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Mosaik

Urban Fantasy Thriller
von

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[27.09.2011 – D42 – Beruhigung]

Pakhet hasste es. Schon wieder lag sie hier. Neben ihm. Neben Heidenstein. Sie war sich nicht sicher, was der nächste Tag bringen würde. So viele Variablen. Sie hasste es. Was, wenn etwas schief ging? Was, wenn Murphy oder Heidenstein etwas geschah?

Der Gedanke daran, machte sie unruhig, nervös. Und deswegen lag sie nun hier.

Sie wusste, dass sie aufstehen sollte. Sie wusste, dass sie zurück in ihr eigenes Hotelzimmer gehen sollte. Zwei Zimmer weiter. Doch sie tat es nicht. Sie schlief besser neben ihm, schlief besser, nachdem sie mit ihm geschlafen hatte. Sie hasste es.

Es war nicht einmal zehn. Eigentlich zu früh zum Schlafen. Sie hatte Heidenstein den Rücken zugewandt, starrte auf die Vorhänge des Fensters.

Er lag neben ihr, hatte sich ihr zugewandt. Er wusste, dass sie nicht reden wollte. Er wusste, dass sie es nicht mochte, wenn er sie anfasste.

Und dennoch … Für einen Moment spürte sie seine Finger auf ihrer Haut, knapp oberhalb ihrer Hüfte. Wäre es nicht ihre linke Seite gewesen, hätte sie seine Hand weggeschlagen. Doch ihr Armstumpf hing unnütz an ihrer Seite, unfähig dergleichen zu tun.

Sie machte einen leisen Kehllaut. „Lass das.“

Sofort zog Heidenstein die Hand zurück. „Sorry.“

Sie wandte sich halb zu ihm herum, die Stirn gerunzelt.

„Sorry.“ Er seufzte. „Ich habe nur …“

„Was?“

Noch ein Seufzen, während er ihren Blick suchte. „Du hast erstaunlich wenig Narben, für sieben Jahre …“

Ein unwillkürliches Lachen entfuhr ihrer Kehle. Sie wedelte mit dem Armstumpf, der nur bis knapp unterhalb ihrer Schulter reichte. „Ernsthaft?“

„Abseits vom Arm“, erwiderte er. Er streckte die Hand danach aus, hielt im letzten Moment jedoch inne.

Pakhet deutete ein Schulterzucken an. „Gutes Heilfleisch.“ Und einige Schulden bei Geistern.

„Magisch?“, fragte er.

„Ich weiß nicht. Vielleicht.“ Sie seufzte. Hätte ihr Körper damals besser geheilt, hätte sie den Arm vielleicht nicht verloren. Damals war Magie keine Option gewesen. Sie hatte davon nichts gewusst.

„Vielleicht sollte ich dich mal untersuchen.“ Er zwinkerte, meinte es als Scherz.

„Du meinst mich obduzieren, hmm?“ Sie schmunzelte und drehte sich auf den Rücken. Er schien reden zu wollen, also würde sie reden. Es war ohnehin zu früh, um zu schlafen. Zu früh.

Seine Augen wanderten kurz über ihren Oberkörper, ehe sie sich wieder auf ihr Gesicht fixierten. „Vielleicht sollte ich es versuchen.“

„Ich verzichte lieber darauf, ein Versuchsobjekt zu sein, Doc.“ Sie blickte zur Decke hinauf.

Sämtliches Licht kam von der kleinen Nachtlampe, die am Rand des Schreibtisch stand. Es war ein mattes, gelbliches Licht.

„Nur ein Scherz.“ Er seufzte. Er lag auf der Seite, hatte seinen Kopf auf seinen rechten Arm gestützt. „Darf ich dich was fragen?“

„Du darfst mich was fragen“, erwiderte sie und musterte ihn aus den Augenwinkeln. „Ich kann nur keine Antwort garantieren.“

„Das Risiko gehe ich ein.“ Er lächelte matt, seine Augen erstaunlich starr auf ihr Gesicht gerichtet. „Ich habe mich nur gefragt, wie oft du in deiner Karriere schon … Nun, wie oft du dem Tod knapp entkommen bist.“

„Beinahe-Tode, hmm?“ Sie presste kurz die Lippen aufeinander. „Kommt drauf an. Zählst du so etwas, wie im Wasserwerk? KO in feindlichem Gebiet?“

„Ganz wie du meinst.“

Wieder schaute sie zur Decke hinauf. Sie konnte seinen Blick nicht zu lange ertragen. Die Erinnerungen, die versuchten sich in ihren Geist zu drängen, waren jedoch nicht besser. „Mit knappe zehn Mal, glaube ich. Ohne vier Mal.“ Sie seufzte. „Das erste Mal auf meinem ersten Einsatz.“

„Was ist passiert?“ Er wollte wirklich mehr über sie erfahren, oder? Natürlich wollte er das.

Kurz drehte sie den Kopf auf die Seite, um ihn direkt anzublicken. Hatte er noch immer Hoffnung, dass sie mehr sein konnten, als das hier? Wollte sie darüber nachdenken? Eher nicht. Nein. Sie hatte ihm klar gesagt, was sie waren. Freunde mit Vorzügen. Er hatte gesagt, dass er verstand.

„Das ist ein Geheimnis“, erwiderte sie.

Wieder ein Seufzen. „In Ordnung.“

„Und du?“ Besser sie redeten über ihn, als über sie. „Wie oft bist du beinahe gestorben?“ Sie zögerte. „Wie lang machst du so etwas überhaupt schon?“ Es konnte nicht zu lange sein. Sie glaubte nicht, dass er angefangen hatte, bevor seine Firma pleite gegangen war.

„Seit letztem Jahr“, erwiderte er matt. „Aber ich habe die meiste Zeit nur für Victor … Na ja, du weißt.“

„Bodyguard?“

Nun war er es, der lachte. „Natürlich nicht. Mediziner. Für seine Leute. Ab und an in gefährlicheren Situationen.“ Wieder wanderte seine Hand zu ihr – dieses Mal zu ihrer Schulter – hielt jedoch wieder inne. „Und bevor ich auf die Firma umgestiegen bin … Ich hatte zwei gefährliche Situationen. Na ja, und danach das eine Mal, als ich mit Victor in Russland war …“

„Du meinst, als du nicht mehr mit mir gesprochen hast?“ Sie wandte sich ihm etwas weiter zu.

Ein schuldbewusstes Lächeln, war seine Antwort. „Ja, ich fürchte.“

„Was war damals los?“, fragte sie, bevor sie sich davon abhalten konnte. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Antwort hören wollte.

Jetzt berührte er sie tatsächlich. Seine Finger wanderten sanft ihre Schulter entlang. Er rückte näher und ließ sie damit überlegen, ob sie weiter fortrücken sollte. „Ich habe mich mies gefühlt. Und ich …“ Er schürzte die Lippen, zögerte. „Ich habe mir über ein paar Sachen klar werden müssen.“ Er machte ein Geräusch, das wie ein unterdrücktes, nervöses Lachen klang. „Na ja. Ich habe halt weniger Glück als du.“

„Glück?“, fragte sie.

„Nun, vier Beinahe-Tode in sieben Jahren ist ein guter Schnitt.“ Er lächelte. „Ich beneide dich.“ Dann runzelte er die Stirn. „Entschuldige.“ Seine Hand wanderte sie ihrem Armstumpf. Er war sich offenbar dessen bewusst geworden, wie seine Worte klangen. „Entschuldige.“

„Schon gut.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Ich verstehe.“

Dankbar nickte er. „Na ja, und dann war halt da noch das eine Mal, als ich fast von Zombies gefressen wurde.“ Damit kam er zu ihrer eigentlichen Frage zurück. „Aber dankbarerweise war da jemand, der mich gerettet hat.“

„Jemand, der dich fast mit einer Granate in die Luft gesprengt hätte“, murmelte sie. Selbst so, da er sich ihr zugewandt hatte, war ein Teil seiner Narben sichtbar, die an seiner Seite sich hell von seiner leicht gebräunten Haut abhoben.

„Du weißt, dass ich dir das nicht vorwerfe“, erwiderte er. „Du bist zurückgekommen, hast mich gerettet. Dafür bin ich dir dankbar.“ Diese Weichheit lag erneut in seinem Blick. „Viele hätten das nicht getan.“

Wieder grummelte sie. Was musste er so sentimental sein? „Ich habe doch den doofen Mediziner von meinem Team nicht verlieren können.“

Er lachte leise. „Natürlich nicht.“

Schweigen senkte sich über sie, während seine Hand noch immer auf dem kläglichen Überrest ihres linken Arms lag. Warum störte es ihn nicht? Verfickter Idiot.

Pakhet musterte ihn. Sie ahnte, was seine beiden anderen Beinahe-Tode gewesen waren. Da war eine Schusswunde knapp unter seinem linken Schlüsselbein. Die Narbe war groß genug, um deutlich aufzufallen. Es musste mehr Glück als Verstand gewesen sein, dass er das überlebt hatte. Sie hatte außerdem eine Narbe an seinem Hinterkopf gespürt. Wahrscheinlich von einem Sturz. Davon abgesehen waren da mehrere kleinere Narben über seinen Körper verteilt. Auch noch eine weitere Schusswunde in seinem rechten Arm.

„Die Narbe an deiner Hüfte“, meinte er plötzlich. „Wie ist das passiert?“

Sie hob eine Augenbraue. Zu spät wurde ihr klar, dass sie gestarrt hatte. „Das?“ Ihr wurde klar, dass es die Wunde war, die er zuvor angesehen hatte. „Werhyäne.“

„Hyäne?“, fragte er.

Sie nickte. „Eine der Monsterjagden.“ Für einen Moment schloss sie die Augen. „Unangenehm.“

„Kann ich mir vorstellen.“ Er schürzte die Lippen, sah sie jedoch weiterhin mit diesem weichen, ja, sanften Blick an. Dann wanderte seine Hand zu ihrem Gesicht. Seine Fingerspitzen strichen über ihre Schläfe.

Nun hob sie die Hand, schob seine weg. „Bitte.“

Er seufzte. „Entschuldige.“ Er musterte sie wieder. „Ich habe nur … Die Narbe sieht nach einer Schusswunde aus.“

„Ist es auch.“ Als sie sicher war, dass er sie nicht wieder berühren würde, strich sie selbst unwillkürlich über die beinahe komplett verblasste Narbe die nicht ganz von ihren Haaren versteckt war.

„Aber das …“ Er zögerte. „Wie hast du überlebt?“

„Glück.“ Sie grinste. Genau das, was er ihr zuvor vorgeworfen hatte. Das war einer ihrer Beinahe-Tode gewesen. „Die Kugel ist ins Auge und über die Schläfe ausgetreten.“

„Aber dein Auge …“

Natürlich. Ihr Auge schien in bester Ordnung zu sein. Doch das war letzten Endes nur eine gute Illusion. Ein Artefakt, das ihr Auge ersetzte. Eigentlich war es ein Upgrade. Visuell war es von ihrem gesunden Auge nicht zu unterscheiden, war jedoch fähig zumindest etwas mehr zu sehen. „Magie“, sagte sie.

Er musterte sie. „Wow.“

Pakhet lächelte nur matt. Eigentlich sollte sie Fragen stellen. Auf der anderen Seite war sie sich nicht sicher, ob sie mehr über ihn wissen wollte. Verdammt … Aber es war besser, als wenn sie weiter über sie sprachen. „Warum hast du bei der Firma angefangen, Anderson?“

„Victor hat es vorgeschlagen“, erwiderte er. „Ich glaube, er wollte verhindern, dass ich in die ganze Vory-Sache noch weiter reinrutsche.“

„Woher kennst du diesen Victor?“

„Aus der Schule.“ Er lachte leise, als er ihren ungläubigen Blick bemerkte. „Ja, ich bin mit dem Sohn einer Mafiosofamilie zur Schule gegangen.“

Sie hob eine Augenbraue. „Will ich wissen, wieso?“

„Hat sich so ergeben.“ Er lachte noch immer. „Nein. Zufall. Ich bin auf eine teure Privatschule gegangen und es hat sich so ergeben, dass Familie Dracovic ihren Sohn ebenfalls auf eine teure Privatschule geschickt hat.“

„Teure Privatschule, hmm?“ Wieso kam es ihr nur so bekannt vor? Sie erinnerte sich daran, wie ihre Eltern sie einst ebenfalls auf eine solche Institution geschickt hatten – und wie sie am Ende der Schule verwiesen wurde. Sie hatte das Institut gehasst. „Und jetzt schau dir an, wo du gelandet bist.“ Sie drehte sich auf die linke Seite, vorsichtig, da der Armstumpf drückte. Unwillkürlich legte sie die Hand auf seine stoppelige Wange. Was tat sie da?

„In guter Gesellschaft“, erwiderte er mit einem Grinsen.

„Idiot.“ Sie seufzte. Was fand er nur an ihr? Wie konnte er sich von ihr angezogen fühlen? Sie wollte es nicht fragen. „Bist du nicht müde?“

„Noch nicht wirklich, nein.“ Er legte seine Hand auf die ihre, hielt sie. Verdammt.

Was sollte sie tun? Ihr fiel nur eine Sache ein. Die Flucht nach vorne. Sie rückte näher an ihn heran, streckte sich, um ihn zu küssen. „Was sollen wir dagegen tun?“

Er lächelte, zog sie näher an sich heran. „Ich wüsste da etwas.“

Pakhet ließ es zu. Denn zumindest redeten sie so nicht weiter. Und sie brauchte es. Seine Nähe. Seine körperliche Nähe.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Sunae
2021-11-09T17:28:57+00:00 09.11.2021 18:28
Ah, ein bisschen Lore wie es mit ihm angefangen hat.

Wer Hyäne, ja das ist nicht gut.
Als Aasfeesser haben sie nen Biss der Knochen bricht und wenn man davon kommt, dank ihrer bevorzugten Malzeit wünschte man sich man wäre es nicht.
Sie neigen auch dazu ihre Beute zu fressen wenn sie noch lebt.

Das einzige Gute ist, hat man ne beziehung mit ner weiblichen Werhyäne kann es verdammt kinky werden. Hyänwn haben ne art fake Penis.

Soll ich mich schlecht fühlen dass ich mehr Hyänenfakten bringe als Kritik zum Chapter?
Von:  Taroru
2020-08-26T17:30:40+00:00 26.08.2020 19:30
also süß sind die beiden ja schon, ne? XD
liest sich jedenfalls, wie die ruhe vor dem sturm. und gab noch mal ein paar schöne kleine einblicke zu ihm und auch zu ihr. ich mag so was, weil es so beiläufig passiert, man das man mehr charater input bekommt.
Antwort von:  Alaiya
26.08.2020 19:55
Danke dir wie immer. Ich mag es ja diese Art von Kapitel zu schreiben. Sehr sogar.
Antwort von:  Taroru
26.08.2020 22:15
schreib ruhig mehr davon :-)


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