Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [06.10.2011 – D44 – Ingenieur] ------------------------------ Als sie in die Wohnung kam, fand sie die Prothese, die sie beim Kampf in Johannisburg getragen hatte, auf dem Tisch liegen. „Oh“, machte sie, als sie sie erkannte. Etwas wirkte anders. Heidenstein, der neben ihr stand, räusperte sich. „Ich habe mir herausgenommen, sie zu reparieren. Oder habe es zumindest versucht. Wir müssen schauen, wie gut es funktioniert hat.“ Sie sah ihn an, unsicher, wie sie darauf reagieren sollte. „Danke. Seit wann kennst du dich mit sowas aus?“ „Ich habe mir vieles angelesen“, erwiderte er. „Na ja, und Hazel bezahlt, mir die Unterlagen zu besorgen. Also für dieses Modell. Militärprototyp, ja?“ Pakhet zögerte. Sie schürzte die Lippe. So etwas sollte er eigentlich nicht tun. Es sorgte nur dafür, dass sie sich noch schlechter fühlte, noch unsicherer ihm gegenüber. „Ja. Militärprototyp“, antwortete sie. „Ich gebe dir das Geld wieder.“ Er klopfte vorsichtig auf ihre Schulter. „Nicht nötig. Ich fand es interessant.“ Sie schloss die Augen, atmete tief durch. „Du bist ein verfickter Idiot.“ „Das hast du mehrfach gesagt“, meinte er. Es war nun genau eine Woche her, dass sie aus Johannisburg zurückgekommen waren. Er hatte ihr endlich erlaubt nach oben zu kommen, den Rest hier auszukurieren. Er bestand auf mindestens drei weitere Tage Bettruhe für sie. Am liebsten hätte sie ihn dafür erwürgt – natürlich rein metaphorisch gesprochen. Doch verdammt, seine ruhige, fürsorgliche Art sorgte nur dafür, dass sie sich noch unsicherer fühlte. Wie sollte sie mit ihm umgehen? Wie zur Hölle sollte sie mit ihm sprechen? „Danke“, sagte sie schließlich, setzte sich aufs Sofa und hob die Prothese mit ihrer rechten Hand hoch. Es war recht deutlich, wo er Kontakte und teilweise auch die Schutzbleche ausgetauscht hatte, nicht zuletzt, da die, die er ausgetauscht hatte, eine andere Farbe hatten. „Ist sie aufgeladen?“ „Ja, aber ich würde dich bitten, es erst zu probieren, wenn deine Haut ordentlich verheilt ist. Warte noch ein oder zwei Tage, Pakhet.“ Er zögerte, setzte sich dann neben sie, nahm ihr die Prothese ab. „Ich muss immer noch sagen, dass es mich beeindruckt.“ „Na ja, ich brauchte irgendetwas um auf Einsätze zu gehen.“ „Gestohlen?“, fragte Heidenstein. „Nein. Michael hat sie für mich besorgt. Er hat irgendjemanden bestochen, den Prototypen aus einem Labor zu entwenden.“ So wie er sie einst bestochen hatte, zu helfen, Waffen und Daten aus dem Militärlager zu entwenden oder eher wegzusehen, während das geschah. Doch das war lange her. Mehr als sieben Jahre. Es war vergangen. Es war nicht sie gesehen, die er bestochen hatte, sondern Joanne. Heidenstein schwieg für einen Moment. Er leckte sich über die Lippen, zögerte, räusperte sich dann. „Wie ist das mit deinem Arm passiert?“ Das ging ihn nichts an. Doch verdammt, das konnte sie ihm nicht sagen. Die genauen Details gingen ihn allerdings auch nichts an. „Sagen wir es einmal so: Eine medizinische Behandlung ist schief gegangen und am Ende konnten sie nur noch amputieren.“ Heidenstein sah sie für einen langen Moment an. Er hielt inne, betrachtete wieder die Prothese, dann ihren Armstumpf, der aktuell durch den Ärmel eines einfachen dunklen T-Shirts verborgen war. Er zögerte, hob den Ärmel dann an, berührte ihren noch immer verbundenen Armstumpf. „Hast du je darüber nachgedacht, ihn magisch wieder herstellen zu lassen?“ Sie sah zu seiner Hand und dem kläglichen Überbleibsel ihres Arms. Ein verächtliches Geräusch kam über ihre Lippen. „Natürlich habe ich das. Seit ich von Magie wusste zumindest. Aber … Da war die Wunde schon zu alt und eine solche Wunde zu heilen, eine Gliedmaße, die lange verloren ist nachwachsen zu lassen kostet. Mehr als nur Geld. Es ist Geistermagie. Feenmagie. Es ist weit mehr, als die meisten normalen Magier machen können. Und selbst wenn es jemanden gibt, der so mächtig ist … Selbst die Menschen verlangen meistens mehr als Geld.“ Sie schüttelte den Kopf. „Es ist, wie es ist. Mein Arm ist weg. Ich kriege ihn nicht mehr zurück.“ Heidenstein ließ seine Hand sinken. Er wich ihrem Blick aus. „Und wenn du die Möglichkeit hättest … Also rein theoretisch. Wenn es einen Weg gäbe, den Arm zu heilen. Würdest du es tun?`„ Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht.“ Sie schloss die Augen, nahm einen tiefen Atemzug. „Es macht doch ohnehin keinen Sinn über Unmöglichkeiten nachzudenken, oder?“ „Vielleicht.“ Er seufzte, legte eine Hand auf ihr Knie, hielt inne, zog die Hand dann wieder fort. „Du wusstest damals noch nicht von Magie? Aber du bist selbst … Magisch, oder?“ „Passiv magisch“, erwiderte sie und zuckte mit den Schultern. „Ich habe nur gewusst, dass ich etwas stärker, schneller, geschickter bin, als die meisten. Es gibt solche Leute. Dass es Magie ist, habe ich erst gewusst, nachdem …“ Nachdem sie hierher gekommen war, nachdem sie angefangen hatte für Michael zu arbeiten. Das war der Moment gewesen, in dem Magie für sie real geworden war. Als sie Pakhet wurde. Sie schüttelte den Kopf. „Halt später.“ Heidenstein musterte sie. „Verstehe.“ „Wie lange wusstest du schon von Magie?“ Es war definitiv besser über ihn zu sprechen, als über sie. Er lächelte mit einer Spur von Nostalgie in seinem Blick. „Ich wurde schon mit zwölf von meinem Onkel ausgebildet. Relativ früh also.“ „Und dennoch Arzt geworden?“, fragte sie. Jetzt war er es, der mit den Schultern zuckte. „Ich habe immer gehofft eine Möglichkeit zu finden … Du weißt schon. Dinge zu heilen, die als unheilbar gelten. Indem ich irgendwie magische Eigenschaften anders nachahme und …“ Wieder seufzte er. „Es hat ja auch zum Teil funktioniert.“ Sie glaubte, zu verstehen. „Die Forschung, die angeblich nicht deine war?“ Er nickte, seufzte noch einmal, stand dann auf. „Was hältst du davon, wenn ich dir einen Kaffee mache?“ Also konnte auch er Themen ausweichen. Interessant. Sie lächelte. „Du kennst mich. Immer gern.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)