augen, lehnte sich zurück. „Ja. Ich möchte raus.“

„Wow.“ Auch Robert lehnte sich zurück.

Wahrscheinlich wusste er nicht, was er sagen sollte. Verdammt, so lange hatte er auf sie eingeredet, hatte keinen Hehl aus seiner Ablehnung ihres Jobs gemacht. Wahrscheinlich kam es nun für ihn plötzlich, vor allem nach zwei Monaten fast ohne Kontakt. Schließlich lehnte er sich zu ihr rüber, legte einen Arm um sie.

„Ich bin, wenn ich ehrlich bin, erleichtert“, meinte er. Dann seufzte er. „Und sauer.“

„Es tut mir leid, dass ich so lange nicht mit dir darüber geredet habe“, erwiderte sie und lehnte sich an ihn. „Dass ich mich solange nicht mit dir getroffen habe. Die Sache war … Während der ganze Kram lief. Ach, ich wusste nicht, wie ich mit dir darüber reden sollte.“ Es war okay, sich so an ihn zu lehnen. Mit Robert war es okay. Er war ein Freund, ein Bruder, würde nie mehr sein.

Er holte tief Luft. „Das heißt, es ist vorbei?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Aber … Ich musste reden.“

„Warum?“

Sie antwortete nicht. Es war zu schwer es in Worte zu fassen. Es waren so viele Sachen. Heidenstein und Jack, die unten lagen. Murphy, der ein paar Zimmer weiterlag und schlief. Sie hatte nach ihm geschaut, bevor sie Robert angerufen hatte.

Die Tatsache, dass sie beinahe gestorben war. Dass sie gestorben wäre, wäre nicht … Nun, hätte nicht ein verdammtes Wunder ihr Leben gerettet.

„Wo ist dieser Typ eigentlich? Wer ist er überhaupt?“, fragte Robert schließlich.

„Doc“, antwortete sie und richtete sich auf. Sie schüttelte den Kopf. „Sein richtiger Name ist Joachim Anderson. Ihm gehört dieses Krankenhaus. Er ist Arzt, Heiler. Er ist … Wahrscheinlich einer der zuverlässigsten Menschen, die ich kenne.“ Sie lächelte matt.

Robert musterte sie misstrauisch. „Und er ist dein Freund?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nur ein Freund. Ein guter Freund.“

Wieder schwieg Robert, nippte seinerseits an seinem Glas. „Und wo ist er jetzt?“

„Er liegt unten in einem Zimmer“, erwiderte sie leise. „Er wurde angeschossen. Bei einem Anschlag, der eigentlich mir gegolten hat.“ Ihre Stimme wurde angespannter, versagte beinahe. Verdammt. Wieso hatte sie so wenig Kontrolle über sich?

Robert legte den Arm auf ihre Schulter, offenbar ohne zu wissen, was er sagen sollte. „Wow“, murmelte er nur wieder. „Das … Das tut mir leid. Ich …“ Er schüttelte den Kopf. „Verdammt, Joanne, ich habe keine Ahnung, wie ich darauf antworten soll. Das ist wirklich alles viel, weißt du das?“ Das war der Anfang. Er sah sie an und auf einmal schienen die Worte geradezu aus ihm hervor zu sprudeln. „Ich meine, du meldest dich nicht, seit zwei Monaten nicht mehr, du ignorierst meine Anrufe entweder und wimmelst mich ab und dann rufst du auf einmal an und sagst, ich soll zu einem Krankenhaus kommen. Und ich rase hierher und denke schon, dass du irgendwie krank wärst oder irgendetwas und dann sagst du mir das alles und dass da dieser Typ ist, den ich nicht kenne und …“ Er hielt inne, schüttelte den Kopf, ehe er die Stimme senkte. „Dem du scheinbar mehr vertraust als mir.“

Pakhet seufzte, legte nun ihrerseits ihre Hand auf seine Schulter. „Ich vertraue ihm nicht mehr als dir. Nur anders. Ich meine, verdammt, er hat mir häufiger das Leben gerettet, als sonst irgendwer. Er …“ Ja. Er. „Es tut mir leid, Robert. Ich bin eine beschissene Freundin“.

Robert lachte leise, humorlos. „Ja, manchmal bist du das.“ Dann holte er tief Luft, lehnte sich wieder zurück und seufzte. „Oh man.“

Pakhet lächelte. „Ich weiß.“

Wieder senkte sich Schweigen über sie, während Robert sein Glas schließlich leerte. Er setzte an etwas zu sagen, blieb dann aber still. Er musterte sie, schloss die Augen.

„Was?“, fragte sie nach einer Weile.

Er seufzte. „Und jetzt?“, fragte er. „Du hast es gerade schwer gemacht, über normale Dinge zu reden.“

Sie konnte nicht anders. Sie lachte. Sie lachte tatsächlich ungezwungen und ließ sich wieder zurücksinken. „Wir könnten einen Film schauen“, schlug sie dann vor und Robert sah sie fassungslos an.

Er schüttelte den Kopf, nun tatsächlich amüsiert. „Ja. Können wir.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Taroru
2021-03-26T23:58:21+00:00 27.03.2021 00:58
ich kann nicht sagen warum, aber ich mag robert o.O
vor allem zum ende hier, der sprung zur 'normalität' lass uns nen film gucken XD ich mag so was XD
Antwort von:  Alaiya
27.03.2021 09:55
Roberts Problem ist nur, dass er sich so anstrengt, "normal" zu sein


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