Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [17.09.2011 – J06 – Angriffsplan] --------------------------------- Sie saßen bereits zu dritt im Wohnzimmer, als Siobhan bei ihnen ankam. Jack war vorher gekommen. Heidenstein hatte dafür gesorgt, am Abend Zeit zu haben. Er hatte es sich einfach nicht nehmen lassen. Pakhet war dankbar dafür. Immer wieder warf sie Jack einen Seitenblick zu. Vor ihm stand sein drittes Glas Whiskey, auch wenn er bisher nicht den Eindruck erweckte, angetrunken zu sein. „Also warten wir wirklich auf Siobhan?“, meinte er. Sie nickte. Sie wollte nicht alles doppelt und dreifach besprechen, selbst wenn der weniger rationale Teil ihrer selbst jetzt lieber alle Informationen hätte. Sie beherrschte sich. Sie ließ sich nicht von ihren Impulsen beherrschen. Selbst trank sie einen Kaffee. Immer wieder merkte sie den Drang, sich zu betrinken, doch sie beherrschte sich. Es würde nicht besser machen, würde sie entwässern, ihren Schlaf schlechter machen. Es würde ihre Anspannung nur kurzfristig beseitigen. Endlich klingelte ihr Handy. „Ich gehe runter“, meinte Heidenstein. Doch ein klopfen am Fenster belehrte ihn eines Besseren. Sie tauschten Blicke, dann ging Heidenstein zum Küchenfenster, um zwei Möwen hineinzulassen, von denen eine die Gestalt von Siobhan annahm. Zumindest war sie, anders als Murphy, bekleidet, wenngleich nur knapp. Sie war barfuß, als sie ins Wohnzimmer kam. „Entschuldigt die Verspätung“, meinte sie lächelnd. Jack stand auf. „Kein Problem, Cherie.“ Pakhet verdrehte die Augen. Jack schien dieselbe Art bei jeder Frau zu Tage zu legen. Dann räusperte sie sich selbst. „Schon in Ordnung. Willst du etwas trinken?“ „Gerne. Habt ihr Cola?“ „Nur Kaffee, wenn's um Koffein geht“, erwiderte Heidenstein. Siobhan zuckte mit den Schultern. „Soll mir auch Recht sein.“ Als Heidenstein aus der Küche zurückkam, hatte er eine Tasse dabei. Er stellte sie vor Siobhan, die sich die Kanne nahm und eingoss. Ihre Möwe setzte sich auf die Rückenlehne des Sessels, begann ihr Gefieder zu putzen. Pakhet seufzte. „Okay. Was habt ihr herausgefunden?“ Wie sehr sie es doch hasste, auf die Informationen der anderen angewiesen zu sein. Sie konnte Murphy verstehen. Gerne hätte sie auch selbst etwas getan, doch konnte sie ihren Job bei Michael nicht weiter ignorieren. Er würde sich rächen. Und besonders gut kannte sie sich nicht in Joburg aus. Jack schenkte Siobhan einen süffisanten Blick und holte dann ein Tablet heraus. „Wenn du mir den Vortritt lässt, Sweetheart?“ Siobhan schien dies zu amüsieren. Ihr Lächeln wurde reizvoll, während sie ihn beobachtete. „Natürlich, Jacques.“ Er zwinkerte, rief dann eine Datei auf. Er legte das Tablet auf den Wohnzimmertisch. „Also, das ist, was ich weiß: Jaco hat seine Gang relativ flach organisiert. Die verschiedenen Abteilungen sind gleichberechtigt. Es gibt immer einen Anführer, einen Vertreter und eine Person, die die Gang vertritt. Soviel konnte Chase mir sagen. Sie haben eine Art demokratische Versammlung, die größere Züge organisiert. Ressoucen aufteilt. Sowas. Jedenfalls schickt jede Gang jemanden hin.“ „Also ist es mehr als eine Gang?“, fragte Heidenstein. Jack nickte. „Mehr oder weniger. Sie tragen alle dieselben Gangfarben, aber Jaco scheint meistens die Gangs, die sich ihm anschließen, autonom zu lassen. Sie haben noch eigene Namen, eigene Titel. Zahlen halt Abgaben.“ „Übliche Verbrecherbürokratie, also“, kommentierte Siobhan. „Jedenfalls, er hat selbst eine fünfer Spitze, die über allen anderen steht und natürlich auch Teil des Ausschusses ist. Interpol kennt nicht alle Mitglieder, aber weiß zumindest, dass eine gewisse Elna und ein Mandla Jacobs dazu gehören. Elna ist lokal im Süden Joburgs ziemlich bekannt. Sie hat ihre Finger in Drogenkram, wurde aber auch mit ein paar Morden in Verbindung gebracht. Unter anderem auch mit vier Muti-Morden. Deswegen meint Chase, dass es nicht dumm wäre über sie die Verbindung zu diesem Zea zu suchen.“ Er rief zwei Bilder auf. Das eine zeigte eine afrikanische Frau mit fleckiger Haut. Sie wirkte gleichzeitig alt und jung. Ihre Haut wirkte mitgenommen, stark gealtert, doch hatte sie wenige Falten. Ihr Haar war gänzlich schwarz und voll, in einen Zopf aus unordentlichen Rasterzöpfen gebunden. Ein goldener Ring zierte ihre Nase. Auch ihre Ohren waren mit mehreren Steckern behangen. Der Mann war farbig, hatte eine Glatze. Er schien um die fünfzig zu sein, wirkte aber kräftig, muskulös. Eine kängliche Narbe zierte die rechte Hälfte seines Gesichts. Was auch immer es gewesen war, hatte wahrscheinlich sein Auge gekostet. Jedenfalls hing das Augenlid nutzlos herunter. „Etwas zu dem Magierzirkel?“, fragte Pakhet. „Den Kindern der Sonne?“ „Ich weiß nicht viel. Nur, dass Kela, jemand der offenbar dem Zirkel angehörte, letztes Jahr wegen eines Ritualmordes an einem Kind verurteilt wurde.“ Pakhet nickte. Es war nicht wirklich überraschend, dass eine magische Vereinigung, real oder nicht, mit Muti-Morden in Verbindung stand. Es war eins der großen Probleme im Land. Es war vielleicht nicht so schlimm, wie einige Vorurteile es nahelegten, doch schlimm genug, dass es eigene Ermittlungsteams dafür gab. Immer wieder wurden Leute aufgefunden, deren Organe, Knochen oder Blut rituell entnommen worden waren. Gerade Kinder waren häufig Opfer. Aberglaube konnte sehr mächtig sein. „Dafür habe ich etwas dazu“, meinte Siobhan. „Ich habe mich genau dahingehend umgehört. Allerdings ohne Fotos.“ Sie sah lächelnd auf die Sachen, die Jack herausgeholt hatte. „Eigentlich war ich noch nicht fertig“, erwiderte er, jedoch auf eine äußerst charmante Art. Er lächelte, trank einen Schluck seines Whiskeys. „Aber sicher, mon cherie, mach du erst einmal weiter.“ Er hob das Glas, als würde er anstoßen wollen, nippte dann weiter daran. Siobhan warf ihm einen amüsierten Blick zu, räusperte sich dann und tauschte kurz einen Blick mit Trixie, die sich aufplusterte. „Ich habe ein wenig spioniert“, verkündigte sie dann. „Dieser Zea ist ein recht bekannter Magier. Er hat viele Treffen. Ich bin ihm gefolgt.“ Siobhan erklärte: „Wir haben relativ schnell etwas über ihn herausgefunden. Er ist sehr bekannt in der Community in Joburg.“ Offenbar redete sie von der Community der Magier. „Wir haben uns also ein wenig informiert. Er bietet allerhand Dienstleistungen an. Scheint real zu sein. Wirklich magisch. Und er folgt einer alten Gottheit.“ Sie sah kurz zu Pakhet. „Welcher Gottheit?“, fragte sie. Siobhan zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ägyptisch. So viel kann ich sagen.“ „Nicht verwunderlich, nach den ägyptischen Dämonen“, meinte Heidenstein. „Er hat einige Zeremonien.“ Trixie flatterte auf den Tisch. „Er hat offenbar einen kleinen Tempel, außerhalb der Stadt. Ein altes Gebäude. Magisch geschützt. Viele Magier dort. Auch Dämonen.“ Wieder plusterte sie sich auf. „War geschützt.“ Das klang nicht wirklich vielversprechend. „Wie viele sind viele?“, fragte Pakhet. „Ich habe über den Tag knapp dreißig Magier dort gesehen. Verschieden stark begabt. Manche kaum. Aber knapp dreißig.“ Dreißig Magier? Nun, nicht wirklich viele, wenn man bedachte, dass in Johannisburg sicherlich mindestens zweihundert, wenn nicht sogar dreihundert Magier lebten. Und das war rein auf die Bevölkerung gerechnet. Bedachte man, dass Joburg, wie auch Kapstadt viele Leute aus aller Welt anzog, nicht zuletzt wegen der hier recht ausgeprägten und tolerierten Unterwelt, konnten es locker vierhundert sein. Zumal es schwer war die Anzahl der gering talentierten Magier zu schätzen. Die Frage war nur, ob sie es mit dreißig Magiern aufnehmen konnten. „Wie viele davon waren meistens am Gebäude?“, fragte sie. „Sechs bis zehn“, erwiderte Trixie. „Es wird jedenfalls nicht leicht sein, darein zu kommen.“ Siobhan schürzte ihre Lippen. Sie hatte sich, die Kaffeetasse in der Hand, im Sessel zurückgelehnt, hatte die Füße angezogen und wirkte entspannt. Ihre Augen funkelten. „Es wäre nichts, wo ich reinmaschieren würde. Schon gar nicht mit den Dämonen.“ Die Dämonen waren ein anderer Grund dahin zu gehen. Denn wenn die Sache im Casino und dem Wasserwerk Pakhet eins gezeigt hatte, dann, dass es möglich war, dass sie Leute an die Dämonen verfütterten. Vielleicht sogar weitere Kinder. „Das ist ja die Sache, über die ich reden wollte“, meinte Jack. Er tippte wieder etwas auf dem Tablet ein und rief eine Karte auf. Ein Satelitenbild. Ein Gebäude war markiert. Dem Bild nach, war es in einem der ärmeren Viertel von Johannisburg, aber keinem Ghetto. Einfache Gebäude, aber immerhin wirkliche Gebäude, anstatt Wellblechhütten. „Hier. Da drin hat Elna eine kleine Drogenküche. Von allem was Chase mir sagen konnte, steht das ganze schon seit einer Weile unter polizeilicher Beobachtung, aber aus irgendeinem Grund wurde nie zugeschlagen.“ „Also wegen Bestechung, hmm?“, meinte Pakhet. Er zuckte mit den Schultern. „Darüber denken wir besser nicht nach, Cherie.“ Er zoomte näher in die Karte. „Jedenfalls war ich gesamt drei Mal da. Und ich habe ein paar Leute beobachten können.“ Damit wischte er nach links, rief das nächste Bild aus. „Das ist dieser Zea, oder?“ Das Bild zeigte einen älteren, aber kräftigen arabischen Mann. Er trug einen gepflegten Vollbart, die Haare waren länger, aber in einen Zopf geflochten. Seine Kleidung wirkte, als wäre er irgendeinem historischen Schauspiel entlaufen: Ein weiter (), dazu allerdings eine Art Toga und eine Robe, die weiß um seinen Körper fiel. Er trug einen Stab bei sich, der deutlich wie irgendeine Art Zauberstab wirkte. Da waren Zeichen eingeritzt und mit dunkler Tinte nachgezogen worden. Vielleicht waren sie auch eingebrannt. „Klischeehafter Magier“, murmelte Pakhet. „Willkommen in Magierkreisen“, erwiderte Siobhan sardonisch. Mit einem Nicken sah sie zu Jack. „Ja. Das ist Zea.“ Er lächelte. „Er scheint sich dort mit Elna zu treffen. Ich nehme an, er hat über sie Kontakt mit Jaco.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)