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Mosaik

Urban Fantasy Thriller
von

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[03.11.2011 – M27 – Beförderung]

„Darf ich anmerken, dass du dir vielleicht etwas zu viele Sorgen machst?“, fragte Heidenstein, während Pakhet im Flur vor seinem Büro in der Straßenklinik auf und ab lief.

Sie blieb stehen, sah sich zu ihm um. „Das sagt Herr Ständig-Überbesorgt?“

Er verdrehte die Augen. „Ja, das sagt Herr Ständig-Überbesorgt.“ Er stand auf und ging zu ihr hinüber. „Von allem, was du sagst, klingt es, als hätte der Junge sich eine ordentliche Erkältung eingefangen, vielleicht eine echte Grippe.“

Sie ließ ein langes Seufzen hören. „Ich weiß. Fuck. Ich mache mir dennoch Sorgen um den Jungen.“ Sie blickte auf ihr Handy. Crashs Anruf war mittlerweile beinahe eine Stunde her. „Wo bleiben die?“

„Wahrscheinlich hat Crash erst einen Raben jagen müssen“, meinte Heidenstein und klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. „Komm schon. Sie kommen sicher bald.“

Gerne hätte sie etwas Schnippisches erwidert, doch wusste sie, dass er Recht hatte. Sie machte sich zu viele Sorgen. Sie war irrational. Sie sollte sich nicht so sehr um den Jungen sorgen. Es war albern. Es war übertrieben. Also schürzte sie die Lippen, nickte aber. „Okay.“ Sie folgte ihm in sein Büro, setzte sich auf die Liege neben seinem Schreibtisch.

„Was ist, wenn es was anderes ist?“, fragte sie dann.

„Was anderes?“

Sie schüttelte den Kopf. „Wir wissen, dass Murphy kein Mensch ist.“ Sie dachte nach, dachte an das, was Michael gesagt hatte, als sie in der Eisdiele waren. „Ich glaube, er hat Fae-Blut.“

„Fae, eh?“, meinte Heidenstein. Dann seufzte er. „Ich habe auch schon Fae behandelt. Es ist nicht mein Fachgebiet, aber ich bin mir sicher, dass mir auch da etwas einfällt.“ Er saß auf seinem Bürostuhl und drehte sich nun zu ihr um. Er zog mit den Beinen den Stuhl an, um zu ihr zu kommen und nahm ihre Hände. „Du vertraust mir. Als Arzt. Oder?“

„Natürlich tue ich das, du Idiot. Sonst hätte ich dich nicht an der Brandwunde rumnähen lassen, oder?“

Er lächelte. „Siehst du?“

Da erklang ein kleiner Tumult aus dem Treppenhaus. Husten. Dann lauten Protest. „Jetzt lass mich runter, du alter Troll. Ich komme schon klar.“ Weiteres Husten. Die Stimme des Jungen war heiser. „Glaubst du nicht, dass du übertreibst? Ich brauche kein Krankenhaus.“

„Du brauchst Ruhe“, erwiderte Crash in seiner tiefen Stimme und öffnete offenbar die Tür zum Flur des Untergeschosses. „Hier bekommst du Ruhe.“

Pakhet stand auf und ging in den Flur hinauf.

Wäre sie nicht so besorgt gewesen, hätte sie wahrscheinlich gelacht. Crash hatte Murphy, der trotz allem seine Teenager-Gestalt trug, unter den Arm geklemmt und trug ihn so bei sich, während der Junge sich mit Händen und Füßen zu befreien versuchte, jedoch immer wieder scheiterte, hustete.

Als er sie erreicht hatte, setzte Crash Murphy mit einem Brummen ab.

Der Junge sah sie an, hustete.

„Kid?“, fragte Pakhet.

„Pakhet“, erwiderte Murphy und blickte sich um. Seine Augen waren wässerig, seine Nase lief und ganz offenbar war er nicht dazu gekommen, sie zu putzen. Seine Wangen waren deutlich gerötet. Dann hustete er wieder.

Bestimmt packte Pakhet ihn bei der Schulter und sah zu Crash. „Danke“, hauchte sie, und schob den Jungen in einen der Behandlungsräume.

„Jetzt übertreib du nicht auch noch“, beschwerte sich Murphy. „Ich bin nur etwas erkältet. Nichts, worum man so einen Aufstand machen müsste. Garantiert nichts, wozu ich ins Krankenhaus sollte. Ich kann arbeiten.“

Pakhet fühlte seine Stirn. Wie erwartet glühte sie beinahe. „Du hast Fieber.“

„Nicht der Rede wert“, erwiderte Murphy.

Sie brummte, wie es Crash wohl auch gemacht hätte, und gab ihm ein paar Tücher vom Spender über dem Waschbecken. „Putz dir die Nase.“

Murphy stöhnte genervt und schenkte ihr einen strafenden Blick. „Ja, Mum.“

Überrascht und vielleicht auch etwas ungläubig starrte sie den Jungen an. Er hatte das Wort wie eine Beleidigung ausgesprochen und sah sie nun trotzig an.

Heidenstein lachte. „Oh, eine Beförderung?“ Er stand in der Tür und kam nun rein, wusch sich routiniert die Hände und kam dann zu ihnen.

„Sie verhält sich wie so eine bemutternde Glucke!“, erklärte Murphy heiser. „Mir geht es gut, Doc!“

Heidenstein sah ihn sich an, fühlte wie Pakhet seine Stirn, stellte sich dann vor ihn, um ihn genauer in die Augen zu sehen. Er tastete seine Nebenhöhlen ab, was weiteren Protest vom Jungen einbrachte.

„Aua!“

Heidenstein seufzte, holte dann eine kleine Taschenlampe aus seiner Tasche, ehe er in einer Schublade nach einem Spachtel kramte. „Komm, Murphy, lass dich behandeln.“

Wieder hustete der Junge, nicht ohne Heidenstein einen strafenden Blick zu schenken. Dann verdrehte er betont genervt die Augen. „Okay. Klar. Wegen meiner.“ Er verzog die Lippen zu einem Schmollen, öffnete aber den Mund. „Aaaaah.“

Heidenstein untersuchte ihn weiter. Schaute ihm in den Hals, in die Ohren, zauberte dann ein Fieberthermometer aus einer weiteren Schublade hervor und steckte es Murphy unter den Arm. Er hörte seinen Rücken ab, während der Junge weiter hustete.

„Und, Herr Doktor, wann sterbe ich?“, fragte Murphy zynisch, als Heidenstein damit fertig war.

Heidenstein sah ihn matt lächelnd an. „Nicht so schnell, wenn ich etwas dazu zu sagen habe. Aber du hast dir eine ordentliche Grippe eingefangen.“ Das Fieberthermometer fing an zu piepen, wurde von Heidenstein entgegengenommen.

Auch Pakhet schaffte es draufzuschauen. 39,4. Das war eindeutig zu warm.

Heidenstein sah zu ihr, lächelte aufmunternd, wandte sich dann wieder Murphy zu. „Du bleibst erst einmal wirklich hier. Du kannst Ruhe gebrauchen und ich würde gerne ein Auge auf dich behalten, okay?“

„Muss das sein?“, murrte Murphy, offenbar gegen einen weiteren Hustenanfall ankämpfend.

Heidenstein klopfte ihm auf den Oberarm. „Es muss nicht, aber ich bestehe dennoch drauf.“

Murphy verdrehte die Augen, als Heidenstein aufstand und sich Pakhet zuwandte.

„Ich würde ihm ganz oben ein Zimmer vorbereiten. Kann ich es dir überlassen, ihm einen Zugang zu legen?“

„Du willst mich nicht an einen Tropf hängen, oder?“, murrte Murphy.

Heidenstein sah zu ihm. „Du bist dehydriert. Du brauchst Flüssigkeit.“

Pakhet nickte Heidenstein zu. „Kriege ich hin.“

Daraufhin nickte auch Heidenstein nur, ging in den Flur heraus. Er war wieder im Arzt-Modus.

Pakhet schüttelte nur den Kopf, wandte sich dann aber dem Jungen zu. „Leg dich hin, Kid.“

Erneut verdrehte der Junge seine Augen, kam aber ihrer Aufforderung nach. Er hustete zwei Mal kurz, sah sie dann an. „Und ich sage euch, ihr übertreibt.“

„Dann lass uns übertreiben“, meinte sie und ging zum Schrank hinüber, um eine Schmetterlingskanüle aus einem entsprechenden Spender zu holen.

Crash brummte. „Kann ich ihn euch überlassen?“

Pakhet sah zu ihm, nickte aber. „Klar.“ Sie schenkte ihm ein wahrscheinlich besorgtes Lächeln. „Danke, dass du ihn hergebracht hast.“

Wie zu erwarten brummte er. „Schon gut. Ich wollte ihn in guten Händen wissen.“ Er ließ ein halbherziges Grinsen sehen und wandte sich dann ab. „Ich muss eigentlich los.“

„Training?“

Wieder ein Brummen. „Junge ist so dahin gekommen.“

Auch wenn Crash sie nicht sah, nickte Pakhet. „Dann noch viel Erfolg.“

Wieder brummte er. „Bis dann.“

Pakhet antwortete nichts mehr, wandte sich stattdessen wieder Murphy zu. „Also“, meinte sie.

Er reichte ihr die Hand, starrte trotzig zur Wand, während sie seine Hand desinfizierte und dann die Kanüle hineinschob, eine Spritze Blut abnahm, um zu testen, ob sie die Vene hatte, und außerdem eine Probe für seine Senkung zu nehmen, und dann festklebte und schloss.

Kurz zögerte sie. Vielleicht sollte sie schon eine Stereo anschließen, doch dann wiederum hatte Heidenstein vielleicht etwas anderes geplant.

Wieder begann Murphy zu husten, brachte sie dazu, sich ihm zuzuwenden.

Er verdrehte die Augen. „Jetzt hör auf, so zu übertreiben.“

„Übertreiben?“, fragte sie.

„Hast du deinen besorgten Blick gesehen?“ Er klang beinahe beleidigt. „Ich komme schon klar.“

„Und deswegen kannst du keine Hilfe annehmen?“

Wieder zog er einen Schmollmund. „Nicht, wenn sie so übertrieben daher kommt.“

„Ich mache mir halt Sorgen“, erwiderte sie. Sie zog einen Hocker unter der Liege hervor und setzte sich darauf. „Ist das so schlimm?“

Er murmelte etwas Ünverständliches, was eigentlich so gar nicht Murphys Art war, brachte sie dazu eine Augenbraue zu heben.

Ihre Blicke trafen sich. Für einen Moment war der Ausdruck auf seinem Gesicht herausfordernd, veränderte sich dann aber, wurde defensiv, beinahe ängstlich, ehe er sich abwandte. „Warum machst du dir solche Sorgen?“

Sie seufzte. „Vielleicht, weil du mir nicht egal bist.“ Sie schenkte ihm ein müdes Lächeln.

Für einen Moment verweilte sein Blick auf ihr, dann aber wich er den ihrem wieder aus, fixierte die Tapete. Er setzte an, etwas zu sagen, doch dieses Mal beherrschte er sich, schwieg.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Sunae
2021-11-16T21:43:24+00:00 16.11.2021 22:43
Oha, nie zuvor war sie so offen mit ihrem Verhalten dem Jungen gegenüber.
Ich kann mich noch an die Story mit dem "Affen" erinnern, zumindest vage, die du lange vor Mosaik veröffentlicht hattest.
Ich glaube dort hattest du schon gezeigt, oder erwähnt, dass sie etwas gluckenhaft ist.
Nun sehen wir das richtig.

Ich glaube das ist auch das erste Mal das Murphy nicht nur als jemand mit Fae Verwanten sondern als nicht menschlich klassifiziert wurde. Hab fast erwartet, dass er ne andere Basis Temperatur hat.
Von:  Taroru
2021-03-13T20:14:32+00:00 13.03.2021 21:14
sie verhält sich echt wie jede mutter XD
ist ihr das eigentlich so schon bewusst?
kid hat aber schon ganz schön hohes fieber o.o
Antwort von:  Alaiya
14.03.2021 15:27
Das wird ihr langsam bewusst. Langsam aber sicher xD


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